Abschied
Sonntag, 29. Dezember
„Ich werd dich vermissen …“, schniefte Tatum und wollte Mimi gar nicht mehr loslassen, „wir müssen uns viel öfter treffen.“ „Ja“, stimmte ihre Freundin zu und war selbst den Tränen mehr als nahe. Dabei hörten sie im Hintergrund lautes Seufzen. „Was?“, funkelten beide Frauen ihre männlichen Freunde an. „Ihr bedenkt schon den Zeitunterschied“, fragte Phil nach. Das war den zwei Frauen schon klar, daher hatten sie es auch so formuliert. Doch jetzt nervten die Jungs nur. Aber Mimi wollte sich nicht darum scheren. Sie vermisste ihre Freunde, da würde sie auch mitten in der Nacht aufstehen um sie zu sehen. Also nahm sie einfach Phil und Steve gleichermaßen in den Arm und drückte sich auch herzlich an sie, „euch vermiss ich auch und ich würde auch zulassen, dass ihr mitten in der Nacht aufstehen müsst, damit wir uns sehen“, sprach sie ganz bewusst. Tatum und Maria kicherten. „Das kannst du dir abschminken“, grinste Chris, „mich bekommst du nachts nicht aus dem Bett, dann musst du halt nachts aufstehen.“ Dem Brünetten streckte die Japanerin die Zunge raus und lachte dann. Sie umarmte noch ihren Freund und Lou und zuletzt noch Maria, dann wollte Tatum allerdings auch noch einmal gedrückt werden. Letztlich fiel ihr Blick auf den Blonden. Er saß mit Betamon zusammen am Wasser. Seufzend überwand sie sich und ging zu ihrem Exfreund. Dabei spürte sie den Blick Taichis in ihrem Rücken. Er vertraute Michael nicht.
„Michael“, sprach Mimi vorsichtig und setzte sich einfach neben den Blonden. „Ich will mich nicht wieder mit dir streiten“, bedrückt senkte sie den Kopf und sah ebenfalls auf das Wasser. Der Amerikaner war schon drauf und dran abzuhauen, doch er mochte Mimi und wollte sich auch nicht mit ihr streiten. „Wir haben beide Sachen gemacht, die nicht in Ordnung waren. Wir haben beide Sachen getan, die wir besser hätten lassen sollen. Ja, ich war schon damals verliebt in Taichi, doch …“, sie machte eine Pause, „… Aber ich hatte wirklich gedacht, dass wir nicht wieder nach Japan kommen würden und ich hab dich wirklich gern, deswegen …“ „Mimi, lass es … vielleicht war da was, aber nie so viel, wie du für ihn hast.“ „Ja“, Mimi fühlte sich wirklich schlecht. Sie hatte viel angestellt. Sie hatte aus reinem Egoismus eine Beziehung zu zwei Jungen aufgebaut, die sie gern hat, aber nicht mehr. Eigentlich war sie hier der schlechte Mensch. Doch Taichi hatte doch auch schlecht gehandelt, oder nicht? Nervös biss sie sich auf die Unterlippe. „Es tut mir leid“, hauchte sie und schlang ihre Arme um die Beine. Stille entstand. Dadurch verstrickte sich die junge Frau in ihren Gedanken und Schuldgefühlen.
❀ ❀ ❀
Nicht nur Taichi beobachtete Mimi und Michael. Auch Hikari behielt ihre Freundin im Auge. Sie wusste bereits von Anfang an von dem Geschehen zwischen ihr und Taichi. Sie war sich sicher gewesen, dass Mimi nicht ohne Grund mit Koushiro zusammen gewesen war. Natürlich war es falsch gewesen, doch es war eine Kurzschlusshandlung gewesen und irgendwie hatte Kari das verstehen können. Seufzend schüttelte sie den Kopf und wand sich gerade noch rechtzeitig ab. Takeru stand bei ihr und ein blondes Mädchen kam auf sie zu. „Takeru, Mensch, du hast dich gestern total vor mir versteckt“, lächelte sie und schlang ihre Arme um dessen Hals, „ich hatte mich nur kurz mit Taichi unterhalten können. Wie schön es ist dich zu sehen.“ „Catherine, entschuldige, ich hab dich gar nicht gesehen“, wich er aus und lächelte freundlich zurück. Er war viel zu sehr in seinem Glück gefangen gewesen. Der Traum war endlich Wirklichkeit geworden. Er konnte Hikari in aller Öffentlichkeit seine Freundin nennen und niemand konnte es ihm mehr kaputt machen. Es war so schön und gerade verlor er sich wieder in dieser Erinnerung. „Hörst du mir zu?“, fragte die Franzosin nach und fasste ihm an die Oberarme. Besorgt musterte sie ihn, er sah sie so verträumt an. Dabei färbten sich ihre Wangen rot und ihr Herz legte prompt an Tempo zu.
Blinzelnd beobachtete Kari die Situation verwundert. Was ging denn hier ab? Wer war sie? Die Brünette kannte das Mädchen nicht. Takeru wusste aber von den drei Chinesen. Doch sie hatte keinen Grund eifersüchtig zu sein, oder? Nein, nicht bei Takeru. Er war doch ihr Freund. In ihr machte sich leichter Unmut breit. Sie fühlte sich nicht gut, hier einfach daneben zu stehen und einfach nur zuzusehen. Vielleicht sollte sie sehen, ob schon alles gepackt war. Mit einem doch leicht mulmigen Gefühl im Bauch machte sie sich auf den Weg.
„Was?“, fragte Takeru verwirrt nach. „Ich hab dich gefragt wie es dir so geht und ob du bald mal wieder nach Frankreich kommst? Dein Opa würde sich sicher auch freuen“, sie lächelte verlegen, „und ich würde mich auch freuen.“ „Catherine …“, mit großen Augen sah er auf sie, sie wirkte … wie wirkte sie denn? Sie war rot im Gesicht, sah verlegen zur Seite und lächelte verschmitzt. Zudem hatte sie immer noch ihre Hände an seinen Oberarmen und strich über seine Haut. Sie wirkte … verliebt … In ihm machte sie eine Vorahnung breit. „Du bist groß geworden und siehst wirklich gut aus“, lächelte sie, „männlich …“, kicherte sie und ihre Wangen wurden noch dunkler. „Äh …“, darauf wusste er nichts zu sagen, „danke …?“ Erwartungsvoll sah sie dann auf, doch es kam nichts zurück. Sie hatte mit einer Entgegnung gerechnet, dass er es auch zurückgeben würde. „Willst … willst du mir nicht auch was sagen?“, sie legte den Kopf schief. Er sah sie doch auch so an. „Ach … äh ja … ich … ich würde dir gerne jemanden vorstellen … das ist …“, er wandte sich zur Seite, wo zuvor noch Hikari gestanden war. Erschrocken hielt er inne und sah sich verwirrt um. Doch sie war nirgendwo zu finden. Das brachte ihn aus dem Konzept und er konnte sich nur umschauen. Dabei bemerkte er die Enttäuschung seiner Gegenüber nicht. Doch Catherine fasste sich wieder, „… wen wolltest du mir denn vorstellen?“, sie schluckte den Kloß herunter, vielleicht meinte er nur einen Freund. „Meine Freundin“, sprach er in Gedanken versunken, „entschuldige“, er fasste an ihre Schultern, „ich muss sie suchen gehen“, er lächelte kurz und lief dann los. Mit einem Stich im Herzen ließ er das Mädchen zurück.
❀ ❀ ❀
Seufzend blieb Mimi neben Koushiro stehen. „Das ist deine Schuld. Du hast gestern mit dem Gespräch angefangen, dann mit dem Lied und jetzt musst du das ertragen“, schnaubte sie. Der Rothaarige sah auf, er hatte gerade seinen Laptop zusammengebaut. „Du bist mir deswegen noch was schuldig“, böse blickte sie auf ihn runter, „du hast einfach das Lied abgespielt, das hab ich dir im Vertrauen gezeigt und gegeben.“ „Entschuldige“, murmelte er, „aber es ist letztlich zu dem gekommen, dass du dir gewünscht hast“, er richtete sich auf und lächelte sie an, „oder irre ich mich da?“ „Ja, tust du … ich wollte es ohne dieses ganze Drama“, knurrte sie, „das hätte so vieles einfacher gemacht, für mich und auch Miyako und Hikari hätten es einfacher gehabt. Und auch dir hätte ich damit einiges erspart“, seufzte sie, „Koushiro, wenn … wenn du eine Pause brauchst … von mir, dann musst du es mir sagen, ich gebe dir diesen Freiraum“, sprach sie schweren Herzens aus, denn sie wollte ihn nicht weiter quälen, doch sie würde ihren besten Freund vermissen. Koushiro wich einen Moment alles aus dem Gesicht. Er verstand ihre Überlegung, vielleicht würde es so vieles einfacher machen, doch er würde sie vermissen – als seine beste Freundin. „Wir würden das beide nicht durchhalten“, stellte er bei ihrem Gesichtsausdruck fest. Sie musterten sich einen Moment und grinsten beide. „Ich geh mich noch kurz von meinen Freunden verabschieden, dann überlege ich mir, was ich dir antue“, zwinkerte Mimi und lief zu Tatum. „Das hast du doch schon“, rief er ihr nach. „Aber ich vermisse sie schon“, wie aufs Stichwort kam auch das Mädchen auf sie zu. Die zwei Freundinnen fielen sich erneut in die Arme und weinten augenblicklich los.
Seufzend schüttelte Koushiro lächelnd den Kopf. Er widmete sich wieder seinem PC. „Izzy …“, erklang Taichis Stimme. Der Nerd sah auf und war sich nicht sicher, was nun kommen würde, „ja?“ „Ich … ich weiß nicht, was ich sagen soll“, gab er offen zu, „ich habe Mist gebaut … anfänglich …“ „Hast du“, gab ihm der Rothaarige trocken recht. Er widmete sich wieder seinem Tun. Er konnte nicht wirklich wütend auf Taichi sein, sie waren dafür einfach schon zu lange Freunde. Mimi war seine beste Freundin, doch Taichi war sein bester Freund. Sein wohl stärkster Verbündeter. Natürlich sah der Ältere das wohl anders, Yamato war sein bester Freund, doch nach diesem kam direkt der Rothaarige. Sie waren einfach schon so lange unzertrennlich und hatten besonders früher viel geteilt. „Aber als ihr zusammen ward … hat es mir einen Stich versetzt … einen schmerzlichen Stich und dabei hast du Mist gebaut“, knurrte Taichi. „Ich habe nicht Mist gebaut, weil es dir einen Stich versetzt hat, ich hatte wenn dann Mist gebaut, weil ich auf Mimis Vorschlag eingegangen bin“, antwortete er wieder nüchtern. Von Mimi konnte er sich noch ein schlechtes Gewissen machen lassen, doch Taichi hatte nicht das Recht dazu. Dem Braunhaarigen versetzte diese Aussage allerdings einen Schlag und er spürte kurz Wut auf den Jüngeren. Doch eigentlich hatte Izzy recht. Er war einfach derjenige, der den Überblick behielt, der es auf den Punkt trifft. „Izzy … es … es tut mir Leid …“, murmelte der Fußballer. Verwundert sah sein Gegenüber auf, er glaubte nicht recht zu hören. „Ich habe mich falsch verhalten und es tut mir leid, ich … ich will dich als Freund nicht verlieren“, gestand Taichi, „du bist mir wichtig und ich will … ich hoffe … dass es für dich kein Problem ist, dass ich … ich mit Mimi …“, stotterte er unbeholfen. Koushiro fühlte ein flaues Gefühl und senkte den Kopf wieder leicht, „nein“, sprach er noch leiser, „alles in Ordnung.“ Eigentlich wollte der Nerd das Gespräch nun erst einmal beenden, das war etwas unangenehm … nein, nicht etwas … sehr sogar. Er wollte nach Hause.