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I eleniël orco

Die Sternentochter des Orks
von

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Familiengespräche

Es war Legolas, als sei er nie von hier weggezogen und hatte auch nicht sein eigenes kleines Heim im Süden in Ithiliën errichtet und die Gärten Gondors erneuert. Schon bald nach ihrer Ankunft in seiner alten Heimat hatte sein Vater ihn wieder in all seine alten Pflichten eingespannt. Wie in alten Tagen griff Legolas nun seinem Vater nun bei dessen alltäglichen Staatsangelegenheiten unter die Arme und unterstützte ihn mit dessen Arbeit. Meist hieß dies, dass er irgendwelche Schreiben mit dem königlichen Siegel versehen und sich mit den Beratern seines Vaters absprechen durfte. Er fragte sich, wie sein Vater es ohne ihn und seine Zuarbeit ausgehalten hatte.

Gimli ließ die meiste Zeit die Seele baumeln und genoss das Nichtstun und den elbischen Wein. So oft er konnte, besuchte er auch Earenis in ihrer Zelle. Auch Legolas versuchte immer wieder Momente am Tag für diese Besuche zu finden, denn es war ihm äußerst unangenehm, dass es ausgerechnet sein Vater gewesen war, der Earenis in diese missliche Lage gebracht hatte. Jedes Mal brachte er ihr Wein und frisches Essen mit, um ihr den unfreiwilligen Kerkeraufenthalt wenigstens ein bisschen zu erleichtern. Sein Vater war nicht allzu begeistert darüber, doch dieses Mal ließ sich Legolas nicht beirren.

Er überlegte krampfhaft, wie er seinen Vater davon überzeugen konnte, Earenis wieder frei zu lassen, dass sie nicht jene Bedrohung war, die er in ihr sah. Oder auch einfach nur, dass seine übereilten Vorurteile weder Hand noch Fuß besaßen. Als ihn sein Vater gut eine Woche später am Abend zu sich rief, schien ihm die Gelegenheit gekommen zu sein, seinen Vater darauf anzusprechen.

Thranduil empfing ihn in seinen eigenen Privatgemächern bei einem Kelch Wein. Legolas gesellte sich zu seinem Vater und goss sich ebenfalls Wein ein. Nichts ging über den Tropfen aus Dorwinion! Nicht einmal in Ithiliën wollte er ihn missen, weshalb er keine Kosten und Mühen scheute, um ihn dorthin importierten zu lassen.

„Also, mein Sohn“, begann Thranduil, nachdem Legolas sich bequem hingesetzt hatte. „Du hast freilich mitbekommen, dass ich in den letzten Tagen meine Späher aussandte und unsere Grenzen erkunden ließ. Ihre Berichte sind nun bei mir eingegangen und tatsächlich stehen die Zeichen auf Krieg. Etwas braut sich da im Nebelgebirge und im Norden zusammen, das mir nicht gefallen will. Ich will, dass du in den nächsten Tagen selbst mit einigen Männern aufbrichst und die Grenzwachen verstärkst und überwachst. Wir müssen wissen, wann und wo diese neue Bedrohung als erstes zuschlagen wird.“

„Mit deiner Erlaubnis werde ich auch einige Patrouillen in das Umland schicken“, schlug Legolas vor.

Der König nickte. „Du hast meine Erlaubnis.“ Dann jedoch seufzte er und wirkte mit einem Male schrecklich alt und niedergeschlagen. „Aber es gibt noch etwas anderes“, eröffnete er.

Nun wurde Legolas besonders hellhörig. Diesen Ton hatte sein Vater noch nie angeschlagen. Wie als habe er Schwierigkeiten ihm etwas zu sagen. Was war es wohl? Es musste etwas sehr Bedeutendes sein.

Thranduil ergriff seine Krone und legte sie vor sich auf den Tisch. Eine geraume Zeit besah er sie sich nachdenklich und schweigend. Er seufzte. Schließlich setzte er fort: „Ich erhielt dies von meinem Vater, nachdem er in der Belagerung Barad-dûrs gefallen war. Über ein Zeitalter ist dies nun schon her, über dreitausend Jahre, in denen ich unzählige Schlachten hatte schlagen und unser Volk gegen den Schwarzen Feind verteidigen müssen. Zu viele Jahre …“

„Vater …“, begann Legolas zögernd. „Worauf willst du hinaus?“

„Der Westen ruft“, sagte Thranduil traurig. „Deine Mutter wartet dort auf mich, nachdem sie uns vor so vielen Jahren hatte verlassen müssen, als sie hinterrücks ermordet worden war.“

Der Erinnerungen, wie seine Mutter nach dem Orküberfall in seinen Armen verstorben war, schmerzten noch heute.

„Mich hält hier nichts mehr“, sagte Thranduil schließlich nach einer kleinen Pause des Sammelns. „Es wird allmählich Zeit, dass du nun diese Krone erhältst und unser Volk in den letzten Jahren führst, in denen es hier noch verweilt.“

Legolas entglitten die Gesichtszüge. Natürlich war er der Erbe seines Vaters und bereits sein gesamtes Leben dafür ausgebildet worden, eines Tages selbst König zu sein. Aber dennoch war dieser Gedanke stets fern und unreal gewesen. Dass dieser Tag nun plötzlich vor seiner Tür stand, überrannte ihn förmlich.

„Vater, du kannst nicht gerade jetzt dein Amt an mich weitergeben“, versuchte er es. „Ein neuerlicher Krieg steht an. Dies kann nicht gut gehen.“

„Gerade deswegen, mein Sohn“, hielt sein Vater dagegen. „Ich habe zu viel Krieg gesehen in meinem Leben, irgendwann einmal ist das Maß voll. Du hast noch nicht so lang gelebt wie ich, hast nicht das Erste Zeitalter erlebt, doch auch du wirst sicher nachvollziehen können, was ich empfinde. Immerhin hast du an Saurons endgültigem Fall mitgewirkt und nun scheint doch alles für die Katz‘ gewesen zu sein.“

„Ich kann jetzt nicht gekrönt werden“, versuchte es Legolas weiterhin schwach.

„Doch, du kannst. Mehr denn je“, sprach Thranduil ihm Mut zu. „Nicht heute und nicht morgen, das versteht sich von selbst. Ich gebe dir noch ein paar Tage, damit du dich mit diesem Gedanken anfreunden kannst, bevor ich es offiziell bekannt gebe. Aber du schaffst das schon, habe nur Vertrauen in dich.“ Er schob ihm die Krone über den Tisch zu.

Legolas starrte das kunstvolle Gebilde aus Zweigen und Laub wie ein feindliches Objekt an. All die Jahre war er vertraut mit der Krone gewesen, immer hatte er sie an seinem Vater gesehen, so dass sie für ihn nun schon beinahe wie ein Teil Thranduils geworden war. Ohne sie würde einfach etwas an seinem Vater fehlen! Und wie sollte er sie da jemals tragen können?

Abgesehen davon, dass er dieser Verantwortung niemals gerecht werden konnte! Sein Vater war ein großer König, von allen geliebt. Er würde niemals das erreichen können, was sein Vater erreicht hatte.

„Ich kann nicht“, sagte er leise und schob die Krone zurück.

Thranduil hielt ihn auf. „Du kannst“, sagte er ein letztes Mal.



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