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Proof of her heat

von

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Stop

„Hast du auch genügend Geld dabei, Clay?“, höre ich meine Mutter zu mir rufen, während ich schon meine Schuhe in der Garderobe anziehe. Ich binde mir schnell die Schuhe zu und springe auf. „Ja ja, außer du meinst, dass ich mehr als dreißig benötigen würde?“, rufe ich ihr zu, als sie argwöhnisch aus der Küche heraus guckt.

Einige Schritte noch, eine Tür, die zugeht und schon bin ich auf den Straßen der Stadt. Wir wohnen nicht wirklich abseits, aber auch nicht wirklich mittendrin. Ich gehe an den vielen Hochhäusern vorbei, die die Straße schmücken, neben mir die U-Bahn-Gleise und Autos. Es ist ein friedlicher Tag, den ich fröhlich pfeifend bestreite. Ich muss zu einem großen Supermarkt, und dann noch einige andere Kleinigkeiten in Fachgeschäften kaufen … Ich nehme den Weg durch den Park (vielleicht trifft es ein anderes Wort doch mehr?), es ist ein schöner Weg zum Joggen und ich treffe auf viele Jogger und Hundeführer. Ein schöner Samstag. Die Sonne strahlt und der Himmel ist fast vollkommen wolkenfrei. Auch der Wind streicht mir sanft über das Gesicht, ich schlendere gemütlich den Weg entlang, der nicht gepflastert oder asphaltiert wurde, aber irgendwie doch einem normalem Weg gleicht. Platt getreten, gemäht, was auch immer. Es ist ein Weg, gesäumt von Bänken und Bäumen, die teilweise sehr alt wirken und sanften Schatten spenden. Eine Allee?

Ich habe schnell die aufgetragenen Sachen eingekauft und lasse mir beim Rückweg mehr Zeit, um das schöne Wetter zu genießen. Heute ausnahmsweise keine Vorlesung, ein Glück … Die Sonnenstrahlen finden ihren Weg durch die Baumkronen und scheinen in kleinen Inseln auf den Weg vor mir.

Und dann höre ich sie. Sanfte Gitarrenklänge, die ein Lied formen, dass ich zu kennen glaube. Eine warme Stimme, die das Lied singt, von dem die Melodie stammen könnte. Ich sehe mich um. Links, rechts von mir. Und dann sehe ich ihn. Ein junger Mann, der sich irgendwo im beinahe hintersten Winkel des Parkes im Schneidersitz befindet und singt. Er sitzt bequem im Schatten der umliegenden Bäume. Seine Züge sind weich und er scheint vollkommen in seine Musik versunken zu sein. Ich gehe zu ihm, geleitet von der Stimme. Als ich ankomme, stoppt er, hört auf. Das Lied ist vorbei. „Hey!“, sage ich locker und geselle mich zu ihm, „Ist das nicht … „how to safe a life“ von The Fray?“ Er nickt mir sowohl begrüßend als auch bejahend zu. Ich setze mich neben ihm in das weiche Gras, die Sachen vom Einkauf neben mir. Er hat genauso strahlend blondes Haar wie ich, nur ist seines länger und hinten sogar noch zu einem kleinen Zopf gebunden. „Schöne Stimme“, meine ich. Ich bin normal nicht gut ihm Smalltalk (und generell mag ich so was eigentlich eher weniger), aber irgendetwas an ihm regt mich dazu an, mit ihm reden zu wollen. Zumindest … schien es mir so. Vielleicht liegt es an der traurigen Aura, die er verströmt, wenn er nicht singt oder gerade weil er singt. Als hätte er etwas in der Vergangenheit, dass ihn erdrückt, dass er nicht hinter sich lassen kann.

„Danke“, erwidert er und mir fällt auf, dass seine Stimme nicht nur beim Singen schön klingt. Und dann haben wir angefangen, über wirklich sinnloses Zeug zu reden und das wiederum auch so lange, dass meine Mutter mich seufzend ansieht, als ich nach Hause komme und sich mit dem Ermahnen zurückhalten muss – schließlich bin ich kein Kind mehr und habe ihr auch noch einen Einkauf erledigt! Also hat sie mich nicht ermahnt, nein, sie seufzt nur.
 

An den nächsten Tagen, immer wenn ich zur Uni oder wohin auch immer gehe, habe ich es mir angewöhnt, durch den Park zu schlendern, nach ihm – übrigens heißt er Florian – Ausschau zu halten und ihm einfach zu lauschen. Er singt jeden Tag dasselbe Lied und ist eigentlich auch immer zur selben Uhrzeit da. Mir macht es nichts aus, dass er immer dasselbe singt. Nein, ich finde das Lied passt zu ihm. Irgendwann werde ich schon noch herausfinden, warum.

Und er erzählt es mir schließlich, irgendwann, als schon viele Tage vergangen sind und immer noch Sommer ist. Na ja, ich habe ihn auch danach gefragt. Kleines Schweigen, bevor seine Stimme meinen Kopf vollkommen einnimmt: „Ich … habe ziemlich viel Dummes in der Vergangenheit getan. Vieles, was sich wohl oder übel nicht ändern lässt.“ Ehrlich gesagt konnte ich es mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Mr Immer-Freundlich-Lächel jemals etwas Dummes in seinem Leben getan hat. Irgendwie wollte es nicht in meinem Kopf, dass er nicht unbedingt der Mensch ist, der sich bei mir so sehr stabilisiert hat. Jemand, der viel Kummer und Sorgen hat, aber trotzdem irgendwie damit klarkommen möchte. So habe ich ihn mir wohl vorgestellt. Kein dummer Jugendlicher oder was auch immer in der Richtung. Es scheint einfach nur so, als wäre er schon ewig erwachsen. „Das Lied erinnert mich ziemlich an mich und meine Fehler.“ Pause. Ich sage nichts, denke nichts. Nur Stille. „Ich … habe - glaube ich - die Person abgewiesen, die ich liebte und dessen Wärme ich noch heute so gerne spüren würde.“ Damit war es draußen.

„Irgendwie habe ich einfach das Gefühl, ich brauche einen Beweis für diese Wärme“, schließt er mit einem Lächeln. Ich sehe zum ersten Mal diese Verletzlichkeit an ihm so deutlich. Und ich wollte ihn umarmen. Ihm über dem Kopf streicheln. Aber ich tue es nicht. Er greift zu seiner Gitarre und singt das Lied, an dem die Wärme dieser Person haftet.

Und ich höre ihm wie immer nur zu.
 

Die nächsten Tage kommen und gehen. Ich komme und gehe, doch er ist immer da, als wäre er sonst nirgendwo.

„Du erinnerst mich ein klein wenig an sie“, gesteht er mir irgendwann mit einem kleinem Lächeln. „Sie hat sich die Haare auch immer mit den Spangen aus der Stirn gehalten wie du.“ Während er das sagt, berührt seine Handkante sanft meine Haarspitzen und meine Stirn. Mein Herz fing leise an zu pochen, sodass es niemand außer mit lautstark mithören konnte. Mir wird irgendwie schwummrig im Kopf, als er diese fast schon beiläufige Bewegung vollführt. Irgendwie ahne ich es … habe es geahnt … ich habe mich in diesen verletzlichen Menschen verliebt. Sehr sogar.

Und dazu kann ich nur eines sagen:

Mist.
 

Tage spielen sich in meinem Kopf ab. Langsam wird es kühler und er wird auch nicht ständig da sein. Ich wollte es ihm so gerne sagen, ich hasse mich dafür. Ich meine, er ist ein Junge, ich bin ein Junge … Mein Gesicht läuft rot an, während ich mich in meinem Bett hin und her wälze.

Na und?!, denkt die eine Hälfte. Gott bewahre!, die andere.

Was beide wollten: Ich will mehr über ihn wissen! (Und zwar mehr als dass er einen Namen hatte oder seine Vergangenheit …)

„Ob ich arbeiten gehe?“, wiederholt er etwas überrascht meine Frage, einen Tag später im Park. Ich nicke. „Reeeeines Interesse“, erwidere ich. Er schmunzelt. Ich fühle mich idiotisch. Von mir weiß er schon, dass ich studieren gehe, sogar was ich studieren gehe, nur weil ich mich ständig darüber aufrege, wo ich studieren gehe (natürlich ist das da alles super nett, cooles Umfeld und so – nicht). Er überlegt – er überlegt?! - und antwortet schließlich: „Ich bin Florist. Zumindest arbeite ich in einem Blumenladen.“ Aha. Interessant. (Passt auch zu seinem Namen.) „Darf ich dich mal besuchen kommen?“, frage ich ihn. Weshalb auch immer ich von dem Gefühl begleitet werde, wie ein kleines Kind zu klingen. Wieder überlegt. „Sicher, wieso nicht?“

Er schlägt vor, dass wir uns morgen dann bei ihm im Laden statt im Park treffen sollten. Ich stimme sofort zu. Nach einigem Gegrübel von wegen wie komme ich dahin, entschieden wir uns dafür, dass ich einfach gemütlich an der Hauptstraße entlang laufe, abbiegen sollte, wenn es nach Blumen riecht und wenn es falsch sein sollte, sollte ich ihn unter der Nummer anrufen, die er mir gegeben hatte. Ich verabschiede mich von ihm – irgendwie geht er nie, wenn ich noch da bin – und im beinahe Laufschritt schreite ich nach Hause. Insgeheim denk ich mir natürlich – wie es sich gehört: Ich habe seine Nummer! Oh mein Gott, ich habe seine Nummer! (Versehen mit einigen, nun wirklich unmännlichen Quietschern … ich hasse mich.)
 

Ich bin nervös. Unser Plan, den wir gestern ausgemacht haben, ist doch nur zum Scheitern verurteilt! Hallo? Einfach an der Hauptstraße entlang und dann abbiegen, wenn es nach Blumen riecht? Ich spinne. Er spinnt. Also wir beide.

Trotzdem … irgendwie gehe ich mit einem total, total glücklichem Gefühl los. Ich hasse mich selbst dafür, aber gut, ich konnte nichts mehr daran ändern. Oder so.

Die Hauptstraße sieht fast so aus wie die Straße vor meinem Haus, nur ein wenig voller, mit mehr Geschäften und Leuten. Mehr Autos. Hektischer. Mit pochendem Herzen gehe ich durch all diesen plappernden Leuten, teilweise gegen, teilweise mit dem Strom. Ich bin mir unsicher, ob ich den Weg wirklich finden konnte. Doch trotzdem gehe ich einfach weiter, bis tatsächlich ein süßlicher Duft in meine Nase steigt. Ich biege ab und sehe, dass an einem Laden wunderschön lila glänzende Blumen hingen. Doch es ist kein Blumenladen. Ich gehe vorbei. Ob ich mich nicht irre? Schon bald sehe ich orange Schwertlilien. Aber auch wieder an keinem Blumenladen. Nochmal weiter. Langsam frage ich mich, was das werden sollte. Und da, schon wieder Blumen. Und wieder kein Blumenladen.

Das Spielchen ging dann endlos weiter, bis ich wirklich an einem Blumenladen – oder eher Gärtnerei – ankomme. Lächelnd steht Florian da und grinst. „Na, war doch eine prima Idee und verlaufen hast du dich ja auch nicht“, ruft er mir schon von Weitem zu. „Ja ja“, meine ich nur zurück und mein Schritt und mein Herz beschleunigen sich gleichzeitig.

„Ein Ja hätte gereicht“, erwidert er gespielt schmollend.

Achselzuckend geselle ich mich zu ihm, er ist gerade am Blumen gießen. Ich beobachte ihn dabei, wie er die Blumen begießt. Irgendwie hat auch das schon wieder so eine Anmut, dass ich leicht ins Träumen geriet. Es ist ja auch langweilig anzusehen. Seine Hände sind wirklich schön … Oh man. Langsam ertrage ich mich selbst nicht mehr. Mit einem leicht patzendem Ausdruck sehe ich ein wenig weiter weg von seinen Händen.

Später, nach dem Gießen, zeigt er mir den kompletten Laden. Oder eher die Gärtnerei.

Die Kräuterabteilung, den Baumgarten und die Baumschule, die Zierpflanzen. Und als wir bei den Blumen angelangt sind, kommt er nicht drumherum, mir die Worte zu sagen, die die Blume ausdrücken soll. Blumensprache. Kenne ich doch von irgendwoher … na ja. Ich glaub, irgendwo im Internet mal gesehen oder bei meiner Schwester im Zimmer. Kann sein, dass eines dieser Hefte in ihrem Zimmer so oder so ähnlich heißt. (Ich bin froh, dass sie mich bislang vom Zu-Neugierig-Werden hat abhalten können.)

Mir fällt auf, dass er anders wirkt, hier in diesem Gewächshaus zwischen Erde und Erde. Er wirkt noch zerbrechlicher. Sanfter. Seine Stimme spricht mit den Blumen. Als wäre jede von ihnen so kostbar wie die Person, die er verloren hat. Auch sein Blick wirkt klarer, durchscheinender, fröhlicher, wenn er hier steht mit den Blumen um sich. Und auch den Blumen tut seine Aura nur gut, sie strahlen irgendwie mehr, wenn er da ist. (Das bilde ich mir aber ganz sicher nur ein.) Ich bin ein klein wenig neidisch. Er erklärt gerade etwas zu irgendeiner Blume, die eine hübsche rote Farbe hat, aber unauffällig klein ist. Er beugt sich zu der Blume herunter und es wirkt so, als würde er mit ihr sprechen und nicht mit mir und mein Herz fängt an zu rasen und oh mein Gott ich weiß nicht mehr weiter und dann … und dann rutschen mir die Worte einfach aus dem Mund heraus (wofür ich endgültig an dem Höhepunkt meines Selbsthasses gelange), ohne dass ich sie in irgendeiner Art und Weise hätte stoppen können:

„Ich … ich liebe dich …“

Meine Stimme klingt nicht so wie ich normal klinge. Verträumter (Oh mein Gott). Sehnsuchtsvoller. Zerbrechlicher. Nicht kindisch. Nicht neugierig. Nicht bohrend. Nur … sehr unschuldig.

Ich laufe so rot an wie eine Tomate es sich wünschen würde, rot zu sein. Ich stottere, mein Herz hört nicht auf zu rasen und zu pochen und ich weiß nicht was noch. „E-es tut mir Leid!“ Das waren an diesem Tag meine letzten Worte zu ihm gewesen. Ich weiß ja selbst nicht, wie er selbst reagiert hat oder warum ich mich zum Teufel nochmal entschuldigt habe.

Ich weiß nur, dass ich mich heute, einige Tage oder so später, ziemlich … gut fühle.

Vielleicht, weil ich dich an meiner Seite habe?


Nachwort zu diesem Kapitel:
Neues Kapitel, neues Glück, neuer Charakter!
(Und nur mal so: Der Epilog wird auch wieder aus der Sicht eines anderen Charakters erzählt XD)
Damit endet die Hauptstory, der Epilog fasst die Geschehnisse nach dem Kapitel nochmal weiter auf und rundet das Ganze denke ich gut ab. Nachdem Epilog ist es hoffentlich nicht mehr so offen wie jetzt ...
Ich hoffe, ich habe nicht zu viel Mist mit diesem Kapitel veranstaltet.
Jap.
Vielleicht kommen noch Charaktersteckbriefe mit Bildern von den Charas?
Wer Fan eines ganz bestimmten Zwillingpaares ist, wird schon so an einer/einigen Andeutung/en erkennen, wie wer im Genauen aussieht |D

Ich wünsche viel Spaß noch mit dem Epilog! Kommt vielleicht am Sonntag?

Gruß, Avalanche Komplett anzeigen

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