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Von der Kunst, richtig zu sein

von

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Prolog

Heute war ihm nicht danach. Der laute Bass dröhnte in seinen Ohren und ließ, zusammen mit dem Wodka-O in seiner Hand, seine Welt gefährlich schwanken.

Er hatte sich schon lange nicht mehr so sehr betrunken, war aber noch klar genug, um genau das festzustellen. Er war eigentlich noch viel zu klar.

Was genau er hier tat, wusste er nicht einmal. Normalerweise ließ er keine Party aus, aber heute hatte er sich her schleppen müssen. Der einzige Antrieb war gewesen, dass er auf keinen Fall hatte zu Hause sein wollen. Alles war besser, als allein mit seinen Gedanken zu sein.

Er schloss kurz die Augen, um die aufkommenden Bilder wieder zu verdrängen. Offensichtlich hatte er noch nicht genug Alkohol getrunken. Immer noch nicht. Aber er durfte es auch nicht übertreiben. Wenn sein Vater heraus fand, wo er heute war, würde er nur wieder Hausarrest bekommen. Deshalb war so viel zu trinken, bis er sich übergab keine Option. Auch wenn er gerne würde. Ein Blackout wäre großartig, auch wenn er wusste, dass er die Erinnerungen der letzten Tage damit nicht auslöschen konnte.

Als dann auch noch Bilder vor seinem inneren Auge vorbei zuckten, riss er sie wieder auf, sah sich um, um irgendwie seine Gedanken zu überblenden. Man sollte doch meinen, man könne sich auf so eine Hausparty gut ablenken, aber heute funktionierte es ganz und gar nicht. Sein Blick konnte sich nicht auf das hier und jetzt fixieren. Er sah die anderen Schüler nicht. Sah das bunte Treiben nicht. Stattdessen sah er andere Bilder. Bilder aus seinen Träumen, aus seinen Vorstellungen. Er erschauerte kalt. Er wollte das nicht sehen, doch der Alkohol schien alles noch so viel deutlicher zu machen.
 

"Hey, Shinji."

Er sah auf und erkannte Nate, seinen besten Freund. Natürlich war seine ganze Clique auch hier, sie waren unzertrennlich. Doch der Anblick des großen Amerikaners beruhigte ihn nicht. Im Gegenteil. Sein Herz schlug einfach nur noch aufgeregter.

"Alles klar bei dir? Wir warten alle auf dich."

Als könnten die nicht auch ohne ihn feiern. Taten sie wahrscheinlich auch und nur Nate machte sich Sorgen. Typisch. Der andere hatte einen Beschützerinstinkt, der wirklich über ein gesundes Maß hinaus ging. Dass er wie ein Schäferhund auf den Partys versuchte, die Gruppe zusammen zu halten, war da noch harmlos. Es war auch nicht ungewöhnlich, dass er ein Auge auf ihn hatte. Sein bester Freund war auch der, der sich, während Shinjis Hausarrest, in dessen Zimmer schlich, um Zeit mit ihm zu verbringen.

"Ja, sicher.", antwortete er einen Hauch abweisend und wahrscheinlich auch lallend.

"Komm mit!"

Ohne eine Reaktion abzuwarten, nahm Nate seine Hand und zog ihn mit sich, in eines der leeren Schlafzimmer.
 

"Und jetzt erklärst du mir, was los ist."

Klar hatte Nate die Lüge erkannt. Er hätte sie auch auch erkannt, wenn Shinji sich mehr Mühe damit gegeben hätte.

"Es ist nichts", antwortete er und stürzte den Rest Wodka hinunter. Der Alkohol breitete sich warm in seinem Magen aus und gab ihm ein trügerisches Gefühl von Sicherheit. Er wollte ja darüber reden, aber er konnte nicht.

"Und jetzt die Wahrheit?"

Sollte er? Nate war immerhin sein bester Freund und irgendwie betraf es ihn ja auch. Unter anderem. Nicht nur ihn, aber dennoch. Er wollte gerne darüber reden, aber er wusste nicht wie und er hatte furchtbare Angst vor der Reaktion. Aber Nate hatte ihn noch nie enttäuscht, ihn noch nie abgewiesen und er war auch ganz sicher nicht sein Vater, der ihn nie wieder vor die Tür lassen würde, wenn er es ihm sagte.

"Nate ich... ich bin abnormal." Er wandte den Blick seitlich zu Boden, plötzlich nicht mehr imstande seinem Freund in die Augen zu sehen.

"Was meinst du?"

Shinji wischte sich gestresst durch sein Gesicht.

"Es hat vor ein paar Wochen angefangen. Erst ganz harmlos... nur Träume erst, aber dann haben sich diese komischen Gefühle in die Wirklichkeit übertragen und... und... das macht mich fertig."

Eigentlich war er sicher, dass Nate sein Gestammel nicht verstand, aber das breite Grinsen, das sich jetzt auf dessen Gesicht schlich, strafte Shinjis Gedanken eine Lüge. Allerdings zeigte es Shinji auch, dass sein Kumpel ebenfalls schon gut getrunken hatte. Der grinste zwar gerne mal, aber nicht so übertrieben.

Vielleicht hätte er doch den Mund halten sollen.

"Welche Gedanken und Gefühle, Shinji?"

Es klang nicht wirklich wie eine echte Frage, mehr so, als wollte er die Worte aus ihm locken, die er sowieso schon kannte. Ahnte Nate etwas? Hatte er sich zu auffällig verhalten? Gerne hätte Shinji jetzt noch mehr getrunken, aber sein Becher war leer.

So konnte er nur hilflos die Schultern zucken. Er war definitiv nicht betrunken genug, um das tatsächlich auszusprechen.

"Und du hältst das wirklich für abnormal?"

Hatte Nate die ganze Zeit schon so nah bei ihm gestanden? Ihm wurde ganz warm und er ahnte, dass es nicht am Alkohol lag.

Plötzlich war da eine Hand an seiner Wange, deren Daumen sanft seine Haut streichelte. Die Wärme nahm zu und ihm kamen wieder die Bilder seiner Träume in den Sinn, die Gefühle, die sich in den letzten Wochen für seinen Freund entwickelt hatten und die er so sehr versucht hatte, beiseite zu schieben. Er war es leid. Er wollte sich nicht mehr verstecken, aber er hatte solche Angst davor. Nate würde ihn nicht enttäuschen, ihn nicht verstoßen und das sah er jetzt noch deutlicher an dem warmen Ausdruck in dessen Augen. Trotzdem fiel es ihm so unglaublich schwer.

"Ich mag dich, Shinji.", hauchte sein Freund ihm entgegen und schien noch näher zu kommen. "Und wenn du mich lässt, zeige ich dir, dass du ganz und gar nicht abnormal bist."
 

Nates Lippen berührten seine erst ganz sanft. Shinji schmeckte das herbe Bier, vermischt mit dem Geschmack nach Zigaretten. Er hasste es, dass Nate rauchte, aber er hatte noch nie etwas erotischeres geschmeckt. Diese ganz besondere Mischung machte ihn schier wahnsinnig und der Alkohol tat sein übriges.

Gierig erwiderte er den Kuss, der schnell tiefer wurde. Mit Nate fühlte es sich einfach richtig an, er machte sich gar keine Gedanken mehr. Morgen konnte er sich immer noch um die Probleme kümmern.

"Ich bin so froh, dass du auch so fühlst.", murmelte Nate ihm entgegen und drängte ihn langsam in Richtung des Bettes. Irgendetwas in Shinjis Kopf wollte ihn noch warnen, dass das viel zu früh sei, aber er drängte den Gedanken sofort zurück. Zu früh... klar. Nachdem er Wochenlang davon geträumt hatte? Pfft...

Er ließ sich auf die Matratze drücken, genoss die immer wiederkehrenden Küsse und wie Nate ihm durchs Haar strich. Es war ein zärtliches Spiel ihrer Körper. Sie fielen nicht übereinander her wie hungrige Tiere, vielmehr genossen sie die Nähe des anderen.

Bald schon lag ihre Kleidung verstreut auf dem Boden und im dämmrigen Schein einer kleinen Lampe wurden sie eins.
 

Dass die eigentlich geschlossene Tür einen Spalt offen stand, bemerkte keiner von ihnen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Sooo... weil ich einen Motivationsschub brauche, beginne ich heute schon mein NaNoWriMo Projekt zu veröffentlichen. Innerhalb der nächsten Stunde kommt auch schon das erste Kapitel online und die nächsten 3 Tage bekommt ihr jeden Abend ein neues Kapitel. Danach uploade ich dann wöchentlich.
17 Kapitel stehen schon, mit über 30.000 Wörtern und das Ende ist noch lange nicht in Sicht.

P.S.: Ich verspreche, sobald der NaNo rum ist, kümmere ich mich auch um meine anderen Projekte wieder! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  natsumi
2017-11-17T16:37:08+00:00 17.11.2017 17:37
Wenn sie nur diese Tür zugesperrt hätten! (」゚ロ゚)」
ich liebe deinen Schreibstil, aber das musst du bereits wissen. Wenn nicht, dann jetzt ganz deutlich: ich liebe deinen Schreibstil!!!! (♥ω♥ ) ~♪


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