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Proof of her heat

von

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Replay


 

Step one you say we need to talk

Es war der erste Schritt. „Können wir mal reden?“, fragte ihre Stimme freundlich. Er nickte. Ich bekam nichts mit. Ich bekam nie etwas mit. Aber sie erzählte mir, was passierte. Nein. Er erzählte mir, was passierte.
 

He walks you say sit down it's just a talk

He smiles politely back at you

You stare politely right on through

Er setzte sich an diesem Abend nicht. Die Dämmerung war schon lange vorbeigezogen. Und mit ihm eine ruhige Nacht. „Setz' dich doch, ich will nur reden“, wunderte sie sich. Sie lachte. Es hat ein wenig gekünstelt gewirkt. Er hat zurück gelächelt. „Geht schon.“ Und daraufhin hatte auch sie weiter höflich angelächelt. Er erzählte mir, es sei, als habe sie durch ihn hindurch gesehen.
 

Some sort of window to your right

As he goes left and you stay right

Between the lines of fear and blame

And you begin to wonder why you came

Es hatte keinen Sinn gehabt, dass sie nur da standen beispielsweise saßen, hatte er mir erzählt. Sie starrte nur aus dem Fenster, aus den Fenstern, die rechts von ihr lagen. Und er ging nach links, so glaubte er, während sie ruhig auf ihrer rechten Seite blieb. Er konnte ungefähr ahnen, was sie fühlte. Und was er selbst fühlte. Sie waren irgendwo gefangen, die eine Seite von Schuld befangen. Die andere Seite mit Angst gefüllt. Und beide fragten sich, was noch kommen sollte. Warum sie überhaupt versuchten zu reden. Es hatte keinen Sinn gemacht.
 

Where did I go wrong, I lost a friend

Er hatte die Wohnung verlassen. Und kam nicht mehr wieder. Sie, so erzählte sie mir bei einem späterem Treffen, hatte die ganze Nacht nicht schlafen können. Bei unserem Treffen weinte sie. In der damaligen Nacht nicht. Sie hat sich gefragt, was sie falsch gemacht hätte. Wo war ihr Fehler? Ich schluckte. Und tröstete sie wie es mir nur möglich war. Insgeheim fragte ich mich, was ich falsch gemacht habe. Schließlich habe ich … oder sogar auch … zwei Freunde verloren.
 

Somewhere along in the bitterness

And I would have stayed up with you all night

Had I known how to save a life

Ich war allein in irgendeiner Bitterkeit gefangen, die ich mir selbst erschaffen habe. Ich wollte mit den beiden wieder befreundet sein. So wie früher. Lagerfeuer, Mutproben, Unsinn, Quatsch, alles. Ich würde mit ihnen wieder die Nächte durchmachen und in der Schule einschlafen. Die Predigten durchhalten und später mit ihnen darüber lachen. Wir würden das alles wieder machen, hätte ich nur gewusst … hätte ich nur gewusst, wie man ein Leben … mein Leben … rettet.
 

Let him know that you know best

Cause after all you do know best

Try to slip past his defence

Without granting innocence

Lay down a list of what is wrong

The things you've told him all along

And pray to god he hears you

Ich sagte ihr, dass er wissen sollte, dass sie es besser, es am besten wisse. Am Ende war es immer so. Sie hatte alles immer besser gewusst, weil sie einfach sie war. Und ich … Ich riet ihr, seine Verteidigung aus lächerlichem Selbstmitleidsstolz zu durchdringen und ihm keine Unschuld an der ganzen Sache zuzugeben. Er selbst wusste, dass er Schuld war, dass er am Ende alles irgendwie verbockt hatte, dass er … ich … die Schuld trug. Die Liste von den Sachen, die falsch sind, war lang. Und kurz. Sie war lang. Er sollte es wissen. Wissen … was er schon weiß. Es waren die Sachen, die sie ihm schon lange zuvor gesagt hatte. Bitte Gott, dass er dich hört.
 

And pray to god he hears you

Sie sollte wirklich zu Gott beten, dass er sie erhören würde … mich erhören würde.
 

Where did I go wrong, I lost a friend

Somewhere along in the bitterness

And I would have stayed up with you all night

Had I known how to save a life

Er erzählte mir, dass er sich die Schuld an allem gab. Er hatte sich gefragt, was er falsch gemacht hätte. Er hatte eine gute Freundin verloren. Ich glaubte ihm, glaubte ihm seine Reue. Er war kein schlechter Mensch. Nur ein Mensch mit zu vielen Fehlern. Aber das war in Ordnung gewesen. Jetzt musste er sich bessern. Jetzt war der Zeitpunkt der Reue gekommen. Auch er hatte sich irgendwohin verzogen, obwohl er mit dem Kopf in den Händen direkt neben mir saß, ich konnte ih nicht mehr sehen, erreichen, was auch immer. Ich sah es ihm an. Es war eine bittere Aura. Er bereute. Er konnte nicht mehr, er sehnte sich die Vergangenheit zurück. So viele lustige Momente. Er würde die Nächte mit uns beiden durchmachen wollen, erzählte er mir, egal, wie viel er noch dagegen gesagt hätte. Er hätte mitgemacht. Nur … hätte er es gewusst, wie er es verhindern könnte, diese Lage, in der wir uns jetzt befanden. Hätte er gewusst, wie er ihr … mein … Leben hätte retten können, wäre dies alles nicht passiert.
 

As he begins to raise his voice

You lower yours and grant him one last choice

Sie hatte nachgegeben, irgendwann. Vor dem Treffen von uns. Vor dem Treffen von ihm und mir. Er hatte beinahe unerträglich laut geschrien. Oder seine Stimme einfach nur erhoben. Seine Entscheidung bekundet. Und sie hatte aufgegeben. Ihre Stimme war leiser, ruhiger, eisiger als sie es jemals war, erzählte er mir später, und … sie hatte seine letzte, freie Entscheidung bewilligt.
 

Drive until you lose the road

Or break with the ones you've followed

He will do one of two things

He will admit to everything

Or he'll say he's just not the same

And you'll begin to wonder why you came

Es war eine Inszenierung gewesen. Später, nach allem, was passiert ist. Ich saß hinten. Und schlief. Es hatte lange gedauert, die beiden zu überzeugen, mit mir in den Urlaub zu fahren. Ich wollte nicht streiten. Es hatte lange gedauert. Ich bekam nicht mit, was sie sagten. Ich war müde. In meinem Kopf dröhnte es. Fahrt weiter, rief es in mir, fahrt einfach weiter, bis er den Weg verliert, von der Straße abkommen würde. Fahrt einfach. Ich wollte nicht, dass er, der am Steuer saß, denkt, es wäre besser, wenn er sich endgültig von uns abwenden würde, mit uns brechen würde. Ich wusste, dass er eines von diesen beiden Möglichkeiten irgendwann in die Tat umsetzen musste. Ich hasste es, diese Machtlosigkeit über seine Entscheidungsgewalt. Ich war müde. Er sollte, er würde alles gestehen. Ich hoffte es so sehr. Ich wollte nicht, dass er seufzend, resignierend sagen würde, dass er einfach nicht derselbe wäre wie er es einst war. Er würde in meinen Augen immer derselbe sein. Er wäre doch immer nur er, oder? Meine Brust schnürte sich vor lauter Angst zu. Ich war müde. Ich schlief. Und trotzdem hatte ich Herzrasen. Ich wollte nicht. Ich wollte nicht. Ich wollte nicht. Ich wollte nicht, dass sie sich anfängt zu fragen, warum sie gekommen ist. Das wollte ich nicht.
 

Where did I go wrong, I lost a friend

Somewhere along in the bitterness

And I would have stayed up with you all night

Had I known how to save a life

Die Worte klangen immer und immer wieder in meinem Kopf nach. In ihrem auch. Und in seinem sowieso. Wir waren alle verschieden und doch gleich. Ich lachte. Ich verstand es nicht. Verstand nicht, wieso wir uns dann nicht in die Augen sehen konnten. Uns anlachen konnten. Die Nächte durch futtern konnten. DVDs und anderes gucken konnten. Zusammen. Ich verstand es absolut nicht.
 

Where did I go wrong, I lost a friend

Somewhere along in the bitterness

And I would have stayed up with you all night

Had I known how to save a life

Sie hatte sich die Schuld an allem gegeben. Wäre es nicht soweit gekommen, wäre sie nicht in ihrer Bitterkeit ertrunken, wäre alles anders gewesen. Sie würden immer noch zusammen die Tage verbringen und die Nächte durch wach bleiben. Der Geschmack von Süßem im Mund haben, während sie ihn mit vollem Munde ausschimpfen würde, weil er unfair Monopoly spielt. Hätte sie gewusst, was sie machen sollte, damit sie sich … uns allen … dieses Leben hätte erhalten können.
 

How to save a life

Hätten wir alle gewusst, wie wir dieses Leben uns hätten bewahren können. Wie wir es hätten retten können. Dann wäre uns alles erspart geblieben.
 

How to save a life

Aber wir wussten es nicht.

Stop

„Hast du auch genügend Geld dabei, Clay?“, höre ich meine Mutter zu mir rufen, während ich schon meine Schuhe in der Garderobe anziehe. Ich binde mir schnell die Schuhe zu und springe auf. „Ja ja, außer du meinst, dass ich mehr als dreißig benötigen würde?“, rufe ich ihr zu, als sie argwöhnisch aus der Küche heraus guckt.

Einige Schritte noch, eine Tür, die zugeht und schon bin ich auf den Straßen der Stadt. Wir wohnen nicht wirklich abseits, aber auch nicht wirklich mittendrin. Ich gehe an den vielen Hochhäusern vorbei, die die Straße schmücken, neben mir die U-Bahn-Gleise und Autos. Es ist ein friedlicher Tag, den ich fröhlich pfeifend bestreite. Ich muss zu einem großen Supermarkt, und dann noch einige andere Kleinigkeiten in Fachgeschäften kaufen … Ich nehme den Weg durch den Park (vielleicht trifft es ein anderes Wort doch mehr?), es ist ein schöner Weg zum Joggen und ich treffe auf viele Jogger und Hundeführer. Ein schöner Samstag. Die Sonne strahlt und der Himmel ist fast vollkommen wolkenfrei. Auch der Wind streicht mir sanft über das Gesicht, ich schlendere gemütlich den Weg entlang, der nicht gepflastert oder asphaltiert wurde, aber irgendwie doch einem normalem Weg gleicht. Platt getreten, gemäht, was auch immer. Es ist ein Weg, gesäumt von Bänken und Bäumen, die teilweise sehr alt wirken und sanften Schatten spenden. Eine Allee?

Ich habe schnell die aufgetragenen Sachen eingekauft und lasse mir beim Rückweg mehr Zeit, um das schöne Wetter zu genießen. Heute ausnahmsweise keine Vorlesung, ein Glück … Die Sonnenstrahlen finden ihren Weg durch die Baumkronen und scheinen in kleinen Inseln auf den Weg vor mir.

Und dann höre ich sie. Sanfte Gitarrenklänge, die ein Lied formen, dass ich zu kennen glaube. Eine warme Stimme, die das Lied singt, von dem die Melodie stammen könnte. Ich sehe mich um. Links, rechts von mir. Und dann sehe ich ihn. Ein junger Mann, der sich irgendwo im beinahe hintersten Winkel des Parkes im Schneidersitz befindet und singt. Er sitzt bequem im Schatten der umliegenden Bäume. Seine Züge sind weich und er scheint vollkommen in seine Musik versunken zu sein. Ich gehe zu ihm, geleitet von der Stimme. Als ich ankomme, stoppt er, hört auf. Das Lied ist vorbei. „Hey!“, sage ich locker und geselle mich zu ihm, „Ist das nicht … „how to safe a life“ von The Fray?“ Er nickt mir sowohl begrüßend als auch bejahend zu. Ich setze mich neben ihm in das weiche Gras, die Sachen vom Einkauf neben mir. Er hat genauso strahlend blondes Haar wie ich, nur ist seines länger und hinten sogar noch zu einem kleinen Zopf gebunden. „Schöne Stimme“, meine ich. Ich bin normal nicht gut ihm Smalltalk (und generell mag ich so was eigentlich eher weniger), aber irgendetwas an ihm regt mich dazu an, mit ihm reden zu wollen. Zumindest … schien es mir so. Vielleicht liegt es an der traurigen Aura, die er verströmt, wenn er nicht singt oder gerade weil er singt. Als hätte er etwas in der Vergangenheit, dass ihn erdrückt, dass er nicht hinter sich lassen kann.

„Danke“, erwidert er und mir fällt auf, dass seine Stimme nicht nur beim Singen schön klingt. Und dann haben wir angefangen, über wirklich sinnloses Zeug zu reden und das wiederum auch so lange, dass meine Mutter mich seufzend ansieht, als ich nach Hause komme und sich mit dem Ermahnen zurückhalten muss – schließlich bin ich kein Kind mehr und habe ihr auch noch einen Einkauf erledigt! Also hat sie mich nicht ermahnt, nein, sie seufzt nur.
 

An den nächsten Tagen, immer wenn ich zur Uni oder wohin auch immer gehe, habe ich es mir angewöhnt, durch den Park zu schlendern, nach ihm – übrigens heißt er Florian – Ausschau zu halten und ihm einfach zu lauschen. Er singt jeden Tag dasselbe Lied und ist eigentlich auch immer zur selben Uhrzeit da. Mir macht es nichts aus, dass er immer dasselbe singt. Nein, ich finde das Lied passt zu ihm. Irgendwann werde ich schon noch herausfinden, warum.

Und er erzählt es mir schließlich, irgendwann, als schon viele Tage vergangen sind und immer noch Sommer ist. Na ja, ich habe ihn auch danach gefragt. Kleines Schweigen, bevor seine Stimme meinen Kopf vollkommen einnimmt: „Ich … habe ziemlich viel Dummes in der Vergangenheit getan. Vieles, was sich wohl oder übel nicht ändern lässt.“ Ehrlich gesagt konnte ich es mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Mr Immer-Freundlich-Lächel jemals etwas Dummes in seinem Leben getan hat. Irgendwie wollte es nicht in meinem Kopf, dass er nicht unbedingt der Mensch ist, der sich bei mir so sehr stabilisiert hat. Jemand, der viel Kummer und Sorgen hat, aber trotzdem irgendwie damit klarkommen möchte. So habe ich ihn mir wohl vorgestellt. Kein dummer Jugendlicher oder was auch immer in der Richtung. Es scheint einfach nur so, als wäre er schon ewig erwachsen. „Das Lied erinnert mich ziemlich an mich und meine Fehler.“ Pause. Ich sage nichts, denke nichts. Nur Stille. „Ich … habe - glaube ich - die Person abgewiesen, die ich liebte und dessen Wärme ich noch heute so gerne spüren würde.“ Damit war es draußen.

„Irgendwie habe ich einfach das Gefühl, ich brauche einen Beweis für diese Wärme“, schließt er mit einem Lächeln. Ich sehe zum ersten Mal diese Verletzlichkeit an ihm so deutlich. Und ich wollte ihn umarmen. Ihm über dem Kopf streicheln. Aber ich tue es nicht. Er greift zu seiner Gitarre und singt das Lied, an dem die Wärme dieser Person haftet.

Und ich höre ihm wie immer nur zu.
 

Die nächsten Tage kommen und gehen. Ich komme und gehe, doch er ist immer da, als wäre er sonst nirgendwo.

„Du erinnerst mich ein klein wenig an sie“, gesteht er mir irgendwann mit einem kleinem Lächeln. „Sie hat sich die Haare auch immer mit den Spangen aus der Stirn gehalten wie du.“ Während er das sagt, berührt seine Handkante sanft meine Haarspitzen und meine Stirn. Mein Herz fing leise an zu pochen, sodass es niemand außer mit lautstark mithören konnte. Mir wird irgendwie schwummrig im Kopf, als er diese fast schon beiläufige Bewegung vollführt. Irgendwie ahne ich es … habe es geahnt … ich habe mich in diesen verletzlichen Menschen verliebt. Sehr sogar.

Und dazu kann ich nur eines sagen:

Mist.
 

Tage spielen sich in meinem Kopf ab. Langsam wird es kühler und er wird auch nicht ständig da sein. Ich wollte es ihm so gerne sagen, ich hasse mich dafür. Ich meine, er ist ein Junge, ich bin ein Junge … Mein Gesicht läuft rot an, während ich mich in meinem Bett hin und her wälze.

Na und?!, denkt die eine Hälfte. Gott bewahre!, die andere.

Was beide wollten: Ich will mehr über ihn wissen! (Und zwar mehr als dass er einen Namen hatte oder seine Vergangenheit …)

„Ob ich arbeiten gehe?“, wiederholt er etwas überrascht meine Frage, einen Tag später im Park. Ich nicke. „Reeeeines Interesse“, erwidere ich. Er schmunzelt. Ich fühle mich idiotisch. Von mir weiß er schon, dass ich studieren gehe, sogar was ich studieren gehe, nur weil ich mich ständig darüber aufrege, wo ich studieren gehe (natürlich ist das da alles super nett, cooles Umfeld und so – nicht). Er überlegt – er überlegt?! - und antwortet schließlich: „Ich bin Florist. Zumindest arbeite ich in einem Blumenladen.“ Aha. Interessant. (Passt auch zu seinem Namen.) „Darf ich dich mal besuchen kommen?“, frage ich ihn. Weshalb auch immer ich von dem Gefühl begleitet werde, wie ein kleines Kind zu klingen. Wieder überlegt. „Sicher, wieso nicht?“

Er schlägt vor, dass wir uns morgen dann bei ihm im Laden statt im Park treffen sollten. Ich stimme sofort zu. Nach einigem Gegrübel von wegen wie komme ich dahin, entschieden wir uns dafür, dass ich einfach gemütlich an der Hauptstraße entlang laufe, abbiegen sollte, wenn es nach Blumen riecht und wenn es falsch sein sollte, sollte ich ihn unter der Nummer anrufen, die er mir gegeben hatte. Ich verabschiede mich von ihm – irgendwie geht er nie, wenn ich noch da bin – und im beinahe Laufschritt schreite ich nach Hause. Insgeheim denk ich mir natürlich – wie es sich gehört: Ich habe seine Nummer! Oh mein Gott, ich habe seine Nummer! (Versehen mit einigen, nun wirklich unmännlichen Quietschern … ich hasse mich.)
 

Ich bin nervös. Unser Plan, den wir gestern ausgemacht haben, ist doch nur zum Scheitern verurteilt! Hallo? Einfach an der Hauptstraße entlang und dann abbiegen, wenn es nach Blumen riecht? Ich spinne. Er spinnt. Also wir beide.

Trotzdem … irgendwie gehe ich mit einem total, total glücklichem Gefühl los. Ich hasse mich selbst dafür, aber gut, ich konnte nichts mehr daran ändern. Oder so.

Die Hauptstraße sieht fast so aus wie die Straße vor meinem Haus, nur ein wenig voller, mit mehr Geschäften und Leuten. Mehr Autos. Hektischer. Mit pochendem Herzen gehe ich durch all diesen plappernden Leuten, teilweise gegen, teilweise mit dem Strom. Ich bin mir unsicher, ob ich den Weg wirklich finden konnte. Doch trotzdem gehe ich einfach weiter, bis tatsächlich ein süßlicher Duft in meine Nase steigt. Ich biege ab und sehe, dass an einem Laden wunderschön lila glänzende Blumen hingen. Doch es ist kein Blumenladen. Ich gehe vorbei. Ob ich mich nicht irre? Schon bald sehe ich orange Schwertlilien. Aber auch wieder an keinem Blumenladen. Nochmal weiter. Langsam frage ich mich, was das werden sollte. Und da, schon wieder Blumen. Und wieder kein Blumenladen.

Das Spielchen ging dann endlos weiter, bis ich wirklich an einem Blumenladen – oder eher Gärtnerei – ankomme. Lächelnd steht Florian da und grinst. „Na, war doch eine prima Idee und verlaufen hast du dich ja auch nicht“, ruft er mir schon von Weitem zu. „Ja ja“, meine ich nur zurück und mein Schritt und mein Herz beschleunigen sich gleichzeitig.

„Ein Ja hätte gereicht“, erwidert er gespielt schmollend.

Achselzuckend geselle ich mich zu ihm, er ist gerade am Blumen gießen. Ich beobachte ihn dabei, wie er die Blumen begießt. Irgendwie hat auch das schon wieder so eine Anmut, dass ich leicht ins Träumen geriet. Es ist ja auch langweilig anzusehen. Seine Hände sind wirklich schön … Oh man. Langsam ertrage ich mich selbst nicht mehr. Mit einem leicht patzendem Ausdruck sehe ich ein wenig weiter weg von seinen Händen.

Später, nach dem Gießen, zeigt er mir den kompletten Laden. Oder eher die Gärtnerei.

Die Kräuterabteilung, den Baumgarten und die Baumschule, die Zierpflanzen. Und als wir bei den Blumen angelangt sind, kommt er nicht drumherum, mir die Worte zu sagen, die die Blume ausdrücken soll. Blumensprache. Kenne ich doch von irgendwoher … na ja. Ich glaub, irgendwo im Internet mal gesehen oder bei meiner Schwester im Zimmer. Kann sein, dass eines dieser Hefte in ihrem Zimmer so oder so ähnlich heißt. (Ich bin froh, dass sie mich bislang vom Zu-Neugierig-Werden hat abhalten können.)

Mir fällt auf, dass er anders wirkt, hier in diesem Gewächshaus zwischen Erde und Erde. Er wirkt noch zerbrechlicher. Sanfter. Seine Stimme spricht mit den Blumen. Als wäre jede von ihnen so kostbar wie die Person, die er verloren hat. Auch sein Blick wirkt klarer, durchscheinender, fröhlicher, wenn er hier steht mit den Blumen um sich. Und auch den Blumen tut seine Aura nur gut, sie strahlen irgendwie mehr, wenn er da ist. (Das bilde ich mir aber ganz sicher nur ein.) Ich bin ein klein wenig neidisch. Er erklärt gerade etwas zu irgendeiner Blume, die eine hübsche rote Farbe hat, aber unauffällig klein ist. Er beugt sich zu der Blume herunter und es wirkt so, als würde er mit ihr sprechen und nicht mit mir und mein Herz fängt an zu rasen und oh mein Gott ich weiß nicht mehr weiter und dann … und dann rutschen mir die Worte einfach aus dem Mund heraus (wofür ich endgültig an dem Höhepunkt meines Selbsthasses gelange), ohne dass ich sie in irgendeiner Art und Weise hätte stoppen können:

„Ich … ich liebe dich …“

Meine Stimme klingt nicht so wie ich normal klinge. Verträumter (Oh mein Gott). Sehnsuchtsvoller. Zerbrechlicher. Nicht kindisch. Nicht neugierig. Nicht bohrend. Nur … sehr unschuldig.

Ich laufe so rot an wie eine Tomate es sich wünschen würde, rot zu sein. Ich stottere, mein Herz hört nicht auf zu rasen und zu pochen und ich weiß nicht was noch. „E-es tut mir Leid!“ Das waren an diesem Tag meine letzten Worte zu ihm gewesen. Ich weiß ja selbst nicht, wie er selbst reagiert hat oder warum ich mich zum Teufel nochmal entschuldigt habe.

Ich weiß nur, dass ich mich heute, einige Tage oder so später, ziemlich … gut fühle.

Vielleicht, weil ich dich an meiner Seite habe?

Play

Einige Tage vergingen, bis Clay sich wieder traute, mir unter die Augen zu treten. Ich musste ihn vielfach ermutigen und ansprechen (natürlich nur per SMS), bis er wieder zu mit trat.

Ich wusste selbst nicht so genau, warum ich die Nähe dieses Jungen nicht missen wollte. Vielleicht aus denselben Gründen, warum er mich zu meiden versucht?

Mittlerweile hat er sich richtig hier eingefunden. Er kommt fast täglich her, wenn es die Zeit erlaubt und hilft mir ab und an mit den Pflanzen. Manchmal bringt er auch seine Unterlagen aus der Uni mit, um im Schatten der Bäume zu lernen. Wir haben im hinteren Abteil für diverse Gartenpartys mit der gesamten Belegschaft einen Tisch und Bänke wie Stühle aufgestellt und aufbewahrt, dort macht er sich meistens dann breit, während ich die Bäume um ihn herum bewässere.

„Was lernst du da eigentlich, tagein, tagaus?“, frage ich ihn irgendwann einmal und setze mich neben ihm auf die weiße Holzbank.

„Mh, ich?“, wiederholt er eher in Gedanken versunken als richtig anwesend und sieht mich leicht irritiert an, sagt danach aber doch noch: „Das ist der Stoff für das dritte Trimester …“ Und dann beginnt er, mir von seinem Studium zu erzählen. Nicht nur, wen er jeden Tag treffen muss, sondern auch was er sich davon erhofft. Wie er sich alles einzuprägen versucht. Was ihm eher Kummer bereitet. Wie er dahin gekommen ist. Was ihm Freude macht. Wie er sich selbst immer Mut zuspricht. Und so weiter.

Ich habe ihn noch nie so viel von sich erzählen gehört. Auch wenn es nur sein Studium war, es war doch Teil von ihm selbst. Ich beobachte ihn beim Sprechen. Wie er seine Mundwinkel hebt, wenn er spricht. Wie seine Haare im seichtem Wind flattern. Die fröhlichen Augen, wenn er von etwas gutem erzählt. Diese verspielten Spangen im Haar, die mich so an sie erinnern, doch zugleich auch nur Bestandteil von ihm sind und sein können. Die weichen Gesichtszüge und das freundliche, heitere Lächeln. Vielleicht habe ich es früher bemerkt. Vielleicht merke ich es aber auch gerade jetzt. Dieses pochende Herz in meiner Brust.

Und irgendwann … Ich beugte mich zu ihm vor, meine Hand berührte sein zartes Gesicht, und dann … küsste ich ihn.

Er scheint ziemlich verschreckt zu sein, als ich sein Gesicht erneut betrachte, es läuft knallrot an. Und dann verabschiedet er sich rasch, vergisst aber dabei, seine Sachen alle mitzunehmen. Kichernd räume ich sie ordentlich weg. Es war eine unbestimmte Regung in mir gewesen. Er sah so … fröhlich aus, da kam es so über mich, schätze ich mal.

Ich blicke den Pfad hinunter, den er begangen hat, schmunzelte.

Reflexartig greife ich ihn meine Hosentasche und hole mein Handy heraus. Ich tippe eine Nachricht. Eine Nachricht an ihn. Meine Finger huschen über das Display und drücken schließlich „Senden“. Ich stecke es wieder weg und mache mich wieder an meine Arbeit.

Es fühlt sich an, als hätte endlich jemand wieder auf die Play-Taste gedrückt.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das ist die Ausgangslage für die ganze Geschichte!
Ich habe mich ziemlich an den Text gehalten, den Rest erfahrt ihr im wahrscheinlich ziemlich längeren (?) ersten Kapitel~ Da bekommt auch das Er einen Namen und eine neue Figur trifft auf, das Kapitel spielt übrigens in der Zukunft.
Was soll man noch sagen ... ich kam anfangs ziemlich ins Stocken, weil ich erstmal sortieren musste, wer er, du und ich war und dann noch auseinanderhalten können, wer wann angesprochen wird oder etwas sagt. Anfangs war mein Gehirn noch komplett auf Durchzug gewesen x____x
Ich hoffe, ich habe wirklich die kompletten Lyrics verarbeitet und dass ich es nicht zu verwirrend o.ä. geschrieben habe! Daran muss ich wohl eher nochmal was feilen ... Oder es einfach anders schreiben :P

Gruß, Avalanche Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Neues Kapitel, neues Glück, neuer Charakter!
(Und nur mal so: Der Epilog wird auch wieder aus der Sicht eines anderen Charakters erzählt XD)
Damit endet die Hauptstory, der Epilog fasst die Geschehnisse nach dem Kapitel nochmal weiter auf und rundet das Ganze denke ich gut ab. Nachdem Epilog ist es hoffentlich nicht mehr so offen wie jetzt ...
Ich hoffe, ich habe nicht zu viel Mist mit diesem Kapitel veranstaltet.
Jap.
Vielleicht kommen noch Charaktersteckbriefe mit Bildern von den Charas?
Wer Fan eines ganz bestimmten Zwillingpaares ist, wird schon so an einer/einigen Andeutung/en erkennen, wie wer im Genauen aussieht |D

Ich wünsche viel Spaß noch mit dem Epilog! Kommt vielleicht am Sonntag?

Gruß, Avalanche Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Und Ende! Nachdem ich Ewigkeiten dafür gebraucht habe ;w;
Und dabei mag ich das noch nichtmal sonderlich T____T
Aber es ist auch irgendwie in Ordnung |D Ach, ignoriert das hier, ich hoffe, man konnte es einigermaßen genießen~
Und auf Drängen von meiner Schwester bedanke ich mich herzlichst dafür, dass ihr/du das hier gelesen hast ^3^

Gruß, Avalanche!

EDIT: NICHT SCHON WIEDER ;_______; WHY bin ich in letzter Zeit nur so dämlichst verpeilt? DX
Nochmal ein fettes Entschuldigung an die Freischalter >____< Nächstes Mal gucke ich zehnmal drauf, bevor ich es abspeichere x_____x Komplett anzeigen

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