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The decisions we make

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Die Ausschnitte aus Itachis Erinnerungen, die ich gewählt habe, habe ich selbst aus dem Englischen übersetzt. Seid also nachsichtig, wenn etwas nicht hundertprozentig korrekt ist. Das Video dazu gibt es leider nicht mehr, sonst hätte ich es an dieser Stelle verlinkt.

Disclaimer: I do not own Naruto. All rights belong to Masashi Kishimoto! Komplett anzeigen

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implicit trust

Als Sakura aus dem Badezimmer geschlendert kam, beobachtete sie den Älteren dabei, wie er, mit Stäbchen in der Hand, über einer Schriftrolle grübelte und nebenbei gemächlich sein Essen verzehrte. Er hatte sich auf einem der Stühle niedergelassen, die in einer Ecke des kleinen Zimmers gelegen war, genauso wie der abgenutzte Tisch, auf dem ihre Essenskartons saßen. Er machte solch einen entspannten Eindruck, dass es Sakura ein kleines Schmunzeln auf die vollen, rosigen Lippen zauberte, ihm einfach nur zuzusehen.

Nur in eines der großen Badehandtücher gehüllt, das für die derzeitigen Gäste auslag, beobachtete sie, an den Türrahmen zum Bad angelehnt, wie er nach und nach ihre Schrift entzifferte und beinahe ausdruckslos darüber nachdachte, was sie dort niedergeschrieben hatte.

»Du hast viel zusammengetragen«, erklärte er dann mit tiefer, geschmeidiger Stimme. Es war so untypisch für ihn als Erster das Wort zu erheben, dass es die junge Kunoichi ein wenig aufschreckte, so plötzlich sein tiefes Timbre vernehmen zu können.

Mit leisen Schritten kam sie langsam auf ihn zu, während sie – ein wenig stolz auf ihre Arbeit – erwiderte: »Hai. Das war mein Auftrag.«

Ohne auch nur einmal aufzusehen, fragte der Dunkelhaarige: »Woher hast du die Informationen?«

»Über die Jahre haben Sunagakure und Konohagakure viele Informationen über euch gesammelt. Zum Einen, weil beide Dörfer jeweils einen der neun Bijuu-Geister besessen haben und damit Hauptziel von Akatsuki waren, zum Anderen, weil Jiraiya regelmäßig seine Informationsquellen aufgestockt hat. Er war in diesem Fall sehr nützlich, denn er hat ebenfalls alles gründlich aufgezeichnet; ich musste dann nur noch alles zusammentragen«, antwortete die Haruno, ehe sie sich ihre eigenen Stäbchen schnappte, sich auf einem der übrig gebliebenen Stühle niederließ und damit begann den Inhalt der einzelnen Kartons zu inspizieren.

 

Er wusste, dass Jiraiya Informationen über Akatsuki an Kakashi weitergegeben hatte, noch bevor das Dorf überhaupt von der Existenz dieser Organisation erfahren hatte. Itachi selbst hatte die Fäden dafür gezogen, dass der Weißhaarige Dinge erfuhr, über die sonst niemand außerhalb dieser Bewegung Kenntnis trug. Es war schließlich seine Aufgabe sein Heimatdorf zu schützen.

»Warum«, Sakura haderte sichtlich mit sich, ob sie die Antwort auf ihre Frage tatsächlich erfahren wollte, »seid ihr eigentlich hinter den Jinchuuriki her?«

»Es sind weniger die Jinchuuriki, an denen wir interessiert sind, als das Chakra, das in ihnen versiegelt ist. Es ist mächtig, und wird von uns benötigt«, erwiderte der Dunkelhaarige mit noch immer gesenktem Blick.

»Aa. Aber warum?«

Sein Blick erhob sich, bis er direkt den smaragdgrünen Augen seiner Geliebten begegnete. »Um Frieden zu schaffen.«

»Frieden?«, fragte die Rosahaarige erschrocken nach. »Wie könnt ihr Frieden schaffen, wenn ihr dafür Menschen opfert? Das ist heuchlerisch.«

Das war es auch. »Manchmal muss man Etwas opfern. Für das höhere Wohl.«

»O bitte!« Ihre Stimme hatte einen beißenden Ton angenommen, während sie den Essenskarton samt Stäbchen mit einem lauten Klack auf den Tisch fallen ließ. »Das glaubst du doch wohl nicht ernsthaft, Itachi. So sehr ich euer Ziel, Frieden schaffen zu wollen, auch bewundere, nichts ist es wert, dafür unschuldige Menschen zu töten. Das macht euch lediglich zu Mördern, nichts weiter.«

Noch immer ausdruckslos entgegnete der Uchiha: »Es geht um Uzumaki Naruto.«

»Natürlich geht es um ihn«, brauste Sakura mit zu Fäusten geballten Händen auf, »Aber genauso geht es um Gaara, oder jeden anderen Jinchuuriki. Keiner von ihnen wollte solch ein Monster in sich versiegelt bekommen. Es war niemandes Wahl, solch eine Bürde aufgehalst zu bekommen. Sie wurden von allen gemieden. Ob sie nun die Gefahr gebannt hatten oder nicht. Anstatt sie angemessen zu behandeln, wurden sie von der Gesellschaft ausgeschlossen und von vornherein verurteilt. Und ihr bestraft sie auch noch dafür.«

Nun stellte auch Itachi sein Essen weg, ehe er seine Hände ineinander faltete und entspannt in seinem Schoß ruhen ließ. »Meinst du nicht, dass es eher eine Befreiung von ihrer unendlich schweren Verantwortung ist? Dass wir sie erlösen, indem wir die Bijuu aus ihnen extrahieren?«

Luft-schnappend beschuldigte die junge Frau ihren Liebhaber: »Versuchst du damit, eure Taten zu rechtfertigen? Dass ihr gütig handelt, indem ihr sie umbringt? Ist es das?«

Als ihr bisher unterdrücktes Chakra aufloderte, orderte der Ältere autoritär: »Sakura, beherrsche dich!«

Und erst, nachdem sie ihr Chakra wieder vollkommen unter Kontrolle hatte, erhob er erneut das Wort, allerdings mit wesentlich sanfterem Ton: »Mach nicht den Fehler, mich für etwas Besseres zu halten, als die anderen Mitglieder von Akatsuki, Sakura. Denn das bin ich nicht.«

»Aber du bist anders als die anderen«, hielt sie eisern dagegen, »Du hast keinen Spaß am Töten. Du bist kein herzloses Monster, du hast noch immer Gefühle, oder etwa nicht? Wie kannst du also so über andere Leben sprechen, als würden sie nichts bedeuten? Als wären sie nicht wichtig?«

Sie hatte solch eine unschuldige Sicht auf all die Dinge, die dort draußen vor sich gingen. Obwohl er wusste, dass sie bereits selbst töten musste – um des Dorfes und Überlebens willen –, konnte er nicht umhin sie als unschuldig zu betrachten, beinahe rein. Ihr Geist, ihr menschlicher Verstand waren von solch einer Reinheit geprägt, dass es Itachi beinahe den Atem verschlug.

»Vielleicht mag ich nicht herzlos sein, aber ein Monster bin ich dennoch. Immerhin habe ich meinen ganzen Clan hingerichtet. Unschuldige Menschen, unschuldige Kinder«, erwiderte der Dunkelhaarige daraufhin.

Sakura konnte nicht anders ob dieses Geständnisses einmal tief durchzuatmen. »Dooshite?«

»Um meine Macht unter Beweis zu stellen«, antwortete er kurz-angebunden.

Ohne sich auch nur anmerken zu lassen, was der kalte, unverbindliche Ton Itachis bei ihr auslöste, blickte sie ihm stur entgegen. »Das ist nicht wahr. Du lügst mich an.«

Daraufhin harkte der Ältere seinen linken Fuß unter einen von Sakuras Stuhlbeinen und riss sie gleichzeitig ein Stück nach vorn, sodass ihre Sitzfläche gegen die seine prallte. Dadurch, dass sie nur ein Handtuch trug, hatte er nun eine formidable, köstliche Sicht auf die Innenseiten ihrer kräftigen Oberschenkel, die von seidiger Haut überzogen waren. Auch wenn er nur schemenhaft ihre elfenbeinfarbene Haut erkennen konnte, wusste er, wie es sich anfühlte diese seidigen Schenkel zu packen und nach seinem Belieben zu biegen und zu spreizen. »Was gibt dir den Anschein, dass ich es nötig habe zu lügen?«

Mit einem erstaunten Laut auf den rosigen Lippen antwortete sie: »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich es dir nicht zutraue wegen solch eines unbedeutenden Grundes deine Clansleute – deine Familie – auszulöschen. Es hätte weit bedeutendere Ziele für dich geben können. Warum also die Uchiha? Natürlich, sie waren stark und definitiv nicht zu verachten. Aber du hättest dich genauso gut den drei legendären Sannin stellen können. Hätte das nicht eher Sinn gemacht? Du hättest dich auch gegen den Hokage wenden können. Stattdessen waren es deine eigenen Landsleute, die du angegriffen hast. Bis auf einen, bis auf Sasuke.«

»Ist es deiner Meinung nach keine größere Leistung, seine eigene Familie umzubringen? Ist es nicht schwieriger, sich gegen diejenigen zu stellen, die dir dein Leben erst ermöglicht haben? Dich aufgezogen und zu dem gemacht haben, der du nun bist? Ist es keine besondere Herausforderung?«, fragte der Uchiha lediglich nach.

Mit einem verächtlichen Schnauben entgegnete die Haruno: »Es ist Verrat. An seinem eigenen Fleisch und Blut. Solch ein primitiver Grund für diese Tat? Iie, das passt nicht zu dir, Itachi.«

»Und was genau passt du mir, Kunoichi?«

»Etwas Höheres, etwas Entscheidenderes, etwas Ausschlaggebendes«, erklärte die junge Frau schließlich nach einigen Sekunden des Grübelns.

Kurz konnte man wahrnehmen, wie Itachis Mundwinkel leicht zuckten, ehe wieder der gleichgültige Ausdruck auf seinen Gesichtszügen erschien. Seine Augen jedoch schienen Funken zu sprühen. Nicht vor Verärgerung oder gar vor Wut, sondern vor Anerkennung. Sie hatte hinter seine, so mühsam aufgebaute ausdruckslose Fassade geblickt, wie nur wenige vor ihr. Allen voran Shisui.

 

»Ich verstehe, dass du nicht darüber sprechen möchtest, aber ich hab das unbestimmte Gefühl, dass du mir etwas verheimlichst«, begann sie leise zu sprechen, »Und das gefällt mir ganz und gar nicht.« Warum sollte sie dann seinen Worten Glauben schenken, dass auch er ihr gehörte, wenn sie sich ihm ganz und gar hingab? Er hatte gesagt, dass sie dasselbe erwarten konnte. Bedeutete das nicht, dass er ihr ebenso ergeben war wie sie ihm? Waren sie nicht Gleichgestellte? Sie musste es wissen.

Schweigend rutschte sie ein Stück nach vorn, sodass sie leichtes Spiel hatte, sich auf seinem Schoß niederzulassen, die Beine zu beiden Seiten, sodass sie ihn förmlich einzukesseln schien. Ihre langen Finger verflochten sich in seinem seidigen Haar, als sie sich noch enger an ihn schmiegte und kurz – aber nachdrücklich – ihre Lippen auf die seinen senkte.

»Alles, was ich möchte, ist, dass du ehrlich zu mir bist, Itachi. Tisch mir keine Lügen auf, nur um mich vor der Wahrheit zu bewahren!«

Sakura spürte wie Handflächen ihren Rücken entlangfuhren, bis sich eine raue Hand ihre Schulter entlangschlängelte und sich letztendlich in ihren rosanen Locken verfing. Dann erfasste sie ein leichter Schmerz an ihrer Kopfhaut, der sie leise aufkeuchen ließ. Sie nahm warme, feuchte Lippen wahr, die sich einen Weg über ihren Hals bahnten, ihr Kinn hinauf, bis hin zu ihren vollen Lippen, die sogleich in Beschlag genommen wurden. War ihr Kuss zuvor beinahe keusch gewesen, so vertiefte Itachi ihn zu einem reinen lustvollen Erlebnis, das eine Sehnsucht zu Tage brachte, die sie vorher noch zu stillen geglaubt hatte.

Seine Zunge umspielte die ihre – forderte sie heraus –, seine Zähne knabberten an ihrer vollen Unterlippe, was ihr immer öfter ein leises Stöhnen entlockte, und seine Hand in ihren Haaren übte einen betörenden Druck auf ihre Kopfhaut aus, dass es sie förmlich dahinschmelzen ließ. In seinen starken Armen vergaß sie alles um sich herum. Warum sie enttäuscht war. Was sie beschäftigte. Bei ihm konnte sie sich fallen lassen, was sie in jedem anderen Moment bis zum Äußersten ausgekostet hätte, doch in diesem Augenblick fühlte sie sich, als würde er sie ablenken wollen. Und das schmeckte ihr ganz und gar nicht.

Ruckartig entzog sie sich seinem verführerischen Mund, der sie mit seinem lustvollen Spiel in den Wahnsinn zu treiben versuchte, doch weit kam sie nicht, denn der Dunkelhaarige hatte einen guten Griff in ihrem hellen Haar. Ihr Atem ging stoßweise, ihre Lider waren halb-gesenkt. Es war eine unbeschreiblich qualvolle Folter, ihn berühren zu wollen – sich in ihm verlieren zu wollen –, gleichzeitig jedoch befürchten zu müssen, dass sie die Kontrolle über sich verlieren würde, sollte sie dieses Risiko eingehen.

»Gut, keine Lügen«, vernahm sie seine tiefes, geschmeidiges Timbre über ihre eigenen Gedanken hinweg, »Frag!«

Das Erste, was Sakura in den Kopf schoss, war: »Wie alt warst du, als du Konoha verlassen hast?«

Mit einem leichten Zucken um die Mundwinkel antwortete er: »Dreizehn.«

»Dreizehn«, wiederholte die junge Frau flüsternd. Ihr Blick streifte über seinen linken Oberarm, fand, was sie suchte. Wenig später folgte ein Finger dem Muster des Tattoos, welches alle Mitglieder der ANBU Konohas bekamen. Er war noch so jung gewesen. In diesem Alter hatte sie noch als Genin unter Kakashi gelernt. In diesem Alter hatte auch Sasuke das Dorf verlassen, jedoch aus völlig anderen Gründen.

»Und dann hast du dich Akatsuki angeschlossen? Mit dreizehn?«, fragte die Rosahaarige neugierig nach.

»Hai«, war seine kurz-angebundene Bestätigung, ehe er ihren Kopf mit einem nachdrücklichen Ruck in den Nacken zwang. Sogleich spürte die junge Kunoichi erneut warme Lippen an ihrem Hals. Das Aufseufzen, das er daraufhin ihrer Kehle entlockte, hallte durch den kleinen Raum. Es war wie Musik in seinen Ohren, intensivierte er doch nun seine Bemühungen.

Von seinen plötzlichen Liebkosungen überrascht, fiel es Sakura schwer sich von diesen loszureißen, doch letztendlich schaffte sie es, einige Zentimeter zwischen seinen Kopf und ihren Hals zu bringen. Ein frustrierter, verschleierter Blick fand den ihren, als sie zu ihm hinuntersah. Leicht verengte Augen funkelten sie von unten herauf an, ehe er erneut Anstalten machte, sich an ihrem Körper zu schaffen zu machen.

Doch kurz bevor er auf ihre Haut traf, griff nun auch die Haruno zu. Sie hatte es zuvor nie gewagt, Itachi an den Haaren zu packen, doch hätte sie nicht zu diesem Mittel gegriffen, wusste sie, wäre es früher oder später darauf hinausgelaufen, dass sie mit dem Rücken auf der Matratze des kleinen Bettes aufgekommen wäre. Unter ihm begraben. Und dieses Szenario wollte sie vermeiden, weswegen sie nun den verärgerten Blick Itachis ertrug, der sich mit dem ihren verflochten hatte.

»Sieh mich nicht so an!«, tadelte sie ungemütlich, »Du hast mich unterbrochen. Das ist mehr als unhöflich und ungerecht, bedenkt man, dass du meine Beweggründe nachvollziehen können müsstest.«

Mit einem beinahe unhörbaren Seufzen erklärte der Ältere: »Ich kann dich verstehen.«

Wütend funkelnde Smaragde blickten auf Itachi herab, der sich momentan ihrer Gnade ausgeliefert sah. »Warum versuchst du dann, mich davon abzubringen, mehr über dich zu erfahren?«

Eiserne Stille folgte auf ihre Frage, die sie so sehnlichst beantwortet haben wollte, dass es ihr schwer fiel, die Kontrolle über ihr Chakra nicht zu verlieren. »Antworte, Itachi!« Dies war das erste Mal, dass sie in solch forderndem Ton mit ihm sprach. Ob es ihm nun zusprach oder nicht, vermochte Sakura nicht zu sagen. Allerdings gefiel es ihr selbst nicht, dass sie diesem Mann alles aus der Nase ziehen musste, weil er meinte, ihr nicht genug Vertrauen entgegenbringen zu können.

 

Der Zug an seinem Haar verstärkte sich unmerklich, je länger er ihr eine Antwort vorenthielt. Aber er war nicht Uchiha Itachi, wenn er diesem leichten Schmerz nicht würde standhalten können. Der wütende Blick, dem sie ihn aussetzte, nagte schon eher an seiner Selbstkontrolle, bemerkte er doch auch Zweifel in diesen so funkelnden Augen, und was ihm noch mehr zusetzte: Enttäuschung. Und das wollte er nicht auf sich sitzen lassen.

»Die Antwort wird dir nicht gefallen«, erwiderte er überzeugt.

»Darf ich das bitte selbst entscheiden?«, schoss sie erregt zurück. »Es ist nicht deine Aufgabe, mich vor all dem zu bewahren, was du getan hast – was du noch tun wirst. Es ist deine Aufgabe, ehrlich zu mir zu sein, mich wie deine Partnerin zu behandeln. Ich werde dich nicht verurteilen, aber verlang nicht von mir, dass ich blind durch die Gegend laufe! Denn so fühle ich mich, wenn es um dich geht. Du bist ein wandelndes Rätsel, das mich mit seiner Geheimniskrämerei beinahe in den Wahnsinn treibt.«

Während Itachi ihre Finger sanft aus seinen schwarzen Locken entwand, entgegnete er: »Alles, was dich und meine Vergangenheit betrifft, muss bewahrt werden, Sakura. Denn beide Aspekte in meinem Leben sind wichtig. Und auch, wenn ich dir die Bürde nicht aufhalsen wollte, die meine Vergangenheit nun einmal mit sich bringt, hat es keinen Sinn, dir diese zu verschweigen, wenn die Konsequenz daraus besteht, dass du gehst.«

Erleichtert, dass er so empfand, ließ sie ihre eigenen Hände in seinen größeren ruhen, als er sie noch immer nicht freigab.

»Ich kann es dir allerdings nicht sagen, was geschehen ist«, erklärte er eilig, darauf vorbereitet, dass sie sich in ihrer Verärgerung von ihm löste, »Stattdessen werde ich es dir einfach zeigen.«

Und in diesem Moment begegnete Sakura den blutroten Iriden Itachis, die sie unweigerlich in ihren Bann zogen. Und mit sich in eine längst vergangene Zeit.

Erneut fand sich Sakura in einer Welt bestehend aus Schwarz, Rot und Weiß wieder. Diesmal jedoch erkannte sie den offensichtlichen Unterschied, der zwischen Itachis Vorstellungen und seinen Erinnerungen bestand. Dort stand kein Bett, und auch sonst nichts Besonderes. Sie befanden sich in einer großen Halle, in der allem Anschein nach niemals Licht einfiel – kein Sonnenlicht jedenfalls.

Vor ihr konnte sie Itachi erkennen, nur jünger – viel jünger. Er reichte kaum bis zu ihrem Kinn, so klein war er. Und vor ihm stand ein Mann, den die Haruno bereits bei ihrem ersten gemeinsamen flüchtigen Treffen verabscheut hatte. Der Anführer der ANBU-Ne, Shimura Danzou.

Hinter sich nahm sie ebenfalls eine Präsenz wahr. Nach kurzem Zögern jedoch konnte sie diese als den älteren Uchiha identifizieren, da er in seiner gewohnt geschmeidigen Art erklärte: »Im Gegensatz zu meinem kleinen Bruder werde ich dir keine manipulierten Erinnerungen präsentieren. All das, was ich dir nun zeigen werde, muss allerdings unter Verschluss bleiben. Ich vertraue darauf, dass du meine Vergangenheit diskret behandelst.«

»Wakatta«, gab sie ihrem Geliebten mit einem nachdrücklichen Nicken zu verstehen, als sie sich zu ihm wandte, um ihm in die blutroten Augen zu sehen.

In diesem Moment begann sich das Schauspiel vor ihr in Bewegung zu setzen, ganz so, als würde es aus einer Starre erwachen. Wie bei einem Video, welches man angehalten hatte und plötzlich auf »Abspielen« drückte, nur dass sie mitten drin standen, alles in Echtzeit miterleben konnten.

 

Der junge Uchiha kniete gehorsam vor Danzou, der nun das Wort erhoben hatte: »Aufgrund der Umsiedlung des Uchiha-Clans an den Rand des Dorfes und des Umstandes, dass sie die Polizei Konohas leiten, können wir in ihre Angelegenheiten nicht eingreifen. Deswegen brauchen wir unsere eigenen Augen und Ohren dort. Wirst du diese Aufgabe übernehmen?«

Ohne zu zögern erwiderte der Junge bekräftigend: »Hai, Danzou-sama.«

 

Dann veränderte sich ihre Umgebung schlagartig. Die Halle wurde zu einem großen Raum, der beinahe vor Leuten überquoll. Überall konnte sie das Clan-Zeichen an den Rücken der Menschen erkennen. Der Uchiwa-Fächer bestehend aus Rot und Weiß. Überall in den Sachen eingearbeitet. Es musste sich um eine Art Clan-Versammlung handeln, wenn so viele Mitglieder dessen sich hier versammelt hatten. Sakura selbst hatte nie bei solch einem Treffen teilnehmen dürfen, stammte sie doch von keinem Clan ab, sondern gehörte nur einer Familie aus Zivilisten an. Nun ja, zumindest bis zu ihr waren alle Mitglieder ihrer Familie einfache Menschen gewesen, die einfachen Berufen nachgegangen waren.

Als sie sich zu dem Uchiha hinter ihr umwandte, um ihn zu fragen, was dies alles zu bedeuten hatte – warum er ihr gerade diese Erinnerung zeigte –, konnte sie absolut nichts aus seinen Gesichtszügen ablesen, nahm jedoch wahr, dass sein Blick weit in die Ferne gerückt war. So schien es jedenfalls.

Erst die autoritäre, tiefe Stimme eines Mannes riss sie aus ihren Gedanken.

 

»Manche von euch mögen es bereits mitbekommen haben, dass mein Sohn, Itachi, der ANBU beigetreten ist.« Mit festem Stand begegnete das Oberhaupt des Uchiha-Clans dessen Mitgliedern und Familienangehörigen. »Die Möglichkeit leichter an Informationen zu gelangen, hat sich damit drastisch verbessert. Itachi, hast du bereits etwas zu berichten?«

Mit eleganten Bewegungen, die nur einem formidablen Shinobi gehören konnten, erhob sich ein Junge, während sich jeder einzelne Kopf in diesem Raum diesem zuwandte. »Ich bin noch immer neu in der Einheit, also gibt es nichts zu sagen. Jedoch denke ich nicht, das in den höheren Rängen Konohas so etwas wie Zusammenhalt besteht.«

 

Plötzlich spürte die junge Frau, wie sich alles um sie herum veränderte. Es war jedoch nicht wie die Male davor. Diesmal fühlte es sich an, als würde Itachi lediglich die Zeit vorspulen. Sie konnte förmlich mitansehen, wie sich der Stand der Sonne gen Westen neigte, wie das Farbenspiel aus Orange, Rot und Gelb seinen Zauber wirkte.

Kurz konnte sie einen Blick auf einen kleinen Jungen erhaschen, der zu der jüngeren Form Itachis aufschloss. Seine Frisur ließ keinen Zweifel zu, dass es sich dabei um Sasuke handeln musste. Ein junger, kleiner Sasuke, voller Energie und Elan – voller Freude und Hoffnung.

Das Bild eines glücklich nebeneinanderher-schlendernden Geschwisterpaares zog jedoch schnell wieder vorüber, während sich ein anderes Bahn brach.

 

Die letzten Sonnenstrahlen dieses Tages erhellten die Schlucht, während sich ein Junge mit Pferdeschwanz einen Weg durch die Bäume bahnte. Mit dem Rücken zu ihm gewandt, stand ein weiterer Junge, der vielleicht schon als junger Mann galt, bedachte man sein Alter und was er bereits alles gesehen hatte – was er erlebt hatte.

»Wir haben hier oft gespielt«, erklärte der Ältere.

Der junge Itachi erwiderte lediglich: »Also bist du wieder hier.«

Noch immer wandte sich der junge Mann Itachi nicht zu, genoss stattdessen die Aussicht nahe der Schlucht. »Hai. Endlich haben wir die Shinobi aus Kirigakure verjagt.«

Während er sprach hatte sich Itachi neben ihn gesellt und blickte ebenfalls über die umliegende Landschaft. »Warum wolltest du mich sehen?«

»Ich will deine ehrliche Meinung hören«, erwiderte der Ältere ohne Umschweife, »Wie ernst, meinst du, ist es Fugaku?«

Mit einem Seitenblick auf den Kurzhaarigen fragte Itachi nach: »Was meinst du mit ›ernst‹?«

Nun war es an dem Älteren, sich Itachi zuzuwenden, ehe er erläuterte: »Ein Coup d'état.«

Nach einiger Zeit des Schweigens fügte er hinzu: »Einige Mitglieder der Polizeitruppe finden dich suspekt, und ich wurde dazu beordert, dich auszuspionieren.«

Daraufhin entgegnete der jüngere der beiden nichts, blickte seinem Gesprächspartner nur mit leicht geweiteten Augen entgegen.

 

Zum ersten Mal, seit sie diese Welt voller Erinnerungen betreten hatten, richtete Sakura das Wort an den Mann hinter sich, hatte sie es doch vorher nicht gewagt, das Gespräch der beiden Jungen zu unterbrechen: »Wer war das?« Sie befürchtete, sie würde sonst wichtige Informationen und Details verpassen, die ausschlaggebend für den Verlauf dieser kleinen Reise sein könnten. Immerhin erachtete Itachi alles, was er ihr nun offenbarte, als wichtig. Also würde sie ihm den nötigen Respekt gebühren, indem sie ihre Fragen für später aufhob.

»Uchiha Shisui. Er war mein bester Freund, fast wie ein großer Bruder«, vernahm sie Itachis tiefes Timbre ruhig, er flüsterte beinahe. Die Rosahaarige konnte nur darauf schließen, dass es ihm nahe ging, was er ihr preisgab. Es war nicht üblich, dem Menschen, dem man vertraute, sein Innerstes darzulegen. Schon gar nicht, wenn man Uchiha Itachi war. Der ruhige, unnahbare, perfekte Uchiha Itachi.

»Der Mann, der dort vorn gesprochen hat, war dein Vater? Fugaku?«, fragte die junge Frau neugierig nach, »Ein Coup d'état? Eine Rebellion des Uchiha-Clans? Gegen Konoha? Ist es das?«

»So viele Fragen«, erwiderte der Ältere mit einem Zucken um die Mundwinkel herum, dann glättete sich sein Gesichtsausdruck, wurde gleichgültig.

Gleichzeitig bemerkte die junge Kunoichi, dass sich ihre Umgebung erneut verändert hatte. Es war mitten in der Nacht.

 

Mitten auf einer Lichtung, umgeben von hoch-gewachsenen, starken Bäumen, ruhte der junge Uchiha in voller ANBU-Tracht. Bis etwas – oder besser gesagt: jemand – seine Aufmerksamkeit forderte. »Shisui, bist du das?«

Geschützt vor jeglichen Angriffen antwortete eine Stimme: »Komm mit mir!«

Itachi schob seine Tiermaske zur Seite und blickte mit leicht verengten Augen in die Dunkelheit, ehe er demjenigen folgte, von dem er wusste, dass es sein langjähriger Freund war.

An der Schlucht angelangt, an der sie oft als Kinder gespielt hatten, erklärte der ältere Uchiha: »Es ist zu spät den Coup d'état der Uchiha aufzuhalten. Wenn ein Bürgerkrieg in Konohagakure ausbricht, werden andere Nationen nicht lang zögern und ihre Chance ergreifen, was einen neuen Ninja-Weltkrieg auslösen könnte.«

Als Shisui sich Itachi zuwandte, konnte dieser erkennen, das etwas nicht stimmte. Frisches Blut strömte unter seinem geschlossenen Augenlid hervor. Es konnte also nicht lang her sein, seit sein rechtes Auge entfernt worden war.

Mit Entsetzen verfolgte der junge Uchiha, wie Shisui sich auch das Linke entfernte. »Du bist die einzige Person, auf die ich zählen kann, mein bester Freund. Onegai, beschütze dieses Dorf, und die Ehre des Uchiha-Clans.«

Eine Krähe Itachis stieg vom Himmel herab, ehe sie sich des Auges Shisuis annahm und in einem Regen aus Federn verschwand.

Nun mit aktiviertem Sharingan erklärte der Jüngere der beiden: »Ich akzeptiere. Was wirst du nun tun?«

Ruhig entgegnete Shisui: »Ich habe bereits einen Brief hinterlassen.«

»Chotto matte, Shisui!«, erhob Itachi aufgeregt seine Stimme.

Während der Ältere bereits einen Schritt rückwärts machte, forderte dieser: »Halte mich nicht auf, Itachi!«

Noch während Shisui sich nach hinten fallen ließ, schoss Itachi nach vorn, versuchte nach seinem besten Freund zu greifen. Ohne Erfolg. Ein weiteres Mal rief er seinen Namen, ehe er mitansah, wie sich sein Vertrauter mit einem leichten Lächeln auf den Lippen die Klippen hinabstürzte, die ihnen früher als Spielplatz gedient hatten. Ihr geheimer Platz.

 

»Er hat sich umgebracht?« Allein dieser Gedanke schwirrte in Sakuras Kopf umher. Warum war er nicht am Leben geblieben? Warum hatte er Itachi allein den Schutz Konohas aufgebürdet? Selbst mit nur einem Sharingan, so wusste die Haruno, hätte er ihm helfen können. Sie war sich dessen bewusst, dass es wahrscheinlich eine Schande war, als geborener Uchiha mit nur einem Auge zu operieren, aber er hätte dennoch leben können.

Wieder vernahm die junge Kunoichi Itachis Stimme nur sehr leise hinter sich: »Aa.«

Im nächsten Moment war ihr der nächste Gedanke gekommen. »Wer hat ihm sein Auge genommen?«

Als der Ältere zunächst nicht antwortete, wandte sich die Rosahaarige ihm zu, blickte ihm unverwandt in die leuchtenden Iriden.

»Danzou.« Und es war dieser Moment, den er wählte, um eine weitere Erinnerung hervorzurufen.

 

Der großflächige Raum im Hokage-Turm, um Konferenzen abhalten zu können, war außer fünf Menschen und einigen Möbeln leer.

Ein junger Uchiha kniete respektvoll, in voller ANBU-Tracht, vor den wichtigsten Menschen in Konoha: dem Oberhaupt, den beiden Ältesten und dem Anführer der ANBU-Ne. Ein seltener Anblick, aber notwendig.

Itachi hatte bereits seine Stimme erhoben und erklärte: »Uchiha Shisui war ein wichtiges Mitglied der Uchiha. Sein Selbstmord demoralisierte den Clan und verringerte gleichzeitig ihre Kampfkraft.«

»Bist du der Meinung, dass es keinen anderen Weg gab, als dass Shisui sein Leben beendete?«, warf der Sandaime ein.

Beinahe gleichzeitig erwiderte Danzou: »Es gibt einige Uchiha, die dich des Todes Shisuis beschuldigen.«

»Diejenigen, die das glauben, wussten nicht, dass Shisui und ich auf dasselbe Ziel zugestrebt sind.«

 

Mit dieser Aussage wurde das Gespräch abgebrochen, und Sakura wurde allmählich bewusst, dass diese Angelegenheit doch ernster war, als es schien. So wie es aussah, hatte Itachi definitiv zwischen zwei Fronten gesteckt. Auf der einen Seite hatte er sein Heimatdorf, für das er Missionen erledigt hatte – für das er getötet hatte –, auf der anderen Seite gab es seinen Clan – seine Familie –, der ihn aufgezogen und bis dahin angeleitet hatte. Es war eine äußerst prekäre Situation, soviel war ihr bewusst. Und sie wusste auch, für was Itachi sich entschieden hatte, nur wollte sie es mit eigenen Augen sehen, wenigstens ein Mal.

 

Drei Männer erschienen im Eingang zum Haus des Clan-Oberhaupts; alle trugen sie die Oberteile mit den höheren Kragen, die sie unweigerlich als Uchiha identifizierte.

Ein langhaariger Mann rief energisch ins Innere des Hauses: »Ist Itachi hier? Wir müssen reden. Komm raus!«

Kurze Zeit später erschien Gefragter vor ihnen und verlangte zu wissen: »Warum seid ihr alle hier?«

»Es waren zwei Menschen, die gestern nicht beim Clan-Treffen erschienen sind«, erklärte erneut der Langhaarige, »Warum warst du nicht dort? Ich verstehe, dass man als ANBU viele wichtige Aufgaben zu erledigen hat.«

Dann erhob allerdings ein hellhaariger Uchiha das Wort: »Es geht dabei, um den Selbstmord Uchiha Shisuis, der sich gestern Nacht im Fluss ertränkt hat.«

Es wurde bald offensichtlich, dass die drei Eindringlinge keine Antwort von Itachi erwarteten, als der Langhaarige sprach: »Shisui war die andere Person, die nicht bei dem Treffen aufgetaucht ist. Du hast ihn wie einen großen Bruder verehrt, ist es nicht so?«

Ruhig schloss Itachi seine Augen und antwortete ebenso geschmeidig wie immer: »Das ist richtig.«

Ohne jeglichen Grund wurde ihm ein Zettel überreicht, auf dem Shisuis letzte Worte geschrieben standen. Sein Abschiedsbrief.

»Er war der Mann, den man als Shunshin no Shisui fürchtete«, erklärte einer der Dreien, »Er war der Mann, den man als ersten aus dem Uchiha-Clan anfordern würde, sollte eine Mission anstehen.«

Nachdem sie ihre Ausführungen beendet hatten, nahmen sie den Brief als Beweisstück erneut an sich, und wandten sich zum Gehen.

Zuallerletzt jedoch konnte Itachi erneut das Timbre des Langhaarigen vernehmen: »Wenn du in irgendeiner Art und Weise versuchen solltest, die Ermittlungen zu behindern, werden wir dich ein weiteres Mal aufsuchen müssen.«

Diese Anschuldigung ließ der junge Itachi jedoch nicht auf sich sitzen. »Warum sagt ihr es nicht direkt? Beschuldigt ihr mich?«

Das glühend rote Funkeln in seinen Augen war unverkennbar; er hatte sein Sharingan aktiviert. Ebenso wie die drei Eindringlinge.

»Das ist korrekt«, offenbarte der Langhaarige hasserfüllt.

Daraufhin schaltete sich auch der Hellhaarige ein: »Hör zu, Itachi! Versuch nur den Clan zu verraten …«

Weiter konnte er seinen Gedanken nicht ausführen, da Itachi sich, in Rage, auf die drei Ermittler der Polizeitruppe Konohas stürzte und sie kampfunfähig machte. Nichts als gut gezielte Bewegungen konnte man erkennen. Nur darauf bedacht, den Gegner auszuschalten.

Als gestandener Shinobi erhob sich Itachi aus seiner defensiven Position und erklärte: »Ich habe es euch schon einmal gesagt: Ihr solltet Menschen nicht aufgrund ihrer Erscheinung beurteilen. Ihr habt euch eure Meinung über mich bereits gebildet und nehmt mich nicht ernst.«

»Shisui hat dich in letzter Zeit beobachtet«, erwiderte der Hellhaarige keuchend und setzte sich allmählich wieder auf, »Ein halbes Jahr nach deinem Eintritt in die ANBU konnten wir dein seltsames Verhalten nicht mehr ignorieren. Was denkst du?«

Mit dem Anflug von Wut zogen sich Itachis Augenbrauen zusammen, sodass sich auch seine blutroten Sharingan gefährlich verengten. »Eine Bindung zu dem Dorf, eine Bindung zu dem Clan. Warum sollte man überhaupt Bindungen aufbauen?«

In einiger Entfernung konnte Itachi seinen Vater herannahen erkennen. Mit grimmiger Miene hatte dieser alles mitverfolgt, und näherte sich nun der kleinen Gruppe von Männern, um ihnen auf zu helfen.

Einer von ihnen konnte sich einen Kommentar nicht verkneifen: »Solch Arroganz.«

Als alle Männer wieder standen erklärte der Langhaarige noch immer vor Wut kochend: »Wir werden dich nicht mehr bedrohen.« Dann richtete er sich direkt an Itachis Vater, der die Polizei in Konoha leitete: »Kapitän, geben Sie uns die Order, ihn mitzunehmen!«

Doch bevor diese Order an Gültigkeit gewann, erklang eine weitere Stimme von der Seite – eine hellere, viel höhere Stimme, die nur zu einem Kind gehören konnte. »Nii-san, onegai, hör auf!«

In diesem Moment schien es, als würde ein Schalter in Itachi umgelegt, denn keinen Herzschlag später befand er sich auf seinen Knien und verbeugte sich tief vor den Männern, die ihn aufgesucht hatten, und seinem Vater.

»Ich habe Shisui nicht umgebracht«, erklärte er ruhig, »Aber ich entschuldige mich für meine Worte, sollten sie unangemessen geklungen haben. Gomennasai.«

Zufrieden mit dieser Anspielung von Reue, löste sich Fugaku von seinen Männern und führte seinen Weg nach Hause fort, passierte seinen jüngsten Sprössling, dessen Aufmerksamkeit noch immer ganz Itachi galt. Dieser wandte sich seinem kleinen Bruder jedoch erst zu, als sein Vater bereits im Inneren des Hauses verschwunden war, blickte ihm mit seinem Sharingan entgegen, ehe es seine Form gänzlich veränderte und sein Mangekyou offenbarte.

 

Sakura musste in diesem Moment feststellen, dass dieser jüngere Itachi ein anderer war, als der, den sie vor ein paar Monaten kennengelernt hatte. Natürlich wiesen sie Gemeinsamkeiten auf, die den älteren Uchiha in seinem Wesen ausmachten, doch der Itachi, den sie kannte, hätte sich vor niemandem verbeugt. Nicht vor seinem Oberhaupt, nicht vor einfachen Clansmännern. Es war ganz einfach nicht seine Art, sich jemandem zu beugen – in jeglicher Hinsicht. Die Männer hatten es allein dem kleinen Sasuke zu verdanken, dass Itachi dessen Worten gefolgt war. Seine Worte hatten anscheinend so viel Gewicht, dass es der ältere der Brüder nicht übers Herz gebracht hatte, diese zu ignorieren.

Doch eines fragte sich die Rosahaarige in diesem Augenblick: »Wann hast du dein Mangekyou Sharingan erweckt?«

»In der Nacht, in der Shisui starb«, antwortete er geschmeidig, »Die Legende der Uchiha besagt, man müsse seinen engsten Vertrauten umbringen, um diese Macht zu erlangen. Es ist offensichtlich, dass dies nicht der vollen Wahrheit entspricht, da ich Shisui nicht umgebracht habe. Allerdings genügt es, wenn derjenige in deinem Beisein stirbt und du ihn nicht retten konntest. Dieser Verlust ist es, der diese Macht erweckt.«

»Grausam«, stellte die junge Frau fest, ehe sie sich einer weiteren Erinnerung näherten.

 

In einem kleinen Raum, das einem Büro nicht hätte ähnlicher sein können, saß Danzou. Vor ihm kniete respektvoll ein junger Itachi und hörte sich an, was der ältere Mann zu sagen hatte.

»Ich habe Berichte erhalten, in denen die Rede von einer Waffenaufstockung seitens der Polizeitruppe ist. Was hältst du davon?«

Der junge Uchiha hob leicht seinen Kopf, um seinem Vorgesetzten entgegenblicken zu können, ehe er antwortete: »Unzufriedenheit gegen Konohagakure steht bei den Uchiha derzeit hoch im Kurs.«

Mit einem letzten Blick auf den jungen Mann, erwiderte der Ältere: »Es scheint, als könnten wir es nicht länger ignorieren.«

»Hai«, stimmte Itachi ihm kurz-angebunden zu.

 

Diesmal ließ der Mann hinter ihr, ihr keine Zeit, sich weiter mit dem Gesehenen zu beschäftigen, ehe er die nächste ausschlaggebende Erinnerung einläutete.

 

»Oi.« Ein älterer Shinobi, dessen Gesicht vollständig von einer Maske verdeckt wurde, blieb mitten auf einer kleinen Lichtung stehen, ehe er sich dem Jungen zuwandte, der es gewagt hatte, ihn anzusprechen.

»Ich möchte, dass du mir bei etwas behilflich bist«, ergriff der Jüngere erneut das Wort, »Heute Nacht ist es soweit.«

Ohne jegliche Reaktion, erwiderte der Fremde stoisch: »Gut. Ich werde dir assistieren, wie versprochen.«

Mit dieser Versicherung wandte sich der junge Uchiha zum Gehen. »Ich zähle auf dich.«

Noch bevor Itachi verschwinden konnte, offenbarte der Maskierte: »Ich werde dir helfen, die Uchiha auszulöschen, aber ich verfolge damit ein anderes Ziel als du. Ich will, dass du deine Augen davor verschließt. Wenn du einen Platz zum Leben brauchst, schließe dich meiner Organisation an.«

»Deiner Organisation?«, fragte Itachi verblüfft nach.

»Ich nenne sie Akatsuki«, erklärte der Ältere, bevor beide ihrer Wege gingen.

 

Es schien, als würde Itachi das Geschehene nun in Schnellablauf an ihnen vorbeiziehen lassen. Auch spielte sich die nächste Erinnerung nicht allein an einem Schauplatz ab, sondern es fühlte sich an wie ein Film, der an ihnen vorbeisauste, während sie jede Einzelheit in sich aufsaugen konnte.

Sie konnte nicht anders, als das viele, dickflüssige Blut zu bemerken, welches die Straßen und Häuser des Uchiha-Distrikts tränkte. Klingen durchbohrten Fleisch, Muskeln, ja sogar Knochen, während sie mitansehen musste, wie Itachi all diese Menschen tötete. Der beißende, metallische Geruch des Blutes durchtränkte die sonst so reine Nachtluft, beschmutzte das umliegende Areal.

Trotz ihres Unwillens konnte sie jedoch nicht die Augen davor verschließen, was er in dieser Nacht angerichtet hatte. Er hatte all diese Menschen ausgelöscht, die zu seinem Clan gehörten – die seine Familie waren.

Nur leise konnte sie die Schreie vernehmen, die im Hintergrund widerhallten und sich in ihrem Gedächtnis verankerten, sich in dieses förmlich hineinbrannten, damit sie ja nicht vergaß, was dieser Mann hinter ihr getan hatte, der noch immer schweigend verweilte.

Dann standen sie plötzlich vor seinem früheren Zuhause, welches gänzlich still vor ihnen lag.

 

Elegant und effizient schlich der junge Itachi die Flure entlang, die er seit dreizehn Jahren, Tag ein Tag aus, durchquert hatte. Nach der Suche nach seinen Eltern, den zwei Oberhäuptern seines Clans.

Vor der geschlossenen Shoji-Trennwand zu dem Arbeitszimmer seines Vaters, hielt der Junge inne.

»Komm rein, Itachi. Wir haben dich bereits erwartet«, vernahm er gedämpft das tiefe Timbre seines Vaters.

Als er die dünne Tür zur Seite schob, konnte er im Dunkeln ihrer beider Umrisse erkennen, wie sie ihm abgewandt dasaßen – wie bei einer Hinrichtung. Er zögerte.

Erneut sprach sein Vater: »Wir sind nicht bewaffnet. Ich werde nicht gegen meinen Sohn kämpfen, auch wenn er einen anderen Weg gewählt hat, als ich es mir erträumt hatte.«

»Tou-san, Kaa-san«, erhob nun Itachi seine Stimme, »Ich …«

»Wakatta, Itachi«, hallte die seichte Stimme seiner Mutter durch den großen Raum.

Dann verlangte Fugaku mit fester Stimme: »Itachi, versprich mir nur eines: Kümmere dich um Sasuke!«

Mit Tränen in den Augenwinkeln erklärte Itachi leise: »Das werde ich.« Der Junge begann zu zittern, sodass das Katana in seinen gestählten Händen leise klirrte.

Noch während er mit sich haderte, erhob sein Vater ein letztes Mal das Wort: »Auch wenn unsere Anschauungen sich unterscheiden, bin ich stolz auf dich. Du bist wirklich ein gütiges Kind.«

Nun strömten Tränen über Itachis Wangen und Kinn, fielen zu Boden, während sein Vater sprach.

 

Leises Schluchzen war zu vernehmen. Jedoch hatte es seinen Ursprung nicht bei der Szene vor ihnen, sondern war Sakura zuzuschulden. Bewegt und wehmütig wandte sie sich von den Bildern vor ihr ab, während ihre Schultern immerwährend zu beben begannen.

Noch nie hatte sie solch Emotionen in Itachis Iriden brennen sehen, als in diesem entscheidenden Moment. Noch nie hatte sie solch einen Akt miterlebt, der ihr so nahe ging. Und sie hatte bereits viele Menschen sterben sehen. Sei es aus Hass, Rache, oder auch aus Liebe. Menschen fanden immer einen Grund, sich gegenseitig zu schaden.

Dass Itachi mitten in die politischen Konflikte Konohas verwickelt worden war, stimmte die Haruno traurig, und zornig. Es war nicht seine Verantwortung gewesen, man hatte es zu seiner gemacht, indem man ihn vor die Wahl gestellt hatte. Stell dich auf Konohas Seite und du wirst deinen Clan aufhalten, stell dich auf die Seite deines Clans und du wirst mit ihm untergehen. Verhindere einen Bürgerkrieg – möglicherweise den nächsten großen Ninja-Weltkrieg –, und friste dein weiteres Leben als gesuchter Mann, lass den Dingen seinen Lauf, und stürze Konoha und umliegende Nationen in Chaos und Verluste.

Die Rosahaarige hatte sich von vornherein – bereits als Genin – davor gesträubt mutwillig andere Menschen zu töten, stattdessen hatte sie sich ihrer Heilung verschrieben, wenn es ihr denn möglich war. Sie hatte sich hinter den Rücken ihrer Teammitglieder versteckt und ausgeharrt, bis sie Tsunade begegnet war. Sie lehrte sie, dass es möglich war, Heilung mit Zerstörung zu verbinden. Und es war beizeiten nötig.

In den letzten Jahren hatte Sakura, sich stets ihrem Dorf gebeugt, wenn sie anderer Meinung war, als die Oberhäupter. Aber in diesem Augenblick wurde ihr klar, dass es ein Fehler war, ihnen blind zu vertrauen. Nicht alle Entscheidungen, die sie trafen, waren richtig. Ihr war bewusst, dass es womöglich keinen anderen Weg gab, als den Uchiha-Clan auszulöschen, sonst hätte der dritte Hokage diese Möglichkeit sofort ergriffen, aber jemanden aus ihren Reihen zu benutzen, um den Frieden zu bewahren, und ihn danach einfach wegzuwerfen, damit ihr Ruf gewahrt werden konnte. So etwas konnte und wollte die junge Kunoichi nicht vertreten. Das war nicht richtig, das war selbstsüchtig.

Tapsende Schritte rissen Sakura aus ihren abschweifenden Gedanken, als sie noch immer klagend vor den Leichen von Itachis Eltern stand.

Dann wurde plötzlich die Schiebetür geöffnet, die dem Geschehen gegenüberlag.

Die leise, helle Stimme Sasukes drang an ihre Ohren, noch ehe sie sich zu ihm wandte: »Nii-san?«

Wie in Zeitlupe konnte die junge Frau miterleben, wie der kleine Junge alle Einzelheiten in sich aufsog, die Tragweite dessen nicht begreifen konnte.

Diesmal war es anders. Vielleicht lag es daran, dass Sakura nicht wie sonst am Rande der Erinnerungen stand und alles mitverfolgte, sondern diesmal zwischen den einzelnen Protagonisten stand.

Als sie sich dem kleinen Sasuke zuwandte, schien es fast, als würde er sie direkt anblicken. Es war so herzzerreißend, all diese Gefühle in seinem jungen Gesicht zu erkennen. Unglauben, Empörung, Wut, Verrat, Trauer. Und noch so viel mehr spiegelte sich in seinen so lebhaft großen Augen wieder, dass es ihr beinahe den Atem verschlug.

»Was tust du, Nii-san?«, zerriss ein weiteres Mal seine hohe Stimme diese alles betäubende Stille.

Sakura musste keinen Blick zurückwerfen, um zu wissen, dass das junge Bildnis Itachis bereits seine gleichgültige Maske aufgesetzt hatte, durch die nicht einmal seine aufgewühlten Gefühle drangen. So war er nun einmal. Beherrscht, bis aufs Äußerste.

Die kalte und doch geschmeidig wirkende Stimme Itachis war zu vernehmen, als er lediglich erwiderte: »Törichter, kleiner Bruder.«

Und plötzlich waren nur noch Schreie zu vernehmen. Schreie, die so leidvoll den großen Raum erfüllten und an den Wänden widerhallten, dass der Haruno das Herz sank. Und in diesem Augenblick wurde ihr bewusst, dass Itachi auch Sasuke diese Nacht bereits gezeigt haben musste. Dass er ihn damit gefoltert haben musste.

Im nächsten Moment war wieder alles still, bis Sasuke auf dem Boden aufschlug und mit weinerlicher Stimme fragte: »Dooshite?«

»Ich habe es getan, um meine Kräfte zu messen«, erklärte der Ältere rücksichtslos.

Die nächsten Minuten waren gezeichnet von Ausschnitten, wie Itachi Danzou bedrohte; sollte dieser auch nur einen Finger an Sasuke legen, so würde er Rache nehmen – nicht nur an ihm, sondern an dem ganzen Dorf. Dass er Danzou im Auge behalten würde.

Es bestärkte Sakura nur weiter in ihren Vermutungen, dass der alte Mann noch weitere Dinge tat, als nur die ANBU-Ne zu leiten und das Dorf zu beschützen. Dieser Mann war gefährlich.

Und zuletzt fanden sie sich an einem Ort wieder, der hoch lag, wie die Hokage-Felsen. Tosender Wind peitschte ihnen um die Ohren, während der Sandaime Itachi das Versprechen abnehmen musste, dass er Sasuke beschützen würde. Er teilte ihm ebenfalls mit, wohin er als nächstes gehen würde, zur Organisation Akatsuki.

Diese Bilder jedoch konnte sie nicht ausgiebig genug analysieren, befand sie sich doch binnen eines Herzschlages wieder in dem kleinen Zimmer, welches Itachi für sie beide gemietet hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Inara
2017-02-14T23:55:41+00:00 15.02.2017 00:55
Die beiden können einfach nicht ohne den Anderen. Wobei ich mir vorstellen kann das es noch nicht zum Äußersten kommt. Ita hat eine erstaunliche Selbstbeherrschung und zu viel Respekt vor ihr, um den Zauber durch vorschnelles Handeln zu zerstören. Er will die Nähe zu ihr zelebrieren.
Antwort von:  Victualia
15.02.2017 02:05
Na ja, die beiden werden schon noch ihre Momente bekommen :D
Von:  hydri
2017-02-10T20:54:52+00:00 10.02.2017 21:54
Wenn es irgendwann Lemon gibt, kannst du es dann nochmal zensieren? Ich bin leider noch etwas unter 18 q.q
Antwort von:  Victualia
11.02.2017 02:01
Ich werde es definitiv anzeigen, wenn es ein Lemon geben sollte. Aber zensieren werde ich es, glaube ich, nicht. Für mich ist es ein wichtiger Bestandteil dieser Fanfiktion. Ob du es nun liest oder nicht, ist deine Entscheidung. Außerdem behandeln diese Kapitel dann hauptsächlich nur den Lemon und sonst nichts Großes. Man verpasst also nicht viel, keine Sorge ...
Liebe Grüße
Victualia
Von:  Stevy
2017-02-10T11:14:42+00:00 10.02.2017 12:14
Wow toll geschrieben, man taucht richtig mit ein in deine ff. 😙
Mach weiter so 👍
Antwort von:  Victualia
10.02.2017 15:38
Dankeschön für deine lieben Worte :) Es freut mich, dass es dir gefällt.
Liebe Grüße
Victualia
Von:  jillianZ
2017-02-10T04:27:30+00:00 10.02.2017 05:27
Oh man was ein Kapitel. Freu mich schon wenn es weiter geht . Mach weiter so. Ich mag dein ff sehr. Liebe grüße dagelassen ❤
Antwort von:  Victualia
10.02.2017 08:59
Es freut, dass dir die Fanfiktion so gut gefällt :)
Morgen geht es ja schon weiter, keine Sorge.
Liebe Grüße
Victualia
Von:  Anitasan
2017-02-10T01:36:24+00:00 10.02.2017 02:36
Das nenne ich Mal mit Haut und Haaren verfallen.
Du machst sowas von spannend.
Kommt es jetzt zum Sex?
Das Frage ich mich schon die ganze Zeit.
Mach schnell weiter.
Gruss Anitasan
Antwort von:  Victualia
10.02.2017 04:07
Schön, dass es dir gefällt :)
Nein, noch kein Sex, sorry. Ein Lemon kommt erst im 18. Kapitel. Es ist also noch ein wenig bis dahin :D
Liebe Grüße
Victualia


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