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Nummer Neun

von

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‚Neun‘ tat es ihrem Herrn gleich und ließ sich an einen Baumstamm gelehnt nieder.

Mit gewisser Verwunderung registrierte sie, dass der Reitdrache sich möglichst nah neben dem Menschenkind hinlegte. Dabei blieb es aber nicht, denn Ah-Uhn machte nicht wie erwartet ein Nickerchen, sondern seine Köpfe blieben wachsam erhoben, wobei einer immer das Kind im Blick behielt.

Auch Jaken setzte sich so, dass er Rin beobachten konnte.

Bei den Göttern, was stimmte mit diesen Dämonen nicht? Sie war ein Mensch! Was war so besonders an ihr, dass einer der Fürsten sie unter seinen persönlichen Schutz stellte?!

Mit einer leichten Drehung des Kopfes befand sich auch ihr Herr wieder in ihrem Blickfeld. Noch lebte sie, das war doch ein gutes Zeichen. Nur was würde er jetzt mit ihr machen? Interesse daran, Leibeigene zu besitzen, hatte er nicht.

Sie selbst hatte er lediglich mit genommen, weil sie ihn zu Rin führen konnte. Damit hatte ihre Anwesenheit ihren Sinn erfüllt, sie wurde nicht länger benötigt.

Dieses Wissen ließ sie unwillkürlich frösteln.

‚Neun‘ war eine gehorsame, fleißige und gewissenhafte Sklavin, ihre Besitzer wurden ihretwegen immer beneidet. Nicht wenige mussten ihr Leben lassen, weil andere sie haben wollten.

Jetzt? Sollte sie tatsächlich keine Aufgabe mehr haben? Nicht erwünscht sein?

Es musste doch etwas geben, das sie tun konnte!

Nachdenklich neigte sie den Kopf und betrachtete die seltsame Gruppe. Der Mensch war ihnen wichtig, also wenn sie ihrem Herrn gefallen wollte, musste sie etwas machen, von dem Rin profitierte.

Was wusste sie über Menschen? Sie waren schwach, kurzlebig und beliebte Ware. Man musste vorsichtig mit ihnen umgehen, da ihre Knochen leicht brachen und lange zum Heilen brauchten. Ebenso wie offene Wunden, an denen konnten sie sogar sterben. Im Winter froren sie sehr schnell, im Sommer machte ihnen die Hitze zu schaffen. Bei beiden Extremen musste man aufpassen, dass sie nicht starben.

Das brachte ihr aber alles nichts, denn unter dem Blätterdach war die Temperatur wohl angenehm für Menschen.

Da fiel ihr doch noch etwas ein.

Nicht gerade viel, aber es war mehr als nichts.

Unter den teilweise fragenden Blicken der restlichen Youkai, trat sie an Ah-Uhn heran und suchte erneut seine Satteltaschen ab – lediglich mit Mühe konnte sie sich ein triumphierendes Grinsen verkneifen.

Ihr Brett war schnell in die Hand genommen und ihre Frage aufgeschrieben.

Erwartungsvoll schritt sie zu Sesshomaru und hielt es ihm hin.

Ihr Körper ist schwach. Soll ich ihr Nahrung besorgen?
 

Sesshomaru gab mit einem knappen Nicken sein Einverständnis. Es brauchte nur wenige Sekunden, in denen ‚Neun‘ ihre Schreibutensilien verstaute und mit einem Satz verschwand.

Er verengte die Augen – sie war nahe dran, sich in Energieform fortzubewegen.

Darum, dass sie verschwinden würde, musste er sich zumindest nicht sorgen. Zum einen schien ihr dieser Gedanke sowieso vollkommen fremd zu sein – und ihr Youki war einfach zu verfolgen.

Wenn er nicht wollte, dass sie damit noch unerwünschte Besucher anlockte, sollte er sich in naher Zukunft darum kümmern, dies zu unterbinden.

Nur er bezweifelte stark, dass es mit einem Befehl getan war. Die anderen Youkai in Kenzos Diensten waren ein schlechter Witz im Vergleich zu der Inu – es stand außer Frage, dass es in ihrem Umfeld niemanden gegeben hatte, der in der Lage war, ihr den Umgang mit ihrer Kraft beizubringen.

Das blieb dann wohl an ihm hängen, denn bisher sah er keine Notwendigkeit, sein neues Anhängsel wieder loszuwerden. Im Gegenteil, er hatte bereits eine Idee, was ihre Zukunft anging.

Zunächst galt es aber, Rin zurück in ihr vertrautes Umfeld zu bringen. Alles Weitere kam danach. Bis dahin konnte er die Zeit nutzen und sich näher mit der Sklavin befassen.

Gedanklich wanderte er zurück zu dem Moment, als sie ihm den Schlüssel gab. Es war ihm vollkommen schleierhaft, warum sie bei den Menschen geblieben war und nun anstandslos ihm folgte.

Sie hätte lediglich ihre Kette abnehmen und abhauen müssen, zurück in ihr Leben vor der Knechtschaft.

Dennoch war sie etwa zwei Meilen entfernt und suchte Nahrung für Rin, ohne irgendwelche Anstalten zu machen, zu fliehen. Sie hatte gesehen, wie er der Bewusstlosen das Symbol ihres erzwungenen Standes abnahm. Den Schlüssel hatte er ihr zurückgegeben.

Um ‚Neuns‘ Hals hing nach wie vor die Goldkette mit ihrer Nummer.

Warum ließ sie sich das alles gefallen, lehnte sich nicht auf?

Es war fern jedweder Logik! Niemand mit einem gesunden Verstand verhielt sich derart! Ihr Wille war aber mit Sicherheit nicht gebrochen worden, dafür dachte die Inu viel zu eigenständig und auch ihr Verhalten sprach dagegen. Sie besaß zudem einen gesunden Selbsterhaltungstrieb.

Sesshomaru wurde aus seinen Grübeleien gerissen, als sich Rin zu regen begann.

Ihr Atem war bereits seit einigen Minuten ungleichmäßiger, aber jetzt erst kam Leben in den kleinen Körper.

Nicht nur ihm war dies aufgefallen. Jaken sprang auf und kam näher und Ah-Uhn wandte ihr beide Köpfe zu, um auch ja nichts zu verpassen.
 

Ihr Kopf schmerzte und das sogar stärker als der Rest ihres Körpers.

Nur langsam nahm ihr Verstand seine Arbeit wieder auf und ihr fielen mehrere Dinge zugleich auf. Kein Gestank mehr nach Stall, dafür aber das Plätschern von Wasser. Außerdem klebte kein rauer Stoff an ihrer Haut, sondern deutlich feinere Kleidung bedeckte ihren Körper.

War das ein Traum? Wenn ja, dann wollte sie nicht aufwachen, nur um sich zwischen stinkendem Stroh am Boden wiederzufinden.

„Rin?“

Das war doch… Die vertraute Stimme brachte die Angesprochene dazu, mühsam die Augenlider zu heben. Sie brauchte noch einige Sekunden, ehe sie sich an das Licht gewöhnt hatte und etwas erkannte. Drei neugierige Augenpaare schwebten über ihrem Gesicht.

Konnte es tatsächlich sein…

„Ah-Uhn, Jaken…“, krächzte sie mühsam heraus. Ihr Hals war so trocken…

Während der Drache ihr kurzerhand übers Gesicht schleckte, verschränkte Jaken die kurzen Arme vor der Brust „Wurde ja auch Zeit das du endlich aufwachst!“

Das Mädchen lächelte nur, denn trotz der harschen Worte war dem Kappa anzumerken, das auch er erleichtert und froh über ihr Erwachen war.

Langsam setzte sich Rin auf und sah sich um – bis sie den fand, den sie suchte. Sesshomaru. Der Fürst war aufgestanden und einige Schritte herangetreten, sodass sie weit zu ihm aufsehen musste.

Als sich ihre Blicke trafen, wurde es dem Mädchen erst richtig bewusst.

Sie war nicht länger in dem Stall, sondern irgendwo im Wald bei ihrem Meister. Er hatte sie tatsächlich gefunden! Ungläubig wanderte ihre Hand zu ihrem Hals, tastete nach dem Metall – und fand es nicht.

Obwohl ihr leicht schwindelig war, konnte sie nicht anders und sprang auf, um den DaiYoukai zu umarmen. Freudentränen fanden den Weg aus ihren Augen als sie sich an den wohl tödlichsten Dämon überhaupt klammerte und nicht bereit war, ihn allzu bald wieder freizugeben.

Es war so unwirklich, sie konnte es kaum fassen.
 

‚Neun‘ hatte sich nicht die Mühe gemacht etwas zu jagen, sondern sich darauf beschränkt essbare Früchte zu sammeln. Sie hatte keinerlei Bedarf sich die Hände schmutzig zu machen und bezweifelte, dass das Kind ein Tier ausweiden konnte. Da war die Entscheidung, was es zu Essen geben würde, leicht gefallen.

Ihre Ausbeute, größtenteils Beeren von denen sie wusste, dass sie nicht giftig für Menschen waren, hatte sie in mehrere, große Blätter eingewickelt. So sollte nichts verloren gehen.

Zufrieden mit sich machte sich die Inu auf den Rückweg.

Unterwegs hielt sie inne um zu wittern und den Kopf zu neigen. Der Wind trug den Geruch einer größeren Gruppe Berittener mit sich.

Kopfschüttelnd lief sie weiter. Ihr Herr war selbst ein Youkai, da musste sie ihn wohl kaum darüber informieren.

Kurz darauf erreichte sie das provisorische Lager wieder und blieb neben einem Baum stehen. Da stand doch tatsächlich ihr Herr und Rin klammerte sich an diesen als wäre er ihr einziger Halt. Zu allem Überfluss legte der Fürst auch noch die linke Hand auf den Schopf des Mädchens.

Dieser eiskalte Killer zeigte ein derartig fürsorgliches Verhalten?!

Ziemlich verwirrt trat sie näher und trat mit einem Fuß auf einen Ast, um sich zurück zu melden. Ihr Herr zeigte keine Reaktion, anscheinend hatte er sie längst wahrgenommen. Jaken und Ah-Uhn hingegen bemerkten sie erst jetzt – ebenso wie Rin.

Das Menschenkind löste sich ein klein wenig von ihrem Retter, denn sie wollte wissen, wer oder was da kam.

‚Neun‘ registrierte erstaunt, dass das Mädchen keinerlei Angst zeigte, selbst als in ihren verweinten Augen Erkennen aufblitzte.

Gut, schon in ihrem Verlies hatte Rin ein ungewöhnliches Verhalten an den Tag gelegt und jetzt stand sie auch noch neben ihrem Beschützer. Da brauchte selbst ein so schwaches Wesen keine Angst haben.

Wieder kam eine Brise auf und die Sklavin stellte fest, dass sich der Wind gedreht hatte.

Vielleicht sollte sie ihre Entdeckung also doch mitteilen.

Daher zögerte sie nicht lange, sondern überwand die letzten Meter und drückte der verdutzten Rin das Päckchen aus Blättern in die Arme.

Ihr Herr zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts, da sie sofort ihr Brett holte und zu schreiben begann.

Auf der Ebene ist eine Gruppe Reiter. Wie viele weiß ich nicht, ich habe sie nur gerochen.

Mehr als ein knappen Nicken kam nicht von ihm, stattdessen schob er das Menschlein vor sich zurück zur Decke, wo sich diese wie gewünscht hinsetzte. Ohne Sesshomarus Hilfe, schien sie eh kaum auf ihren zittrigen Beinen stehen zu können.

Verstand einer den Fürsten… Sein Verhalten war äußerst untypisch für einen Youkai. So umsichtig gingen manch Eltern nicht mit ihren Sprossen um!

Etwas verloren blieb ‚Neun‘ an Ort und Stelle stehen.

Gut, ihr Herr hatte keinen wirklichen Grund, sich wegen den paar Menschen in der Nähe Sorgen zu machen. Aber sollte das tatsächlich alles gewesen sein?

Ehe sie weiter nachdenken konnte, riss sie Rins schwache Stimme zurück ins Hier und Jetzt. Das Mädchen hatte das Päckchen geöffnet. „Danke.“

Jetzt war die Sklavin verwirrt. Warum bedankte sich das Kind bei ihr? Aus der Sicht der Kleinen musste sie doch zu den Bösen gehören – außerdem hatte sie doch nur das getan, was ihr Herr von ihr verlangte. Niemand bedankte sich für die Ausführung eines Befehls.
 

~~~
 

Kohaku und Kirara hatten während der Nacht lediglich eine kurze Pause eingelegt. Die Nekomata sah im Dunkeln genug, um ihre Suche fortführen zu können, während ihr Reiter auf ihrem Rücken döste. Zwei Nächte hintereinander konnten sie dies machen, aber sollte ihre Suche länger dauern…

Erschwerend kam hinzu, dass dank des Regens alle Spuren verwischt waren. Sowohl die der Entführer und Entführten als auch die des DaiYoukais.

So langsam machte ihre Zuversicht Platz für Frustration.

Kohaku hörte das Rauschen eines Flusses und entschied: „Wir machen eine kurze Rast.“

Mehr brauchte er nicht sagen, nach all ihrer Zeit auf Reisen waren Worte zwischen ihnen oft überflüssig. So auch dieses Mal, denn die dämonische Katze wich von ihrem strikten Kurs gen Osten ab, um zu dem Fluss zu gelangen.

Dort angekommen ließ sich der Dämonenjäger von ihrem Rücken gleiten und streckte seine steifen Glieder. Selbst für einen geübten Reiter wie ihn war es anstrengend und seine Muskeln protestierten.

Während Kirara ihre kleine Form annahm, vertrat sich der junge Mann etwas die Beine.

Nach einem Blick in den Lederbeutel mit seinem Proviant entschied er, ein paar Fische zu fangen.

In sicherer Entfernung zum Wasser hatte sich Kirara zusammen gerollt und sah ihm aus halb geöffneten Augen zu. Obwohl es den Anschein machte, als ob sie vor sich hin döste, lauschte sie nach wie vor wachsam auf verräterische Geräusche, die eine kommende Gefahr ankündigten.
 

Als sie eine Stunde später erholt aufbrachen, entschieden sie sich ohne weitere Absprache, dem Fluss aufwärts zu folgen. So führte ihr Weg zwar nicht direkt gen Osten, aber die Menschen würden die Nähe frischen Wassers suchen. Somit war zumindest das Trinkwasser für sie gesichert.

Erst gegen Mittag wurden sie auch tatsächlich fündig.

Vor ihnen machte das Flussbett einen langen, linksgezogenen Bogen, sodass sie zwar nichts sahen, aber Kirara eindeutig etwas hören konnte.

Mit einem kurzen Maunzen beschleunigte sie ihre Schritte. Kein Zweifel, dort vorne waren Menschen.

Blieb nur zu hoffen, dass es auch die Gesuchten waren.

Kurz vor ihrem Ziel verlangsamte die Nekomata ihre Schritte und Kohaku auf ihrem Rücken richtete sich vollständig auf. Mittlerweile hörte selbst er mehrere Stimmen und verstand einzelne Wortfetzen.

Dann lichtete sich der Wald und auf der kleinen Lichtung lagerte eine Gruppe müder, ausgelaugter und teilweise verletzter Bauern.

Auch sie wurden bemerkt – der erste Impuls der Lagernden war es, aus Angst vor wilden Oni zurück zu weichen. Dann aber entspannten sie sich und Erleichterung machte sich breit.

Die Ersten erhoben sich und kamen näher, um die Neuankömmlinge zu begrüßen und manch einer war so froh, dass er Kohaku sogar umarmte.
 

~~~
 

Sesshomaru hatte nach Rins kleinem Mahl entschieden, dass sie aufbrechen würden.

Rin, die nach wie vor ziemlich schwach auf den Beinen war, saß auf Ah-Uhns Sattel. Wie gewohnt wurde der Drache von Jaken geführt und einige Schritt vor ihnen lief der Anführer der bunt gemischten Truppe.

Das Schlusslicht bildete ‚Neun‘, die nach wie vor nicht wirklich schlau aus all dem wurde. Für sie kam noch erschwerend hinzu, dass sie keine Aufgabe hatte und somit viel zu viel Zeit für Grübeleien.

Abermals warf Rin einen Blick über die Schulter.

Seit ihrem Erwachen schwirrten ihr unzählige Fragen durch den Kopf und es wurden immer mehr, statt weniger. Selbst für ihre Umgebung hatte sie keinen Blick, egal ob sie an Kräutern vorbei liefen, die es bei ihnen nicht so häufig gab oder an bunten Blumen, für die sie sich nach wie vor begeistern konnte.

So ganz hatte sie noch nicht begreife können, dass sie tatsächlich frei war. Selbst jetzt noch befürchtete sie, im Stall zu erwachen, nur um festzustellen, das alles Einbildung war.

Wie auch sollte sonst Kenzos Sklavin in all das reinpassen?

Fürchten musste sie die InuYoukai nicht, ihr Meister würde niemals zulassen, dass ihr etwas geschah.

Unwillkürlich erschauderte Rin.

Nun, so lange er anwesend war, war dem auch so… Ihr schmerzender Körper sprach da eine andere Sprache. Aber er hatte sie gerettet, war es nicht das, was zählte? Was war überhaupt mit den anderen Dorfbewohnern? Mit Kaede?

Obwohl sie das Schweigen irgendwie genoss, denn umgeben von lauter anderen Leibeigenen war es nie wirklich still, siegte ihr Verlangen nach Antworten. „Jaken, wie habt ihr mich gefunden?“

So sehr sie ihren persönlichen Helden alias Sesshomaru auch schätzte – wenn es um Erklärungen ging, war dann doch eher Jaken der bessere Ansprechpartner.

Wie sie es nicht anders von dem Kappa gewohnt war, begann er sofort zu berichten, schweifte ab und bauschte auf. Dieses Mal störte sie seine Langatmigkeit nicht, stattdessen bemühte sie sich eisern weiter zuzuhören.

Ein Großteil ihrer Fragen wurde somit erklärt, auch wenn dafür neue hinzukamen. ‚Neun‘ und die anderen Verschleppten betreffend, aber auch was Kaede und die Verbliebenen anging. Wo gingen sie überhaupt hin? Obwohl, vermutlich brachte Sesshomaru sie zurück ins Dorf.

Sollte sie nachhaken? Es war aber fraglich, dass sie eine Antwort erhalten würde.

Ein kalter Wind zog über sie hinweg und veranlasste Rin dazu, sich fröstelnd über die Arme zu reiben. Erst jetzt bemerkte sie, dass längst der Abend dämmerte und es daher abkühlte.

Zu ihrem Glück entschied der DaiYoukai, dass es für heute genug war und hielt an. Für sein gewohntes Gefolge war die Botschaft klar: Hier würden sie rasten.
 

Nach einigen Minuten verstand auch ‚Neun‘, dass sie die Nacht hier verbringen würden.

Rin hatte sich eine Decke genommen und saß in dieser eingekuschelt auf dem Boden, während Ah-Uhn graste. Jaken war zwischen einigen Büschen verschwunden und ihr Herr lehnte an einem Baum.

Wunderbar, und was sollte sie machen?

Kurzentschlossen folgte sie Jaken, der sich vornüber gebeugt hatte und trockene Äste zusammen suchte. Von hinten tippte sie ihm auf die Schulter. Gerade noch konnte sie seinem Stab ausweichen, als der Kappa vor Schreck aufsprang und mit diesem um sich schlug. All das begleitet von einem schrillen Aufschrei.

Kami, war der schreckhaft!

Da schien auch er zu erkennen, wer da vor ihm stand und ‚Neun‘ deutete auf das Holz, ehe er seinem Ärger Luft machte.

Jaken folgte ihrem Fingerzeig, sah wieder zu ihr und schien zu verstehen. „Besorg lieber was zum Essen!“

Schon wieder? Andererseits war die letzte Mahlzeit von ihrem Menschen mehrere Stunden her. Gut möglich also, dass die Nächste fällig war.

Ob wieder Beeren reichen würden? Oder doch lieber etwas, dass man erwärmen konnte? Wenn der Kappa Feuerholz suchte, bot sich das doch an.

Suchend hob sie den Kopf, zog mehrmals tief Luft ein und nahm so eine viel versprechende Spur auf.

Nicht weit vom Lager entfernt fand sie einen kleinen See. Ursprünglich hatte sie vorgehabt, eines der Tiere zu erlegen, dass zum Trinken her kam. Nach einem Blick ins Wasser entschied sich die Inu um.

Ihre „Jagd“ war schnell erfolgreich beendet und sie kehrte mit den Fischen in der Hand zur Gruppe zurück. Dort brannte bereits ein kleines Feuer und ihre Beute wurde freudig entgegen genommen.

Zufrieden, weil sie endlich etwas hatte tun können, sprang ‚Neun‘ auf einen Ast und machte es sich dort bequem. Da ihr letzter Schlaf bereits einige Zeit zurück lag, wollte sie ein paar Stunden ruhen.
 

Ihr leichter Schlummer fand ein schnelles Ende. Unter ihr auf dem Boden schnarchte Jaken an Ah-Uhn gelehnt und auch der Drache befand sich tief im Land der Träume.

Die beiden waren nicht für ihr Erwachen verantwortlich.

Es war das Menschenkind, welches sich unruhig auf seinem Schlafplatz hin und her warf und sich dabei die Decke vom Leib zappelte. Immer wieder verließ ein Wimmern ihre Lippen, zwischendurch unterbrochen von Schreien.

Seltsam, bisher hatte sie sich nie von den verzweifelten Lauten ihrer Gefangenen stören lassen. Warum auch? Wer ausbrechen wollte, machte keinen Lärm. Da musste sie auf leise, verräterische Geräusche achten. Aber so etwas? Nichts, das einer weiteren Beachtung würdig war.

Andererseits schienen das nur Menschen zu machen, denen es schlecht ging. Das war bei den Sklavenhändlern oft der Fall, denn die Ware konnte sich – aus für ‚Neun‘ unverständlichen Gründen heraus – selten mit ihrer neuen Situation zufrieden geben. Gut, damit wusste sie nun, dass es Rin nicht gut ging.

Ihr Herr wiederum wollte, dass es dem Mädchen gut ging und sie sich wohl fühlte, zufrieden war.

Nur was sollte sie mit dieser Erkenntnis anfangen? Das Kind wecken? Aber ihr schwacher Körper brauchte den Schlaf. Daher kam das nicht in Frage. Oder vielleicht doch?

Warum konnte ihr Herr nicht andere Prioritäten haben? Aber nein, er musste sich gerade um ein Menschenmädchen sorgen. Das war ein Thema, bei dem sie heillos überfordert war. Woher sollte sie denn auch wissen, wie man diese umsorgte? Das war doch nicht ihre Aufgabe.

Da war es ihr sogar lieber, von ihrem Herrn genommen zu werden – damit konnte sie umgehen.

Zu ihrem Glück wurde ihr die Entscheidung abgenommen, denn mittlerweile hatte Rin sich komplett von der Decke befreit und wurde von der Kälte wach. Oder schreckte sie aus ihrem Traum auf? Egal, jedenfalls war sie still.

Suchend sah sich das Kind um und entspannte sich erst, als sie den Fürsten gefunden hatte.

Langsam, leicht schwankend stand Rin auf und tapste auf Sesshomaru zu. Dieser öffnete nun auch die Augen und musterte seinen Schützling. „Sesshomaru-sama…“

Auf den bittenden Tonfall hin bekam sie keine Antwort, dafür aber hob der Youkai den linken Arm an. Mehr brauchte es nicht, damit Rin erleichtert aufatmete und sich neben ihm nieder ließ.

Vertrauensvoll lehnte sie sich an und es dauerte nicht lange, da schlief sie wieder, gewärmt von dem Schulterfell des Fürsten.

‚Neun‘, die all das beobachtet hatte, begann an ihrem Sehvermögen und ihrem Verstand zu zweifeln.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Rinnava
2015-11-27T15:51:13+00:00 27.11.2015 16:51
ein super kapi
es ist einfach super wie du die Gedancken von Neun beschreibst
Lg Rin


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