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Not all those who wander are lost

von

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Die göttliche Komödie

You're a diamond in the rough,

A brilliant ball of clay,

You can be a work of art,

If you just go all the way,
 

Now what would it take to break?

I believe that you can bend,

Not only do you have to fight,

But you have got to win.
 

Kung Fu Fighting - Cee-Lo
 

~*~*~*~*~*~*~*
 

1.Die göttliche Komödie
 

Aufgeregt wippte das junge Mädchen auf dem Stuhl hin und her. Sie summte eine Kindermelodie, während ihre Mutter leicht verzweifelt versuchte ihr die Haare zu kämmen. „Schatz, bitte halt still.“, mahnte sie ihre kleine Tochter schon zum wiederholten Male. Doch ähnlich wie ihre Haare war auch ihre Mutter gerade sehr uninteressant. In Gedanken war sie schon viel weiter. Heute würde sie endgültig Novizin werden und schon seit Wochen quasselte die achtjährige von nichts anderem mehr. Die Aufnahmeprüfungen waren hart gewesen, denn nicht jeder eignete sich dafür. Sie aber schon. Das einzige Mädchen in diesem Jahrgang. Es hatte aber auch nur zwei weitere Mitbewerberinnen gegeben, mahnte sie sich ständig und wusste, dass sie härter trainieren musste als alle anderen. „Serafina Michaela Morgenstern.“ Der Tonfall ihrer Mutter wurde warnend und mit einem Schlag saß sie still. Auch ihre Mutter war eine Assassine geworden und hatte erst mit der Schwangerschaft eine Pause eingelegt, die jetzt schon acht Jahre andauerte. Nach dem heutigen Tag würde sie ihren Dienst wieder antreten, den ihre Tochter würde als Novizin in die Bruderschaft eintreten und damit aus ihrer Obhut genommen werden. Ein leichtes Murren entfuhr dem Mädchen und sie verschränkte demonstrativ die Arme, ließ ihre Mutter aber endgültig gewähren. Mit geschickten Fingern bändigte diese die Haare ihrer Tochter in einem geflochtenen Zopf, ehe diese endgültig entlassen wurde und in ihr Zimmer hüpfte. Am vorangegangenen Vormittag hatte ein Bote das kleine Päckchen gebracht, das seither im Zentrum der Aufmerksamkeit ihrer Tochter gestanden hatte. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen um es zu öffnen und ganz ihrer stürmischen Art entsprechend zerlegte Serafina das Paket, anstatt es ordentlich zu öffnen.

Maria hatte es schon lange aufgegeben ihr Kind zu bändigen. Sie war wie der Ozean. Man konnte ihr Grenzen aufzeigen, aber sie einfangen oder sie zu beeinflussen war unmöglich. Wenn sie etwas wollte, dann setzte sie das auch durch. Dazu gehörte auch die Ausbildung in der Bruderschaft. Das ganze Dorf, hier inmitten der Dolomiten, war von Assassinen besiedelt, aber nicht alle waren auch wirklich welche. Von außen war es ein normales Dorf, das nicht gerne mit der Moderne in Berührung kam, einfach um nicht gefunden zu werden. Aber sie verschlossen sich auch nicht davor, denn die Templer taten es auch nicht und sie mussten immer bereit sein. Mit einem leicht wehmütigen Seufzen machte sich Maria auf den Weg in die Küche um dort noch ein einfaches Frühstück vorzubereiten. Sicher war es nicht das letzte Mal, denn zwischen ihren Aufträgen würde Serafina bei ihr wohnen, aber diese unbeschwerte Kindheit war vorbei. Obwohl – war es je eine gewesen? Denn selbst die Spiele im Kindergarten und in den Vorklassen waren darauf ausgelegt. Man musste kein Assassine sein um gejagt zu werden, also erhielten alle die gleiche Basis um sich selbst schützen zu können und dafür nutzte man die sehr aktiven Kinderköpfe.

Keine fünf Minuten später hüpfte Serafina in der schneeweißen Tracht mit dem roten Bauchtuch in die Küche. „Schau Mama!“, rief sie aufgeregt und präsentierte sich wie eine Prinzessin „Sie steht dir perfekt.“ Und das war auch so. Der Knoten war richtig gebunden und auf der rechten Seite. Auch das Halstuch stand genau in der perfekten Höhe aus dem Überwurf heraus, der natürlich ausgezeichnet saß. Als hätte man sie aus einem Bilderbuch ausgeschnitten. Viele Eltern halfen ihren Kindern in den ersten Tagen, doch ihre Tochter wäre beleidigt gewesen, hätte Maria es auch nur angeboten. Das Mädchen war stur und sehr stolz. Letzteres war zwar sehr ungesund, doch sie kannte die Ausbildung und wusste, dass die Bruderschaft sie dazu zwingen würde. Vielleicht lag es an der Namenswahl? Aber sie hatte einfach nicht widerstehen können. Christopher, ihr Ehemann, hatte damals gelacht und den Kopf geschüttelt. Schon immer hatte Maria Anspielungen geliebt und so hatte es ihn nicht gewundert, dass auch ihr Kind nicht davon verschont blieb. Selbstverständlich waren die Namen typisch italienisch, hatten aber auch den deutschen Einschlag für den Nachnamen Morgenstern. Serafina von Seraphim, was nichts anderes als „der Feurige“ bedeutet und Michaela natürlich für den Erzengel der dafür stand. Stark, mächtig, ein Krieger. Der Erzengel Michael, der auch „der Feurige“ genannt wurde sollte ihr Schutzpatron sein, besonders weil Maria ihre Tochter angesehen hatte – direkt nach der Geburt und mit den Worten begrüßt hatte: „Du bist eine von uns.“ Damit meinte sie nicht den Familienverbund sondern die Bruderschaft. Die lateinische Bezeichnung des Morgensterns war Lucifer, Michaels ewiger Gegenspieler. Vielleicht war sie deswegen so stolz, stark und stur. War der gefallene Erzengel auch nicht von seinem Pfad abgewichen, ebenso wenig wie Michael.

„Ich hab es geschafft!“, die Türe wurde aufgerissen und ein atemloser Christopher war herein gestürmt. Er trug noch seine volle Montur, wirkte mitgenommen und übermüdet. Serafina mochte den dunklen Augenringen keine Beachtung schenken, doch auf Marias Gesicht bildeten sich Sorgenfalten. Er musste sich ganze Nächte um die Ohren geschlagen haben um den Auftrag so schnell wie möglich zu beenden um die Aufnahmezeremonie seiner einzigen Tochter nicht zu verpassen. „Papà!“, quietschte die Kleine und sprang ihn voller Freude an. Nur kurz verzog er das Gesicht schmerzvoll, doch sofort war er wieder ganz der Papa und zeigte eine stolze und freudige Miene. Maria hatte ihn selbstverständlich sofort durchschaut und nach dem er seiner Tochter gestanden hatte, wie gut sie in ihrer Tracht aussah entschuldigte er sich um zu duschen. So konnte er unter gar keinen Umständen an der Zeremonie teilnehmen. Schließlich hatte auch Maria ihre Galauniform an. Schnell machte diese die Brote für Serafina fertig und stellte sie auf den Tisch. „Hier. Ich sehe noch schnell nach deinem Vater. Du weißt doch, er zieht doch immer irgendetwas falsch an.“, mit einem frechen Zwinkern verschwand sie nach oben.

Das Lächeln verschwand aber, als sie die Treppen nach oben stieg und ohne zu klopfen ins Bad eintrat. Dort stand er auch schon, halb entkleidet. Die Waffen lagen auf dem Boden verstreut und gerade jetzt versuchte er das Hemd auszuziehen, konnte aber ein schmerzhaftes Stöhnen nicht unterdrücken. Ohne zu zögern trat sie auf ihn zu und half ihm. „Du gehörst auf die Krankenstation.“, darin lag kein Vorwurf, sondern es war rein informativ. Wäre sie an seiner Stelle, dann würde sie auch nicht die Zeremonie verpassen wollen – also konnte sie ihm auch keinen machen. Nein, so stimmte das nicht, ihr Blick war tadelnd und sie war eine Frau. Sie durfte ihn kritisieren, auch wenn sie es nicht anders machen würde. Als Antwort murrte Christopher nur und ließ sich weiter beim entkleiden helfen. Das Thema war durch, faktisch besprochen ohne darüber geredet zu haben. Während er duschte sammelte sie Kleidung und Waffen ein, die einen landeten in der Wäsche, die anderen im Arbeitszimmer. Sie suchte die Galauniform ihres Mannes heraus und legte alles ins Bad, ehe sie ging und wieder nach ihrer Tochter sah, die bereits fertig war mit dem Frühstück. Dass sie nichts von ihr hörte, wunderte Maria kein bisschen, denn als Assassine durfte man nicht gesehen werden und das war ein Spiel, das ihr Kind nur zu gerne spielte. Zum Glück war sie zu lange Mutter und zu lange Assassine um nicht sämtliche Verstecke zu kennen und ihr Instinkt sagte ihr, das heute keines davon im Haus war. Geschmeidig wie eine Raubkatze verließ sie das Haus und ging in den Garten, der nicht umzäunt war. Es gab keine wirklichen Beete, obwohl sie einige Blumen gepflanzt hatte und auch Gemüse anbaute. Sie überlies es der Natur dort zu wachsen, wo sie wollte und es wirkte fast so, als hätte diese eine eigene Symmetrie entwickelt. Das kleine Haus stand auf einer Anhöhe und man konnte einen Großteil des Dorfes von hier aus sehen. Der Garten endete an einem natürlichen Hang, der zu steil war um ihn außerhalb des Weges zu besteigen. An einigen Stellen ragten spitze Felskanten heraus, sodass es sehr gefährlich war, dort hinab zu stürzen.

Nahe der Kante stand die alte Eiche, welche schon seit Bau des Dorfes hier war. Einige Wurzeln ragten über den Abhang hinaus, doch sie krallte sich mit einer uralten Macht in den Berg. Serafina selbst stand in der Baumkrone und starrte hinab, auf die Welt unter ihr. Maria konnte sie nicht sehen, aber sie wusste es nun mal, denn sie kannte ihre Tochter, die alles liebte was hoch war. Höhenangst schien das Kind nicht zu kennen, nicht einmal im Angesicht der Tatsache, dass sie einen Sturz nicht überleben würde. Wahrscheinlich schon, sie war zu stur um an so etwas zu sterben und schon gar nicht bevor sie eine Assassine war. Manchmal, da hätte sie ihr gerne verboten so ein gefährliches Leben zu leben. Da hätte Maria sie vom Baum gescheucht und ihr befohlen einen normalen Beruf zu erlernen. Einen in dem es nicht um einen jahrtausendalten Krieg ging. Doch das war so sinnlos wie die Erde anzuhalten. Serafina würde sie hassen und sich abwenden. Vermutlich wäre sie weggelaufen und trotzdem Assassine geworden. Irgendwie. Dem Feuer in ihrem Namen machte sie alle Ehre. Schweigend stand sie neben dem Baum, dessen Blätter im Wind raschelten, und legte eine Hand auf dessen Rinde. Tief waren die Falten der alten Eiche und irgendwie hatte es etwas Beruhigendes mit den Fingern die Konturen nachzufahren. Vollkommen lautlos tauchte, einige Zeit später, Christopher an ihrer Seite auf.

Wie Statuen aus Stein standen sie dort und starrten auf das Dorf hinab und in die weite der Berge. Über zerklüftete Felswände, schneebedeckte Gipfel und grüne Täler, die so fern waren und dennoch zum greifen Nahe. Die frische Brise der Berge brachte den Duft von Freiheit mit sich. Obwohl sie still standen, so konnte Maria doch die Aufregung fühlen, den Drang zu rennen bis ihre Muskeln vor Anstrengung schmerzten und ihre Lunge brannte.

Das Läuten der Glocke, außerhalb der festen Zeiten, riss sie alle aus ihrer Gedankenwelt. Im stillen Einklang kletterte Serafina vom Baum, während ihre Eltern langsam zu dem schmalen Weg gingen, der sie nach unten führen würde. Schnell holte ihre Tochter den Vorsprung zu ihnen auf, ehe sie exakt zwei Schritte vor ihnen ging. Maria selbst hatte nach der Hand ihres Mannes gegriffen und lächelte zufrieden, gerade jetzt war sie einfach nur glücklich über ihre kleine, aber feine Familie. Obwohl sie alle ihre Eigenarten hatten, sowie die übertriebene Disziplin von Serafina, aber sie wollte perfekt sein und genau den Eindruck erwecken. Anscheinend dachte Christopher das Gleiche, denn er lachte leise, als ihm auffiel, dass sein kleines Mädchen ganz schön steif war und am liebsten hüpfend zum Haupthaus gelaufen wäre. Wie anstrengend es wohl war, sie so dermaßen zu zügeln? Und das alles nur um den Anschein zu wahren. Noch bevor er den Mund aufmachen konnte fing er den Blick seiner Frau ein, der stumm, aber sehr eindeutig sagte: „Sei still. Mach ihr den Moment nicht kaputt.“

Die Straßen des Dorfes waren voll von Menschen, die ebenfalls zur Zeremonie wollten, jedoch nur zusahen, da dieses Jahr nur acht Kinder die Aufnahmeprüfung bestanden hatte und das der wohl schwächste Jahrgang seit einem Jahrzehnt war. Dennoch war es ein wichtiges Ereignis und die Anwesenheit war eine Sache der Ehre, besonders für die Mitglieder der Bruderschaft. Auf dem Vorplatz standen bereits die Novizin der vorherigen Jahrgänge. Alle in ihrer typischen Tracht, die jedes Jahr etwas aufwendiger wurde, als Zeichen ihres Ranges und der bestandenen Prüfungen. Auch die vollwertigen Mitglieder waren anwesend, jedoch standen die meisten davon auf Dächern um einen besseren Überblick zu haben und weil sie es konnten. Es war nicht ungewöhnlich, wenn einer die Wände hoch kletterte wie eine Spinne, ebenso wenig wie ein Schuh, der nach ihm geworfen wurde, weil es immer noch unhöflich war. Der heutige Tag war aber eine Ausnahme und das wussten sie alle. Morgen würde es wieder wüste Beschimpfungen für den Frevel geben. Serafina stellte sich in die erste Reihe und direkt dahinter ihre Eltern, sowie alle anderen Novizen, die heute in die Bruderschaft aufgenommen wurden. Einen kurzen verunsicherten Blick warf sie ihren Eltern noch zu, die beide aufmunternd Lächelten. Danach obsiegte schon wieder der Stolz und sie ließ sich nichts mehr anmerken. Ihr Blick lag auf den Großmeister ihres Dorfes, Valentin Colucci, der bereits schlohweiße Haare hatte. Dennoch lag in seinen Augen die unbändige Kraft der Assassinen und die Weisheit eines ganzen Lebens.

Die Ansprache war kurz und knapp, wie jedes Jahr und Maria hatte nur Augen für ihre Tochter, die die komplette Rede auswendig kannte. Danach folgte die Einteilung. Jeder Assassine bekam einen Partner mit dem er vorrangig alle Missionen ausführen würde. Die Teams konnten vergrößert werden, falls nötig, aber zwei bildeten immer die Grundlage. Außerdem wurde so das Erlernen von Teamfähigkeiten erzwungen. Alle Strafen für Fehlverhalten würde beide treffen, die Hälfte aller Prüfungen konnte nur in Teamarbeit erledigt werden und das ein Jahrzehnt lang. Am Ende würden beide so aufeinander geeicht sein, dass sie synchron dachten und handelten, aber charakterlich wohl vollkommen unterschiedlich waren. Sicherlich würde Serafina einen ruhigen Gegenpol erhalten, der ihr Temperament ausglich, aber ebenso eine harte Nuss war um sie in Schach zu halten. Mit größter Anspannung verfolgten sie die Aufzählung der Namen, bis gegen Ende der von ihrer Tochter fiel. Zittrig trat das junge Mädchen hervor und wartete auf die Auswahl ihres Partners. „Della Mea, Dante Niccolo.“, schwang die kraftvolle Stimme des Großmeisters über den Platz. Im Gleichschritt nahmen die beiden ihren Platz an der Seite von Colucci und den anderen Novizen ein. Sie wagte nicht ihn anzusehen, erst als sie stehen blieben. Der braunhaarige Junge mit den feinen Gesichtszügen musterte sie ebenso abschätzig, wie alle anderen männlichen Novizen. Einige davon grinsten dümmlich. Dante hatte das Mädchen abbekommen und die Schadenfreude war groß. Sie musste nichts sagen, aber Serafina konnte ihre Blicke wie Nadeln auf ihrer Haut fühlen und das machte sie wütend. So lange schon hatte sie sich auf diesen Tag gefreut, trainiert und an sich gearbeitet, aber diese Jungen machten ihr alles kaputt. Wütend ballte sie die Fäuste während sich kleine Zornespunkte auf ihren Wangen bildeten.

Schon von weitem konnte Maria sehen, dass ihre Tochter vor einem Wutanfall stand, doch sie musste stehen bleiben, um nicht die Familie zu blamieren. „Na toll, wieso kriege ich das Mädchen?“, schnaubte Dante abfällig und so leise, dass nur die Novizen es hören konnten. Das leise Lachen der anderen wurde zwar vom Großmeister ignoriert, aber zur Kenntnis genommen und nicht nur das. Die Feurige drehte sich in einer geschmeidigen Bewegung um und schlug zu, noch ehe sie selbst registrierte, dass ihr der Geduldsfaden gerissen war. Geschockt stolperte Dante zur Seite, gegen das andere Novizenduo. Sofort verstummten alle, das leise Gelächter und auch der Meister Colucci hatte sich umgedreht. Das Bild das sich ihm bot ließ ihn eine Augenbraue nach oben ziehen. Della Mea hielt sich eine Wange und starrte vollkommen überrascht seine Partnerin an, welche ein hochrotes Gesicht hatte, das sogar ihren Haaren Konkurrenz machte.

Maria hingegen hielt sich scheinbar geschockt die Hand vor den Mund, versteckte aber ihr Grinsen und versuchte nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. Ihr Mann war ebenso amüsiert. „Dein Temperament.“, raunte er und bekam ein „Deine Rechte.“, als Antwort.



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