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Der Sohn von Gin Teil 2

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So es geht weiter. Zuerst einmal danke an die, die immer Kommentare da gelassen haben. ;)
Und einen ganz großen dank an meine Beta die mir eine große Hilfe ist. ;) Und nun viel Spaß beim weiter Lesen.

WAHRNUNG: Die ersten Kapitel werde sehr Hart sein. Aber danach wird es besser. Ich hoffe ihr List es trotzdem und lässt auch hier Kommentare da. ;) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Anmerkung: Dieses Kapitel hier ist mir sehr wichtig. Da ich genau weiß wie Shin sich fühlt.

Und einen großen dank an meine Beta.^^ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
So in diesen Kapitel werden mir Shin mal anderes erleben und eine andere Seite von ihn sehen. Aber ich kann ihn sehr gut verstehen. Wenn man Jahrelang fast jeden Tag nur schmerzen zugefügt bekommt will man nur eins und zwar sich an dieser Person Rächen. Und man will das er nur einmal denn gleich Schmerz fühlt wie man ihn Jahrelang gefühlt hat. Und genau das wird Shin jetzt machen und seine andere Seite zeigen.

Und einen großen dank an meine Beta sie hat mir wieder sehr geholfen.^^ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
So hier ist das neue Kapitel ist zwar nicht solang diesmal, aber die anderen werden wieder länger sein. Mal ein etwas ruhiges, wo Gin und Shin mal einen schönen Tag zusammen verbringen. Naja so stelle ich mir mal so einen Tag vor. Kann da leider nicht mit reden.
Und nun viel Spaß. ;)
Und einen großen Danke an meine Beta. ^^ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Sorry das es dies mal solang gedauert hat. Aber ich hatte viel zu tune so wie meine Beta. Tut mir echt leid. Aber dafür ist das Kapitel auch etwas länger. ; )
Und mir bekommen raus wer Jaji ist. ;)
Und einen großen dank an meine Beta. ; ) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Und hier das Nächste Kapitel. ;)
Sorry das es diesmal wieder solang gedauert hat, aber dafür ist das Kapitel auch länger. ;)

Und einen großen dank an meine Beta. ;) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Und hier ist das Letzte Kapitel von Teil zwei. ;)
Nach längen hin und her habe ich überlegt noch ein Teil drei zu schreiben, wo aber alle schon etwas älter sein werden.

Und einen großen Dank an meine Beta. ;) Sie war einfach super und hat mir schon bei Gins Kindheit und den ersten Teil sehr geholfen. Ohne sie wären die Kapitel nicht immer so gut geworden. ;)
Einen ganz großen dank an sie dafür. ;)

Und danke an alle die immer Kommentare geschrieben haben, hat mich immer gefreut und für die viele Favo Einträge. Hat mich immer sehr gefreut. ;) Ich hoffe er werdet auch bei Teil drei noch dabei sein.
Es kann aber etwas dauer bis ich da das erste Kapitel hochlanden kann. Da meine alte Beta leider nicht mehr weiter machen kann. Da sie viel zu tune hat. ;) Was sehr schade ist aber es geht leider nicht anderes. ;)
Deshalb muss ich mir auch erste mal eine neue Beta suchen. ;)

So und nun viel Spaß bei letzen Kapitel von Teil zwei. ;) Komplett anzeigen

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Ein hartes Leben

Sechs Jahre ist es jetzt schon her, dass mein Vater und mein Onkel mich verlassen haben und die Organisation gefallen ist. Seitdem habe ich von niemandem mehr etwas gehört. Den Brief, den Papa mir damals mitgegeben hatte, besaß ich immer noch ab und zu, wenn mir danach war, las ich ihn durch. Bis ich zehn Jahre alt war gab ich die Hoffnung nicht auf, dass Papa wiederkommt und mich holen würde, aber mittlerweile glaubte ich nicht mehr daran. Vielleicht werde ich ihn eines Tages wiedersehen, aber wann genau, das stand noch in den Sternen.
 

Ich war nun Dreizehn und mein Leben war nicht leichter geworden. Ganz im Gegenteil! Es war schlimmer als früher! Als ich noch in der Organisation war durfte ich ganz normal zur Schule gehen, musste nur zwei Mal die Woche trainieren und lebte bei meinem Vater und meinem Onkel, aber nun habe ich weder die beiden um mich rum, noch irgendwelche Freunde. Der Einzige, den ich noch hatte war Daiki, der Kerl der mich damals aufgelesen hatte. Am Anfang musste ich nur ab und zu Geld für ihn eintreiben und Drogen abholen, damals wusste ich noch nicht was das ist, aber heute weiß ich es und ich weiß nun auch was Daiki für ein Typ ist.
 

Daiki war nicht nur ein Drogendealer, nein, er war auch ein Zuhälter und er hatte das Sagen hier in der Gegend. Fast jeder war ihm unterstellt und er hatte seine Leute überall. Viele junge Mädchen und auch ein paar Jungen zwischen Achtzehn und Fünfundzwanzig gingen für ihn auf den Strich. Die Meisten von ihnen nahmen Drogen, um das Alles zu verkraften. Daneben gab es noch lauter andere Leute, die für Daiki arbeiteten und natürlich noch mich. Ich war für so gut wie alles da. Jeden Tag brachte ich ihm das Geld, das die Mädchen und Jungen eintrieben und ich holte seine Drogen, die er dann weiter vertickte. Manchmal, zum Glück aber selten, und da war ich auch ziemlich froh drum, musste auch ich mit jemandem ins Bett gehen. Ich musste dafür nicht wie die anderen auf den Strich, denn die Leute kamen immer direkt auf Daiki zu und fragten, ob sie mich haben könnten. Sie bezahlten sehr gut für eine Nacht mit mir, schließlich war ich der Jüngste in der Gegend und darauf standen die ganzen Perversen. Daiki hatte immer ein Auge auf mich. Er ließ mich nie alleine auf die Straße und wenn mich einer holen kam, der mit mir schlafen wollte, dann kannte er diese Leute bereits und konnte ihnen vertrauen. Mein erstes Mal hatte ich mit gerade mal Elf und das war mit Daiki selbst. Ich dachte an dem Abend, dass ich sterben müsste, denn noch nie hatte ich solche Schmerzen. Ich hatte geschrien, aber er hatte immer weitergemacht und seit diesem Tag machte er das fast jede Nacht. Ein paar Monate darauf hatte er schon die ersten anderen Leute hergebracht, die mit mir schlafen wollte. Am Anfang habe ich mich oft gewehrt, aber das brachte nie etwas außer noch mehr blaue Flecke und Schmerzen. Nun ließ ich es einfach immer über mich ergehen und es tat auch nicht mehr ganz so weh. Ich war immer froh, wenn sie mich einfach nahmen und ich nur so daliegen und nichts weiter machen musste, aber leider wollten die Meisten, dass ich mitmachte, sie anfasste und küsste und Schlimmeres. Ich konnte nie etwas dagegen machen. Glücklicherweise verlangte Daiki immer von allen, dass sie ein Kondom benutzten.
 

Von hier abhauen konnte ich nicht, denn ich wurde immer beobachtet. Es war alles viel schlimmer als in der Organisation, da ich hier zu Sachen gezwungen wurde, die mein Großvater nie von mir verlangt hätte. Zur Schule gehen durfte ich auch nicht. Seit der ersten Klasse hatte ich nichts mehr gelernt. Das reichte gerademal, um einfache Sachen lesen und schreiben zu können und um etwas zu rechnen. Ab und zu hatte Daiki mir auch etwas beigebracht, oder ich versuchte es alleine, aber ich würde niemals mit Kindern meines Alters mithalten können. Wenn ich so durch die Stadt lief, fiel mir auch auf, dass ich viel zu klein und dünn für mein Alter war, was daran lag, dass mich Daiki zur Strafe oft einen Tag hungern ließ. Wenn es dann mal etwas zu essen gab, dann Fertigpackungen, da niemand von uns kochen konnte.
 

Mein Aussehen hatte sich nicht viel verändert. Natürlich war ich gewachsen, aber meine Frisur war geblieben und meine Augenfarbe natürlich auch. Nur hatte sich mein Blick etwas verändert. In ihm lag oft Traurigkeit und Härte, aber von dem damals siebenjährigen, glücklichen Shin war nicht mehr viel übrig. Daiki hatte es geschafft, mich kaputt zu machen und das wusste er. Am Anfang hielt ich es noch aus, doch dann wurde er immer brutaler. Ich versuchte mittlerweile nur noch jedem Streit aus dem Weg zu gehen, denn in Sachen Bestrafungen war er ein Meister. Musste er wohl auch, denn sonst würde nicht das ganze Viertel auf ihn hören.
 

Ich seufzte und machte mich auf den Weg zu den anderen. Es war kurz nach ein Uhr in der Nacht und ich sollte mal wieder Geld einsammeln gehen. Die Wege waren für mich sicher, denn da jeder wusste zu wem ich gehöre, ließen mich alle soweit in Ruhe. Meine erste Anlaufstelle war eine kleine Mauer, an der drei recht hübsche Mädchen standen. Die Jüngste war gerademal 18 und ich lief direkt auf sie zu. Takara war groß, hatte braune Haare und schöne blaue Augen. Umeko hatte lange blonde Haare und ebenfalls blaue Augen. Dann stand da noch Kasumi, die etwas kleiner, aber nicht weniger hübsch war als die anderen. Sie hatte dunkelblond gefärbte Haare und braune Augen. Alle waren schlank und trugen figurbetonende Klammotten.
 

Als ich bei ihnen ankam, lächelten sie mich an. Sie waren immer sehr nett zu mir. „Na, Kleiner? Bist du wieder hier, um das Geld einzusammeln?“ Ich nickte, bekam die Scheine in die Hand gedrückt, zählte sie durch und meinte nur: „Das ist ausreichend gut. Aber ihr solltet heute Abend noch weitermachen. Und steht nicht so dicht beieinander! Ihr wisst doch, dass Daiki das nicht gerne hat.“ Ich schrieb ihnen nicht gerne etwas vor, aber Daiki hatte es mir aufgetragen und die Mädchen hörten allesamt auf mich, obwohl ich viel jünger war als sie. Sie taten das natürlich auch, um wirklich keinen Ärger zu bekommen, denn viele Frauen hatten schon einige Schläge von ihm abbekommen und die taten weh.
 

Ich ging weiter zu meinem nächsten Ziel in der Nähe der Bar und auch hier standen wieder ein paar Mädchen, die mir sofort all ihr Geld überreichten.
 

Bei meinem dritten Zielpunkt drückte mir eines der Mädels sofort einen Batzen Geld in die Hand. Wie immer skeptisch, zählte ich es durch. „Das ist nicht genug. Du versteckst etwas. Los, zeig schon!“

„Nein, ich hab‘ nicht mehr.“

„Ich bin nicht dumm, klar? Her mit der Kohle!“ Doch sie gab mir nichts und da ich ihr immer noch misstraute, beschloss ich nun näher an sie ran zu gehen. Da ich noch viel von meiner Zeit in der Organisation im Kopf hatte und auch bei Daiki einiges dazulernen konnte, wusste ich was zu tun war. Das Mädchen konnte gar nicht so schnell gucken, da hatte ich schon in ihre Hotpants gegriffen und ein weiteres Bündel Scheine herausgezogen. „Kein Geld? Und was ist das hier?“, zischte ich: „Du weißt genau was passiert, wenn du Daiki nur die eine Hälfte gegeben hättest.“ Ich hasste es wirklich so hart sein zu müssen, aber hier ging es auch um mich. Als Verbindungsmann war ich der erste der Ärger abbekam und darauf konnte ich wirklich sehr gut verzichten. Das Mädchen, ich glaube sie hieß Ruri, man kennt hier nicht jedermanns Namen, flehte mich an: „Bitte, bitte sag es nicht Daiki, dass ich versucht habe etwas von dem Geld zu behalten. Ich habe Angst vor ihm.“ Ich nickte: „Na gut, aber versuch es nicht noch einmal, klar?“ Danach ging ich weiter. Diesmal zu einer Gruppe Jungen.
 

Danach traf ich Isamu, der sogleich mein bester Freund hier war, obwohl er acht Jahre älter war als ich. Aber er war wie ein Bruder für mich. Wir konnten über alles reden. Vor drei Jahren war er hier her gekommen, als er von zu Hause abgehauen war, da er dem Leistungsdruck seines Vaters entfliehen wollte. Er war sehr groß, hatte dunkle Haare und blaue Augen. Man sah im quasi an, dass er neben mir am meisten Geld einbrachte. Isamu sagte mir, dass es ihm gar nicht mehr so schwer fiel mit den ganzen Männern zu schlafen, da er sowieso nicht so sehr auf Frauen stand, aber ich konnte einfach nicht glauben, dass es leicht für ihn sein sollte, egal von welcher Seite des Ufers er war.
 

Als ich bei ihm ankam, grinste er mich sofort an und ich grinste zurück. „Na, Shin? Bist du mal wieder dabei das Geld einzutreiben?“ Ich nickte: „Und? Alles klar bei dir?“

„Ja, alles okay. Und bei dir?“

„Naja, wie sollte es schon sein? So wie immer.“

„Das wird schon?“

„Ja klar.“ Isamu sagte immer zu mir „Das wird schon“, aber daran glaubte ich einfach nicht mehr. Er hielt mir das Geld hin, ich nahm es und steckte es ohne zu zählen weg. Ich wusste schon, dass er mir immer alles gab, was er hatte. „Und? Wie läuft es?“, wollte ich wissen. „Naja, nicht gut, aber das was ich bis jetzt verdient habe, müsste für Daiki ausreichend sein. Ich nickte wieder und auf einmal hob Isamu mein Kinn an. „Was ist denn mit dir wieder passiert?“, fragte er und streichelte mir über die Wange. „Ach, das war Daiki.“

„Wieso?“

„Das weiß ich selber nicht mehr so genau, aber ich glaube es war, weil ich gestern zu spät zurück gekommen bin.“ Isamu seufzte, machte sich eine Zigarette an und hielt sie mir hin. Ich zog kurz daran, was ich gelegentlich mal tat, aber generell war ich immer noch Nichtraucher und wollte auch gar nicht erst damit anfangen.
 

Wir redeten noch etwas und dann machte ich mich auf den Weg zurück. Es war schon halb Drei in der Nacht und ich würde 25 Minuten bis zu Daiki brauchen. Das war schon okay, schließlich hatte ich heute ziemlich viel Geld eingesammelt. Ich war nur froh, dass ich nicht noch in eine der Bars musste, denn da ging ich nicht sehr gerne rein. Mich kotzte es wirklich an, dass Daiki über das ganze Geld des Viertels verfügte und jeder ihn um Erlaubnis bitten musste, wenn er etwas brauchte. Daiki sagte oft, dass die „Schlampen“, wie er sie nannte, genug von ihm bekommen würden. Jede hatte ihr eigenes Zimmer, Sachen zum Anziehen und Nahrungsmittel, daher sollten sie bloß nicht noch rummeckern und Ansprüche stellen. Es klang wirklich wie ein schlechter Witz, aber so war es tatsächlich. Man hatte in der heutigen Zeit schließlich auch noch andere Ansprüche, aber davon wollte er nichts wissen und wenn er etwas von seinem Vermögen abgab, dann nur sehr wenig. Ich seufzte, als ich vor seiner Tür stand und schloss sie auf, um hineinzugehen.

Hat das denn nie ein Ende?

Nachdem ich die Tür aufgeschlossen hatte, betrat ich die Wohnung und suchte nach dem Lichtschalter. Mich wunderte, dass Daiki nicht da war, aber es sollte mir nur recht sein. Ich zog mir meine Schuhe und die Jacke aus und lief in die Küche, um erst mal was zu trinken. Dann setzte ich mich ins Wohnzimmer und sah Fern. Auch wenn es nichts gab, was mich interessierte, müde war ich noch lange nicht. Ich fing an mich im Wohnzimmer um zu sehen. Es war nicht schlecht eingerichtet, dafür dass wir in einem heruntergekommenen Viertel lebten. Auch hatte Daiki die Wohnungstür sicherheitshalber ausgetauscht und durch eine Kugel- und Einbruchsichere ersetzt, die ein System eingebaut hatte, durch das er immer wusste, wer sich gerade seinem trauten Heim näherte. Unsere Wohnung hatte vier Zimmer, allerdings wurde eines davon nie benutzt. Daneben gab es noch das Wohnzimmer, die Küche und ein sehr großes Badezimmer. Im Wohnzimmer stand ein riesiges Sofa und ein Flachbildfernseher hing an der Wand. Dazu gab es noch haufenweise Schränke an den Wänden. Auch Daikis Zimmer war riesig, nur meines war klein und gar nicht so schön eingerichtet wie alle anderen. Ich hatte nichts mehr als eine Matratze und einen kleinen Kleiderschrank. Trotzdem freute ich mich über alles was ich besaß und Daiki war stets darauf bedacht, dass ich mit gepflegten modernen Klammotten das Haus verließ.
 

Nachdem ich ein paar Minuten auf dem Sofa gesessen habe, schlich ich mich zu Daikis Zimmertür und öffnete sie einen Spalt. ‚Er ist also doch da.‘ Sofort bemerkte er mich und folgte mir in Shorts ins Wohnzimmer, hinter ihm ein junges Mädchen, das nichts weiter anhatte als einen BH und einen Slip. Bevor sich der Mann an mich wandte, sah er dem Mädchen noch einmal in die Augen. Sie hatte lange dunkle Haare und blaue Augen. Soweit ich mich erinnere war ihr Name Ayumi. Manchmal holte ich Geld von ihr ab. Nun sprach er sie an: „Los, zieh dich an und dann mach, dass du weg kommst! Du warst schon lange genug hier.“ Sie nickte und lächelte mir kurz zu. Von mir kam das Gleiche zurück.
 

Nach nicht einmal zwei Minuten stand sie wieder bei uns im Wohnzimmer und sagte, dass sie nun weg sei. Daiki nickte nur und wir hörten, wie die Wohnungstür ins Schloss fiel. Dann kam er zu mir und setzte sich neben mich. Es war nichts Neues, dass er ab und zu ein Mädchen, oder einen Jungen mitbrachte. Es klingt egoistisch, aber ich war immer wieder froh, wenn jemand anderes mit ihm schlief. So musste ich es nicht tun. Mich wunderte nur, dass ich von dem Liebesspiel diesmal nichts bekommen hatte, denn eigentlich waren die Geräusche sonst kaum zu überhören.
 

Plötzlich sprach Daiki mich an und riss mich aus meinen Gedanken. „Und? Wird’s bald?“ Ich wusste sofort was er wollte. Daher griff ich in meine Hosentasche und holte all das Geld raus, was ich heute Abend eingesammelt hatte. Er zählte es sofort durch. Als er fertig war, wendete er sich wieder an mich: „Nicht schlecht. Und? Hat jemand versucht etwas von dem Geld für sich zu behalten?“

„Nein, niemand. Ich habe alles sofort bekommen.“, log ich. „Wer hat denn heute das Meiste gemacht?“

„Wie immer Isamu.“ Daiki nickte und im nächsten Augenblick hatte er mich fest an meinen Haaren gepackt und ganz nah zu sich herangezogen. Was hatte ich denn nun schon wieder falsch gemacht?, ging es mir durch den Kopf. „Wieso hast du solange gebraucht? Du hättest schon längst wieder hier sein sollen!“

„I..... ich habe mich noch etwas mit Isamu unterhalten.“

„Wie oft habe ich dir gesagt, du sollst nicht reden? Du sollst dir das Geld geben lassen und dann zurückkommen. Was ist daran so schwer zu verstehen?“, zischte mein Vorgesetzter und zog noch fester an meinen Haaren. „E..... es tut mir leid. Das kommt nicht wieder vor.“

„Das will ich auch hoffen, Junge.“ Daiki zog mich näher an sich ran, gab mir einen etwas groben Kuss und ließ mich dann wieder los. „Los, mach mir was zu Essen!“ Ich nickte, stand auf und lief in die Küche.
 

‚Hm… was soll ich denn nun warm machen?‘, überlegte ich kurz und entschloss mich für einen Topf voller Nudeln. Das ging schnell und ist einfach. Immer mal wieder kochte ich für ihn, egal wie spät es war, oder ob ich müde war oder nicht. Ich hatte zu tun was er sagte. Sein Wort war Gesetz und ich hielt mich daran. Ich schmiss die Nudeln in das kochende Wasser und hoffte, dass ich auch etwas davon abbekommen würde. Anscheinend war Daiki heute nicht ganz so schlecht drauf.
 

Als die Nudeln samt der Soße fertig waren, holte ich zunächst einmal nur einen Teller raus, schließlich wusste ich nicht, ob ich auch etwas abbekam. Widerwillig sah Daiki von dem Film auf, den er sich gerade anschaute und blickte auf den Teller. „Nudeln? Ich hätte lieber etwas anderes gehabt.“

„Tut mir leid, ich habe nichts anderes gefunden, was ich auf die Schnelle hätte hinkriegen können.“

„Naja, okay.“ Ich seufzte und war froh, dass der Teller, samt Inhalt, nicht in meinem Gesicht gelandet war. Das kam nämlich schon so das ein oder andere Mal vor. Mit hungrigem Magen sah ich auf den Teller. Ich war schon den ganzen Tag am Verhungern, aber unter den strengen Blicken meines Vorgesetzten durfte ich mir nicht einfach so etwas holen. Doch nach einer Weile hielt ich es einfach nicht mehr aus und mein Magen begann zu Knurren. Ich versuchte noch, ihn irgendwie zu beruhigen, sodass Daiki nichts davon mitbekam, aber er hatte es schon gehört. „Was ist? Hast du etwa Hunger?“, fragte er. Natürlich hatte ich das. Das sah doch ein Blinder mit ‘nem Krückstock. ‚Idiot!‘, dachte ich mir und nickte meinen Boss einfach nur an.
 

Dieser brauchte ein paar Minuten, aß genüsslich seinen Teller leer und antwortete mir erst dann: „Na gut, ich will mal nicht so sein. Hol dir etwas und komm dann wieder hier her.“ Ich nickte zufrieden und rannte sofort in die Küche, wo ich nun auch mir einen Teller mit Nudeln vollmachte. Dann kam ich sofort wieder zurück ins Wohnzimmer und setzte mich neben meinen Chef.

Dieser zog mich kurz darauf auf seinen Schoß. „Hast du mir nicht etwas zu sagen?“

„Doch, danke, dass du mir erlaubst etwas zu essen.“ Daiki nickte, gab mir dann einen Kuss und erlaubte mir weiter zu essen.
 

Als ich fertig war und alles aufgeräumt hatte, ging ich in mein Zimmer, denn ich wollte nur noch schlafen. Doch kaum hatte ich die Tür hinter mir zugemacht, rief Daiki schon wieder nach mir: „Du kommst schön zurück, Kleiner! Ich habe noch etwas mit dir vor.“ Ich schluckte und ging zu ihn zurück. „Na los! Komm mit!“ Ich folgte ihm in sein Schlafzimmer und mir war klar, was er wollte. Schon hatte er mich aufs Bett gedrückt und ich sah ihn ängstlich an.
 

„Bitte nicht heute, ich bin müde.“ Versuchte ich mich zu retten, aber ich stieß auf Ignoranz. „Sei still Kleiner, ich will nichts hören, sonst tut es gleich noch mehr weh!“, drohte er mir. Ich versuchte, meine Tränen runterzuschlucken. Wenn ich jetzt machen würde, was er von mir verlangte, dann würde es schnell vorbei sein und ich konnte ins Bett gehen. Wir beide waren bereits nackt und ich wurde von oben bis unten geküsst. Ich schloss die Augen und wünschte mich an einen fernen Ort, doch es klappte nicht. Ich spürte alles was Daiki mit mir anstellte und dann begann ich zu stöhnen, denn er fing an mir über die Oberschenkel zu streicheln und ich merkte, wie ich steif wurde. Ich hasste es, aber ich war dagegen machtlos, denn mein Körper reagierte auf diese Art von Verwöhnung. Daiki freute das sehr. Er umfasste mein Glied und fing an seine Hand immer schneller zu bewegen. Langsam konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und stöhnte. „Ja Süßer, los, stöhn für mich.“
 

Nach einer Weile konnte ich nicht mehr und kam in seiner Hand. Daiki grinste. „So und nun will ich auch meinen Spaß haben.“ Ohne mich groß darauf vorzubereiten war er in mich eingedrungen. Ich schrie auf und er bewegte sich immer schneller in mir drin. Was ich auch versuchte, um meine Schrei zu unterdrücken, es half nichts. Er war immer schneller, stärker und brutaler geworden und ich konnte einfach nicht anders. Nach einiger Zeit spürte ich dann, wie seine weiße Brühe sich in mir verteilte. Ekelhaft.
 

Er zog sich aus mir zurück, drehte mich zu sich um, nahm mein Kinn in seine Hand und sah mich an: „Das war gut, mein Kleiner, aber beim nächsten Mal machst du so richtig mit. Hast du mich da verstanden?“

„Ja, habe ich.“, sagte ich zitternd. „Und noch etwas: Verkrampf nicht immer so, sonst tut es nur noch mehr weh.“ Das sagte er so leicht. Egal was ich auch versuchte, Entspannung war einfach nicht möglich. Mein Körper ließ es schlichtweg nicht zu. Ich nickte wieder und wollte dann aufstehen, um in mein eigenes Zimmer zu gehen und endlich zu schlafen, aber Daiki hielt mich fest. „Du bleibst schön hier, heute Nacht!“, forderte mich auf. Hatte das denn nie ein Ende? Wie lange sollte das denn noch gehen. Ich konnte echt nicht mehr.
 

Noch einmal wurde ich von oben bis unten befummelt und dann endlich, war Daiki eingeschlafen und auch ich konnte in Ruhe meine Augen schließen.

Einkaufen

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, tat mir mein ganzer Unterleib weh. Aber wie sollte es auch anders sein? Das war ja auch nichts Neues. Ich brauchte nur eine warme Dusche und danach würde es schon gehen, so war es bisher immer. Ich setzte mich auf und sah Daiki an meiner Seite schlafen. Umso besser für mich. So leise es ging, machte ich mich auf den Weg ins Badezimmer, wo ich mich auszog und unter das angenehme warme Wasser stellte. Kaum hatte dieses meinen Körper berührt, fühlte ich mich besser.
 

Als ich fertig war, trocknete ich mich ab, band mir das Handtuch um die Hüften und machte mich auf den Weg in mein Zimmer, wo ich mir meine Boxershorts anzog, sowie eine schwarze, löchrige Hose und ein schwarz-blaues Oberteil. Erst danach putzte ich mir die Zähne und kämmte meine Haare, aber sie standen eh immer ab und machten was sie wollten.
 

Um halb Elf lief ich in die Küche, um ein Glas Wasser zu trinken. Kaum hatte ich dieses weggestellt, kam Daiki und setzte sich neben mich an den Tisch.
 

„Wie lange bist du schon wach?“

„Seit fast einer Stunde.“

„Und wieso hast du noch kein Frühstück gemacht?“

„Ich wollte gerade damit anfangen.“

„Dann mach das!“ Ich nickte, öffnete den Kühlschrank, holte alles raus was Daiki so mochte und stellte es ihm, zusammen mit einem Teller und Besteck auf den Tisch. Dann machte ich noch einen Kaffee für ihn. Er guckte mich dabei nichtstuend an. Ich hasste diese Blicke. So goss ich ihm seinen Kaffee ein, schwarz. Ich mag das ja gar nicht, aber er wollte es nun mal so. Danach konnte ich ihm mal wieder hungrig beim Essen zusehen. „Daiki?“, fragte ich schüchtern. „Was willst du?“

„Darf ich auch etwas abhaben?“

„Na gut, bevor du mir hier zusammenklappst. Du bist sowieso schon viel zu dünn.“

‚Wessen Schuld war das wohl?‘, dachte ich mir, sagte aber lieber nichts und griff nach einem Stück Brot, welches ich mir mit Nutella vollschmierte.
 

Nachdem wir fertig waren, begann ich damit alles aufzuräumen. „Wir sollten mal wieder einkaufen gehen.“, stellte ich fest. Daiki verließ die Küche, ging an seinen Geldbeutel und reichte mir an paar Scheine: „Dann mach das, aber zackig!“ Ich nickte, nahm die Scheine an mich, zog meine Schuhe an und verschwand. Der nächste Supermarkt war einen halbe Stunde von hier entfernt, aber ich froh um jede Minute, die ich nicht mit diesem Kerl verbringen musste.
 

Auf meinem Weg kam ich an einem Spielplatz vorbei. Es war jener, auf dem ich früher immer mit Papa gewesen war. Ich musste grinsen, denn hier sah alles noch genauso aus wie früher. Hier hatte Papa mir das Schaukeln beigebracht. Es war die schönste Zeit meines Lebens, aber sie war nun vorbei. Ich lebte nicht mehr bei meinem Vater und meinem Onkel.

‚Ich vermisse sie.‘ Ich schüttelte den Kopf und versuchte meine tränen zu unterdrücken. Was brachten sie mir schon? Ich konnte nicht anders als stark zu sein.
 

Im Supermarkt nahm ich mir gleich einen Einkaufswagen, der größer war als ich selber. War ja schon schlimm genug, dass ich die ganzen Einkäufe auf dem Rückweg nach Hause tragen musste. Deshalb kaufte ich auch nur Brot, Obst und Gemüse und nichts zu Trinken, da die Flaschen zu schwer für mich wären. Plötzlich vernahm ich eine mir sehr bekannte Stimme. Ich drehte mich nach ihr um und sah Mitsuhiko, Genta und Ayumi. Mann, waren die groß geworden! Mitsuhiko war immer noch der Größte von ihnen, Ayumi war auch gewachsen, aber immer noch kleiner als ich, nur ihre Haare waren länger. Genta hatte sogar abgenommen. Auch die Frisuren der Jungs hatten sich verändert, aber allesamt sahen sie richtig gut aus. Am liebsten wäre ich nun zu ihnen gegangen, aber ich musste es um jeden Preis vermeiden. Sie würden mich fragen, wo ich nun lebe, was ich nun mache und das wollte ich ihnen nicht zumuten. Sie wären vermutlich auch noch mit Daiki in Kontakt geraten. Deshalb lief ich, so schnell ich konnte, an die Kasse, zahlte meine Einkäufe und konnte den Laden rechtzeitig verlassen, ohne dass sie mich bemerkten. Ich war froh, ihren Fragen entgangen zu sein. Nicht nur, dass es sicherer für sie war, auch war mir alles an meinem neuen Leben peinlich. Nicht nur, was mit mir geschah, auch wie ich aussah, so klein geraten und in alte Klammotten gezwängt. Ich seufzte. Wäre ich jetzt noch mit ihnen befreundet, wenn alles anders gekommen wäre? ‚Halt Shin, so etwas darfst du nicht denken. Es macht dich nur traurig. Und geh etwas schneller, damit du nicht wieder Ärger bekommst.‘
 

Wieder in der Wohnung angekommen, ging ich gleich in die Küche. Zum Glück war Daiki nicht da. Ich räumte die Einkäufe in die Schränke und legte das Restgeld auf den Tisch. Was sollte ich nun machen? Ich zuckte mit den Schultern, legte mich ins Wohnzimmer und träumte vor mich hin.
 

Nach zwanzig Minuten ging die Türe auf und Daiki kam wutentbrannt auf mich zu. ‚Was war denn nun schon wieder?‘ Daiki zog mich am Arm, schleifte mich in mein Zimmer, kramte alle Sachen aus meinem Schrank und schmiss sie mir vor die Füße. „Warum sagst du mir nicht, dass du neue Klammotten brauchst?“

„Sie passen doch noch.“

„Shin.“ Daiki kam nun näher auf mich zu und ich machte einen Schritt zurück. „Du weißt doch ganz genau, dass du vor anderen Leuten gepflegt aussehen sollst und nicht immer in Lumpen rumlaufen darfst.“ Ich wusste nicht was ich dazu sagen sollte und guckte einfach starr auf den Boden, aber Daiki fasste unter mein Kinn und hob meinen Kopf hoch, sodass ich ihn anstarren musste. „Hast du ein Glück, dass ich heute gut drauf bin, Kleiner.“ Ich bekam ein paar Geldscheine in die Hand gedrückt und wurde nach draußen geschickt. „Du hast den ganzen Tag Zeit, aber sei um Acht hier, ich habe noch etwas mit dir vor.“ Was das sein sollte erfuhr ich gleich, als ich am Arm gepackt wurde und einen groben Kuss aufgedrückt bekam. „Du weißt Bescheid, Kleiner.“ Ich nickte wieder und wurde endlich frei gelassen.
 

Im Einkaufszentrum lief ich erst mal in den erst besten Laden, wo ich sogleich eine schwarze, so wie eine dunkelblaue Jeans in meiner Größe fand. T-Shirts, die mir gefielen fand ich hier leider nicht. Also machte ich mich mit den beiden Hosen auf in die Umkleidekabine. Die schwarze Jeans war etwas eng, aber Daiki hatte es lieber so, wie man sich ja denken kann. Ich fand trotzdem, dass ich darin gut aussah und auch die blaue Jeans passte und war sogar noch etwas komfortabler, da sie nicht ganz so eng saß. ‚Jap, die kommen beide mit.‘ Dazu entschloss ich mich noch, zwei Gürtel mitzunehmen.
 

Nachdem ich alles bezahlt hatte, machte ich mich auf in den nächsten Laden, in der Hoffnung ein paar Oberteile zu finden, aber ein Videospielladen erhaschte meine ganze Aufmerksamkeit. Drei Jungen unterhielten sich vor dem Schaufenster. „Also ich finde ja, du musst dir dieses Spiel hier holen. Das hat einfach jeder.“

„Ja, aber meinst du wirklich, dass es auch so gut ist?“

„Ja los, hol es schon.“, sagte der andere Junge. „Na schön, wie ihr meint.“
 

‚Die haben Sorgen.‘, dachte ich mir. Wenn das mein einziges Problem wäre, wäre ich überglücklich. Nie wieder müsste ich mir Gedanken über alles machen, um keinen Ärger zu bekommen. Nie wieder. Ich dachte einfach nicht mehr weiter darüber nach und lief in den nächsten Laden, in dem mir drei Oberteile ganz gut gefielen. Ein schwarzes, ein blaues und ein graues. Noch dazu sahen sie einfach cool aus. Nicht zu vergessen, holte ich mir auch noch ein paar neue Sneakers, damit auch alles perfekt aussah. Danach schaute ich auf meine Handyuhr. Daiki hatte es mir mal geschenkt, damit ich immer für ihn erreichbar bin. Es war erst 16 Uhr. Da blieb also noch genug Zeit für mich selber übrig. Ich nutzte sie, um etwas in einem Fastfoodrestaurant zu essen.
 

Zu Hause würde ich ja sicher wieder nichts bekommen. Ich holte mir ein Menü, bestehend aus Pommes, einem Burger und Cola und setzte mich an einen kleinen Tisch. Die Einkaufstüten legte ich neben mich. ‚Was Daiki wohl heute noch von mir will?‘ Ich schüttelte den Kopf. ‚Bloß nicht darüber nachdenken!‘ In dem Moment fiel ein Mädchen neben mir plötzlich hin und schüttete ihre Cola genau über meine Hose. Ich erschrak und auch ihr ging es genauso. „Tut mir leid, ich wollte das nicht.“

„Schon gut. Die Hose kann ich waschen.“, sagte ich und grinste das Mädchen, welches in meinem Alter war freundlich an. „Echt? Da bin ich aber froh, dass du nicht sauer bist.“ Ich schüttelte den Kopf: „Wie gesagt, schon okay.“
 

Das Mädchen lächelte mich an. „Naja, ich muss dann mal wieder.“, sagte ich und stand auf, da wurde ich an meiner Hand festgehalten. „Nein, bitte warte. Du kannst dich zu mir und meinen Freunden setzen. Ich lad, dich ein, auf eine Cola. Dann habe ich auch nicht mehr so ein schlechtes Gewissen. Also, was sagst du?“ Ich überlegte kurz. Zeit hatte ich noch und die drei Jungen und zwei Mädchen machten allesamt einen netten Eindruck. Also setzte ich mich zu ihnen an den Tisch. Das Mädchen, das mir die Cola übergeschüttet hatte lief nochmal zur Kasse, um gleich zwei neue zu kaufen. „Danke, aber das hättets du wirklich nicht machen müssen.“, sagte ich, als sie zurückkam. „Doch.“, lächelte sie. „Na schön.“ Nun musste auch ich lächeln: „Ihr kommt nicht von hier, oder?“

„Nein, wir sind hier auf Klassenfahrt. Eigentlich kommen wir aus Italien.“, sagte ein Junge mit dunklen Haaren. „Echt? Und da macht ihr solche Klassenfahrten? Außerdem könnt ihr echt gut Japanisch.“

„Naja, wir haben schon seit der ersten Klasse angefangen auf diese Reise zu sparen und ungefähr so lange lernen wir auch schon die Sprache.“, erklärte ein anderer Junge. „Ist ja cool.“, kam es von mir. „Wie heißt du eigentlich?“, wollten nun alle von mir wissen. „Shin. Und ihr?“
 

Die Clique begann sich mir vorzustellen: „Adriano.“ „Aristeo.“ „Pino.“ „Azura.“ Und das Mädchen, welches mir die Cola übergeschüttet hat hieß Takara. „Freut mich euch kennen zu lernen.“, grinste ich. „Uns auch.“

„Wie lange seid ihr denn noch hier?“

„Noch zwei Tage. Wir würden ja länger bleiben, aber.....“

„Also wenn ich Glück habe, darf ich bald hierher ziehen.“, sagte Takara nun. „Wie? echt?“, fragte ich erstaunt. „Ja, mein Vater bekommt vielleicht einen Job in Tokio und dann bleiben wir erst mal für ein Jahr.“

„Wow, cool!“

„Und du Shin? Du siehst nicht gerade aus wie ein Japaner. Wo kommst du her?“

„Naja, mein Vater ist halb Deutscher und mein Uropa war sogar halb Italiener.“

„Cool, sprichst du dann auch drei Sprachen? Ich bin auch halb Deutsche, weil meine Mutter dorther kommt und so habe ich Deutsch gelernt.“

„Naja, ich kann ein klein wenig Italienisch und Deutsch von dem was mein Vater mir damals beigebracht hat, aber das ist nicht wirklich viel. Mein Englisch ist noch grottiger.“

„Naja, du gehst ja noch etwas länger zur Schule. Da lernst du es noch.“ Ich nickte und lächelte nur: ‚Wenn die wüssten.‘
 

Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile, bis ich mich um 19 Uhr auf den Weg zurück zu Daiki machte. Ich verabschiedete mich höflich und hoffte, dass wir uns eines Tages wiedersehen würden. Alle nickten mir zu und ich setzte mich in Bewegung. Sie waren alle so nett gewesen und besonders Takara mit ihren langen braunen Haaren und den braunen Augen war extrem hübsch. Ich seufzte, da ich sie wohl nie wieder sehen würde. Trotzdem war es schön, endlich mal Leute in meinem Alter kennengelernt zu haben.
 

Als ich die Wohnung betrat hoffte ich nur, dass Daiki nicht allzu viel mit mir vor hatte und mich einfach nur noch in Ruhe lassen würde.

Schmerz

Kaum betrat ich die Wohnung, rief Daiki nach mir. Ich lief sofort zu ihm hin. Er saß im Wohnzimmer vor dem Fernseher und sah sich eine Sendung an. Als ich auf ihn zu kam, wandte er seinen Blick zu mir.
 

„Da bist du ja. Hat lange gedauert, aber immer hin bist du pünktlich. Glück gehabt, Kleiner.“ Ich nickte nur. „Nun zeig schon. Was hast du dir gekauft?“ Ich gab Daiki meine Tüten und zeigte ihm die Klamotten.“

„Nicht schlecht.“, kam es von ihm. „Hast du noch Geld übrig?“

„Ja.“, antwortete ich und gab ihm die restlichen Scheine. „Na gut, dann mach dich mal fertig.“, wurde ich aufgefordert. „Wofür?“

„Kannst du dir das nicht denken? Kenta will dich mal wiedersehen.“ Ich schluckte. Bitte alles, nur nicht Kenta. „Daiki?“, fragte ich schüchtern. „Was gibt’s?“

„Ach nichts.....“

„Na dann ist gut. Zieh deine neuen Sachen an und komm dann wieder hier her.“

„Okay.“
 

Ich schnappte mir die Tüten, lief in mein Zimmer und zog mich um. Ich wollte echt nicht zu Kenta, aber hätte ich Daiki davon erzählt, hätte ich wieder Schläge einkassiert und darauf konnte ich verzichten. Ich zog die schwarzen Hose an und dazu ein weißes Hemd, dann machte ich mich wieder auf den Weg in den Flur, wo Daiki bereits angezogen stand. „Schuhe an und dann komm mit!“, befahl er. Ich tat was mir gesagt wurde und machte mich mit ihm zusammen auf den Weg.
 

„Du tust schön was er dir sagt!“, wurde ich aufgefordert. „Ja.“

„Gut. Du weißt ja, sonst endet es wie beim letzten Mal. Da war Kenta ja nicht gerade zufrieden und das wirft ein schlechtes Bild auf mich, worauf ich gut und gerne verzichten kann. So, und nun mach ein netteres Gesicht, Junge!“

„Okay.“ Ich nickte und versuchte, nicht an das Schlimmste zu denken.
 

Nach zehn Minuten betraten wir die Bar. Sie gehörte natürlich Daiki und deshalb wurde er sogleich von allen begrüßt. Er nickte nur arrogant wie immer und wir setzten uns an einen leeren Tisch. Ein Keller fragte ihn was er trinken wollte, wie es mit mir aussah, das interessierte natürlich mal wieder keinen. Der Wirt brachte Daiki schnell seinen Schnaps, den dieser in einem Zug leerte. Besoffen hatte ich ihn nie gesehen. Er vertrug viel und vielleicht war das ja besser für mich.
 

Fünf Minuten später tauchte Kenta dann auf, mit einem fetten Grinsen im Gesicht. Mir wurde sofort schlecht bei seinem Anblick. Er war groß, hatte kurze, blonde Haare, dunkle Augen und sah einfach widerlich ungepflegt aus, wie ich fand. Ekelerregend! Er setzte sich natürlich sofort zu uns, lächelte Daiki an und streichelt mir über’s Haar. Erst wollte ich zurückweichen und mich gar nicht antatschen lassen, doch ein Blick von Daiki verriet alles und ich gab mich dem hin. „Na mein Süßer, wir werden heute Nacht viel Spaß haben, denkst du nicht auch?“ Ich nickte einfach nur. „Hey! Jetzt guck doch nicht so. Es wird sicher schön.“, lachte er. Ich schluckte und setzte dann ein gespielt freundliches Gesicht auf. Dass ich am liebsten weggerannt wäre, wissen wir ja alle. „Nun Kenta“, sprach Daiki weiter: „Eine Nacht. Du weißt wie viel das macht.“

„Natürlich. Wie immer. Die eine Hälfte zahle ich jetzt und die andere bekommst du, wenn er wieder bei dir ist.“

„Also gut. Aber pass auf ihn auf. Ich will ihn unverletzt zurück.“ Kenta lachte: „Keine Sorge. Selbst wenn er mal nicht gehört hat, weißt du doch, dass er nach unserer gemeinsamen Nacht immer noch laufen konnte. Nur hoffe ich, dass er sich heute benimmt.“

„Das wird er. Shin weiß Bescheid, nicht wahr?“ Dabei zog mich Daiki auf seinen Schoß. „Ja, ich weiß Bescheid.“, stimmte ich zu. „Gut, dann dürft ihr beiden jetzt gehen.“

„Oh ja, das wollen wir.“, kam es von Kenta: „Ich zahle schließlich für die Nacht.“ Daiki nickte, gab mir wieder einen groben Kuss und übergab mich an den anderen Mann, der mich an die Hand nahm und mit mir das Lokal verließ.
 

„Ich hoffe, du wirst auch wirklich diesmal nett sein und schön brav mitmachen, Kleiner.“, sagte er zu mir. „Ja, ich habe verstanden.“

„Gut.“

„Ähm, kannst du bitte meine Hand loslassen? Ich kann alleine laufen.“

„Nein, du bleibst schön hier, Kleiner.“ Ich seufzte: „Ich bin aber kein kleines Kind mehr!“ Kenta sagte nichts dazu und hielt mich weiter fest.
 

Wir kamen an eine Ampel. Eine alte Dame drehte sich zu uns um. „Na Sie haben aber einen schönen Sohn. Was für hübsche Augen er doch hat.“

‚Wie bitte, Sohn?‘, dachte ich: ‚Der da soll mein Vater sein? Ich könnte kotzen!‘ Doch schon sagte Kenta etwas: „Ja, Sie haben Recht, vielen Dank. Mein Kleiner ist wirklich etwas Besonderes.“ Die Frau nickte: „Sie haben Glück, aber passen Sie gut auf ihn auf. Solche Jungen werden gerne mal von fremden Männern mitgenommen.“

„Keine Sorge. Ich achte auf ihn. Wir wollen doch nicht, dass dir etwas passiert, nicht wahr, mein Sohn?“

„Ja.“, sagte ich und nickte, als die Ampel auch schon grün wurde. Wir verabschiedeten uns von der Dame und gingen weiter. Ich konnte es immer noch nicht glauben. Sie hat gedacht, er sei mein Vater. Widerlich. Kenta lächelte mich an: „Na sieh mal, da werde ich doch glatt für deinen Vater gehalten. Schade, dass ich es nicht bin. Sonst könnte ich dich jeden Tag bei mir haben.“

‚Ein Glück!‘, dachte ich nur, sagte aber nichts.
 

Nach zehn Minuten waren wir dann bei Kenta angekommen: Er wohnte etwas außerhalb der Stadt in einem recht schönen Wohnhaus im zweiten Stock. Gerade schloss er die Tür zu seiner Wohnung auf, wir gingen rein und zogen unsere Schuhe und Jacken aus. Kaum hatte ich das erledigt ging alles ziemlich schnell. Kenta griff meine Hand, zog mich ins Schlafzimmer und schmiss mich auf sein Bett. Sofort lag er neben mir. Ich wollte ein Stück zur Seite rücken, doch er hielt mich fest. „Was ist denn los, Kleiner? Willst du etwa abhauen? Du weißt doch, dass du schön brav sein sollst, oder?“ Ich nickte verängstigt. „Gut. Übrigens, die Sachen die du an hast gefallen mir. Stehen dir echt gut. Du weißt ja, wie süß ich dich finde. Daiki hat so ein Glück, dass er dich hat. Du bist Gold wert.“ Kenta hiel sich nicht lang auf und ließ mich wieder leider.
 

Als ich ihn nach der ersten runden aus Reflex in die Hand beisen tat. Wurde er sauer. Und ich schluckte. Warum hatte ich das nur getan? Es war ein Reflex. Doch sofort erhielt ich eine Ohrfeige. „Das wird dir noch leid tun, mein Junge.“, sagte Kenta mit einem fiesen Blick und schmiss mich wieder aufs Bett. Ja, ich bereute es. Die ganze Nacht fügte dieser Kerl mir Schmerzen zu.
 

Erst gegen Morgen wurde ich in Ruhe gelassen. Noch ein paar Stunden konnte ich bei ihm bleiben und richtig schlafen, bis ich wieder zu Daiki gebracht wurde. Hoffentlich erzählte Kenta ihm nicht, was ich getan hatte.

Strafe

Nach ein paar Stunden Schlaf, wurde ich von Kenta geweckt. Es war schon Mittag und die Sonne schien in sein Schlafzimmer.

„Los Kleiner, raus aus dem Bett, anziehen! Ich bring dich zurück.“ Ich nickte, stand langsam auf, sammelte meine Sachen, die auf dem Boden verteilt lagen ein, und zog mich langsam an. Jede Bewegung schmerzte unheimlich. Wie konnte ich auch nur so dumm sein und Kenta in den Finger beißen, an dem nun ein großes Pflaster klebte. Ich hoffte nur, dass er Daiki nichts davon erzählen würde, aber im Grunde genommen wusste ich genau, dass er es doch täte.
 

Als ich fertig angezogen war, lief ich in den Flur zu Kenta, der schon die Wohnungstür geöffnet und auf mich gewartet hatte. „Dann mal los!“ Ich nickte und so machten wir uns auf den Weg nach draußen. Minutenlang sagte niemand etwas, doch dann sprach ich Kenta an: „Du?“

„Was ist? Was willst du?“

„Nun ja wirst du es Daiki sagen?“

„Was?“

„Dass ich dich gebissen habe.“ Ich kniff die Augen zusammen und senkte meinen Kopf, so als hätte ich Angst für diese Frage gleich geschlagen zu werden. Zugegeben, ich hatte wirklich Angst. Vor seiner Antwort. „Na, was denkst du denn? Klar werde ich ihm das sagen! Er soll dir ein für alle Mal klarmachen wer hier das Sagen hat und dass du gefälligst zu tun und zu lassen hast was die Erwachsenen dir sagen. Außerdem sehe ich auch nicht ein für so eine schwachsinnige Nacht zu bezahlen.“ Ich schluckte. Damit war ich verloren. Nicht nur, dass ich Anschiss bekam. Dass Kenta nun nicht mal mehr bezahlen wollte, versetzte mich gleich in noch größere Schwierigkeiten. Daiki würde nicht erfreut sein und ich müsste es ausbaden. ‚Verdammter Mist!‘ Geschockt sah ich Kenta an. Wie konnte ich mich jetzt noch retten? ‚Betteln!‘

„Kenta, kannst du Daiki bitte wenigstens das Geld geben, wenn du mich schon bei ihm anschwärzt? Er wird mich so schon grün und blau hauen, aber wenn du dich auch noch weigerst zu bezahlen, dann weiß ich nicht, ob ich das überlebe. Es tut mir leid und ich mache es auch sicher nie wieder.“

„Das glaube ich dir aufs Wort. Du wirst es nie wieder machen wenn Daiki erst mal mit dir fertig ist. Und nein, ich werde garantiert nicht für so eine verkorkste Nacht bezahlen! Du wirst schon sehen was du davon hast. Dass das Konsequenzen haben würde, konntest du dir doch sicher auch schon vorher denken.“ Kenta grinste nun böse: „Aber keine Angst, Kleiner, ich werde dich trotzdem ab und zu mal wieder zu mir holen, um ein paar schöne Stunden mit dir zu haben und dann wird es ganz sicher besser laufen als gestern Nacht. Ich bin überzeugt davon, dass Daiki es dir heute so richtig zeigen wird.“ Ich ließ den Kopf hängen damit war mein Schicksal besiedelt. Ich hatte verloren und das bedeutete: Dräsche. Dabei war ich mir jetzt schon sicher, dass ich so einen Fehler nie wieder begehen würde. ‚Wieso war ich nur so dumm?‘ Schnell wischte ich mir die Tränen aus den Augen. Ich durfte jetzt bloß nicht auch noch anfangen zu weinen.
 

Den Rest des Weges sagte niemand mehr etwas. Daiki machte uns sofort die Tür zu seiner Wohnung auf. Wir setzten uns ins Wohnzimmer und sofort fing mein Ziehvater an zu reden: „Und? Wie war er? Hat er sich benommen?“ Kenta kam gleich zur Sache: „Nein hat er nicht. Der Kleine war ganz schön frech und nun sieh dir das hier mal an.“ Er zeigte ihm seinen Finger. „Der Kleine hat mich gebissen und das richtig fest.“

„Er hat WAS?“ Daiki sah mich kalt an und deutete mir, dass ich zu ihm kommen sollte. Ich hatte Angst und tat keinen Schritt näher. „SHIN, DU KOMMST JETZT SOFORT HER! ABER FLOTT!“ Ich zuckte zusammen, bewegte mich dann doch vorwärts und kam vor Daiki zum Stehen. Er zog mich an sich heran und redete direkt in mein Ohr: „Du hast also nicht auf Kenta gehört und ihn obendrein auch noch gebissen, stimmt das?“

„Ja.“, flüsterte ich. „Wie bitte? Ich habe nichts gehört. Nochmal!“

„Ja.“, sagte ich lauter, aber immer noch unsicher. Daiki nickte: „Darüber reden wir gleich, mein Süßer.“ Ich schluckte. Kenta sah wieder zu meinem Ziehvater und grinste ihn an: „Du weißt schon, dass ich dir aus diesem Grund nicht alles bezahlen werde.“ Daiki nickte: „Das verstehe ich. Ist okay.“

„Gut. Dennoch gebe ich dir ein bisschen Geld, dafür, dass ich den Jungen haben durfte.“

„Danke. Ich hoffe auch, dass du ihn hart drangenommen hast.“

„Natürlich. Hier hast du das Geld. Ich werde mir den Kleinen in Zukunft trotzdem nochmal ausleihen. Vorausgesetzt er hört dann endlich auf mich.“

„Worauf du dich verlassen kannst.“ Kenta stand nun auf und streichelte mir mit einem breiten Grinsen durchs Haar: „Bis zum nächsten Mal.“
 

Als die Tür ins Schloss gefallen war, drehte sich Daiki wieder zu mir. Jetzt war ich dran! „WAS GLAUBST DU EIGENTLICH WER DU BIST!? Ich habe dich gewarnt, Shin, und nun bist du wirklich dran! Du hast es echt nötig, damit du mal wieder weißt, wer hier das Sagen hat!“

„Bitte, Daiki! Bitte nicht! Ich wollte das nicht. Ich bereue es.“, versuchte ich mich zu retten. „HALT DIE FRESSE!“ Schon hatte Daiki ausgeholt und mir eine schallende Ohrfeige verpasst, die es in sich hatte. Noch nie hatte sich meine Gesichtshälfte so taub angefühlt. So einen Schlag hatte ich noch nie abbekommen.
 

Als nächstes zog mich mein Peiniger auch noch an meinen Haaren nach oben. „Dir wird‘ ich’s zeigen, Junge!“ Nun war auch meine andere Gesichtshälfte dran. „So, und wenn du denkst, das war alles, dann hast du dich geschnitten, Freundchen.“
 

Noch nie hatte ich Daiki so wütend erlebt. Verzweifelt versuchte ich mich zu verteidigen: „Bitte Daiki, bitte, es tut mir leid. Ich mach‘ es wieder gut, aber tu mir nichts, bitte.“ Als Antwort erhielt ich nur ein fieses Grinden. Dann wurde ich auf den Boden geschmissen und an die Wand gedrückt. Am liebsten wäre ich einfach darin verschwunden, denn nun wurde ich pausenlos, mit voller Wucht, mit einem Gürtel verprügelt.
 

Immer wieder schlug Daiki auf mich ein und ich schrie. Besonders als die Schnalle meine nackte Haut traf. „Dir zeig‘ ich’s!“, war alles was ich hörte. Ich konnte mir nur noch die Hände vors Gesicht halten, eine andere Art der Verteidigung war mir nicht mehr möglich.
 

Doch dann schien es endlich aufzuhören. Aber da hatte ich mich geschnitten. Wieder zog mich Daiki an meinen Haaren nach oben und schlug auf mich ein. Aus Reflex hob ich meine eigenen Arme nach oben und schlug jene meines Gegenübers zur Seite. Ich nahm eine Verteidigungsposition ein, in der ich meine Hände zu Fäusten ballte. „So, du willst mich also schlagen? Du erhebst deine Hand gegen mich? Na warte, das wird dir noch leid tun!“ Daiki schliff mich in die Küche. Ich ahnte Schlimmes.
 

Und damit sollte ich recht behalten. Das was er nun mit mir vorhatte, konnte ich mir schon denken. „Bitte nicht! Nein!“, schrie ich und versuchte meine Tränen zu unterdrücken. „Oh doch! Du wirst lernen, nicht noch einmal deine Hand gegen mich zu erheben.“ Ich wurde leicht hysterisch und versuchte mich mit aller Kraft loszureißen, aber das brachte nichts, denn ich war zu schwach. Nun griff Daiki mein Handgelenk und legte meine linke Hand auf die heiße Herdplatte. „NEIN, BITTE NICHT! ICH MACH WAS DU WILLST, ABER BITTE LASS MICH!“, schrie ich vor Angst. Ich schrie so laut auf wie ich konnte. Meine Hand fühlte sich an als würde sie verbrennen. Meine Reflexe baten mir an, die Hand einfach wegzuziehen, aber Daiki hatte sie fest im Griff. Tränen schossen mir in die Augen, ich brüllte so laut ich konnte.
 

Endlich hatte Daiki mich losgelassen. Sofort lief ich zum Wasserhahn und kühlte meine Hand. Sie war nicht mehr nur rot, eine riesige Brandblase hatte sich gebildet, doch auch die Haut darunter war verbrannt. Selbst das kühlende Wasser tat scheiße weh, aber ich wusste, dass es den Schmerz irgendwie lindern würde. Daiki machte die Herdplatte wieder aus, fasste mir unters Kinn und zog meinen Kopf zu sich ran. „Ich hoffe, du hast daraus gelernt.“, sagte er drohend und verließ die Küche.
 

Ja, ich hatte daraus gelernt. Und wie! Mir liefen immer noch die Tränen, aber das war mir egal. Jeder der dies erlebt hatte würde den Schmerz verstehen können. Glücklicherweise hatte es nur eine Hand erwischt und nicht auch noch die andere.
 

Es waren schon einige Minuten vergangen, als ich die Hand aus dem Wasser zog. Doch sofort fing sie wieder an zu brennen und ich legte sie gleich wieder hinein. ‚So eine Scheiße! Hier komme ich nicht wieder so schnell weg.‘ Ich setzte mich auf die Arbeitsfläche und sah meine tiefrote, geschwollene, mit Brandblasen versehene Hand an. Furchtbar sah das aus! Und genauso fühlte es sich auch an.
 

Über eine Stunde lang wechselte ich das Wasser immer wieder, damit es schön kühl blieb. Als ich es einigermaßen aushalten konnte, ließ ich das ganze Wasser dann ab und verließ die Küche. Eigentlich musste ich dringen zum Arzt, aber das durfte ich mit Sicherheit nicht. Ich hatte schon seit meiner frühesten Kindheit keinen Arzt mehr gesehen. Daiki erblickte mich sofort und sah mich an: „Na auch mal wieder da. Ich bin jetzt weg. Komme heute Nacht, oder morgen früh wieder. Also sei schön brav, sonst ist deine andere Hand auch noch dran.“ Ich nickte. Dann erhielt ich einen Kuss und endlich war der Kerl weg. Ich fasste den Entschluss auch nach Draußen zu gehen und ein wenig frische Luft zu schnappen, aber zuerst einmal lief ich ins Badezimmer und wusch mein Gesicht, nur mit der rechten Hand. Das sah scheußlich aus, so viel wie ich geweint hatte. Niemand sollte mich auf der Straße so sehen. Dann schnappte ich mir die Schlüssel und lief davon.
 

Am Tag war hier im Viertel nicht viel los. Erst am Abend erwachte es zum Leben, deshalb rechnete ich nicht damit, jemandem der mich kennt über den Weg zu laufen. Ganz in Gedanken bekam ich gar nicht mit, dass ich auf einmal in jemanden hineinrannte. Ich fiel auf den Boden und blickte hinauf. „Oh, tut mir leid, Shin. Hast du dir weh getan?“, fragte eine mir bekannte Stimme „Isamu? Was.....?“ Er half mir erst einmal auf und dann redete ich weiter: „Was machst du denn hier? Es ist doch noch nicht Abend.“

„Das nicht, aber ich muss doch auch mal etwas essen, findest du nicht?“, grinste er. „Ja, du hast recht.“, grinste ich zurück. Sein Blick fiel auf meine Hand. „Aber, Shin, was hat du denn da gemacht?“ Bevor ich etwas sagen konnte, hatte er meine Hand ganz behutsam gepackte und sah sie sich an. Das sieht ja schlimm aus. Und du hast sicher geweint. War das Daiki?“ Ich nickte. „Los, komm mit!“ Isamu griff meine andere Hand und lief mit mir los. „Wohin gehen wir?“, fragte ich. „Zu mir nach Hause. Dort kümmer ich mich um deine Verletzung.“ Ich nickte einfach und folgte ihm.
 

Nach fünf Minuten waren wir schon bei ihm in der kleinen Wohnung. Er schob mich auf direktem Wege ins Badezimmer und setzte mich dort auf dem Toilettendeckel ab. Dann holte er Salbe und einen Verband heraus. „Was willst du machen?“, fragte ich ihn interessiert, obwohl es ja offensichtlich schien. „Ich helfe dir und sorge dafür, dass deine Schmerzen etwas gelindert werden.“ Ich nickte wieder, während Isamu meine Hand wieder einmal begutachtete. „Damit sollte man eigentlich zum Arzt gehen, aber in deinem Fall ist das ja nahezu unmöglich. Ich denke mal, es wird auch so verheilen, aber es wird sicher noch ein paar Tage wehtun.“ Wieder kam nur ein nicken von mir. „Okay, dann los.“ Isamu schmierte meine Hand mit der Salbe ein und ich hätte sie am liebsten gleich wieder zurückgezogen, so weh tat es, doch er hielt mich eisern fest. „Lass mich los! Das tut weh! Hör auf!“, rief ich. Er sagte nichts und machte einfach weiter. Ich versuchte nun, mich mit einem Ruck loszureißen. „Shin! Halt still! Ich weiß, dass es weh tut, aber anders wird es nicht besser.“ Ich wischte mir kurz über die Augen. „Aber es tut weh.“, jammerte ich wie ein kleines Kind. „Das kann ich mir denken, aber anders wird es nie besser.“

Ich hielt nun still und biss die Zähne zusammen. Er hatte ja Recht.
 

Als meine Hand dann fertig eingecremt war und Isamu alles wieder aufgeräumt hatte, kniete er sich vor mich und nahm mich in den Arm. „Tut mir wirklich leid, ich wollte nicht so laut werden.“, versuchte er mich zu beruhigen und strich mir die Tränen aus dem Gesicht. „Schon okay, nicht so schlimm.“

„Tut dir sonst noch etwas weh?“, fragte er mich. Ich nickte: „Irgendwie fast alles.“

„Darf ich es mir mal ansehen?“ Von mir kam wieder nur ein nicken. Zusammen zogen wir mein T-Shirt hoch und lauter blaue Flecken kamen zum Vorschein. „Oh mann, Kleiner, was hat er dir bloß angetan?“
 

Mir kamen wieder die Tränen. Isamu cremte mich von oben bis unten ein und das erinnerte mich an damals, als Papa mich immer so eingecremt hatte, wenn es Ärger vom Boss gab. „Hey Kleiner, nicht weinen.“, hörte ich nun. Ich ließ ihn weitermachen, ließ mir helfen mein T-Shirt wieder anzuziehen und sagte einfach nichts mehr, blieb stumm. Tatsächlich linderte die Salbe meine Schmerzen. Das tat gut. Dann bekam ich noch ein Kühlpack für meine Wangen und wir setzten uns ins Wohnzimmer. Isamu sah mich besorgt an: „Also, Shin, bitte sag mir was passiert ist. Was hat er mit dir gemacht und wieso?“ Ich atmete einmal tief durch und begann zu erzählen: „Nun, das war so.....“
 

Uns so erzählte ich Isamu alles bis ins tiefste Detail. Als ich fertig war, ließ ich mich einfach ins Sofa sinken. „Kleiner, das tut mir so leid.“, sagte er mitfühlend. „Aber du weißt doch wie er ist. Warum musstest du denn ausgerechnet zubeißen?“

„Ich weiß es nicht.“, sagte ich und schüttelte schluchzend den Kopf. Isamu nahm mich in den Arm. Ich genoss dieses warme Gefühl. Seitdem Papa weg war hatte ich es nicht mehr gespürt. Es tat gut. Aber ich vermisste Papa so sehr. „Ruh dich etwas aus. Du darfst gerne so lange hierbleiben bis Daiki wieder kommt. Bis dahin ist es ja noch eine Weile hin. „Okay.“

„Bist du müde?“

„Ja, etwas.“

„Sollen wir uns hinlegen?“ Ich nickte und so gingen wir in sein Schlafzimmer und legten uns gemeinsam ins Bett. Ich hatte keine Angst, dass er mich anfasst, nein, er würde mich nie zu etwas zwingen. Deshalb kuschelte ich mich an ihn und spürte, wie er mir durch die Haare streichelte. Wieder erinnerte es mich an Papa und ich fing an zu Weinen. „Hey, was ist denn?“

„I..... i..... ich vermisse meinen Papa. Er hat mich auch immer so gestreichelt.“

„Ach, mein Kleiner, es wird alles gut. Ganz sicher.“ Ich nickte. Isamu wusste alles über meinen Vater und darüber wer mein Opa war. Aber er würde es niemals weitersagen, ganz bestimmt nicht, schließlich wusste er es schon seit drei Jahren. „Versuch etwas zu schlafen.“, riet er mir.
 

Ich schloss meine Augen und war einfach nur froh, dass ich in Isamu so etwas wie einen großen Bruder, oder Vaterersatz gefunden hatte, obwohl er noch so jung ist. Nach ein paar Minuten war ich dann fest eingeschlafen, heilfroh, dass ich nicht bei Daiki war.

Was machst du hier?

Ich wachte erst wieder auf, als ich von Isamu geweckt wurde. „Na, mein Kleiner? Wieder wach?“, lächelte er mich an. Verschlafen sah ich zu ihm und wischte mir über die Augen. „Naja, noch nicht so ganz.“, lächelte ich zurück. Isamu nickte: „Ich hätte dich gerne noch länger schlafen lassen, aber ich muss jetzt los und denke, dass es auch für dich besser wäre, wenn du zurückgingest. Es ist schon 23 Uhr.“

„Ja, du hast recht.“, murmelte ich. Ich hatte überhaupt keine Lust wieder zurück zu Daiki zu gehen. Langsam stand ich auf, ging mit Isamu in den Flur und zog meine Schuhe und die Jacke an, bevor wir uns auf den Weg nach draußen machten. Leider mussten wir uns nach zehn Minuten schon verabschieden, da er woanders lang musste.
 

„Also dann, Kleiner, Kopf hoch. Und du kannst jederzeit gerne auch mal so vorbeikommen.“

„Ja, danke, Isamu. Und danke für die Hilfe.“, lächelte ich. „Ach, schon okay. Halt deine Hand einfach für ein paar Tage ruhig und lass den Verband drum. Dann wird es sicher besser.“

„Okay, danke nochmal.“ Ich ging langsam an ihn heran und kuschelte mich zum Abschied an ihn. Isamu nahm mich fest in seine Arme uns gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Pass gut auf dich auf, mein Kleiner.“ Ich nickte: „Du auch.“ Noch einmal drückten wir uns und dann ging jeder seinen eigenen Weg.
 

Als ich wieder in Daikis Wohnung war, stellte ich fest, dass alles ruhig war. Ein Glück, dass er nicht da war. So lief ich schnell in die Küche, schmierte mir ein Brot und lief dann in mein Zimmer, wo ich mich, bis auf die Boxer-Shorts, auszog und schnell einschlief.
 

Erst am nächsten Morgen wurde ich wieder wach und schaute auf die Uhr, deren Anzeige auf 10:00 stand. Ich streckte mich noch einmal, schnappte mir meine Sachen, lief ins Badezimmer und duschte. Daiki war sicher auch wieder da, aber der pennte bestimmt noch. Fertig angezogen, ging ich in die Küche. Der Anführer des Viertels war auch schon wach. Er saß dort am Tisch und las Zeitung. Ich trat näher an ihn heran und schon sah er zu mir auf.
 

„Ach, auch mal wach?“ Ich nickte und setzte mich ihm gegenüber. „Ich habe etwas mit dir zu besprechen, also hör mir gut zu! Ich werde für ein paar Tage weg sein. Frag nicht warum, ich hab halt zu tun. Du wirst hier bleiben. Aber denk ja nicht, dass du dir ein paar freie Tage machen kannst! Sobald ich heute Mittag weg bin, wirst du für mich jeden Abend auf der Straße anfangen. Du weißt ja wie das geht. Hast es ja schon oft genug gesehen. Solange ich weg bin bleibst du auf dem Strich. Da wirst du sicherlich mehr Geld einbringen als jemals zuvor. Aber wehe ich höre Klagen! Du weißt, ich bekomm alles raus. Auch wenn du gar nicht erst hingegangen bist.“ Ich nickte. Auch wenn ich ein bisschen entsetzt war. Man weiß ja nie, wer einem alles am Straßenrand so begegnen konnte. Bisher hatte Daiki die Typen für mich immer angeschleppt und kontrollieren können. „Na gut. Da das jetzt also geklärt ist, möchte ich selbst noch ein bisschen Spaß mit dir haben.“ Ich schluckte. Das musste ja jetzt nicht auch noch sein. Aber ich gehorchte und folgte ihm brav in sein Zimmer. Plötzlich packte er mich an der Hand. „Na? Tut es noch weh?“, grinste er. „Ja, aber nicht mehr ganz so schlimm.“

„Okay. Aber du weißt ja: Das warst du selbst schuld.“

„Ja, ich weiß.“, flüsterte ich. Was war nur aus mir geworden, dass ich mir nun die Schuld daran geben musste, wenn jemand mir mit Absicht die Hand verbrennt? „Also dann, los.“
 

Daiki war gleich zur Sache gekommen, aber schnell wurde es Zeit für ihn zu gehen. Er machte sich noch einmal im Badezimmer frisch, packte seine Sachen und verließ das Haus. „Du weißt Bescheid, um 22 Uhr beginnt deine Schicht.“ Ich nickte. Dann gab er mir noch einen letzten Kuss auf die Stirn und verschwand. Endlich! Eine Woche lang würde er nun weg sein! Würde ich nicht auf der Straße arbeiten müssen, hätte ich jetzt meine Ruhe. Ich seufzte. Am liebsten würde ich einfach die ganze Woche hier drinnen bleiben, aber ich war mir sicher, dass Daiki schon seine Aufpasser losgeschickt hatte. Mir blieb also gar nichts anderes übrig, wenn ich nicht noch mehr Ärger, oder gar eine verbrannte Hand mehr haben wollte.
 

Als um 22 Uhr der Wecker klingelte, hatte ich mich für ein paar Stunden aufs Ohr gehauen. Doch nun musste ich ran. Ich sprang unter die Dusche, zog mir eine dunkelblaue Jeans und ein schwarzes Hemd an, dazu Jacke und passende Schuhe und schon verließ ich das Haus. Um etwas Gesellschaft zu haben, gesellte ich mich zu Isamu, der einen guten Stammplatz hatte. „Hey, Isamu!“

„Shin? Jetzt schon? Der verlangt doch nicht ernst, dass wir um die Uhrzeit schon genug Geld zusammen haben.“

„Nein, das ist es nicht. Ich muss heute auch für ihn ran.“

„Was? Aber das kann doch nicht sein Ernst sein?“ Isamu war entsetzt. „Doch ist es, leider.“, seufzte ich. „Ich kann es einfach nicht glauben. Du bist ein Kind. Das ist viel zu gefährlich!“

„Ja, schon, aber mich zu anderen Leuten bringen, mit denen ich schlafen soll ist auch nicht gerade harmlos.“

„Ja, da hast du recht. Trotzdem finde ich es nicht gut.“

„Glaubst du ich? Aber ich kann es ja eh nicht ändern. Nochmal wehre ich mich sicher nicht gegen ihn.“ Isamu war generell sehr von all dem abgeneigt, was Daiki mir antat. Er konnte sich wohl gut in mich hineinversetzen. Ich glaube, er war selbst nicht froh darüber hier zu sein. „Aber Shin, habe ich dir nicht gesagt, du sollst den Verband drum lassen?“

„Ja schon, aber es tut nicht mehr so weh. Ich will mal ein bisschen Luft dran lassen.“

„Na schön, wenn du meinst.“

„Ähm darf ich hier bei dir stehen bleiben?“, fragte ich leise. Isamu nickte. So standen wir nebeneinander und unterhielten uns, bis das erste Auto vorbeifuhr und anhielt. Isamu lief schnurstracks drauf zu: „Na, Süßer, darf ich dir die Nacht verschönern?“ Der Typ im Auto nickte grinsend. Schon saß Isamu in seinem Wagen und die beiden fuhren davon. Ich blieb allein zurück.
 

Doch es dauerte nicht lange, nur etwa fünf Minuten, da kam ein weiteres Auto. Ich lief zielsicher drauf zu und brachte den selben Spruch, den ich mir zuvor bei Isamu und den anderen abgeguckt hatte. Der Mann im Auto sprach drauf an und nun saß ich aufgeregt das erste Mal in einem fremden Auto. „Bist du neu, Junge? Ich habe dich hier noch nie gesehen?“, fragte der Fahrer neugierig. „Naja, das ist mein erste Mal auf der Straße. Sonst hat mich mein Chef immer zu Leuten nach Hause gebracht.“

„Aha. Und wie alt bist du, wenn ich fragen darf? Zehn? Elf?“

„Ich bin 13.“

„Mhm süß bist du ja. Dass ich sowas Junges bekomme ist echt ein Glück. Was nimmst du denn so?“, wurde ich gefragt. Zum Glück kannte ich Daikis Preisliste in und auswendig. Der Typ nickte zustimmend: „Na dann nehme ich doch gleich mal alles.“
 

Nun nahm ich mir die Zeit, mir den Typen mal genauer anzusehen. Er hatte dunkle Haare, ähnlich seiner Augenfarbe. Dabei trug er einen Anzug. Man sah sofort, dass er Geld hatte, allein schon an seinem Auto. An seiner Hand trug er einen Ring und als ich auf die Rückbank blickte, sah ich einen Kindersitz. Er musste also verheiratet gewesen sein. So etwas ist echt schockierend, aber eigentlich nicht neu. Die meisten hier hatten Familie und kamen bloß, um sich auszutoben und endlich zu bekommen was sie wollen.
 

Zehn Minuten später hielten wir an einem heruntergekommenen Hotel an. Hier würde niemand ein Wort darüber verlieren, dass ein Kind mit einem fremden Erwachsenen auf ein Zimmer geht. Wir bezahlten im Voraus und bekamen im Gegenzug den Schlüssel. Der Mann schloss unsere Tür auf und sah mich an. „Du bist richtig süß. Was für Augen. Wem du gehörst, der hat wahnsinniges Glück.“

„Ich gehöre niemandem.“

„Wie du meinst, Kleiner, aber für ein paar Stunden bist du mein. Ich brauche jetzt etwas Spaß, aber mit so etwas Süßem wie dir, werde ich den ganz sicher haben. Du musst wissen, dass meine Frau mir auf Dauer einfach zu langweilig wird und seitdem unser Kind da ist wird es auch immer weniger.
 

Nach zwei Stunden hatte er endlich genug. Und wir liefen zurück zum Auto. Der Kerl fuhr mich zurück dorthin wo er mich her hatte. „Du warst gut, kleiner. Mal sehen, wenn du wieder mal hier stehst, denke ich, nehme ich dich nochmal. Hier ist das Geld.“ Ich nickte, nahm das und steigen, aus dem Wagen. Ich sah mich um, suchte nach Isamu, aber der war nicht hier. Hatte vermutlich schon den nächsten Klienten. Ich beschloss nach Hause zu gehen, denn für heute hatte ich ordentlich viel eingenommen. Zurück in der Wohnung legte ich das Geld ab, zog mich aus, ging duschen und danach ins bett, wo ich schnell einschlief.
 

In der nächsten Nacht hatte ich nicht so viel Glück. Ich musste mindestens so viel einzunehmen wie am Vortag. Ich stand nach meinem ersten Auftrag also nun allein auf der Straße. Isamu war bereits wieder in das nächste Auto verschwunden. 20 Minuten waren vergangen, in denen ich ganz alleine war. Doch dann kam mir ein Auto entgegen und hielt an. Ich lief drauf zu und als der Fahrer das Fenster runter kurbelte konnte ich es kaum glauben. „Shin? Was, aber? Was machst du denn hier? Ich dachte.....?“

„Shinichi!? Aber wieso?“

Du kannst bei uns bleiben

„Was, aber? Shinichi? Was machst du denn hier?“ Ich konnte es einfach nicht glauben. Vor mir war doch tatsächlich Shinichi Kudo aufgetaucht. Nur, was machte er in solch einem Viertel wie diesem? Ob er sich hier auch seinen Spaß holen wollte? Doch das konnte ich mir nicht vorstellen. Shinichi war nicht so. Oder doch? Nein, er nicht. Außerdem hatte er doch auch Ran. Zumindest ging ich mal davon aus.
 

Shinichi sah mich immer noch mit großen Augen an, bis er aus dem Auto stieg und auf mich zu kam. Er fasste mir an die Schulter, ging in die Hocke und sah mich genau an. „Shin, Kleiner, was tust du denn hier? Sag nicht, dass du.....“ Ich ließ den Kopf hängen und antwortete nichts. Mir war das Ganze mehr als peinlich. Natürlich war ich froh, Shinichi mal wieder zu sehen, aber nicht hier. „Hey Shin, sieh her. Das muss dir nicht peinlich sein. Ist schon okay. Du kannst sicher nichts dafür. Aber was ist denn bloß passiert, dass es dazu kommen konnte? Und wo ist dein Vater? Ich dachte, ihr wäret damals zusammen geflüchtet.“ Ich schüttelte den Kopf: „Nein, das war leider nicht so.“ Shinichi nickte und streichelte mir kurz durchs Haar, dann richtete er sich auf. „Shin, willst du nicht mitkommen und mir sagen was passiert ist?“ Ich schüttelte wieder den Kopf. „Wieso denn nicht, kleiner? Du brauchst doch vor mir keine Angst zu haben. Ich tu dir garantiert nichts.“

„Ich weiß und ich habe auch keine Angst vor dir. Nur, ich kann hier nicht so einfach weg. Das gibt riesigen Ärger.“

„Mach dir keine Sorgen, kleiner. Ich pass schon auf dich auf und….. Ach, weißt du was? Komm einfach mit mir mit. Wenn du später immer noch zurück willst, dann gebe ich dir auch ein bisschen Geld mit, damit es so aussieht, als wenn du bei einem Kunden gewesen wärst. Was sagst du?“ Ich nickte. Shinichi zu sagen, dass ich eigentlich kein Stricher war würde er mir sicherlich nicht glauben. Das hatte er sicher schon längst herausgefunden, was man ihm an seinem Gesichtsausdruck ansah. „Okay, ich komme mit.“
 

Shinichi nickte und machte die Tür zu seinem Wagen auf. Ich setzte mich gleich hinein. Shinichi musste einmal ums Auto herumlaufen, bis er sich auf den Fahrersitz setzte und losfuhr. Ich sah ihn an. Er hatte sich ein Wenig verändert. Noch ein bisschen war er gewachsen, die Haare etwas länger und er trug eine schwarze Hose und ein weißes Hemd. Ich glaube, er müsste jetzt sicher so 23 Jahre alt sein. Mein Blick fiel als nächstes auf den Ring an seinem Finger. Er musste also verheiratet sein. Shinichi schien meinen Blick bemerkt zu haben und lächelte mich an. „Schöner Ring, nicht wahr? Ran und ich sind nun seit einem Jahr verheiratet.“

„Das habe ich mir schon gedacht.“, lächelte ich ihn an. „Aber nun denn. Erzähl mir: Was ist damals passiert?“ Ich atmete einmal tief durch und fing dann schweren Herzens an mich zu erinnern: „Es war so: Nachdem mein Onkel dich niedergeschlagen hatte und mein Vater den Brief für dich fertig hatte, sind wir alle zusammen abgehauen. Ich dachte, dass wir gemeinsam im Ausland ein neues Leben anfangen würden, aber dem war nicht so.“ Ich wischte mir kurz über die Augen, da mir schon wieder die Tränen kamen. „Weißt du, mein Vater er hat später in einer leeren Gasse angehalten und wir sind ausgestiegen. Ich habe ihn die ganze Zeit gefragt, warum Onkel Wodka geweint hatte, aber er hat mir nicht geantwortet. Onkel Wodka hat mich gestreichelt und ist dann zurück ins Auto. Dann hat Papa mich in den Arm genommen und mir erklärt, dass er mich nicht mitnehmen könne, aber alles gut würde und wir uns eines Tages wiedersehen. Und dann bin ich in Ohnmacht gefallen.“ Ich seufzte. „Erst am nächsten Tag bin ich wieder zu mir gekommen und da lag neben mir ein Brief. Papa hat geschrieben, dass es ihm leid tat. Er würde jahrelang auf der Flucht sein, was nicht gut für mich wäre. Er wollte mir das nicht antun. Ich sollte aber zur Polizei gehen und denen Bescheid sagen, damit ich in ein Heim komme, oder in eine nette Pflegefamilie.“

„Aber du bist nicht zur Polizei gegangen, sonst wärst du jetzt nicht hier.“, unterbrach mich Shinichi. Ich nickte: „Ich bin erst die ganze Zeit durch die Stadt gelaufen, bis ich in dieses Viertel kam was ich nicht kannte. Ich habe mich fix und fertig in eine Gasse gesetzt und dann war da plötzlich ein Mann, der mir seinen Mantel umgelegt hatte und mich gefragt hat, was ich denn da mache. Ich habe ihm alles erzählt. Er hat mir angeboten bei ihm zu wohnen und ich bin mitgegangen. Am Anfang war er auch noch ganz nett, aber dann hat er sein wahres Gesicht gezeigt. Seitdem muss ich alles tun was er von mir verlangt: Drogen besorgen, die er vertickern kann, mit anderen Leuten schlafen.“ Ich merkte, dass mir wieder die Tränen kamen und wischte sie schnell weg. Shinichi sah mich traurig an: „Das tut mir so leid. Wenn ich das gewusst hätte, dass dein Vater dich allein gelassen hat, dann hätte ich nach dir gesucht. Es tut mir leid.“ Ich schüttelte den Kopf: „Schon okay. Woher hättest du es wissen sollen?“ Shinichi nickte: „Weißt du, als wir damals die Organisation zu Fall gebracht hatten, gab es keine Spur von deinem Vater. Die Mitglieder mit den niederen Rängen hatten keine wichtigen Informationen für uns und alle hochrangigen Mitglieder konnten abhauen. Bis heute weiß niemand wohin.“

„Tut mir leid, ich auch nicht. Ich denke mal, dass sie alle ins Ausland geflüchtet sind. Bestimmt haben sie auch ihr Aussehen verändert.“ Shinichi nickte: „Sicher. Der Boss muss damals Bescheid gewusst haben und hat dann die anderen gewarnt.“ Ich stimmte zu: „Ja, mein Vater hat damals den Boss angerufen und ihm von der Gefahr erzählt. Auch wenn Papa ihn nie leiden konnte, hatte er dem Boss einiges zu verdanken. Er hat ihn damals von der Straße geholt und sich um ihn gekümmert. Er war damals erst 14. Außerdem hätte er ohne ihn nie meine Mutter kennengelernt und dann wäre auch ich nie geboren worden.“

„Okay, ich verstehe. Aber das ist ja nun vorbei. Die Organisation gibt es nicht mehr.“

„Ja, das stimmt.“
 

Ich sah aus dem Fenster: „Ähm, Shinichi, wo fahren wir hin?“

„Zu mir nach Hause. Ran fragt sich bestimmt schon wo ich denn bleibe. Keine Angst, sie wird froh sein dich wiederzusehen. Sie hat sich oft Gedanken um dich gemacht. Und nicht nur sie. Alle haben es.“

„Echt?“ Irgendwie freute ich mich das zu hören. „Ja, echt.“ Ich lächelte: „Aber sag mal, Shinichi, wissen jetzt alle dass du mal Conan warst und Shiho Ai?“

„Ja, wir haben es ihnen damals gesagt. Alle waren erst geschockt und besonders Ran war ziemlich sauer auf mich. Sie hat mir dann aber verziehen. Wir haben ihnen außerdem erzählt, dass du Gins Sohn und der Enkel des Bosses bist. Auch wenn sie darüber schockiert waren, haben sich trotzdem alle gefragt, wie es dir wohl ginge.“

„Haben sie mich vermisst?“

„Oh ja, besonders die Detective Boys. Egal wer dein Vater, oder dein Opa war, du warst immer ihr Freund gewesen und sie sehen dich immer noch als solchen.“ Ich nickte glücklich und den Rest der Fahrt blieb es still.
 

Zu Hause bei Shinichi und Ran, stiegen wir sogleich aus dem Auto und liefen in die große Villa der Kudos. Als wir vor der Tür standen, vernahmen wir von drinnen ein paar Stimmen. Ran musste also besuch haben. Shinichi sah mich lächelnd an und nickte mir zu. Ich atmete noch einmal tief durch und dann traten wir ein und liefen geradewegs in Wohnzimmer, von wo aus wir die Stimmen gehört hatten.
 

Dort angekommen wurde es plötzlich ganz ruhig. Ran stand auf und sah mich überrascht an. „Shin? Shin, Kleiner, bist du das?“ Ich nickte: „Ja, ich bin es. Hallo alle zusammen!“ Ran kam nun auf mich zugelaufen, kniete sich hin und drückte ich so fest an sich, dass ich fast keine Luft mehr bekam. „Shin, du bist es wirklich? Aber was?“ Ran ließ mich wieder los und sah mich an: „Was ist mit dir passiert?“ Shinichi sprach für mich: „Ich glaube, dass sollten wir nachher besprechen.“ Ran nickte und nun fielen mir auch die Anderen auf. Es waren Ayumi, Genta, Mitsuhiko, Agasa, Shiho und Kogoro. Sogleich kamen sie auf mich zu und Ayumi war die Erste, die mich umarmte. „Shin, du bist wieder da! Wir haben dich so vermisst.“
 

Alle nahmen mich in den Arm, sogar Kogoro. Nur Shiho hielt Abstand, aber das war schon okay für mich. „Sagt mal, was macht ihr alle hier?“, wollte Shinichi wissen. Ran erklärte es ihm: „Nun, Ayumi und die anderen kamen her, um mich etwas zu fragen, Agasa wollte dich sprechen und Paps kam einfach so vorbei.“ Shinichi nickte: „Möchtest du etwas trinken, Shin?“

„Ja bitte.“, antwortete ich. „Okay.“ Ran lächelte, lief in die Küche und kam mit einem Glas Cola zurück. Indessen hatten wir uns hingesetzt. Ich bedankte mich für das Getränk und trank sofort alles aus. Nun stellte Ran wieder die Frage, die sie seit vorhin brennend interessierte: „Also, Shin, was ist passiert? Wo hat Shinichi dich gefunden?“

„Ähm nun.“ Ich sah zu Shinichi, welcher mir zunickte und eingriff: „Es ist besser, wenn ich euch das alles erzähle. Natürlich nur, wenn Shin damit einverstanden ist.“

„Ist okay, erzähl es ihnen ruhig.“, stimmte ich zu.
 

Und so begann Shinichi alles zu erzählen, was er zuvor von mir erfahren hatte. Ich starrte die ganze Zeit auf den Boden. Mir war das Ganze so peinlich. Ich merkte, dass die anderen mich immer wieder ansahen und wie sie ab und zu tief Luft einsogen. Als Shinichi dann fertig war, kam Ran wieder auf mich zu und nahm mich in den Arm: „Oh, Shin, das tut mir alles so leid für dich. Was du alles in der schlimmen Zeit erlebt hast.“ Ich sagte nichts dazu und sah langsam wieder auf. ‚Ob mich nun alle ekelig finden? Ob sie nichts mehr mit mir zu tun haben wollen?‘ Aber in den Gesichtern der Anderen sah ich nur tiefe Traurigkeit und Mitgefühl.
 

Als Ran mich wieder losließ, sprach Shinichi weiter: „Also, Shin. Ich bin mir sicher, dass du nicht mehr dorthin zurück willst, oder?“

„Ich schüttelte den Kopf: „Nein, ganz bestimmt nicht. Aber Daiki wird mich suchen.“

„Ist es der, der dich damals mitgenommen hat? Der Anführer des Viertels?“

„Ja, das ist er. Er ist im Augenblick für ein paar Tage nicht da, aber wenn er zurückkommt und herausfindet, dass ich weg bin, dann wird er das ganze Viertel auf mich hetzen und die tun garantiert alles was er sagt.“ Shinichi nickte bestimmt: „Du bist nicht der Einzige, der es mit Männern tun musste, oder?“

„Nein, es sind noch einige Mädchen und Jungen zwischen 18 und 25. Aber auf mich würde er nie verzichten wollen, da ich erst 13 bin und die ganzen Perversen auf so etwas stehen. Ich bringe mit am meisten Geld ein, deshalb bin ich unverzichtbar.“

„Aber wenn wir Daiki festnehmen lassen? Genug beweise haben wir ja.“, fragte Shinichi. „Mhm….. ich weiß nicht.“ Ich klang überhaupt nicht überzeugt, denn ich hatte ziemliche Angst vor dem was Daiki mit mir anstellen könnte. Shinichi munterte mich wieder auf: „Du brauchst keine Angst zu haben, Shin. Es wird nichts passieren.“

„Na schön, okay.“, willigte ich zögerlich ein. „Gut, kannst du uns mehr Informationen über diesen Daiki geben? Wie sein Nachname lautet, zum Beispiel?“ Ich schüttelte den Kopf: „Das weiß ich nicht. Aber ich kann euch sagen wo er wohnt und ich weiß, dass er in ein paar Tagen wieder zurück sein wird.“

„Alles klar. Dann gehen wir mit den Informationen zur Polizei. Die nimmt diesen Kerl dann fest, sobald er wieder zurückkommt.“

„Okay, aber was wird dann aus mir? Ich komme doch sicherlich in ein Heim und das will ich nicht.“
 

Shinichi und Ran sahen sich an und stimmten sich scheinbar wortlos ab. Ran nickte, dann drehten sie sich zu mir um und fragten: „Möchtest du gerne hier bei und bleiben?“

„Wie? Was?“ Ich konnte nicht glauben was ich da hörte. Sie nahmen mich bei sich auf? Auch die Anderen staunten nicht schlecht. „Ja, Shin. Du darfst bei uns bleiben. Wir kriegen das schon irgendwie geregelt.“

„Ich weiß nicht…..“, stammelte ich: „Ich bin doch schmutzig. All die Sachen, die ich getan habe.“

„Sag sowas nicht! Du bist nicht schmutzig! Für all das was passiert ist kannst du nichts und wir nehmen dich gerne bei uns auf.“, kam es von Ran. Mir wurde warm ums Herz: „Vielen Dank! Ich würde wirklich gerne bei euch bleiben.“ Ran lächelte und alle taten es ihr gleich. „So, und nun? Möchtest du etwas essen, Shin? Du siehst du aus, als könntest du etwas gebrauchen.“ Ich sah Ran glücklich an: „Ja gerne.“

„Gut, dann mache ich dir eine Pizza.“ Eilig stand Shinichis Freundin auf und lief in Küche, wo sie den Ofen anmachte.
 

Als die Pizza fertig war, fing ich sofort an zu essen. „Du hast aber großen Hunger!“, meinte Genta. Er hatte sich nicht verändert und wollte wahrscheinlich auch nur etwas abhaben. „Naja, weißt du, ich bekomme nicht immer etwas. Nicht wenn ich Hunger habe und auch nicht zu festen Tageszeiten.“

„Oh, ach so.“, kam es bedrückt von den anderen, die sich gegenseitig ansahen, um festzustellen, dass sie mich nicht allein bemitleideten.
 

Dann begann Ayumi ein neues Thema anzuschlagen: „Du, Shin. Also darf ich dich etwas fragen? Wegen deinem Vater.” Ich sah zu ihr auf: „Ja, okay.”

„Es ist nur ich habe ihn zwar nur einmal gesehen, aber da kam er mir richtig nett vor. Ich kann immer noch nicht glauben, dass er ein eiskalter Killer in einer Verbrecherorganisation gewesen sein soll.“
 

Bevor ich darauf antworten konnte, mischte sich Shiho mit ein: „Klar, was dachtest du denn, Ayumi? Ich habe dir doch damals schon erklärt, dass die ganze Organisation aus kaltherzigen Killern besteht. Wir können froh sein, dass sie alle abgehauen sind, obwohl es gerechter gewesen wäre, wenn sie jetzt im Knast versauern. Besonders Shins Vater, dieser.....!“

„DAS REICHT JETZT!“ Alle sahen mich entsetzt an. „Sag so etwas nie wieder! Klar? Ich weiß, du hasst meinen Vater. Das ist okay, es ist deine Sache. Aber ich lasse nicht zu, dass jemand so über ihn redet. Du kennst ihn nicht mal richtig. Du weißt doch nur von seiner bösen Seite, aber wie er wirklich war hast du nie erfahren. Er war der beste Papa den es gibt, er hat alles getan um mich zu beschützen, nur vor meinem Großvater, dem Boss, hat er es nicht geschafft. Dieser hatte damals das Sagen und er hätte mich Papa wegnehmen können, wenn der nicht auf ihn gehört hätte. Deshalb hat mein Vater immer alles getan was von ihm verlangt wurde. Ich weiß, er hat Menschen umgebracht, aber denkst du er hat das gern getan? Nein! Und die Leute die er töten musste waren zum aller größten Teil selber Verbrecher. Sag also nie mehr etwas über meinen Papa! Nie mehr! Und mein Opa, ja, er ist einer der größten Verbrecher dieser Welt, aber irgendwo hat auch er ein Herz. Er hat meinen Papa bei sich aufgenommen, als dieser auf der Straße leben musste. Ohne ihn hätte mein Vater also auch niemals meine Mutter kennengelernt. Ich wäre anders niemals dagewesen. Opa war sehr froh, dass die beiden zusammen kamen und dass ich geboren wurde. Er war traurig, als Mama abgehauen ist, aber auch froh, dass ich noch da war. Also bitte, Shiho, sag nie wieder etwas über Leute, die du nicht richtig kennst. Erst recht nicht über meinen Vater. Ich vermisse ihn so sehr und du weißt doch wie sehr ich darunter leide, dass er nicht mehr bei mir ist.“ Ich bemerkte, dass mir wieder die Tränen in die Augen kamen und wollte sie wegwischen, doch da kamen Shinichi und Ran schon auf mich zu. Mein damaliger Klassenkamerad nahm mich auf den Schoß und streichelte mir übers Haar.
 

Als ich mich beruhigt hatte, sah ich auf. Sofort wandte Shiho ihren Blick von mir ab, ich konnte aber ein leises „Tut mir leid.“ Von ihr vernehmen. So saßen wir alle noch ein paar Minuten lang still da, bis Ran auf die Uhr sah. „Es ist schon sehr spät und ich denke, ihr solltet schon längst zu Hause sein.“, wandte sie sich an die Detective Boys. „Ja, das stimmt.“, meinte Mitsuhiko. „Ich fahre euch schnell.“, bot Agasa an. Alle bedankten sich. Bevor sie gingen, kamen sie nochmal zu mir: „Wir sehen uns morgen wieder. Okay Shin?“ Ich nickte. Dann verabschiedeten sie sich.
 

Ich war nun mit Ran und Shinichi allein. „So ich denke du bist ganz schön müde nicht Shin?", fragte Shinichi. „Ja das bin ich."

„Okay dann komm mir zeige dir dann Zimmer.", kam es von Ran. Ich nickte und wir begaben uns die Treppen hoch zu meinem zukünftigen Zimmer. Es war jenes, das einst Shinichi gehörte, als dieser so alt war wie ich. Ran machte mir die Tür auf und ich sah mich darin um. Es war schön. Ein Bett, ein Schreibtisch, ein großes Fenster und auch die Wände waren in hellen Farben gestrichen. An der Wand stand noch ein großer Schrank. Doch mein Blick blieb am Schreibtisch haften. Das konnte doch nicht möglich sein! Da lagen Dinge, die mir sehr bekannt vorkamen, denn es waren meine eigenen. Es waren alles Dinge, die ich besaß bevor mein Leben sich veränderte. Shinichi lief auf mich zu und kniete sich vor mich: „Weißt du, damals bin ich in eurer Wohnung gewesen und habe alle Dinge mitgenommen, die dir vielleicht wichtig sein könnten. Ich dachte, dass du früh darüber sein würdest wenn wir uns eines Tages wiedersehen. Ich hatte es im Gefühl, dass du kommst.“
 

Unter den Sachen waren Fotoalben, altes Kinderspielzeug und mein Lieblingskuscheltier. Das war einfach zu rührend. Ich war oberglücklich und bedankte mich. „Danke, Shinichi. Das bedeutet mir so viel.“ Es war unglaublich schön. In dem Moment kam Ran herein. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sie weg war. Sie gab mir ein weißes t-Shirt in die Hand. „Hier, das kannst du heute Nacht anziehen. Es ist eines von Shinichis T-Shirts. Sicher ist es dir zu groß, aber für die Nacht wird es gehen. Nur bis morgen. Dann kaufen wir neue Klamotten für dich.“ Ich bedankte mich wieder, zog mich um und wurde dann von Ran ins Bett geschoben. „Na los, es ist spät. Leg dich hin.“ Ich tat wie mir gesagt wurde. „Gute Nacht, Shin. Wenn was ist: Unser Schlafzimmer ist zwei Türen weiter.“

„Okay.“, nickte ich: „Gute Nacht!“ Ran gab mir einen Kuss auf die Stirn und Shinichi streichelte mir durchs Haar. Dann verließen sie das Zimmer.
 

(Shinichis Sicht)

Als wir wieder im Wohnzimmer waren, half ich Ran noch schnell alles aufzuräumen. Danach machten wir uns auch auf den Weg ins Badezimmer, zogen uns um und legten uns ins Bett. „Shinichi? Findest du nicht auch, dass Shin für sein Alter viel zu klein und zu dünn ist?“, unterbrach Ran die Stille. Ich drehte mich um: „Ja, da hast du Recht, aber er hat auch viel durchgemacht.“

„Ja, das stimmt. Verdammt, das tut mir alles so leid.“ Ran schien sehr mitgenommen. Ihr war Shin richtig ans Herz gewachsen. „Mhm , ja. Ich werde morgen, nachdem wir bei der Polizei waren mit ihm zum Arzt gehen.“, beruhigte ich sie. „Ja, tu das.“ Sie lächelte mich an: „So wie es aussieht sind wir jetzt Eltern von einem kleinen Jungen.“ Ich nickte: „Ja, sieht so aus. Aber wollen wir nicht bald mal eigene Kinder haben?“

„Klar! Aber lass uns noch etwas Zeit.“ Damit konnte ich Ran nur zustimmen. Wir waren ja noch jung. Ich gab ihr noch einen Kuss und dann schliefen wir beide ein.
 

(Shins Sicht)

Ich konnte es einfach nicht glauben, dass ich bei Shinichi und Ran war und sogar hier leben durfte. Ich war so froh! Allerdings hatte ich eine riesen Angst Daiki anzuzeigen. Wahrscheinlich war es aber gut so, denn somit konnte ich auch die Anderen aus seinen Fängen befreien. Ich dachte noch eine Weile darüber nach bis ich endlich einschlief.

Beim Arzt

Am Morgen wachte ich auf und hatte erst einmal keine Ahnung wo ich überhaupt war. Doch dann fiel es mir wieder ein. Ich lebte ja nun bei Shinichi. Ob er und Ran wohl schon wach sind?‘, fragte ich mich und ging nachgucken. Ich streckte mich noch einmal und stand auf. Doch bevor ich zur Tür rausging, zog ich mir erst mal die Klammotten von gestern wieder an. Leise schlich ich aus dem Zimmer, bis ins unterste Stockwerk, hinein in die Küche, aus der ich schon die Stimmen von Ran und Shinichi hören konnte. Beide drehten sich gleich zu mir um. „Guten Morgen, Shin!“

„Guten Morgen!“

„Hast du Hunger?“, wollte Ran wissen. Ich nickte. Sie begann damit etwas für mich vorzubereiten und erklärte mir, dass sie und Shinichi bereits gegessen hatten. „Wie spät ist es eigentlich?“, fragte ich in den Raum. „Es ist kurz nach Zehn.“, antwortete Shinichi mir. Ran hatte mir ein leckeres Brot zubereitet. Die beiden hatten sich, während ich aß, mir gegenüber gesetzt. „Wenn du fertig bist, machen wir uns auf den Weg zur Polizei, okay?“, schlug Shinichi vor. „Ja, okay, geht klar.“, kam es von mir. „Ich würde gerne mitkommen, aber ich muss heute noch zur Arbeit. Ich sage meinem Chef, dass ich mir ein paar Tage frei nehmen werde. Ist das gut?“ Shinichi nickte. „Als was arbeitest du denn?“, fragte ich neugierig. „Ich bin Krankenschwester, das wollte ich schon immer einmal machen. Es macht mir ziemlichen Spaß.“ Okay, Ran war also Krankenschwester. Ich hätte mir ja eher vorstellen können, dass sie studiert, aber wenn es ihr Spaß machte war daran nichts verkehrt. „Und was machst du, Shinichi? Du bist doch sicher Detektiv.“

„Ja das stimmt. Zu meiner Schulzeit war das ja nur ein Hobby, aber seitdem die Schule vorbei ist, verdiene ich mein Geld damit.“

„Das klingt ja cool. Aber der arme Kogoro. Was soll nun aus ihm werden?“

„Er ist wieder zur Polizei gegangen. Da passt er irgendwie besser hin. Als Detektiv war er ja grottig.“ Ich musste über Shinichis Aussage lachen. Allerdings wusste ich echt nicht, dass Kogoro mal Polizist gewesen war. Ran hingegen war sehr zufrieden. Nicht nur, dass ihrem Vater der neue Job gut gefiel, auch schienen ihre Eltern sich wieder anzunähern. „Mama ist fast jedem Tag bei ihm.“, erzählte sie fröhlich. „Deine Mutter ist doch Anwältin, oder?“, fragte ich. „Ja, das stimmt. Ich habe auch schon mit ihr telefoniert und von dir erzählt. Das ist doch okay für dich? Mama wird uns helfen wenn es um das Sorgerecht für dich geht.“

„Ja, es geht in Ordnung. Danke, dass ihr das alles für mich tut. Nicht nur, dass ihr mich von Daiki wegholt, ihr wisst auch noch wer mein leiblicher Vater ist und trotzdem nehmt ihr mich bei euch auf. Das ist so unglaublich. Danke.“

„Ist schon okay, Shin.“, sagte Shinichi: „Wir wissen beide, dass du ein netter Junge bist und wir fanden sich damals schon von Anfang an sympathisch. Auch Ran fand dich immer süß und hatte dich gleich in ihr Herz geschlossen.“ Bei diesen Worten wurde ich ein bisschen rot und sah unter den Tisch: „Ähm, danke.“
 

Nachdem ich gegessen hatte, gingen Shinichi und ich zur Polizei. „Keine Angst, Shin. Es wird alles gut werden. Ich bleibe die ganze Zeit bei dir.“, munterte er mich auf. Ich nickte ihm zu und schon betraten wir das große Gebäude. Am Empfang sagten wir was wir wollten und wurden sogleich in den ersten Stock geschickt. Shinichi wusste sofort wo er lang musste. Auf halbem Wege kam uns ein kleines Mädchen entgegen gelaufen. „Onkel Shinichi!“ Die Kleine sprang ihn sofort an und er fing sie auf: „Na Kaori? Bist du wieder weggelaufen? Du weißt doch, dass du bei deinem Vater bleiben sollst.“

„Ja, aber mir ist so langweilig. Der Kindergarten hat zu, also mussten Mama und Papa ich mit auf Arbeit nehmen, aber das ist sooo öde!“ Shinichi lächelte das Mädchen an: „Trotzdem machen sich deine Eltern sicher große Sorgen, wenn du einfach so wegläufst. Sie suchen dich bestimmt schon.“

„Weiß nicht.“ Das Kind zuckte mit den Schultern. Dann sah sie mich an: „Hallo! Wer bist du?“

„Ich bin Shin.“, antwortete ich und versuchte zu lächeln. „Okay, hallo. Ich bin Kaori.“

„Hallo Kaori!“, begrüßte ich sie, immer noch lächelnd. Kaori grinste mich an und gab mir sofort eine Umarmung: „Du bist süß. Ich mag dich.“

„Ähm danke.“ Ich wusste kaum was ich erwidern sollte, doch zum Glück kam just in diesem Moment ein Mann vorbeigelaufen. „Mensch, Kaori! Da bist du ja! Ich habe dich überall gesucht. Mama hat schon wieder geschimpft, weil ich dich aus den Augen gelassen habe.“
 

Nun sah der Mann zu Shinichi und mir: „Oh hallo! Was verschafft uns die Ehre?“

„Hallo Takagi! Wie geht’s?“

„Gut. Und dir und Ran? Wir haben uns ja schon lange nicht mehr gesehen.“

„Ja, das stimmt. Uns geht es gut.“ Takagi nickte: „Du bist wahrscheinlich hier wegen der Anzeige. Kogoro hat mir schon davon erzählt.“

„Ja, das sind wir.“, antwortete Shinichi: „Das da ist Shin. Deine Tochter will ihn nicht mehr loslassen.“

„Hallo, Shin! Ich bin Wataru Takagi.“, stellte der Polizist sich mir vor. „Hallo.“, sagte ich. „Na dann folgt mir. Ich bringe euch zu Inspektor Megure. Der nimmt dann alles auf.“ So liefen Shinichi und ich ihm nach. Kaori hatte mich dabei immer noch nicht losgelassen. Aber das war schon okay für mich. Sie war ja sicher erst drei oder vier.
 

Takagi klopfte an die Tür des Inspektors und wir verharrten in unseren Positionen, bis wir seine Stimme vernahmen: „Herein!“ So betraten wir den Raum. „Ach, hallo Shinichi. Ich habe euch schon erwartet.“, kam es von dem übergewichtigen Mann. Auch wir grüßten freundlich zurück. Takagi versuchte Kaori von mir wegzubekommen. Nachdem ich sie noch einmal umarmt hatte, waren Shinichi und ich endlich mit dem Professor alleine und setzten uns ihm gegenüber.
 

„So, du bist also Shin.“, fing er das Gespräch an. Ich nickte nur. „Freut mich, dass du gekommen bist. Ich bin Inspektor Megure, wie du sicher schon weißt.“ Der Mann hustete einmal kurz und sprach dann weiter: „Nun gut, Shin. Mach dir keine Sorgen. Du brauchst gar nicht nervös zu sein. Wir bringen die Aufnahme der Anzeige nun ganz schnell hinter uns.“

„Na gut. Dann los.“, sagte ich. Megure nickte und stellte mir sogleich einige Fragen. Er war bereits über die Grundsituation informiert worden und wollte mehr darüber erfahren. So stellte er mir fragen, wie ich zu Daiki gekommen bin, seit wann ich auf den Strich gehe, wie alt ich war als ich das erste Mal mit jemandem geschlafen hatte und vieles mehr. Die Situation war ein wenig beklemmend, denn wie man sich denken kann, redete ich nicht gerne darüber. Aber hier musste es nun mal sein. Heute war es wichtig. Doch die ganze Zeit spürte ich die Blicke Shinichis und des Inspektors, wie sie sich gegenseitig ansahen und ihr Mitleid zum Ausdruck brachten. Fehlte nur noch, dass sie ständig betroffen geseufzt, oder mich gar gestreichelt hätten. Zum Schluss musste ich dann Daikis Adresse verraten. Der Plan der Polizei war es, ihn dort abzufangen sobald er wiederkam und ihn festzunehmen. Überhaupt nicht wohl wurde mir bei dem Gedanken, dass das alles nun vor Gericht gehen sollte und ich ein weiteres Mal aussagen musste. Womöglich müsste ich meinem Peiniger dann noch gegenübersitzen und das machte mir Angst. Doch Shinichi machte mir Mut und wir würden das alles später noch besprechen. Wir beiden verabschiedeten uns von dem großen schweren Mann und machten uns wieder auf den Weg ins Auto. Shinichi wurde noch von einigen Leuten begrüßt er muss wahrhaftig eine Berühmtheit im Präsidium gewesen sein.
 

Als wir beide im Auto saßen seufzten wir gemeinsam laut und erleichtert auf. „Das war viel, nicht wahr?“, fragte mich mein neuer Ziehvater. „Ja, aber es musste ja sein.“, sagte ich leise. „Stimmt. Dann lass uns nun zum Arzt fahren. Das hätten wir zwar besser vorhin machen sollen, aber ich werde Megure später den Bericht nachreichen, damit er noch mehr Beweise und Anschuldigungen hat.“

„Mhm. Okay.“, sagte ich fast geistesabwesend. „Was ist los?“, fragte Shinichi mich besorgt. „Nichts, ich habe nur etwas Angst, dass etwas schief geht. So als hätte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich Daiki verpetzt habe.“

„Ja, das ist normal. Aber ich passe schon auf dich auf. Versprochen.“
 

Beim Arzt mussten wir nicht lange warten und kamen fast sofort dran. Shinichi kannte den Mediziner recht gut, was ein kleiner Vorteil für uns war. Die Anspannung der Situation war dadurch ein klein wenig lockerer. Wir erklärten dem Mann im weißen Kittel, warum wir ihn aufgesucht hatten und auch er machte einen betroffenen Eindruck, obwohl er versuchte cool zu bleiben. Ich musste wohl noch die nächsten paar Tage von allen Leuten um mich herum an die schlimmste Zeit meines Lebens erinnert werden.
 

Der Arzt sprach mich persönlich an: „Guten Tag, Shin! Ich bin Dr. Masa und ich werde mir dich mal anschauen. Wenn dir etwas weh tun sollte, dann gib einfach Bescheid. Ich will es nicht noch unangenehmer für dich machen.“

„Okay.“, sagte ich schüchtern, denn ich war immer noch sehr aufgeregt. „Soll ich solange rausgehen?“, wollte Shinichi wissen, aber ich schüttelte den Kopf: „Nein, bitte bleib hier.“ Shinichi nickte und stellte sich neben mich. Nun kam auch der Arzt wieder auf mich zu und musterte mich genau: „Gut, Shin. Dann zieh dich mal bitte bis auf die Unterwäsche aus.“ Ich tat wie mir gesagt wurde und als ich dann nur noch in Shorts dastand fing ich an zu zittern. Obwohl ich wusste, dass mir niemand etwas antun wollte hatte ich Angst. Shinichi schien das im Gefühl zu haben und hielt meine Hand fest. Ich war etwas erleichtert dadurch und das Zittern ließ nach.
 

Der Arzt musterte mich genau und als er alles gesehen hatte, sog er die Luft ein: „Das sieht schlimm aus!“ Mir war schon ziemlich klar, dass er so etwas sagen würde, denn überall wo Daiki mich getreten, geschlagen und mit seinem Gürtel verdroschen hatte waren blaue Flecken und Narben zu sehen. Man ganzer Körper war übersät davon und auch in meinem Gesicht war immer noch ein blauer Fleck. Auch am Rücken sah es nicht besser aus als vorne. „Okay Shin. Ich werde jetzt mal ein paar deiner Verletzungen berühren und du sagst bitte Bescheid, wenn es weh tut.“

„Okay.“

„Gut.“ Schon tastete der Arzt meinen Rücken ab. Jede einzelne Wunde schmerzte und das sagte ich ihm auch klar und deutlich. „Nun denn. Ich würde gerne ein paar Röntgenaufnahmen von dir machen, um sicher zu sein, dass wir Verletzungen an deinen Knochen ausschließen können.“
 

Wir gingen in einen anderen Raum, wo man die Aufnahmen von meinen Knochen machte. Allerdings wollte der Arzt nun auch meine anderen Verletzungen abfotografieren, was total gegen meinen Willen war, aber Shinichi erklärte, dass das für die Polizei wichtig war und schließlich auch für den Kampf vor Gericht. So ließ ich es über mich ergehen, obwohl mich das an meine schlimme Zeit bei Daiki erinnerte. Schlimmer jedoch war, dass man mich auch intim untersuchte. Erst gestern hatte ich das letzte Mal mit einem Mann geschlafen und das war auch heute noch nachweisbar. Doch der Arzt behandelte mich freundlich und tat mir auch nicht weh, was das Ganze erträglicher machte.
 

Schließlich wurden meine Wunden versorgt. Überall wurde ich eingesalbt und mit großen Pflastern beklebt. Meine linke Hand wurde bandagiert. Danach konnte ich mich anziehen. Als ich damit fertig war, schickte der Arzt mich schon mal raus. Er wollte noch etwas mit Shinichi alleine besprechen. Ich nahm das so hin und schüttelte dem Mediziner zum Abschied die Hand.
 

(Shinichis Sicht)

Als ich mich vergewissert hatte, dass Shin draußen war, begann ich sofort zu reden. „Wie kann man einem Kind nur so etwas antun?“ Vor lauter Unverständnis schüttelte ich den Kopf. „Das kann ich Ihnen auch nicht sagen. Aber es ist jetzt sehr wichtig, dass Sie für ihn da sind. Er braucht Halt. Von außen macht er zwar einen starken Eindruck, aber innerlich hat er sehr zu leiden. Es wird lange dauern bis er darüber hinweg kommen wird. Er hat seine halbe Kindheit viel durchmachen müssen. Vergessen wird er das sicherlich nie. Auch dauert es sicher lange, bis er wieder Vertrauen zu seinem Umfeld finden kann. Ich bitte Sie daher inständig, dass Sie für ihn da sind.“ Ich nickte immer mal wieder, während der Arzt weitersprach: „Shin wird sicher gemerkt haben, dass er kleiner und dünner ist als seine Altersgenossen. Aber wenn er nun gut ernährt wird, dann gibt sich das bald wieder und er wird an Gewicht und Größe zunehmen. Außerdem kann es sein, dass er in den nächsten Tagen nicht von ihrer Seite weichen wird. Er ist verängstigt, aber zumindest zu Ihnen hat er Vertrauen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass gerade Sie für ihn da sind.“

„Na klar. Das ist mir bewusst. Anders hätten meine Frau und ich ihn nie bei uns aufgenommen.“, bestätigte ich, dass ich die Aufforderung verstanden hatte. „Das ist gut. Er wird sicherlich aber auch nachts zu Ihnen kommen, Alpträume sind nicht auszuschließen. Aber solange Sie ihm die nötige Liebe und Aufmerksamkeit geben, die ein Kind braucht, dann wird er bald wieder ein ganz normales Leben führen.“ Ich wollte gerade etwas sagen, da kam auch schon eine Arzthelferin mit den Ergebnissen der Schnelltests in den Raum. „Und, ist alles okay?“, fragte ich, als der Arzt sich die Unterlagen ansah. „Ja, seine äußerlichen Verletzungen werden sicherlich gut verheilen, bis auf einige Narben, die zurückbleiben werden. Seine linke Hand wird für immer eine Brandnarbe davontragen.“

„Und haben Sie denn auch noch Spuren von Vergewaltigung an ihm gefunden?“

„Ja, es gab noch einige Rückstände von Geschlechtsverkehr von vor zwei Tagen. Ich werde die Unterlagen Inspektor Megure zukommen lassen. Das gibt Ihnen mehr Unterstützung vor Gericht.“

„Gut, tun Sie das und vielen Dank für alles.“

„Nichts zu danken.“ Der Arzt lächelte freundlich, als er mich zur Tür hinaus begleitete. Im Flur saß Shin, etwas weiter weg vom Behandlungszimmer. Sofort kam er auf mich zugelaufen und ich streichelte ihm durchs Haar. „Also dann, mein Kleiner. Wir gehen.“, lächelte ich ihm zu. Wir schüttelten dem Arzt zum Abschied die Hand, dann machten wir uns auf den Weg zu meinem Auto.
 

(Shins Sicht)

Zurück im Auto musste ich Shinichi unbedingt etwas fragen, was mir schon seit Längerem Sorgen machte: „Und? Bin ich gesund?“

„Ja, das bist du.“, kam die beruhigende Antwort. „Nur du wirst immer ein paar narben zurück behalten. Besonders die an deiner Hand.“

„Mhm okay.“, seufzte ich.
 

Dann schlug Shinichi vor, dass wir mir sofort neue Klammotten kaufen sollten. Ich wollte das Ganze abstreiten, da er nicht so viel Geld für mich ausgeben sollte, aber er bestand darauf. Schließlich hatte er ja auch recht damit, dass ich nicht jeden Tag das Gleiche anziehen konnte. Außerdem wollte er mich adoptieren, oder zumindest als Pflegekind aufnehmen. Er war also nun so etwas wie ein Vaterersatz für mich. Also willigte ich ein.
 

Im Einkaufszentrum suchte ich mich zunächst nach einer Hose um, aber Shinichi nahm gleich fünf in die Hand. Sie gefielen auch mir und damit war fast gesetzt, dass wir sie kauften. Sie mussten nur passen, was wir bei der Anprobe herausfanden. Danach waren die Oberteile dran. Ich bekam vier Pullover und vier T-Shirts. Schließlich kauften wir auch noch einige Unterhosen und Socken, sowie eine dicke Jacke und eine dünne. Das alles anzuprobieren dauerte, aber ich zeigte Shinichi jedes einzelne Teil und wir waren beide zufrieden. Er hatte einen guten Geschmack. Alles war modern, genau das was alle jungen in meinem Alter gerade trugen. Das Ganze hatte natürlich auch seinen Preis, aber Shinichi war es das wert und irgendwie machte mir das ein schlechtes Gewissen, erfüllte mich aber auch mit großer Freude, denn jemand war bereit sich für mich, den Sohn eines Schwerverbrechers, der seine halbe Kindheit lang im Rotlichtviertel gelebt hatte, so viel Geld zu opfern. Letztendlich kamen auch noch drei Schlafanzüge dazu, auf die ich nicht bestand, da ich ja sowieso in T-Shirts und Boxershorts schlafe, also holte Shinichi mir stattdessen drei Schlafshirts. Bepackt mit sieben tüten machten wir uns also auf den Weg ins Auto. „Du Shinichi, die Sachen waren echt teuer.“, sagte ich, da ich nach wie vor ein schlechtes Gewissen hatte, für die Umstände, die ich ihm machte. Er lächelte nur: „Ich habe dir doch gesagt, dass es okay ist.“ Ich zuckte mit den Schultern: „Naja, das hört sich jetzt vielleicht hart an, aber du als Detektiv und Ran als Krankenschwester, ihr verdient auch nicht so viel.“

„Ach was. Viele Leute können von unserem Gehalt zwei oder drei Kinder großziehen. Mach dir darum also keine Sorgen. Los komm, wir müssen noch Schuhe kaufen und Hygieneartikel.“ Ich nickte und so gingen wir mit freien Händen wieder zurück ins Einkaufszentrum, wo Shinichi mir drei Paar verschiedener Schuhe kaufte, sowie Shampoo und Zahnputzsachen.
 

Nach 18 Uhr hatten wir endlich alles beisammen und fuhren zurück nach Hause. Ran half uns beim Ausladen der Einkäufe und danach aßen wir zu Abend. Ihr Essen schmeckte einfach vorzüglich. „Ach, Shin. Bevor ich es vergesse Ayumi und die anderen waren vorhin hier, aber ich habe ihr gesagt, dass ihr beiden noch länger wegbleibt. Daher kommen sie morgen wieder. Ist das okay für dich?“

„Ja, ist es. Danke, Ran.“ Ich lächelte glücklich und von ihr kam Selbes zurück.
 

Nach dem Essen ging ich sofort duschen und machte mich bettfertig. Zusätzlich zog ich mir noch eine Stoffhose über, ich wollte ja nicht halbnackt vor Ran rumlaufen. Wir guckten noch gemeinsam einen Film, von dem ich nicht mehr viel mitbekam. Ich war einfach zu müde. Das Letzte was ich bemerkte war, das Shinichi mich ins Bett trug und er und Ran mir noch einen Kuss auf die Stirn gaben. Als sie das Zimmer verlassen hatten, war ich sofort eingeschlafen.

Ein schöner Tag

Ich war nun schon seit zwei Wochen bei Shinichi und Ran. Vor ein paar Tagen hatte man Daiki festgenommen und alle die für ihn gearbeitet hatten wurden befragt. Der Kerl war erst mal in Untersuchungshaft, aber schon in acht Tagen hatten wir einen Termin vor Gericht. Die Tatsache, dass ich da gegen ihn aussagen sollte machte mir Angst. Beweise gab es zwar genug, aber was wenn er doch freikäme? Das wollte ich mir gar nicht ausmalen. Ebenfalls Angst machte mir, dass ich alle anderen wiedersehen würde. Was sie wohl dazu sagten, dass ich Daiki verpfiffen hatte. Ob einige von ihnen sauer sein würden? Ich hoffte es nicht. Im Prinzip konnte mir das ja fast egal sein, aber ich wollte zumindest, dass Isamu mich trotzdem noch mochte, auch wenn ich ihm seinen Arbeitsplatz genommen hatte. Ich hatte über meine Ängste auch mit Ran und Shinichi gesprochen und zumindest zu dem Teil mit Isamu meinten sie, dass dieser mich sicher noch mögen würde, wenn er echt mein Freund wäre. Ansonsten seien sicher alle froh darüber, nicht mehr ausgebeutet und gepeinigt zu werden. Viele konnten nun endlich den Ausstieg aus der Szene schaffen und sich in die Freiheit begeben. Was das anging, machte mich meine Tat irgendwie stolz.
 

Shin hörst du mir zu?“

„Ähm was?“, drehte ich mich verwirrt um, als ich Shinichi neben mir sah: „Oh, tut mir leid. Ich habe nichts mitbekommen. Ich war in Gedanken.“

„Das habe ich gemerkt.“ Shinichi lächelte: „Ich wollte dir nur Bescheid geben, dass Ayumi und die anderen gleich hier sein werden. Ich nickte: „Ach stimmt ja. Ich wollte mich heute mit ihnen treffen.“ Shinichi und Ran waren ebenfalls der Meinung, dass es mir gut tun würde etwas mit Freunden zu unternehmen. Für mich fühlte sich das alles sehr seltsam an. Es war schon irgendwie komisch, dass ich plötzlich einfach so rausgehen und Spaß haben konnte.
 

Ran hatte vor einer Woche wieder begonnen zu arbeiten, während Shinichi bereits einen Fall gelöst hatte. Nun hatte er sich aber bis nach dem Gerichtstermin freigenommen, damit ich nicht alleine war. Ich fand das richtig nett von ihm. Mittlerweile hatte ich schon das Gefühl, als seien er und Ran meine Eltern. Sie sind zwar noch jung, aber wenn sie mich bald adoptierten, dann wären sie tatsächlich auch auf dem Papier meine Eltern.
 

In letzter Zeit hatte ich auch schon einige andere Personen kennengelernt. Rans Mutter, die uns in gerichtlichen Angelegenheiten beistand und auch die Komissare Sato und Takagi, sowie deren kleine Tochter Kaori, der ich ja schon einmal begegnet war. Die Kleine war erst drei und ein richtiger Wildfang, aber auch ganz süß und mich mochte sie anscheinend besonders gerne. Sie meinte, ich sei jetzt ihr Freund, woraufhin ich nur gegrinst und „Okay“ gesagt hatte. Jetzt hatte ich den Salat, denn ich war quasi schon so gut wie verlobt. Immerhin gab es da noch andere Personen, auf die ich getroffen war. Heiji Hattori und seine Frau Kazuha waren mal für zwei Tage in tokio gewesen und auch Rans Freundin Sonoko fand ich ganz lustig. Auch sie hatte vor kurzem geheiratet. Diese ganzen Leute zu kennen war wirklich eine nette Sache, aber ich war immer wieder erstaunt wie sehr sie mich doch mochten und akzeptierten. Ich kam aus einer Verbrecherfamilie, war im Rotlichtviertel aufgewachsen, doch man hatte mich gern.
 

Das Türklingeln riss mich aus meinen Gedanken. Shinichi öffnete sie und herein kamen Ayumi, Genta, Mitsuhiko. „Hallo Shin! Wie geht es dir?“, begrüßten sie mich. „Hey, gut und euch?“

„Ebenfalls. Kommst du mit uns nach draußen?“, wurde ich gefragt. Ich sah zu Shinichi und der nickte freundlich: „Geh ruhig. Habt Spaß zusammen.“ So zog ich mir fröhlich meine Schuhe an und drehte mich nochmal auf Shinichis Ruf um, dass ich doch um 20 Uhr zu Hause sein solle. Ich versprach, mich daran zu halten und schon schloss sich die Tür.
 

„Wohin gehen wir?“, fragte ich die Anderen. Genta zuckte mit den Schultern: „Wir haben noch keinen Plan, aber was hältst du von Eis essen?“ Jedes Kind mochte zwar Eis, aber dass dieser Vorschlag ausgerechnet von ihm kam, brachte mich zum Schmunzeln. Natürlich willigten wir alle ein, denn in einer Eisdiele hatten wir genug Möglichkeiten uns ausgiebig zu unterhalten. Schon auf dem Hinweg erfuhr ich, dass alle glücklich auf die Mittelschule gingen, wo ich bald vielleicht auch hinkäme, wenn alles mit dem Gericht geklärt sei. Endlich wieder eine normale Schule. Dabei wusste ich nicht, ob es klappen würde, schließlich hatte ich so viel aufzuholen. Sicher würde man mich an der Schule annehmen, aber in eine Klasse könnten wir alle wohl nicht gehen.
 

Im Eissalon angekommen bestellten wir sofort und es dauerte nicht lange, da war das leckere zeug auf unserem Tisch. Wie lange war es wohl her, dass ich Eis gegessen hatte? Ich wusste es schon nicht mehr. Sicher das letzte Mal mit Papa. Als ich den Löffel in den Mund geschoben hatte, fragte ich mich wie es so lange ohne ausgehalten hatte, so gut schmeckte es mir. Den Anderen schien meine Reaktion wohl aufgefallen zu sein und sie sahen mich lächelnd an. „Stimmt etwas nicht?“, fragte ich verwirrt. Sie schüttelten die Köpfe: „Nein, ist schon gut. Es sah nur so aus als hättest du seit Jahren kein Eis mehr gegessen.“

„Habe ich auch nicht.“ Die Anderen sahen ein wenig geschockt aus: „Wenn es dir schmeckt, bestell dir ruhig noch eins: Wir zahlen auch.“

„Danke, aber mir ist nicht danach. Mein Magen muss sich erst daran gewöhnen, dass er plötzlich so viel zu essen bekommt.“

„Hast du denn nie etwas bekommen?“, fragte Genta besorgt. „Was soll die Frage?“, kam es von Mitsuhiko. Hätte er nie was bekommen, säße er jetzt gar nicht mehr hier.“ Ich seufzte und erzählte ihnen von meinem Hungerleiden: „Ich habe schon etwas zu Essen bekommen, aber nie sehr viel und manchmal auch für ein, zwei Tage gar nichts. Daiki hat mich oft bestraft, indem er mich hungern ließ. Und wenn ich es gar nicht mehr aushielt musste ich erst etwas für ihn tun, damit er mich dann doch erlöste.“

„Und was war das?“, fragten die drei interessiert. „Sex und all solchen Schweinkram.“ Alle ließen die Schultern hängen: „Natürlich. Tut uns leid. Hätten wir uns ja denken können.“

„Schon okay.“, lächelte ich: „Aber sagt mal, wie habt ihr eigentlich damals auf Shinichi reagiert, als ihr erfahren habt, dass er Conan war?“
 

Genta begann zu erzählen: „Nun ja, es war erst mal ein großer Schock für uns. Das klang alles so unglaublich. Außerdem waren wir traurig, dass unser Freund Conan auf einmal nicht mehr da war. Aber er hat uns sofort angeboten, dass wir immer zu ihm kommen konnten. Dass er uns lange etwas vorgemacht hat konnten wir ihm verzeihen. Es gab ja einen guten Grund. Nur Ran, die war richtig sauer. Sie wollte erst mal ewig nichts mehr mit ihm zu tun haben. Aber, wie man weiß, haben sie sich ja dann doch wieder vertragen. Nun, und Ayumi,“ Genta grinste: „Die war zutiefst traurig, da sie ja in Conan verknallt war.“

„Genta!“ Ayumi wurde etwas rot und sah weg. „Ja, es stimmt schon. Ich war ziemlich traurig, aber es ging ganz schnell wieder.“ Ich nickte: „Und wie habt ihr reagiert als ihr von meiner Familie erfahren habt? Wer sie wirklich waren und so.“

„Naja, das klang natürlich sehr schockierend. Aber wir haben dir von Anfang an verziehen. Du kannst ja nichts dafür wer dein Vater und dein Großvater sind. Wir hätten dich am liebsten getröstet, als die Organisation aufgelöst war, und dich noch weiter bei und gehabt, aber dann dachten wir alle, dass dein Vater dich mitgenommen hat.“
 

Ich ließ meine Schultern hängen: „Nein, das hat er leider nicht.“

„Weißt du warum nicht?“ fragte Ayumi neugierig. „Ja, das war weil.“ Es fiel mehr schwer weiterzureden, aber ich versuchte mich zusammen zu reißen und meinen Freunden alles zu erzählen. Sie sahen mich mitleidig an, wie so oft wenn ich ihnen aus meinem Leben erzählte, aber das war okay so. Immerhin verstanden sie mich und waren für mich da. Ich seufzte: „Ich hoffe so sehr, dass ich Vater und Onkel Wodka wiedersehen werde. Hoffentlich geht es ihnen gut.“ Die Drei nickten. Dann unterhielten wir uns noch über diverse weitere Themen, bis Mitsuhikos Handy klingelte und Genta mal kurz auf der Toilette verschwand.
 

Nun saßen nur noch Ayumi und ich am Tisch. Auf einmal nahm sie meine Hand und lächelte: „Du Shin. Ich habe dich echt vermisst. Damals habe ich dich wirklich sehr gemocht und das tue ich auch immer noch.“ Der Druck an meiner Hand wurde fester und ihr Blick ernster. Ich versuchte mich aus der unangenehmen Situation zu befreien: „Du, Ayumi. Ich mag dich auch wirklich sehr gerne, aber….. bitte lass mir noch etwas Zeit. Nach allem was passiert ist kann ich mit niemandem fest zusammen sein. Ich will im Moment einfach keine Freundin. Bitte versteh das.“ Ayumi nickte: „Klar. Das ist okay. Ich hoffe nur, dass wir dich jetzt endlich wieder öfters sehen. Du bist ein Teil von uns und gehörst einfach dazu.“

„Danke. Klar machen wir oft etwas zusammen. Verlass dich drauf.“ Es machte mich glücklich solche Freunde zu haben. Sie waren die einzigen, die ich aus meinem alten Leben in mein neues mitnehmen konnte und ich war froh darüber. Sie kannten meine Geschichte und hatten für alles Verständnis. Solche Freunde gab es nicht zweimal. Als Genta und Mitsuhiko zurückkamen, ließ Ayumi meine Hand wieder los. Wir blieben noch eine Weile am Tisch sitzen und unterhielten uns, bis wir gegen 18 Uhr bezahlten. Ich verabschiedete mich von meinen Freunden mit den Worten, ich müsse noch etwas erledigen und dann machte ich mich auf den Weg zu Shiho, während die Anderen nun nach Hause gingen.
 

Von Agasa hatte ich erfahren, wo Shiho nun wohnte. Außerdem wusste ich, dass sie bei der Polizei arbeitete, wo sie sich um die Forensik kümmerte. Ihre kleine Wohnung lag am Stadtrand und ich musste ehrlich zugeben, dass ich zitterte, als ich bei ihr klingelte. Hoffentlich war sie da, damit ich nicht umsonst gekommen war und hoffentlich knallte sie mir nicht gleich die Türe vor der Nase zu. Doch ich hatte Glück, als zumindest die große Haustür mit einem Summen aufging und ich mich auf den Weg in den zweiten Stock machte.
 

Mit großen Augen, gekleidet in T-Shirt und einer Stoffhose stand Shiho im Türrahmen ihrer eigenen Wohnung. „Shin? Was machst du denn hier?“

„Ähm können wir reden?“, fragte ich schüchtern. Sie nickte und leitete mich ins Wohnzimmer, wo wir uns auf dem Sofa breit machten. „Willst du was trinken?“, wurde ich gefragt. „Nein danke.“ Ich sah mich um. Der Raum war auf jeden Fall schön eingerichtet. „Gefällt es dir?“ Ich nickte. „Also, worüber willst du mit mir reden?“ Ich atmete einmal tief ein und aus bevor ich anfing zu erzählen: „Nun ja, ich wollte mich schon immer bei dir dafür entschuldigen was die Organisation deiner Familie angetan hat. Alles tut mir so leid. Dass mit deiner Schwerster und auch deine Eltern, das hat mit meinem Vater und meinem Opa zu tun. Ich kann so gut verstehen, dass du stink sauer bist. Aber zu meinem Vater: Er wollte das wirklich alles nicht. Er war nie so ein schlechter Mensch. Das musst du mir glauben. Auch wenn er.....“ Ich schluckte: „Akemi weißt du, ich bin schuld. Wenn ich nicht auf der Welt gewesen wäre, dann hätte Opa nie ein Druckmittel gegen meinen Vater gehabt und dann hätte dieser sicher nicht getötet. Er hatte nur Angst, dass ich ihm weggenommen werde, das war alles. Er musste Opas Befehle befolgen und mich immer zum Training bringen, damit. Aber das hat sich ja eh erledigt. Ich habe nie bei ihm aufwachsen können.“ Shiho seufzte und setzte sich neben mich: „Hör mal, Shin. Ja, ich hasse deinen Vater immer noch. Aber ich habe in den letzten Jahren auch ein bisschen darüber nachgedacht und nun verstehe ich ihn besser. Trotzdem kann ich ihn nach wie vor nicht leiden. Es ist zu viel passiert. Aber dich, dich mochte ich von Anfang an, schon immer. Auch als ich wusste wer dein Vater ist. Du bist doch auch nur durch deine Eltern da rein geraten, so wie ich. Und irgendwie bist du etwas ganz Besonderes.“ Shiho lächele mich an, bis sie weiter redete: „Ach und Entschuldigung, dass ich hier im Schlabberlook rumlaufe. Ich hatte heute keinen Besuch mehr erwartet.“

„Ach, schon okay. Shinichi und Ran laufen zu Hause auch immer so rum.“, grinste ich. „Na dann ist ja gut.“, sagt sie beruhigt.
 

Ich blieb noch eine geschlagene Stunde bei ihr, bis ich mich auf den Heimweg machte. Die Aussprache, die ich endlich mit Shiho führen konnte, hatte mir wahnsinnig gut getan. Außerdem sagte sie, dass ich sie öfters mal besuchen könnte. Sicherlich würden auch Ayumi, Genta und Mitsuhiko gerne mitkommen. Dann wären wir immer noch die gleiche Truppe von Freunde, so wie früher. Es war natürlich komisch, dass Shiho nun zehn, elf Jahre älter war als wir, aber damals war sie auch noch ein Kind, genau wie wir und wir hatten oft miteinander gespielt. Sie war ein Teil meiner glücklichen Kindheit und auch ich gehörte zu ihrem Kinderleben dazu. Genau so war es auch mit Shinichi. Eines muss ich den Beiden lassen. Sie haben ihre Rollen immer wahnsinnig gut gespielt.
 

Um kurz vor Acht war ich wieder zu Hause bei Shinichi und Ran. Meine Ziehmutter öffnete mir freundlich lächelnd die Tür. „Hallo Ran, wie war dein Tag?“, fragte ich. „Gut. Und deiner? Hast du Spaß gehabt?“, kam es zurück. Ich nickte: „Ja. Danke. Es war echt cool wieder mit den Dreien zusammen zu sein.“ Ran fiel ein Stein vom Herzen: „Das ist schön. Ihr versteht euch also immer noch so gut wie früher.“ Ich zog meine Schuhe aus und begab mich weiter in die Villa hinein, den Kontakt zu der jungen Krankenschwester nie abbrechend. „Ich war heute auch bei Shiho und habe mit ihr über alles geredet.“

„Echt? Und wie war es?“, kam eine erstaunte Frage. „Wir verstehen uns wieder gut.“, sagte ich mit Freuden. Auch Ran schien sich für mich zu freuen: „Das ist schön. Du wäschst du dir bitte deine Hände. Ich habe Abendessen gekocht.“ Ich tat wie mir gesagt wurde und half ihr dann noch fleißig beim Tischdecken.
 

Auch nach dem Essen war Shinichi nicht zu Hause. Ran und ich räumten das Geschirr ab und setzten uns gemeinsam ins Wohnzimmer, da sie noch etwas Wichtiges mit mir besprechen wollte.
 

„Also, Shin. Ich möchte mir dir zunächst mal über die Schule reden. Bald solltest du da wieder hingehen, es herrscht schließlich Schulpflicht. Allerdings wird es nicht leicht für dich. Man wird einen Test mit dir machen, damit wir eine Schulform und Klassenstufe für dich finden können.“ Mir war nicht wohl bei dem Gedanken. Ich hatte mich so auf die Schule gefreut aber den Test würde ich garantiert verhauen, schließlich war ich seit der ersten Klasse nie mehr unterrichtet worden. Nur manchmal hatte ich ein bisschen gelernt. Ich erzählte Ran von meinen Sorgen und sah auf den Boden. Das war mir alles so peinlich. „Ist schon gut.“ antwortete sie: „Der Test wird bei einem Arzt gemacht, der dich einschätzt. Der wird eine passende Schule für dich finden und dort wird man dich gut fördern. Außerdem bist du doch intelligent. Und für deine Situation kannst du wirklich nichts.“ Ich atmete erleichtert auf. Rans Worte waren so warm, aufmunternd und ermutigend. „Wann soll ich den Test machen?“, fragte ich. „In zwei Wochen.“ Ich nickte. „Du, Ran? Machen wir jetzt noch etwas zusammen, bis Shinichi wiederkommt?“

„Ja klar. Wie wäre es mit xBox? Da steht noch eine Revenge aus, die ich gewinnen will.“ Ich musste grinsen vor Freude: „na gut. Dann mal los.“
 

Wir spielten noch eine Weile und später gesellte sich auch Shinichi dazu, doch er konnte damit überhaupt nichts anfangen. Ran hingegen war eine super Spielerin, es machte richtig Spaß mit ihr. Dann allerdings musste ich ins Bett. Ich ging alleine ins Bad, duschte, putzte meine Zähne und ließ mich dann von meinen Pflegeeltern ins Bett bringen. Ich liebte diesen neuen Alltag. Jeden Abend bekam ich von beiden einen Kuss auf die Stirn und konnte ganz schnell einschlafen. Dort fühlte ich mich geborgen. Hätte ich nicht schon früher hier sein können?

Bei Gericht

Acht Tage später war es soweit. Shinichi und ich machten uns auf den Weg zum Gericht. Wir sollten beide aussagen, obwohl ich nicht wusste was Shinichi dazu beitragen sollten. Ran war natürlich auch noch mitgekommen, allerdings nur zum Zuschauen. Um einen guten Eindruck zu hinterlassen hatte er mir gestern noch einen schwarzen Anzug mitgebracht, den ich nun anhatte. Mir gefiel es nicht wirklich so formell rumzulaufen, aber es war ja nur für einen Tag und mein neuer Ziehvater trug auch einen, in dem er wahnsinnig intelligent aussah.
 

Ich war richtig nervös. Es waren nur noch ein paar Minuten bis ich meine Freunde, wie Isamu, wiedersehen würde, aber auch Daiki und das machte mir Angst. Ich hatte Angst vor den Fragen die man mir stellen würde, dass ich sie falsch beantworten könnte und mich dann jeder für einen kleinen, dummen Jungen hält, woraufhin Shinichi und Ran mich sicher nicht mehr bei sich haben wollten. All das Schlimmste malte ich mir aus. Aber Daiki war definitiv der größte Schrecken. Ich musste zwar nicht alleine mit ihm sein und im Gericht war ich wahrscheinlich sicher vor seinen Angriffen, aber trotzdem hatte ich wahnsinnige Angst vor ihm. Was er mir all die letzten Jahre angetan hatte, verschaffte ihm großen Respekt von meiner Seite. Respekt im Sinne von Todesangst?, wenn ich mich da ehrlich ausdrücke. Ich hoffte nur, dass dieser Kerl endlich in den Knast käme und ich ein für allemal meine Ruhe vor ihm hatte.
 

Auf dem Parkplatz vor dem großen Gebäude hielten wir an. Nun wurde mir noch unwohler. Shinichi und Ran legten ihre Ausweise vor, dann wurden wir durchgelassen. Es war 9.30 Uhr und um zehn sollte die Verhandlung beginnen. Also begaben wir uns langsam in Richtung Zimmer 210, wo wir uns auf ein paar Stühle im Flur setzten. Ich sah mich um und suchte nach mir bekannten Gesichtern, aber anscheinend waren wir die ersten Anwesenden. Doch auf einmal kamen Rans Eltern die Treppen hoch, gefolgt von Professor Agasa und Shiho. „Was macht ihr denn hier?“, fragte Shinichi überrascht. „Wir wollten Shin beistehen und den Prozess verfolgen. Vorausgesetzt das ist okay für dich, Shin.“, fragte mich Shiho. Ich nickte. Ein paar Freunde hinter sich zu haben tat immer gut, gerade wenn man dabei war einem Feind zu begegnen. Shinichi sah mich plötzlich besorgt an: „Geht es dir nicht gut, Shin? Du siehst nicht gut aus.“ Recht hatte er. Mir ging es wirklich nicht gut. Am liebsten wäre ich weggerannt, ganz weit weg und nie mehr wiedergekommen. Aber nun war ich hier und musste mich meiner Angst stellen. Shinichi drehte sanft meinen Kopf, so dass ich ihn direkt anblickte: „Ach, mein Kleiner. Du musst keine Angst haben. Ich habe dir das schon so oft gesagt, weil ich sicher bin, dass alles gut wird. Du bist ein starker Junge. Du hast schon viel Schlimmeres durchgemacht. Hier und heute beenden wir es.“
 

Am liebsten wollte ich seine Worte bestätigen, aber im Moment war ich nicht dazu in der Lage. „Nein, Shinichi. Ich bin nicht stark. Ich bin schwach. Selbst jetzt wo ich von so vielen Leuten geschützt bin, habe ich immer noch Angst vor Daiki. Das ist doch feige.“

„Nein, das ist es nicht. Deine Angst ist begründet. Und schwach bist du garantiert nicht. Du hättest ja auch einfach wieder zurück in dein altes Leben laufen können, weg von Ran und mir, aber das hast du nicht. Du hast dich dazu entschlossen dem ein Ende zu setzen, indem du Daiki anzeigst. Es gibt nicht viele Leute, die das je getan hätten. Glaub mir, ich bin sehr stolz auf dich.“ Ich zog einmal tief Luft ein und bedankte mich für die aufmunternden Worte. „Schon gut.“, kam es von Shinichi, der mich einmal kurz in den Arm nahm, mir über den Rücken streichelte und mich dann wieder losließ.
 

Von unserer kleinen Unterhaltung hatte niemand weiter etwas mitbekommen, da sich gerade alle über irgendwelche anderen Themen unterhielten, doch seine Worte hatten mich zumindest ein wenig aufgemuntert und mir Mut gemacht. Die Aufregung verschwand trotzdem nicht. Ich sah auf die Uhr. Mittlerweile waren es nur noch 15 Minuten bis zur Verhandlung. Die Tür zum Saal war bereits aufgeschlossen und außer Shinichi und mir, die wir warten mussten, bis wir aufgerufen würden, hatten sich alle in den Raum begeben. Nachher würde es dann so ablaufen, dass erst einmal Daiki aussagen müsste, danach ich. Ich würde seine Aussage also verpassen, was ich verdammt mies fand. Ich würde nichts von dem was er zu seiner Verteidigung zu sagen hat zu hören bekommen, doch er würde bei jedem meiner Worte dabei sein. Unfair, aber so lief es eben nun mal ab.
 

Ich blickte mich um, als ich Isamu auf mich zulaufen sah. Aus seinem Gesichtsausdruck konnte ich nichts entziffern, also wartete ich bis er bei mir angekommen war. In dem Moment fiel ich ihm sofort in den Arm. „Bitte, bitte, sei nicht sauer auf mich! Ich musste ihn einfach anzeigen. Die Misshandlungen waren nicht mehr auszuhalten.“ Mit Tränen in den Augen sah ich meinen damals besten Freund an, als sich dieser zu mir runterkniete: „Nein, ich bin dir kein bisschen wütend. Im Gegenteil. Ich bin froh, dass ich nun nicht mehr für Daiki arbeiten muss. Du bist nicht der einzige, der von ihm ausgenutzt wurde. Nun sind wir frei, weil du, ausgerechnet der Jüngste, den Mut aufgebracht hast diesen Kerl anzuzeigen. Ich bin dir dafür sehr dankbar.“

„Wirklich?“, fragte ich ungläubig. „Wirklich.“, kam es mit einem Grinsen zurück. „Danke.“
 

Ich fiel Isamu noch einmal um den Hals und begann zu Weinen. Lange verharrte ich in seiner Umarmung, bis er sich von mir löste und mir übers Gesicht strich, um die Tränen weg zu wischen. „Weine nicht, Kleiner. Das steht dir nicht.“ Ich nickte: „Und was ist mit den Anderen? Sind die sauer?“

„Überhaupt nicht. Alle freuen sich über die neu gewonnene Freiheit. Wenn jetzt noch einer auf den Strich gehen will, dann können sie das Geld behalten. Alle sind froh darüber.“ Nun fiel Isamus aufmunternder und fröhlicher Blick auf Shinichi. Auch ich drehte mich zu meinem neuen Ziehvater um. „Ach, tut mir leid, dass ich euch nicht vorgestellt habe. Isamu, das ist Shinichi Kudo. Ich lebe nun bei ihm und seiner Frau Ran.“ Mein Kumpel wusste genau wen er vor sich hatte, denn von Shinichi hatte ich ihm damals schon einiges erzählt. Er reichte ihm zur Begrüßung die Hand: „Freut mich, Sie endlich kennen zu lernen. Ich bin Isamu Isana.“ Shinichi grüßte freundlich zurück: „Kudo, angenehm. Freut mich auch mit Ihnen Bekanntschaft zu machen.“

„Ach bitte, sagen Sie doch du zu mir. So alt bin ich noch nicht.“

„Gut, freut mich DICH kenne zu lernen. Shin hat mir schon von dir erzählt. Ich wollte mich auf jeden Fall bei dir bedanken, dass du dich so gut um ihn gekümmert hast. Es war ihm sehr wichtig.“

„Keine Ursache. Ich habe ihn sehr gern. Er ist wie ein Bruder für mich. Eben etwas ganz besonderes.“

„Ja, das ist er.“, grinste Shinichi.
 

Wir Drei unterhielten uns noch eine ganze Weile. Drinnen hatte bereits die Verhandlung angefangen, doch wir standen noch draußen. Wie die meisten Leute rein gekommen waren hatten wir im Gespräch gar nicht gemerkt und so verging die Zeit bis ich aufgerufen wurde ganz schnell. In dem Moment sog ich noch einmal tief Luft ein, blies sie wieder aus und begab mich dann in den Saal.
 

Drinnen zeigte man mir gleich, dass ich mich an einen kleinen Tisch in der Mitte zu setzen hatte. Der Raum war ein bisschen anders, als ich es aus dem Fernsehen kannte. Rechts von mir saß Daiki, neben seinem Anwalt. Unsere Blicke trafen sich für einen kurzen Moment, doch schnell wand ich mich von ihm ab. Zu meiner Linken saß der Staatsanwalt, direkt vor mir der Richter zwischen zwei weiteren Leuten. Etwas weiter weg war noch eine Frau, die alles Gesagte an einem Laptop mit schrieb.
 

Als mein Blick auf den Richter fiel, lächelte dieser mich an und begann gleich zu sprechen: „Guten Tag, Shin!“

„Guten Tag!“, antwortete ich schüchtern. „Also, erst mal zu deinen Personalien. Dein Name ist Shin Kado?“ Ich nickte. "Du bist 13 Jahre alt?"

"Ja."

"Und geht's zu Zeit noch nicht in die Schule?"

"Ja, stimmt."

"Und zurzeit lebst du bei Shinichi Kudo und seiner Frau Ran Kudo?"

"Ja."
 

Eine kurze Pause von vielleicht einer Sekunde, in der der Richter Luft holte, kam mir wie ewig lang vor. Ich versuchte ein Zittern vor Aufregung zu unterdrücken. „Gut, Shin. Ich werde dir nun ein paar Fragen stellen. Du weißt, dass du diese wahrheitsgemäß beantworten musst?“

„Ja, das weiß ich und ich habe garantiert nicht vor zu lügen.“

„Gut, sehr schön. Und wenn du etwas nicht verstehst, dann frag bitte nochmal nach.“ Ich nickte und sog tief Luft ein, die ich schnell wieder ausblies, um mich zu beruhigen. „Keine Angst. Was du gerade tust ist sehr mutig, aber niemand wird dir etwas antun. Du bist hier ganz sicher. Also, Frage Eins: Ist der Angeklagte der Mann bei dem du über fünf Jahre lang gewohnt hast?“

Ich holte wieder tief Luft und nickte. „Also Shin, erzähle uns wie und wann du den hier Angeklagten das erste Mal gesehen hast.“

„Nun, das war so“
 

Ich begann zu erzählen und ausnahmslos jeder hörte mir gespannt zu: „Als ich sieben Jahre alt war, da haben mich mein Vater und mein Onkel hier zurückgelassen, weil sie ins Ausland geflüchtet sind und mir dieses neue leben nicht antun wollten.“

„Dein Vater ist Hideaki Kado, Anhänger einer früheren Verbrecherorganisation, so wie auch dein Onkel und dein Großvater es waren?“, wurde ich unterbrochen. „Ja. Nachdem sie weg waren, hatte ich einen Brief von ihnen bei mir, in dem stand, dass ich zur Polizei gehen solle, damit ich in eine Pflegefamilie komme, aber ich wollte nicht in ein Heim und auch nicht adoptiert werden, also habe ich nicht auf den Rat gehört, was sehr dumm von mir war. Ich bin den ganzen Tag lang durch die Stadt gelaufen, als ich auf einmal in diesem komischen Viertel ankam. Es war schon Nacht und ich habe mich in eine Gasse gesetzt und geweint, als auf einmal Daiki zu mir kam und mir seinen Mantel umlegte. Er hatte mich gefragt was passiert war und großes Interesse gezeigt mir zuzuhören. Ich habe ihm vertraut und als ich fertig erzählt hatte, fragte er mich, ob ich nicht bei ihm wohnen wolle. Ich habe zugestimmt, aber das nur weil ich nicht wusste worauf ich mich da einließ.“
 

Während ich das erzählte, versuchte ich die ganze Zeit über nicht in Daikis Richtung zu blicken. Ich traute mich nicht. „Und was ist dann passiert?“, fragte der Richter. „Nun, am Anfang war er wirklich ganz nett zu mir und hat sich um mich gekümmert, aber schon nach ein paar Tagen fing ich an für ihn Aufträge zu erfüllen.“

„Was waren das für Aufträge?“

„Erst sollte ich Drogen abholen. Ich wusste damals noch nichts was das war, aber ich fand es schnell heraus. Dann stellte er mich irgendwann allen Leuten im Viertel vor. Ich sollte das ganze Geld von den Prostituierten und Strichern eintreiben. Das hat mich nachts Stunden gekostet.“

„So so. Und später soll er dich dann auch noch zum Geschlechtsverkehr mit Männern gezwungen haben. Wie alt warst du da?“

„Ich war elf und Daiki war der erste mit dem ich schlafen musste.“ Nun folgte der für mich schwierigste Teil meiner Erzählung. Ich musste schlucken und hatte jetzt schon mit den Tränen zu kämpfen: „Es war so schlimm. Ich hatte noch nie solche Schmerzen. Ich wollte mich immer befreien, aber es ging nicht. Er war einfach viel stärker. Er hat gar nicht mehr aufgehört, auch wenn ich laut geschrien habe und dann meinte er, dass das Ganze noch öfters passieren würde. Schon nach ein paar Wochen meinte er dann plötzlich, dass das nur die Vorbereitung gewesen sei. Von da an kam er ständig mit anderen Männern. Sie haben viel Geld für mich ausgegeben, nur um mich für eine Nacht haben zu können. Und wenn ich mich mal dagegen gewehrt hatte, dann erzählten sie es immer weiter und Daiki hat mich dann so sehr geschlagen und getreten und..... Ich konnte manchmal lange nicht mehr aufstehen, weil jede Bewegung so unheimlich weh getan hat. Also habe ich versucht möglichst auf ihn zu hören und zu tun was man mir sagt.“
 

Alle im Saal sahen mich geschockt an. Die Frau, die alles mit schrieb war nun weiß wie eine Wand. Der Richter musste schlucken, machte dann aber mit der Verhandlung weiter: „Musstest du auch für Daiki auf der Straße arbeiten?“

„Zum Schluss ja. Eigentlich haben mich alle Männer immer abgeholt und dann mit zu sich nach Hause genommen, aber als Daiki für eine Woche weg musste, da meinte er, ich solle in dieser Zeit auf den Strich gehen und so Geld für ihn eintreiben. Wie das ging wusste ich schon von den Anderen aus dem Viertel. An meinem ersten Tag habe ich mit einem Mann geschlafen, der sehr viel bezahlt hat, am zweiten Tag hatte ich weniger Geld bekommen, sodass ich mich gleich nochmal auf die Straße gestellt habe. Und dann kam zufällig Shinichi vorbeigefahren, der mich sofort erkannt hat, weil wir uns schon kannten, bevor mein Vater geflüchtet ist. Er war ziemlich geschockt und hat mich gefragt warum ich nun da stand. Ich habe ihm alles erzählt und daraufhin fragte er mich, ob ich nicht mit zu ihm kommen und bei ihm und Ran wohnen wolle, Erst habe ich gezögert, weil ich Angst vor Daikis Rache hatte, aber dann bin ich doch mitgegangen. Ich wollte einfach nur weg von da. Und seitdem lebe ich bei den Kudos, die mir wie gute Stiefeltern sind. Bei ihnen geht es mir richtig gut.“
 

Bei dem letzten Satz lächelte ich. Ich war froh darüber, ein gutes Wort für die beiden einzulegen, denn sie hatten mir quasi das Leben gerettet. „Der Junge lügt doch!“, kam es auf einmal von Daiki. „Wieso sollte er das machen?“, fragte der Richter. „Ganz einfach. Ich habe ihm schlichtweg nicht alles gekauft was er wollte. Ein bisschen Erziehung muss sein. Nur weil dieser Kudo ihm alles bieten kann, bevorzugt Shin jetzt bei ihm zu leben und macht mich schlecht.“ Der Richter schien ihm kein Wort zu glauben und war eindeutig auf meiner Seite: „Sie wissen aber schon, dass sie das Kind damals nicht einfach so hätten mitnehmen dürfen. Sie hätten zur Polizei gehen und den Vorfall melden sollen.“

„Ja der Junge tat mir damals eben leid.“

„Nun denn. Wir haben ja noch weitere Zeugen zur Befragung. Hat noch irgendwer eine Frage an Shin?“, fragte der Richter in den Raum. „Ich.“, meldete sich Daikis Anwalt: „Also Shin, wenn das alles stimmt was du sagst und du wirklich misshandelt wurdest, warum bist du dann nicht schon früher abgehauen und zur Polizei gerannt?“ Ich begann wieder ein bisschen zu zittern: „Ich hatte Angst. Daiki meinte immer, dass mir dort niemand glauben würde und dass er mich dann richtig fertig machen würde. Ich war so naiv und habe ihm das abgekauft. Ich hatte einfach Angst, dass er mir was antut. Und das habe ich auch heute noch.“ Den letzten Satz hatte ich nur leise ausgesprochen. Jetzt hatte ich wirklich wieder große Angst, dass mir niemand glaubt und Daiki gleich auf mich los ginge. Der Richter blickte noch einmal zu seinen Kollegen, doch niemand hatte eine weitere Frage an mich. „Also gut, Shin. Es war sehr mutig von dir hier auszusagen. Du darfst dich jetzt nach hinten setzen.“ Ich nickte nur, stand auf und lief zu Ran, die mich in den Arm nahm. „Das hast du gut gemacht, Kleiner.“ Ich konnte wieder ein bisschen lächeln. Mein Blick ging zu meinen Freunden und alle lächelten mich lobend an. Dann sah ich das erste Mal so richtig zu Daiki. Er trug einen dunklen Anzug, seine Haare waren geschnitten und gepflegt. In diesem Outfit würde ihn niemand für einen brutalen Zuhälter und Drogendealer halten. Aber der war er nun mal und ich hoffte, dass man mir das glaubte, ansonsten würde ich für den Rest meines Lebens in Angst leben und Daikis Rache wäre sicher schmerzhaft.
 

Als nächstes wurde Shinichi in den Zeugenstand gerufen. Ein Polizist machte auf das Zeichen des Richters die große Tür auf und rief meinen neuen Stiefvater herein. Shinichi lief bis zu dem Tisch in der Mitte, an dem auch ich zuvor gesessen hatte und setzte sich auf den Stuhl. „Herr Kudo, Sie sind hier heute als Zeuge geladen und wissen dass Sie die Wahrheit sagen müssen, sonst machen Sie sich strafbar.“, begann der Richter. „Ja.“

„Mit dem Angeklagten weder verwandt oder verschwägert?“

„Nein.“

„Also, Ihr Name ist Shinichi Kudo, Sie sind 23 Jahre alt, verheiratet und arbeiten als Detektiv. Ist das richtig?“

Shinichi nickte. „Okay, Herr Kudo. Fangen wir an: Wo und wann haben sie Shin das erste Mal gesehen? Woher kannten Sie ihn genau?“ Oh je, dachte ich. Sollte Shinichi die ganze Wahrheit sagen? Damit rauszurücken würde sicher Tage in Anspruch nehmen, bis das mal einer verstand. „Also, ich kenne Shin schon, seitdem er sieben Jahre alt war. Ich habe ihn damals in der Schule kennengelernt. Wir waren in der selben Klasse. Leute die meine Geschichte kennen, wissen was ich meine. Das Schrumpfgift der Organisation, der Shins Familie angehörte, hatte mich zu einem Grundschüler gemacht. Shin und ich wurden Freunde, ohne dass ich wusste, dass er der Sohn von Hideaki Kado ist. Wir hatten viel zusammen unternommen, bis ich hinter die wahre Identität seines Vaters kam. Wir, Shiho und ich, hatten Shin Bescheid gesagt, dass das nicht so weiter gehen konnte und sind erst mal nach Hause gegangen, bevor wir auf Konfrontation mit Herrn Kado gehen wollten, doch Shin hatte diesen sofort angerufen und von der Gefahr berichtet, dass nun alles drohte auszufliegen. Als Shiho und ich bei den Kados ankamen, wurden wir sofort niedergeschlagen. Wir wachten erst auf, als bereits niemand mehr in der Wohnung war. Damals hatten wir einfach gedacht, dass Shin mit seinem Vater und seinem Onkel zusammen abgehauen war. Wenn ich gewusst hätte, was wirklich passiert war, dann hätte ich sofort nach Shin gesucht. Und dann vergingen sechs Jahre, bis ich ihn durch Zufall an dieser Straße stehen sah. Ich konnte es kaum glauben und war entsetzt. Mir war klar, dass ich ihn da auf jeden Fall rausholen musste, schließlich war Shin auch nach all der Zeit und trotz aller Umstände ein Freund von mir.“

„Was hatten Sie eigentlich in diesem Viertel zu suchen?“, fragte der Richter neugierig.
 

Diese Frage schien einige Leute im Saal brennend zu interessieren. Was hatte Shinichi Kudo im Rotlichtviertel verloren? „Ich hatte einen Fall in der Nähe und da es spät nachts war, wollte ich, nachdem ich diesen abgeschlossen hatte, sofort nach Hause. Das Rotlichtviertel ist eine Abkürzung, ich habe lediglich die Straßen benutzt, ohne Hintergedanken. Doch als Detektiv beobachtet man die Leute um sich herum immer zu hundert Prozent und so erkannte ich Shin. Ich hielt an, um mich zu vergewissern, ob er es wirklich war und tatsächlich konnte ich kaum glauben, dass es wahr ist. Shin hat Jahre lang gelitten. Ich musste einfach wissen wie es dazu kam und es war meine Pflicht als Detektiv und Freund ihn da rauszuholen. So habe ich ihn mitgenommen, zu mir und Ran. Seitdem ist er bei uns und wir haben vor, dass das dauerhaft so bleibt.“

„Aha, okay. Nun, Sie kennen Shins Befinden nach den Jahren in der Szene am besten. Sagen Sie, wie macht sich der Junge so im Alltag? Konnte Sie Veränderungen zu damals feststellen?“

„Nun, er ist jetzt ziemlich ruhig und ängstlich. Im Gegensatz zu anderen Teenagern verzieht er keine Miene, wenn man ihm aufträgt gewisse Dinge im Haushalt zu tun, oder sich schon mal die Schuhe anzuziehen, weil man gleich los möchte. Diese Eigenschaft ist zwar ganz lieb, bedenke man allerdings die Umstände, unter denen er ein so respektvoller Junge geworden ist, muss ich sagen, dass all die Erziehungsmaßnahmen von Daiki ziemlich zu weit gingen. Shin wäre auch so ein netter Junge geworden. Der Arzt, der Shin untersucht hat meinte, dass dieses Verhalten normal sei für das war der Kleine erlebt hatte. Es wäre auch nicht verwunderlich gewesen, wenn er anstatt ängstlich und respektvoll sehr aggressiv geworden wäre. Die Unterlagen vom Arzt haben Sie ja sicher bei sich.“
 

Der Richter nickte: „Können Sie Shin noch weiter beschreiben?“

„Er ist nach wie vor ein sehr lieber und netter Junge, immer noch ein Kind, das Liebe und Zuneigung braucht und wünscht. Freundliche Gespräche sind immer wahnsinnig nett mit ihm, so sagen auch seine Freunde. Meine Frau und ich, wir mögen ihn sehr. Aus dem Grund würden wir ihn gerne als Pflegekind bei uns aufnehmen.“

„Gut.“ Der Richter war zufrieden mit Shinichis Aussage und fragte noch mal in die Runde, ob noch wer anderes eine Frage an den zeugen hatte, doch alle schüttelten den Kopf. Dann wurde der Detektiv wieder nach hinten, zu mir geschickt. Sanft drückte er meine Hand. „Das wird schon wieder. Alles wird gut.“, hörte ich ihn flüstern. Danach wurde der nächste Zeuge hineingerufen: „Isamu Isana, bitte.“

Die Aussage

Auch Isamu setzte sich in die Mitte, aber nicht ohne mir vorher noch zuzulächeln. Sogleich übernahm der Richter wieder das Wort. Es kam das Selbe wie auch schon zuvor bei allen anderen Zeugen. „Ihr Name ist Isamu Isana, sie sind 21 Jahre alt, ledig und haben bis vor ein paar Wochen für Herrn Daka gearbeitet?“

„Ja, das stimmt alles.“, bestätigte der junge Mann. „Gut, also Herr Isana, Sie wissen, dass sie hier ausschließlich die Wahrheit sagen müssen?“

„Ja, das ist mir bewusst.“ Der Richter holte noch einen tiefen Luftzug, bevor er mit der Befragung begann: „Nun. Also sie haben für Herrn Daka gearbeitet. Welchen Tätigkeiten sind Sie nachgegangen?“ Die Antwort kam prompt, so schnell und hart wie ein Stein der ins Wasser fällt: „Ich war Stricher.“

„Seit wann waren Sie das?“

„Seitdem ich achtzehn war. Ich bin damals von zu Hause weggelaufen und brauchte Geld. Zufällig bin ich diesem Typen, Herrn Daka, über den Weg gelaufen, ähnlich wie Shin. Er hatte diesen Job für mich und ich sah es damals als einzige Möglichkeit, um in der Welt zu überleben. Allerdings wollte ich schon nach meinem ersten Mal wieder aussteigen, da ich gemerkt hatte, dass es sicherer gewesen wäre ein paar Tage Ausschau zu halten, nach einem normalen Job im Supermarkt vielleicht. Aber es gab keinen Ausweg mehr. Wer einmal für Daiki gearbeitet hat, sitzt in der Falle. Wegrennen ist zwecklos. Er hätte einen gefunden und dann aufs Brutalste misshandelt. Jeder hatte solche Angst vor den Schmerzen und wusste von der Zwecklosigkeit des Wegrennens, dass wir es erst gar nicht versuchten.“ Der Richter und alle seine Kollegen nickten: „Um nun auf unseren Kläger anzusprechen: Wie haben Sie Shin kennengelernt?“

„Wie ich Shin kennengelernt habe?“

Isamu schloss die Augen.
 

Flashback aus Isamus Sicht

Seit ein paar Wochen arbeitete ich schon für Daiki und ich hasste es. Aber ich konnte nichts anderes tun, als das was er mir auftrug. So ertrug ich es. Oft hatte ich mitbekommen wie brutal er zu anderen war und jedes Mal aufs Neue wurde mir klar, dass ich seine Wut nicht zu spüren bekommen wollte. Also tat ich immer was von mir verlangt wurde. So wie jetzt. Seit einer Stunde wartete ich an der Mauer auf meinen nächsten Kunden, den zweiten für heute Nacht. Der erste hatte nicht schlecht gezahlt, aber es mussten zwei weitere folgen, bis ich endlich genug Geld für den Abend zusammen hatte. Am liebsten wäre ich jetzt nach Hause gegangen, aber ich musste warten, bis Daiki kam, um das Geld einzutreiben. Es sollte nicht mehr lange dauern. Hoffentlich, denn ich war schon hundemüde.
 

Nach einer halben Stunde kam er dann endlich auf mich zu. Aber er war nicht alleine. Ein kleiner Junge schien ihn zu begleiten. Ich schätzte ihn nicht älter als neun. Ob er Daikis Sohn war? Ähnlich sah er ihm jedenfalls nicht. Vielleicht arbeitete er auch für ihn. Aber er war doch noch ein Kind und soweit ich wusste arbeiteten hier keine Minderjährigen. Nun standen die beiden direkt vor mir. Ich warf dem Kleinen ein Lächeln zu und schon fing Daiki an zu reden: „Brauchst du eine Einladung? Los! Her mit der Kohle!“ Ich reichte ihm den ganzen Batzen, etwas zurückzubehalten würde nichts als Schläge und Pein geben, das wusste ich bereits. Daiki staunte nicht schlecht über die Summe und schien sichtlich zufrieden.
 

Ich sah wieder zu dem Jungen, als Daiki mich wieder ansprach: „Du fragst dich sicher, wen ich hier mitgebracht habe. Das ist Shin. Er wohnt schon seit drei Jahren bei mir und ist mein kleines süßes Spielzeug. Ich wollte ihn dir schon länger vorstellen, aber leider kam immer etwas dazwischen.“

„Aha.“, sagte ich und nickte. „Und übrigens: Ab sofort wird Shin das ganze Geld einsammeln. Und wage es dir ja nicht ihn auszutricksen. Er ist von mir erzogen worden, mir sofort auszurichten wenn etwas zurückbehalten wurde. Die Schläge bekommt ihr dann von oberster Hand. Also, höre immer schön auf ihn, auch wenn er noch so klein ist. Er wird mich ab jetzt ersetzen, klar?“

„Ja.“, kam es ganz überrascht von mir. Erst nutzte dieser Kerl ein kleines Kind als sein Sexspielzeug und dann schickte er ihn auch noch nachts auf die Straßen. Der Typ kam mir immer grauenhafter vor. „Gut, ich muss dann mal wieder weiter. Shin?“, kam es von Daiki. „Ja?“, antwortete eine zarte süße Stimme. „Du wartest solange hier, bis ich wieder da bin. Hast du verstanden?“ Der Kleine nickte und blieb mit mir zurück. Ich sah ihn mir von oben bis unten an. Ein hübsches Kind, schöne Augen, süße Frisur und noch so klein und niedlich, gar unschuldig, auch wenn er diese schon sicher verloren hatte. Ich sah es ganz deutlich an seinem Blick. Traurig so sah er aus, man sah ihm förmlich an wie unglücklich er hier war. Und seine Wange, die war ganz blau. Ob Daiki ihn geschlagen hatte? Langsam ging ich auf ihn zu und sprach ihn ruhig an: „Kleiner, alles okay?“

„Ähm ja, alles okay. Ich bin Shin.“. blickte er mich verwirrt an. „Ich bin Isamu. Freut mich.“

„Mich auch.“
 

Ich versuchte ein bisschen mit ihm ins Gespräch zu kommen. Es interessierte mich was so ein kleiner Junge plötzlich bei uns machte und wie er hergekommen war. „Wie alt bist du, Shin? Und wie lange bist du eigentlich schon bei Daiki?“

„Ich bin vor Kurzem zehn geworden und ich bin schon seit drei Jahren bei Daiki. Ich arbeite und wohne bei ihm. Und du?“ Seine Antworten kamen so süß und unschuldig rüber. Irgendwie rührend. „Ich bin achtzehn. Und ich arbeite erst seit ein paar Wochen hier.“

„Okay, aber du hättest doch bestimmt nicht zugesagt hier zu arbeiten, wenn du gewusst hättest was Daiki für ein Typ ist, oder?“ Diese Frage erstaune mich, um ehrlich zu sein. „Nein, sicher nicht. Aber jetzt ist es zu spät und ich kann hier nicht mehr weg.“

„Ja, ich weiß was du meinst. Ich kann leider auch nicht mehr von hier weg.“
 

Der Kleine sah so wehleidig aus und er tat mir furchtbar leid. Für mich war es schlimm hier zu sein, für ein Kind sicher umso mehr. „Mhm sag mal Kleiner, musst du auch mit anderen Leuten schlafen?“ Er schüttelte den Kopf: „Noch nicht. Daiki will noch etwas warten. Aber nicht mehr lange. Ich habe Angst davor.“ Das Kind tat mir von ganzem Herzen leid. Wie konnte man einem kleinen Jungen nur so etwas antun? Dass er mit Daiki zusammen lebte musste ja schon Folter genug sein, aber bald auch noch zum Sex gezwungen zu werden und das erst mit gerade mal zehn Jahren, das ging unter die Gürtellinie. Doch so leid er mir auch tat, ich konnte ihm nicht da raus helfen. Doch eines war mir von dem Moment an klar. Ich würde immer für ihn da sein, auch wenn ich ihn gerade erst kennengelernt hatte. Irgendwie mochte ich ihn jetzt schon sehr. „Hör mal, mein Kleiner. Du kennst mich zwar noch nicht so lange und ich dich nicht, aber wenn etwas ist kannst du immer zu mir kommen. Daiki wird dir bestimmt schon gesagt haben wo ich wohne.“ Der Junge nickte. „Gut. Also da kannst du immer hin, wenn dich irgendetwas bedrückt. Und in Zukunft sehen wir uns ja auch öfters, wenn du das Geld einsammeln kommst. Dann können wir reden.“

„Ja danke. Du bist nett. Ich mag dich.“ strahlten mich zwei aufgemunterte Kinderaugen an. Ich lächelte und streckte meine Hand nach ihm aus, um ihn zu streicheln, doch er schreckte plötzlich zurück. „Ist gut, ich tu dir nichts was du nicht willst.“, beruhigte ich ihn. Er musste wohl einiges durchgemacht haben, um so schlimm dran zu sein. Shin nickte und während ich ihm durchs Haar streichelte, kam er plötzlich näher und kuschelte sich an mich, als wäre seine Scheu vor fremden Männern von jetzt auf gleich verschwunden.
 

Ich fragte mich, was mit seinen Eltern war, doch das würde er mir später sicher noch erzählen. Eine halbe Stunde standen wir noch dort, bis Daiki zurückkam, den Kleinen an sich nahm und ihn an der Hand – etwas unangenehm – hinter sich herzog. Zum Schluss lächelten wir uns beide nochmal zu. Das war das erste Mal, dass ich Shin gesehen und mit ihm gesprochen hatte und er war gleich wie ein kleiner Bruder für mich.

Flashback Ende
 

Ich machte die Augen wieder auf und sah den Richter an, der mich noch einmal fragte wie ich Shin nun kennengelernt hatte.

„Nun, das war so…..“, begann ich: „Daiki hat ihn mir damals vorgestellt. Der Kleine sollte von nun an das Geld einsammeln, dass ich jeden Abend verdiente, und es ihm überbringen. So habe ich ihn kennengelernt.“

„Aha. Und wie haben Sie den Jungen erlebt, in der Zeit in der Sie ihn kennen lernten und auch in den darauffolgenden Jahren?“ Ich holte noch einmal tief Luft: „Nun ja, er war ein sehr netter Junge. Seinem Alter entsprechend niedlich und ängstlich. Vor Daiki hatte er ziemlich Panik. Aber das ist ja auch kein Wunder bei dem was der Kerl ihm alles angetan hat.“
 

Nun stellte der Richter eine für alle wichtige und interessante Frage: „Was hat er ihm denn alles angetan?“ Isamu presste zunächst beide Lippen aufeinander, atmete tief ein und aus und fuhr dann fort: „Nun ja, Shin hat mir viel erzählt. Angefangen von der ersten Vergewaltigung, als er gerade mal elf war. Natürlich hatte Herr Daka ihn als erstes missbraucht. Dann fing der Kerl auch noch an den Kleinen an andere Männer zu vermieten. Dazu kommen noch allerlei Misshandlungen.“

„Haben Sie jemals Beweise dafür gehabt? Gesehen wie Shin misshandelt wurde? Oder hat Ihnen das alles bloß der Junge erzählt?“

„Das Meiste habe ich von Shin gehört, aber ich habe nicht selten gesehen, wie er auf der Straße geohrfeigt, geschlagen und getreten wurde, weil er das Geld nicht schnell genug eingesammelt hatte. Auch ist mir unter die Augen gekommen, dass er ab und zu vermietet wurde. Erst vor Kurzem hatte ich Shin mal durch Zufall am Tag gesehen, sonst begegnen wir uns immer nur nachts, aber diesmal wurde er zum Einkaufen geschickt, wo wir aufeinander trafen. Seine Handfläche war komplett rot und verbrannt. Ich habe das sofort bei mir zu Hause verarztet und als ich Shin fragte wie das passiert sei, erzählte er, dass Herr Daka seine Hand auf die heiße Herdplatte gedrückt hatte. Da hat sich mir der Magen umgedreht. Sie können sich Shins Hand gerne mal ansehen.“
 

Der Richter sah zu dem kleinen Jungen: „Stimmt das?“ Shin nickte. „Okay, zeig mal bitte deine Hand.“ Langsam streckte Shin seine linke Hand aus, auf der noch eine kleine Narbe zu sehen war. „Wieso hat er das gemacht?“, wollte der Richter wissen. Shin antwortete ihm: „Weil ich mich gegen ihn gewehrt habe. Er sagte, ich solle ja nie wieder meine Hände gegen ihn erheben und er wollte mir zeigen was passiert wenn ich das nochmal mache. Da hat er meine Hand genommen und auf die heiße Platte gedrückt.“
 

Nun schrie Daiki wutentbrannt dazwischen: „Das stimmt nicht! Ich habe den Jungen nie angefasst. Gut, ab und zu habe ich ihm mal den Hintern versohlt und ihn geohrfeigt wie Eltern das in der Erziehung eben nun mal machen. Ich weiß, dass man das vermeiden soll, aber das Kind war ja auch wirklich ungehorsam.“

„Und wie erklären Sie sich dann seine Wunden, die blauen Flecken und dass Zeugen wie Herr Isana Sie beobachtet haben?“

„Das kann ich Ihnen sagen. Der Kleine hat sich gerne mit anderen geprügelt, daher die ganzen Narben und Blessuren. Und Herrn Isana hat er doch nur mit seinem süßen Kinderblick belogen und auf seine Seite gezogen.“ Der Richter sagte nichts mehr und drehte sich dann wieder zu dem Zeugen in der Mitte. „Nun, haben Sie denn auch gesehen wie Herr Daka den Kleinen zum Arbeiten auf die Straße geschickt hat?“

„Ja. Shin ist gleich am Montag zu mir gekommen und hatte davon berichtet, dass er alleine war und auf dem Strich arbeiten soll. Am Dienstag standen wir auch wieder zusammen da und dann wurde er ja von Herrn Kudo abgeholt.“

„Und wieso haben Sie das Kind nicht verteidigt? Sie hätten ja die Polizei verständigen können?“, fragte der Richter mit lauter Stimme. „Wie schon gesagt, Herr Daka hatte uns alle in der Hand. Einfach jeder hatte Angst vor ihm. Er hatte immer ein Auge auf uns geworfen, hatte seine Spione. Wenn wir gegen seinen Willen gehandelt haben, bekamen wir seine Brutalität zu spüren. So wie Shin. Ich habe jedes Mal alles dafür getan seine Wunden zu versorgen. Zum Arzt bringen konnte ich ihn ja nicht.“

„So so. Noch weitere Fragen?“, beendete der Richter das Verhör. „Keine Fragen mehr.“, kam es aus der Runde. „Gut. Herr Isana, Sie dürfen sich dann nach hinten zu den anderen Zeugen setzen.“ Der junge Mann nickte und stand auf. Dann setzte er sich hinter Shin, dem er ein Lächeln zuwarf.
 

(Shins Sicht)

Als Isamu sich zu mir und Shinichi setzte, nahm ich gleich seine Hand und drückte sie an mich. Ich war so froh, dass er da war und wir gemeinsam aussagen konnten. Das nahm mir richtig die Anspannung. „So, kommen wir zu unserer letzten Zeugin, Frau Daja, bitte.“

‚Wie nur noch eine Zeugin?‘, fragte ich mich selbst. Dann fiel mir wieder ein, dass nur zwei Leute die für Daiki gearbeitet hatten aussagen durften. Aber diese Frau Daja kannte ich nicht. Doch als die Tür aufging erinnerte ich mich wieder. Es war Ayumi, nicht meine Freundin, sondern auch eines der Mädchen die auf der Straße gearbeitet hatte. Sie hieß also Daja mit Nachnamen. Sie setzte sich in die Mitte und der Richter fing sogleich mit der Befragung an.
 

„Also, Ihr Name ist Ayumi Daja, Sie sind 19 Jahre alt und haben auch bis vor Kurzem für Herrn Daka gearbeitet?“

„Ja, das stimmt.“ Ich sah sie mir genau an. Das erste Mal sah ich sie in normalen Klamotten und konnte kaum glauben, dass sie mal auf dem Strich war. „Also, Frau Daja, wie lange haben Sie für Herrn Daka gearbeitet?“

„Fast vier Jahre. Ich war sechzehn, als ich angefangen habe und wusste nicht wohin. Bei meinen Eltern lief es nicht so gut. Wie alle anderen hier auch habe ich Herrn Daka durch Zufall getroffen und sein Angebot von einer Wohnung und Verpflegung klang gut. Da habe ich auch die schlechte Arbeit in Kauf genommen. Aber als ich merkte wie furchtbar die Zustände waren, war es schon zu spät. Ich konnte nicht mehr weg.“
 

Der Richter nickte und stellte die selbe Frage wie zuvor an Isamu und Shinichi: „Nun, wie haben Sie den kleinen Shin kenngelernt?“

„Auch als er von Herrn Daka mitgenommen wurde, um zum ersten Mal das Geld einzusammeln. Später kam er dann immer häufiger, bald jede Nacht. So sind wir auch mal kurz ins Gespräch gekommen und ich konnte mehr über ihn erfahren.“

„Was für einen Eindruck hat er auf Sie gemacht?“

„Er war ein niedliches aufrichtiges Kind. Hat viel von sich erzählt und jeder mochte ihn. Er tat uns allen furchtbar leid und als er dann auch noch vergewaltigt wurde und mit anderen Männern schlafen musste wussten wir nicht was wir sagen sollten. Wir waren zu geschockt. Auch Shin sah immer unglücklicher aus und verlor ein bisschen an Lebensmut. Das Leuchten in seinen Augen war einfach nicht mehr da, wie es bei einem Kind sein sollte.“

„Haben Sie gesehen wie Shin von Herrn Daka zu anderen Männern gebracht wurde.“

„Ja, das habe ich. Er hat sie immer in einer Bar oder an Straßenecken getroffen und den Kleinen ausgehändigt. Ich habe auch gesehen, wie Shin ab und zu geschlagen wurde.“

„Okay. Das war es dann auch schon. Wenn keine weiteren Fragen mehr kommen, können Sie sich nun auch nach hinten setzen.“ Ayumi nickte, stand auf und setzte sich in die Reihe hinter uns. Als sie vorbeikam lächelten wir uns an. Ich fand es schön, dass sie gekommen war. Ich hatte sie immer sehr gerne.
 

„So, das war dann die letzte Zeugin. Herr Staatsanwalt, Sie haben das Wort.“, ertönte es vom Richter. Der Staatsanwalt erhob sich aus seinem Stuhl und begann zu reden: „Nun, Herr Richter. Anhand der Zeugen, die alle das Selbe aussagen, stimmen die Anschuldigungen an Herrn Daka. Außerdem gibt es einige ärztliche Berichte die dies belegen. Daher plädiere ich dafür eine Freiheitsstrafe von 15 Jahren an den Angeklagten zu verhängen, danke.“
 

Der groß gewachsene Mann setzte sich wieder hin. Vom Richter kam nichts weiter als ein Nicken und eine Geste an den Rechtsanwalt von Daiki, dass auch dieser sich nun erheben solle. „Nun ja, werte Kollegen, wir haben einen ärztlichen Bericht, der feststellt, dass der Junge vergewaltigt wurde. Von wem konnte man allerdings nicht feststellen. Außerdem gibt es keine hundertprozentigen Beweise, dass mein Mandant den Kleinen zum Sex gezwungen haben soll. Auch wenn sich die Zeugenaussagen alle miteinander decken, wer sagt denn, dass es nicht vorher eine Absprache gab und überhaupt alle der Wahrheit entsprechen? Alle Zeugen haben für Herrn Daka gearbeitet und konnten ihn anscheinend nicht leiden. Die Verhandlung können alle gut nutzen, um sich über schlechte Arbeitsbedingungen zu beschweren und ihren Chef loszuwerden. Daher bin ich für einen Freispruch aus Mangel an Beweisen.“
 

Der Richter nickte auch ihm zu und deutete ihm an sich wieder hinzusetzen. „Gut, also wir werden uns jetzt zurück ziehen und zu einem Urteil kommen. Sie haben nun alle eine Stunde lang Zeit sich zu sammeln.“ Wir nickten. Erst als der Richter und seine Kollegen weg waren und auch Daiki von der Polizei in Gewahrsam genommen wurde, verließen Shinichi, ich und die anderen den Saal.

Das Urteil

Alle gemeinsam begaben wir uns nach draußen, um etwas frische Luft zu schnappen. Isamu begann sogleich eine zu rauchen, während Shinichi zu mir kam und seine Hand auf meine Schulter legte. „Alles okay, Shin?“, fragte er besorgt. „Ich bin, okay, aber denkst du sie glauben mir? Wird Daiki wirklich verurteilt? Ich mache mir Sorgen.“ Shinichi nickte: „Ja, ich denke schon. Allerdings wird er sicher nicht lange da bleiben müssen. Solange man ihm nichts Schlimmes nachweisen kann.“ Ich seufzte: „Das ist einfach nicht fair.“

„Nein, das ist es nicht.“, kam es von Isamu, der sich neben mich stellte: „Aber so ist das Gesetz und wir als die kleinen niederen Bürger können es nicht ändern. Wir können froh sein, wenn dieser Kerl überhaupt in den Knast wandert. So oft werden Täter mangels Beweisen laufen gelassen und verhalten sich draußen weiterhin wie die größten Arschlöcher. Jeder sieht, dass es offensichtlich ist, dass dieser Kerl ein Verbrecher ist, aber wer kann es der Polizei beweisen? Niemand. Doch Daiki wird für eine Weile im Gefängnis sitzen. So lange, dass wir genug Zeit haben, um ein neues Leben anzufangen. Da bin ich mit Shinichi einer Meinung.“ Ich nickte zufrieden, über diese Antwort. Dann begaben wir uns wieder hinein und tranken noch etwas.
 

Shinichi unterhielt sich mit Rans Mutter: „Was meinst du, wie hoch wird die Strafe sein?“

„Das ist schwer zu sagen, Shinichi. Wenn überhaupt sind es nicht mehr als fünf Jahre. Daiki hat einen verdammt guten Anwalt und dieser hatte recht mit der Aussage, dass es keine wirklichen Beweise gibt, dafür dass er Shin angefasst, oder gar missbraucht hat. Fakt ist: Shin ist misshandelt wurden, aber die ärztlichen Befunde und die Aussagen der Zeugen, die alle samt einen Groll gegen den Angeklagten heben, können nicht genau darauf schließen lassen, dass Daiki wirklich der Täter war.“ Shinichi nickte zustimmend. So war eben das Gesetz und das war in manchen Fällen gar nicht mal so schlecht.
 

Meine Gedanken kreisten umher und ich war nicht gerade zufrieden mit den Aussichten der Zukunft. Dass Daiki für zehn bis fünfzehn Jahre in den Knast kommt, konnte ich mir also schon mal abschminken. Meine Kindheit war also nicht gerettet. Und selbst wenn der Kerl für fünf Jahre in den Knast wandern sollte, dann konnte er nach spätestens dreien wieder auf Bewährung entlassen werden und dann würde er mit Sicherheit Rache an mir nehmen. Ich schluckte bei dem Gedanken. Am liebsten wollte ich alles hinter mir haben und einfach nicht mehr daran denken. Für immer mit dem Thema in Ruhe gelassen werden, das war alles was ich mir wünschte.
 

Die Stunde ging schnell rum und geschlossen gingen wir zurück in den Gerichtssaal. Jeder setzte sich auf seinen Platz, auch Daiki und sein Anwalt, die bereits vor uns dagewesen waren. Als der Richter reinkam standen wir alle auf. Dann begann er damit, das Urteil zu sprechen: „Der Angeklagte, Daiki Daka, wird für schuldig befunden den hier anwesenden, Minderjährigen Shin Kado illegal bei sich aufgenommen und misshandelt zu haben. Darüber hinaus hat er den Jungen als Drogenkurier missbraucht. Der Angeklagte wird daher zu einer Freiheitsstrafe von genau fünf Jahren verurteilt. Bitte setzen Sie sich!“ Wir taten wie uns gesagt wurde und ich schluckte. Fünf Jahre! Das ist ja wohl ein Witz. Shinichi und Ran zu meinen Seiten, sahen mich besorgt an und hielten meine Hände, die sie ganz fest drückten, als Zeichen, dass sie für mich da waren und mich beschützen würden. Auch Isamu, der hinter mir Platz genommen hatte, legte seine Hand auf meine Schulter.
 

Ich konnte es einfach nicht fassen. Fünf Jahre, bei allem was er mir angetan hatte. Sollte es danach etwa wieder so weitergehen? Sollte er wieder Kinder missbrauchen? Mein Blick wanderte zu ihm, dem der mich jahrelang vergewaltigt hatte. Er sah zwar nicht glücklich aus, grinste aber scharf, als er bemerkte, dass ich ihn anstarrte. Am liebsten wäre ich einfach auf ihn losgestürmt, auf die verantwortlichen Richter und Geschworenen, aber das konnte ich mir jetzt nicht erlauben.
 

Nun sah der Richter mich an und begann explizit zu mir zu sprechen: „Shin, eines will ich dir sagen. Wir glauben dir, aber der Anwalt von Herrn Daka hat Recht. Mangels Beweisen ist ein höheres Urteil ausgeschlossen. Die Zeugenaussagen allein reichen uns nicht aus, da sie alle einen Hass gegen den Angeklagten hegen und es nicht ein Indiz dafür gibt, dass ausgerechnet dieser Mann dich missbraucht und geschlagen hat. Anders wäre es, wenn wir Videomaterial hätten. Wir konnten ihn nur für die illegale Adoption verurteilen und dafür, dass er dich zum Besorgen von Drogen losgeschickt hat, die man eindeutig in seinem Besitz fand. Für mehr nicht.“
 

Nun sah der Richter Daiki an: „Und Sie, Herr Daka, Sie brauchen gar nicht so zu Grinsen. Seien Sie froh, dass das Gericht keine höhere Strafe vorsieht. Wäre die Gesetzeslage anders, hätte ich Sie gerne für fünfzehn Jahre ins Gefängnis gebracht.“ Daikis Grinsen verschwand so gleich und der Richter wandte sich wieder an mich: „Also Shin, ich weiß, dass das Urteil nicht gerade das ist was du dir erhofft hast, aber wir können wirklich nichts anderes machen.“ Ich nickte. „Du wirst deinen Weg schon gehen und Herr und Frau Kudo werden dir dabei ganz bestimmt helfen.“ Wieder nickte ich. „Gut, damit wäre die Sitzung beendet.“ Langsam leerte sich der Saal, nur Daiki und sein Anwalt sprachen noch ein paar letzte Worte zueinander, ehe der Verbrecher dann abgeführt wurde.
 

Draußen holte ich erst einmal tief Luft. Nun war es endlich vorbei, auch wenn die Strafe nicht das war was ich mir erhofft hatte, aber immerhin war ich ihn nun fürs Erste los. Shinichi und die anderen sahen etwas besorgt drein, mir gegenüber, aber ich schenkte ihnen immer wieder ein fröhliches Lächeln. „Es ist alles okay, Leute. Keine Angst, es geht mir gut.“, beruhigte ich sie. Die meisten nickten darauf hin verständnisvoll. „Und, was ist? Habt ihr Hunger?“, fragte Ran mit ihrer ansteckenden guten Laune. Shinichi und ich stimmten ihr zu und so schlug sie vor, dass wir Pizza essen sollten. „Hört sich gut an.“ kam es von mir und dabei war ich mit meinem neuen Ziehvater in Einklang.
 

Shinichi drehte sich um. Hinter uns liefen Ayumi und Isamu und er lud die beiden ein mitzukommen. „Ich kann leider nicht,“ kam es von Ayumi: „Ich habe leider noch einen Termin, den ich nicht verpassen darf, aber danke vielmals für die Einladung.“ Shinichi schüttelte den Kopf: „Ich danke Ihnen, dass Sie für Shin ausgesagt haben.“

„Keine Ursache, ich habe die Wahrheit erzählt und nun ist dieser Unmensch endlich hinter Gittern. Auf jeden Fall hat es mich gefreut Sie kennen zu lernen. Ich muss jetzt leider in eine andere Richtung weiter.“ Ayumi streichelte mir übers Haar. „Und dir Shin wünsche ich viel Glück, auf dass du es nun leichter hast in deinem Leben.“ Ich nickte: „Danke für alles, Ayumi.“
 

Noch einmal streichelte sie durch meine Haare und dann ging sie davon. „Aber du kommst doch mit, Isamu? Bitte.“, fragte ich meinen besten Freund. „Ähm also, wenn keiner etwas dagegen hat natürlich gerne.“ kam es zurück. „Niemand hat etwas dagegen!“ warf Ran sofort ein: „Nun komm schon mit.“ Isamu nickte und so liefen wir alle zu unserem Auto und fuhren damit zur nächst besten Pizzeria.
 

In dieser angekommen, konnten wir unsere Bestellungen recht schnell aufgeben. Während wir also warteten, bat sich uns genug Zeit, um miteinander über dieses und jenes zu reden. „Du Isamu?“, fragte ich. „Ja, Shin?“, kam es zurück. „Was hast du jetzt vor? Also was wirst du nun tun, da Daiki nicht mehr da ist?“ Die Sache interessierte mich brennend, schließlich könnte ich den Kontakt zu Isamu verlieren und das wollte ich nicht. „Nun ja,“ er zuckte mit den Schultern: „Ich habe fürs Erste eine neue Bleibe am Stadtrand gefunden und finanziere sie mir durch die Arbeit als Kellner. Meine Stelle habe ich kürzlich bekommen und ihr wisst gar nicht wie froh mich das macht. Dennoch werde ich auf jeden Fall meinen Schulabschluss nachholen, auch wenn ich dann morgens büffele und abends arbeite. Denn ohne den kann ich froh sein, wenn ich für eine gewisse Zeit lang Arbeit habe.“

„Da hast du recht. Freut mich, dass du eine Perspektive hast.“ sagte ich. „Ja, da bin ich auch froh. Außerdem macht es mich glücklich dass du nun frei bist. Kleiner und bald wie alle anderen Kinder zur Schule gehen kannst.“ antwortete Isamu lächelnd: „Und wenn du willst kannst du mich immer wieder besuchen kommen. Vorausgesetzt Ran und Shinichi erlauben das.“ Ich sah meine beiden Steifeltern bittend an. „Natürlich erlauben wir das.“ kam es von den beiden lächelnd zurück.

Isamu schrieb mir daraufhin seine neue Adresse und Telefonnummer auf. Ich bedankte mich bei ihm, sowie bei Ran und Shinichi dafür, dass sie es mir erlaubten meinen Kumpel jederzeit zu besuchen und schon kam endlich meine Pizza an. Die der anderen folgten sogleich.
 

Es war ein gelungener Abschluss des Tages, das von Shinichi vorgeschlagene Dinner war einfach köstlich. Wir unterhielten uns fröhlich in angenehmer Atmosphäre und mussten uns schon bald von Isamu verabschieden, da dieser noch etwas vor hatte. Ich hatte mir die ganze Zeit Gedanken darüber gemacht wie sehr ich mich doch für ihn freute, dass er nun frei war, endlich weg aus dem ganzen Mist, den er durchlebt hatte. Ich wusste ja wovon ich sprach. Das Leben in Daikis Gefangenschaft war unangenehmer als das Leben in der Organisation.
 

Um 20 Uhr kamen Ran, Shinichi und ich in der Villa Kudo an. Es war ein komisches Gefühl diese nun auch mein Zuhause nennen zu können, gleichzeitig war ich froh darüber, dass ich es konnte. Rans Eltern, Professor Agasa und Shiho kamen ebenfalls zu uns und wir verbrachten den Rest des Abends gemeinsam im Wohnzimmer. „Alles klar bei dir, Shin?“, wollte Shiho von mir wissen, nachdem sie in mein leicht blasses Gesicht sah. „Ja, ich bin nur etwas müde, da ich die letzte Nacht kaum geschlafen habe vor Aufregung.“

„Dann solltest du heute früher ins Bett gehen.“ riet sie und fügte ein freundliches Lächeln an.
 

Ich nahm den Vorschlag an und richtete mich auf, als Shinichi mich bat noch etwas zu Trinken aus dem Keller hoch zu holen. Ich schluckte. Im Keller lagerten also die ganzen kühlen Getränke. ‚Komm schon, Shin, reiß dich zusammen! Hier passiert dir nichts.‘ Ich musste wieder schlucken. Aus irgendeinem Grund machte mir der kalte dunkle Keller Angst. Bilder schossen mir plötzlich durch den Kopf. Ich sah Daiki vor mir und bekam Angst, brach gar in Panik aus. Ich stieß einen lauten Schrei aus, den alle in der Villa sofort bemerkten. Sogleich kamen sie angerannt und fanden mich zitternd auf der Treppe sitzend, den Kopf zwischen den Knien. Langsam kam Shinichi auf mich zu und wollte mir streicheln, doch ich bemerkte seine Absicht gar nicht, denn die Welt in der ich mich mental befand war eine andere. „Lass mich! Bitte nicht! Bitte nicht, Daiki! Ich habe nichts getan! Lass mich nicht hier! Bitte! Ich mache alles was du willst.“
 

Shinichi sah erschrocken zu den anderen. Auch deren Gesichtsausdrücke sahen nicht anders aus als seiner. „Ich glaube er hat einen Schock.“, stellte Shiho leise fest. Eri nickte: „Ja. Er muss im Keller mal etwas ziemlich Schlimmes erlebt haben. Shinichi, wir müssen ihn hier raus bringen. Nimm du ihn auf die Arme, aber halt ihn gut fest. Er wird das in seinem Zustand sicher nicht mit sich machen lassen wollen und nach dir schlagen und treten.“ Der Detektiv nickte und nahm sich der Sache an.
 

(Shinichis Sicht)

Ich nickte und nahm Shin ganz langsam hoch. Ich hielt ihn so fest wie es nur ging, denn er war sofort in Panik ausgebrochen. Er schlug um sich, trat mich, meine Lippe platzte von einem seiner Faustschläge auf. Es war mir egal, da musste ich durch, schließlich wollte ich dem Kleinen auf jeden Fall helfen. Shin schrie immer noch: „Neeeeiiin! Nicht! Bitte! Lass mich! Ich mach’s auch nie wieder!“ Er weinte, sein ganzes Gesicht war voller Tränen. Er tat mir so leid. Vorsichtig trug ich ihn ins Wohnzimmer, setzte mich auf die Couch und wiegte ihn sanft hin und her wie ein kleines Kind, wobei ich ruhig und beruhigend auf ihn einredete, so wie Eri es mir erklärt hatte. „Ist ja gut, Shin. Alles ist gut. Ich bin ja da. Niemand tut dir was. Du bist bei mir und bei Ran. Alles ist gut.“ Ich wiederholte mich immer wieder, bis Shin aufhörte zu zittern. Dann sah er mich mit großen Augen an. „Shinichi! Was? Aber.....?“
 

(Shins Sicht)

„Sch..... Alles ist gut.“ redete eine beruhigende Stimme auf mich ein. Langsam fiel mir wieder ein was passiert war. Ich sah auf Shinichis aufgeplatzte Lippe. Ich war daran schuld. „Es tut mir leid.“, stammelte ich. „Schon okay. Ich weiß, dass es keine Absicht war. Du warst im Schockzustand.“, erwiderte der Mann, der mich im Arm hielt. Von mir kam ein schwaches Nicken: „Ich wollte nicht, dass ihr das eben alles mit ansehen musstet. Aber..... Ich hatte solche Angst.“

„Das ist okay. Aber warum hast du nicht gesagt, dass du nicht in den Keller gehen willst?“ fragte Ran diesmal. „Ich dachte, es wäre vorbei. Ich dachte, ich könnte das.“ Immer noch war meine Stimme brüchig. „Willst du uns sagen was passiert ist?“ Wollte Shinichi von mir wissen. Ich sah ihn an. Mir wurde langsam klar, dass ich auf dem Schoß eines Mannes saß, aber diesmal war alles anders. Ich fühlte mich wohl. So schloss ich die Augen und dachte an den Tag, an dem Daiki mich in den Keller gesperrt hatte.
 

Flashback

„Nein, Daiki! Bitte! Ich mache es nie wieder!“ Ich war nun schon seit einem Jahr bei diesem Mann und wusste nur zu gut wie er sein konnte. Er machte mir wahnsinnige Angst. Nun kam er auf mich zu und packte mich am Arm. „Daiki, bitte, es tut mir doch leid!“ schrie ich panisch. „Halt die Fresse, Kleiner! Für wie dumm hältst du mich? Glaubst du, ich würde es nicht mitbekommen, wenn du Geld zurückbehältst?“
 

Ich sah ihn an. Ich wusste ja was ich falsch gemacht hatte, aber es war doch nur eine kleine Menge gewesen, damit ich mir etwas zu Essen kaufen konnte, weil ich solchen Hunger hatte. Aber natürlich hatte dieser Kerl es sofort bemerkt und ließ seiner Wut freien Lauf. „Aber bitte. Ich habe mir doch nur etwas zu Essen gekauft. Das war doch nur ganz wenig. Es kommt auch nie wieder vor!“

„Da hast du recht. Es wird nie wieder vorkommen, wenn ich erst mal mit dir fertig bin.“
 

Daiki öffnete die Wohnungstür und zog mich am Arm nach draußen, durch den Flur, in Richtung Keller. Ich ahnte was er vor hatte und versuchte mich mit aller Kraft loszureißen. „Bitte! Lass mich los!“

„ICH HAB GESAGT: HALT DIE FRESSE!“ Schon hatte Daiki ausgeholt und mir eine Ohrfeige gegeben, aber das war mir mittlerweile egal. So weh taten die gar nicht mehr im Vergleich zu seinen anderen Wutausbrüchen. Daiki öffnete die Tür zum dunklen Kellerraum und schuppste mich hinein. Dann schloss er die Tür hinter mir zu. Ganz allein saß ich im dunklen Kellerraum, konnte die Hand vor den Augen nicht sehen. Ich zitterte. Mir war kalt und ich hatte Angst im Dunkeln. Ich setzte mich mit Tränen in den Augen in eine Ecke. Ich wollte nur noch hier raus.
 

Die Zeit verging und ich wurde müde. Kurz bevor ich eingeschlafen war, hörte ich plötzlich ein Geräusch, dass mich aufschrecken ließ. Ich wusste nicht woher das kam und hatte auch ein bisschen Angst davor. Dann aber begann ich den Boden abzutasten. Plötzlich fühlte ich etwas. Es bewegte sich und krabbelte schnell von meiner Hand weg, über mein Bein. Ich ahnte es: Eine Maus. Aber die machte mir keine Angst, die Tiere taten schließlich nichts. Trotzdem wollte ich raus, doch ich musste mich mit dem Gedanken abfinden, dass ich das sicher nicht vor morgen früh könnte. Also rollte ich mich wieder kuschelig ein, in meine Ecke und fiel in einen tiefen Schlaf.
 

Mein Schlaf war unruhig. Ich hatte einen Alptraum. Immer wieder spielte sich die Szene ab, in der mich Daiki hier unten eingesperrt hatte und mein inneres Auge zeigte mir alles nur noch schlimmer. Ich schrie panisch auf, was mich aus meinem Traum erwachen ließ, doch es war nichts besser als zuvor. Immer noch saß ich in diesem dunklen, kalten Raum und wollte sofort das Licht anmachen, doch es gab nirgendwo einen Schalter und wenn dann hing er vielleicht zu hoch für ein Kind. Wieder hörte ich ein Geräusch hinter mir. In purer Angst rannte ich zur Tür und hämmerte wie wild dagegen. „Daiki! Lass mich hier raus! Bitte! Daiki!“
 

Es muss lange gedauert haben, meine Schreie musste ich minutenlang durchgehalten haben. Irgendwann wurde mir tatsächlich die Tür geöffnet. Erleichtert sprang ich Daiki gleich an und klammerte mich an ihm fest, damit er nicht ohne mich wieder nach oben ging. „Na, was ist denn, Kleiner? Hast du etwa so eine Angst gehabt.“ fragte er gespielt grinsend. Ich weinte und ließ den Mann nicht los. „Willst du denn jetzt wieder raus?“ fragte er. „Jaaaa!“ schrie ich schon fast, immer noch vor Angst. „Nun gut, aber hast du mir nicht vorher etwas zu sagen?“ Ich nickte. Zum hundertsten Mal in dieser Nacht entschuldigte ich mich: „Es tut mir leid, ich mach’s nie wieder.“ Daiki nickte: „Gut, dann komm raus. Aber es gibt nichts zu essen, bis ich es dir erlaube. Ist das klar? Und sollte das wieder vorkommen, dann bleibst du ein paar Tage hier unten. Verstanden?“ Ich nickte und lief mit ihm nach oben, froh nicht wieder dahin zu müssen. Doch es blieb nicht das einzige Mal, dass Daiki mich auf die Art bestraft hatte. Er ließ mich noch öfter allein da unten fest sitzen. Einmal erschreckte er mich im Dunkeln sogar fast zu Tode. Seitdem hatte ich nichts als Angst und Respekt vor Kellerräumen.

Flashback Ende
 

Shinichi begann sich vielmals bei mir zu entschuldigen: „Mann, das tut mir so leid, Shin. Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich dich niemals da runter geschickt.“

„Ist schon gut. Ihr konntet es ja nicht wissen.“, erwiderte ich. Dann beruhigte sich die Situation ganz langsam.
 

Die Anderen blieben noch eine ganze Stunde bei uns, bis sie sich verabschiedeten. Ich machte mich Bett fertig und legte mich hin, wobei ich sogleich einschlief.
 

Doch schon nach ein paar Stunden wurde ich wieder wach. Ich gab einen lauten Schrei von mir, der Shinichi und Ran sofort alarmierte. In dem Moment wo ich das Licht anmachen wollte standen sie bei mir in der Tür. „Shin, ist alles okay?“, fragte Ran besorgt. „Es tut mir leid. Ich habe schlecht geträumt.“, sagte ich, noch ein bisschen weinerlich.
 

In meinem Traum war Daiki plötzlich bei den Kudos aufgetaucht und hatte mich mitgenommen. Von da an sollte ich nie wieder aus seinen Fängen entkommen. Das war einfach alles zu viel für mich. „Ist schon gut. Es war ein langer und anstrengender Tag für sich gewesen.“ beruhigte Shinichi mich, während Ran ein neues T-Shirt aus dem Schrank holte, da mein altes komplett durchgeschwitzt war.
 

Dann sahen die Beiden einander an und es schien als wüssten sie genau was der jeweils Andere denkt, denn die nächste gestellte Frage kam von beiden gleichzeitig. „Möchtest du heute bei uns schlafen?“

„Ähm ich weiß nicht,“ sagte ich verblüfft. Irgendwie wollte ich ja schon gerne, denn ich hatte Angst allein zu bleiben. Aber ich war 13! Das wäre mir einfach viel zu peinlich gewesen. Shinichi konnte meine Gedanken ziemlich gut erraten: „Ich weiß Shin, aber das macht doch nichts. Auch große Kinder brauchen Nähe.“ So folgte ich den Beiden in ihr Schlafzimmer und legte mich in ihr Bett. „Danke.“, flüsterte ich. „Schon gut, Kleiner. Hoffen wir, dass du jetzt besser schlafen kannst.“

„Bestimmt.“ Ich rollte mich schnell ein, so wie ich das schon immer machte. Es war eine Art Schutzstellung. Shinichi und Ran sahen sich gegenseitig an und streichelten mir durchs Haar. Dann gaben sie mir noch einen Kuss auf die Stirn. „Schlaf schön.“, flüsterten beide leise. „Ihr auch.“ kam es von mir zurück, als Ran das Licht ausmachte und wir uns alle aneinander kuschelten. In dieser Position dauerte es nicht lange bis ich eingeschlafen war.

Der Test

Als ich am nächsten Morgen langsam aufwachte, spürte ich etwas Warmes neben mir. Ich fühlte mich wohl, sodass ich mich gleich näher daran kuschelte. Minutenlang lag ich so da und träumte vor mich hin. Dann machte ich die Augen auf und das erste was ich sah war Shinichis Gesicht. Oh je! Habe ich mich zu sehr an Shinichi ran gekuschelt? Ran sah mich an und lächelte. Sofort wurde ich rot. Ich hatte doch ganz vergessen, dass ich bei den beiden im Bett geschlafen hatte. Doch bevor ich mich entschuldigen konnte, begann Shinichi zu sprechen: „Guten Morgen, Shin! Hast du gut geschlafen?“

„Ähm ja. Und ihr?“

„Wir auch. Lass uns aufstehen. Es ist schon fast zehn Uhr.“

„Okay, ich gehe mich dann mal duschen.“ Ran und Shinichi nickten und sofort verschwand ich, holte meine frischen Klamotten aus meinem Zimmer und hüpfte unter die Dusche. Man war das peinlich! Wieso habe ich mich nur so an die beiden ran gekuschelt? Aber es hatte sich einfach toll angefühlt. Ich war so beschützt wie schon lange nicht mehr und das hatte gut getan.
 

(Bei Ran und Shinichi) (Shinichis Sicht)

Ran und ich streckten uns noch einmal und küsste uns lange, bis auch wir aufstanden. Wir liefen direkt in die Küche, um das Frühstück zu zubereiten. Ich musste lächeln, als ich daran dachte wie rot Shin geworden war, als er sich an mich Ran gekuschelt gefunden hatte. Ran sah mich verwirrt an. „Warum grinst du so?“

„Ach nichts, schon gut. Ich musste nur an Shin denken.“
 

Nun verstand sie und begann ebenfalls zu Grinsen: „Ja, schon niedlich. Aber der Arme war ganz erschrocken.“ Ich nickte: „Musst du nicht arbeiten?“

„Ja leider. Aber was soll’s? Was machst du denn an deinem freien Tag?“, kam es von ihr mit einem Seufzen. Ich zuckte mit den Schultern: „Einkaufen. Außerdem sollte sich Shin neue Möbel für sein Zimmer aussuchen dürfen.“

„Das hört sich doch gut an. Der Kleine wird sich bestimmt freuen.“, lächelte meine Frau fröhlich. „Ja, bestimmt.“, antwortete ich leise. Ran bemerkte meinen kleinen Stimmungswechsel sofort: „Hey, Shinichi! Was ist los?“

„Nichts. Schon gut. Es ist nur. Ich mache mir Sorgen. Ich denke, dass es nicht leid wird dem Kleinen beizubringen, dass er sich nicht für alles entschuldigen muss, oder das er nicht gleich zusammenzucken braucht, wenn man sich mal zu schnell auf ihn zu bewegt.“ Doch Ran war so optimistisch wie immer: „Das bekommen wir schon hin. Wir dürfen nicht vergessen, dass er Jahre seiner Kindheit bei Daiki verbracht hat, der ihn dazu erzogen hat ängstlich zu sein. Dazu kommt, dass er davor schon Teil der Organisation war. Seine ganze Familie besteht aus Verbrechern. Dann wurde er auch noch von seinem Vater verlassen, der ihm alles bedeutet hat. Shin ist so sensibel, das ist nicht leicht für ihn. Mit dreizehn Jahren hat er mehr Schwierigkeiten hinter sich als andere in ihrem ganzen Leben. Er hat es verdient, dass es ihm gut geht, wie anderen Kindern in seinem Alter, damit er endlich ein normaler Junge sein kann.“

„Du hast recht. Freuen wir uns auf den morgigen Eignungstest für die Schule. Dann kann er endlich ein normales Leben beginnen.“ Ran nickte mir bestimmt zu und wir setzten uns an den Tisch.
 

Kurz darauf kam auch schon Shin zu uns. Er hatte sich ein blaues T-Shirt und eine schwarze Hose angezogen. Diese standen ihm sehr gut. Nur seine Haare, die standen mal wieder in alle Richtungen ab, aber das passte einfach gut zu seinem Aussehen. Was das anging musste man Daiki und seinen Anhängern Recht geben. Shin war ein hübsches Kind und dazu etwas ganz Besonderes. Doch eines wollte ich einfach nicht verstehen. Wie konnte man einem Kind nur so etwas antun? Diese Leute waren allesamt krank und gehörten hinter Gitter, nur da spielte das Gesetz ja mal wieder nicht mit. Shin setzte sich auch an seinen Platz und wir fingen an gemeinsam zu frühstücken. Ich erzählte Shin von meinem Vorhaben für den heutigen Tag und von dem Eignungstest, der morgen später stattfinden sollte. Dann räumten wir langsam den Tisch ab. Ran machte sich schnell fertig für die Arbeit und alle zusammen verließen wir das Haus, damit Shin und ich direkt im nächsten Supermarkt einkaufen gehen konnten.
 

Im Supermarkt angekommen, liefen wir durch die Gänge. Leider hatte ich mir keinen Einkaufszettel gemacht, also ging ich im Kopf durch was wir alles brauchten. Am Süßigkeitenstand hielt ich auf jeden Fall an. Ich wollte Ran unbedingt ein paar Pralinen mitnehmen, da sie diese so gerne hatte. Dann sah ich Shin an. Wie jedes Kind hatte auch er sich etwas Süßes verdient. Da ich aber nicht wusste was er, abgesehen von Pizza, noch gerne mochte, bat ich ihm einfach an sich zu nehmen was er mochte. „Na los, Shin. Such dir auch was aus.“ forderte ich ihn mit einem Lächeln auf. Glänzende Kinderaugen strahlten mich an. „Ich darf mir echt etwas aussuchen?“

„Na klar. Sonst würde ich es dir nicht anbieten.“ Der Kleine nickte zufrieden und ging auf einen langen Entscheidungsweg.
 

(Shins Sicht)

Ich durfte mir Süßigkeiten aussuchen? Das letzte Mal hatte mein Vater mir das erlaubt. Ich konnte einfach nicht anders als mich riesig zu freuen. Daiki hatte mir so etwas natürlich nie erlaubt. Es war ein Wunder, dass ich überhaupt essen bekam. Ich überlegte eine Weile, bei dem Regal hatte ich die Qual der Wahl. Dann entschied ich mich für eine Tafel Schokolade. „Gut. Möchtest du noch etwas?“ Ich schüttelte den Kopf: „Nein, danke. Das reicht erstmal.“

„Na gut. Aber du kannst dir zu Hause jederzeit etwas aus unserem Schrank nehmen. Es gehört nun auch dir.“, bat der Detektiv an. Ich lächelte. Dann bezahlten wir unsere Einkäufe, fuhren sie nach Hause und räumten das Auto leer. Schließlich brauchten wir genug Platz für die nächste Tour.
 

Shinichi fuhr mit mir ins Möbelhaus, damit ich mir eine neue Zimmereinrichtung aussuchen konnte. Ich hielt das zwar nicht für nötig, aber trotzdem kam ich mit. Zunächst sollte ich nach einem Bett gucken. Ich fand auch sofort eins. Ein schlichtes Einzelbett, gar nicht mal so teuer. „Und das willst du, Shin?“, fragte mich Shinichi, fast ein bisschen entsetzt: „Da gibt es doch noch schönere.“

„Aber das hier ist nicht so teuer.“, entgegnete ich.
 

Nun kniete er sich zu mir runter und legte eine Hand auf meine Schulter: „Hör mal, der Preis spielt keine Rolle. Es geht darum was du willst. Es soll doch schön in deinem Zimmer sein.“ Ich nickte und zeigte dann auf ein schöneres und zugleich größeres Bett. Damit schien auch mein neuer Adoptivvater zufrieden. Wir zogen uns einen Verkäufer zu Rate und damit war das Ding fast gekauft. Erst mal aber schlenderten wir noch weiter durchs Geschäft. Ich sollte mir noch einen Schreibtisch aussuchen, einen Kleiderschrank und ein paar Regale. Mir war das alles zu viel des Guten. An jeder Ecke wurde ich beschenkt, aber Ran und Shinichi hatten einfach vor ein komplett neues Kinderzimmer einzurichten und ich sollte es bekommen. So suchte ich mir alles nach meinem Geschmack aus und damit zeigte sich auch Shinichi äußerst zufrieden. Wir gaben den Transport aller Möbelstücke in Auftrag und ein Verkäufer sagte uns, dass alles innerhalb von zwei Tagen bei uns ankommen würde. Somit zahlten wir schon mal im Voraus und verabschiedeten uns dann. „Danke, Shinichi. Die Möbel waren wirklich teuer.“

„Naja, es ging. Ist aber auch egal. Trotzdem brauchst du immer noch ein paar Dinge.“

‚Wie, noch ein paar Dinge?‘, fragte ich mich verdutzt. Ich hatte doch alles. Shinichi schien meinen Blick zu bemerken und grinste. „Na, Kinder in deinem Alter brauchen alle ein schönes Handy, sonst sind sie in der Schule unten durch. Dazu ist ein Laptop auch für die Schularbeiten von Vorteil und vielleicht würde sich ein eigener Fernseher in deinem Zimmer gut machen. Dann kannst du mal Freunde einladen, wenn ihr gemeinsam eine Show sehen wollt.“ Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. Was wollte er mir denn noch alles kaufen? Allein ein Laptop war schon super teuer. Aber dann auch noch einen Fernseher?

„Ich weiß was du denkst, aber du bekommst die Sachen, ob du willst oder nicht.“, grinste mich mein Adoptivvater an. Ich nahm das Ganze verwirrt mit einem Nicken hin.
 

So fuhren wir also gleich in den nächsten Elektronikmarkt und kauften das Beste vom Besten. Ein Smartphone und einen der allerneuesten Laptops. Zurück im Auto musste ich mich einfach immer wieder und wieder bedanken. „Ist schon gut. Das war jetzt langsam das hundertste Mal. Du wiederholst dich, Shin.“ Ich nickte und beschloss von da an einfach mich innerlich weiter zu freuen. „Sag mal, Kleiner. Was hörst du gerne so für Musik?“.

„Mhm Naja eigentlich fast alles. Aber ich mag lieber schnelle Sachen. Und du?“

„Ich bin ähnlich, aber mir gefallen ruhige Lieder auch sehr gut.“
 

Wir redeten noch eine ganze Weile auf der Rückfahrt. Zu Hause packten wir die neuesten Elektronikgeräte erst mal ins Schlafzimmer. Wir wollten warten bis meine neuen Möbel an ihrem Platz standen. Dann bereiteten Shinichi und ich schon mal das Abendessen vor, was wir verspeist hatten, sobald Ran von der Arbeit gekommen war. Dann sah ich noch eine Weile im Wohnzimmer fern. Ich schlief mal wieder auf der Couch ein und musste mich hoch tragen lassen. Aber ich brauchte die Energie. Morgen hätte ich nämlich meinen Schuleignungstest.
 

Der Morgen brach an und Ran war leider schon früh zur Arbeit gerufen worden. So fuhren Shinichi und ich alleine in die Stadt, um den Schuleignungstest zu machen. Wir betraten ein großes Gebäude und mussten die Frau unten am Tresen erst einmal fragen wo wir genau hin mussten. Die Antwort kam sogleich. So machten Shinichi und ich uns auf in den ersten Stock, wo wir auf einer Wartebank im Flur platz nahmen. „Ist alles okay, Shin?“ Shinichi merkte mir wohl an, dass ich aufgeregt war. „Ja, schon. Aber was ist wenn ich in dem Test etwas falsch mache?“

„Das spielt hier keine Rolle. Wenn du Dinge falsch machst bedeutet das nicht, dass du dumm bist. Wir müssen nur eine geeignete Schule für dich finden, damit du genau nach deinem Wissen gefördert wirst. Es geht nicht darum, ob du überhaupt zur Schule darfst, denn das ist Pflicht. Und wo genau du angemeldet wirst, entscheiden immer noch wir selber.“

„Okay, dann ist ja gut.“ lächelte ich beruhigt.
 

Schon kam eine Frau auf uns zu. „Guten Morgen, Her Kudo und Shin? Richtig?“

„Ja, das sind wir.“

„Gut, also ich bin Frau Hida und ich werde den Eignungstest mit Shin durchführen.“, stellte sie sich vor. „Bist du bereit?“, kam es an mich gerichtet. „Ja, das bin ich.“ entgegnete ich. „Also gut, dann komm mal hier rein. Herr Kudo, Sie warten solange draußen.“ Shinichi nickte und streichelte mir noch einmal durchs Haar: „Du machst das schon.“
 

In der Mitte des Raumes stand ein großer Tisch mit vielen Stühlen drum herum. Dazu befand sich noch ein Wandschrank im Zimmer. Mehr gab es hier nicht, außer dem Fenster, der Tür und der großen Zimmerpflanze. „So, Shin. Bitte setz dich doch schon mal hin.“, wurde ich aufgefordert. Ich tat wie mir gesagt wurde und Frau Hida setzte sich mir gegenüber. „So, Shin. Ich gebe dir nun Aufgaben in den verschiedenen Schulfächern. Mathe, dann Geschichte. Wenn du eine Antwort nicht weißt, dann lass sie einfach weg und geh zur nächsten Frage. Verstanden?“

„Okay, das mache ich. Hab alles verstanden.“

„Gut, dann wären hier deine Mathe aufgaben.“
 

Die Frau legte mir zwei Blätter mit Zahlen vor die Nase, wovon ich eines als Schmierblatt verwenden konnte. Von nun an hatte ich zehn Minuten Zeit zur Beantwortung der Aufgaben. Ich machte mich an die Arbeit und anfangs war es noch ganz leicht. Plus, minus, mal, geteilt. Das bekam ich im Zahlenraum von eins bis hundert noch hin. Dann wurde es zunehmend schwieriger und die Aufgaben ganz am Schluss ließ ich komplett weg. Schnell waren die zehn Minuten um und ohne große Umschweife bekam ich direkt die nächsten Aufgaben in den anderen Fächern hinter her.
 

Das Ganze ging eine Stunde lang, bis ich von Frau Hida endlich erlöst wurde. „Okay, Shin. Wir sind dann jetzt fertig. Bitte geh doch zurück zu Herrn Kudo. Ich rufe euch dann rein, wenn der Test ausgewertet ist.“

„Okay.“, sagte ich mit einem Nicken, stand auf und ging wieder auf den Flur. „Und wie war es?“, wurde ich von Shinichi begrüßt. „Mhm es ging so. ich wusste nicht alles.“

„Hör mal, das macht nichts. Ich bin trotzdem stolz auf alles was du geschafft hast. Egal wie der Test ausfällt.“

„Danke.“, sagte ich und ließ mich in den Arm nehmen. Das tat gut.
 

Nach 15 Minuten wurden wir dann zusammen von Frau Hida in den Raum gebeten. Wir setzten uns ihr gegenüber. „Nun gut.“ begann sie gleich zu reden: „Also, dafür dass Shin sehr lange nicht in der Schule war ist der Test gut ausgefallen. Allerdings hat er wirklich sehr viel Nachholbedarf. Gerade in Mathe. Am Anfang hatte er noch alles richtig, dann waren die Aufgaben teils falsch beantwortet, später gar nicht mehr. In den anderen Fächern das Gleiche. Nur in Geschichte ist er sehr gut. Da hat er bis auf zwei Fragen alle richtig.“

„Und auf was für eine Schule soll er nun gehen?“ fragte Shinichi das was ihn am meisten interessierte. „Schicken Sie ihn auf eine Gesamtschule, die ihn individuell fördert. Er hat vieles nachzuholen. Da sind selbst Lücken im Grundschulbereich. Wenn er die vorher zu Hause aufholt, kann er gut auf die Gesamtschule gehen, allerdings würde ich ihn eine Stufe niedriger anmelden. Auf das Level der anderen Dreizehnjährigen wird er nicht auf die Schnelle kommen.“ Shinichi nickte zufrieden. Dann ließ er sich noch das Testergebnis geben und wir verabschiedeten uns, ehe wir nach Hause fuhren.
 

Ich war nicht begeistert, dass ich somit nicht mehr auf die gleiche Schule wie meine Freunde gehen konnte. Doch Shinichi munterte mich auf: „Hey, Shin. Guck nicht so traurig. Es ist nicht schlimm auf eine andere Schule zu müssen. Du wirst sicher neue Freunde kennen lernen und zusätzlich zu den anderen haben. Das ist eher positiv zu sehen. Und wenn du alles aufgeholt hast kannst du die Schule später immer noch wechseln.“ Ich zuckte mit den Schultern: „Okay, du hast recht.“

„Klar habe ich das!“ sagte Shinichi und streichelte mir durchs Haar.
 

Als wir zu Hause angekommen waren war auch Ran schon von der Arbeit zurück. Sie fragte uns direkt nach dem Ergebnis und freute sich riesig für mich, dass es so gut ausgefallen war. Auch Ayumi, Genta und Mitsuhiko erzählten wir davon. Diese fanden es traurig, dass ich nicht wieder in ihre Klasse kam, aber das mussten wir alle so hinnehmen. Und schon am nächsten Tag meldete mich Shinichi in meiner zukünftigen Schule an, auf der ich in einer Woche starten sollte.

Die neue Schule

Eine Woche war nun rum, in der ich viel Spaß gehabt hatte. Zuerst hatten ran, Shinichi und ich mein Zimmer neu eingerichtet. Am Samstag waren wir auf einem Ausflug und ansonsten hatte ich viel Zeit mit den Detective Boys verbracht. Ich war sogar schon bei Isamu gewesen, dessen neue Wohnung beeindruckend schön war, ganz im Gegensatz zu seiner alten, heruntergekommenen. Er und ich hatten zudem das gleiche Ziel. Wir wollten wieder zur Schule gehen, um unseren Abschluss zu erlangen. Irgendwie freuten wir uns gegenseitig für den jeweils anderen. Ich war stolz, dass er in seinem Alter noch einmal die Schulbank drücken wollte und ihn freute es, dass ich auf eine Schule gehen würde, die einen besonders guten Ruf hatte.
 

Doch nun war es wirklich soweit. Zum zweiten Mal in meinem Leben hatte ich meinen ersten Schultag. Es fühlte sich komisch an, da ich nun in die siebte Klasse kam, obwohl ich seit der ersten nicht mehr in der Schule war. Immerhin hatte ich es dennoch geschafft mit Gleichaltrigen in eine Stufe zu kommen, auch wenn es mir dort sehr schwer fallen würde mitzuhalten und ich vieles nachzuholen hatte.
 

Shinichi und ich waren gerade auf dem Schulweg. Er begleitete mich, damit ich mich nicht gleich am ersten Tag verlaufe. Und ich war wirklich froh, dass er bei mir war. Ich war verdammt aufgeregt, je näher wir dem Gebäude kamen, kribbelte mein Bauch. Und dann kamen wir auf den Schulhof. Überall liefen Schüler durcheinander, jeder trug individuelle Kleidung. An anderen Schulen hatten sie Uniformen. Ich war froh noch keine tragen zu müssen und genoss es in meiner schwarzen Hose und dem weiß-blauen T-Shirt rumzulaufen.
 

Wir betraten das Gebäude und suchten das Büro des Direktors auf. Vorher mussten wir allerdings an seiner Sekretärin vorbei, die uns nach unserem Anliegen fragte und dann durch ließ. „Ah, du musst Shin sein. Guten Morgen! Und guten Morgen auch an Sie, Herr Kudo.“ begrüßte uns der ältere Mann mit einem Händedruck. „Ja, hallo, ich bin Shin.“ bestätigte ich und grüßte zugleich. „Freut mich dich kennen zu lernen. Ich bin Daisuke Botan, der Direktor dieses Instituts. Nimm doch erst mal Platz!“ Ich tat wie mir angeboten und auch Shinichi machte das Gleiche. Wir setzten uns auf zwei freie Stühle auf der anderen Seite des Schreibtisches. „Nun, Shin. Heute ist also dein erster Tag an dieser Schule. Bist du aufgeregt?“ sprach der Direktor nun. Ich nickte mit einem Lächeln. Shinichi streichelte mir kurz über den Rücken. „Das ist normal.“
 

Dann begann Herr Botan mir die allgemeine Hausordnung kurz und bündig zu erklären. Ich sollte um Acht da sein, Unterricht war bis Eins oder an zwei Tagen auch bis Zwei am Mittag. Für grundloses Zuspätkommen, gab es das übliche Nachsitzen.
 

Nachdem ich all diese Regeln mit einem Nicken akzeptierte, bekam ich meinen Stundenplan ausgehändigt. Dieser sah gar nicht mal so schlecht aus. Meine langen Tage waren der Mittwoch und der Donnerstag und auch die Fächer, die ich hatte, waren gar nicht so schlecht. Nur dass ich auf die Doppelstunde Mathe mittwochs gut und gerne verzichten konnte.
 

Auch Shinichi warf einen Blick auf den Plan, wurde aber sogleich dazu aufgefordert noch ein paar Zettel zu unterschreiben, um meine Anmeldung zu komplettieren. Durfte er das überhaupt? Rein gesetzlich? Schließlich war er ja noch nicht mein Erziehungsberechtigter, da bisher kein Gericht darüber entschieden hatte. Aber irgendeiner mussten den Wisch ja unterschreiben. So war ich also offiziell an dieser Schule. Herr Botan nahm die Zettel zurück und rief nach seiner Sekretärin. Diese sollte meinen Klassenlehrer holen gehen und tat wie ihr gesagt wurde.
 

Kurz darauf stand Herr Kiyoshita, ein junger Mann, von gerade 24, der nicht wie die meisten Lehrer einen Anzug trug, sondern eine schwarze Jeans und ein weißes Hemd, vor mir. Sicher der Schwarm vieler Mädchen. Ich zuckte mit den Schultern, hatte ich doch mit einem viel älteren Typen gerechnet, doch ein junger hatte sicher auch viele Vorteile. Die Sekretärin stellte uns einander vor, dann reichte mir mein neuer Lehrer die Hand und sagte, dass es ihn freue mich nun bei sich zu haben. Dann forderte er mich freundlich auf, ihm zu unserem Klassenraum zu folgen. „Ich gehe dann auch mal.“, sagte Shinichi im Aufstehen: „Und bitte, Herr Kiyoshita. Sorgen Sie dafür, dass niemand etwas über Shins Vergangenheit herausbekommt.“

„Aber klar doch, Herr Kudo. Niemand wird etwas erfahren.“, nickte mein Lehrer ihm zu. Dann verabschiedete ich mich von Shinichi, der mich noch fragte, ob er mich abholen solle, oder ob ich alleine nach Hause finden würde. Ich entschied mich für Letzteres und lehnte sein Angebot dankend ab.
 

Auf dem Weg über den Schulflure, überspielte ich meine Aufregung mit einigen Gedanken, die mir durch den Kopf kreisten. ‚Also weiß die Schulleitung hier über mein früheres Leben Bescheid. Hoffentlich wirkt sich das nicht negativ auf mich aus. Aber solange es kein anderer weiß, ist das sicherlich okay.‘ dachte ich mir, als ich von Herrn Kiyoshita unterbrochen wurde: „Und Shin, freust du dich schon auf deine neue Klasse?“

„Ja schon.“ antwortete ich schüchtern. Ich hatte den Mann gerade erst kennengelernt, wieso sollte ich ihm meine Gefühlslage mitteilen? „Du bist etwas nervös, nicht wahr?“ versuchte er das bisher kurze Gespräch aufrecht zu erhalten. Ich nickte: „Irgendwie ja. Ich war ja schon seit der ersten Klasse nicht mehr in einer richtigen Schule.“

„Halb so schlimm. Die Klasse ist ganz nett und sehr sozial, da wirst du sicher schnell Freunde finden. Und ich denke, dass auch so einige Mädchen gerne mal was mit dir unternehmen möchten.“ Ich wurde rot, als er das mit den Mädchen erwähnte. Darauf konnte auch nur ein junger Lehrer kommen. „Wenn Sie meinen.“, gab ich kurz und knapp zurück. „Keine Sorge. Du musst ja nicht jetzt schon rot werden.“ lachte der junge Mann.
 

Wir schwiegen, bis wir an einer Tür im zweiten Stock ankamen, aus der laute Stimmen zu vernehmen waren. „Gut, Shin. Bereit?“ wurde ich aus meinen Tagträumen geholt. „Ja.“ antwortete ich fast stumm, mit einem Nicken. „Dann mal los!“ Herr Kiyoshita öffnete die Tür und urplötzlich wurde es still. Alle Augen waren auf uns gerichtet mir kam es so vor wie in Zeitlupe, vor die Klasse traten. Wie ich diesen Gang doch hasste.
 

Mein Lehrer begann mich vorzustellen: „Nun, wie ihr seht haben wir einen neuen Mitschüler. Sein Name ist Shin Kado und er ist dreizehn Jahre alt. Ich hoffe, dass ihr ihn alle gut aufnimmt und nett zu ihm seid.“ Alle nickten stumm. Dann erhielt ich einen Anstoß, mich selbst vorzustellen. „Okay, also wie schon gesagt, ich bin Shin Kado, dreizehn Jahre alt und freue mich ab heute in eurer Klasse zu sein.“
 

Dann forderte Herr Kiyoshita meine neuen Mitschüler auf mir direkt ein paar Fragen zu stellen, damit ich nicht in der Pause alles zwanzigmal erklären musste. Sofort schnellten einige Hände in die Luft. „Wo wohnst du?“, kam es als erstes. „Ich wohne bei meinen,“ begann ich und wusste ab da schon nicht mehr, wie es weiter erklären sollte. Also fing ich von Neuem an: „Ich wohne bei Shinichi und Ran Kudo im Beika Viertel.“

„Echt?“ kam es sofort hinterher: „Bist du mit denen verwandt?“

„Nein, ich kenne sie nur schon ziemlich lange und sie lassen mich bei sich wohnen.“

„Warum?“ Wollte ein anderer Junge wissen. Ich wusste wirklich nicht, was ich darauf hin antworten sollte, doch Herr kiyoshita half mir aus der Patsche. „Das ist eine private Angelegenheit, von der wir nichts wissen müssen.“ Daraufhin folgten Fragen wie: „Wo hast du früher gewohnt? Und auf welcher Schule warst du vorher?“ Wieder musste Herr Kiyoshita die Fragen für mich abblocken, bis er die Runde schlussendlich beendete. Danach wurde ich erst einmal aufgefordert mich auf den freien Platz neben einem Jungen namens Naoki zu setzen. Wir stellten uns einander vor, dann begann auch schon der Unterricht.
 

Während mein Lehrer vor sich hin redete, sah ich mich in der Klasse um. Wir waren keine allzu große Anzahl an Schülern. Mehr Jungen als Mädchen, aber insgesamt sah doch alles ganz nett aus. Alle sahen nett aus naja, bis auf die drei hinten links in der Ecke. Einer von ihnen war einen ganzen Kopf größer als ich und sah mich aus irgendeinem Grund die ganze Zeit ziemlich verbittert an. Dies gab mir ein ungemütliches Gefühl, irgendetwas war komisch an dem. Ich versuchte mein mulmiges Gefühl loszuwerden, in dem ich mich auf den Unterricht konzentrierte.
 

Herr Kiyoshita war zugegebenermaßen ein wahnsinnig cooler Lehrer. Seine Ausdrucksweise gefiel den meisten Teenagern, er musste an dieser Schule sicherlich ein, bei den Schülern, hoch angesehener Typ sein. Auch wenn man etwas nicht verstand, erklärte er es nochmal anschaulicher. Nur wenn er eines nicht leiden konnte, dann war dies wohl, wenn man ihm nicht zuhörte, was ich daran bemerkt hatte, dass er zwei Mädchen bestraft hatte, die nur miteinander getuschelt hatten.
 

Nun klingelte es zur ersten großen Pause und alle erhoben sich aus ihren Sitzen. Auch ich wollte aufstehen, als ein paar Mädchen und zwei Jungen auf mich zu kamen. „Shin, wir wollten dich fragen, ob du Lust hast die Pause mit uns zu verbringen?“, wollte eines der Mädels wissen. „Sehr gerne.“, nahm ich diese Einladung fröhlich an. Doch da wurde ich von Herrn Kiyoshita aufgehalten: „Shin, kann ich noch kurz mit dir reden?“ Ich nickte und schickte die anderen schon mal vor, nach draußen. „Was ist denn?“, fragte ich neugierig. „Ich wollte nur wissen, ob alles okay ist, wie du mit dem Stoff klar gekommen bist und was du nicht verstanden hast. Wenn es irgendwelche Fragen gibt, zögere nicht sie mir zu stellen, gerne auch jetzt. Ich nehme mir wann immer es geht Zeit dafür.“

„Danke für das Angebot, aber im Moment ist alles in Ordnung.“, gab ich zurück. „Also gut. Und mach dir keine Sorgen wegen deiner Vergangenheit. Ich werde dafür sorgen, dass deine Mitschüler nichts davon mitbekommen.“

„Danke, das wäre gut.“

„Okay, dann geh nun ab in die Pause. Deine neuen Freunde warten.“ Fröhlich nickte ich und war überrascht darüber wie nett ein Lehrer doch sein konnte. Dann machte ich mich auf den Weg auf den Schulhof, um dort die anderen zu suchen.
 

„Und Shin? Ist alles okay?“, wurde ich gefragt, nachdem ich die Gruppe von vorhin wiedergefunden hatte. „Ja danke, alles in bester Ordnung. Er wollte nur wissen ob ich gut mitgekommen bin im Unterricht.“

„Ach so. Er ist wirklich ein cooler Lehrer, findest du nicht auch?“, fragte nun eines der Mädchen. „Ja, absolut.“, stimmte ich zu. „A propos!“ machte eine meiner Mitschülerinnen aufgeregt und wir sahen sie fragend an. „Wir sollten uns einander mal richtig vorstellen.“, fuhr die Blondine mit den grünen Augen fort: „Ich bin Saeko. Das hier ist Ai.“ Sie zeigte auf ein dunkelblondes, braunäugiges Mädchen: „und sie ist Kumiko.“ Damit war die einzige Braunhaarige gemeint.
 

Dann fuhr die einzige Braunhaarige fort zu erzählen: „Der Junge mit den schwarzen Haaren und dunklen Augen ist Itsuko und der andere ist Kyoko.“ Ich versuchte mir die ganzen Namen und Gesichter nun einzuprägen, während ich jedem von ihnen einmal die Hand schüttelte. „Und was nun?“, fragte ich. Die fünf Namen mich mit zu ihrem Stammplatz unter einem Baum auf einer Wiese, auf die wir uns nun hinsetzten. Nicht weit entfernt von uns standen die drei Typen, die mir vorhin im Klassenraum schon unangenehm aufgefallen waren. „Halt dich von denen fern.“ warnte Ai: „Die Drei suchen immer nur Ärger. Legen sich mit jedem an und haben wohl immer schlechte Laune. Echt fiese Kerle.“ Ich nickte, lächelte aber innerlich. Bei mir waren die Typen ganz sicher an der falschen Adresse, wenn sie Streit suchten. Doch schnell war die Pause zu Ende und wir widmeten uns erst einmal wieder dem Unterricht.
 

Mein erster Schultag ging recht schnell zu Ende. Gemeinsam mit meinen neuen Freunden lief ich zur Bushaltestelle. Sie wohnten nicht weit entfernt von mir, sodass wir die selbe Linie ansteuerten. „Und? Du wohnst also echt bei Shinichi? Wahnsinnig cool!“ wurde ich von Kumiko angesprochen. „Ja schon. Er und Ran sind wirklich nett.“

„Kann ich mir vorstellen. Und Shinichi ist einfach nur süß!“ grinste sie. Die Anderen begannen zu lachen: „Du musst wissen, sie steht auf ihn.“
 

Im Bus setzten wir uns zusammen hin. Itsuko schaltete die Musik in seinem Handy auf Laut, sodass wir alles sie hören konnten. Nebenbei unterhielten wir uns etwas. Ich fand, dass die Jungs echt cool waren und auch die Mädchen waren ganz lieb. Ich war zufrieden mit meinen neuen Kumpels und hoffte, dass das auch so bliebe.
 

Nach und nach stiegen alle aus, bis nur noch Itsuko und ich übrig blieben, doch auch ich musste als nächstes aussteigen. „Bis morgen, Itsuko.“ verabschiedete ich mich. „Bis morgen! Und weißt du was, Shin? Du bist echt cool drauf.“

„Danke. Du auch. Bis Dann!“ Ich stieg aus und hatte dann noch einen Fußweg von fünf Minuten vor mir, bis ich zu Hause war.
 

Ran kam sofort auf mich zugestürmt und fragte mich wie mein Tag war. „Danke, es war sehr schön! Mein Lehrer ist total cool und ich habe schon ein paar Freunde gefunden.“, erzählte ich freudestrahlend. „Das klingt ja toll. Hast du Hunger?“, wurde ich gefragt und nickte. Ran führte mich in die Küche, wo sie bereits etwas zu Essen gemacht hatte. „Wo ist denn Shinichi?“ Wollte ich wissen. „Er hat einen Fall.“ kam es zurück.
 

Nach dem Essen machte ich mich sofort an meine Hausaufgaben. Es war zum Glück nicht viel und Ran half mir dabei, sodass ich ziemlich schnell fertig wurde und mich noch mit Ayumi und den anderen treffen konnte. Ich erzählte ihnen von der Schule und sie schienen sich für mich zu freuen. Abends erzählte ich alles nochmal Shinichi, der auch eingetroffen war.
 

Dann setzt ich mich noch eine Weile vor meinen neuen Laptop, bis Ran und Shinichi sagten, dass ich ins Bett gehen solle. Ich tat wie mir gesagt wurde und legte mich hin, um friedlich einzuschlafen. Dass einer der gemeinen Jungen in der Schule bald schon über meine Vergangenheit Bescheid wusste und es Schwierigkeiten bei meiner Adoption geben würde, davon ahnte ich im Moment noch nichts.

Ich weiß wer du bist

Ein Monat war vergangen, seitdem ich das erste Mal wieder zur Schule gegangen war und ich genoss es. Ich hatte neue Freunde gefunden, aber blieb in Kontakt mit den Detective Boys. Die Schule machte einfach Spaß, mein Lehrer war immer noch cool und sein Unterricht einfach. Mit meinen Mitschülern verstand ich mich gut. Natürlich bis auf diese gewissen drei Typen. Hachiko, Hibiko und Osamu waren auf der ganzen Schule bekannt. Sie legten sich mit jedem an, besonders mit denen, die zu schwach waren, um gegen sie durchzuhalten. Sie suchten sich logischerweise immer den einfachsten Weg. Nur gegen die älteren an unserer Schule hätten sie nie Erfolg gehabt und ließen diese in Ruhe. Ich persönlich hatte keine Probleme mit den Dreien, nur sah mich Hachiko immer noch ständig total verbittert an. Zu seinen Kumpels meinte er einmal, dass er mich schon mal gesehen hätte, doch er wusste nicht mehr wo. Ich selbst war mir ganz sicher, dass ich ihn nicht kannte und das war mir auch lieber so.
 

Es klingelte zur großen Pause und die Schüler stürmten auf den Schulhof. Meine Clique lief wieder schnurstracks zu unserem Lieblingsbaum, wo wir uns unterhielten, doch diesmal wurden wir verfolgt. Schon im Klassenraum hatte Hachiko mich dämlich angegrinst, doch ich hatte das ignoriert. Langsam finge es jedoch an mich zu beunruhigen, denn das Auftauchen der Drei an unserem Baum ließ Ärger vermuten. Doch meine momentane Angst zeigte ich ihnen nicht und sicherlich würde ich mich nicht von ihnen unterbuttern lassen. Das hatte ich noch von meinem Vater gelernt und nun fand es Anwendung. Ich erinnerte mich, als wäre es gestern gewesen, da zeigte mir Papa einen wichtigen Trick fürs Leben.
 

Flashback

Nicht weit von unserer Wohnung entfernt saß ich auf einer Wiese und spielte mit meinem Fußball. Plötzlich kam ein Junge daher, der ein wenig älter war als ich und dazu noch einen Kopf größer. „Hey du!“, fauchte er mich an. „Ja?“, fragte ich neugierig. „Gib mir deinen Ball!“ forderte er mich eiskalt auf. „Nein, der gehört mir. Aber du darfst gerne auch mal damit spielen.“ bat ich ihm an. „Es geht mir aber nichts ums Spielen. Ich finde den Ball cool und will so einen haben. Also hole ich ihn mir von dir.“

„Vergiss es,“ gab ich zurück. Sollte er sich doch selbst einen kaufen.
 

Doch schon wurde mir das runde Kugelleder aus der Hand gerissen. „Hey! Gib ihn mir wieder, das ist meiner!“, protestierte ich. „Haha! Jetzt nicht mehr.“ Unsanft wurde ich geschuppst, sodass ich nach hinten umfiel. Doch schnell stand ich auf und näherte mich dem anderen Jungen. „Gib mir den Ball zurück, du Dummkopf!“ Die siegessichere Miene des Sechsjährigen wich langsam einer wütenden Fratze: „Was hast du gesagt?“

„Das was du gehört hast.“

„Na warte!“ Er kam auf mich zu und schon befanden wir uns mitten in einer Prügelrein, die ich verlor. Lachend lief der Kerl mit meinem Ball davon.
 

Betrübt kam ich nach Hause, wo Papa schon auf mich wartete. „Shin, was ist denn mit dir passiert? Du siehst ja schlimm aus!“ sagte er entsetzt. „Ein Junge hat mich verprügelt und mir meinen Ball weggenommen.“ antwortete ich und begann zu Weinen. „Na, mein Kleiner. Ist schon gut. Weinen bringt dir auch nichts, wenn du deinen Ball wiederhaben willst.“

„Holst du ihn mir wieder?“ bat ich. Papa schüttelte den Kopf: „Nein, das musst du schon selber machen.“

„Aber,“ brachte ich entgegen: „Er ist viel größer als ich. Und viel stärker.“

„Ich sag dir jetzt mal was, Shin.“ fing mein Vater an: „Nur weil jemand größer als du ist, heißt das nicht, dass er mehr drauf hat als du. Betrachte deine Gegner nie nach dem Aussehen. Wenn mal einer kleiner als du ist, bedeutet das auch nicht automatisch, dass er schwächer sei als du. Wichtig ist, dass du nie Angst zeigst. Wer Angst zeigt, zeigt Schwäche und hat damit schon fast verloren. Denn auf Schwächlinge wird draufgetreten. Und lass dir niemals von jemandem, der dich fies behandelt sagen was du zu tun hast. Sonst tut er es immer wieder, denn das ist in dem Moment dein Schwachpunkt. Und bedenke, du bist stark, Shin. Der Boss und ich haben dir viel beigebracht. Wenn du deinen Ball wieder haben willst, musst du all unsere Tipps nur anwenden. Du kannst das. Da bin ich mir ganz sicher. Und nun, wisch deine tränen weg und stelle dich deinem Gegner.“ Ich nickte: „Also gut, Papa! Ich hole mir meinen Ball wieder.“

„So ist es gut.“, lächelte mich mein Vater an und somit stand mein Plan für den nächsten Tag.
 

Auf der gleichen Wiese begegnete ich dem Jungen zum zweiten Mal. Lachend lief er auf mich zu und fragte, ob ich denn noch nicht genug hätte. Erst wollte ich zurückschrecken, doch ich dachte an die Worte meines Vaters und das Training beim Boss. Und schon fand all die Übung Anwendung. Schnell hatte ich meinen Ball zurück und hinterließ einen verwirrten Sechsjährigen.
 

Papas Worte konnte ich bis heute nicht vergessen. „Zeig niemals deine Angst.“

Flashback Ende
 

Ja, mein Vater hatte verdammt recht gehabt. Nur zu oft hatte ich dies schon bemerkt. Wer Schwäche zeigte, brauchte sich nicht zu wundern, dass darauf rumgehackt wurde. Man muss Stärke zeigen, damit sie keine Lust mehr haben, einen nieder zu machen, weil es zu anstrengend für sie wird.
 

Als die Drei also auf uns zu kamen, stand ich auf. Die Anderen sahen geschockt zu mir und langsam kamen auch noch einige Schaulustige hinzu, die sich um uns herum stellten. „Was willst du?“, fragte ich herausfordernd. „Ich weiß wer du bist.“, kam es mit einem schelmischen Grinsen zurück. „Klar weißt du das!“ lachte ich: „Ich bin ja auch schon seit vier Wochen in deiner Klasse. Also, was willst du von mir?“

„Ich weiß von deiner Vergangenheit. Und ich weiß wer dein Vater ist.“ sagte mein Gegenüber, ohne eine Miene zu verziehen.
 

Damit hatte ich nicht gerechnet. Langsam verlor mein Gesicht all seine Farbe. „Was ist denn los, Shin? Du siehst ja gar nicht gut aus.“ fragte er lachend: „Wär doch schön, wenn die ganze Schule davon erfährt.“

„Woher willst du das wissen?“ versuchte ich stark zu bleiben, doch was ich darauf hin zu hören bekam schockierte mich umso mehr. „Ich wusste es gleich, als du in die Klasse kamst. Irgendwo hatte ich dich schon mal gesehen. Und dann!“ machte er einen Schritt auf mich zu: „Dann fiel es mir wieder ein. Damals, da standst du in einer Gasse und hast mit so einem Typen rum gemacht, der dir anschließend Geld dafür gegeben hat, welches du an einen anderen Kerl weitergegeben hast.“
 

Ich schluckte. Jetzt wussten es alle, die mitgehört hatten. Und es ging noch weiter: „Dass ich dich damals gesehen habe, war nur Zufall. Aber als ich gestern mal wieder im Rektorzimmer saß und heimlich einen Blick auf deine Akten geworfen habe, da war es mir klar. Nicht nur, dass du im Rotlichtviertel gelebt hast, nein, deine ganze Familie besteht auch noch aus Verbrechern!“ Hachiko hatte mir die Worte nur so vor die Füße gespuckt. In mir wuchs Unsicherheit, Wut und Angst, Angst meine neu gewinnen Freunde zu verlieren. „So und nun sollten es alle wissen!“ gab mein gegenüber von sich. „Neeeeiiin!“ schrie ich panisch: „Nein! Wehe du erzählst das rum.“
 

Doch ich konnte nichts tun, als Hachiko auf einmal über den ganzen Schulhof brüllte: „Alle mal herhören! Unser Shin war ein war ein kleiner Stricher! Und sein Vater war einer von diesen Verbrechern, deren Organisation damals zu Fall gebracht wurde! Aber nicht nur das! Sein Opa war auch noch der Boss der Bande!“ Auf einmal schmissen die anderen beiden haufenweise Zettel in die Luft. Neugierig hob ich einen davon auf und dort stand es: Schwarz auf Weiß! Die ganze Story über mich.
 

„Shin Kado war ein widerlicher Stricher! Alle in seiner Familie sind Verbrecher! Haltet euch von ihm fern.“ In mir wuchs die Wut. Das hatte er nicht umsonst getan, schwor ich mir. Ich ballte meine Hand zur Faust und lief auf ihn zu. „Na warte!“

„Was denn, Shin? Willst du mich etwa hauen? Dass ich nicht lache!“ Sofort schmiss ich mich auf ihn und verpasste ihm einen schlag sodass er zu Boden fiel. Doch sogleich stand er wieder auf den Beinen und kam auch auf mich zu. Wir verstrickten uns in eine Prügelei, bei der ich ihm erst mal die Lippe blutig schlug. Hachiko war nicht schwach, aber in meiner Wut war ich es auch nicht. Ich dachte, er würde schon genug haben, da packten mich seine beiden Kumpanen, sodass er nur noch zuschlagen musste. Er traf mich genau auf den Augen, was mir sicher ein paar blaue Flecke bescheren würde. Krampfhaft versuchte ich Schmerzensschreie zu unterdrücken, doch seine Schläge waren wirklich hart.
 

Auf einmal wurde ich jedoch losgelassen. Itsuko und Kyoko hatten sich auf Hachikos Kumpels gestürzt. Dankbar nickte ich ihnen zu. Nun konnte ich wieder auf Hachiko loslaufen und ich nochmal eine verpassen. Er fiel wieder zu Boden und blieb dort auch für ein paar Sekunden. Ich beschloss, nicht weiter auf ihn einzuschlagen, da es nicht mein Stil war, in diesem Moment noch weiter zu machen. Das wäre unsportlich. So wollte ich mich umdrehen und ihm den Rücken kehren, als auch schon, beziehungsweise endlich, Herr Kiyoshita auf uns zu kam und uns beide am Arm packte.
 

„Sagt mal! Könnt ihr mir mal sagen, was das hier sollte?“ Ich grinste zunächst, als ich sah, dass Hachikos Lippe immer noch blutete und seine linke Gesichtshälfte blau war. „Also ihr beiden, ich warte auf eine Erklärung!“ So sauer hatte ich unseren Klassenlehrer noch nie gesehen. Doch niemand von uns beantwortete seine Frage. „Na gut, ihr habt es nicht anders gewollt. Mal sehen was Herr Botan dazu sagen wird.“
 

Im Rektorzimmer saßen wir beide unserem werten Herrn Schulleiter gegenüber. Es war mucksmäuschenstill. „Nun, Jungen. Ich dulde keine Schlägereien an meiner Schule. Dennoch habt ihr euch nicht an diese Regel gehalten. Warum?“

„Er hat angefangen.“, sagte Hachiko nur monoton. „Was? Nein! Er war es! Ich kann es beweisen. Hier!“ Wütend auf meinen Mitschüler legte ich den Zettel unsanft auf das Pult. Abwechselnd sehen sich Herr Botan und Herr Kiyoshita das Schriftstück an. „Woher hast du diesen Zettel?“, wollte der Direktor von Hachiko wissen. „Abgeschrieben, kopiert und an alle verteilt, damit jeder weiß mit wem wir es hier zu tun haben.“, kam es kalt zurück. „Das wird noch Konsequenzen haben, das sage ich dir.“, fauchte unser Schulleiter ihn an. „Aber auch du, Shin, hättest dich ein bisschen mehr beherrschen sollen. Bei solchen Angelegenheiten kommt man gleich zu mir. Merk dir das fürs nächste Mal.“
 

Ich sagte nichts. Was sollte ich darauf auch antworten. Ich war ein wenig beschämt, aber sicher hätte niemand anders reagiert. „Nun denn, wir werden eure Eltern anrufen. Für euch beide ist der Unterricht heute vorbei!“ Auf Hachikos Gesicht konnte ich an dieser Stelle sogar ein kleines Grinsen sehen. Ich hingegen war ein wenig entsetzt. Ran und Shinichi würden kommen müssen. Sicher wären sie wütend. Wahrscheinlich schlagen sie mich dafür, oder geben mich weg. Eine Strafe bekäme ich sicher. Ich sah schon vor meinem inneren Auge, wie meine Welt zusammenbrach.
 

Hachiko wurde erst einmal ins Krankenzimmer gebracht. Ich blieb mit Herrn Kiyoshita allein zurück. „Hör mal, Shin. Das war jetzt echt nicht gut von dir.“

„Ja, ich weiß. Ich hätte nicht gleich so durchdrehen müssen.“, entschuldigte ich mich: „Trotzdem tut es mir nicht leid!“ Mein Klassenlehrer lächelte: „Das kann ich sogar nachvollziehen. Nun weiß Hachiko auch endlich mal wie es ist am Boden zu liegen.“

„Sie sind nicht sauer auf mich?“, fragte ich erstaunt. Die Schultern zuckend sah mich Herr Kiyoshita an: „Nein. Vorausgesetzt das kommt nicht wieder vor. Begib dich nicht auf das Niveau dieser Dreierbande. Das hast du nicht nötig. Und es passt einfach nicht zu dir. Du kannst auch so Respekt und Freunde haben.“ Ich nickte: „Dankeschön.“ Irgendwie mochte ich meinen Lehrer wirklich verdammt gerne. Ich hatte ziemliches Glück mit ihm. Dann kam Hachiko, zusammen mit Herrn Botan, wieder. Wir mussten nicht mehr lange warten, als auch Shinichi und der Vater meines Mitschülers ankamen. Als sie uns sahen, wussten sie sofort was passiert war. Sie setzten sich auf die freien Stühle neben uns, dann begann Hachikos Vater zu sprechen: „Also, Herr Botan. Was ist nun schon wieder passiert?“
 

So erzählte unser Direktor die ganze Geschichte. Hachikos Vater sah abwechselnd zu mir und seinem eigenen Sohn. Ich blickte Shinichi an, konnte allerdings nichts aus seinem Gesicht ablesen. Herr Botan sprach weiter: „Nun, es war nicht richtig von Shin auf Hachiko los zu gehen, allerdings ist dieser auch nicht ganz unschuldig. Dazu hat er auch noch eine Akte aus meinem Büro entwendet, was ich als Diebstahl zur Anzeige bringen könnte.“
 

Der Vater meines Mitschülers sah seinen Sohn durchdringend an: „Junge, ich bin enttäuscht von dir. Das war unmöglich! Du entschuldigst dich jetzt sofort bei deinem Klassenkameraden!“ Hachiko nickte und sah mich dann an: „Tut mir leid.“ Ich nickte obwohl es damit doch wohl auch nicht getan war, nun da alle über mich Bescheid wussten. Doch nun sah Shinichi mich ebenfalls strengen Blickes an: „Shin. Auch du bist deinem Mitschüler noch eine Entschuldigung schuldig. Auch wenn du allen Grund hattest, hast du ihn dennoch verletzt, was nicht akzeptabel ist.“ Ich schluckte. Warum musste das denn auch sein? Konnte Shinichi mich nicht verstehen. So zuckte ich mit den Schultern ehe ich auch ein: „Tut mir leid, kommt nicht wieder vor.“ Von mir gab. Damit nun alles vom Tisch geräumt war, bekamen Hachiko und ich noch eine kleine Strafaufgabe, danach sollte das Thema dann aber endgültig geklärt sein und wir durften das Schulgebäude für heute verlassen.
 

Sobald wir im Auto saßen brach Shinichi gleich das Schweigen, welches die ganze Zeit zwischen uns geherrscht hatte: „Keine Sorge, Shin. Ich bin nicht sauer auf dich. Obwohl du dich dennoch nicht prügeln solltest.“

„Er hatte es verdient.“, schmollte ich beleidigt. „Da hast du absolut recht. Trotzdem musst du dich nicht prügeln. Das hast du gar nicht nötig. Und ich möchte auch nicht, dass du dich mit anderen schlägst. So etwas macht man einfach nicht.“

„Okay.“, gab ich kleinlaut zurück: „Aber du bist auch wirklich nicht wütend auf mich?“

„Nein. Warum auch? Ich war auch mal ein Teenager. Nur gebe ich dir trotzdem eine kleine Strafe. Du musst mir nämlich beim Essen machen helfen.“, grinste er. Damit konnte ich leben, was ich ihm lächelnd klar machte. „Und Shin, sollten sie dich in der Schule nun aufziehen, kommst du sofort zu mir.“ Ich nickte wieder.
 

Zu Hause gab mir Shinichi direkt ein Kühlpack für mein Auge. „Das hilft jetzt auch nicht mehr gegen den blauen Fleck.“, schmollte ich. „Aber der geht irgendwann wieder weg.“ munterte Shinichi mich auf.
 

Gemeinsam bereiteten wir das Essen vor, als plötzlich Ran zu Hause ankam und mich gleich über mein blaues Auge ausfragte. Shinichi erklärte ihr die Situation und widererwarten war auch sie kein bisschen sauer auf mich. Mir fiel ein Stein vom Herzen, hatte ich mir doch schlimmere Erziehungsmethoden vorgestellt, doch nun wusste ich, dass ich hier in diesem Haus aufatmen konnte. Ich konnte mich glücklich schätzen hier zu sein und das war ich auch. Einzig und allein der morgige Schultag bereitete mir jetzt noch Sorgen.
 

Die Sorgen sollten sich bestätigen, sahen mich alle Mitschüler am nächsten Tag komisch an, als ich das Gebäude betrat. Es ignorierend kämpfte ich mich zu meiner Klasse vor, doch auch da begannen sie alle zu tuscheln. Sofort kamen Itsuko und Kyoko auf mich zugelaufen: „Ist das was sie über dich erzählen echt wahr?“

„Ja und nun fangt an mich fertig zu machen.“, antwortete ich leise. „Was?“, schauten sie mich verwirrt an: „Wieso sollten wir. Du bist unser Freund. Ganz egal was du früher einmal getan hast. Du hast doch jetzt ein neues Leben.“ Überrascht und freudestrahlend sah ich die Beiden an: „Danke, ihr zwei. Das ist wirklich wahnsinnig toll.“

„Dafür sind Freunde da. Und wenn irgendwer dich fertig macht, dann stehen wir fest hinter dir. Glaub uns.“ Ich nickte: „Danke. Und nochmal vielen Dank, dass ihr mir gestern geholfen habt mich zu befreien.“

„Schon gut. War doch klar, dass wir dir helfen. Also mach dir bitte keine Sorgen, Shin.“

„Okay.“
 

Auch als es zum Unterricht klingelte und wir alle im Klassenraum saßen. Hörten die anderen nicht auf mich anzustarren. Besonders die Drei von ganz links nicht. Doch schon nach kurzer Zeit betrat Herr Kiyoshita den Raum und sah zu mir, als würde er fragen, ob alles okay sei. Ich bestätigte die Frage mit einem Nicken und von ihm kam Selber zurück. Dann begann er mit dem Unterricht.
 

Doch dann kam die Pause und plötzlich hagelte es auf mich ein. „Na, kleiner Stricher? Alles klar?“, war das Erste was ich zu hören bekomme. Ich ignorierte es und lief weiter. Doch auf einmal war der Weg für mich versperrt. Mehrere Schüler bauten sich wie eine Wand vor mir und meinen Freunden auf. „Wo wollen wir denn hin? Willst du nicht lieber ein bisschen Geld verdienen, Verbrecherkind? Ich zahl gut.“

„Lass mich in Ruhe!“ gab ich zurück und versuchte mir meine Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. „Wieso sollten wir? Solange bis du nicht von hier verschwindest, werden wir weitermachen. Verstehst du? Wir wollen keine Stricher oder Verbrecherkinder bei uns haben. Also mach dass du weg kommst, sonst bist du dran, klar?“ Ich versuchte die Sprüche zu ignorieren, doch es ging immer weiter. Die ganze Pause durch. War ich froh, als der Unterricht wieder anfing und die Schule letztendlich für heute vorbei war.
 

Ohne noch ein Wort zu sagen lief ich so schnell es ging nach Hause. Dort angekommen wollte ich sofort in mein Zimmer, doch Shinichi hielt mich auf: „Shin, wie war es?“, fragte er. In seinem Blick lag Besorgnis. „Ging so.“, murmelte ich: „Sie haben ein paar Sprüche gebracht.“ Shinichi seufzte. Anscheinend traf es auch ihn. Dass man mich so schlecht behandelte. „Hör mal, wenn das noch lange so weiter geht, dann kommst du bitte zu mir, okay?“ Ich nickte nur, ehe ich gänzlich in meinem Zimmer verschwand und mit niemandem mehr reden wollte.
 

Doch auch in der darauf folgenden Woche wurde es nicht besser. Als ich dann auch noch nach der Schule zusammengeschlagen wurde, reichte es Shinichi ein für allemal. Als ich die Villa betrat und er und Ran sahen was passiert war, sah ich sie zum ersten Mal so richtig wütend. „Mir reicht’s!“, brüllte Shinichi: „Morgen gehe ich in diese Schule und wechsele ein Wort mit deinem Direktor. So kann das nicht weitergehen!“ Ich nickte stumm und hoffte, dass Shinichis Handeln mir helfen würde.
 

Am nächsten Tag also kam Shinichi mit mir zusammen in die Schule. Sofort lief er zum Rektorzimmer und ließ sogleich meinen Klassenlehrer dazukommen. „So, Herr Botan, Herr Kiyoshita. Ich bin hier um mit ihnen nochmal über die Sache mit Shin zu reden. So kann das echt nicht weitergehen. Sehen sie sich den Jungen mal an! Er wird nach der Schule zusammengeschlagen!“

„Nun ja, Herr Kudo. Wir haben alles versucht. Doch egal welche Strafen wir ihnen auch erteilen, sie wollen einfach nicht damit aufhören.“

„Gut, dann mache ich einen anderen Vorschlag. Auch wenn er schwer für Shin sein wird. Wir versammeln die ganze Schule und erklären allen warum er so eine schlimme Vergangenheit hatte. Vielleicht haben sie dann ein wenig Verständnis.“ Der Direktor und Herr Kiyoshita schienen damit einverstanden, doch mir fiel es schwer dem zuzustimmen. Ich sollte vor die Schule treten? Sie würden sicher nicht zuhören und mich ausbuhen. Doch da es einen Versuch wert war und ja eh nicht mehr schlimmer kommen konnte, gab ich mein Einverständnis dann doch.
 

Die Versammlung wurde für gleich sofort arrangiert und zu allererst sprach Herr Botan, um allen den Grund der Versammlung zu nennen. „Nun, seit einer Woche höre ich an dieser Schule lauter Rumore über Shin Kado. Die meisten von euch scheinen ihm gegenüber angewidert. Habt ihr euch allerdings einmal durch den Kopf gehen lassen warum ein Kind solch eine schamlose Arbeit verrichtet? Niemand! Wirklich niemand macht das freiwillig. Wir sind heute hier um euch die wahren Hintergründe von Shins Lebensgeschichte zu erklären. Hoffentlich habt ihr dann ein wenig Verständnis für ihn. Nun Shin, möchtest du es selber erzählen?“ Ich nickte, ziemlich aufgeregt, aber immerhin war Shinichi bei mir. „Okay, also. Ich weiß, dass ihr mich nicht mehr leiden könnt, seitdem ihr wisst was passiert ist. Ich verstehe das. Niemand ist gerne mit einem Verbrecherkind befreundet und auch mit einem der mal auf der Straße gearbeitet habt. Aber ihr müsst wissen, ich habe mir das niemals ausgesucht. Ich wurde in diese Familie reingeboren ohne zu wissen was ihre Prinzipien sind. Erst später wurde es mir bewusst, aber hätte ich denn mit sechs Jahren einfach abhauen können? Wo hätte ich denn hin gesollt? Wer rennt schon als kleines Kind von Zuhause weg, wenn man dort seine Eltern hat, die sich um einen kümmern?“ Ich stockte. Ab und zu war ich kurz davor in Emotionen auszubrechen, aber ich hielt mich zurück. Ich musste sachlich bleiben. Hätte ich jetzt auch noch geheult, hätten mich wieder alle für ein Weichei gehalten.
 

Und so erzählte ich ihnen alles. Alles über mein schreckliches Leben, meine furchtbare Kindheit bei Daiki und wie ich überhaupt dahin gekommen bin. Auch wie ich da später wieder rauskam. Plötzlich wurde es still. Einige meiner Mitschüler fingen sogar an zu weinen, da meine Geschichte sie traurig gestimmt hatte. Manche kamen auf mich zu, entschuldigten sich und sahen ein, dass sie mich falsch behandelt hatten. Auch derjenige, der mich nach der Schule verprügelt hatte.
 

Seitdem wurde es in der Schule leichter für mich. Ab und zu warfen sie mir traurige Blicke zu und ein paar hoffnungslose Fälle tuschelten immer noch vor sich hin, aber damit kam ich klar. Generell hatte ich nun ein paar Freunde mehr und es machte mir wieder Spaß in die Schule zu gehen. Wieder einmal hatte ich das alles Shinichi zu verdanken. Ich konnte mich glücklich schätzen ihn zu haben. Ich war glücklich. Und froh, dass meine Mitschüler endlich Einsicht gezeigt hatten.

Ich soll was?

Nun lebte ich bereits seit zwei Monaten bei Ran und Shinichi und hatte endlich den Alltag eines normalen Teenagers. Ich machte viel mit Freunden, in der Schule ließen mich endlich alle in Ruhe und die Kudos und ich waren eine kleine Familie geworden. Ich musste mir keine Sorgen mehr darüber machen, dass ich genug Geld verdiente und abends auf die Straße musste. Ich war frei, wie jedes normale Kind. Doch es sollte nicht lange so bleiben.
 

(Shinichis Sicht)

Heute Morgen hatte ich einen Anruf vom Jugendamt erhalten. Ich sollte vorbeischauen, da sie mit mir über Shin reden wollten. Ungläubig starrte ich die Wand unseres Wohnzimmers an, als eine Mitarbeiterin mir am Telefon erzählte, dass sich Shins Großvater, Gins Vater bei ihnen gemeldet hatte, da er das Sorgerecht für seinen Enkel haben wollte. Das war so irreal, dass mir der Mund offen stehen blieb. Ein Mann, der seinen eigenen Sohn mit 14 auf die Straße gesetzt hatte wollte sich um seinen Enkel kümmern, den er gar nicht mal kannte? Doch ich konnte mir denken warum er das tat. Der Mann war eindeutig auf das Kindergeld aus, welches er schön für sich behalten würde. Niemals würde ich solch einem Kerl ein Kind überlassen.
 

Shin hatte mir die Geschichten über seinen Großvater, die er von Gin gehört hatte erzählt. Er selbst war ein einziges Mal bei ihm, bis dieser ihn schlagen wollte und Gin noch gerade so dazwischen gehen konnte. Vielleicht hatte der Mann mittlerweile mit dem Trinken aufgehört, doch so recht glaubte ich nicht daran. Ich wollte alles versuchen, um Shin bei mir zu behalten.
 

Ich parkte meinen Wagen vor dem großen Gebäude, nahm den Aufzug in den fünften Stock und blieb vor Zimmer 115 stehen. Dort klopfte ich an. „Herein!“, schallte es mir entgegen. Ich öffnete die Tür und sah sogleich eine blonde Frau und einen braunhaarigen Mann. Mitarbeiter des Jugendamtes. Doch noch eine weitere Person war im Raum. Blonde, leicht ergrauende Haare, blaue Augen. Ich wusste sofort, dass dies Shins Großvater sein musste. Er trug einen schwarzen Anzug. Sicher, schließlich wollte er einen gepflegten Eindruck machen, um seinen Enkel zu bekommen. Doch zuerst musste er an mir vorbei. „Guten Tag, Herr Kudo!“ begrüßte mich die Mitarbeiterin: „Ich bin Frau Sadako und das ist mein Kollege Herr Nibori. Außerdem im Raum befindet sich Herr Kado, Shins Großvater.“ Ich nickte und setzte mich mit ihnen an den kreisrunden Tisch. Herr Kado und ich musterten uns eine ganze Weile lang stumm und warfen uns herausfordernde Blicke zu.
 

„Nun, Herr Kudo. Wie sie sicher wissen sind wir hier, um die Frage zu klären, bei wem Shin Kado aufwachsen soll.“

„Das ist mir durchaus bewusste und ich bitte inständig darum, dass er bei meiner Frau und mir bleibt.“ Frau Sadako nickte: „Nun ja, jedoch will Herr Kado das auch. Und nun müssen wir diese Streitfrage klären.“ Ich schüttelte den Kopf: „Das ist nicht gut für Shin. Er fühlt sich wohl bei uns, wir sind wie eine kleine Familie. Shin hat seinen Großvater nur einmal gesehen und da war dieser im Inbegriff ihn grundlos zu schlagen. Ich kann nicht zulassen, dass Shin bei diesem Mann leben soll.“
 

Herr Kado warf mir einen wütenden Blick zu, lächelte jedoch für alle anderen Anwesenden, um seinen guten Eindruck aufrecht zu halten: „Ich hatte damals keinen guten Tag und hatte ja auch getrunken. Aber das hat sich geändert. Wissen Sie, ich habe erst kürzlich von Shins Leiden erfahren, da der Kontakt zu meinem Sohn schon seit Jahren verloren war, aber nun möchte ich meinen Enkel gerne bei mir haben. Ich danke Ihnen, dass Sie in den letzten Wochen auf ihn aufgepasst und ihn von der Straße weggeholt haben. Dennoch, ein Kind gehört zu seiner Familie.“

„Sagt der, der seinen minderjährigen Sohn rausgeschmissen hat!“, fluchte ich wütend. „Das habe ich nie getan!“ kam es empört zurück. „Natürlich habe Sie das! Glauben Sie etwa Shin lügt, oder gar sein Vater hat ihm Märchen erzählt?“

„Hideaki ist von selbst abgehauen! Ich habe alles versucht, doch er wollte einfach nicht auf mich hören. Und dann hat er sich mit vierzehn Jahren diesen Verbrechern angeschlossen. Ab da war alles zu spät. Ich habe ihn erst wiedergesehen, als ich ihn zufällig mit Shin traf und bei seinem einzigen Besuch hat er mir sogar die Hand gebrochen!“ Ich schüttelte den Kopf: „Wie können Sie nur so lügen?“ Langsam wurde ich sauer. Was dachte der Kerl sich eigentlich? Gut, ich konnte Gin damals schon nicht leiden, aber dieser Mann hier war, zumindest im Umgang mit Kindern, ein weitaus schlimmerer Zeitgenosse.
 

Nun mischten sich die Mitarbeiter vom Jugendamt wieder ein: „Nun Herr Kudo, leider gibt es keine Beweise dafür, dass Herr Kado seinen Sohn damals auf die Straße geschickt hat, allerdings gibt es einen ärztlichen Bericht dafür, dass seine Hand nach dem Besuch seines Sohnes damals gebrochen war.“

„Das mag ja sein.“ warf ich ein: „Aber dafür kann es auch einen anderen Grund gegeben haben.“

„Es tut mir leid, aber wir haben dafür keine Beweise. Daher haben wir entschieden, dass Shin ab sofort bei seinem Großvater leben wird. Morgen um 15 Uhr bringen Sie ihn bitte hier her, damit Herr Kado ihn mit zu sich nehmen kann. Sollten Sie das nicht tun, werden wir Shin früher oder später abholen lassen, mit Konsequenzen für Sie. Wenn Sie es vorziehen mit dem Jungen zu flüchten können Sie übrigens wegen Kindesentführung angezeigt werden.“
 

Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf als ich das hörte. Nicht mal genug Zeit ließen sie mir, um den Kleinen auf diese schwierige Situation vorzubereiten. Er tat mir leid und mir selbst tat es in der Seele weh, das Kind an so einen Säufer abzugeben. Auch Ran würde sicher Tränen weinen. Die Stimme des einen Jugendamtmitarbeiters riss mich aus meinen Albträumen: „Diese Entscheidung ist vorübergehend, bis ein Gericht den endgültigen Verbleib geklärt hat.“ Ich nickte stumm und hoffte, dass zumindest das Gericht vernünftige Entscheidungen treffen konnte.
 

Kopfschüttelnd machte ich mich auf den Weg zu meinem Auto. Wie konnten diese Leute dem Kind nur so etwas antun? Das durfte nicht wahr sein! Ein weiterer Albtraum für Shin! Jetzt hatte er endlich Ruhe, da riss man ihn aus seinem Umfeld. Was sollte ich nur tun? Ruhig bleiben. Erst einmal musste ich Shin morgen hier absetzen, sonst hätte ich vor Gericht keine Chance mehr auf das volle Sorgerecht. Es würden ja auch nur ein paar Wochen sein, in denen diese Typen schon bemerken würden, dass mit dem Kerl etwas nicht in Ordnung war und der Kleine endgültig zu uns kommen würde. Zumindest würde ich alles dafür tun, dass der Kleine endlich für immer bei uns wohnen konnte. Das sei gewiss.
 

Immer noch niedergeschlagen startete ich den Motor. Die Gedanken kreisten in meinem Kopf umher, machten mich wahnsinnig. Wie sollte ich das Shin erklären? Er würde einen Schock bekommen. „Verdammte scheiße.“ rief ich und haute meine Fäuste wütend gegen das Lenkrad. Hatte der Kleine nicht schon genug durchgemacht? Warum ließ man ihn so leiden? Das war doch nicht normal. Warum hatte man ihn nicht gefragt? Er war doch alt genug! Und es ging hier um ihn. Um Shin. Um sein Wohl. Es tat mir leid für ihn, doch ich musste ihn wohl oder übel für eine Weile abgeben.
 

In Gedanken versunken, fast schon taumelnd, betrat ich die Villa. Ran sah mir sofort an, dass etwas nicht stimmte. „Was ist los? Was wollten sie von dir?“ Den Blick gen Boden, zog ich meine Schuhe und Jacke aus, war meinen Schlüsselbund auf die Kommode und zog Ran am Arm aufs Sofa. Dort deutete ich ihr, sich hinzusetzen. „Was haben sie gesagt?“ fragte sie wieder besorgt. Ich seufzte, holte tief Luft und erklärte ihr die ganze Sache. Geschockt hielt sie sich die Hände vor den Mund. Sie konnte nicht weinen, nichts sagen. Sie war einfach geschockt. Doch dann stand sie auf und lief zu Telefon. „Wen rufst du an?“, fragte ich. „Mutter. Sie muss uns unbedingt vor Gericht helfen.“ Ich nickte zustimmend: „Und was sagst du zu morgen?“

Besorgt blickte meine Frau auf den Boden. „Wir müssen ihn abgeben, wenn wir ihn je wieder bekommen wollen.“, flüsterte sie und verlor dabei fast die Fassung.
 

Um 14 Uhr öffnete sich die Haustür und Shin kam rein.
 

(Shins Sicht)

Als ich nach Hause kam, sah ich Ran und Shinichi am Tisch sitzen. Sie sahen betrübt aus, Ran hatte ein paar Tränen im Gesicht. Was war passiert? „Hi!“, flüsterte ich. Ran sah zu mir auf und lächelte mich an: „Na, Shin? Wie war die Schule?“

„Gut, wie immer.“ Gab ich zurück: „Aber was ist denn mit euch los? Ist etwas passiert?“

„Das kann man so sagen.“

„Aber was?“ Ich wolle unbedingt wissen was los war. So traurig hatte ich meine Stiefeltern noch nie gesehen. Shinichi deutete mir, dass ich zu ihm kommen und mich neben ihn setzen sollte. Ich tat wie von mir verlangt und mir wurde ein bisschen mulmig. War es wegen mir? „Hör mal, Kleiner. Wir müssen mit mir reden.“ Also doch. Ich wusste es ja. „Was ist los? Habe ich etwas falsch gemacht? Wenn ja, dann tut es mir leid.“ Shinichi seufzte: „Nein, du hast nichts falsch gemacht.“
 

Nun nahm er mich auf seinen Schoß. Mir war das etwas peinlich, dennoch wehrte ich mich nicht. „Also Shin, ich war heute beim Jugendamt. Die hatte mir befohlen dorthin zu gehen. Dein Großvater, der Vater von deinem Papa war auch da.“

„Was wollte er?“ fragte ich überrascht über diese Nachricht. „Er will, dass du bei ihm wohnst.“ Shinichi klang nicht sehr glücklich darüber und ich brach ein bisschen in Unglauben aus. „Was? Aber ich kenne ihn doch gar nicht. Ich war einmal bei ihm und da wollte er mir wehtun.“

„Ja, ich weiß. Aber leider hat das Amt entschieden, dass du zu ihm gehst, bis ein Gericht entscheidet wo du wohnen sollst.“

„WAS?“ Diese Antwort traf mich wie ein Schlag. Nie im Leben wollte ich zurück zu diesem Alkoholiker, der nichts besseres im Sinn hat, als Kinder zu schlagen, zu demütigen und auszunutzen, so wie er es mit meinem Vater und meinem Onkel getan hatte.
 

„Ich will da nicht hin! Das können die doch nicht machen! Niemals! Nein!“

„Wir wollen es auch nicht. Aber wir müssen dich abgeben, sonst ruft das Jugendamt die Polizei und dann haben wir keine Chance mehr vor Gericht.“ erklärte Shinichi mir niedergeschlagen. „Und wie lange soll ich da bleiben? Und was wenn das Gericht entscheidet, dass ich da bleiben soll?“ fragte ich in völlige Panik aufgelöst. Shinichi versuchte mich zu beruhigen: „Du bleibst da nicht. Wir werden um dich kämpfen. Allerdings wird es ein paar Wochen dauern, bis entschieden wird. Aber du bleibst auf keinen Fall da. Das lassen wir nicht zu. Du kommst wieder zu uns!“ Shinichi klang entschlossen. Ich nickte. „Und wann soll ich zu meinem Opa?“

„Morgen um 15 Uhr muss ich dich zum Amt bringen. Aber keine Angst, du bleibst auf der gleichen Schule, das versichere ich dir.“

„Aber können wir nicht einfach hierbleiben und nicht dahin gehen. Ich will nicht.“ sagte ich verzweifelt. Shinichi schüttelte den Kopf: „Nein, das habe ich dir doch erklärt was dann passiert.“
 

Nun gab ich mich geschlagen: „Na gut. Ich werde schon ein paar Wochen da aushalten können. Kann ja nicht schlimmer sein als bei Daiki.“ Ran streichelte mir über den Rücken: „So ist’s gut, mein Kleiner. Und wann immer etwas passiert, du kannst jederzeit zu uns kommen und wir werden um dich kämpfen. Versprochen.“ Nun kamen uns allein ein wenig die Tränen. Ich kuschelte mich an Shinichi und noch lange saßen wir einfach so da. Dann machten wir uns noch gemeinsam einen schönen Tag als Familie.
 

Als ich abends im Bett lag, dachte ich noch etwas nach. Jetzt sollte ich also zu meinem Großvater, dem der Papa so viel Leid angetan hatte. Das würde sicher nicht einfach werden. Ich hatte damals zugehört als Papa dem Boss von seiner Kindheit erzählt hat. Die beiden haben das nicht mitbekommen, denn ich hatte es für mich behalten. Doch nun sollte ich bei diesem Mann wohnen. Unvorstellbar, dass das Jugendamt so etwas erlaubte! Nach meiner Meinung hatte natürlich niemand gefragt. Hoffentlich hatte sich dieser Kerl wenigstens im Laufe der Jahre geändert. Zum Positiven, versteht sich.
 

Doch ich würde es schon schaffen. Schlimmer als bei Daiki konnte es nicht sein. Und Ran und Shinichi würden mich ganz sicher da raus holen. Ganz sicher.

Du schaffst das

Am Tag darauf packte ich ein paar Sachen von mir, ließ allerdings einiges zurück, in der Hoffnung sie in sechs Wochen wiederzusehen. Dann machten wir uns auf den Weg zum Jugendamt.
 

Im Wagen sah Shinichi zu mir nach hinten. „Ist alles okay bei dir?“, fragte er besorgt. Im Rückspiegel hatte er sicher meinen traurigen Gesichtsausdruck gesehen und das Zittern meiner Hände. „Ich will nicht zu ihm.“ flüsterte ich. „Ich weiß. Aber uns bleibt keine Wahl. Zumindest für die nächsten sechs Wochen.“

„A..... aber was denken sich diese Leute? Sie schicken mich zu einem Mann, der seine Frau und seine Söhne jahrelang geschlagen hat. Was sind das für Menschen? Das ist doch verdammt scheiße, echt mal.“ Shinichi stimmte mir zu: „Ja, aber bitte hör auf so zu reden.“ Ich nickte. Ich wusste ja Bescheid, dass er und Ran es nicht leiden konnten, wenn ich so redete. Aber manchmal rutschte es mir wie jedem Jugendlichen raus. „Sag mal Shin,“ unterbrach mich Shinichi: „Was ist eigentlich mit deiner Oma? Ich habe noch nie etwas von ihr gehört. Auch beim Jugendamt hat man nichts über sie gesagt.“

„Ich weiß nicht. Papa hat nicht viel von ihr erzählt. Sie ist ausgezogen, als er zehn war, weil sie meinen Opa nicht mehr ertragen konnte. Er hat sie sehr leiden lassen. Sie hat Papa und Onkel Wodka immer beschützt, deshalb konnten sie nie verstehen, warum sie sie alleine bei diesem Kerl gelassen hat. Jedenfalls hat sie sich nie mehr gemeldet.“

„Ach so.“
 

Den Rest der Fahrt über war es still. Niemand sagte mehr was, besonders Ran nicht. Sie hatte nicht mehr geredet, seitdem wir das Haus verlassen hatten. Die Anspannung wuchs. Mir war noch nie so schlecht auf einer Autofahrt wie heute.
 

Im Jugendamt machten wir uns sofort auf in den vierten Stock. Ran und ich liefen Hand in Hand voraus, während Shinichi mein Gepäck trug. ‚Ich will nicht,‘ ging es mir immer wieder durch den Kopf. Am liebsten hätte ich mich umgedreht und wäre davon gelaufen. Doch ich wusste, dass das nichts bringen würde. Shinichi und Ran hätten sicher keine Chance mehr mich wieder zu bekommen, wenn ich mich wehren würde. Also nahm ich es so hin. Was waren schon sechs Wochen bei meinem Großvater, bei dem mein Vater vierzehn Jahre lang gelebt hatte? Und schlimmer als bei Daiki konnte es auch nicht werden. Außerdem konnte ich Ran und Shinichi ja jederzeit nach der Schule besuchen.
 

Wir setzten uns auf die Stühle im Wartebereich, als eine Mitarbeiterin auf uns zukam. Es war Frau Sadako. „Hallo Familie Kudo.“ Sie reichte Shinichi und Ran die Hand, dann wandte sie sich an mich: „Du musst Shin sein. Schön dich kennen zu lernen. Ich bin Frau Sadako und werde gleich dabei sein, wenn dein Opa kommt und dich abholt.“ Ich nickte und sah sie mit einem leicht wütenden Gesichtsausdruck an: „Warum werde ich eigentlich nicht gefragt, ob ich das auch will?“ Etwas überrascht sah sie mich an: „Naja, du bist noch viel zu jung, um das zu entscheiden.“

„Nein das bin ich nicht! Und ich will nicht zu diesem Kerl!“

„Kleiner, er ist doch dein Opa. Und er hat dich gerne bei sich. Das ist doch schön.“

„Nein, ist es nicht. Ich kenne ihn noch nicht einmal.“

„Na, dann lernst du ihn gleich kennen.“ Die Frau schien nicht begeistert von meinen Aussagen. Ich wollte noch etwas erwidern, doch sie ließ mich nicht ausreden. „Ich muss mal eben weg.“, sagte sie und verschwand. Ich glaubte ihr kein Wort. Sie wollte mir doch nur aus dem Weg gehen, weil sie sich nicht eingestehen konnte, dass sie mir Leid zufügte und gar nicht im Sinne des Kindes entschieden hatte, wie es eigentlich ihr Job war.
 

„Das hast du gut gemacht.“, lächelte Ran mich an: „Die Frau wusste schon gar nicht mehr was sie sagen soll.“ Ich grinste: „Ja, stimmt.“ Doch dann ließ ich wieder den Kopf hängen. „Shin.“, flüsterte Ran mir zu: „Wir schaffen das. Du musst nur für ein paar Wochen bei deinem Opa durchhalten und dann holen Shinichi und ich dich zu uns zurück. Ganz sicher. Wir sind jetzt eine Familie.“ Ran wollte mich beruhigen, doch ich nickt einfach stumm und betrübt. Mir war immer noch unwohl.
 

Eine halbe Stunde mussten wir warten, bis ein großer, blonder Mann auf uns zukam. Er musste einfach mein Großvater sein, denn irgendwie sah er meinem Vater ziemlich ähnlich. Sie beide waren gleich groß, hatten die gleiche Haarfarbe, nur dass mein Opa blaue Augen hatte. Er kam auf uns zu und, wie auf Kommando, ließ sich auch Frau Sadako wieder blicken. „Herr Kado. Schön Sie zu sehen.“

„Guten Tag.“

„Nun, dann wollen wir mal.“, sprach die Frau und sah mich ernst an. Shinichi, Ran und ich standen auf. Mein Opa kam auf mich zu, ging in die Hocke, um mit mir auf Augenhöhe zu sein und sprach mich an: „Hallo Shin. Ich bin dein Großvater. Du kannst dich vielleicht nicht mehr an mich erinnern, weil du erst drei warst. Aber ich freue mich sehr, dass du endlich bei mir wohnen kannst. Du dich nicht auch?“ Erstaunt sah ich ihn an. Er schien ganz nett. Aber bei den ganzen Perversen, die mich immer gemietet hatten, war es genauso. Erst waren sie nett und dann wurden sie zu Bestien. „Hallo Opa. Ja, ich weiß noch wer du bist.“ Er nickte, richtete sich wieder auf und sah zu Frau Sadako, die ihm nun das Zeichen gab, mich mitzunehmen. „Es wird Zeit.“ Bedrückt sah ich zu Ran und Shinichi. Ich lief zu ihnen und ließ mich von beiden umarmen.

Auch mein Großvater wandte sich an meine Zieheltern: „Danke, dass Sie meinen Enkel von der Straße geholt und bei sich aufgenommen haben.“ Shinichi warf dem alten Mann einen herausfordernden Blick zu: „Selbstverständlich. Und der Kleine wird bald ganz sicher weiter bei uns wohnen.“

„Das werden wir sehen.“, gab mein Großvater siegessicher zurück. Ran streichelte mir über den Rücken und flüsterte: „Pass gut auf dich auf mein Schatz. Nicht mehr lange, dann bist du wieder bei uns. Versprochen. Halt nur solange aus.“ Ich nickte und fast kamen mir die Tränen. Dann gab mir Ran einen Kuss auf die Wange und auch Shinichi nahm mich noch einmal in den Arm. „Pass gut auf dich auf.“, sagte er nochmal. Dann übergab er meinem Opa meine Reisetasche: „Hier drin sind ein paar von Shins Sachen.“ Der alte Mann nahm die Tasche entgegen und lenkte seinen Blick zu mir: „Also, können wir dann los?“ Widerwillig nickte ich und folgte dem Vater meines Vaters. Ran und Shinichi begleiteten uns noch bis zum Ausgang. „Wir werden dich wiederbekommen, Shin. Keine Angst.“ redeten sie mir immer wieder zu und ich wurde wehmütig.
 

Als wir draußen waren schaute ich mich verwirrt um. „Gehen wir zu Fuß?“

„Ja, ich wohne gleich um die Ecke. In der selben Wohnung wie damals. Weißt du noch?“ Ich schüttelte den Kopf. „Ist ja auch schon lange her.“
 

Den Rest des Weges liefen wir schweigend nebeneinander her. Es dauerte dreißig Minuten, dann kamen wir in einer alten, heruntergekommenen Gegend an. Vor einem Wohnhaus mit elf Parteien machten wir Halt.
 

„So, hier wohne ich und du ab jetzt auch.“ Ich nickte, blieb aber stumm. Wir liefen in den zweiten Stock, Opa schloss die Wohnungstür auf und wir traten ein. Dort zogen wir uns unsere Schuhe aus und liefen ins Wohnzimmer, wo Opa meine Tasche ablegte. Der kleine Raum kam mir bekannt vor. Langsam erinnerte ich mich wieder an einiges. „Komm, ich zeig dir alles.“, sagte er zu mir.
 

Zuerst gingen wir in die Küche. Sie war klein, alt, aber ausreichend. Einzig der Dreck störte mich so ziemlich. Danach kamen wir ins Badezimmer. Auch dieses war klein und dreckig. Sein Schlafzimmer hingegen fiel etwas größer aus. Ein Bett und ein Schrank hatten Platz, aber aufgeräumt war es auch hier nicht. Als letztes kam mein Zimmer an die Reihe. Der Raum war wieder etwas kleiner, aber er bot Raum für zwei Betten und Schränke. Alle Möbel waren alt, das sah man ihnen deutlich an. „Dies war mal das Zimmer von deinem Vater und deinem Onkel. Es sieht noch genauso aus wie früher.“, erzählte mein Opa.
 

Es war ein komisches Gefühl in dem Raum zu stehen, in dem Papa und mein Onkel aufgewachsen sind. Aber es gab mir ein wenig Kraft mich mit den alten Möbeln zu arrangieren. Dann liefen Opa und ich zurück ins Wohnzimmer und setzten uns auf die Couch. „Möchtest du etwas trinken?“

„Nein, danke.“

„Na dann erzähl doch mal was über dich.“

„Okay.“ gab ich schüchtern zurück: „Also ich bin dreizehn und gehe auf die Tajaten Schule. Ich mache gerne etwas mit meinen Freunden. Und du?“

„Ich mache nicht viel mein Junge. Ich habe keine Arbeit und bin die meiste Zeit zu Hause. Ab und zu treffe ich ein paar alte Kumpels und wir gehen in eine Bar.“

„Aha.“ Ich sah mich um. Im Raum standen ein paar leere Flaschen Bier. Er war also immer noch ein Säufer. Hoffentlich schlief er sofort ein, wenn er betrunken war. „Du, Opa?“, fragte ich: „Trinkst du?“

„Was soll denn die Frage jetzt?“, zischte er mich an. „Ich frag ja nur, musst ja nicht gleich sauer werden.“, gab ich zurück. „Du bist ganz schön frech, Kleiner. Dein Vater hat dir wohl viel zu viel durchgehen lassen. Aber das kann ich ändern.“ Ich sagte nichts dazu und stand auf. „Ich gehe in mein Zimmer.“

„Gut mach das. Nimm deine Tasche mit! Und in meinem Schlafzimmer gibt es Bettzeug. Musst du selber draufmachen.“ Ich nickte und tat was ich zu tun hatte.
 

Nach einer Weile sah ich mich im Zimmer um. Es waren noch so viele Sachen da, Bücher, Spielzeug. Mein Blick fiel auf Papas Schultasche. Ich machte sie auf und sah hinein. Ein altes Heft erhaschte meine Aufmerksamkeit. Ich öffnete es und mir sprang gleich seine schöne Schrift ins Auge. Sie war viel sauberer als meine. Auch seine Klassenarbeiten waren überraschend gut. Schlechteste Note eine Vier. Dagegen war ich wohl ziemlich schlecht, aber ich hatte ja auch keine Chance.
 

Ich stand wieder auf und ging ins Wohnzimmer. Mein Opa saß mit einer Flasche in der Hand vorm Fernseher. Na das fing ja mal gut an. „Hast du Hunger, Kleiner?“, fragte er mich. „Ähm, ja. Schon.“

„Okay. Schieb dir eine Pizza in den Ofen. Das kannst du ja sicher, oder?“

„Klar.“
 

So lief ich in die Küche, holte mir eine Tiefkühlpizza aus dem Schrank und machte den Ofen auf. Wie zu erwarten, war auch dieser alles andere als sauber. Ich seufzte, machte den gröbsten Dreck weg und schob die Pizza hinein. Morgen würde ich sicher alles mal aufräumen, ansonsten könnte ich hier nichts mehr anfassen. Zum Glück war die nächsten Tage schulfrei, sonst würde das alles nie fertig werden.
 

Während ich auf die Pizza wartete, setzte ich mich wieder ins Wohnzimmer. „Du, Opa?“

„Was ist?“ kam es genervt zurück. „Ich werde hier morgen mal ein bisschen aufräumen, wenn das okay für dich ist.“

„Ja mach das.“

„Okay ähm. Hast du überhaupt Putzsachen da?“ Die Frage musste ich stellen, denn ich bezweifelte es. Widererwarten antwortete mein Großvater allerdings positiv: „Ja, unten im Schrank.“
 

Ich setzte mich auf die Couch und sah ein bisschen fern. Auch als meine Pizza fertig war gesellte ich mich wieder zu meinem Großvater, neben dem schon drei leere Flaschen Bier standen. Der Alte war ja schon gut dabei. „Wann musst du wieder in die Schule?“, fragte er mich. „Am Montag.“

„Aha. Dann sieh zu, dass du immer direkt nach dem Unterricht hier her kommst, ist das klar?“

„Und was ist, wenn Freunde sich mit mir treffen wollen?“

„Das machst du erst mal nicht. Ich möchte, dass du immer schön brav und pünktlich hier bist. Und Junge, du machst besser was ich dir sage, klar?“

„Na toll und was soll das sein? Dir ein Bier nach dem anderen zu besorgen, damit du dich noch weiter vollsaufen kannst?“

„Wie war das?“
 

In dem Moment bereute ich bereits was ich gesagt hatte. Ich sollte mich mal im Kopf untersuchen lassen. Was fiel mir ein jetzt frech zu werden? Dass ich auch immer den Mund zu weit aufmachen musste! Jetzt hatte ich den Salat. Mein Opa stand auf und verpasste mir eine schallende Ohrfeige. Er war verdammt wütend. Zum Glück tat es nicht so weh. „Dein Vater hat dich kein bisschen erzogen. Aber was will man von dem Bengel auch schon erwarten? Aber hier, mein Junge, läuft es anders. Du wirst schon bald wissen was du besser nicht machen solltest.“ Ich nickte einfach geschockt. Er war genauso schlimm wie ich ihn mir vorgestellt hatte. „So. Und nun entschuldige dich.“ Ich schluckte. Wenn es denn sein musste. „Okay. Entschuldigung. Kommt nicht wieder vor.“, sagte ich leise. „Gut. Und jetzt ab in dein Zimmer! Kleine Kinder sollten um diese Uhrzeit schlafen.“ Ich nickte und lief in mein Zimmer, wo ich mich bis auf die Boxershorts auszog und mich aufs Bett legte. Duschen würde ich garantiert erst nachdem ich alles sauber gemacht hatte.
 

Eine Stunde brauchte ich noch, um einzuschlafen. Meine Gedanken waren einfach zu sehr belastet von meinem Tagesablauf. Ich vermisste Shinichi und Ran. Und mein Großvater hatte mir gleich am ersten Tag eine Ohrfeige verpasst. Bei ihm musste ich mich wohl ganz schön zurückhalten.

Ich will hier weg

Als ich am nächsten Tag aufwachte, war das erste was ich tat auf die Uhr zu sehen. Es war erst Neun, eine Uhrzeit, um die ich sonst nie wach war, wenn man mich nicht zum Aufstehen zwang. Wahrscheinlich konnte ich einfach nicht mehr schlafen, da ich mich unwohl fühlte, in meiner neuen Umgebung. Seufzend hiefte ich mich aus den Federn und lief ins Badezimmer, um mich umzuziehen. Um die Dusche machte ich immer noch einen großen Bogen, solange ich sie noch nicht geputzt hatte.
 

Danach lief ich in die Küche. Zu meinem Erstaunen fand ich tatsächlich Brot und Aufstrich vor. Dabei dachte ich doch immer, der Alte würde sich nur von Bier ernähren. Doch dann lenkte ich meine Gedanken um. Ich fragte mich was Ran und Shinichi gerade machten. Sie war sicher auf der Arbeit und er hatte einen Fall. Ich seufzte noch einmal und stand dann auf, um mich ans Putzen zu machen. Es gab noch viel zu tun.
 

In der Küche fing ich an, wo ich schon mal da war. Ich räumte alles auf, spülte und wischte später noch den Boden. Nun brauchte ich keine Angst mehr davor zu haben, mal wieder irgendwo kleben zu bleiben. Danach war das Wohnzimmer dran. Ich wollte gerade anfangen, als mein Opa vor mir stand. „Du bist schon wach?“, fragte er verschlafen. „Ja, ich konnte nicht mehr schlafen. Ich hab‘ auch schon die Küche geputzt.“

„Gut.“ Das Lob klang nicht sehr aufmunternd, es war auch sicher gar keines Gewesen, sondern lediglich eine zur Kenntnisnahme. Der Alte wollte sich gerade ins Bad bewegen, als er noch einmal zurückkam. „Du, Shin?“

„Ja? Was ist?“

„Ich bin mal kurz weg. Könnte spät werden heute Abend. Du bleibst aber den ganzen Tag schön hier! Wenn ich herausbekomme, dass du die Wohnung verlassen hast, wird es dir Leid tun.“ Ich nickte. Das Ganze erinnerte mich sehr an das Leben bei Daiki. Doch diesmal wusste ich was zu tun war. Am besten wehrte ich mich nicht, denn Typen wie diese machten ihre Drohungen wahr und wie mein Großvater sich verhielt, hatte mein Vater mir schon oft erzählt.
 

Sobald ich hörte, wie die Tür ins Schloss fiel, machte ich mit meiner Arbeit weiter. Ich steckte die leeren Flaschen in eine Plastiktüte, die ich in die Küche brachte, räumte den ganzen Raum auf und begann zu saugen und Staub zu wischen. Danach kam Opas Schlafzimmer dran. Ich bezog sein Bett neu, saugte und räumte auf. Mittlerweile war es 14 Uhr, doch keine Zeit für eine Pause. Also ging ich ins Badezimmer, wo ich Dusche und Klo endlich benutzbar wischte. Außerdem schmiss ich die Klamotten, die auf dem Boden lagen in den Wäschebeutel.
 

Zum Schluss war nur noch mein Zimmer dran. Das Bett musste ich nicht neu beziehen, aber Staub saugen und wischen war dringend nötig. Als ich unter mein Bett krabbelte, um nachzusehen, ob dort etwas lag, das ich versehentlich aufsaugen könnte, fand ich ein Heft. Es schien meinem Vater gehört zu haben. Langsam schlug ich es auf und las darin.
 

28. Oktober

Heute ist mein 10. Geburtstag, aber Papa hat mir nicht gratuliert und es gab auch keine Geschenke. So wie immer. Dafür haben Mama und Manabu mir etwas geschenkt. Von Mama gab es einen Fußball und von Manabu ein Buch. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Papa hat den Tag aber wieder versaut und uns angeschrien. Zum Glück hat er heute mal keinen von uns geschlagen.
 

Erstaunt las ich mich durch dieses Heft, welches sich als Papas Tagebuch herausgestellt hatte, in das er ab und zu mal einen Beitrag geschrieben hatte. Der nächste war von Dezember.
 

9. Dezember

Heute war ein ganz schlimmer Tag. Mama ist weg. Sie hat uns einfach so allein gelassen. Warum nur? Wieso hat sie mich und Manabu nicht mitgenommen? Papa, sagt dass ich es Schuld bin und jetzt schlägt er mich ständig. Zum Glück konnte ich Manabu vor ihm beschützen. Wie soll es jetzt weitergehen? Ich bin sauer auf Mama, aber ich freue mich für sie, dass Papa ihr jetzt nichts mehr antun kann. So muss sie nicht mehr weinen. Aber jetzt muss ich stark sein und Manabu immer beschützen. Aber das werde ich ganz sicher.
 

Ich schluckte. Das alles klang so unfassbar hart für mich. Mein eigener Papa, den ich so sehr liebte hatte in seiner Kindheit so sehr leiden müssen. Mir tat das alles so leid.
 

5. Februar

Ich hasse ihn! Ich hasse ihn sowas von! Wieso ist mein Vater nur so? Heute war es mal wieder sehr schlimm. Naja, das ist es mittlerweile jeden Tag. Aber heute hat er noch fester geschlagen als sonst und jetzt darf ich mich auch nicht mehr mit Freunden treffen. Aber das Schlimmste ist, dass Manabu auch etwas anbekommen hat und ich konnte es nicht verhindern, weil ich noch in der Schule war. Deshalb habe ich zuerst mal seine Wunden versorgt. Der Arme hat ganz schön geweint. Aber dann ist Papa auch noch auf mich los. Irgendwann zahle ich es ihm heim.
 

Mittlerweile konnte ich nicht mehr aufhören zu lesen und fraß mich durch einen Eintrag nach dem anderen.
 

7. Oktober

Ich kann nicht mehr. Papa trinkt immer mehr und jetzt hat er auch noch seine Arbeit verloren. Ich bin es natürlich wieder Schuld. Dann habe ich auch noch meine erste Fünf in der Schule geschrieben. Papa musste sie unterschreiben. Das gab Ärger. Wieder hat er geschrien und mich geschlagen. Ich halte das nicht mehr länger aus! Aber ich muss. Ich will Manabu beschützen. Eines weiß ich, wenn ich selber mal Kinder habe werde ich nie so.
 

Das Buch hatte immer mehr dieser Geschichten zu erzählen, in denen Papa von Opa fertig gemacht wurde. Ich war nun auf der letzten Seite angekommen.
 

9. Juli

Ich habe mich entschlossen Manabu zu meinem Freund zu bringen, wo er erst mal wohnen kann. So geht es nicht mehr weiter! Es ist besser für ihn. Ich will nicht, dass er sieht wie ich leide. Ich selbst bleibe aber noch hier. Aber ich versuche mir nun einen Job neben der Schule zu suchen, damit ich genug Geld verdienen kann, um mich und Manabu irgendwann selbst versorgen zu können. Ich hoffe, dass das alles so klappt wie ich will. Doch ich muss erst warten bis ich 14 bin, damit ich arbeiten kann. Hoffentlich halte ich es solange durch.
 

Bedrückt und ziemlich mitgenommen klappte ich das Heft zu und legte es ins Regal. Papa tut mir so leid. Was er wohl gemacht hätte, wenn er von seiner Zukunft gewusst hätte? Das alles war doch Opas Schuld gewesen. Hätte er Papa nicht rausgeschmissen, wäre er niemals in diese Organisation gekommen. Aber dann hätte er Mama nie kennengelernt und ich wäre nie geboren worden. Oh Mann! Wäre es besser so gewesen?
 

Seufzend stand ich auf und erledigte weiter meine Arbeit. Als ich wieder in der Küche stand, um mir etwas zu Essen zu machen, war es schon 18 Uhr. Ich hatte sicher gut zwei Stunden in diesem Heft gelesen. Ich trank noch schnell mein Glas Wasser aus, ehe ich mir frische Sachen holte und mich unter die Dusche stellte. Endlich konnte auch ich sie benutzen, ohne angewidert zu sein. Danach setzte ich mich noch eine Weile vor den Fernseher und schlief dabei widererwarten ein.
 

Erst um 23 Uhr ging die Tür auf und mein Opa kam sturzbesoffen herein. „Shin? Bist du wach?“, fragte er und rüttelte an mir. „Mhm ja bin ich.“, murmelte ich verschlafen. „Was schläfst du denn auch hier auf dem Sofa, Mhm?“ Seine Fahne ging mir tierisch auf die Nerven. Ich musste da weg. „Ich bin vor dem Fernseher eingeschlafen. Ich gehe jetzt ins Bett. Gute Nacht.“
 

In dem Moment wo ich aufstehen wollte, hielt mich mein Großvater am Handgelenk fest: „Nicht so schnell, Kleiner. Bleib doch noch etwas bei mir.“ Ich seufzte. Aber ich musste ja tun was er sagt. „Weißt du, dass du wie dein Vater aussiehst? Bis auf die Haarfarbe.“

„Mhm.“ Ich nickte. „Eines musst du mir lassen. Ich habe echt hübsche Kinder gemacht und du bist auch nicht von schlechten Eltern.“

„Ähm danke.“ Irgendwie gefiel mir das hier gar nicht. „Dein Vater war auch immer süß und küssen konnte er auch gut. Kannst du das auch, Shin? Du musstest ja bei diesem Daiki mit anderen Leuten schlafen. Hat es dir gefallen?“

„Nein, überhaupt nicht und ich will jetzt ins Bett.“

„Na gut. Aber nur wenn du mich vorher küsst.“ In mir kam ein Würgereiz hoch: „Muss das sein?“

„Ja, das muss es. Du sollst doch tun was ich dir sage.“ Ich schluckte kurz und gab mich dem hin. „Mhm….. lecker! Du schmeckst gut!“, lallte der Alte. Ich sagte nichts und verkrümelte mich gleich in mein Zimmer. ‚Verdammte Scheiße! Opa ist doch nicht auch so ein Perverser! Oder doch? Aber bestimmt war er einfach nur voll. Hoffentlich. Es war ja auch nur ein Kuss. Nicht so schlimm.‘ Mit diesen Gedanken schlief ich ein.
 

Nun war eine ganze Woche rum. Nicht ein einziges Mal durfte ich zu Shinichi und Ran. Opa kannte meinen Stundenplan, ich hatte keine Chance. Auch mein Handy hatte er mir weggenommen. Doch heute hatte ich Ayumi auf dem Nachhauseweg getroffen. Ihr erzählte ich alles und sie versprach es an Ran und Shinichi weiterzugeben.
 

Diese vier Wochen waren furchtbar. Nur zu oft hatte Opa mich geschlagen. Er war nahezu immer voll und brachte meistens seine Freunde gleich mit nach Hause, die dann alle auf dem dreckigen Teppich einschliefen und bis zum Morgen da lagen.
 

Auch heute war es wieder so. Sie alle waren schon da, als ich von der Schule kam. Ziemlich voll saßen sie auf dem Sofa. Ich schloss die Tür auf und wollte sofort in mein Zimmer, aber mein Opa rief mich zu sich. Mit einem Seufzer ging ich zu ihm.
 

(Shinichis Sicht)

Ich staunte nicht schlecht, als Ayumi bei uns vor der Tür stand. Okay, sie war nicht selten da, doch diesmal kam sie alleine und das noch früher als sonst. Erstaunt bat ich sie rein und setzte mich mit ihr ins Wohnzimmer. „Willst du was trinken?“, fragte ich. „Nein danke. Aber ich muss mit euch über Shin reden.“ Ran, die auch dazugekommen war, und ich nickten. Was sie wohl sagen wollte? Wir wussten ja, dass sie Shin vermisste, aber dabei konnten wir ihr auch nicht helfen. Wir hatten ihn ja selbst nicht mehr gesehen, was sicher an einem Ausgehverbot seines Großvaters lag. Immerhin war es nur noch eine Woche bis zur Entscheidung.
 

„Also“, fing Ayumi an: „ich habe heute Shin getroffen. Er sah nicht gut euch. Er vermisst euch so. Sein Opa ist den ganzen Tag am Trinken und schlägt ihn. Er will unbedingt da raus. Könnt ihr nicht jetzt schon etwas tun? Das muss doch gehen. Wer weiß was in der nächsten Woche sonst noch mit ihm passiert?“ Ich schluckte. Was hatte der alte Kerl mit dem Kleinen gemacht? Ich konnte es kaum wahr haben. Dass er trank, davon ging ich aus, aber dass er Shin schlagen würde.

Wütend stand ich auf: „So, ich werde Shin jetzt da rausholen. Scheiß egal was das Jugendamt dazu sagt, aber der Kleine bleibt da keine Minute länger!“

„Okay, aber Shinichi!“ hielt Ran mich auf: „Bitte ruf die Polizei. Alleine haben wir sicher keine Chance.“

„Nein, noch nicht. Das wäre zu früh. Ich will mir das erst einmal anschauen.“

„Ja, aber wer weiß wie der Typ drauf ist?“

„Mach dir keine Sorgen. Die Polizei kann ich immer noch rufen. Und Ran, bitte tu mir den Gefallen und ruf beim Jugendamt an, ja?“ Meine Frau nickte. Sofort lief ich zum Wagen und fuhr los. ‚Gleich bin ich wieder bei dir, Kleiner. Bitte halt durch.‘
 

(Shins Sicht)

Mit einem mulmigen Gefühl lief ich los, ins Wohnzimmer. „Was ist? Warum sollte ich herkommen?“, fragte ich schlecht gelaunt. „Pass auf wie du mit mir redest und komm her!“, schrie mich mein Großvater an. Ich nickte und kam näher. „Hey Kleiner! Geh uns mal was zu Trinken besorgen!“, verlangte einer der Besucher von mir. „Das geht nicht. Die verkaufen mir doch nie etwas, wisst ihr doch.“, antwortete ich. „Ach, so ein Mist!“ meckerte die ganze Meute. „Macht nichts. Ich hab‘ noch was da. Das dürfte reichen.“, beruhigte er die Männer. Dann schrie mein Großvater wieder rum: „Los! Komm endlich!“ Er grinste mich an: „Setz dich. Lass dich mal richtig ansehen.“ Ich schluckte. ‚Hoffentlich tun sie mir nichts.‘

Wieder schmertz

Na los Junge, komm her!“ Ich schluckte nochmal, dann ging ich langsam zu meinem Opa. In dem Moment, in dem ich kurz vor ihm stand, zog mich einer seiner Freunde zu sich runter in seinen Schoß. Ich wollte wieder aufstehen, doch er hielt mich fest im Griff. „Dein Enkel ist echt süß. Wie alt bist du nochmal, Kleiner?“ Ich antwortete nicht, doch dafür erhielt ich von meinem Opa nichts als eine Ohrfeige. „Los! Sag es ihm.“
 

Nun ergriff sein Freund für mich Partei: „Hey, du hättest ihm ja nicht gleich in das hübsche Gesicht hauen müssen, oder willst du es kaputt machen?“

„Ach, so fest war das doch nicht. Der Junge soll sich nichts so haben. Also, Shin, beantworte endlich die Frage!“ Ich nickte und sah zum Freund meines Großvaters, dessen Namen ich nicht kannte: „Ich bin dreizehn.“

„Aha. Schönes Alter.“, sagte er interessiert: „Aber nun erzähl mal etwas mehr über dich. Dein Opa hat erzählt was du die letzten Jahre so getrieben hast. War es schön?“

„Nein, es war eklig. Ich wollte es nie tun, aber ich wurde gezwungen, sonst wäre ich verhungert.“, antwortete ich angewidert. „Aber du hast doch sicher viel Geld dafür bekommen, oder?“

„Ts.“ Ich hatte absolut keine Lust auf diese Frage zu antworten. Ich hatte überhaupt keine Lust auf dieses Gesprächsthema und erst recht keine Lust überhaupt mit diesen Kerlen zu reden. So ließ ich die Frage unbeantwortet.
 

Doch das sollte nicht ungestraft bleiben. Schnell zog mein Opa sich zu sich und wollte zum nächsten Schlag ausholen. Schützend hielt ich die Hände vors Gesicht. „Du lernst es einfach nicht, oder? Du hast zu antworten wenn man sich etwas fragt. Und sei nett zu meinen Freunden, klar?“ Wieder blieb ich stumm. „Na schön Junge. Du willst es nicht anders. In ein paar Minuten wirst du garantiert das tun, was man dir sagt, das kannst du mir glauben. Bei deinem Vater habe ich es geschafft, also werde ich es auch mit dir hinbekommen.“
 

Nun sah ich meinen Großvater ernst an. „Was hast du vor?“

„Das wirst du gleich sehen!“

„A….. aber wieso tust du das? Ich bin dein Enkel, ein Teil von dir! Du bist doch echt krank im Hirn!“

„Auch noch frech werden!“ Ich riss mich los und lief davon, geradewegs zur Wohnungstür. Doch dort sollte ich nie ankommen, denn einer der Freunde meines Opas packte mich und hielt mich auf. Nun hatte mein eigenes Familienoberhaupt freie Bahn. Ich konnte mich nicht mit meinen Händen zur Wehr setzen, denn diese wurden mir auf den Rücken gepresst. Der Schlag traf mich mitten ins Gesicht. „Du lernst es einfach nicht, Kleiner! Ich gebe hier den Ton an! Ich allein!“ Mit mulmigem Gefühl sah ich, wie er langsam seinen Gürtel auszog. „Nein! Mach das nicht! Bitte!“ Das Grinsen meines Großvaters wurde immer breiter: „Dein Vater hat auch so gefleht, doch das hat ihm nichts gebracht. Er hat immer versucht den Starken zu mimen, aber als ich mit ihm fertig war, hat er jedes Mal nur noch wimmernd am Boden gelegen und das wirst du auch.“
 

Schon holte er aus. Er schlug einmal, zweimal, mehrmals, hörte gar nicht mehr auf. Sein Freund hatte mich losgelassen. Ich krümmte mich, versuchte mich so klein wie möglich zu machen, doch es half nicht. Immer wieder traf mich die eiserne Schelle. Meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich wollte es nicht raus lassen, doch ich konnte nichts dagegen tun. Mein Schmerz spiegelte sich in meinen Augen wieder.
 

Ab und zu hörten die Schläge kurz auf. In dem Moment sah ich zu meinem Opa und flehte um Gnade. „Hör auf! Bitte!“

„Was? Schon genug? Aber nein! Noch höre ich nicht auf! Es macht doch gerade so einen Spaß!“

„Bitte, hör auf!“ schrie ich: „Ich mach was du willst, aber bitte, bitte hör auf!“

„Ich glaub‘ dir kein Wort.“ Wieder holte er aus. Ich schrie. Lange würde ich das nicht mehr aushalten. Dabei wäre es in diesem Moment gar nicht mal so schlecht einfach in Ohnmacht zu fallen. So würde ich keine Schmerzen mehr spüren. Aber es passierte einfach nicht. Ich spürte jeden einzelnen Schlag, spürte wie das Blut meinen Körper entlang lief.
 

Es fühlte sich an wie eine halbe Ewigkeit. Dann endlich hörte er auf. Er zog mich am Arm hoch und schmiss mich in den Schoß seines Freundes, der meine Tränen mit seiner Hand wegwischte. „Hör auf zu weinen, Kleiner. Das passt nicht zu dir.“ Ich schluckte und versuchte mich soweit es ging zusammenzureißen. „Und? Bekomme ich nun eine Antwort?“ fragte der Kerl. Ich nickte: „Ja, ich habe Geld bekommen. Mal mehr, mal weniger. Aber für mich war es ganz schön viel.“

„Ach so. Siehst du? Geht doch. Hättest du das gleich gesagt wäre dir das hier erspart geblieben.“ Ich nickte, da fing der Typ plötzlich an mich an meinem Nacken zu küssen. Kurz zuckte ich zusammen. „Oh! Du bist wohl empfindlich, Kleiner.“

„Ja, bin ich. Bitte hör auf! Ich mag das nicht.“ Nun sprach mein Opa: „Was du willst ist egal! Das zählt hier nicht.“
 

Nun griff sein Freund auch noch in meine Hose. Das wurde mir langsam alles zu viel. „Wie viel willst du für den Jungen?“ Ich glaubte mich verhört zu haben. Wollte er mich ausleihen? Hoffentlich würde mein Großvater wenigstens das nicht zulassen. „Wie viel gibst du mir denn?“ Oh! Ich hatte mich also getäuscht. War ja auch nicht anders zu erwarten. „Nenne mir eine Summe und ich gebe sie dir.“

„Wenn es ausreicht, dass ich mir Bier für eine ganze Woche kaufen kann, dann bekommst du ihn für ein paar Stunden.“
 

Mir wurde schlecht. Richtig übel. Dieses Gespräch kotzte mich an. „Okay, abgemacht.“ Damit war ich also verkauft worden. Mein Leben ging wieder in die gleiche Richtung wie zuvor. Warum ich? Warum musste mir das gleich zweimal passieren? „Gut. Also wie ich sehe kannst du es kaum noch erwarten ihn mitzunehmen.“, sagte mein Opa. „Ganz recht.“ Ich schluckte. Tatsächlich, der Kerl war jetzt schon extrem steif. „Wenn du willst kannst du ihn mit ins Schlafzimmer nehmen. Aber pass auf, dass er nicht weg läuft.“, bat mein Opa auch noch an. „Danke. Los komm, Kleiner. Lass uns Spaß haben.“ Ich schüttelte den Kopf: „Nein. Ich will nicht.“

„Shin! Du machst gefälligst was die Erwachsenen dir sagen!“, schrie mein Großvater.
 

Er wollte wieder auf mich zukommen, doch sein Freund hielt ihn auf: „Keine Sorge. Ich mach das schon.“ Er nahm mich auf seine Schulter und trug mich ins Schlafzimmer. „Nein! Ich will nicht! Lass mich los!“, rief ich immer wieder und hämmerte auf seinen Rücken. Aber auch das sollte mir nicht helfen.
 

Nachdem der Kerl mich auf das Bett gelegt hatte, war er auch schon gleich über mir und sah mir tief in die Augen. „Ich will nicht. Bitte lass mich! Bitte!“ Ich fing an zu schluchzen. Immer wieder kamen Tränen aus meinen Augen, die er wegwischte. „Jetzt hör doch auf zu weinen. Es wird schon nicht schlimm. Ich passe gut auf, dass es dir nicht zu sehr wehtut. Du musst nur brav sein. Wie das geht weißt du ja. Du hast es doch schon oft gemacht. Also stell dich bitte nicht so an.“

„Aber ich will das nicht mehr. Nicht nochmal. Ich will das einfach nicht mehr!“ Nun fing ich an hektisch um mich zu treten, doch schon hatte sich der Kerl auf meine Beine gesetzt. „Mhm süß wie du versucht von mir loszukommen. Und jetzt sei endlich ruhig.“
 

Nun kam sein Gesicht immer näher. Er fing an mich zu küssen, seine Zunge drang in seinen Mund ein, doch diesmal biss ich einfach zu. Sofort zieht der Mann sich zurück. „Du kleiner Mistkerl! Du hast wohl nicht genug Schläge eingesteckt vorhin.“

„Ich..... Nein, bitte tu mir nichts! Nein!“ Es half nichts. Ein Schlag traf mich mitten ins Gesicht. Grinsend sah mich der Scheißkerl an. „Das machst du nicht noch einmal, Junge.“ Ich nickte: „Aber..... aber jetzt lass mich bitte in Ruhe.“ Die Angst in meiner Stimme war kaum zu überhören. „Oh nein, du bist doch so süß und ich will dich. Unbedingt. Jetzt.“
 

Nun begann er meinen Hals mit seinen Küssen abzutasten. Er wusste ja dass ich dort besonders empfindlich war. Als nächstes riss er mir das T-Shirt vom Leib, dann die Hose. Auch er selbst entledigte sich seiner Kleidung. „Bitte nicht. Nicht das. Ich will das nicht.“ wimmerte ich immer wieder. Langsam streichelte der Kerl über meine Boxershorts und zog auch diese aus. Dann begann er damit mich zu verwöhnen und egal wie sehr ich mich auch dagegen wehrte, ich konnte nicht anders und stöhnte auf. „Das gefällt dir, mhm?“, fragte der Typ. Ich sagte nichts. „Naja, aber jetzt bin ich dran.“

„Nein! Nicht!“ schrie ich. „Oh doch, mein Süßer.“ Nun fing er wieder an mich zu küssen. Ich schluchzte und fing an zu weinen. „Bitte hör auf. Ich will das nicht.“
 

Doch ehe ich es mitbekam, war der Kerl bereits in mich eingedrungen. Ich schrie. „Sei endlich leise!“ rief der Kerl mir entgegen. Er wurde immer schneller, seine Lippen tasteten meinen Oberkörper ab. Immer mehr Tränen verließen meine Augen.
 

Wieso passierte das ausgerechnet mir? Warum? Ich dachte, dass ich es nie wieder tun müsste und nun? Nun verkaufte mich mein eigener Opa. Ich hasste ihn. Abgrundtief. Warum tat er das? Ich wollte das doch nie wieder tun müssen.
 

Endlich spürte ich wie der Typ in mir kam und sich zurückzog. „Nicht schlecht, mein Kleiner. Kein Wunder, dass dich alle wollten.“ Ich sah ihn nicht an, wimmerte. Langsam zog er mein Gesicht zu sich und sah mich an. „Hör auf zu weinen. So schlimm war das nicht.“
 

Ich schluchzte. Am liebsten wollte ich ja aufhören zu weinen, doch ich konnte es einfach nicht. Es ging nicht. Und nun fing der Typ schon wieder an mich zu küssen und zu streicheln. „Was ist, Kleiner? Ich habe Lust auf noch eine weitere Runde.“

„Nein! Bitte, ich kann nicht mehr. Mir tut alles weh!“ versuchte ich mich zu wehren. „Jetzt stell dich nicht so an! Bei diesem Daiki hast du es doch mehr als einmal am Tag gemacht, oder? Also sei jetzt endlich still!“

„Nein.“ Ich will das nicht mehr!“ Der Typ antwortete erst gar nicht mehr und wollte sich gleich wieder ans Werk machen, als wir plötzlich mitbekamen, wie die Haustür krachend aufgeschlagen wurde. Kurz darauf war auch die Schlafzimmertür offen.
 

Ich sah auf. Was ich vor mir sah konnte ich nicht glauben. Im Türrahmen stand Shinichi, die Augen weit aufgerissen vor Schreck. Hinter ihm standen auch noch Herr und Frau Takagi. Immer noch geschockten Blickes sah Shinichi erst mich an, dann meinen Vergewaltiger, ehe er auf diesen losging, ihn von mir wegzog und seine Faust direkt in sein Gesicht schlug. Er wollte noch ein zweites Mal ausholen, als Herr Takagi ihn aufhielt: „Hör auf! Er ist es nicht wert.“ Shinichi nickte, dann sah ich zu wie Herr Takagi den Kerl abführte und auch Opas andere Freunde mitgenommen wurden, so wie auch er.
 

Shinichi kam auf mich zu und setzte sich zu mir aufs Bett. „Mein Kleiner. Alles wird gut.“ Nun nahm er mich in den Arm und ich krallte mich sofort an sein T-Shirt fest und weinte einfach drauf los. „Sch..... mein Kleiner. Alles ist gut. Ich bin da und dir wird niemand mehr etwas tun. Ab jetzt bleibst du bei Ran und mir. Alles wird gut.“ Alles wird gut. Das hatte er schon mal gesagt. Und was ist passiert? Alles andere als das. Gar nichts ist gut geworden. Nichts wird wieder gut. Das Einzige wofür ich gut bin, ist dass man sich bei mir seine Befriedigung holen kann. Mehr aber auch nicht. Wieder brach in Tränen aus und versank in meiner eigenen Welt.
 

(Shinichis Sicht)

Noch lange hielt ich Shin Fest im Arm. Der Kleine hatte sich immer noch fest an mich gekrallt und es sah auch nicht so aus, als ob er mich freiwillig wieder loslassen würde. Ich sah in an. Seine kleinen grünen Augen waren leer. Da war nichts mehr. Keine kindliche Freude. Es versetzte mir einen Schock, tat mir weh ihn so zu sehen. „Shin! Hörst du mich, Kleiner?“ Keine Reaktion. Er wird doch nicht wieder in seine eigene kleine Welt abgetaucht sein. Bitte nicht schon wieder. „Shin, ich muss dich anziehen, damit wir von hier weg können.“
 

Auch daraufhin erhielt ich keine Antwort, aber immerhin ließ er mich los und ließ mich ihn anziehen. Dann nahm ich ihn wieder auf den Arm und wollte ihn aus der Wohnung tragen. Sofort krallten seine Hände sich wieder in mein T-Shirt. Ich seufzte und ging mit ihm nach draußen. „Herr Takagi, können Sie uns zu einem Arzt bringen? Ich kann nicht fahren, der Kleine krallt sich fest wie eine Klette.“

„Ja klar. Was ist mit ihm?“

„Schock. Ich will ihn direkt untersuchen lassen.“

„Okay. Ich gebe den Kollegen Bescheid.“
 

Nachdem Takagi sich abgemeldet hatte, gab ich ihm meinen Autoschlüssel und setzte mich selber mit dem Jungen auf die Rückbank, wo ich ihn noch die ganze Zeit festhielt. „Zu welchem Arzt soll ich fahren?“, fragte Takagi. Ich beschloss ihm die Anschrift von Dr. Masa zu nennen, der Shin auch schon damals untersucht hatte. So schnell es ging fuhren wir los.
 

Während der Fahrt murmelte Takagi immer wieder vor sich hin: „Wie kann man einem Kind nur so etwas antun?“

„Das weiß ich auch nicht. Das sind doch alles nur kranke Typen. Hoffentlich wird der Kleine wieder gesund.“

„Warum nicht? Er hat das jahrelang mitgemacht und war danach wieder ein glückliches Kind.“

„Ja, nur diesmal hat er einen Schock und denkt jetzt sicher, dass er zu nichts mehr zu gebrauchen ist. Verdammt! Ich habe ihm versprochen, dass alles gut wird und nun? Jetzt wird er sicher nie mehr jemandem vertrauen können.“ Takagi nickte betrübt: „Ich würde den Kerl foltern, wenn Shin nicht mehr gesund wird.“

„Nicht nur du. Aber das geht nicht. Wir würden sicher bestraft werden.“ Takagi zuckte mit den Schultern. Den Rest der Fahrt blieb es still. Ich rief noch schnell Dr. Masa auf dem Handy an, damit er seine Praxis nicht schon zu hatte, wenn wir ankämen und er versprach, sich gleich um Shin zu kümmern.
 

Takagi sagte, dass er gerne die ganze Zeit im Auto auf uns warten würde, so schleppte ich Shin alleine ins Gebäude. Dr. Masa sah uns sofort, als wir die Praxis betraten und wies uns an, ihm ins Behandlungszimmer zu folgen. Ich setzte mich mit Shin im Arm auf die Liege. Dieser klammerte immer noch an mir, hatte seinen Kopf in meine Brust vergraben. „Nun, Herr Kudo. Sie haben mir ja schon soweit alles geschildert. Also, sagen Sie, wie haben Sie Shin genau vorgefunden? Wie hat er reagiert?“

„Er hat mich erste erstaunt angesehen, weil er wohl nicht mit mir gerechnet hatte. Also habe ich mich, nachdem der Täter abgeführt wurde, zu ihm aufs Bett gesetzt und ihn in den Arm genommen. Er hat das alles gut mit sich machen lassen. Ich habe versucht ihn zu beruhigen gesagt dass alles gut wird und er sich keine Sorgen mehr machen bräuchte. Er fing an zu weinen, hat sich an mir festgekrallt und als ich ihm in die Augen gesehen habe, da war nichts. Sie waren so leer. Und als ich ihn loslassen wollte, um ihn anzuziehen, da hat er sich noch fester in mein T-Shirt gekrallt. Er wollte nicht von mir weg. Erst als ich ihm gesagt habe, dass ich ihn anziehen will, um mit ihm aus der Wohnung rauszukommen, da hat er reagiert. Aber danach klebte er sofort wieder an mir und ich bekomme ihn einfach nicht los.
 

Dr. Masa hörte aufmerksam zu. Er verstand die Situation und bückte sich um mit Shin auf einer Augenhöhe zu sein. „Hallo Shin. Ich bin es, Dr. Masa. Kannst du mich hören?“ Daraufhin erhielt der Arzt keine Antwort, nur ich spürte wie der Griff des Jungen fester wurde. „Wie ich vermutet habe. Ein Schock. Er nimmt seine Außenwelt gar nicht mehr wahr. Ich würde ihn trotzdem gerne untersuchen.“ Ich nickte und versuchte den Jungen von mir loszubekommen, doch dieser hatte so eine Kraft entwickelt, dass es mir äußert schwer fiel. Ich war ziemlich überrascht von seiner Stärke.
 

Als ich ihn endlich von mir los hatte und auf die Liege legte, machte sich Doktor Masa daran ihm die Klamotten auszuziehen. Sofort fing Shin an wild um sich zu treten und zu schreien. „NEIN!!! ICH WILL DAS NICHT! LASS MICH! ICH WILL NICHT!“ Ihm liefen Tränen aus den Augen. Auch mir fiel es schwer ihn so zu sehen. Ich fühlte richtig mit ihm mit. Dr. Masa sah mich an: „Herr Kudo, könnten Sie mit ihm reden und ihn beruhigen?“ Ich nickte und versuchte mein Bestes. „Shin, hör mir zu.“ Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und sah ihm sanft in die Augen. „Hör zu, das ist nur Dr. Masa. Du kennst ihn. Er tut dir nichts. Niemals. Er will dich untersuchen und ich bin bei dir. Ich lasse dich nicht alleine. Also, darf er dich untersuchen?“ Shin nickte. Langsam zog der Arzt ihn aus. Als ich die Striemen an Shins Körper sah, keimte die Wut in mir auf. Wie konnte dieser Mistkerl ihn nur so misshandeln? Der Kleine blieb ruhig. Ab und zu kamen Tränen aus seinem Auge, aber er blieb brav und wehrte sich nicht.
 

Als er fertig war, nahm ich ihn wieder auf den Arm. Sofort hatte er sich wieder an mich gekrallt und seinen Kopf auf meine Brust gelegt. „Nun, Herr Kudo. Ich habe soweit alle Wunden versorgt. Sie sollten ihn jeden Tag mit einer bestimmten Creme einreiben. Das Rezept drucke ich Ihnen aus. Die Untersuchungsergebnisse, ob der Junge sich sonst etwas gefangen hat, werden morgen da sein. Ich kümmere mich so schnell es geht darum. Aber bitte, tun Sie mir einen Gefallen. Sie müssen lange bei ihm bleiben. Es wird ein paar Tage brauchen, vielleicht ein zwei Wochen. Dann sollten Sie anfangen Shin wieder seinen eigenen Raum zu geben. Doch vorher dürfen Sie ihn auf keinen Fall allein lassen. Sie sind seine einzige Bezugsperson. Er muss jemanden haben, der für ihn da ist, dem er vertrauen kann. Ich schätze mal, dass er in zwei bis vier Wochen dann wieder der Alte ist. Hoffentlich.“ Der Arzt seufzte: „Ich weiß, es wird schwer für Sie, diese Verantwortung zu übernehmen, aber ich habe das vollstes Vertrauen in Sie.“

„Ich denke, ich werde das hinbekommen. Shins Wohlsein ist im Moment das allerwichtigste.“ Dr. Masa nickte, dann gab er mir das Rezept für die Salbe. Ich verabschiedete mich und verließ mit Shin die Praxis.

Ich bin für dich da

Als ich mit Shin auf dem Arm zu Hause ankam, kam Ran sofort auf uns zu gelaufen. Geschockt starrte sie Shin an. „Oh mein Gott! Was ist mit dem Kleinen?“ Ich seufzte kurz: „Sie haben ihn tatsächlich wieder dazu gezwungen. Als ich ihn fand, lag ein Freund seines Großvaters mit ihm im Bett. Er hat einen Schock erlitten. Ich war schon mit ihm beim Arzt. Anscheinend vertraut Shin nur noch mir. Ich soll jetzt die nächsten paar Tage in seiner Nähe bleiben und so wie er sich an mich festkrallt habe ich auch keine andere Wahl.“ Ran sah uns immer noch erschrocken an: „Wie kann man seinem Enkel nur so etwas antun? Er hat doch schon genug mitgemacht.“
 

Behutsam streichelte meine Frau dem Kleinen durchs Haar. Zu meiner Verwunderung blieb er dabei ruhig. Zuvor bei Takagi war das noch anders gewesen. Dennoch war ich froh. Dass es bei Ran klappte. „Ich gehe mal mit ihm hoch. Angeblich wird ein warmes Bad ihm gut tun.“ erklärte ich. „Okay, mach das. Soll ich das Essen vorbereiten?“

„Für mich auf jeden Fall. Hoffentlich hat Shin auch Hunger.“
 

Nachdem ich Ran einen Kuss gegeben hatte, trug ich Shin nach oben. Ich holte ein paar frische Klamotten für ihn aus seinem Zimmer und setzte ihn danach im Bad auf dem Toilettendeckel ab. Noch immer ließ er mich nicht los. „Shin, Kleiner. Ich gehe nicht weg, aber lass mich bitte das Badewasser anmachen, damit du in die Wanne kannst.“ Ich erhielt keine Antwort darauf, dennoch ließ Shin mich los. So konnte ich das Badewasser einlassen.
 

Danach setzte ich mich vor dem Kleinen hin. Ich sah ihm direkt in die emotionslosen, leeren Augen, die nichts kindliches mehr an sich hatten. Obwohl Shin immer noch unter Schock stand und nicht sprechen würde, so redete ich doch immer wieder auf ihn ein, um ihm zu zeigen, dass ich für ihn da war. „Also Shin. Darf ich dir jetzt deine Sachen ausziehen, damit du baden kannst?“ fragte ich nach einer Weile. Der Junge nickte. Seine Bewegungen jedoch waren schwach, er hatte keine Energie mehr, konnte sich kaum bewegen. Bei seinem Anblick musste ich mich wirklich zusammenreißen. So viele Striemen wie er an seinem Körper hatte, trieb es mir fast Tränen in die Augen. Shin zitterte immer wieder, wenn ich ihm ein Kleidungsstück auszog. Es erinnerte ihn zu sehr an die vergangenen Ereignisse und es fiel mir schwer weiter zu machen, aber ich konnte jetzt nicht aufgeben. Das Bad würde ihm sicher gut tun.
 

Behutsam redete ich wieder auf ihn ein: „So, Shin. Ich hebe dich jetzt gleich hoch und setze dich ins Wasser.“ Shin reagierte nicht darauf, aber ich war mir sicher, dass er mich gehört hatte. So testete ich noch schnell die Wassertemperatur, dann setzte ich ihn langsam im Badewasser ab. Er gab einen kurzen Seufzer von sich und ich lächelte ihn an. „Na? Tut das gut?“ fragte ich. Shin schloss die Augen. Ich wusste aber, dass es ihm gut ging. Dann nahm ich mir einen Waschlappen. „Okay, hör zu. Jetzt waschen wir den ganzen Dreck einfach von deinem Körper ab. Ja?“ Von Shin kam keine Reaktion, doch je weiter ich an seinem Körper nach unten ging, desto mehr zitterte er und wehrte sich. „Hör mal, Shin. Da unten liegt die wichtigste Stelle, die unbedingt sauber gemacht werden muss. Möchtest du das alleine machen, oder soll ich?“ Von Shin kam erst wieder nichts, doch dann schüttelte er den Kopf. „Soll ich es machen?“ fragte ich noch mal. Er nickte. So wusch ich ihn weiter, ehe ich das Badewasser abließ, seine Haare shampoonierte und ihn noch einmal abduschte. Danach hob ich ihn aus der Wanne und wickelte ihn in ein Handtuch. Er ließ das alles brav mit sich machen. Jedoch sah ich ihm, dass er sich wohler fühlte, als er endlich wieder angezogen war. Danach kämmte ich ihm noch die Haare durch, dann war er fertig.
 

Nun trug ich den Kleinen in die Küche. Rans Essen konnte man schon im ganzen Haus riechen und ich hatte wirklich großen Hunger. Ich setzte Shin am Küchentisch ab und nahm neben ihm Platz. „Na? Sieht doch lecker aus was Ran gekocht hat.“ sagte ich zu ihm, während meine Frau die Portionen verteilte. „Du hast doch sicher Hunger, Shin.“ fragte sie Er reagierte nicht. „Bitte iss ein wenig was. Ran hat sich solche Mühe gegeben und du kannst dir sicher sein, dass du hier nicht verhungerst.“ bat ich.
 

So fing auch Shin an in seinem Teller rumzustochern. Er aß sogar ein bisschen etwas. Danach half ich Ran noch dabei die Küche aufzuräumen, während Shin immer noch am Tisch saß und uns zu sah. „Ran, würde es dir etwas ausmachen, wenn ich jetzt schon mit Shin hoch gehe und mich mit ihm hinlege? Ich denke, ich sollte ein bisschen in seiner Nähe bleiben, vielleicht werde ich auch erst mal ein paar Nächte neben ihm schlafen.“ Meine Frau lächelte mich darauf hin nur an und antwortete: „Nein, das ist kein Problem Shinichi. Ich weiß, dass Shin dich jetzt braucht.“ Ich nickte und gab Ran eine Kuss. „Danke, ich liebe dich, Kleine. Du bist die beste Frau auf der ganzen Welt.“

„Ich liebe dich auch.“, hauchte sie mir zu.
 

Dann nahm ich Shin wieder und trug ihn in sein Zimmer. Ich legte ihn auf seinem Bett ab und kroch mit ihm zusammen unter die Decke. Die Stellen, an denen er sich immer festkrallte waren schon grün und blau, aber das hielt ich aus. Sie waren nichts im Gegensatz zu dem was Shin hatte durchmachen müssen. Langsam streichelte ich dem Kleinen durchs Haar: „Keine Angst, Shin. Ich bin bei dir. Niemand tut dir etwas.“ Immer wieder flüsterte ich ihm beruhigende Worte zu, bis er einschlief und auch ich selbst mich ins Reich der Träume begab.
 

Zwei Wochen später hatte sich immer noch nicht viel verändert. Ab und zu konnte ich Shin mal für ein paar Minuten allein lassen, aber das hielt nicht lange an. Niemand konnte mir sagen wie lange dieser Zustand noch andauern sollte. Ich hoffe inständig, dass es bald vorbei sein würde und wenn dem nicht so war, dann wusste ich auch nicht mehr weiter. Zumindest wurden sein Großvater und dessen Freunde verurteilt. Shin musste nicht aussagen, er konnte es in seinem Zustand auch nicht. Sein Großvater bekam ein Jahr auf Bewährung, was ich für einen Witz hielt. Das gleiche galt auch für einen seiner Freunde. Derjenige, der mit Shin im Bett war bekam sogar zwei. Immer noch viel zu wenig, wenn man mich fragte. Ran und ich hatten dafür mittlerweile das volle Sorgerecht für Shin erhalten. Seine ganzen Freunde kamen ihn schon besuchen. Alle hatten versucht ihn aus seiner eigenen kleinen Welt zu holen, doch bisher war es immer missglückt. Eine meiner letzten Ideen war es, das Gespräch mit Isamu zu suchen, den wir heute besuchen würden.
 

Die Gegend in der er wohnte war äußerst schön und gepfelgt. Ich nahm Shin auf den Arm und klingelte an der Haustür. Ein Summen verriet uns, dass wir eintreten konnten. Danach lief ich die Treppen hoch bis in den ersten Stock, in dem uns die Wohnungstür bereits offen stand. „Hallo Shinichi und Shin! Kommt doch rein.“, wurden wir begrüßt. „Hallo!“, antwortete ich, doch von Shin kam wieder einmal gar nichts. „Möchtet ihr etwas trinken?“, bat Isamu uns an. „Nein danke.“, sagte ich. „Und du, Shin?“ Wieder gab der Junge keine Antwort. „Na dann nicht.“ Isamu schien ganz normal mit ihm zu reden, ganz gleich, ob Shin ihm antwortete oder nicht. Er wusste über die Situation Bescheid und hatte sich sofort bereit erklärt mit uns zu reden. Ich sah mich etwas in der Wohnung um. „Sehr schön hast du es hier. Es gefällt mir wirklich gut.“

„Danke. Ja, diese Wohnung ist viel schöner als meine alte. Ich bin froh, dass ich jetzt hier bin und tun und lassen kann was ich will.“ Ich nickte. Nun wurde ich ernst: „Also, Isamu. Du weißt ja weswegen wir hier sind.“

„Ja, ich weiß.“

„Meinst du, du könntest Shin aus seiner eigenen Welt wieder rausholen?“, fragte ich. „Ich kann es versuchen. Ich habe es schon einmal bei jemandem geschafft.“, erklärte Isamu mir. Da hatte er recht. Er hatte es mir einmal erzählt. Einem Freund von ihm ging es genauso wie Shin. Nun wurde auch Isamu ein wenig ernster: „Shinichi, ich möchte, dass du raus gehst, während ich mit Shin rede. Du darfst dich nicht einmischen. Sonst klammert er an dir und wird nicht mit sich reden lassen. Du musst außer reichweite sein. Auch wenn Shin anfängt zu schreien, wenn du gehst.“ Ich war verwirrt. Stimmte dann aber zu. Ich sah Shin noch einmal an und versuchte mich von ihm loszubekommen. Je weiter ich von ihm fort ging, desto mehr fing er an zu zittern, dennoch ging ich, auch wenn es mir in der Seele weh tat. Kaum stand ich vor der Tür, hörte ich ihn auch schon schreien. „KOMM WIEDER! LASS MICH NICHT ALLEIN! KOMM ZURÜCK!“ Ich seufzte kurz, schloss die Augen und machte mich dann auf den Weg nach draußen, in der Hoffnung, dass Isamu Shin wieder hinbekommen würde. Ein Spaziergang würde mir jetzt sicher gut tun.
 

(Isamus Sicht)

Ich war nun mit Shin allein. Seit ein paar Minuten schon schrie er sich die Seele aus dem Leib. Ich kniete mich vor ihm hin. „Shin, sieh mich an.“ flüsterte ich bestimmt. Doch er hörte nicht und schrie einfach weiter. Ich versuchte es nun etwas lauter. „Shin, ich habe gesagt du sollst mich angucken!“ Ich packte ihn etwas fest an den Armen und es wirkte. Er sah mir direkt ins Gesicht. „Shin, ich bin es, Isamu. Du kennst mich und du weißt, dass ich dir nie etwas antun würde. Shinichi kommt auch bald wieder, also bleib ruhig, Es ist alles gut.“

„Alles ist gut,“ wiederholte Shin ganz leise. Ich nickte: „Ja, es ist alles gut.“
 

Nun sah ich, dass der Glanz langsam in seine Augen zurück kehrte. Doch ich hatte mich zu früh gefreut. Plötzlich fing er an mich zu schlagen und zu treten und wieder schrie er: „NEIN, NICHTS IST GUT! ES WIRD WIEDER PASSIEREN, SO WIE ES IMMER UND IMMER WIEDER GESCHEHEN IST. ICH BIN FÜR NICHTS GUT, AUßER DASS MAN MICH MISSBRACUHEN KANN. ES WIRD NIE WIEDER ALLES GUT WERDEN!“ Shin schlug immer wieder auf mich ein und ich ließ ihn zunächst auch gewähren. Es war gut, dass er endlich seine ganze Wut ablassen konnte und somit aus seiner Welt raus kam.
 

Nachdem Shin nach ein paar Minuten endlich von mir abließ nahm ich ihn fest in den Arm. „LASS MICH LOS! SOFORT!“, schrie er wieder, doch ich schrie zurück: „NEIN, DAS WERDE ICH NICHT! SHIN, DU HÖRST MIR JETZT MAL GUT ZU!“ Ich hatte keine große Mühe ihn festzuhalten und nahm auch sein Kinn in meine Hand, damit er mich direkt ansah. „Niemand wird dir mehr etwas tun. Du musst auch nicht mehr zurück zu deinem Großvater. Ab jetzt haben Shinichi und Ran das volle Sorgerecht für dich. Die beschützen dich und würden dich niemals verkaufen. Also, es wird alles gut. Wir sind alle für dich da. Alle deine Freunde und alle die dich mögen. Du bist nicht nur für Sex gut, hörst du? Wir mögen dich so wie du bist und wegen all deiner anderen Stärken. Bitte bleib bei uns und verkriech dich nicht wieder in deiner eigenen Welt. Wir sind alle da, okay?“ Nun blieb Shin ganz still. Dann fing er an zu schluchzen und ein paar Tränchen verließen seine Augen, die nun endlich wieder mit Glanz gefüllt waren. „Es tut mir leid, Isamu. Es tut mir leid, dass ich dich angeschrien habe.“, schluchzte er. „Sch..... es ist alles gut.“, beruhigte ich ihn: „Du musst dich auch nicht entschuldigen. Ich bin froh, dass du jetzt wieder bei uns bist, mein Kleiner.“ Shin nickte und schmiegte sich an mich: „ich habe Shinichi in den letzten Wochen bestimmt viele Nerven gekostet.“

„Das ist schon okay. Shinichi hat sich gerne um dich gekümmert. Er hat dich sehr lieb.“ Nun kuschelte Shin sich noch weiter an mich. Ich seufzte. Ein Glück, dass ich es geschafft hatte. Endlich war er wieder bei uns. Ich war mir gar nicht mal sicher gewesen, ob ich das hinbekommen würde. Mein kleiner Shin war endlich wieder der Alte und hoffentlich blieb er es auch.
 

(Shinichis Sicht)

Nach zwei Stunden machte ich mich wieder auf den Weg zu Isamus Haus. Als ich ankam, machte ich große Augen. Vor mir stand ein fröhliches Kind, mit Lebensfreude in den Augen. Endlich hatten sie wieder ihren besonderen Glanz an sich. Ich sah abwechselnd von Isamu zu Shin und wieder zu Isamu. Der Kleine lächelte und kam sofort auf mich zu. „Es tut mir leid, dass ich dir so viel Ärger gemacht habe.“, sagte er, während er mich umarmte. Ich nahm ihn nun in meine Arme: „Shin, ich bin so froh, dass du wieder da bist, mein Kleiner und du hast mir keinen Ärger gemacht. Trotzdem bin ich froh meinen alten Shin wieder zu haben.“ Shin nickte und wir lächelten uns eine Weile lang einfach an. Dann sah ich zu Isamu. „Wie hast du das nur wieder hinbekommen?“ Er erzählte mir die ganze Geschichte, während ich einfach nur erleichtert drein blickte. Das konnte ich ihm nicht mehr gut machen.
 

Noch eine Weile blieb ich mit Shin bei ihm, bis wir wieder nach Hause fuhren. Ran würde sicher froh sein, dass Shin wieder das fröhliche Kind von früher war und so würden auch all seine Freunde denken.

Ein Jahr später

Zwei Monate war das nun alles her. Der Alltag mich wieder. Ich ging wieder zur Schule und alles war einfach gut. Shinichi hatte mir erzählt, dass mein Opa und seine Freunde bestraft worden waren, wenn auch nicht so hoch, aber immerhin waren sie erst einmal für eine Weile hinter Gittern. Ran und Shinichi hatten endlich das volle Sorgerecht für mich. Endlich musste ich mir keine Sorgen mehr darüber machen, dass man mich von ihnen wegholte.
 

Ich war gerade auf dem Weg von der Schule nach Hause, froh dass ich endlich an meinem Ziel ankam. Seit ein paar Tagen fühlte ich mich nicht gut. Mal war mir heiß, mal kalt und müde war ich auch die ganze Zeit. Ich hoffte dass ich nicht krank würde. Shinichi und Ran waren noch auf ihrer Arbeit. Ich lief also in die Küche, trank etwas und legte mich danach in mein Bett. Der Schlaf überfiel mich sofort. Ich bekam gar nicht mit wie Shinichi und Ran nach Hause kamen. Sie ließen mich auch schlafen, bis ich am nächsten Morgen aufwachte.
 

„Morgen Shin, raus aus den Federn! Du musst bald los.“ Ich sagte nichts, drehte mich aber langsam zu Ran um und sah sie an. Sie bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte. So fühlte sie meine Stirn. „Oh nein, Shin! Du hast ja Fieber. Bleib im Bett, mein Kleiner. Ich rufe gleich den Arzt an. Das gefällt mir gar nicht.“ Ich nickte und legte mich wieder richtig hin. Mir ging es echt scheiße. Es war verdammt warm. So trat ich die Decke zur Seite und machte die Augen zu.
 

Ein paar Minuten später stand Ran wieder bei mir im Zimmer, hob meine Decke auf und mummelte mich wieder darin ein. „Der Arzt kommt gleich.“

„Lass die Decke weg. Mir ist so heiß.“ meckerte ich. „Nein, die muss sein. Auch wenn dir warm ist.“ Ich seufzte. „Wo ist denn eigentlich Shinichi?“

„Der ist schon seit einer Stunde weg. Er hat einen Fall. Aber so wie wir ihn kennen, wird er bald wieder hier sein.“ Ich nickte und kurz darauf ging Ran raus, um mit einem Fieberthermometer und einer Schüssel kaltem Wasser wiederzukommen. „So, dann lass mal schauen.“ Und steckte mir das Thermometer in den Mund.
 

Nach einer Minute piepste es und Ran nahm es aus meinem Mund. „39,5! Das ist gar nicht gut.“ Sofort legte sie mir einen kalten Lappen auf die Stirn und es tat einfach gut.
 

Danach rief sie in der Schule an und gab Bescheid, dass ich krank war. Als sie fertig war klingelte es auch schon an der Tür. Es war Dr. Masa, der nach mir sah. Er kam auf mich zu und begrüßte mich: „Guten Morgen, Shin.“

„Morgen.“, gab ich kränklich zurück. „Nun Shin. Was fehlt dir denn?“ Wollte er wissen. „Ich habe Fieber.“

„Habt ihr schon gemessen wie hoch es ist?“, war die zweite Frage. Ran beantwortete diese für mich: „Ja, es waren 39,5 Grad.“

„Tut dir etwas weh Shin?“ Wollte Dr. Masa dann von mir wissen, während ich mein T-Shirt hochhielt und er mich abtastete. „Mein Bauch und etwas schlecht ist mir auch, aber sonst nichts weiter.“

„Okay, nun, du hast dir eine Grippe geholt. Ich denke mal Ran weiß was zu tun ist, sie ist ja eine ausgezeichnete Krankenschwester.“

„Ja, das weiß ich.“, nickte sie freundlich lächelnd. „Gut Shin. Dann wirst du ein paar Tage im Bett bleiben müssen und ganz wichtig: Viel trinken! Ich lasse dir noch ein paar Antibiotika hier. Davon nimmst du morgens und abends eine Tablette. Verstanden?“ Ich nickte. Dann verabschiedete er sich von mir und ließ sich von Ran zur Tür begleiten.
 

Diese kam danach direkt wieder in mein Zimmer. „Also Shin, ich habe in der Schule angerufen. Du bist für ein paar Tage vom Unterricht befreit.“ Danach gab sie mir eine der Tabletten, die ich sofort einnahm. „So, und nun solltest du dich etwas ausruhen. Schlaf ist die beste Medizin. Du bist doch bestimmt müde.“ Ich nickte. Sie hatte vollkommen recht. Ich war ziemlich k.o. und das obwohl ich schon seit einer ganzen Weile im Bett gelegen hatte. Noch einmal legte mir Ran einen kalten Lappen auf die Stirn, dann ließ sie mich in Ruhe.
 

Ein paar Stunden später wurde ich wieder wach und sah, dass Shinichi vor meinem Bett stand. „Na? Wieder wach, Kleiner?“, Ich nickte, während er sich neben mich setzte und mir durchs Haar kämmte. „Willst du etwas essen?“Ich schüttelte den Kopf. „Etwas trinken?“ Shinichi hielt mir ein Glas Wasser hin. Ich nahm es dankend an und trank es sofort aus. Es tat wirklich gut. „Dir ist sicher langweilig.“, meinte mein Ziehvater dann und schaltete den Fernseher in meinem Zimmer an. Ich bedankte mich, ehe er wieder nach Ran sah, die kurz darauf mit einem Teller Suppe in mein Zimmer kam. Irgendetwas musste ich schließlich essen, damit es mir besser ging. So aß ich brav den Teller leer, sah noch etwas Fernsehen und schlief.
 

So ging das noch die ganzen nächsten Tage, bis ich wieder gesund war. Das Beste an meiner Krankheit war, dass sie genau an einem Samstag aufhörte. Völlig gesund hatte ich das ganze Wochenende noch vor mir und konnte mich endlich mit meinen Freunden treffen.
 

Nach fast einem Jahr bei Ran und Shinichi durfte ich meinen 14. Geburtstag feiern. Ich freute mich riesig, denn es war das erste Mal seit langem, dass dieser Tag wieder ein Besonderer sein sollte. In meiner Zeit bei Daiki war an eine Feier nie zu denken gewesen, doch nun sollte ich endlich das bekommen worauf jedes Kind sich alljährlich freut. Sobald ich aufgestanden und geduscht war, rannte ich in die Küche, wo mich meine Stiefeltern lächelnd umarmten. „Guten Morgen! Alles Gute zum Geburtstag, mein Kleiner!“, kam es von Ran. „Herzlichen Glückwunsch zum Vierzehnten!“, sagte auch Shinichi. Lächelnd setzte ich mich zum Frühstück an den Küchentisch. „Ist es okay, wenn du deine Geschenke dann bekommst, wenn alle da sind?“ fragte Ran mich. Ich nickte. „Danke. Aber ich habe nichts erwartet. Ihr habt schon so viel für mich getan.“

„Ach was.“, kam es von Shinichi: „Zu jedem Geburtstag gehören Geschenke. Also bekommst auch du welche.“
 

Nach dem Frühstück half ich dabei das Haus für meine Party zu schmücken. Der Samstagmorgen eignete sich prima dafür, denn nicht nur Ran und Shinichi hatten heute frei, auch all meine Freunde mussten natürlich nicht zur Schule.
 

Um 14 Uhr trafen dann die ersten Gäste ein. Es waren Rans Eltern, dicht gefolgt von Yukiko uns Yusaku, die für ein paar Tage aus Amerika hergekommen waren. Später kamen auch Agasa, die Detective Boys und meine Schulfreunde.
 

Als sie mir alle gratuliert hatten, begaben wir uns ins Wohnzimmer, wo ich endlich meine Geschenke aufmachen durfte. Ich bekam viele neue Klamotten, Bücher, Geld und von Shinichi und Ran gab es sogar das neueste Smartphone. Ich freute mich riesig und bedankte mich sofort bei allen. Danach aßen wir den Geburtstagskuchen und sangen Karaoke, wobei Shinichi keinen einzigen Ton traf. Da musste man sich einfach die Ohren zu halten.
 

Am Abend ließen wir ein paar Pizzen kommen, die nach jedermanns Geschmack ausgerichtet waren. Auf einmal standen Ran und Shinichi auf und richteten ihre Blicke auf die Gesellschaft. „Also, liebe Freunde. Ran und ich haben euch etwas zu sagen.“, ergriff Shinichi das Wort: „Nun, bald werden wir noch jemanden in unserer Familie begrüßen können.“

„Wie? Wollt ihr euch einen Hund kaufen?“, fragte Kogoro erstaunt. „Nein, Papa.“, kicherte Ran: „Ich.....“

„Wir sind schwanger.“ kam es von beiden gleichzeitig. „Was?“ kam es von uns allen erstaunt: „Wirklich?“

„Ja, ich bin schon im vierten Monat.“, kam es von Ran: „Und? Was meint ihr dazu?“ Die Frage wurde schnell beantwortet. Die ganze Gesellschaft war begeistert. Jeder freute sich für uns.
 

Als ich dann später mit meinem Stiefeltern allein war, redeten wir noch etwas miteinander über Rans Schwangerschaft. „Freust du dich denn auch?“ fragte Ran zögerlich. Es schien ihr wohl sehr wichtig. „Natürlich!“ antwortete ich: „Ihr bekommt endlich ein gemeinsames Kind. Das ist doch schön!“

„Ja, dann wirst du ein großer Bruder sein.“ Ich lächelte: „Bekomme ich dann eine kleine Schwester, oder wird es ein Junge?“

„Das wissen wir noch nicht. Aber vielleicht bald.“

„Na dann bin ich mal gespannt.“ Und das war ich auch. Ich freute mich wirklich riesig, ohne neidisch zu sein, oder Angst davor zu haben, dass mich Ran und Shinichi nicht mehr lieben würden. Sie würden mich auf keinen Fall links liegen lassen, davon ging ich aus. Und so verging eine Weile.

Bitte was?

Mittlerweile war es zwei Jahre her, dass ich zu Shinichi und Ran gezogen war. Ich war nun 15 und seit einem Jahr stolzer großer Bruder von einem Jungen, den man, wie kann es anderes sein Conan genannt hatte. Der Kleine war wirklich süß und sah seinem Vater ziemlich ähnlich. Er glich ihm bis auf die Harre und das Gesicht. Nur die Augenfarbe, die hatte er von keinem seiner Elternteile, denn sie waren braun. Ansonsten war er wirklich ein kleiner Shinichi. Ich selber hatte mich in den letzten zwei Jahren auch ein wenig verändert. Ich war um einiges gewachsen und hatte ein normales Gewicht erreicht. Genta und Mitsuhiko waren zwar nach wie vor größer als ich, aber das störte mich nicht, da es schon immer so gewesen war. Auch mein Arzt bestätigte, dass ich für mein Alter vollkommen normal und gesund war. Auch sonst erinnerte kaum noch etwas an meine Vergangenheit. Ich war nicht mehr so empfindlich und wie jeder Teenager oftmals trotzig. Zur Schule ging ich jetzt nicht mehr so gern. Wer tut das auch schon? Ich ging übrigens immer noch aus meine alte Schule. Ich wollte nicht mehr dringend zu Ayumi und den anderen, da ich hier auch genug Freunde hatte. Vielleicht machte ich erst einmal meinen Abschluss an dieser Schule und sah dann weiter, ob ich vielleicht das Abi machte und studieren ging. Ran und Shinichi war das nur Recht. Sie zwangen mich zu nichts und sagten, dass ich das machen sollte, war mir am besten läge. Mich wunderte, dass sie selbst nie studiert hatten, wo sie doch das Zeug dazu gehabt hatten, aber Shinichi hatte mir einmal erklärt, dass er es nicht bräuchte und Ran war mit ihrer Arbeit als Krankenschwester vollkommen zufrieden, da sie sie genug Menschen helfen konnte. Im Augenblick jedoch war sie immer noch in Babypause. Sie hatte sich ganz dem kleinen Conan gewidmet, schließlich wollte sie seine Kindheit bewusst miterleben und ihn nicht nur ein paar Stunden am Tag sehen.
 

Ich schloss noch einmal die Augen, drehte mich um, doch dann kam schon Ran mit Conan im Arm in mein Zimmer und weckte mich auf. „Guten Morgen, Shin!"

„Morgen Ran, morgen Kleiner." murmelte ich verschlafen. Ran lächelte und setzte den Kleinen auf dem Boden ab. Sofort kam er auf mich zugelaufen. So groß war er schon, auch wenn er noch ein wenig wackelig auf den Beinen war. Während meine Stiefmutter die Rollanden hochzog und das Fester öffnete, versuchte klein Conan auf mein Bett zu klettern. Ich half ihm dabei und kaum war er oben, kuschelte er sich schon an mich und brabbelte etwas vor sich hin war ich kaum verstand. „Sin.....auffen!"

„Ja, Shin muss jetzt aufstehen und zur Schule, leider". Sagte ich zu ihm. „Sin Suue?"

„Ja, Shin muss zur Schule." Kam es von Ran. Die ihren Kleinen wieder auf den Arm nahm: „Also, dann mal raus aus dem Bett!"

„Okay." murmelte ich und wartete bis Ran wieder draußen war. Ich trug zum Schlafen ja immer nur eine Boxershorts und ich wollte nicht, dass sie mich darin sah. Auch wenn sie mich schon oft in Shorts gesehen hatte, war es mir immer noch ein bisschen peinlich. Ich stand auf und warf einen Blick nach draußen. Anscheinend sollte es ein warmer Tag werden. So öffnete ich den Schrank und holte mir eine schwarze, löchrige Hose und ein weißes Hemd raus. Bei uns an der Schule galt zum Glück noch keine Uniformspflicht. Ich nahm de ganzen Kram und verschwand ins Badezimmer, um mich dort zu duschen, anzuziehen und fürs Frühstück fertig zu machen.
 

Als ich in der Küche war, saßen Ran und Shinichi bereits am Tisch. Ich setzte mich zu ihnen und begann zu essen. Shinichi blickte kurz von seiner Zeitung auf: „Shin, war hast du denn da wieder an?" Ich zuckte mit den Schultern: „Mir gefallen die Sachen." Mein Ziehvater seufzte und las weiter in seinem Faltblatt. Er hatte ja recht. Ich sollte nicht immer so rumlaufen, als hätte wir kein Geld für neue Klamotten.
 

Nach dem Frühstück lief ich noch einmal schnell in mein Zimmer, um meine Schulsachen zu holen. Kaum hatte ich das Handy von Schreibtisch genommen, bemerkte ich schon eine neue Nachricht. Natürlich war diese mal wieder von Kaede. Kaede war meine feste Freundin. Seit vier Monaten waren wie zusammen, doch ich wusste jetzt schon nicht mehr warum. Um ehrlich zu sein nervte ihre Anhänglichkeit. Ständig hielt sie mich davon ab, etwas mit meinen anderen Freunden zu machen und wenn sie nicht die Nummer Eins war, drehte sie vollkommen durch. Seufzend begann ich ihre Nachrichten zu lesen. „Guten Morgen Schatz! Bist du schon wach?" lautete die erste. Doch auch eine zweite hatte nicht lange auf sich warten lassen: „Warum schreibst du denn nicht zurück? Hast du es nicht mehr nötig mir zu schreiben?" Langsam war ich wütend. Sie wusste doch wann ich aufstehe. Genervt antwortete ich ihr, dass ich in der Küche war und das, oh Schreck, Ohne mein Handy. Seufzend steckte ich das Ding in die Hosentasche, setzte meine Kopfhörer auf und ging nach unten. „Ich bin dann weg! Bis später!" rief ich ins Haus. „Ja, bis später Shin!" kam es von Ran. „Sin Sule?" hörte ich Conan noch sagen. Ich lief zu ihm und streichelte ihm noch einmal durchs Haar. „Ja, Shin muss zur Schule." Der Kleine lächelte mich an und ich ihn, dann drehte ich mich um und ging nach draußen.
 

Heute würde ich sicher mit Kaede Schluss machen. Auch wenn sie sauer sein würde, es war mir egal. Sie nervte so sehr, dass es schon gar nicht mehr auszuhalten war. Ich steckte meine Kopfhörer ins Ohr und hörte ein paar Lieder, während ich zur Bushaltestelle lief. Dort angekommen setzte ich mich auf eine Bank, als ein kräftiger Junge auf mich zukam, der zwei Stufen über mir war. Langsam nahm ich mir die Kopfhörer wieder auf dem Ohr, als ich sah, dass er auf mich zu kam. „Los, Kleiner, runter da! Hier sitze ich jetzt!"

„Ach ja? Steht da dein Name drauf, oder was?" Nun kam er meinem Gesicht näher und sah mir drohend in die Augen. „Sofort runter da!" Ich zieh einfach eine Augenbraue nach oben und sah ihn, immer noch gelangweilt an. „Nee mann! Keinen Bock! Und jetzt nerv nicht! Der Typ wollte gerade wieder etwas sagen, als ich meinen besten Killer blick einsetze. Ich hatte ihn von meinem Vater geerbt. Diesen Eis kälten, die jedem einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Es war ziemlich oft ganz praktisch diese Eigenschaft zu haben. Mein Vater. Ich dachte noch oft an ihn, gab es aber auf, dass ich ihn jemals wiedersehen würde. Das es aber schon sehr bald so sein sollte wusste ich jetzt noch nicht.
 

Endlich kam der Bus und ich stieg ein. Ich setzte mich wie immer ganz nach hinten und hörte meine Musik. Bald kamen auch Itsuko und Kyoko und wir fingen an zu reden. „Ich mache heute mit Kaede Schluss."

„Wie? Echt?" fragte die Beiden erstaunt. „Ja, sie nervt einfach." Itsuko nickte: „Das tut sie echt. Ich weiß gar nicht warum du so lange mit ihr zusammen warst." Ich zuckte mit den Schultern. „Ich glaube sie wird echt sauer sein." Meinte Kyoko. „Mir doch egal. entgegnete ich: Heute mache ich auf jeden Fall Schluss."
 

Als wir in der Schule ankamen, kam Kaede sofort auf mich zu gerannt, umarmte mich und gab mir einen Kuss. „Morgen Shin, ich habe dich ja so vermisst."

„Wie haben uns doch nur einen Tag nicht gesehen." Erwiederte ich. „Aber trotzdem. Ich liebe dich einfach zu sehr." Ich nickte, drehte mich um und verdrehte die Augen. Zum Glück erlöste mich die Schulklingel und ich musste nicht mit Keade in eine Klasse, da sie in einer anderen Stufe war. Unser Lehrer war immer noch Herr Kiyoshita. Zum Glück! Einen besseren Lehrer konnte man einfach nicht haben. Gleich zu Unterrichtsbeginn klingelte mein Handy. Ich hatte eine SMS bekommen und sah gespannt auf mein Handy, jedoch so, dass der Lehrer es nicht mitbekam. Ayumi hatte mir geschrieben und mich gefragt, ob wie uns später in einem Kaffee treffen würden. Anscheinend müsste sie mir etwas Wichtiges sagen. Ich war etwas verwirrt, wusste ich doch nicht was mit ihr los war. Es schien dringend, daher schrieb ich ihr sofort zurück. Kaum war die SMS weg, stand Herr Kiyoshita vor mir und sag mich wütend an: „Es wäre nett, wenn du meinem Unterricht folgen würdest. Auch wenn du das Fach nicht gern hast." Ich verdrehte die Augen. Meine Güte, nervten die heute alle. Doch natürlich blieb meine Geste nicht unbemerkte. „Nun Shin, wenn dir so langweilig ist dann kannst du auch gerne vor der Tür warten. Los raus!" Ich zuckte mit den Schultern, stelle mich auf den Flur und sah dort auf dem Fenster auch wenn es nichts Besonderes zu sehen gab. Dass ich rausgeschmissen worden war, war mir in dem Moment wirklich egal. Ayumis plötzliches Anliegen zog all meine Gedanken auf sich.
 

Als es zur Pause klingelte und die Klassen auf den Räumen stürmten, wollte ich mich vom Strom mitreißen lassen, doch Herr Kiyoshita hielt mich davon ab. „Warte mal, Shin! Ich habe noch mit dir zu reden." Ich nicke und folgte meinem Lehrer stumm. Also, Shin. „Was sollte das vorhin?" fragte Herr Kiyoshita mich. „Tut mir leid. Ich musste nur diese SMS beantworten. Sie war wichtig." Gab ich zurück. „Ach, wichtiger als der Unterricht?"

„In dem Augenblick schon."

„Okay, Shin. Ich belasse es dabei. Du kannst nach der Pause wieder in die Klasse kommen. Allerdingst wirst du zuhören. Wenn nicht, dann rufe ich nämlich bei dir zu Hause an, klar?"

„Ja, klar. Kann ich dann jetzt gehen?" fragte ich ungeduldig. Mein Lehrer nickte und sofort stürmte ich auf den Pausenhof. Ich musste schließlich noch eine Beziehung beenden. Itsuko und Kyoko standen bereits auf dem Hof und grinsten mich an. „Und was wollte er?"

„Das Übliche: Wenn ich nicht zuhöre, dann ruft er meine Elter an."

„Ach so." Wir drei setzten uns auf eine Bank und reden über dies und jenes. Vor Allem aber darüber wie ich am besten mit Kaede Schluss machen sollte. Wir verschoben diesen Akt alledingst auf 14 Uhr, wenn der Unterricht endgültig vorbei war.
 

Als es zum Schulschluss klingelte schrieb ich Kaede sofort, dass wir uns an den Bänken auf dem Schulhof treffen würde. Natürlich kam sie nicht allein, sondern mit einer ihrer nervigen Freundin. Als sie mich küssen wollte, drückte ich sie ein Stück von mir weg. „Was ist denn los, Shin?" fragte sie verwirrt. „Ich muss dir etwas sagen. Also, Kaede, hör zu ich mach Schluss." Als ich das gesagte hatte atmete ich einmal laut und deutlich aus. „Wie bitte? Das kannst du doch nicht machen! Wieso überhaupt?"

„Weil du mich nervst, okay!" brüllte ich etwas zu laut und redete mich mal weiter in Rage: „Du lässt mich nie etwas allein machen. Ich muss immer nach deiner Pfeife tanzen und willst, das ich auf jeden Testnachricht sofort antworte. Wenn ich aber mal doch etwas machen war dir nicht gefällt, schreist du sofort rum. Außerdem weiß ich, das du in der ganzen Zeit in der wir zusammen waren mal war mit jemand anderem gehabt hast!" Kaede sah mich groß an und fing natürlich sofort an zu schreien: „DU KANNST NICHT SCHLUSS MACHEN! SO ETWAS WIE MICH BEKOMMST DU NICHT NOCHMAL!"

„Hör auf so zu schreien! Das ändert auch nichts an meiner Entscheidung. Ich habe Schluss gemacht und dabei bleibt es. Also lass mich in Ruhe!" Ich drehe mich um und ging weg, während Itsuko und Kyoko mir folgten. Kaede musste mir natürlich noch irgendetwas hinterher brüllen: „DANN MACH DOCH SCHLUSS! IST MIR DOCH EGAL! ICH BEKOMME SOWIESO GANZ SCHNELL EINEN NEUEN!" Ich sagte nichts mehr dazu und lief einfach gemütlich weiter. Den Ruf als Schulschlampe hatte sie echt verdient. Tatsächlich hatte sie niemals keinen Freund. Und ich Idiot war auf diese Tussi eingegangen! Itsuko grinst mich an: „Gut gemacht. Jetzt bist du sie garantiert los." Ich nickte: „Zum Glück!" Auch wenn die Art wie ich es ihr gesagt habe, wenig sentimental und vielleicht ein bisschen zu direkt war.
 

Im Bus redete ich noch etwas mit meinen Freunden und schrieb Ran eine SMS, dass ich mich mit Ayumi im Kaffee treffen würde, weshalb ich später nach Hause kommen würde. Als ich im Kaffee ankam, saß Ayumi bereits da. Sofort kam sie auf mich zu uns umarmte mich kurz. „Hi Shin!" Schon an ihrer Stimmen merkte ich, dass sie etwas auf dem Herzen hatte. „Hey Ayumi. Alles okay bei dir? Was wolltest du mir so dringend sagen?" fragte ich besorgt. „Naja, es ist eigentlich gar nichts okay. Ich....." In dem Moment kam eine Kellerin vorbei. Wir setzen uns erst mal und gaben unsere Bestellungen auf. Jeder von uns bad um eine Cola. Während wir auf diese warteten redeten wir noch über diese und jenes, doch erst als das Getränk da war rückte Ayumi mit der Wahrheit raus: „Also Shin, du bist der erste, dem ich es sage. Ich traue mich einfach nicht. Genta und Mitsuhiko würden es sicher ausplaudern und vor meinen Eltern habe ich eh Angst. Aber vielleicht werde ich es ihnen sagen, wenn du dabei bist."

„Natürlich komme ich mit. Aber sag mir doch was los ist. Ich mache mir wirklich Sorgen um dich". Nun kamen meiner Freundin die Tränen. Weinend sah sie mich an: „I..... ich bin schwanger von Katsumi." In dem Moment weiteten sich meine Augen. „Du bist was bitte?"

Mir sind für dich da

„Du bist was?“ hakte ich nach, da ich einfach nicht glauben konnte, was Ayumi mir da gerade erzählt hatte. Betrübt sah sie mich an und nickte. Die Tränen liefen ihr über die Wangen. Ich stand auf, um mich neben sie zu setzen und sie zu umarmen. Das halbe Café sah uns schon an. „Bist du dir sicher, dass du schwanger bist? Warst du schon beim Arzt?“

„Ja. Ich bin im zweiten Monat.“

„Und nun? Wirst du es behalten?“

„Mhm schon auch wenn ich noch so jung bin. Ich meine es ist doch mein Kind.“ sagte meine langjährige Freundin zögerlich. „Und? Was meint Katsumi dazu?“
 

Nun blickte Ayumi noch verzweifelter drein. Ich konnte mir die Antwort schon denken. „Ja, aber er wollte nichts davon wissen und hat mit mir Schluss gemacht. Er meinte, er hätte mich nie richtig geliebt.“ Wütend ballte ich meine Hände zu Fäusten. Wie konnte dieser Typ ihr so etwas antun? „Dieser Dreckskerl! Den knüpfe ich mir vor!“

„Shin?“ hörte ich Ayumi flüstern: „Du kommst doch mit, wenn ich es meinen Eltern sage, oder? Ich habe so eine Angst alleine.“ Ich nickte bestimmt: „Natürlich. Und ich denke nicht, dass sie dich im Stich lassen, auch wenn sie nicht gerade froh darüber sein werden. Sollten sie dich doch rausschmeißen, sorge ich dafür, dass du auf jeden Fall trotzdem Hilfe bekommst.“
 

Mit einem leichten Lächeln im Gesicht umarmte Ayumi mich: „Weißt du, Shin. Ich wünschte, du wärest der Vater. Du bist so viel sensibler, verständnisvoller und reifer.“ Ein klein wenig musste ich über diese Worte lächeln. Sie freuten mich irgendwie. Ich streichelte Ayumi noch einmal über den Rücken, dann standen wir auf, ich bezahlte unsere Getränke und wir machten uns auf den Weg zu ihren Eltern.
 

Während wir durch die Straßen liefen, dachte ich nach. Sie tat mir richtig leid. Natürlich hatte sie auch ein wenig Schuld daran, aber dass dieser Typ sie einfach sitzen gelassen hatte wollte mir nicht mehr aus dem Kopf. Hauptsache seinen Spaß mit ihr im Bett hatte er gehabt. Dabei war es doch von Anfang an klar gewesen. Katsumi war der beliebteste Typ ihrer Schule Er sah nicht schlecht, aber auch wiederum nicht überdurchschnittlich gut aus. Immer hatte er eine andere. Nur mit Ayumi war er eben ein paar Wochen länger zusammen gewesen. Ich habe ja gleich versucht ihr zu sagen, dass das in die Hose geht, aber Liebe macht ja wie bekanntlich blind und sie wollte nicht auf mich hören. Nun hat sie den Salat. Ich sah sie an, wie sie traurig und aufgeregt neben mir her trottete. ‚Scheiße, Mann! Ayumi, was hast du dir da nur eingebrockt?‘ Mutter mit Fünfzehn. Das würde schwer werden. Ich glaube ja, dass sie es schaffen könnte, aber die Schule würde auch ganz schön von ihr abverlangen. Blieb nur noch zu hoffen, dass ihre Eltern ihr zur Seite stehen werden.
 

Wieso hatte sie denn auch nicht verhütet? Sie war doch nicht dumm. Ich musste es wissen, bevor mich diese Frage noch länger quälte. „Du, Ayumi, warum habt ihr eigentlich nicht verhütet?“ Diese Frage war ihr sichtlich unangenehm: „Naja ich hatte die Pille noch nicht und Katsumi hatte auch gerade kein Kondom dabei, aber er meinte, dass er aufpassen würde, weil er mich so liebt. Ich weiß, das war dumm von mir. Er hat ja gleich zweimal dabei gelogen. Aber in dem Moment wollte ich einfach nur mit ihm schlafen.“

„Oh ja, das war wirklich dumm von dir.“ gab ich zu. „Ich weiß.“ kam es leise zurück.
 

Zehn Minuten später waren wir bei den Yoshidas. Mit dem Aufzug fuhren wir in eines der höheren Stockwerke, in dem Ayumi eine der Wohnungstüren aufschloss. Im Eingangsbereich zogen wir unsere Schuhe aus und schlüpften in die Pantoffel. Ihre Eltern waren beide zu Hause, was ein wenig ungewöhnlich war, da sie sonst um diese Zeit noch arbeiteten. Aber umso besser, dass sie gerade jetzt beide anwesend waren. Dann mussten wir die ganze Geschichte nicht zweimal erzählen. Die Yoshidas waren beide in der Küche. Ayumis Mutter kochte, während ihr Vater am Tisch saß und in der Zeitung las. „Hallo mein Schatz! Schön, dass du da bist. Und hallo Shin! Freut mich, dass du auch gekommen bist.“, sagte die freundliche Frau. Ich lächelte. Nett wie immer, die Dame. „Guten Tag! Danke, dass ich hier sein darf.“

„Das ist doch kein Problem Junge. Schön. Dass du mal wieder zu uns kommst.“, kam es von Ayumis Vater. „Naja, ich hatte viel zu tun. Da war ja noch der Hausarrest wegen der Sache von letztens, aber das ist ja auch vorbei.“

„Stimmt.“ lächelte der Mann: „Den Ärger dafür habt ihr ja auch schon bekommen.“
 

Ich dachte zurück. Vor ein paar Wochen hatten Ayumi, Genta, Mitsuhiko und ich versucht in einen Club zu kommen, um mit den älteren Mitschülern zu feiern. Das hat natürlich nicht geklappt und am Ende sind wir sogar von der Polizei nach Hause gefahren worden. Das gab richtig Ärger von unseren Eltern und der Autorität. Ich habe Shinichi lange nicht mehr so wütend erlebt gehabt. Wir waren ja auch selbst schuld, hatten wir doch niemandem gesagt, wo wir um diese Zeit noch hin wollten. Mit einer Woche Hausarrest war ich jedoch noch gut weggekommen. Genta und Mitsuhiko hatten sogar zwei Wochen bekommen und die durften noch nicht mal an den Laptop.
 

Nun bemerkte Frau Yoshida, dass mit ihrer Tochter etwas nicht stimmte. „Ayumi, Schatz. Bedrückt dich etwas?“ Das Mädchen nickte nun: „Ja, ich muss euch etwas sagen. Setzt euch bitte ins Wohnzimmer.“ Ayumis Mutter nickte und stellte den Herd ab. Auch ihr Vater stand auf und wir liefen gemeinsam ins Wohnzimmer, wo wir uns aufs Sofa setzten. „Nun, was ist los?“ fragte Herr Yoshida. Ayumi zögerte, doch ich sprach ihr Mut zu: „Na los. Sie würden es eh bald bemerken. Es aufzuschieben macht alles nur noch schlimmer.“ Das Mädchen nickte und krallte sich an meinem Arm fest. „Mama, Papa..... i..... ich bin schwanger.“
 

Plötzlich war das ganze Wohnzimmer in Schweigen gehüllt. Die Yoshidas sahen ihre Tochter groß an. Auf einmal fragte ihr Vater mit lauter Stimme: „Du bist was?“

„Ich bin schwanger, Papa.“ sagte Ayumi es nochmal zitternd und im Flüsterton. „Ja, aber du bist doch erst Fünfzehn. Bist du dir da ganz sicher?“ fragte ihre Mutter. „Ja, ich war auch schon beim Frauenarzt.“

„Und wer ist der Vater? Du, Shin?“ Wollte ihr Vater wissen. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, Shin ist es nicht. Ich wollte nur, dass er bei mir ist, wenn ich es euch sage. Der richtige Vater ist Katsumi.“

„Was? Ich habe dir doch gleich gesagt, dass dieser Kerl noch grün hinter den Ohren ist! Weiß er es denn schon?“ Ayumi kamen wieder die Tränen: „Ja und er hat Schluss gemacht. Er will nichts mehr mit der Sache zu tun haben.“

„Das werden wir ja noch sehen! Ich werde seinen Eltern mal einen Besuch abstatten. Was denkt dieser Kerl eigentlich wer er ist?“, sagte Herr Yoshida wütend. „Papa, bitte lass das erst mal!“

„Nein, das werde ich nicht tun, Ayumi.“ wutentbrannt wollte der Mann aufstehen, doch seine Frau hielt ihn fest. „Warte mal! Das bringt doch jetzt auch nichts! Ayumi, in welchem Monat bist du?“

„Im Zweiten.“

„Und willst du das Kind behalten?“

„Ja Mama.“ Frau Yoshida nickte nun: „Ist dir denn auch klar was das für Konsequenzen für die Schule hat und dein späteres Leben?“ Ayumi sprach immer noch ein wenig unsicher: „Naja, ich will auf jeden Fall die Schule zu Ende bringen. Aber ich will mein Baby auch nicht weggeben. Ich hatte gedacht, dass ihr mir helfen könnt. Und wenn nicht, dann suche ich mir eben woanders Hilfe.“ Ayumis Eltern seufzten und sahen sich lange an. „Na gut.“, kam es von ihrer Mutter: „Wie du siehst bin ich überhaupt nicht begeistert, um ehrlich zu sein bin ich stink sauer. Aber du bist mein Kind und dein Vater und ich wir werden dir helfen. Was auch immer passiert. Aber mit Katsumi und seinen Eltern müssen wir auch noch reden. Der Kerl darf nicht so einfach davon kommen. Auf jeden Fall wird er für das Kind zahlen müssen.“ Meine Freundin nickte und fing sofort wieder an zu weinen, ehe sie ihrer Mutter um den Hals fiel. „Danke, Mama und Papa.“

Sanft streichelten ihre Eltern ihr durchs Haar. „Ist schon gut, Kleine.“
 

Ich blieb noch etwas bei Ayumi. Wir rede noch lange über den Anfang der Tragödie und die Zukunft. Frau Yoshida blieb zwar ruhig und sachlich, man sah ihr dennoch an wie sauer sie war. Auch ihr Vater ist immer mal wieder laut geworden. Vor Allem wenn es um Katsumi ging. Ich möchte nicht erleben was er macht, wenn er den in die Finger bekommt. Aber ich war insgesamt froh darüber, dass sie ihre Tochter nicht im Stich gelassen haben. Irgendwie war ich mir auch schon sicher, dass sie gute Eltern waren, die so etwas niemals tun würden.
 

Als ich auf dem Weg nach Hause war, dachte ich noch eine ganze Weile über Ayumi nach. Sie war erst Fünfzehn! Zur Geburt Sechzehn, aber das war dennoch viel zu jung. Wenn ich an die ganzen Sprüche dachte, die sie sich anhören müsste! Die Arme! Bei Daiki waren auch damals viele junge Mädchen schwanger gewesen. Die meisten hatten ihre Kinder allerdings nicht lange bei sich. Das war auch besser so für die Kinder. Keines sollte bei Daiki aufwachsen und einer Mutter, die sich beruflich nicht um es kümmern konnte. Soweit ich mich erinnere war eines der Mädchen sogar von Daiki schwanger geworden. Ich wusste aber nie was aus dem Kind geworden ist. Doch egal wie schwer es Ayumi auch haben würde, wir würden immer ihre Freunde bleiben, die ihr zur Seite stehen.
 

Als ich fast zu Hause war, kam mir plötzlich Katsumi entgegen. Erst dachte ich, ich sehe nicht richtig, doch dann beschloss ich, ihm endlich meine Meinung zu geigen. Also lief ich zu ihm hin und baute mich vor ihm auf. „Hör mal! Was sollte das mit Ayumi?“

„Was geht dich denn das an?“, sah er mich blöd an. „Mich geht es viel an, schließlich kenne ich sie schon fast mein ganzes leben. Also, warum machst du ihr ein Kind und lässt sie dann hängen? Glaubst du echt, dass sie und ihre Eltern sich das einfach so gefallen lassen?“

„Ist mir doch egal. Ich will das Ding nicht. Wer sagt denn. Dass es überhaupt von mir ist?“

„Du weißt, dass Ayumi nicht der Typ ist, der fremd geht.“

„Naja, wie dem auch sei. Aber eins verrate ich dir. Die Kleine ist echt gut im Bett. Vielleicht lässt sie dich ja auch mal ran.“

„Hör auf so über sie zu reden!“, schrie ich ihn an. Katsumi lachte und lief weiter. „Ey!“, rief ich, ehe er sich noch mal zu mir umdrehte. „Du wirst bald Besuch bekommen. Freu dich drauf!“, sagte ich mit einem Grinsen, als ich seinen verblüfften Gesichtsausdruck sah.
 

Zu Hause angekommen kam mir auch schon sofort Conan in die Arme gelaufen. „Sin wieder da!“

„Ja, Shin ist wieder da.“ Ich lächelte, nahm den Kleinen hoch und lief mit ihm ins Wohnzimmer zu Ran und Shinichi. „Ach, wen haben wir denn da?“ fragte Shinichi mich ein wenig angesäuert. „Es tut mir leid. Es war wichtig. Ayumi steckte naja steckt immer noch in Schwierigkeiten.“ Ich ließ Conan wieder runter, der gleich seiner Mutter in die Arme lief. „Was ist denn mit Ayumi?“ wollte Ran wissen. „Nun ja wisst ihr.“

„Na los, sag es schon. So schlimm kann es ja nicht sein.“

„Sie ist schwanger.“ Ich setzte mich auch hin und begann die ganze Geschichte zu erzählen. Geschockt sahen Shinichi und Ran mich an. Doch später versprachen auch sie ihre Hilfe anzubieten, mit Kindern kannten sie sich ja nun aus.
 

Als ich abends im Bett lag, konnte ich kaum einschlafen. Ich musste einfach immer wieder an Ayumi denken. Hoffentlich würde sie das alles auch schaffen.

Das kommt davon

Eine Weile war es nun her, dass Ayumi mir von ihrer Schwangerschaft erzählt hatte. Sie war im fünften Monat und erwartete ein kleines Mädchen. Ayumis Ex-Freund und Vater des Kindes wollte mit der ganzen Sache immer noch nichts zu tun haben, dennoch stand nach dem Besuch ihrer Eltern bei den seinen fest, dass er zumindest für die Kosten aufkommen müsste. Das war natürlich eine sehr unangenehme Strafe für ihn, aber er hatte sie verdient.
 

In der Schule wurde Ayumi leider oft blöd angesehen. Viele Leute brachten die fiesesten Sprüche, aber solange Mitsuhiko und Genta zu ihr hielten, ging es ihr gut.
 

Ich persönlich freute mich ganz besonders auf Morgen. Noch einen Tag Schule und dann: Endlich Ferien! Dann hatte auch noch Genta Geburtstag und wir waren alle eingeladen. Die Bude blieb elternfrei, unter der Bedingung, dass wir keinen Unfug anstellten. Genta hatte den beiden auch erklärt, dass wir nicht trinken würden, aber so ein bisschen sollte doch schon drin sein. Ich selber hatte noch nie Alkohol getrunken und war schon ganz gespannt auf meine ersten Versuche. Ob es wirklich so toll sein würde. Was das anging tat mir Ayumi ein bisschen leid, dass sie nichts davon probieren durfte.
 

Im Augenblick war ich bei Conan im Zimmer und passte auf den Kleinen auf, da Ran und Shinichi nicht da waren. Er kramte in einer Kiste und hielt mir dann eines seiner Autos hin. „Willst du damit spielen?“Er lächelte mich an: „Sin mit Conan Auto spielen.“

„Ja, mein Schatz, wir spielen zusammen.“, bestätigte ich und ließ das Auto über den Boden fahren, so wie er es mit einem anderen machte. Den Kleinen freute es immer riesig mit mir zu spielen. Es erinnerte mich alles so an mich selbst damals. Auch ich hatte eine Kiste voller Spielzeugautos und ab und zu haben mein Vater und ich damit gespielt. So ein Mist, schon wieder musste ich an ihn denken. Dabei war es doch schon acht Jahre her, dass er mich allein gelassen hatte. Mehr als die Hälfte meines Lebens hatte ich ohne ihn verbracht. Warum konnte ich ihn dann nicht einfach vergessen?
 

Erst Conan holte mich aus meinen Gedanken zurück, in dem er zu mir rüber gekrabbelt kam.

„Sin traurig?“

„Ähm was? Ach nein, Conan. Shin hat nur an etwas Trauriges gedacht. Ist schon gut.“, lächelte ich und setzte wieder ein fröhliches Gesicht auf. Conan griff wieder nach dem Auto und hielt es mir hin: „Weiterspielen?“ Ich nickte und versuchte nicht mehr an meinen Vater zu denken.
 

Eine Stunde später kamen Ran und Shinichi wieder. Im Gepäck das Abendessen. Nun kümmerte sich meine Stiefmutter wieder um den Kleinen. Sie kümmerte sich darum, dass er sein Abendbrot bekam und brachte ihn dann ins Bett. Danach fingen auch wir an zu Abend zu essen. „Na, Shin? Morgen ist der letzte Tag vor den Ferien. Freust du dich?“, wollte Ran wissen. „Ja klar! Wurde ja auch endlich mal Zeit.“ Shinichi grinste: „Und wie denkst du wird dein Zeugnis ausfallen?“ Ich zuckte mit den Schultern. Das hatte gerade noch gefehlt. „Es wird sicher nicht das Beste, aber auch nicht das Schlechteste. Vielleicht so in der Mitte.“

„Na dann ist ja gut. Tut mir übrigens leid, dass wir dieses Jahr nicht in den Urlaub fahren können.“

„Das macht nichts.“, entgegnete ich meinem Steifvater: „Tokio hat auch viel zu bieten.“
 

Mir machte es wirklich nichts aus, dass wir nicht in die Ferien fuhren. Leider mussten Shinichi und Ran wieder arbeiten. So ging es eben nicht. Außerdem waren meine Freunde in der ersten Hälfte noch alle da, aber dann fuhren auch Ayumi, Genta, Mitsuhiko und meine Schulkameraden weg. Alle auf einmal. Als hätten sie sich abgesprochen. Dafür hatte ich dann zeit mal wieder etwas mit Shiho und Isamu zu unternehmen. Das hatte ich schon lange nicht mehr getan, da auch sie beiden immer viel um die Ohren hatten. Isamu war mittlerweile Student mit Nebenjob. Seinen Schulabschluss hatte er nachgeholt und mit Bravour bestanden. Nun wollte er Lehrer werden. Ran, Shinichi und ich unterhielten uns noch etwas, ehe wir gemeinsam den Tisch leer räumten. Danach machte ich mich auf den Weg ins Bett.
 

Am nächsten Morgen war ich schon etwas früher wach, als normalerweise und machte mich für die Schule fertig. Ran war ziemlich erstaunt, aber ich freute mich einfach darüber, dass heute Gentas Geburtstagsfeier war und ich ab morgen für eine Weile nicht mehr in die Schule musste.
 

Kaum in der Schule angekommen, kam auch schon Itsuko auf mich zu: „Morgen, Shin!“

„Morgen, Itsuko! Alles okay?“

„Klar, könnte nicht besser sein. Heute ist der letzte Schultag und morgen fahren wir in den Urlaub.“

„Ja, ich bin auch froh, dass es nur noch heute ist. Aber wir fahren leider nicht weg.“ Itsuko nickte: „Komm, wir gehen schon mal rein.“ Ich nickte und so gingen wir ins Gebäude, wo wir auch Kyoko trafen. Für ein längeres Gespräch gab es keine Zeit mehr, denn Herr Kiyoshita war gerade um die Ecke gekommen.
 

Nachdem er uns alle begrüßt hatte, wollte er von jedem wissen was er so in den Ferien machen würde. Die Meisten erzählten davon wo sie hin fahren würden, aber es gab auch einige die zu Hause blieben. Dennoch hatte jeder sich eine ganze Menge vorgenommen. Auch unser Lehrer wollte nicht wegfahren. So hatte er genug Zeit, um mal wieder seine Freunde in und um Tokio zu treffen. Später bekamen wir unsere Zeugnisse, bis Herr Kiyoshita sich von uns verabschiedete. „Ich wünsche euch schöne Ferien und passt auf euch auf!“ Von uns kam das Gleiche zurück, bis wir uns auf den Weg nach draußen machten. Zum Glück würden wir uns im nächsten Jahr alle wiedersehen, da niemand sitzen geblieben war.
 

„Shin?“, fragte Itsuko mich. „Ja? Was ist?“

„Wie ist dein Zeugnis so?“, wollte er wissen. „So mittelmäßig. Eine Eins in Geschichte, eine Zwei in Sport, zwei Vieren in Englisch und Physik und ansonsten habe ich alles Dreien.“, antwortete ich. „Ich hab‘ auch zwei Vieren. Genau wie du in Physik und eine in Kunst. Das kann ich nicht so. Aber ansonsten habe ich alles Dreien.“

„Ist doch gut.“, sagte ich: „Kunst ist doch auch unwichtig. Physik auch.“ Gemeinsam liefen wir zur Bushaltestelle, bis ich dann aussteigen musste. „Also, mach’s gut. Melde dich mal!“, rief ich ihm noch zu. „Alles klar! Ich bin dann auch in vier Wochen wieder da.“ Ich nickte und stieg dann aus und machte mich auf den Weg nach Hause, wo Ran und Shinichi beide anwesend waren. Sofort lief ich zu ihnen.
 

„Bin wieder da!“

„Hey Shin! Wie war’s in der Schule?“, wollte Ran von mir wissen. „Gut. Wir haben auch keinen Unterricht gemacht.“

„Ja, das ist immer so.“ Nun kam auch Shinichi dazu: „Und? Wie war dein Zeugnis? Müssen wir dich für schlechte Noten bestrafen, Kleiner?“

„Nein!“, rief ich und lachte. Ich wusste, dass die beiden nie laut wurden, wenn ich schlechte Noten mitbrachte. Sie waren nur enttäuscht, wenn ich mal nicht gelernt hatte und selber schuld war. Ich holte mein Zeugnis hervor und gab es zuerst Ran. Diese las es sich durch und gab es dann an Shinichi weiter. „Na, das ist doch gar nicht so schlecht. Gut gemacht, Kleiner.“

Ich grinste und Shinichi streichelte mir durchs Haar.
 

Dann gab es Mittagessen. Ich wunderte mich, wo der kleine Conan war, aber Ran erzählte mir, dass Eri auf ihn aufpasste, weil Ran und Shinichi später arbeiten mussten und ich auf Gentas Geburtstagsfeier war. „Gentas Feier wird bestimmt. Cool.“, sagte ich. „Aber nur, wenn ihr nichts trinkt und wenn dann nicht viel.“, warnte Shinichi. „Ja, ich weiß.“, sagte ich leicht genervt. Das Thema hatten wir schon öfters.
 

Kurz darauf mussten Ran und Shinichi zur Arbeit. Ich hatte noch ein wenig Zeit, also setzte ich mich in meinem Zimmer vor den Fernseher, wobei ich auch noch den Laptop anmachte um zu sehen, wer mir alles geschrieben hatte. Genta hatte mir eine Nachricht hinterlassen. „Hey Shin, ich hoffe es bleibt bei später. Freu mich schon darauf.“

„Ja klar, bleibt es dabei. Ich freu‘ mich auch.“, schrieb ich zurück. Ich seufzte, als sich Genta ausloggte. Dann schrieb ich noch ein wenig mit den anderen aus meiner Klasse, ehe ich dann mich dann fertig machte. Ich sprang kurz unter die Dusche, zog mir danach eine dunkle Jeans und ein Shirt an und versuchte meine Haare so hin zu bekommen, wie ich es wollte, aber das war ja bekanntlich eine Sache der Unmöglichkeit. Dennoch war ich zufrieden. Ich packte das Geschenk ein und machte mich auf den Weg.
 

Bei Genta angekommen, konnte ich schon die Musik von drinnen hören. Er öffnete mir die Tür und ließ mich sofort rein. „Hi Shin!“

„Hi! Alles Gute! Und danke für die Einladung. Das hier ist für dich.“ Ich hielt ihm mein Geschenk hin. „Danke. Was ist das?“, wollte er wissen. Ich schenkte ihm ein Spiel für die X-Box und einen Gutschein, damit er sich selbst noch etwas kaufen konnte was er wollte. Er bedankte sich, das Spiel hatte er sich schon immer gewünscht und auch mit dem Gutschein konnte er etwas anfangen.
 

Danach lud er mich ins Wohnzimmer ein, wo schon alle anderen saßen. Von den Gästen erkannte ich nur Ayumi und Mitsuhiko. Die anderen schienen auch alle von der Teitan Mittelschule zu sein, aber ich hatte sie noch nie gesehen. Ich begrüßte meine Freunde, fragte nach wie es ihnen ging und kurz darauf bekam ich schon ein Glas zu Trinken in die Hand gedrückt. Wir unterhielten uns noch zehn Minuten, dann machte Genta die Musik noch etwas lauter und wir tanzten, bis er natürlich auf die Idee kam Pizza zu bestellen. Die aßen wir natürlich, während wir einen Film schauten und dazu ein paar Fläschchen tranken. Das Zeug schmeckte ganz süß und ich konnte nicht glauben. Dass es Alkohol war.
 

Später machten einige den Vorschlag Flaschendrehen zu spielen. Wieder einmal musste ich ein Mädchen küssen und gewisse Dinge über mich verraten, die keiner wissen sollte. Als wir keine Lust mehr hatten, drehten wir wieder die Musik auf und tranken noch etwas von dem süßen Zeug. Nach einer Weile fühlte ich mich komisch. Ich musste andauernd grinsen oder lachen und wusste gar nicht wieso. Den anderen schien es genauso zu gehen. Manche waren schon auf dem Sofa eingeschlafen. Ich wollte mich auch hinlegen, da mir gar nicht wohl war, doch in dem Moment kamen Gentas Eltern wieder und merkten sofort, was hier passiert war. Sie versuchten ihren Sohn darauf anzusprechen, doch dieser registrierte sie nicht. „Genta? Habt ihr getrunken?“ Ich musste lachen, obwohl das ja gar nicht witzig war. Dann bekam ich noch mit, wie seine Eltern in der Küche ein paar Anrufe tätigten, bis ich auch einschlief.
 

Nicht viel später werden alle wieder wach. Unsere Eltern waren da! Shinichi stand direkt vor mir und sah ziemlich sauer aus. Bis auf Ayumi waren wir alle betrunken. „Na, wieder wach, Shin?“, fragte Shinichi. Ich grummelte nur und hielt mir den Kopf. „Darüber reden wir noch!“ Die anderen Eltern schienen auch stink sauer. Nur die Kojimas machten sich riesige Vorwürfe. „Wenn wir das gewusst hätten, wären wir hier geblieben.“, sagte sie. „Schon gut. Die Kinder sind selber schuld.“, kam es von Shinichi.
 

Meine Kopfschmerzen wurden indes noch schlimmer und mir war verdammt schlecht. Shinichi musste mich fest am Arm halten und förmlich hinterher ziehen. Er setzte mich ins Auto und fuhr mit mir nach Hause. Dort musste er mich schon förmlich ins Haus tragen. Er legte mich auf meinem Bett ab und zog mir die Klamotten aus. „Heute werden wir wohl nicht mehr mit einander reden, aber morgen Shin wirst du die Konsequenzen tragen.“ Ich selbst bekam kaum noch etwas davon mit. Doch dann wurde mir auf einmal so schlecht, dass ich so schnell es ging ins Badezimmer lief. Shinichi lief mir hinterher. „Siehst du. Das kommt davon, wenn man zu viel trinkt, Kleiner.“ Danach fühlte ich mich jedenfalls ein bisschen besser und ließ mir noch einmal ins Bett helfen, bis ich ganz schnell einschlief.
 

Am nächsten Morgen waren meine Kopfschmerzen noch schlimmer. Was war denn los gewesen? Dann fiel mir wieder ein, dass Shinichi ja noch mit mir reden wollte. Ich schluckte. Trotzdem machte ich mich fertig und ging in die Küche. „Morgen.“, flüsterte ich leise, als ich Ran und Shinichi sah. „Morgen Shin!“, kam es etwas lauter von beiden zurück. Ich setzte mich an den Tisch und hielt mir die Hände an die Ohren. „Könnt ihr nicht etwas leiser sein?“

„Ach, hast du etwa Kopfschmerzen?“, wollte Shinichi wissen. „Ja, hab‘ ich.“, jammerte ich. „Tja, selber schuld.“

„Ja, ich weiß. Seit ihr sehr sauer?“

„Naja.“, seufzte Ran: „So einfach kommst du uns nicht davon.“ Ran stellte mir nun ein Glas Wasser hin und legte ein paar Tabletten dazu. „Hier! Die hast du eigentlich nicht verdient, aber sie helfen.“

„Danke.“
 

Nach einer Weile begannen die Tabletten zu wirken. Das tat wirklich gut. Ich musste Ran dankbar dafür sein, doch sie witterte nun ihre Chance mit mir zu reden. Doch als erster ergriff Shinichi das Wort. „So, Shin. Ich weiß ja nicht wie ihr gestern darauf gekommen seid euch zu betrinken und ich will auch gar nicht wissen wer damit angefangen hat, aber ich denke jeder ist für sich selbst verantwortlich. Daher wirst du die ganze nächste Woche zu Hause bleiben. Kein Fernseher, keine X-Box und nicht zu vergessen, für 3 Tage ist auch der Laptop tabu.“

„Waaaas!?“, fragte ich empört: „Es sind doch Ferien.“

„Das ist jetzt auch egal Shin. Du kannst froh sein, dass du nicht mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus liegst.“ Ich nickte: „na schön. Darf ich dann jetzt wieder ins Bett? Mir ist immer noch nicht gut.“

„Okay. Abmarsch!“ So schlurfte ich die Treppen hoch und legte mich wieder hin: Was anders als Schlafen konnte ich ja nun eh nicht.
 

(Shinichis Sicht)

„Glaubst du, wir waren zu streng?“, wollte Ran wissen. „Ach was, er ist doch noch gut davon gekommen. Es kann einfach nicht angehen, dass er macht was er will. Wir haben ihm vorher Bescheid gesagt. So ist er selber schuld.“ Ran nickte: „Okay, du hast recht.“

„Klar, habe ich das.“ Ich näherte mich meiner Frau und gab ihr einen Kuss. Dann machte ich mich auf den Weg zu meinem nächsten Fall.
 

(Shins Sicht)

Oh mann, mein Kopf tat immer noch so weh! Aber ich war ja auch wirklich selber schuld daran. Jetzt war auch noch die komplette erste Ferienwoche versaut. Aber vielleicht hatte ich ja noch eine Chance mich zu benehmen, um das Verbot zu lindern. Wie dem auch sei. Im Moment wollte ich nur noch schlafen.

Es kann auch schön sein

Eine Woche später war mein Hausarrest aufgehoben und ich machte mich sofort auf den Weg zu Shiho. Die letzten Tage waren verdammt langweilig gewesen, auch wenn Shinichi das Fernsehverbot ein wenig gelockert hatte, aber auch das fand ich extrem langweilig, gerade wo draußen so schönes Wetter war. Eines war sicher, nochmal würde ich nicht so dumm sein und mich betrinken. Auch wenn die anderen das alle machten.
 

Auf dem Weg zu Shiho kam ich an einem kleinen Spielplatz vorbei. Er sah so ähnlich aus wie der, auf dem Papa früher immer mit mir gewesen war. Ich wollte meinen Blick wieder anwenden und daran vorbeigehen, als eine Mutter und ihr kleiner Sohn meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Anscheinend hatte der Kleine einen anderen Jungen geschlagen. Nun zerrte seine Mutter ihn auf die Bank und schimpfte. „Du bleibst jetzt solange hier sitzen, bis du dich bei dem anderen Jungen entschuldigt hast! Ist das klar?“ Trotzig sah der Kleine sie an und dann wieder weg. Ich musste grinsen und ging weiter. Das Ganze erinnerte mich doch ziemlich an mich selber. Ich musste drei oder vier gewesen sein, als ich in einer ähnlichen Situation war, wo mein Vater mich sofort nach Hause geschleppt hatte, weil ich nicht auf ihn hören wollte.
 

Flashback

„Shin Kado! Kannst du mir mal sagen was das soll? Wieso hast du den Jungen geschlagen?“ fragte mein Vater mich sauer. „Er hat mir mein Auto weggenommen.“

„Aber deshalb musst du ihn noch lange nicht hauen. Dreh dich um und sag ihm, dass es dir leid tut.“ Mein Vater schleppte mich zu der Mutter, die ihren Sohn tröstete und entschuldigte sich schon mal in meinem Namen. „Es tut mir leid, dass mein Sohn auf Ihren losgegangen ist. Es wird nicht wieder vorkommen.“

„Schon gut.“ lächelte die Frau: „Mein Kleiner war ja auch nicht ganz unschuldig. Ich habe ihm schon so oft gesagt, dass er nicht einfach andere Spielsachen klauen darf.“

„Trotzdem, es tut uns leid.“ Die Frau nickte: „Ach, ist doch schon vergessen. Ich muss jetzt sowieso wieder nach Hause. Vielleicht spielen unsere Söhne ja ein anderes Mal friedlich zusammen.“
 

Mein Vater wand sich wieder an mich: „So, Shin. Jetzt ist er zwar weg, aber wenn du ihn wieder siehst, wirst du ihm sagen, dass es ihr leid tut.“

„Nein! Mache ich nicht!“, sagte ich trotzig. Mein Vater setzte mich neben sich auf die Bank und wies mich an dort zu bleiben, bis ich meine Einstellung ändern würde. Erst dann dürfte ich weiterspielen. „Nein!“ rief ich und stand auf, als mich mein Vater mich am Kragen packte und aufhielt. „So, wenn du nicht hören willst, dann gehen wir jetzt eben nach Hause. Es kann nicht sein, dass du machst was du willst. So funktioniert das nicht. So, ab nach Hause!“

„Nein! Ich will weiterspielen. Es ist doch noch gar nicht dunkel.“

„Tut mir leid. Das hast du dir selber zuzuschreiben. Wenn du dich nicht mit anderen Kindern verstehst, dann gehörst du nicht auf einen Spielplatz.“ Nun streckte ich meinem Vater die Zunge raus. Nach Hause zu gehen passte mir wirklich gar nicht. Wütend packte er mich an der Hand und zog mich hinter sich her. „Mann Papa! Ich will hier bleiben. Ich bin auch ganz lieb.“

„Nein, Shin. Es wird auch bald dunkel.“

„Darf ich denn zu Hause spielen?“

„Ja, ein bisschen. Aber du musst heute früh ins Bett. Morgen passt der Boss auf dich auf, weil dein Onkel und ich arbeiten müssen.“ Ich verzog das Gesicht. Zum Boss ging ich wirklich nicht gerne. „Muss das sein?“

„Das weißt du ganz genau. Ich nickte. „Na gut.“

Flashback Ende
 

Ja, ich war wirklich manchmal ein anstrengendes Kind, aber nie hatte mein Vater mir weh getan, bis auf ein einziges Mal. Ich seufzte. ‚Papa, wo bist du? Vermisst du mich denn nicht? Und denkst du auch manchmal an mich? Wann kommst du wieder? Diese Fragen stellte ich mir so oft. Auch wenn er schon lange weg war, ich kam niemals darüber hinweg, dass er mich einfach so allein gelassen hatte. Jedes Mal wenn ich Kinder mit ihren Vätern sah, versetzte es mir einen Stich ins Herz. Zwar hatte ich Shinichi und Ran, sie wirklich gute Ersatzeltern geworden waren, aber es würde niemals so sein wie mit meinem eigenen Vater. Da war ich mir sicher. Oft fragte ich mich, wie mein Leben verlaufen wäre, hätte man die Organisation nicht geschnappt. Einige Mitglieder waren ja auch noch frei. Ich war sicher, dass mein Opa sie irgendwo anders wieder neu aufgebaut hatte. Papa und Onkel Wodka hatten auch auf den Zettel geschrieben, dass sie sicher wieder zurück kommen würden, aber wann sollte das bitte noch sein? Ich hatte schon so lange auf sie gewartet. Aber ich schüttelte den Kopf. Ich musste diese Gedanken ganz schnell wieder loswerden, denn sie machten mich traurig.
 

Und tatsächlich riss mich das Klingeln meines Handys schnell aus den Gedanken. Ich zig es aus der Hosentasche und bemerkte, dass ich schon die vierte SMS von Unbekannt an diesem Tag bekommen hatte. Diesmal sah ich aber nach was drin stand. „Hey Shin! Na? Schon Angst? Du fragst dich sicher wer ich bin. Nun ich geb‘ dir einen Tipp. Du kennst mich und ich werde dich ganz bald wieder bekommen. Ich muss dich bestrafen, denn du warst ein sehr böser Junge.“ Ich löschte die SMS und steckte das Handy wieder weg. Die anderen SMS sagten alle Ähnliches. Aber ich dachte mir nichts dabei. Es war sicher nur irgendein Spinner, der meine Nummer bekommen hatte und mich nun ärgern wollte.
 

Zehn Minuten später war ich bei Shiho angekommen. „Hi Shin!“, begrüßte sie mich. „Hallo. Alles okay bei dir?“

„Na klar. Bei dir hoffentlich auch. Aber komm erst mal rein.“ Ich nickte, zog mir die Schuhe aus und lief ins Wohnzimmer. „Willst du etwas trinken?“ Ich nickte und sah wie sie aufstand und ein Glas Wasser aus der Küche holte. „Also, Shin: Wie geht es dir?“

„Mhm naja, zum einen hatte ich ja erst einmal Hausarrest und nun dachte ich, ich gehe dich mal besuchen. Danach plane ich den Rest meiner Ferien.“

„Was hast du angestellt, dass du nicht raus durftest?“, fragte Shiho grinsend. „Ach naja, wir haben uns auf Gentas Party vollgesoffen. Shinichi fand das natürlich nicht so toll, wir waren ja alle noch minderjährig.“, erklärte ich. „Also da wäre ich auch sauer gewesen.“ Ich nickte und versprach, dass es nie wieder vorkommen würde. Danach fragte ich sie nach ihrer Arbeit. Sie erzählte es mir bis ich eine Frage stellte, die mich interessierte. „Und was ist mit diesem Herrn wie hieß der noch, der auf dich steht?“

„Um Himmels Willen, der Kerl ist einfach nur wiederlich.“ antwortete sie und wir lachten, bis sich ihre Miene änderte. „Weißt du, Shin, manchmal überlege ich, ob ich nicht einfach wieder das APTX schlucke und dann mit Fünfzehn nochmal neu anfangen sollte.“ Sie sah dabei ein wenig traurig aus, sodass ich den Grund unbedingt erfahren wollte. „Ich weiß es nicht. Ich habe als Shiho doch schon alles verloren. Meine Familie, ich hatte nie Freunde. Auch wenn die Arbeit nicht schlecht ist, manchmal frage ich mich was ich hätte besser erleben können, wenn ich Ai Haibara geblieben wäre. Ich hätte mich ganz nach meinem Geschmack entwickeln können. Vielleicht hätte ich eine ganz andere Richtung eingeschlagen.“

„Und was willst du den anderen sagen?“, fragte ich erstaunt über das gehörte. „Sicher das Selbe wie dir.“
 

Ich zuckte mit den Schultern. Mir war nicht klar, was ich darüber denken sollte. Aber ich versprach, immer Shihos Freund zu bleiben. Egal was passierte. Sie seufzte: „Schon komisch. Du bist der Sohn von Gin, der der mir meine Schwester genommen hat und andere Menschen brutal aus dem Leben gerissen hat und trotzdem mag ich dich.“ Ich grinste: „Ich mag dich auch.“

„Kleiner versucht du etwa mit mir zu flirten?“ Ich wurde rot und sah weg, was sie zum Lachen brachte. Man war mir das peinlich, aber was mich mehr aufregte war, dass alle immer noch Kleiner zu mir sagten, auch wenn ich sie schon tausend Mal gebeten hatte es zu unterlassen.
 

Ich blieb noch eine Weile bei ihr und wir unterhielten uns über ihre Arbeit, meine Schule und dies und jenes, bis sie leider zur Arbeit musste. Da es noch nicht spät war, entschloss ich mich noch bei Isamu vorbei zu schauen. Dass Shiho womöglich wieder zu Ai Haibara werden könnte, darüber wollte ich mir erst einmal nicht so viele Gedanken machen, aber freuen würde es mich schon, wenn ich sie wieder öfter sehen könnte.
 

Eine halbe Stunde später, war ich bei Isamu. Er ließ mich sofort eintreten und begrüßte mich fröhlich. „Hey, Kleiner! Alles klar, bei dir?“ Auch er nannte mich mal wieder Kleiner. „Ja, alles gut und bei dir?“

„Bei mir auch.“ Ich zog meine Schuhe aus, trat in die Wohnung und umarmte Isamu einmal, so wie wir es immer zur Begrüßung taten. Er bat mich ins Wohnzimmer und fragte mich, was ich denn trinken möchte, doch ich verneinte gänzlich. Auch er fragte mich über meine Ferien aus. Ich erklärte ihm was an Gentas Geburtstag vorgefallen war und warum ich deswegen erst einmal eine Woche Hausarrest hatte. „Du machst ja Sachen.“

„Kommt nicht wieder vor.“, sagte ich beschämt. Isamu stand auf, um doch etwas zum Trinken zu holen. „Das will ich auch hoffen, sonst muss ich dir den Hintern versohlen grinst er.“
 

Als er wiederkam fragte ich ihn über seine Gegenwart aus: „Hast du heute frei?“

„Heute und die ganze Woche.“

„Aber du musst doch sicher für die Uni lernen.“

„Naja, als ob ich das den ganzen Tag tun würde.“, zwinkerte er mir zu. „Dann störe ich dich also nicht?“, fragte ich erleichtert. „Shin, du störst nie. Das weißt du doch.“
 

Als wir uns noch eine Weile unterhalten hatten, stellte ich fest, dass die Sonne bereits untergegangen war. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es bald Zehn war. „Oh verdammt! Ich muss los!“, sagte ich in Panik und wollte schon meine Schuhe anziehen, als Isamu mich aufhielt. „Nein, warte! Es ist schon dunkel draußen. Ich mache mir Sorgen, wenn du um die Uhrzeit noch alleine durch Tokio läufst.“

„Ach was. Das habe ich bei Daiki doch immer gemacht.“, kommentierte ich. „Ja, aber das war etwas ganz anderes. In seinem Viertel hätte dich niemand ohne seine Einverständnis angefasst. Wenn du willst kannst du heute einfach bei mir schlafen.“ Ich nickte und rief sofort bei Shinichi an.
 

„Hier Kudo.“, sagte er, als er den Apparat abnahm. „Hallo Shinichi, ich bin’s.“, sagte ich schnell. „Shin! Wo bist du? Sag mal weißt du eigentlich wie spät es ist?“, fragte er wütend. „Tut mir leid. Ich habe bei Isamu ganz die Zeit vergessen. Er hat gesagt, dass ich heute bei ihm übernachten kann, weil es schon so spät ist. Darf ich?“, bettelte ich. „Ja, okay. Aber beim nächsten Mal hätten wir deinen Anruf gerne früher. Wir haben uns Sorgen um dich gemacht.“

„Okay.“, sagte ich kleinlaut, bevor ich mich bei ihm bedankte und wir das Gespräch beendeten. Es war nicht das erste Mal, dass ich bei Isamu übernachtete. Ich mochte ihn sehr, denn er war ja so etwas wie ein Bruder für mich. Heute bat er mir an als erstes zu duschen, während er das Bettzeug für mich vorbereitete. Zum Abendessen bestellte er eine Pizza.
 

Als ich fertig geduscht war, schlüpfte ich in den Schlafanzug, der mir immer noch zu groß, aber ihm schon lange zu klein war. Immerhin hatte er ihn für mich aufgehoben. Die Hose passte mittlerweile auch fast, nur das T-Shirt schlabberte noch etwas. Ich verließ das Bad und machte mich auf den Weg ins Wohnzimmer. Isamu saß vor dem Fernseher und fragte mich, ob ich denn einen Film sehen wollte. Ich bejahte und so aßen wir die Pizza mal wieder vor der Flimmerkiste.
 

Als der Film vorbei war, war es schon lange Mitternacht, dennoch ließen wir die Kiste laufen und unterhielten uns noch etwas auf der Couch. Eine besondere Frage hatte ich an ihn. Oh Mann, ich wurde jetzt schon rot dabei. „Du, Isamu, hast du eigentlich wieder einen Freund?“

„Nein, im Augenblick nicht. Wieso fragst du?“

„Du bist mein bester Freund. Wieso sollte ich es nicht wissen dürfen?“, stellte ich die Gegenfrage.
 

Doch dann redete ich weiter und holte Sachen aus der Vergangenheit wieder hervor. „Sag mal, musstest du damals eigentlich auch mit Daiki schlafen?“

„Ja einmal. Aber dann war nichts mehr. Er hatte ja dich öfters dran genommen.“ Ich nickte: „Das hat jedes Mal verdammt weh getan. Ich weiß nicht warum manche Leute Sex schön finden. Für mich bedeutet das nichts als Schmerzen.“

„Es ist schön wenn du mit jemandem schläfst den du liebst und der ganz zärtlich dabei ist.“, erklärte Isamu mir.
 

Ich konnte es mir immer noch nicht vorstellen. Einige meiner Freunde hatten es schon gehabt und sagten, dass es sehr schön war. Doch dieser Gedanke wollte einfach nicht in meinen Kopf. Nach allem was ich erlebt hatte, konnte ich es einfach nicht nachvollziehen. Isamu versuchte es mir auf eine andere Art schön zu reden: „Sag mal Shin, du hast dich doch sicher schon mal selbst angefasst.“
 

Mit hoch rotem Kopf zögerte ich erst, nickte aber dann. Isamu konnte ich ja alles sagen. „Und? Hat es da weh getan?“

„Nein, sonst hätte ich es ja nicht so oft getan.“

„Naja, siehst du? Ich weiß nicht so ganz wie ich es dir erklären soll, aber ich kann dir einfach nur sagen, dass es ein noch besseres Gefühl ist, es mit jemandem zu machen, den man liebt.“ Doch dann brach ich in Tränen aus. Ich konnte es einfach immer noch nicht glauben: „Ich weiß nicht. Ich kann es mir nicht vorstellen. Ich will einfach nie mehr Sex haben, aber ich habe Angst, dass ich dann nie mehr mit jemandem zusammen sein kann, weil ich einfach nicht mit der Person schlafen kann.“ Isamu kam auf mich zu und nahm mich in den Arm. Er wiegte und streichelte mich, bis ich wieder beruhigt war: „Sch….. Alles wird gut, mein Kleiner. Mach dir keine Sorgen, du kannst das.“ Kurz darauf hatte ich mich wieder gefangen. Ruhig sah ich ihm ins Gesicht. Hatte er schon immer solch schöne Augen gehabt? Und bevor ich mich versah, hatte ich mich ihm ein weiteres Bisschen genähert und ihm auf den Mund geküsst!
 

„Shin, was sollte das?“ Isamu sah mich groß an. Ich zuckte mit den Schultern. „Tut mir leid, e-es kam einfach so über mich ich glaube, ich gehe jetzt besser.“, stotterte ich. „Nein, bleib hier! Es ist schon okay.“ Ich nickte. Isamu kam näher und küsste mich ebenfalls, was ich mir nur zu gern gefallen ließ. Ich konnte nicht verstehen was auf einmal mit mir los war. Mir war so wohlig warm, wie nie zuvor und auf einmal hatte ich keine Angst mehr, so wie früher, wenn mich jemand so berührt hatte. „Isamu ich.....“, setzte ich an, doch er unterbrach mich sofort: „Schon gut, Kleiner.“
 

Ich denke, er hatte es verstanden. Sicher hatte er bemerkt, dass es in meiner Hose bereits enger geworden war und auch er war schon ziemlich erregt. Ich wollte ihn gerade wieder küssen, als er mich am Arm packte. „Warte. Shin, bist du sicher, dass du das auch möchtest? Du weißt, ich kann mich strafbar machen. Ich bin Vierundzwanzig und du erst Fünfzehn.“

„Mir egal. Bitte, ich will es!“, flüsterte ich bestimmt zurück: „Ich will es jetzt und ich will es mit dir und mit niemandem sonst. Es wird auch niemand herausbekommen.“

„Na schön. Aber nicht hier im Wohnzimmer.“, stimmte Isamu endlich zu, machte den Fernseher aus und nahm mich in seine Arme, um mich ins Schlafzimmer zu tragen. Dort legte er mich auf dem Bett ab und kuschelte sich selbst an mich. Wir fingen an uns zärtlich zu küssen. Er roch so gut, dass ich mich nicht mehr freiwillig von ihm losreißen würde! Mit meiner Zunge tippte ich seine Lippen an und bat um Einlass. Er gewehrte ihn mir und schnell waren wir in ein verführerisches Zungenspiel vertieft. Ich wusste immer noch nicht was mit mir los war und warum ich das Ganze eigentlich angefangen hatte. Nie hatte ich diese Prozedur als angenehm empfunden, hatte immer versucht mich dagegen zu wehren, mir geschworen es nie wieder zu tun, aber nun wollte ich es einfach. Aber es sprach auch nichts dagegen. Er und ich waren beste Freunde. Niemand kannte mich besser als er. Nicht einmal Ayumi, Genta und die Anderen.
 

Als wir den Kuss Luftmangelns lösen mussten, grinste Isamu mich an: „Du küsst ja richtig gut, Kleiner.“ Ich grinste zurück.
 

Nun kam Isamu über mich. Er zog sein T-Shirt aus, ich bewunderte seinen wunderschönen Körper. Langsam machte er sich auch an meines ran und küsste meinen Bauch von oben bis unten entlang. Es ließ mich ein wenig aufstöhnen. Er grinste und machte sich langsam an meiner Hose zu schaffen, dann auch an meinen Shorts und mit sich selbst tat er das Gleiche. Nun waren wir nackt. Ein komisches Gefühl, hatte ich mich doch je dagegen gewehrt, wenn es ein anderer mit mir getan hatte, doch mit ihm ließ ich es einfach zu. Ich war ziemlich erregt und auch Isamu ging es nicht anders. Doch noch ließ er sich Zeit. Ich wollte schon mit meiner Hand nach unten fassen und ihn berühren, aber Isamu hielt meine Hände fest und lächelte. „Nicht, Kleiner. Lass mich dich verwöhnen.“ Ich nickte und schloss kurz die Augen. Alleine seine Berührungen ließen mich schon aufstöhnen. Nach einer Weile fing er dann an mein Glied in die Hand zu nehmen und diese rauf und runter zu bewegen. „Ja, mach weiter!“, flehte ich. Er grinste und gab mir mit einem Nicken Bescheid, dass er verstanden hatte was ich wollte. Doch nach einer Weile hörte er plötzlich auf. Ich wollte ihn schon fragen warum, als ich auf einmal etwas Feuchtes fühlte. Oh Mann! Er wollte mir doch nicht etwa einen tatsächlich. Er nahm mein Glied in den Mund und verwöhnte es mit seiner Zunge. Es tat so unheimlich gut, dass ich mich an seinem Bett festkrallte.
 

Kurz bevor ich kam hörte er auf. „Warum machst du nicht weiter?“Ich hatte das Gefühl, dass ich es noch länger gebraucht hätte. Mein Körper wollte es. Er kam auf mich zu und küsste mich. „Keine Sorge. Es wird gleich umso besser.“ In seinem Seitenschrank hatte er eine Tube Gleitgel, die er in die Hand nahm und sich etwas davon auf seine Finger schmierte.

„Bist du bereit?“, fragte er und sah mir dabei tief in die Augen. Ich schluckte vor Aufregung und nickte. „Keine Sorge, ich tu dir nicht weh.“, beruhigte er mich und küsste mich zur Ablenkung, während er seine Finger langsam in mich einführte. Erst war es nur einer, dann zwei, dann drei. Langsam bewegte er sie rein und raus. Ich hielt die Luft an. Erst war es ein bisschen unangenehm. Dann aber zog er sie wieder ganz raus. „Alles okay?“, fragte er. „Ja, alles gut.“, sagte ich und es stimmte. Auch wenn es etwas weh getan hatte, ich wehrte mich dennoch nicht dagegen.
 

Nun setzte er sich direkt vor mich, öffnete meine Oberschenkel und fragte: „Bist du bereit, mein Tenshi?“

„Mehr als das.“, bestätigte ich. Er nickte und drang mit seinem Glied ganz langsam in mich hinein. Kurz schrie ich auf, doch er wurde noch langsamer und lenkte mich mit seinen Küssen ab. Nachdem ich mich an ihn gewöhnt hatte, begann er sich in mir zu bewegen. Immer noch tat es am Anfang ein bisschen weh, doch es wurde immer besser. Nie hatte ich je damit gerechnet, dass es so gut sein würde. Ich streckte mich ihm sogar schon entgegen und er wurde schneller. „Ja, bitte noch schneller!“, bettelte ich und er tat wie ihm gesagt wurde. Dazu nahm er auch noch mein Glied in seine Hand und rieb daran so schnell er konnte.
 

Nach einer Weile hielt ich es dann einfach nicht mehr aus und kam in seiner Hand. Auch Isamu kam mit einem lauten Stöhnen in mir und blieb noch eine Weile in Position, bis er sich dann auch aus mir zurück zog. Schwer atmend legte ich mich zurück, als er mich in seine Arme nahm und an sich drückte. Wir beide zitterten etwas. „Und? Alles okay bei dir?“

„Ja, das war einfach gut. Danke Isamu.“, bestätigte ich mit einem Lächeln. Er nickte und wir küssten uns wieder, bis wir nebeneinander aufs Bett fielen. Eine Weile blieben wir noch so, lagen einfach nur da. Dann stand er auf und begann aufzuräumen. Er wischte sich mit einem Tuch die Hand ab und ein wenig das Bettlaken. Dann legte er sich wieder neben mich und wir beiden kuschelten eine Weile, bis wir einschliefen. Mir war eines klar. Auch wenn es die schönste Nacht in meinem Leben war, ich würde nicht mit Isamu zusammenkommen. Ich denke er wusste es auch.

Was ist nur los?

Als ich am nächsten Tag aufwachte, war es schon Mittag. Isamu lag immer noch neben mir und schlief tief und fest. Mit einem Lächeln sah ich ihn an und streichelte ihm durchs Haar. Er war wirklich sehr hübsch. Mir war klar, dass er mal jemanden sehr glücklich machen würde. Doch während ich ihn weiter streichelte, machte er plötzlich die Augen auf und drückte mich an sich.

„Guten Morgen, Kleiner, schön geschlafen?“ Ich wurde etwas rot im Gesicht, ehe ich ihm antwortete: „Ähm, ja. Danke. Und du?“

„So gut habe ich schon lange nicht mehr geschlafen.“ Ich lächelte und drückte mich noch weiter an ihn. Eine Weile lagen wir so nebeneinander, bis er wieder das Wort ergriff: „Hör zu, Shin. Wir müssen über heute Nacht reden.“ Ich nickte. „Weißt du, das muss eine einmalige Sache bleiben. Auch wenn es wirklich sehr schön war. Wir können nicht zusammen sein. Verstehst du?“, machte er mir klar. Wieder nickte ich: „Ja, das war mir schon von Anfang an klar. Aber es war trotzdem wunderschön.“ Isamu gab mir einen Kuss und streckte sich dann, ehe er aufstand. „Na dann mal raus aus den Federn! Möchtest du was Essen, Kleiner?“

„Sag nicht immer Kleiner zu mir.“

„Solange du der Kleinere von uns beiden bist, niemals!“, lachte er. „Ach Mann!“, schmollte ich gespielt und stand dann auch auf.
 

Während ich im Badezimmer war, hatte Isamu das Frühstück vorbereitet. Gemeinsam saßen wir am Tisch und aßen, als er mir etwas sagte, was mich sehr beunruhigte. „Du Shin?“

„Ja? Was?“

„Ich..... Ich weiß nicht wie ich es dir sagen soll, aber du solltest es wissen. Früher oder später wirst du es eh erfahren. Daiki ist vor Kurzem aus dem Knast gekommen.“ Ich schluckte. „Ja, aber mach dir keine Sorgen. Ich denke er wird uns in Ruhe lassen.“ Ich nickte. „Hoffentlich. Hat er sich denn schon bei dir gemeldet?“

„Nein. Aber wenn er es täte und uns dann zu nahe käme, wäre er schneller wieder im Knast als er gucken kann. Deshalb mache ich mir da keine Sorgen.“

„Ja, du hast recht.“, sagte ich leise und versuchte meine schlimmen Gedanken zu verdrängen.
 

Ich blieb noch bis mittags bei Isamu und machte mich dann auf den Weg nach Hause. Er fragte mich noch was ich sonst so vor hätte und bat mir an, dass ich jeder Zeit wieder zu ihm kommen konnte, was ich gerne annahm. Auf dem Heimweg machte ich mir meine Gedanken um Daiki. Dass er wieder draußen war, behagte mir ganz und gar nicht. Womöglich waren auch noch diese gruseligen SMS von ihm. Ob ich es Shinichi sagen sollte? Doch ohne Beweise machte das keinen Sinn und selbst wenn er es gewesen wäre, wollte er mir sicher nur Angst machen. Ich versuchte also lieber an mein erstes Mal mit Isamu zu denken. Auch wenn es nicht wirklich mein allererstes Mal war, so sah ich es doch als solches an, schließlich war es das erste Mal, dass ich es wollte und dass ich keine Schmerzen dabei verspürt hatte. Isamu hatte wirklich recht gehabt. Es konnte schön sein, wenn man es mit einem Freund machte und dafür war er genau der richtige gewesen. Doch niemand durfte je davon erfahren, da er sich sonst strafbar gemacht hätte, auch wenn ich es eigentlich wollte. Doch plötzlich verspürte ich ein komisches Gefühl. Ich drehte mich um, konnte aber niemanden entdecken. Es war schon erschreckend. In letzter Zeit war mir oft so komisch gewesen. Ob das etwas mit Daikis Entlassung aus dem Gefängnis zu tun hatte?
 

Als ich zu Hause ankam, hörte ich wie sich Shinichi und Ran lauthals stritten. Ich hatte noch nie gehört, dass sie so laut dabei waren, was mich sehr beunruhigte. Eigentlich wollte ich gar nicht mal wissen worum es ging, doch trotzdem bekam ich mehr mit als mir lieb war. „Shinichi, mir reicht’s! Wenn du mich verarschen willst, dann vergiss es! Ich bin nicht dumm! Klar?“

„Ich will dich nicht verarschen und ich kann auch nicht verstehen warum du dich so aufregst, Es ist doch alles klar. Bleib also ruhig.“ Ran jedoch dachte gar nicht daran auf die Bitte ihres Mannes einzugehen. „Ich soll ruhig bleiben? Das kann ich aber nicht. Weißt du, wenn das so weiter geht, dann müssen wir uns trennen. Ich habe keine Lust mehr darauf!“ Shinichi wollte wohl noch etwas sagen, doch Ran hatte sich bereits umgedreht. Die Tür öffnete sich und meine Stiefmutter rannte an mir vorbei. „Oh, hallo Shin. Wie war es bei Isamu?“

„Ähm gut. Aber was ist mit euch los? Warum streitet ihr?“

„Ach, mach dir darüber keine Gedanken. Es ist nichts. Schon okay.“ So glücklich sah Ran nicht aus, als sie das sagte, doch dann verschwand sie die Treppen hoch.
 

Kurz darauf kam auch Shinichi aus dem Wohnzimmer. „Shinichi warum?“, fragte ich, doch ich wurde jäh unterbrochen. „Es ist nichts. Alles gut.“, sagte er, ohne mich zu begrüßen. „Nein, es ist nicht alles gut. Also, was ist?“

„SHIN! ES IST NICHTS! Okay?“ Erschrocken sah ich ihn an. Mir kamen fast die Tränen. So wütend hatte ich ihn noch nie gesehen. Doch dann beugte er sich zu mir runter und streichelte mir über den Kopf. „Entschuldige, aber das geht nur Ran und mich etwas an.“

„Shinichi, du und Ran ihr trennt euch doch nicht, oder?“

„Ich weiß es nicht.“, sagte er leise und lief ebenfalls nach oben. Ich lief ihm hinterher und wollte mal nach meinem kleinen Bruder sehen, der bei Ran auf dem Arm saß. Als sie mich sah, lächelte sie wieder. „Shin, kannst du den Kleinen mal nehmen? Ich will mal für eine Weile zu Sonoko.“, bat sie. Ich nickte, setzte Conan auf dem Boden ab und fing an etwas mit ihm zu spielen.
 

Auch als es schon dunkel wurde, hatte ich noch den Babysitterjob, da Ran immer noch nicht zurück war. Also brachte ich den Kleinen ins Bett, der das glücklicherweise mit sich machen ließ. Dann verschwand ich in meinem eigenen Zimmer und wollte etwas Fernsehen, doch leider war Ran in dem Moment zurück gekommen und wieder begann ein Streit im Schlafzimmer, bei dem ich live zuhören durfte. „Du warst wieder dort?“, war das einzige was ich Ran schreien hörte. Doch er antwortete nur, dass sie sich nichts einbilden solle. Das Ganze endete damit, dass Shinichi im Gästezimmer schlief. Ich für meinen Teil machte den Fernseher aus und versuchte ebenfalls zu schlafen. Was für ein Tag.
 

Eine Woche später war ich dann wieder auf dem Weg zu Isamu. Bei Shinichi und Ran konnte ich es so langsam nicht mehr aushalten. Sie schrien sich nur noch an, oder redeten den ganzen Tag nicht miteinander. Furchtbar! Immer wenn es möglich war, versuchte ich weg zu sein, um mir das nicht antun zu müssen. Dabei wusste ich noch nicht einmal mehr worum es bei dem Streit überhaupt ging. Erfahren würde ich das allerdings wohl eh nie.
 

Auch letzte Nacht hatte ich nicht gut geschlagen. Wieder war eine SMS bei mir angekommen, die mit Sicherheit von Daiki stammt. Er hatte mal wieder geschrieben, dass er mich irgendwann in die Finger bekäme. Er war mal wieder sehr böse und meinte ich würde schon sehen, was ich von meinen Aktionen hätte. Doch ich wollte Shinichi immer noch nichts davon erzählen. Er hatte sicherlich schon genug Stress mit seiner Arbeit. Dazu kam dieses Gefühl, dass ich nach wie vor ständig verfolgt würde. „Ach, ich drehe hier langsam echt durch.“
 

Zehn Minuten später war ich bei Isamu angekommen. Ich klingelte und sofort wurde mir aufgemacht. Auf schnellstem Wege lief ich die Stufen zu seiner Wohnung hoch. „Hey Shin.

„Hallo, Isamu!“

„Und, wieder Stress zu Hause?“ Ich nickte. Dann wurde ich hineingebeten. Isamu sagte mir, dass er Besuch habe und als ich jene Person sah, fielen mir fast die Augen aus dem Kopf. Auf dem Sofa saß mein Klassenlehrer, Herr Kiyoshita. „Aber was machen Sie denn hier?“, fragte ich perplex, ohne ihn zu begrüßen. „Hallo Shin. Ich besuche meinen neuen Freund.“

„Ihren Freund?“ Das Ganze wurde immer schockierender für mich. „Naja, weißt du, Isamu und ich sind seit ein paar Tagen fest zusammen. Davor hatten wir uns aber auch schon einige Male getroffen.“
 

Erstaunt über das Gehörte und die Tatsache, dass mein Lehrer überhaupt auf Männer stand, setzte ich mich auf die Couch. Isamu lächelte mich an, dann gab er Herrn Koyoshita einen Kuss. Ich wurde rot und sah sofort weg. Das musste ich erst einmal verarbeiten. Herr Kiyoshita passte schon gut zu Isamu, wenn ich die beiden so ansah. Vom Alter her waren sie ja auch nicht so weit auseinander. Ich sah die beiden wieder an und fing an zu reden. „Wo habt ihr haben Sie sich denn kennengelernt?“ Isamu antwortete mir: „Nun ja. Tagi ist mein Nachhilfelehrer, ich studiere schließlich auf Lehramt. Da ich allerdings wegen der Arbeit nicht immer lernen kann, bin ich auf ihn angewiesen. Nun sind wir uns aber noch näher gekommen als früher.“ Ich nickte. Besorgt sah Isamu mich an, in der Hoffnung, dass ich nicht enttäuscht wäre, obwohl zwischen uns beiden ja alles geklärt war. „Shin, ich hoffe, das ist okay für dich.“ Wieder nickte ich: „Natürlich. Ich freue mich für euch beide.“
 

Die beiden grinsten. Dann stellte Herr Kiyoshita mir eine Frage: „Und Shin, was machst du so in den Ferien?“ Ich zuckte mit den Schultern: „Nicht viel. Ich versuche so oft wie möglich mich mit Freunden zu treffen, aber die meisten sind ja weg und in den Urlaub fahren wir nicht.“ Doch dann kam mir eine unangenehme Sache in den Sinn, die ich sofort ansprechen musste. Besorgt sah ich zu Isamu. „Du, weiß Herr Kiyoshita eigentlich woher wir uns beide kennen? Er hat eben nicht geschockt reagiert, als er mich hier sah.“

„Mach dir keine Sorgen. Er weiß es. Ich habe ihm alles über mein leben erzählt und von dessen bist du ja auch Teil.“ Beruhigt nickte ich und unterhielt mich noch eine halbe Ewigkeit mit den Beiden. Herrn Kiyoshita durfte ich auch duzen und ihn mit Tagi ansprechen, aber nur solange wir nicht in der Schule waren und es kein anderer Schüler mitbekam.
 

Auf dem Nachhauseweg konnte ich es immer noch nicht glauben. Mein Lehrer und Isamu. Aber egal. Ich freute mich für die beiden, was sollte ich denn auch sonst tun. Sie hatten es in meinen Augen beide verdient glücklich zu sein. Apropos glücklich. Schon wieder kamen mir Ran und Shinichi in den Sinn. Hoffentlich waren sie nicht wieder am Streiten. Doch es blieb ruhig. Niemand war zu Hause. Auf dem Küchentisch lag eine Nachricht:
 

Lieber Shin,

Ich bin für ein paar Tage mit Conan bei meinem Vater in der Detektei. Ich brauche etwas Abstand. Wenn etwas ist, komm einfach vorbei.

Liebe Grüße

Ran
 

Ich seufzte. Und wo war Shinichi? Die konnten doch nicht beide auf die gleiche Idee gekommen und mich allein gelassen haben. Aber wie dem auch sei. Ich nahm erst mal eine heiße Dusche, machte mir etwas zu Essen und setzte mich im Wohnzimmer vor den Fernseher.
 

Eine Stunde später war auch Shinichi wieder da. „Wo warst du?“, fragte ich etwas lauter, als hätte ich mir ernsthafte Sorgen gemacht. Diese waren wohl auch berechtigt, bedachte man, dass Shinichi eine ziemlich lange Fahne hatte. „Ich war weg und jetzt will ich nur noch ins Bett. Ich bin müde.“, lallte er vor sich hin und lief die Treppen hoch, um sämtlichen Fragen aus dem Weg zu gehen. „Hast du getrunken?“, rief ich ihm hinterher, als würde ich in unserer Beziehung den erzieherischen Part übernehmen. „Ja und wenn schon! Ich bin ein freier, erwachsener Mann und kann machen was ich will.“

„Naja, hast recht.“ Ich zuckte mit den Schultern und ließ ihn ziehen.
 

Nur der das Licht des Vollmonds erhellte den kleinen Raum, in dem ein Mann vor dem Fenster stand und in die pechschwarze Nacht hineinsah, die durchzogen von den Neonlichtern der Großstadt war und so doch einen nicht allzu dunklen Schleier über die Welt legte. Zumindest nicht hier. Giftig blickte das Augenpaar in die Nacht hinaus, die Stirn legte sich in Falten, als er seinen Gedanken freien Lauf ließ.
 

Morgen wird es soweit sein. Ab morgen gehört Shin wieder hier her. Ob er noch all die Dinge mit sich machen lässt. Wie wird er wohl darauf reagieren? Doch ich werde nicht derjenige sein, der sich mit seiner Entführung die Finger schmutzig machen wird. Das wird ein anderer für mich tun. Wieso musste es damals soweit kommen?‘ Wutentbrannt schlug der Mann seine Faust gegen die Wand. Dann verließ er seinen Platz vor dem Fenster.
 

Mitten in der Nacht wachte ich auf. Wieder einmal vibrierte mein Handy und leuchtete hell auf. Ich sah sofort nach von wem der Anruf kam und hatte kein gutes Gefühl dabei. Schon wieder war eine SMS angekommen und auch wenn ich wusste, dass ich danach nicht mehr würde schlafen können, öffnete ich sie und las mir den Inhalt durch. „Morgen, Shin, morgen wirst du wieder bei mir sein.“
 

Nun war ich mir sicher, dass all diese SMS von Daiki stammten. Er wollte mir Angst machen, sollte er es doch! Ich würde mich sicher nicht einschüchtern lassen. Obwohl es mich beunruhigte, dass er etwas von „morgen“ da rein schrieb. Und woher hatte er überhaupt meine Nummer? Ich versuchte mich wieder hinzulegen und mich abzulenken. Tatsächlich schaffte ich es auch einzuschlafen, aber das Thema meiner Gedanken hatte sich nicht geändert. Ich träumte von meiner Anfangszeit bei Daiki.
 

Traum

Ich war schon einen ganzen Monat lang bei ihm, hatte neue Sachen zum Anziehen bekommen, ein eigenes kleines Zimmer, auch wenn in diesem außer einer Matratze und einem Schreibtisch gähnende Leere herrschte und Daiki war bisher immer nett zu mir gewiesen. Ich war ziemlich froh darüber bei ihm sein zu dürfen. Von seinen beruflichen Tätigkeiten hatte ich noch keine Ahnung, ich wusste aber, dass er Leute hatte die für ihn arbeiteten. Von ihnen hatten wir abends schon gemeinsam Geld eingesammelt.
 

Es war schon wieder Abend und Daiki kam zur Tür herein. Fröhlich lief ich sofort auf ihn zu. „Hallo Daiki.“

„Hallo Kleiner“, sagte er, während er mir durchs Haar streichelte: „Warst du auch schön brav und hast für mich aufgeräumt?“

„Ja, ich habe alles sauber gemacht. Hast du mir denn jetzt meine versprochenen Spielsachen mitgebracht?“

„Nein, das habe ich nicht. Du wirst auch keine Zeit zum Spielen haben.“, sagte er ernst. Ein wenig enttäuscht, aber auch neugierig sah ich ihn an: „Warum nicht? Was soll ich denn sonst tun?“

„Erst einmal bringe ich dir ein paar Dinge bei und dann kannst du auch bald alleine das Geld von meinen Leuten einsammeln gehen.“

„Na gut, wenn es denn sein muss.“, murmelte ich enttäuscht. Dazu hatte ich nun wirklich keine Lust. „Ja, es muss sein, oder willst du, dass ich sauer werde?“, kam es wütend zurück. Ich schüttelte den Kopf. „Gut so. Und nun ab ins Bett. Es ist schon viel zu spät für dich.“, sagte Daiki und ich lief mit immer noch enttäuschter Miene in mein Zimmer, wo ich mich auf die Matratze legte und fest einschlief, ohne zu wissen was noch auf mich zukommen sollte.

Traum Ende
 

Schweißgebadet erwachte ich aus dem Schlaf. Dass ich ausgerechnet von Daiki träumen musste. Immerhin war es eine Zeit, in der er mir noch nichts angetan hatte. Durch die Jalousien drangen ein paar Sonnenstrahlen. Ich sah auf meinen Wecker. Es war schon zehn Uhr, Zeit zum Aufstehen. Mich noch einmal kurz streckend, verließ ich mein Zimmer und lief die Treppen hinunter in die Küche, wo Shinichi bereits am Esstisch saß.
 

„Guten Morgen.“

„Morgen, Shin.“ Ich schmierte mir ein Brot und setzte mich zu ihm an den Tisch. Die ganze Zeit sah er mir dabei nach und hatte einen Blick aufgesetzt, als wolle er mir etwas sagen. Dies ging schon seit einer Weile so, nicht nur heute. Ich fragte mich was es damit auf sich hatte, dennoch überließ ich ihm das Reden. „Was hast du heute noch vor, Kleiner?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Ich denke, dass ich heute Shiho besuchen werde und danach mal sehen.“

„Ach so. Na dann wünsche ich dir viel Spaß dabei. Ich habe heute noch einen Fall, aber wenn du möchtest, können wir morgen ja mal etwas zusammen machen.“
 

Über mein Gesicht huschte ein kleines Lächeln. Vor einiger Zeit hatten Shinichi und ich mal viel zusammen unternommen. Ich vermisste unsere gemeinsamen Ausflüge. „Au ja! Das wird super! So etwas haben wir schon lange nicht mehr gemacht.“

„Das stimmt.“, sagte Shinichi, stand auf, streichelte mir durch die Haare und nahm mich in den Arm. Leise hörte ich ihn flüstern: „Du bist schon etwas Besonderes, Shin. Schade.“

„Was ist schade?“

„Ach, nichts. Ist schon okay. Ich muss jetzt los. Bis später!“ Ich nickte ihm zu, dann war er weg. Nachdenkleich räumte ich den Tisch auf. Was sollte das eben? Warum benahm er sich in letzter Zeit so merkwürdig? Doch kurz darauf machte auch ich mich auf den Weg nach draußen.
 

Ich war gerade zehn Minuten unterwegs gewesen, als ich von hinten gepackt und in ein Auto gezerrt wurde.

Zurück zum Boss

„Verdammt, was ist denn los?“ Noch bevor ich etwas tun konnte, war der Wagen bereits, mit mir auf der Rückbank, losgefahren. Neben mir ein Typ im schwarzen Anzug. Ich fragte mich, ob er zu Daiki gehörte, aber das konnte ich mir kaum vorstellen. Wobei eine Imageänderung konnte nach all den Jahren schon passiert sein. Die andere Vermutung, die sich in meinem Kopf breit machte wollte ich nicht zu Ende denken. Das konnte einfach nicht sein. Dann gab es da ja noch eine dritte Möglichkeit. Vielleicht war ich einfach durch Zufall Opfer einer Entführung geworden. Generell war die ganze Situation ziemlich komisch. Zögerlich rappelte ich mich dazu auf die Sache aufzuklären: „Wer seid ihr und was wollt ihr von mir?“ Der Kerl neben mir sah mich finsteren Blickes an: „Wir sind diejenigen die dazu auserwählt wurden dich zu unserem Boss zu bringen.“

„Aha. Und wer soll dieser Boss sein?“, hakte ich nach.
 

Ich erhielt nicht sofort eine Antwort darauf, denn erst einmal begann der Kerl neben mir zu Lachen. „Kannst du dir das denn nicht denken?“, fragte er kopfschüttelnd. Ich verschränkte die Arme und sah ihm mutig entgegen: „Nein. Sonst hätte ich ja wohl nicht danach gefragt.“

„Der Boss ist dein Großvater, der erhabene Leiter unserer geliebten Organisation.“ Ich schluckte. Er war also wieder zurück. Er begann wieder den gleichen Fehler. Hatte er denn gar nichts gelernt? Langsam versuchte ich zu realisieren was das alles für mich zu bedeuten hatte und je bewusster es mir wurde, desto schwerer wurde der Stein auf meinem Herzen. Mit meiner glücklichen Kindheit war es also vorbei. Ein zweites Mal wurde ich aus meinem behütenden Zuhause gerissen. Weg von den Menschen die mich liebten, gezwungen erwachsener zu werden als man es einem Kind je zumuten würde. Und ich hatte mich nicht einmal von Shinichi verabschieden können. Den gemeinsamen Tag mit ihm würde ich nie antreten können. Vielleicht würden sie ihn sogar aus dem Weg räumen. Am liebsten hätte ich geweint, aber ich musste stark sein. So viel hatte ich in meinem bisher kurzen Leben gelernt. Ich würde mir meine Angst nicht anmerken lassen. Nicht vor Typen wie diesen, die dachten sie könnten mich einschüchtern.
 

„Die Organisation ist wieder da, Junge. Sie ist wieder fast die alte. Du wirst es noch schnell genug bemerken. Versuch also nicht es zu verdrängen.“ Den Spruch überhörte ich schon fast, so fest war ich in meinen Gedanken verankert. Was würde mich in der Organisation erwarten? Was hatte mein Großvater mit mir vor? Würde ich je wieder von ihnen weg können? Man würde nach mir suchen, aber sie würden mich nicht finden. Es gab keine Hinweise, nicht den Hauch einer Spur zu mir. Der Beweis, dass sie wieder an der Macht war, die Organisation mit all ihrer Gründlichkeit.
 

Eine bekannte Melodie riss mich aus meiner Trance. Es war mein Handy das klingelte. Ich wollte den es gerade aus meiner Hosentasche ziehen und den grünen Knop drücken, als der Typ neben mir es mir aus der Hand riss und in Sekundenbruchteile zerdrückte. Meine Augen weiteten sich. Mann, hatte der eine Kraft! Trauernd sah ich meinem Handy nach, während es aus dem Autofenster flog und auf dem harten Asphalt der Straße aufschlug. Na toll! „Weißt du wie teuer das war?“, beschwerte ich mich noch, obwohl ich wusste, dass das auch nichts mehr brachte. „Und wenn schon. Dein lieber Opa kauft dir ein besseres.“, kam es zurück. Immerhin war das schon mal geklärt. „Hast du sonst noch was dabei, Junge?“, fragte mich der Kerl. Ich schüttelte den Kopf. Ein Zweithandy wäre jetzt praktisch gewesen.
 

Es vergingen ein paar Sekunden, gefühlte Minuten bis ich mich wieder zu Wort meldete. „Was will mein Opa von mir?“

„Das ist doch logisch, oder? Er will dich zurück haben. Du bist schließlich derjenige, der den Schuppen irgendwann erben wird.“

„Ha! Und dann fahre ich ihn gegen die Wand. Na das hat er sich aber schön vorgestellt. Als ob ich ihn vertreten werde. Was denkt sich der Kerl? Taucht nach Jahren wieder auf und denkt, er könnte einfach so über mich verfügen.“
 

Nun brach das halbe Auto in Gelächter auf. Auch der Fahrer konnte sich nicht mehr zurück halten. „Klappe! Was soll daran so lustig sein?“, befahl ich. Wenn ich den Laden schon übernehmen sollte, konnte ich ja gleich mal anfangen meine Leute herumzukommandieren. „Junge, dein Großvater hat in den letzten Jahren mehr Macht erlangt als je zuvor. Niemand würde ihm widersprechen, auch sein Enkel nicht.“

„Na das werden wir ja wohl sehen.“, protzte ich und es war das Letzte was ich während dieser langen Autofahrt von mir gegeben hatte. Mein Opa wollte mich wieder haben? Nicht mit mir! Dann sollte ich auch noch der Boss dieser Kiste werden? Damit hatte er sich geschnitten. So leicht würde ich ihm das nicht machen.
 

Kurz darauf erreichten wir ein großes Anwesen am Rande der Stadt. Ich musste Grinsen, obwohl es eigentlich keinen Grund dazu gab, aber dieses Bild passte einfach so gut zu meinem Großvater. Kaum zurück in Tokio hatte er sich alles fast genauso hergerichtet, wie es zuvor gewesen war. Nur die zwei Leibwächter vor der Tür, die waren neu. Der Kerl, der die ganze Fahrt über neben mir gesessen hatte, packte mich am Arm. Anscheinend hatte er Schiss, dass ich abhauen würde. Wo er Recht hatte. Versuchen würde ich es ja.
 

Ohne, dass wir uns überhaupt der Klingel bemächtigten, wurde uns die Tür geöffnet. Ein vornehmer Mann verneigte sich vor uns, ehe wir eintraten. „Herzlich Willkommen junger Herr Kado. Fühlen Sie sich hier zu Hause.“

„Ähm ja danke,“ nickte ich perplex. Ich war es einfach nicht gewöhnt so begrüßt zu werden und ich würde mich auch mit Sicherheit nie dran gewöhnen. Es widerte mich jetzt schon an. „Kommen Sie mit, Herr Kado. Sie werden schon sehnsüchtig erwartet.“ Wieder nickte ich. Mir fiel auch nichts Besseres ein.
 

Okay, eines stand fest. Das neue Anwesen war noch größer als das Alte und von meinem Gefühl her, hatte mein Opa noch mehr Angestellte als vorher. Immer wieder liefen uns einige von ihnen über den Weg und machten sofort Platz.
 

Vor einer großen Tür blieben wir stehen. Von drinnen hörte ich Stimmen, konnte sie aber nicht zuordnen. Mein Entführer klopfte an die Tür, ehe sie von einem Mitarbeiter aus dem Inneren des Raumes geöffnet wurde. „Boss, Ihr Enkel ist da.“

„Gut“, hörte ich meinen Opa sagen. „Er soll reinkommen.“ Der Angestellte nickte, drehte sich zu uns rum und bat uns hinein. Kaum waren wir drinnen, kam mein Großvater langsamen Schrittes auf mich zu. „Du kannst ihn loslassen.“, forderte er meinen Entführer auf.
 

Ich rieb mir den schmerzenden Arm. Das wurde auch langsam mal Zeit. Nebenbei sah ich meinen Verwandten eiskalt an. „Shin, mein Junge. Da bist du ja endlich. Groß bist du geworden. Fünfzehn Jahre alt.“ Nun streckte er seinen Arm zu mir aus und wollte mir übers Gesicht streicheln, doch ich schlug ihn von mir weg. „Fass mich nicht an!“, zischte ich: „Was willst du von mir?“

„Ach Shin, was denkst du denn? Wir sind deine Familie. Du gehörst zu uns.“

„Vergesst es! Bei all dem Scheiß den ihr verbrochen habt mache ich nicht mit! Ihr habt euch doch auch sonst die letzten Jahre nicht für mich interessiert. Ihr kommt schon ohne mich kl.....“ In dem Moment sah ich eine weitere schwarze Gestalt auf mich zulaufen. Mein Herz begann zu rasen. Das hatte ich nicht für möglich gehalten. So lange hatte ich mir diesen Moment herbeigesehnt, doch im Augenblick fühlte ich nichts als Wut. Bittere Wut. Also sah ich auch meinen Vater kalt an. Jahrelang hatte er mich allein gelassen. Allein mit Daiki, wo ich durch die Hölle gegangen war. Ja, ich gab meinem Vater eine große Mitschuld an dieser Misere. Selbst die Tränen, die er im Moment in den Augen hatte, konnten mich nicht umstimmen ihn fröhlich zu empfangen.
 

„Shin mein Junge. Mein kleiner Sohn. Ich bin so froh dich wieder zu sehen.“ Mein Vater sah immer noch so aus wie früher. Wollte er sich nicht verändern, um nicht gefunden zu werden? Langsam ging er vor mir in die Knie und nahm mich in seine Arme. Erst ließ ich mir das gefallen wie lange hatte ich schon darauf gewartet? Aber dann drückte ich ihn leicht von mir weg. Verwirrt sah er mich an. „Was soll das? Was glaubst du wer du bist? Kommst nach acht Jahren wieder und denkst damit sei alles wieder gut?“

„Nein, Shin. Bitte versteh mich! Ich habe dich die ganze Zeit vermisst, ich habe jeden Tag an dich gedacht. Ich musste dich zurücklassen. Ein Leben auf der Flucht, das wäre nicht schön für dich gewesen. Und bei Shinichi hattest du es doch gut.“

„Ach!“ In meinem Blick steckte ein leichter Hauch der Überraschung: „Ihr wisst also, dass ich bei Shinichi gewohnt habe. Wisst ihr denn auch, dass ich erst seit zwei Jahren dort wohne? Wisst ihr was vorher war?“ Ich wurde immer lauter. „Nein, das wissen wir nicht.“, sagte mein Vater leise. Er klang traurig, aber das ließ mich in diesem Moment echt kalt. „Ich bin sechs Jahre lang durch die Hölle gegangen! Ich habe bis ich dreizehn war Dinge getan, die man keinem Kind zumuten kann! Wisst ihr wie sehr ich gellitten habe? Aber nein, ihr wisst es nicht und ihr werdet es auch nie erfahren, weil ich nicht hier bleiben werde! Das könnt ihr mal ganz schnell vergessen!“ Wütend sah ich wieder zu meinem Großvater, der mich breit angrinste.

„Du bist erwachsen geworden, mein Kleiner. Sehr schlagfertig bist du und gar nicht mehr schüchtern. Aber das hilft dir auch nicht. Du wirst bei uns bleiben, ob du willst, oder nicht.“

„Ach ja? Das werden wir ja sehen. Ich werde nämlich kein Killer, oder gar dein Nachfolger. Schmink dir das ab.“
 

Ich machte eine kurze Verschnaufpause, atmete einmal kurz durch, dann sprach ich weiter: „Denkt ihr denn echt, dass mich keiner suchen wird?“

„Aber klar doch, Shin.“, sagte mein Großvater: „Natürlich habe ich damit schon gerechnet und weißt du was? Ich habe mittlerweile so viel macht, dass dich niemand finden wird. Ich habe einige meiner Mitarbeiter bei der Polizei und noch ein paar andere Leute, die mir noch einen Gefallen schulden. Man wird es so aussehen lassen, als seist du von Zuhause weggelaufen. Der Streit zwischen Ran und Shinichi kam mir da gerade gelegen und wenn wir rausgehen, dann verkleiden wir uns so, dass uns niemand je erkennen würde.“ Enttäuscht ließ ich den Kopf hängen. „Ich bleibe nicht hier,“ murmelte ich. „Naja. Du kannst ja versuchen wegzulaufen, aber das würde dir nichts bringen. Innerhalb von einer Minute wärst du wieder hier.“ Ich zuckte mit den Schultern. Man merkte mir an wie niedergeschlagen ich in dem Moment war.
 

„Nun Shin, du wirst jetzt erst mal auf dein Zimmer gebracht. Wir können ja zu einem späteren Zeitpunkt weiterreden.“ Traurig blickte ich auf. Im Raum waren nicht nur mein Vater, mein Opa und ich. Mein Onkel hatte die ganze Zeit am Fenster gestanden. Auch ihm sah man an, dass er Tränen in den Augen hatte. Er konnte mich ja noch nie leiden sehen und wer auch immer die Frau neben ihm war, sie weinte offensichtlich auch. „Wer ist sie?“, fragte ich leise.
 

Mein Opa schaute kurz zu ihr, ehe er mich wieder ansah und erklärte: „Das ist deine Mutter, Shin.“

„Was? Meine Mutter?“ Mit großen Augen musterte ich sie. Tatsächlich konnte sie es schon sein. Sie hatte die selbe Haarfarbe wie ich. Langsam schritt sie auf mich zu, aber auch diesmal machte ich einen Schritt zurück. „Fass mich nicht an!“, schrie ich aus dem Affekt. „Shin.“, kam es von meinem Vater. Nun blickte ich wutentbrannt zu ihm: „Was? Denkt ihr ich falle euch gleich um den Hals, weil ich froh bin euch wiederzusehen? Habt ihr denn wirklich geglaubt, dass ich gerade diese Frau, die einfach abgehauen ist, als ich vier Tage alt war, auf Anhieb lieben kann? Vergesst es!“

„Deine Mutter hatte ihre Gründe.“, erklärte mein Vater. „Schon, aber das geht mir am Arsch vorbei!“ Wieder wollte Papa etwas sagen, aber Mutter hielt ihm am Arm fest. „Schon gut, Gin. Es ist alles okay. Shin, ich war dir keine Mutter. Ich kann dich verstehen. Wenn du willst, können wir ja später nochmal miteinander reden.“

„Nein, das können wir nicht, denn ich bin jetzt weg. Tschüss!“ Ich wollte gerade zur Tür hinaus, als mich der Kerl von vorhin wieder am Arm packte. „Lass mich los, oder es wird dir leid tun!“, brüllte ich und fing an um mich zu schlagen.
 

Als der Kerl genug davon hatte, zog er mich hoch und sah mir finster ins Gesicht. Immer noch hörte ich nicht auf auf ihn einzuschlagen und traf ihn genau ins Gesicht, sodass seine Lippe aufplatzte. Lachend stand mein Opa daneben: „Eines muss man dir lassen, Kleiner. Du hast enorme Power. Jim!“

„Ja Boss?“, fragte der Hüne nun. „Bring ihn auf sein Zimmer und sei nicht so zimperlich, fass ihn ruhig etwas fester an. Er braucht das.“ Gesagt getan. Der Griff des Hünen tat noch mehr weh, aber ich ließ mir das nicht anmerken und schlug immer noch auf ihn ein, bis er mir den Arm umdrehte. „Aua! Mann! Willst du mir die Hand brechen?“ Der Kerl sagte nichts. Er nickte dem Boss noch einmal zu und beförderte mich aus dem Raum. Zurück blieben mein Vater, der wieder aufgestanden war, mein Onkel, der sich die ganze Zeit schon nicht gerührt hatte und meine Mutter, die sich eine Hand vor den Mund hielt und immer noch weinte. Mein Opa warf mir noch ein letztes hässliches Grinsen zu, dann konnte ich ihn nicht mehr sehen.

Respekt

Der Typ trug mich die Treppe nach oben, einen langen Gang entlang, bis er schließlich vor einer Tür Halt machte. „So, das hier wird dein Zimmer sein, aus dem du erst herauskommst, wenn der Boss es dir erlaubt. Aber mach dir keine Hoffnungen. So schnell kommst du hier erst einmal nicht weg und ich werde hier vor deiner Tür stehen bleiben, bis meine Ablöse kommt.“
 

Ich sagte nichts, man schupste mich einfach ins Zimmer. Kaum stand ich drin, wurde die Tür hinter mir geschlossen. Na toll! Wie im Knast fühlte ich mich hier. Ich sah mich erst einmal um. Schlecht war es nicht. Ich hatte viel Fläche und die Möbel schienen sehr teuer gewesen zu sein. Aber was sollte ich damit? Mein Zimmer bei Shinichi gefiel mir immer noch tausendmal besser. Ich musste hier weg! Am besten so schnell wie möglich. Vom Fenster aus konnte ich in den großen Garten sehen, aber um hinauszuspringen war es zu hoch. Womöglich würde ich mir einen Fuß brechen, wenn ich unten aufkam und dann war es das mit der Flucht gewesen und selbst wenn ich unverletzt geblieben wäre, an den Wachen wäre ich wohl schwer vorbeigekommen. Wie schon gesagt, ich war im Knast. Seufzend setzte ich mich auf das Bett in der Mitte und dachte nach. Ich hatte mich Papa gegenüber ziemlich fies verhalten. Acht Jahre lang hatte ich gehofft ihn wiederzusehen, hatte ihn vermisst wie keinen anderen und dann sowas. Aber das Treffen mit ihm hatte ich mir auch anders vorgestellt. Außerdem war ich natürlich immer noch sauer auf ihn, was daran lag, dass er mich damals einfach allein gelassen hatte. Ja, damit war auch er schuld daran, dass ich bei Daiki gelandet war. Und dann war da ja noch meine Mutter, die ich heute zum ersten Mal gesehen hatte. Hatte sie denn wirklich gedacht, dass ich ihr gleich um den Hals fallen würde? Fünfzehn Jahre lang war sie nicht bei mir gewesen und nun empfand ich trotzdem so etwas wie Liebe für sie. Ich hatte es sofort gespürt, als ich sie sah.
 

Oh Mann! Was sollte ich denn jetzt noch tun? Dass Shinichi mich finden würde, konnte ich gleich ausschließen. Mein verhasster Opa hatte alles dafür in die Wege geleitet, dass man mich nie wieder finden würde. Aber niemals würde er mich dazu bekommen jemandem etwas anzutun. Oder doch? Ich hatte ein mulmiges Gefühl in der Magengegend, dachte ich daran, dass ich eines Tages zum Mörder werden könnte. Auszuschließen, dass es dazu käme, wäre zu verfrüht gewesen, bedachte man, dass meine ganze Familie aus Verbrechern bestand. Wütend nahm ich ein Kissen und schmiss es gegen die Wand. „Scheiße, scheiße, scheiße! Wieso ich?“
 

(Gins Sicht)

Ich stand wieder auf, als man Shin in seinem Zimmer brachte. Aki hatte sich zum Glück langsam beruhigt, dennoch hielt sie immer noch meinen Arm fest. Der Boss begann wieder zu sprechen: „Shin ist groß geworden und er hat was drauf. Das habe ich ihm sofort angesehen. Nur, dass er keinen Respekt vor mir hat gefällt mir nicht. Das hat er in all den Jahren irgendwie verlernt, aber wir bekommen das schon wieder hin.“
 

Ich nickte. Was sollte ich auch sonst tun? Ich konnte ja nicht einmal etwas tun. Am liebsten würde ich zu meinem Sohn gehen und mit ihm reden, aber er war im Augenblick zu aufgebracht. „Nun denn, Aki, Gin, Wodka! Ihr könnt auf eure Zimmer gehen. Ich habe noch andere Dinge zu tun.“ Wir nickten dem Boss als Bestätigung zu und liefen nach draußen in den Garten, wo wir uns erst einmal hinsetzten und redeten. Ich blickte hinauf und zu Shins Zimmer und wenn ich mich nicht geirrt haben sollte, dann hatte er soeben am Fenster gestanden.
 

In meinem Bauch setzte wieder ein Gefühl von Traurigkeit ein: Wie sehr hatte ich meinen kleinen Sohn vermisst. Allerdings konnte ich genauso gut verstehen, dass er wütend war. Ich wäre es wohl auch gewesen. Trotzdem hoffte ich, dass er nicht für immer so abweisend gegenüber Aki und mir bleiben würde. Besonders ihr tat es enorm weh, dass ihr Sohn ihr anscheinend nicht verzeihen konnte. Immer noch schluchzte sie vor sich hin. „Aki, ist alles okay bei dir?“

„Ja, schon gut. Ich kann Shin ja verstehen. Ich weiß zu gut wie er sich fühlt. Ich habe ihn im Stich gelassen. Damit habe ich ihn das Gleiche getan wie meine Mutter, die ich dafür manchmal immer noch hasse.“ Ich nickte: „Mach dir keine Sorgen. Er braucht sicher erst einmal etwas Ruhe. Irgendwann wird er uns ganz sicher verzeihen. Ich kenne ihn nur zu gut.“ Nun schaltete sich auch mein Bruder in das Gespräch mit ein: „Gin hat recht, Aki. Irgendwann wird Shin von selbst auf dich zukommen. Er muss erst mal verkraften, dass er wieder bei uns ist und auch noch die Befehle vom Boss ausführen soll. Obwohl ich denke, dass er Letzteres ganz bestimmt nicht vor hat.“

„Ja, Shin kann echt stur sein.“, stimme ich zu. „Er ist wie du.“, sagte Aki und lächelte mich an. „Naja, aber er hat auch sehr viel von dir. Ihr könnt euch beide sehr gut in die Gefühle anderer hineinversetzen und Shin sieht in jedem Menschen immer noch etwas Gutes, so wie bei deinem Vater, auch wenn er das nicht zugeben würde. Genau wie du.“ Aki nickte. Traurig senkte sie ihren Blick: „Ich habe alles verpasst. Ich kenne meinen eigenen Sohn nicht. Ich weiß gar nicht was er mag und was nicht. Schon schlecht für eine Mutter.“
 

Ich holte einmal tief Luft, dann begann ich zu weiter zu reden: „Weißt du, du wirst ihn kennen lernen. Ich muss es ja auch wieder von Neuem. Der Shin den ich kenne war damals sieben Jahre alt. Aber wenn du willst, kann ich dir gerne etwas über ihn verraten. Er mochte Pizza und hat immer am liebsten mit seinen Autos gespielt. Zum Boss zu müssen hat er gehasst und er konnte Chianti nicht leiden. Ich denke, das hat sich bis heute nicht geändert.“ Mein Bruder und ich lachten, dachten wir an Shins Beziehung zu Chianti und auch Aki setzte mit ein. „Aber trotzdem kann er sich schon verändert haben. Ich wüsste zu gerne, ob er eine Freundin hat.“, fuhr ich weiter fort und wir alle versanken wieder in unseren Gedanken.
 

(Shins Sicht)

Zwei Stunden später wurde endlich diese verdammte Tür wieder aufgemacht und dieser komische typ namens Jim kam herein. „Los komm, es gibt Essen!“, forderte er mich auf. Genervt folgte ich ihm in den Speisesaal, indem mein Opa, mein Vater, mein Onkel und meine Mutter bereits am Tisch saßen. Papa und Mama lächelten mich an, als ich hineinkam, aber ich sah weg und setzte mich hin. Dann fing mein Opa an zu reden: „Nun, da wir alle vollzählig sind, können wir ja mit dem Essen anfangen. Guten Appetit!“

„Guten Appetit riefen alle und machten sich daran ihre Teller leer zu machen. Nur ich rührte mich keinen Millimeter. „Sag mal Shin“, fing mein Opa wieder an: „Erzähl mal was du in letzter Zeit so gemacht hast. Auf welcher Schule bist, oder warst du? Ab jetzt bekommst du ja hier Unterricht.“

„Na das werden wir ja noch sehen.“, flüsterte ich und sagte dann etwas lauter: „Wieso interessiert euch das? Das habt ihr doch sicher schon selbst raus bekommen.“

„Ich will es aber von dir wissen.“, kam es von meinem Opa. „Na schön. Ich bin auf der Ten Schule. Ist echt schön da. Mein Lehrer ist der Beste und einfach cool. Außerdem habe ich nette Freunde. Die sind im Moment alle im Urlaub.“

„Deine ehemaligen Freunde, meinst du.“, kam es von meinem Großvater. „Jaja, das sehen wir noch.“, entgegnete ich, woraufhin er anfing zu lachen. „Sag mal, du hast doch bei diesem Detektiven gewohnt: Shinichi Kudo. Er hat eine Frau namens Ran und einen kleinen Sohn, nicht wahr?“

„Ja. Aber lass sie bloß in Ruhe! Sie haben mit der ganzen Sache hier nichts zu tun. Klar? Außerdem habe ich ihnen viel zu verdanken.“

„Ach was. Die sind mir ja auch egal. Aber was mich wirklich brennend interessiert: Wo hast du denn bitte gelebt bis du 13 warst?“

„Das geht euch nichts an. Ist schlimm genug. Aber eines kann ich dir sagen, Papa.“ Mein Vater sah mich interessiert an. „Als ich gerade mal ein paar Wochen bei Ran und Shinichi gewohnt hatte, ist dein Vater wieder aufgetaucht.“

„Was wollte er von dir?“

„Mich bei sich haben. Ich musste dann auch für ein paar Wochen dort hin bis geklärt war wo ich nun für immer bleiben sollte. War echt nicht schön dort. Der Alte trinkt wie sau, hat mich immer geschlagen und seine Drecksarbeit machen lassen. Zum Glück bin ich dann aber zu Ran und Shinichi gekommen.“

„Dieser Mistkerl!“, rief mein Vater aufgebracht: „Er hat dich geschlagen?“ Ich nickte. „Shin, wohnt er immer noch in der selben Wohnung wie früher?“

„Vor zwei Jahren ja. Wieso?“ Nun trafen sich die Blicke meines Vaters und meines Großvaters. Ohne Worte beschlossen sie was sie als nächstes vor hatten. „Wir werden ihm mal einen kleinen Besuch abstatten.“
 

Ein paar Sekunden war es still, bis mein Opa mich ansah und sagte: „Wie wäre es, wenn du mal etwas essen würdest?“

„Ich habe keinen Hunger.“

„Na das gibt es doch nicht! Du wirst sofort etwas essen! Hast du mich da verstanden, Junge?“

„Ich habe aber keinen Hunger! Ist das klar?“ Nun baute sich das Ganze zu einem kleinen Streit auf. „Das ist mir egal. Du wirst sofort etwas essen und wenn wir die ganze Nacht hier sitzen bleiben! Ob du willst, oder nicht!“ Ich zuckte mit den Schultern: „Na gut, dann bleiben wir hier eben die ganze Nacht sitzen.“

„Okay, wie du willst. Dann bleibe ich mit dir hier.“ Mein Großvater und ich sahen uns herausfordernd in die Augen. Das Ganze hier war ein machtspiel und ich wusste worauf er damit hinauswollte. Er wollte mir zeigen, dass er immer noch das Sagen über mich hatte, aber so schnell gab ich nicht auf. Wir würden noch sehen wer von uns die Hosen anhatte. Ich würde garantiert nicht essen, nur weil er es wollte. Den Blick meines Vaters spürte ich, ohne ihn anzusehen. Ich wusste was er sagen wollte. Ich sollte doch bloß etwas essen, um das Ganze hier zu beenden, aber ich schüttelte mit dem Kopf. Nein, den Sieg würde ich niemandem gönnen. Mein Opa stand auf: „Na gut, Shin. Ich werde dann mal Jim Bescheid geben, dass er neben dir sitzen soll bis du aufgegessen hast.“

„Haha. Darauf kann der lange warten!“, gab ich zurück. Dann gab Großvater den anderen die Erlaubnis aufzustehen und zu gehen. Meine Mutter sah ihn an und äußerte die Bitte mich doch gehen zu lassen, wenn ich wirklich keinen Hunger hatte. „Nein Aki. Er wird das tun was ich ihm sage. Er soll endlich wieder Respekt vor mir haben.“ meinte Opa. „Aber Vater.....“, wand mein Mutter ein. „Aki, es reicht!“ Kalt sah er meine Mutter an, die nun nachgab und kurz zögerlich nickte. Wütend starrte ich nun ihn an: „Lass sie in Ruhe und fauch sie nicht noch einmal so an!“ Überrascht sahen alle zu mir. Sie hatten wohl alle nicht damit gerechnet, dass ich meine Mutter in Schutz nehmen würde. Nur Großvater lachte darüber. „Ach Shin, du musst noch viel lernen.“ Was auch immer er damit meinte. Dann verließ er den Raum. Mama, Papa und Onkel Wodka blieben noch etwas. „Shin, du hast mich in Schutz genommen.“, sagte meine Mutter und klang dabei sehr gerührt. „Ja, aber das hat nichts mit dir zu tun. Ich kann es nur nicht leiden, wenn andere wegen mir blöd angemacht werden.“ Gib ich emotionslos zurück. Meine Mutter nickte: „Trotzdem danke, Shin.“
 

Sie stand auf, streichelte mir einmal durch die Haare und wurde dann von meinem Großvater nach draußen gerufen. Dieser kam direkt danach mit Jim im Schlepptau zurück. Und nun sitzt ich hier. Wie lange das wohl dauern würde?

Zwei neue Leibwächter

Es war mittlerweile ein Uhr nachts und immer noch saßen wir am Tisch, vor mir der Teller mit meinem Abendessen, welches ich immer noch nicht verspeist hatte und so wie es im Moment aussah würde ich das wohl auch nicht mehr tun.
 

Vor einer Stunde war mein Opa wiedergekommen und hatte sich mir mit einem Buch gegenüber gesetzt. Auch mein Vater war wieder hier und starrte mich an. Er sah mir an, dass ich müde war und bald nicht mehr konnte. Ich wollte wirklich nur noch schlafen, aber das durfte ich erst, wenn ich gegessen hatte. Nun sah ich zu meinem Opa. „Was ist Shin, gibst du auf?“

„Nein, bestimmt nicht.“

„Na dann.“ Wieder las er in seinem Buch und ich gab einen Seufzer von mir.
 

Eine weitere Stunde verging und ich war kurz davor einzunicken, als mein Großvater mich anschrie: „Shin! Bleib wach!“

„Wieso?“, murrte ich. „Weile ich es dir sage.“ Ich sagte nichts, versuchte aber trotzdem wach zu bleiben, doch schon ein paar Minuten später fielen mir wieder die Augen zu. „Shin! Ich habe gesagt du sollst wach bleiben!“ So machte ich die Augen wieder auf und sah den alten Mann wütend an. Was sollte denn diese Scheiße und warum tat er das? Auch mein Vater sah mich schon mitleidig an.
 

Wieder vergingen zwei Stunden in denen alles so ablief wie zuvor. Immer wieder war ich kurz davor einzuschlafen, wurde aber jedes Mal, wenn ich die Augen zu hatte, geweckt. Dass das so eine Folter sein konnte hatte ich nicht gedacht. Um vier Uhr morgens musste ich also wohl oder übel nachgeben.
 

„Opa, ich bin müde.“ Der Alte stand auf und grinste: „So so. Du bist also müde. Und was soll ich dagegen machen?“

„Lass mich schlafen!“, forderte ich. „Das muss ich mir nochmal schwer überlegen. Am besten lasse ich dich schlafen, wenn du etwas gegessen hast.“

„Ja, aber.....“, versuchte ich zu erwidern, doch ich wurde jäh unterbrochen. „Kein aber! Entweder du isst jetzt, oder du wirst noch für den Rest der Nacht hier sitzen. Aber ich komme dir sehr gerne entgegen. Wie wäre es, wenn du ein bisschen isst? Nicht alles. Das wäre doch ein guter Deal.“ Ich nickte, was den Alten zum Lachen brachte: „Na geht doch! Auch wenn es lang gedauert hat, habe ich dich doch noch zur Vernunft bekommen.“ Ich erwiderte nichts, nahm die Gabel in die Hand und aß etwas von dem mittlerweile kalten, ungenießbaren Fraß. Dann wurde ich endlich erlöst. „Gut gemacht, Shin. Du darfst jetzt schlafen.“, sagte mein Opa und wuschelte mir durchs haar, was ich mir mangels an Kraft ausnahmsweise gefallen ließ. Dann verließ er den Raum. Langsam wollte ich auch aufstehen und ins Bett gehen, aber ich kam nicht weit. Fast sofort nachdem ich auf den Beinen stand, war ich schon wieder umgefallen, doch mein Vater fing mich auf. „Langsam, mein Schatz. Ich trage dich am besten in dein Zimmer.“, flüsterte er, nahm mich hoch und legte mich auf meinem Bett wieder ab. „Schlaf gut, mein Kleiner.“, sagte er noch, doch ich war schon längst eingeschlafen.
 

(Gins Sicht)

Wir hatten schon fast fünf Uhr. Shin hatte lange durchgehalten, das muss man ihm lassen. Der Boss war ein Meister in Sachen Folter. Er wusste wie man einem Menschen schaden konnte, ohne sie überhaupt anzufassen. Mein Kleiner tat mir enorm leid. Doch mir war klar, nur weil er heute nachgegeben hatte, würde er das morgen nicht auch tun. Da müsste sich der Boss schon immer neue Methoden ausdenken. Meinen Sohn so leiden zu sehen tat mir in der Seele weh und es gab nichts was ich dagegen tun konnte. Langsam trottete ich in mein Zimmer, welches direkt neben Shins lag, zog mich bis auf die Unterhose aus und legte mich zu Aki ins Bett. Schnell war sie wach.
 

„Gin, du bist spät. Wie viel Uhr ist es denn?“, fragte sie verschlafen. „Fünf Uhr. Shin hat aufgegeben. Jedes Mal wenn ihm die Augen zu gefallen sind, hat der Boss ihn geweckt. Das war ihm irgendwann zu viel.“ Aki wurde wehmütig: „Ach Gott, mein armer Schatz. Ich hätte versuchen sollen Vater davon abzuhalten.“ Sanft nahm ich meine Frau in den Arm und versuchte sie zu trösten: „Mach dir keine Vorwürfe. Das hätte doch eh nichts gebracht.“

„Aber Shin ist unser Sohn und Vater kann nicht einfach mit ihm machen was er will. Er gehört nicht ihm. Wir sind seine Eltern.“ Traurig sah Aki weg. Ich nickte und streichelte ihr über den Rücken: „Ich weiß, Schatz, ich weiß.“
 

(Beim Boss)

Mit einem Grinsen machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer. Ja mein Kleiner Enkel, das war heute ein Sieg für mich und auch in Zukunft wirst du immer das tun was ich dir sage, dachte ich vor mich hin. Mit zwei neuen Leibwächtern an der Seite würde mir das garantiert gelingen. Dann würde ich Shin auf seine Fähigkeiten testen und aus ihm den Jungen machen, den ich schon vor Jahren versucht hatte heranzuzüchten. Eines Tages würde er mein Nachfolger werden, ob er wollte oder nicht.
 

(Shins Sicht)

Erst um zwölf Uhr mittags wurde ich wach, als mich Jim weckte, indem er mich an den Schultern packte und aus dem Bett warf. Du hast viel zu lange gepennt! Der Boss will dich auf der Stelle sehen!“

„Was will der Alte jetzt schon wieder?“, fragte ich genervt auf die viel zu laute Ansage meines Babysitters. „Nicht frech werden!“, kam es zurück, zusammen mit einem Klaps auf den Hinterkopf, der gesessen hatte. „Fass mich nicht an! Klar?“

„Du hast nicht so über den Boss zu reden! Und nun komm!“ Jim packte mich einfach am Arm und zog mich mit nach unten. Was wollte der Boss denn schon wieder von mir? Hatte er es doch glatt geschafft mich klein zu bekommen. Doch so leicht würde ich es ihm nicht wieder machen. Ich war gestern einfach nur zu müde gewesen.
 

Vor einer großen Tür blieben wir stehen. Das Büro des Bosses, der selbe Ort an dem ich gestern schon angekommen war. Wir gingen hinein und ich sah meinen Opa hinter seinem Schreibtisch stehen. Daneben meine Mutter, mein Vater und zwei andere Typen. Neue Babysitter, wenn ich es mir recht überlegte.
 

Kurz viel mein Blick auf meine Mutter. Sie grinste bestimmt nur, weil meine Haare extrem abstehen mussten. Ich hatte ja nicht einmal die Zeit bekommen mich herzurichten. „Nun, Shin, wieder wach?“, wurde ich gefragt. „Hehe, das siehst du doch.“, antwortete ich spöttisch. „Nicht so frech, Kleiner, sonst könnte ich mich heute Nacht wieder dazu entscheiden, dass du nicht schlafen darfst.“ Ich erwiderte nichts und sah weg. „Nun Shin, ich möchte dir erst einmal zwei Leute vorstellen. Das ist Herr Arata.“ Großvater zeigte auf den Typen, der links stand. Dunkelbraune Haare und eine beachtliche Größe waren sein Markenzeichen, ebenso seine Sonnenbrille und der schwarze Anzug. Wobei an seinen Haaren auffiel, dass es mehr so aussah als trüge er eine Perücke. „Und der Herr daneben ist Shinju.“ Auch dieser war recht groß, aber weitaus jünger, so um die 25 und auch er hatte dunkle Haare und so wie ich grüne Augen. Er war ebenfalls in Schwarz gekleidet, sah aber weitaus netter aus als der andere Kerl. „Nun, Shin, die Beiden werden von nun an deine Leibwächter sein. Sie werden dich nicht aus den Augen lassen. Mindestens einer von ihnen wird immer bei dir sein.“ Ich seufzte: „hast wohl Angst, dass ich abhaue.“
 

Mein Opa reagierte nicht darauf, sondern sprach einfach weiter: „Nun denn, Shin. Du wirst nun auf dein Zimmer gehen. Auf deinem Bett sollten neue Klamotten für sich bereitliegen, du kannst ja nicht jeden Tag in den gleichen Fummeln herumlaufen. Danach darfst du etwas essen. Dann aber hast du erst einmal wieder Stubenarrest. In ein paar Tagen werden wir mal sehen was wir mit dir machen. „Okay, war’s das jetzt?“, fragte ich genervt, was meinen Großvater dazu veranlasste auf mich zu zukommen und mich am Kragen zu packen. „Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du nicht so frech sein sollst? Ich lass dir nicht alles durchgehen, klar? Du hast echt den Respekt verloren, Kleiner!“ Ich sagte nichts bis mein Opa mich losließ. „Wieso sollte ich den Respekt auch behalten haben?“, flüsterte ich, dennoch zu laut. „Weil ich hier das Sagen habe, Kleiner!“

„Klar, als ob ich dir die Hand küssen würde.“, setzte ich oben drauf. Großvater schüttelte den Kopf: „Shin, Shin, Shin. In unserer Familie war es schon immer so, dass man Respekt vor dem Alter hatte und das wirst auch du weiterführen.“

„Wir sind doch schon lange keine Familie mehr!“, entgegnete ich. „Doch das sind wir. Die Familie geht über alles, Shin. Vergiss das nie.“ Ich seufzte. Ja, da hatte er recht. Das sah ich genauso. Aber ob das auf uns auch zutraf bezweifelte ich. Was waren wir denn bisher bitte für eine Art Familie gewesen? „Ihr könnt Shin hochbringen.“, ließ mein Großvater verlauten, kurz bevor ich von meinen Leibwächtern gepackt und in mein Zimmer geschleift wurde.
 

Auf dem Weg nach oben wurde mir plötzlich ganz unbehaglich. Ein leichter Duft zog mich hinein in eine Welt der Erinnerungen. Er kam mir bekannt vor, dieser Duft der eindeutig von einem meiner Leibwächter ausging. Doch was braute ich mir da zusammen. Ja, Düfte sind wie Melodien, man erkennt sie leicht wieder. Doch was bildete ich mir da ein? Allzu ernst sollte ich das nicht nehmen.
 

So kamen wir in meinem Zimmer an. Hinter mir schloss sich die große Tür und ich war allein. Erst einmal nahm ich die Klamotten die auf meinem Bett lagen und ging mit ihnen in mein eigenes Badezimmer. Dort sprang ich unter die Dusche, zog mich an und wurde direkt danach in den Speisesaal gebracht, wo ich die Nahrungsaufnahme ausnahmsweise mal nicht verweigerte. Doch trotzdem war mir die Freiheit nicht gegönnt. Wieder sperrte man mich in mein Zimmer. Gelangweilt sah ich aus dem Fenster. Shinichi würde mich jetzt bestimmt schon suchen.
 

Zwei Tage vergingen. Immer noch hatte ich Stubenarrest. Nur zum Essen ließ man mich hier raus. Es machte mich Kirre. Ich hatte kein Handy, kein Internet, nur mich selbst. Zum Glück verstand ich mich einigermaßen mit meinem Leibwächter Shinju, der ab und zu mal hineinkam. Aber wie lange sollte das noch dauern.
 

Am Abend, als ich im Bett lag, fing es dann an zu gewittern. Bei jedem Donnerschlag zuckte ich zusammen, aber so große Angst wie früher hatte ich nicht mehr. Trotzdem war ich in solchen Situationen nie gern allein. Langsam wagte ich es aufzustehen und zum Fenster zu gehen. Auf einmal ging meine Zimmertür auf und mein Vater kam hinein. In den letzten Tagen hatten er, meine Mutter und mein Onkel immer wieder versucht mit mir zu reden, aber ich stellte mich stur. Mein Vater kam auf mich zu und stellte sich hinter mich. „Alles okay, Shin?“ Ich zuckte mit den Schultern: „Ja, wieso auch nicht? Was willst du?“

„Ich wollte nur mal nach dir sehen. Du hattest früher immer so eine Angst vor Gewittern, da wollte ich einfach mal.....“

„Wie du sehen kannst bin ich kein kleines Kind mehr.“, gab ich bockig zurück. Mein Vater antwortete nichts darauf, aber ich konnte spüren, dass er mich ansah. Ein weiterer Donnerschlag folgte und ich zuckte zusammen. Nun spürte ich wie er seine Hand auf meine Schulter legte. „Alles okay, Kleiner?“ Ich sagte nichts, sondern seufzte nur. Na toll! Jetzt wusste mein Vater auch noch glatt, dass ich immer noch ungern allein war, wenn es gewitterte. Wieder sah ich aus dem Fenster und seufzte. „Stimmt Papa, ich habe zwar nicht mehr so eine Angst wie früher, aber ich mag Gewitter immer noch nicht. Ich bin auch nicht gerne allein bei sowas.“ Langsam rieb Papa mir die Schulter: „Ist schon gut, mein Kleiner. Wenn du willst bleibe ich solange hier bis es vorbei ist.“ Ich zuckte mit den Schultern. Dann lief ich wieder zu meinem Bett und legte mich hin. Papa setzte sich neben mich. Shin?“

„Ja?“

„Es tut mir leid.“

„Ich weiß, das hast du schon oft gesagt.“

„Schon klar, aber ich werde es wohl noch öfter sagen, weil es so ist.“

„Wie du meinst.“, sagte ich trocken und drehte mich um. In dem Moment begann mein Vater mir zu erzählen, was er all die Jahre gefühlt hatte.
 

„Weißt du, Shin, ich habe dich jeden Tag vermisst. Jeden einzelnen Tag. Egal was ich tat, alles erinnerte mich an dich. Jeder Vater, der sein Kind in der Hand hielt, jedes Spielzeugauto. Deinem Onkel ging es genauso. Irgendwann habe ich dann deine Mutter wiedergetroffen. Ich war so wütend auf sie und wir haben ewig gebraucht um uns auszusprechen. Auch sie hat mir dann gesagt, dass sie dich immer vermisst hat und es zutiefst bereut, dass sie dich allein gelassen hat. Weißt du, wir sind Eltern. Es gibt nichts auf der Welt was wir mehr lieben als dich. Jeden Tag habe ich mir die Frage gestellt, ob ich den größten Fehler meines Lebens begangen hatte. Ich hatte mein Kind allein gelassen. Aber auf der anderen Seite hatte ich es getan, damit du eine Kindheit hast. Mit mir wärst du immer auf der Flucht gewesen. Ich wollte dir einfach nicht die glücklichste Zeit deines Lebens nehmen. Du solltest in eine nette Familie kommen und dort spielen und Freunde treffen. Shinichi und Ran haben dich sicher gut aufgenommen, so wie ich es mir gewünscht habe, aber ich weiß nicht was davor war. Shin, vielleicht hasst du mich dafür für immer und ich kann auch nicht verlangen, dass du mir verzeihst, obwohl ich meinen Fehler einsehe, aber wenn du eines Tages Vater wirst, wirst du meine Entscheidung hoffentlich ein bisschen nachvollziehen können. Bitte tu mir einen gefallen, rede wieder mit mir. Ich liebe dich, mein Sohn.“ Ich sagte nichts dazu. Das musste ich erst einmal verdauen. Den kleinen Seufzer von meinem Vater nahm ich noch war, dann dachte ich wieder an die Zeit bei Daiki zurück.
 

Flashback

Ich war gerade Acht geworden. Auch in dieser Nacht gab es ein Gewitter und ich hatte immer noch Angst davor. Ich stand auf und sah aus dem Fenster. Ob Daiki mich bei sich schlafen ließ, so wie Papa es immer getan hatte? Ich stand auf und ging zu ihm hin. Ich hatte mittlerweile eigentlich ein bisschen Angst vor ihm. In letzter Zeit war er gar nicht mehr so nett zu mir gewesen. Ständig gab es Schläge, meistens dann wenn ich zu lange gebraucht hatte das Geld einzusammeln. Er schlug mich zwar nicht so fest wie seine Mädchen, aber ich war ja auch noch ein Kind und trotzdem tat es mir arg weh, besonders im Gesicht.
 

Nun stand ich vor Daikis Schlafzimmertür und machte sie leise auf. Langsam ging ich auf ihn zu und blieb vor seinem Bett stehen. „Daiki?“

„Was machst du denn hier? Geh wieder ins Bett, los!“

„Ich.....“ In dem Moment fing ich an zu zittern: „ich hab Angst vor Gewitter. Darf ich bei dir schlafen?“

„Du willst was?“, fragte Daiki erstaunt. „Bei dir schlafen. Nur heute?“, fragte ich leise. Er fing an zu lachen: „Du willst bei mir schlafen? Wegen einem Gewitter? Vergiss es! Ab ins Bett!“

„Aber ich habe doch Angst.“, wehrte ich mich. „Das ist mir egal! Soweit kommt’s noch! Ab in dein Zimmer!“

„Aber ich.....“

„Kein Aber! Und wenn ich noch einen einzigen Ton von dir höre, dann werde ich mit dir nach draußen gehen!“ Vor Angst musste ich schlucken und nickte. „Gut, dann hau jetzt ab, bevor ich noch ganz sauer werde!“ Ich nickte wieder und lief schnell zurück in mein Zimmer. Ich ziehe meine Bettdecke über den Kopf und fing an zu weinen. „Papa, wo bist du?“

Flashback Ende
 

Ich hatte in jener Nacht kein Auge zugetan und mir gewünscht, dass Papa bei mir wäre und mich in den Arm nehmen würde, aber das konnte ich vergessen. Und nun, jetzt hatte ich endlich was ich wollte und war so abweisend.
 

Als das Gewitter vorbei war stand mein Vater auf. „Gute Nacht, Shin.“ Ich drehte mich zu ihm um: „Papa?“

„Ja?“

„Danke, dass du bei mir geblieben bist.“ Mein Vater lächelte: „Schon gut. Ich hab‘ dich lieb, mein Schatz. Schlaf schön.“

„Du auch. Gute Nacht.“, sagte ich und schlief zum ersten Mal wieder einigermaßen glücklich ein.

Das kann nicht sein

Ich hatte nicht viel über das nachgedacht was mir mein Vater erzählt hatte. Klar liebte er mich, dennoch fiel es mir schwer auf ihn zu zugehen, oder gar auf meine Mutter oder meinen Onkel. Dennoch war ich ihm sehr dankbar, dass er die Nacht über bei mir geblieben war bis das Gewitter vorbei war.
 

Ein paar Tage später durfte ich dann endlich wieder aus meinem Zimmer, wurde aber direkt zum Boss gebracht. Ich war gerade fertig angezogen, als einer der Leibwächter zu mir ins Zimmer kam. „Bist du fertig, Kleiner?“ Ich nickte. „Gut dann komm. Der Boss will, dass ich dich zu ihm bringe.“ Ich tat wie mir gesagt wurde und folgte dem Kerl. Schade, dass es nicht Shinju war der Dienst gehabt hatte. Ihn mochte ich viel lieber. Dieser Herr Arata machte mir einfach Angst. Auf dem Weg zum Büro des Bosses sah Arata immer wieder zu mir zurück. Er hatte wohl Schiss, dass ich ihm abhauen würde. Tatsächlich war mir das sogar einmal fast gelungen, aber ich kam nur bis zur Haustür, dort wurde ich geschnappt. Das hatte riesigen Ärger von meinem Opa gegeben. Nicht nur für mich, sondern auch für meinen Leibwächter. Seitdem ließ er mich gar nicht mehr aus den Augen. Opas Ohrfeige hatte auch gesessen. Dass der Alte auch immer noch so viel Kraft besaß wie damals.
 

Vor der Tür zum Büro blieben wir stehen. Arata klopfte an und wir wurden gebeten hinein zu kommen. Opa stand vor seinem Schreibtisch. Außer ihm war noch mein Vater im Raum. „Da bist du ja, Shin. Ich hoffe dir ist in der Zeit des Stubenarrestes klargeworden wer hier das Sagen hat.“ Ich nickte. Opa stieß einen Seufzer aus. „Na gut. Dann wollen wir doch mal sehen was du noch so drauf hast. Komm mit!“ Wieder nickte ich und folgte meinem Großvater, zusammen mit meinem Vater, in den Keller. Das hatte mich auch gar nicht gewundert. Alles war so wie früher, nur dass dieser Keller mir noch größer vorkam als der alte. Unser Weg endete in einem Raum voller Zielscheiben. Mein Opa drückte mir eine Pistole in die Hand. Das erste Mal in acht Jahren hatte ich also wieder eine Killermaschine in der Hand. „Also Shin. Du weißt ja wie es läuft. Erst einmal versuchen wir heute den Bauch zu treffen. Los geht’s!“ Ich nickte. Was blieb mir auch anderes übrig? So stellte ich mich in Position, betätigte den Abzug und traf zu meiner eigenen Verwunderung genau da wo man es mir befohlen hatte. „Gut gemacht! Du kannst es ja doch noch! Als nächstes ins Bein!“ Wieder tat ich wie mir befohlen, wieder traf ich. Immer weiter trieben wir dieses Spiel und immer wieder traf ich mein Ziel.
 

Nach zwei Stunde durfte ich dann endlich aufhören. Ich gab meinem Großvater die Waffe zurück und erntete ein Lob. „Gut gemacht, Shin. Man sieht sofort, dass du einer von uns bist.“ Ja ja, dachte ich. „Aber nun geht es noch weiter. Das war noch nicht alles für heute.“ Ich folgte dem Boss in einen Raum in dem sich ein Kampfring und einige Trainingsgeräte befanden. Nahkampf war unsere nächste Trainingsetappe. „Also Shin. Ich will wissen was du noch so drauf hast. Dein Gegner werde ich sein. Also los! Greif mich an!“ Fragend sah ich zu meinem Vater. Dieser zuckte mit den Schultern. Also legte ich los, wohlwissend, dass mein eigener Opa mich in allen Disziplinen fertig machen könnte. Ich schlug mehrmals mit den Fäusten zu, doch nie traf ich mein Ziel. Großvater wich einfach immer viel zu schnell aus. Einmal holte er dann zum Schlag aus und traf mich im Magen, aber es war halb so schlimm. „Shin! Lauf nicht einfach drauf los! Du musst nachdenken. Den, den du angreifst solltest du erst einmal einschätzen, dann gelingt dir das Treffen viel besser.“

„Ja, ist gut.“, antwortete ich auf den Ratschlag und wir machten weiter. Gegen meinen Opa kam ich logischerweise nicht an. Immer wieder lag ich auf dem Boden, doch er passte auf, dass ich einigermaßen unbeschadet davonkam. Einige Zeit und ein paar blaue Flecken später waren wir auch damit fertig. Ich musste zugeben, dass ich sehr viel gelernt hatte. So gingen wir zurück ins Büro.
 

„Also Shin, das war schon mal nicht schlecht, dafür dass du acht Jahre lang nichts mehr gemacht hast. Mir hat es sehr gefallen, dass du sehr viel wegstecken kannst. Allerdings wirst du noch viel trainieren müssen, ab sofort jeden Tag. In ein paar Wochen wird dann auch noch Schulunterricht dazukommen. Wir wollen schließlich nur schlaue Leute in unserer Organisation haben, die mitdenken können.“

„Und was ist wenn ich das alles nicht will?“ Die Mine meines Großvaters verfinsterte sich: „Es gibt kein Aber. Du wirst es müssen. Ich kann schließlich auch andere Seiten aufziehen. Das weißt du.“ Genervt nickte ich. „Also gut. Von nun an ist der Stubenarrest aufgehoben, nicht aber der Hausarrest.“ Wieder nickte ich genervt. „Und in ein paar Wochen werde ich dich mit zu Osamu nehmen. Er soll sehen was aus dir geworden ist.“

„Oookay, kann ich jetzt gehen?“, fragte ich ungeduldig. „Ja, das darfst du. Und wenn du dich benimmst, kann es sein, dass ich dir vielleicht ein paar Dinge kaufe damit dir nicht langweilig wird.“ Ich sagte nichts, nicht einmal danke für den letzten Satz, und verließ den Raum. Mein Vater blieb noch eine Weile beim Boss, um gewisse Dinge zu bereden. Opa wollte mich also mit zu Osamu nehmen. Dieser Kerl war so etwas wie ein Konkurrent. Auch er hatte Macht, aber noch lange nicht so viel wie mein Großvater. Die hätte er wohl gerne. Trotz Allem war er ein sehr gefährlicher Typ. Als ich klein war hatte ich ihn zweimal zu Gesicht bekommen. Eines Tages würde er die Organisation sicher einmal angreifen, da waren wir uns alle sicher, aber stürzen würde er uns wohl niemals. Dazu waren wir einfach zu groß.
 

Gelangweilt setzte ich mich ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher an. Hinter mir stand wie immer dieser Arata. Wie das nervte! Jedes Mal wurde ich von irgendwem verfolgt. Immerhin durfte ich alleine aufs Klo gehen, aber sonst war da immer irgendwer, der meinen Babysitter spielen sollte. Wie ich das hasste! Irgendwann, hatte ich die Hoffnung, würde man mich endlich alleine rumlaufen lassen. Aber dafür musste ich mich benehmen, denn das verlangte Vertrauen und ob ich dieses Benehmen je an den Tag legen würde. Daran zweifelte ich.
 

Im Fernsehen liefen die Nachrichten. „Seit einigen Tagen such die Polizei wie verzweifele nach dem 15-jährigen Shin K. aus Beika. Am Tag seines Verschwindens trug der Junge ein weißes T-Shirt und eine dunkle Hose. Bislang sieht alles danach aus, als sei der Junge von Zuhause weggelaufen, doch die Polizei schließt ein Verbrechen nicht aus. Wenn Sie diesen Jungen gesehen haben, oder einen Hinweis zum Fall bringen können, wenden Sie sich bitte an folgende Telefonnummer.....“ In Gedanken schaltete ich den Fernseher wieder aus. Sie suchten tatsächlich verzweifelt nach mir. Allerdings hatte ich kaum Hoffnung, da mir mein Großvater schon vor einigen Tagen gesagt hatte, dass er es so hinbekäme, dass man die Suche nach mir schnell wieder einstellen würde. Womöglich hatte er Recht. Sie würden es nicht schaffen, niemand würde mich je wieder finden dafür war die Organisation viel zu groß. Ich merkte wie mir nach und nach die Tränen aus den Augen flossen. Ich vermisste sie so sehr. Shinichi, Ran, Conan. Traurig zog ich die Beine fest an meinem Körper und stützte meinen Kopf zwischen den Knien ab. Mein Aufpasser stand wortlos hinter mir.
 

Auf einmal ging die Tür auf. Shinju kam herein. Er war nun dran auf mich aufzupassen. Schon in dem Moment wo er mich so sitzen sah, kam er auf mich zugelaufen und fragte Arata was mit mir los sei. „Er hat im Fernsehen gesehen, dass sie nach ihm suchen, man aber stark dazu tendiert, dass er von Zuhause weggelaufen sei, weshalb man die Suche bald einstellen möchte. Tja, der Kleine weiß eben, dass er von hier nicht mehr wegkommt.“ Shinju nickte und gab Arata das Zeichen raus zu gehen. Dann drehte er sich zu mir um. „Shin, Kleiner.“ Mit nassen Augen sah ich zu ihm hoch. „Das ist wirklich hart. Tut mir furchtbar leid für dich.“ Ich nickte: „Ja. Ich vermisse sie so sehr. Es ist ja schön, dass ich meinen Vater wiederhabe, aber Shinichi.“ Traurig wie ich war, fiel es mir schwer weiterzusprechen: „Kannst du mich nicht bitte einfach gehen lassen? Ich will wieder nach Hause.“ Shinju schüttelte den Kopf: „Tut mir leid. Das kann ich nicht. Auch wenn ich dich sehr mag, muss ich mich den Gesetzen deines Opas beugen, genau wie du. Und selbst wenn ich es versuchen würde, draußen gibt es genug andere Leibwächter die uns nicht durchlassen würden.“

„Na toll!“ Shinju wischte mir über die Augen und lächelte mich an. Ich sah weg. „Shin. Bitte hör auf zu weinen. Du bist doch ein Mann.“ Nun nahm er mich in den Arm und streichelte mir durch die Haare. Niemand sagte ein Wort, aber das war mir auch lieber so.
 

Nach einigen Minuten löste ich mich aus seiner Umarmung und machte den Fernseher wieder an. Gemeinsam suchten wir uns einen Film aus und sahen ihn an, bis plötzlich Arata ins Zimmer kam und Shinju ablöste. Da es schon spät war, schalte ich den Apparat aus und lief in mein Zimmer, stets verfolgt von meinem Leibwächter. Ich dachte darüber nach was ich mit Shinju erlebt hatte und dass er gerne hätte noch länger auf mich aufpassen können. Abgesehen davon hatte ich heute weder meinen Onkel, noch meine Mutter zu Gesicht bekommen. Sie hatten wohl etwas für Opa zu erledigen. Seufzend lief ich in mein Zimmer und wollte gerade die Tür hinter mir zumachen, doch Arata versperrte mir den Weg, indem er sich selbst Zugang zu meinem privaten reich verschaffte.
 

„Was soll das? Du weißt, dass ich alleine hier drin sein darf und du draußen bleiben sollst.“, sagte ich genervt. „Aber Shin, du sollst doch nicht so frech zu mir sein, das weißt du.“ Das breite Grinsen, welches er in dem Moment aufgelegt hatte, kannte ich nur zu gut. Just in diesem Moment nahm der Kerl auch noch seine Sonnenbrille ab und zog sich die Perücke vom Kopf. Mir stockte der Atem. „Na mein Kleiner? Freust du dich mich zu sehen?“ Ich schüttelte den Kopf. Er war hier. Daiki stand direkt in meinem Zimmer. „Das kann nicht sein.“

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Shins Rache

Ich wusste in diesem Moment nicht was ich sagen sollte. Mir hatte es die Sprache verschlagen. Ich hatte ja schon die ganze Zeit so ein komisches Gefühl bei dem Typen gehabt, aber dass Daiki wirklich vor mir stand, schockte mich zutiefst.
 

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht schritt er auf mich zu, kam immer näher. Ich hingegen wich immer weiter zurück. „Was….. Wie….. Woher wusstest du, dass ich hier bin? Wie kamst du auf die Idee für meinen Opa zu arbeiten und dass ich überhaupt mit ihm verwandt bin?“, stammelte ich, während er immer näher kam. „Das war ganz einfach. Als ich aus dem Knast entkommen war, machte ich mich sofort auf die Suche nach dir. Ich fand heraus wo du wohntest und beobachtete dich eine Weile, während meine Spitzel, die für Geld alles machen, sich um deine Vergangenheit bemühten. In der Organisation einzusteigen war kein allzu großes Problem. Als Straftäter ist man hier sehr willkommen. Es brauchte nur ein paar Einstiegstests und schon war ich ein festes Mitglied. Alles nur, um dich endlich wiederzusehen, mein Kleiner. Dass ich dann auch noch zu deinem Leibwächter auserkoren wurde, war lediglich großes Glück für mich.“
 

Wieder fing ich an unsicher zu stammeln. Nicht dass ich nicht davon überzeugt war es mit Daiki aufnehmen zu können, aber der Schock saß mir immer noch tief in den Gliedern. „Wa..... was willst du denn noch von mir? Du weißt doch, dass ich eine einstweilige Verfügung gegen dich habe.“ Eigentlich konnte ich mir diese Frage selbst beantworten. Es war sicher Rache, die er wollte.
 

Daiki schritt langsam voran, ich zurück. Bis es auf einmal nicht mehr ging. Die Wand. „Ach, Shin. Ich will dich einfach hier rausholen. Du bist mein Spielzeug. Hast du das schon vergessen, Kleiner?“ Langsam legte er seine Wurstfinger auf meine Schulter. Es ekelte mich an. Immerhin fand ich langsam meine alte Stärke wieder. „Ich bin nicht dein Spielzeug, merk dir das!“

„Oh doch! Ich will dich! Um jeden Preis! Bald wirst du wieder machen was ich von dir will, aber erst einmal werde ich dich noch bestrafen müssen. Du warst ein ganz böser Junge. Was du vor Gericht ausgesagt hast war nicht nett.“ Obwohl es mich schon ein wenig ängstigte was er mit mir vor hatte, machte es mir immerhin Mut, dass es schier unmöglich sein würde mich hier rauszubekommen. Dafür würde man sorgen. Außerdem hatte mein Großvater ganz anderer Vorstellungen von meiner Zukunft und auch mein Vater würde es nicht gutheißen, wenn man mich entführen würde.
 

So begann ich zu lachen: „Was für utopische Gedanken! Dir ist schon klar, dass du gegen die Organisation schlechte Chancen hast, oder?“

„Das ist mir im Moment aber auch egal.“, hauchte er leise und gruselig: „Ich habe schon daran gedacht, dass du dich jetzt erst einmal nicht befreien kannst. Dein Vater ist nicht da, dein Opa ist in seinem Büro. Du kannst sogar schreien so laut du willst, niemand wird dich jetzt hören.“ Sein Gelächter jagte mir noch mehr Angst ein, sodass ich wirklich begann zu schreien, doch ich verstummte schnell, als Daikis eklige Hand sich über meinen Mund legte.
 

Schnell begann ich mich zu befreien und rannte an ihm vorbei zur Tür. Ich kam nicht weit, da hatte er mich schon gepackt und aufs Bett geschmissen, wo er sich über mich legte und gefangen hielt. „Sei ruhig, Kleiner“, flüsterte er: „Weißt du was? Du bist noch hübscher geworden seit damals.“ Ich schlug um mich, versuchte mich zu befreien, aber es ging nicht. „Aber du bist auch noch frecher geworden als früher. Nur keine Sorge, das bekomme ich schon wieder hin. Du wirst alles machen was ich dir sage. Dann bist du endlich wieder mein Spielzeug, klar?“ Ich schüttelte den Kopf. Wieso dachte auf einmal jeder, dass er mit mir machen könne was er will. Erst mein Opa und nun er. Wie krank waren die Menschen um mich herum nur? „Oh doch, mein Kleiner. Du kannst den Kopf so oft schütteln wie du es möchtest. DU bist MEIN Spielzeug.“
 

Mit vollem Gewicht saß er auf mir, sodass ich kaum atmen konnte. Ich versuchte immer wieder von ihm loszukommen, ich schlug ihn und traf ihn sogar ins Gesicht, doch es machte ihm nichts aus. Mit roher Gewalt schaffte er es meine beiden Handgelenke mit nur einer Hand fest ans Bett zu drücken, mit der anderen zog er seinen Gürtel von der Hose, ehe er mich damit ans Geländer fesselte. „Weißt du, du gefällst mir richtig gut. Bist sehr groß geworden, nicht mehr ganz so mager und auch nicht mehr so kindlich. Ein richtig hübscher Junge eben mit einem überaus hübschem Körper.“

„Wem hatte ich es den zu verdanken, dass ich so mager war? Du Mistkerl!“ Für den Satz erntete ich eine Backpfeife. „Du sollst brav sein, habe ich gesagt! Aber naja, Nahrungsentzug war eben eine Strafe. In dem Sinne hast du es dir selbst zuzuschreiben, dass du damals so abgemagert bist.“
 

Nun fing Daiki an mich zu küssen. In dem Moment wo er mit seiner Zunge meine Lippen berührte biss ich so fest zu wie ich es nur konnte. Daiki schrie auf und verpasste mir einen Schlag ins Gesicht, aber das war mir egal. So fest ich konnte zog ich an meinen Fesseln, aber ich bekam sie einfach nicht ab. Daiki nahm in dem Moment seine Hand vom Mund. Nun sah ich das ganze Ausmaß meines Schlages. Deftig tropfte das Blut auf meine Bettwäsche. „Das war ganz böse von dir, Shin. Ich wollte ja nicht so hart zu dir sein, aber du willst ja einfach nicht hören.“ Jetzt begann er mir die Hose mit voller Gewalt von den Beinen zu ziehen. Ich schrie: „NEIN! Bitte nicht! Lass mich! PAPAAAA, OPAAA, HELFT MIR! SCHNELL!“

„Ich hab dir doch gesagt, dir wird keiner helfen.“, sagte Daiki und lachte. Doch wieder schrie ich so laut ich konnte. Diesmal musste ich doch jemand hören. „PAAPAA, HILF MIR! OOPAAA, KOMM SCHNE….. AAH!“ Mein Rufen änderte sich in ein Aufschreien vor Schmerzen. Plötzlich hatte Daiki mir in den Hals gebissen. „Hör auf! Bitte lass mich!“, wehrte ich mich, aber nichts half. Wieder wollte ich nach Papa und Opa schreien, doch ich kam nicht dazu.
 

Plötzlich ging die Tür zu meinem Zimmer mit einem Ruck auf, dass sie aus der Angel riss und mit einem lauten Knall auf dem Boden landete. Erleichtert sah ich auf. Mein Vater und mein Opa standen geschockt in der Tür und sahen abwechselnd von mir zu Daiki. Ohne, dass wir reagieren konnten, rannte mein Vater auf Daiki zu und ließ ihn seine Faust schmecken.
 

„Du Dreckskerl! Was hast du mit meinem Sohn gemacht? Ich werde dir so viele Schmerzen hinzufügen, wie du sie noch nie in deinem Leben gehabt hast!“ Wieder wollte mein Vater zuschlagen, aber Opa hielt ihn auf. „Warte Gin. Lass uns das später machen. Kümmere dich lieber erst einmal um Shin.“
 

In dem Moment kamen auch noch andere Organisationsmitglieder in den Raum und nahmen Daiki an sich. Großvater weiß sie noch an unten auf mit ihm auf ihn zu warten. Die Leibwächter nickten und verließen den Raum. Nun kam mein Vater auf mich zu: „Shin, mein Kleiner. Alles ist gut.“ Er nahm mir die Fesseln ab und drückte mich an sich. „Papa, ihr seid doch gekommen. Also habt ihr mich doch gehört.“, schluchzte ich. „Ja, das haben wir Shin. Du hast ja auch sehr laut geschrien. Aber erzähl mal wie das passiert ist. Was will der Kerl von dir?“

„Das….. das war Daiki. Er…..“, versuchte ich zu erzählen, doch ich musste erst einmal tief Luft holen. „Wie kommst du auf Daiki?“, wollte mein Vater wissen. „Weil das sein richtiger Name ist. Er heißt Daiki Daka.“

„Und woher weißt du das?“ Ich schluchzte noch einmal und erzählte weiter: „We….. wenn ich das sage, dann hasst ihr mich und du willst mich nicht mehr, Papa.“

„So ein Schwachsinn! Wieso sollte ich dich nicht mehr haben wollen. Ich bin dein Vater. Ich liebe dich: Egal was los ist.“ Nun kam auch Opa auf mich zu. Auch er war neugierig. „Los Shin, sag schon. Dein Vater hat Recht. Wir werden dich auf keinen Fall hassen.“ Ich nickte: „Na gut, also….. Ich habe bis ich dreizehn war bei ihm gewohnt. Das war die schlimmste Zeit meines Lebens.“
 

Und so fing ich an auszupacken. Ich erzählte wo ich hinkam, als mich mein Vater an jenem Abend auf der Straße hat stehen lassen, ich erzählte davon wie alles anfing, wie Daiki noch nett zu mir war, wie ich begann für ihn zu arbeiten und wie das alles geendet hatte. Mein Vater und mein Großvater sahen mich geschockt an. Mit Tränen in den Augen sah ich zu ihnen.
 

„Und jetzt werdet ihr mich sicher hassen für das was ich getan habe. Ich war ein kleiner Stricher. Niemand mag mich noch.“ Nun weinte ich richtig. Ich wusste nicht warum ich ihnen das alles erzählt hatte und warum es mir immer noch so sehr wehtat daran zu denken. Aber meinen Vater schien mein damaliger Arbeit nicht zu stören. Sanft nahm er mich auf seinen Schoß und streichelte mir über den Rücken. „Sag so etwas nie wieder Shin. Du bist mein Sohn und du kannst für all das nichts was er dir angetan hat.“ Auch Opa streichelte mir durchs Haar und diesmal ließ ich es mir sogar gefallen. „Dein Vater hat Recht. Du kannst nichts dafür. Damals warst du noch klein und konntest dich nicht wehren. Und auch nun schien er noch stark genug zu sein, dich wieder zu überwältigen. Aber keine Sorge, der wird niemandem mehr zu nahe kommen.“
 

Ich sagte nichts. Mein Vater und der Boss sahen sich gegenseitig an und standen auf. „Shin, du kommst mit uns.“, befahl Opa. „Wohin?“

„Das wirst du schon noch sehen. Komm mit.“ Ich nickte. Zum ersten Mal machte ich was er mir sagte, ohne dass ich irgendwelche Widerworte gab. Doch erst einmal ging mein Vater ins Badezimmer und holte eine Salbe, die er auf die blauen Flecken an meinen Händen rieb. Später bekam ich auch noch ein Verband drum.
 

Dann gingen wir nach unten, wo Daiki von ein paar Leibwächtern festgehalten wurde. Auch ein paar andere Organisationsmitglieder standen um sie herum. „Boss! Stimmt es, dass dieser Kerl Shin…..?“ Mein Opa nickte. „Verdammter Mistkerl! Darf ich ihm Schmerzen zufügen?“

„Nein, das werden wir schon machen. Aber ihr kommt mit.“ Opa zeigte auf drei Mitglieder. Diese schleppten Daiki in ein Auto und auch Großvater, Papa und ich stiegen in eines. Ich wusste nicht wo genau wir hinfuhren, aber die ganze Fahrt über war es still.
 

Nach einer halben Stunde kamen wir in einer Gegend aus verlassen Lagerhäusern an. Wir gingen in eines hinein, hinter uns die Leibwächter, die Daiki an seinen Fesseln in die Halle zogen, wo sie ihn auf den Boden schmissen. Zitternd lag er da und musste meinem Opa ins Gesicht sehen. „So so. Du wolltest dich also an meinem Enkel vergehen. Oder besser gesagt: Du hast dich bereits einige Male an ihm vergnügt. Habe ich Recht?“ Als Daiki keine Antwort von sich gab, bekam er einen Tritt in die Seite. Kurz schrie er auf, aber dann verstummte er wieder. „Nun denn“, fuhr Opa fort: „Ich nehme an das war ein Ja.“ Daiki nickte. „Dann stimmt es also. Also gut. Dir ist sicher klar, dass dies das Letzte war was du getan hast. Aber ehe wir dir eine Kugel durch den Kopf jagen, wirst du noch schön leiden müssen. Am liebsten wäre mir, wenn du auch mal weißt wie es ist von jemandem vergewaltigt zu werden, den man ekelerregend findet. Allerdings steht niemand meiner Jungs auf so etwas. Doch wir haben noch genügend andere Foltermethoden im Programm.“
 

Ich schluckte. Noch nie hatte ich meinen Großvater so wütend gesehen und auch mein eigener Vater machte mir Angst. Seinen kalten Blick kannte ich, aber heute war er noch um einiges extremer. Gut, es war auch das erste Mal, dass ich ihn wirklich in Aktion erlebte. Seine Opfer mussten alle eine unheimliche Angst vor ihm gehabt haben. In dem Augenblick würde sogar ich ihm niemals wiedersprechen.
 

„Weißt du, dass Leute wie du der letzte Dreck sind? Ich bin ja auch ein kaltblütiger Mensch, aber ich würde niemals ein Kind so anfassen.“ Nun drehte sich Opa zu mir um. „Shin, komm!“ Ich nickte und ging zu ihm. „Du hast die ehrenvolle Aufgabe diesem Kerl so sehr wehzutun, dass er nicht mehr weiß wo oben und unten ist. Lass all deine Wut raus! Und keine Sorge. Er wird sich nicht wehren können.“ Ich nickte und bekam auch ein Grinsen ins Gesicht welches hätte von meinem Vater sein können. „So gefällst du mir, mein Enkel. Lass alles raus!“, wurde ich in meiner Wut bestätigt und fing an auf Daiki zuzugehen. Alle Leute im Raum brachen in lautes, kaltblütiges Gelächter aus. In dem Augenblick musste ich wohl einen Blick drauf haben wie der von meinem Opa und meinem Vater zusammen kommen könnte. Ich wusste auch nicht was in mir vorging, aber ich hatte nichts anderes im Kopf als Daiki solche Schmerzen hinzuzufügen, dass er jeden Schlag die Rache für alle Vergewaltigungen zu spüren bekam. Nun sollte er es bereuen, dass er mir damals Schmerzen hinzugefügt hatte. Nun wurde er bestraft dafür dass er ein ganz böser Junge war.
 

Ich lachte. Ich wollte nie ein Monster sein, aber in dem Moment konnte ich nicht anders. Wütend lief ich auf ihn zu und verpasste ihm einen Schlag ins Gesicht, Aber das reichte noch lange nicht aus. Daiki stand, die Hände auf denn Rücken gefesselt, getragen durch zwei Leibwächter der Organisation und ich konnte alles mit ihm machen was ich wollte. Ein weiterer Schlag ins Gesicht und sein Kopf knickte nach hinten weg. Noch einer und er ging zu Boden, doch er stand wieder auf. Immer und immer wieder schlug ich auf ihn ein, trat ihn, er fiel um und stand wieder auf. Ich lachte. „Ja, das gefällt dir, nicht wahr?“ Wieder schlug ich ihm ins Gesicht. Blut tropfte aus seiner Nase. Noch einmal und er fiel wieder um, aber ich zog ihn an den Haaren hoch. „Und? Wie fühlt sich das an? Tut es weh? Macht es Spaß? Ich hoffe doch du weißt was ich durchleben musste.“ Wieder schlug ich ihn, ohrfeigte ihn und als er wieder am Boden lag, trat ich lachend auf ihn ein. „Na? Das tut gut, oder?“ Daiki schrie, doch im Hintergrund hörte ich immer noch deutlich das Lachen meines Opas, bis dieser auf mich zukam und an den Schultern anfasste. „Ist gut, Shin.“ Ich nickte. So wie Daiki aussah, hatte ich ganze Arbeit geleistet. Nun bekam ich eine Waffe in die Hand. „Los, Shin! Beende du es.“
 

In dem Moment kam ich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Ich sollte ihn umbringen? Das konnte ich nicht. Auch wenn es Daiki war, ich war kein Mörder. Ich könnte niemals einem Menschen etwas derartiges antun. Ich schüttelte den Kopf und wollte die Waffe wieder zurückgeben, doch mein Opa schüttelte den Kopf. „Nein, Shin. Du machst das jetzt: Das ist dein Fall.“

„Aber ich kann nicht!“

„Los Shin.“
 

Ich wusste, dass wir hier nicht weggehen würden, ehe ich es nicht getan hätte. Aber was wäre, wenn ich einfach danebenschießen würde? Also schloss ich die Augen und drückte ab. Daiki schrie auf. Ich öffnete die Augen und sah, dass ich ihm im Bein getroffen hatte. Schnell drückte ich die Waffe meinem Opa in die Hand und lief zum Auto. „Shin! Komm sofort wieder her!“ Ich hörte nicht auf ihn. Zum Glück ergriff mein Vater für mich Partei und gab an Daiki noch ein paar Schmerzen hinzufügen zu wollen, was er dann auch tat. Im Auto bekam ich davon nicht viel mit. Ich merkte nur anhand der Schreie, dass sie immer noch zugange waren. Mein Vater, sowie mein Opa und sicher auch die anderen und dann hörte ich einen Schuss. Jetzt war es vorbei.
 

Mein Opa und mein Vater kamen aus der Halle. Papa setzte sich neben mich, während Opa vorne einstieg. Die anderen schafften die Leiche weg. „Ist alles okay, Shin?“, fragte Papa. Ich zuckte mit den Schultern. „Keine Sorge. Der Kerl wird niemals mehr jemandem etwas antun.“

„Mhm ja, das wird er nicht.“

„Und das nächste Mal triffst du gefälligst richtig, Shin!“, kam es von vorne. „Mhm…..“, nickte ich und fing an zu zittern. „Ist dir kalt?“, fragte mein Vater. „Ja.“, sagte ich und so zog er seinen Mantel aus und legte ihn mir über. Gemütlich kuschelte ich mich an ihn. Das hatte ich vermisst. Eines musste man ihm und den anderen auch lassen. So kalt sie auch waren, sie würden sich niemals an einem Kind vergehen. Doch weiter führte ich die Gedanken für heute nicht, denn ich war schon längst eingeschlafen.
 

(Gins Sicht)

Lächelnd sah ich Shin an. Mein Sohn. Wie süß er doch war, wenn er schlief. Das war wohl heute alle zu viel für ihn gewesen. „Schläft er?“, wollte der Boss wissen. „Ja. Er ist sicher fix und fertig von allem.“

„Ja, stimmt. Ich habe Shin heute zum ersten Mal richtig wütend gesehen. Das steht ihm: Er hat echt was drauf.“ Ich nickte ich konnte meinen Sohn nur allzu gut verstehen. Als dieser Yûma damals an mir dran gewesen war, ging es mir nicht anders. Doch bei mir war es nur ein einziges Mal gewesen. Shin hatte das alles über Jahre ertragen. Er tat mir so leid. Doch eines stand fest: Mein Sohn war wohl um einiges stärker als ich und auch als der Boss.
 

Zurück in der Villa hob ich Shin hoch und trug ihn in sein Zimmer. Ich legte ihn auf seinem Bett ab, gab ihm einen Kuss, schloss die Vorhänge und machte die Tür zu. Draußen auf dem Flur kamen Aki und mein Bruder mir entgegen. Sie waren den ganzen Tag auf einem Auftrag gewesen und hatten von all dem nichts mitbekommen.
 

Als ich Aki erzählte was passiert war, begann sie zu weinen und auch Manabu war geschockt. Sie wollten es Daiki sofort zeigen, doch ich erzählte ihnen, dass dies nicht mehr nötig war und so war die Sache erledigt. Daraufhin unterhielt ich mich noch den halben Abend mit meinem Bruder, ehe ich zu Aki ins Schlafzimmer ging und mich neben sie legte. Sie hätte es am liebsten gehabt, dass sie mitgekommen wäre, aber nun war es eben anders gelaufen und wir beschlossen nicht mehr länger darüber zu reden. Wir kuschelten uns aneinander und schliefen Arm in Arm fest ein.

Shins Traum

In dieser Nacht träumte ich noch einmal von meiner Zeit bei Daiki.
 

Traum

Ich war nun schon drei Jahre bei ihm. Mit mittlerweile zehn Jahre hatte ich die Hoffnung meinen Vater je wiederzusehen bereits aufgegeben. Daiki war auch gar nicht mehr so nett wie am Anfang. Ich wusste nun auch was er beruflich machte und ich hasste es! Aber weg von hier konnte ich auch nicht mehr. Dafür hatte Daiki mich zu sehr in der Hand. Außerdem hatte ich Angst vor ihm: Nicht nur einmal hatte er mich seine Gewaltbereitschaft spüren lassen. Immerhin musste ich noch nicht richtig für ihn arbeiten, aber es würde nicht mehr lange dauern. Das machte mir Angst. Einige Leute hier hatten mir schon gesagt, dass es wehtun würde. Mir graulte es vor meinem ersten Mal. Außerdem war das nichts für Kinder. Aber wenn Daiki es mir auftragen würde, dann müsste ich es sicher tun.
 

Die Schule hatte ich auch schon seit meiner Zeit bei ihm nicht mehr gesehen. Ab und zu machte Daiki mit mir ein bisschen Mathe und Isamu versuchte oft mit mir zu lesen, damit ich besser darin würde. Sachen zum Spielen hatte ich hier auch nie gehabt. Daiki meinte das hätte ich nicht nötig.
 

Gerade war ich mit ihm auf dem Weg Geld einzutreiben. Normalerweise machte ich das schon alleine, aber ab und zu kam er mal mit, um selbst nach seinen Mädchen und Jungen zu sehen. Wir gingen auf eine Gruppe junger Frauen zu. Als sie uns bemerkten, rückten sie sofort auseinander. Sie durften ja nicht zusammenstehen. Daiki war dementsprechend sauer. „Was macht ihr da? Ihr habt Regeln, an die ihr euch zu halten habt. Oder wollt ihr, dass ich richtig sauer werde?“

„Entschuldigung.“

„Kommt nie wieder vor.“ antworteten sie ängstlich. „Gut so. Und nun will ich euer Geld sehen. Her damit!“ Die Mädchen kramten in ihren Taschen. Eine von ihnen tat mir richtig leid. Sie hatte weitaus weniger als die anderen. Wütend ging Daiki einen Schritt auf sie zu und zog ihr an den Haaren. „Was soll das? Soll das ein Witz sein? Wo ist der Rest?“

„Ich habe noch nicht mehr gemacht.“, wimmerte sie. „Dann mach mehr! Ich warne dich, Kleine. Wenn das heute nicht noch mehr wird, dann kann ich auch ganz ungemütlich mit dir werden, das weißt du.“ Zitternd gab sie ein Nicken von sich, ehe er sie erst noch fester an den Haaren zog und dann losließ. „Lass dir das eine Lehre sein.“
 

Bei den Jungen zu denen wir als nächstes kamen sah alles schon besser aus. Hier hatte Daiki nichts zu meckern, aber als wir wieder bei einer Gruppe Mädchen vorbeikamen, drehte sich mir der Magen um. Eine von ihnen hatte sogar noch weniger Geld eingenommen als das Mädchen von vorhin. Ich sah weg. Was passierte wollte ich nicht sehen. Daiki holte zuerst mit seiner Hand aus und verpasste der jungen Frau eine Ohrfeige. Dann zog er auch ihr an den Haaren und hielt sie so fest, dass sie sich nicht befreien konnte. „Hör mal, Kleines! Ich sage es auch dir: Mach sofort mehr Geld, oder du hast ein Problem! Dann war die Ohrfeige erst der Anfang. Okay?“
 

Das Mädchen nickte. Noch einmal wollte er sie schlagen, aber ich lenkte ein. „Daiki, hör auf! Sie hat doch schon genug.“ Wütend drehte er sich zu mir um. „Was hast du da gesagt?“

„Ich bitte dich, tu ihr nicht mehr weh.“ Mit noch gruseligerem Gesichtsausdruck kam er auf mich zu und sah mich finster an: „Seit wann hast du hier was zu sagen?“ Schon hatte auch ich eine Ohrfeige einkassiert, die mich zu Boden warf. Geschockt sah das Mädchen zu mir, während ich langsam aufstand und versuchte meine tränen zurückzuhalten. „Ich hoffe ihr habt es verstanden. Alle beide!“ Wir nickten, dann lief Daiki auf mich zu, packte meine Hand und zog mich weiter hinter sich her.
 

Zu Hause angekommen ging Daiki direkt mit mir ins Wohnzimmer. „Was fällt dir ein, Shin? Wie oft habe ich dir gesagt wie du mit mir zu reden hast? Du hast mir nicht zu sagen was ich tun soll! Verstanden?“ rief er wütend. „Es tut mir leid. Das kommt nie wieder vor.“, versuchte ich die Situstion zu retten.“ Daiki lachte: „Du hast Glück, dass ich heute so gut drauf bin, Kleiner. Aber eine Sache muss ich trotzdem machen.“
 

Nun lief er auf mich zu und tat das Gleiche was er auch zuvor mit den Mädchen getan hatte. Er zog mir an den Haaren. „Aua! Lass das! Das tut weh!“, rief ich, doch er zog nur fester. „Aua! Daiki! Bitte lass das!“ Mir standen schon die Tränen in den Augen. Daiki dachte kurz nach. Dann fing er an fies zu grinsen und schlug mir mit voller Wucht ins Gesicht. Ich taumelte nach hinten und das erste was ich hörte war, dass ich in mein Zimmer zu gehen hatte. Zum Glück! Noch mehr Prügel wollte ich für heute wirklich nicht bekommen. Ich setzte mich in Bewegung, aber einen Klaps auf den Hintern gab es trotzdem noch. Ich zuckte zusammen. „Was denn? Hat’s weh getan?“ Ich nickte. Dann zog er mich zu sich ran und gab mir einen Kuss. Erst dann konnte ich in mein Zimmer, wo ich erst einmal mein Gesicht begutachtete. Immerhin blutete es nicht.
 

Ein Jahr später, kurz nach meinem elften Geburtstag, war es dann soweit. Daiki wollte mich. Der Tag hatte eigentlich angefangen wie jeder andere auch, aber als es dann abends wurde, begann für mich die Qual meines Lebens.
 

„Shin, komm mal her.“, forderte Daiki mich auf. Um ihn nicht wütend zu machen, gehorchte ich und ließ mich von ihm auf seinen Schoß ziehen, was eigentlich nichts Neues für mich war. „Shin, hör mal. Du bist jetzt elf Jahre alt und auch schon etwas größer. Ich finde es ist an der Zeit, dass du mal einen neuen Job für mich erledigst.“

„Was soll ich tun?“, fragte ich und sah ihn an. „Das kannst du dir doch sicher denken, Kleiner. Das was alle hier machen.“

„Aber…..“, versuchte ich mich zu verteidigen: „Ich habe Angst davor. Ich will das nicht machen. Bitte lass mich.“

„Oh nein! Das werde ich nicht tun.“, sagte er finster und trug mich in sein Schlafzimmer, wo er mich auf dem Bett ablegte.
 

„Nein! Bitte! Ich will das nicht! Das tut weh!“, rief ich verzweifelt, aber ich hatte keine Chance mich zu wehren. „Oh doch! Du gehörst mir! Und woher willst du denn bitteschön wissen, dass es wehtut?“

„Das haben mir die Anderen gesagt.“

„Ach, glaub denen kein Wort. Wenn du schön brav bist und dich nicht wehrst, dann wird es auch nicht wehtun.“, sagte er und fing an mich zu küssen und ganz langsam auszuziehen.
 

Ich hatte noch nie solche Schmerzen gehabt wie in jener Nacht. Noch nie hatte Daiki mir so weh getan. Ich dachte ich würde das alles nicht überstehen und wollte einfach dass es vorbei geht. Schlussendlich, nachdem mich Daiki in Ruhe gelassen hatte, fiel ich eher in eine tiefe Ohnmacht als in einen sanften Schlaf.
 

Erst am nächsten Morgen wachte ich auf und mein Körper tat an allen erdenklichen Stellen weh. Daiki kam ins Schlafzimmer und grinste mich an: „Na, wieder wach?“ Ich nickte und sah mit Schrecken an mir hinab. Meine Beine waren voller Blut. Ich wollte aufstehen, aber stieß sofort einen lauten Schmerzensschrei aus. „Was denn? Tut es so weh?“, fragte Daiki und lachte. „Ja, es tut verdammt weh!“, jammerte ich. „Das geht vorbei. Weil du so brav warst, bekommst du eine Schmerztablette. Hier nimm! Damit wird es gehen.“
 

Gierig griff ich nach der Tablette und einem Glas Wasser und schluckte sie hinunter. „Für heute erlaube ich dir noch etwas liegen zu bleiben. Danach geh aber bitte duschen und räum die Bude auf.“, forderte mein Hausherr mich noch auf und ich stimmte mit einem Nicken zu. Das waren doch mal angenehme Aufgaben.
 

Dann kam Daiki auf mich zu. Vor Angst zuckte ich zusammen, doch er tat mir nichts. Er streichelte mir lediglich durchs Haar und verließ dann das Zimmer. Kaum war er draußen fing ich an meinen Tränen freien Lauf zu lassen. Was er gestern Nacht getan hatte, war das Schlimmste was er je mit mir gemacht hatte.

Traum Ende
 

„Shin? Shin? Wach auf!“, hörte ich jemanden rufen. Langsam öffnete ich meine Augen und erblickte meinen Vater, meine Mutter und meinen Onkel. Erleichtert sahen sie mich an. „Endlich bist du wach.“

„Wieso? Was ist denn los?“, fragte ich verwirrt: „Was macht ihr denn überhaupt hier?“

„Du hast schlecht geträumt und immer wieder nach diesem Daiki geschrien und dass er dich in Ruhe lassen soll. Da haben wir uns Sorgen um dich gemacht.“, erklärte meine Mutter.
 

Erst in dem Moment realisierte ich wie sehr mich dieser Traum mitgenommen hatte. Ich fühlte wieder sämtliche Ängste und Schmerzen. Dazu hatte ich Tränen in den Augen. Weinend schmiss ich mich in die Arme meines Vaters. „Papaaaa! Es tut mir so leid, dass ich so gemein zu euch war. Ich habe euch doch so vermisst.“ Er streichelte sanft über den Rücken. „Sch….. Ist doch alles gut. Das muss dir nicht leid tun. Wir haben dich lieb, Shin.“
 

Nun sah ich auch zu meiner Mutter und meinem Onkel. „Mama? Onkel Wodka? Es tut mir so leid, dass ich so gemein war. Ich habe euch wirklich so lieb und ich habe euch die ganze Zeit so vermisst.“ Auch meine Mutter hatte Tränen in den Augen und kam auf mich zu. Sie nahm mich meinem Vater ab, sodass ich nun in ihren Armen lag.
 

„Du musst dich doch gar nicht bei mir entschuldigen, mein Schatz. Ich habe dich allein gelassen, als du noch ein Baby warst. Mir tut es so leid.“ Meine Mutter streichelte mir durchs Haar. Dann kam Onkel Wodka und umarmte mich auch einmal. „Mein kleiner Neffe. Ich habe dich auch sehr vermisst.“, sagte er und zum Schluss lagen wir uns alle in den Armen. Endlich waren wir wieder eine Familie.
 

Ja, in dem Moment hatte ich ihnen allen verziehen, dass sie mich je allein gelassen hatten: Was zählte war, dass wir endlich wieder beisammen waren. Mein größter Traum war in Erfüllung gegangen und so entschied ich mich fürs erste möglichst bei ihnen zu bleiben. Vielleicht würde es uns ja eines Tages allen gelingen von hier wegzukönnen und dann würde ich auch endlich Shinichi und meine ganzen Freunde wiedersehen können, die ich im Moment ebenfalls sehr vermisste.

Bei Osamu

Zwei Monate waren vergangen. So lange war ich schon bei meinem Opa. Shinichi hatte mich natürlich immer noch nicht gefunden, da hatte mein Großvater sein Wort gehalten. Ob es ihm gut ging? Wahrscheinlich würde er sich große Vorwürfe machen und mich nie mehr wiederfinden. So musste ich also erst einmal eine ganze Weile hierbleiben. Wenn es sein musste auch Jahre. Aber allzu schlimm war das auch nicht mehr. Ich verstand mich ja jetzt wieder super gut mit meinen Vater und auch mit Mama und Onkel Wodka. Meine Mutter und ich hatten wirklich viel gemeinsam. Sie kennenzulernen war wohl eine der besten Sachen die mir je passieren konnten. Allerdings konnte ich nie mal nach draußen gehen. Wenn dann nur in den Garten und nur in Begleitung der Leibwächter. Mein Großvater ließ mich wirklich keine einzige Sekunde aus den Augen. Fehlte nur noch, dass man mich sogar bis ins Badezimmer verfolgen würde. Aber ich würde hier schon noch irgendwann wegkommen. Und wenn es Jahre dauerte. Zum Killer macht mich hier keiner!
 

Wieder war es Abend. Den ganzen Tag hatte ich das Schießen geübt. Ich hasste diese Übungsstunden, aber immerhin war diesmal nicht Chianti meine Lehrerin, sondern mein Vater und mit dem machte das Training sogar ein bisschen Spaß. Ich muss zugeben, ich war echt gut im Schießen. Seitdem ich sieben war hatte ich es zwar nicht mehr gemacht, aber trotzdem traf ich jedes Ziel. Das Talent musste ich wohl von meinem Vater geerbt haben, genauso wie die Kampftechniken. Ich lernte schnell. Nur in der Schule, da klappte es nicht so.
 

Apropos Schule. Die war ja auch wieder losgegangen. Was die anderen wohl über mich dachten? Dachten sie auch ich sei abgehauen? Vermissten sie mich? Und was war mit Ran und Shinichi? Oder dem kleinen Conan? Sie vermissten mich sicher. Außerdem bekam Ayumi ja bald ihr Baby und hatte sicher auf meine Hilfe gezählt. Dann wusste ich ja noch nicht einmal, ob Isamu und Herr Kiyoshita noch zusammen waren. Ich war gerade einmal zwei Monate nicht mehr unter ihnen gewesen und trotzdem kam es mir vor als wären es Jahre gewesen. Ich vermisste sie einfach alle so sehr. Auf der anderen Seite hatte ich aber gerade erst meine Familie wiedergefunden und die wollte ich nie wieder hergeben. Manchmal fragte ich mich warum das alles ausgerechnet mir passieren musste. Warum konnten meine Eltern nicht einfach so sein wie alle anderen auch? Warum konnten wir nicht einfach eine glückliche Familie sein? Ich seufzte. Trotz allem durfte ich den Kopf nicht hängen lassen. Warum sollte ich nicht auch irgendwann glücklich werden können? Die Frage ist nur wann. Ich schüttelte den Kopf. Am besten zerbrach ich mir nicht immer über das alles den Kopf.
 

Langsam stand ich auf und machte daran mich für das heutige Treffen vorzubereiten. Das erste Mal sollte ich zu diesem Osamu mitkommen. Ein machtgieriger Typ, der meinem Opa jedes Mal versuchte Konkurrenz zu machen. Entweder durch die Abspaltung von der Organisation mit einer eigenen, oder indem er einfach den Posten meines Großvaters übernähme. Ihm ging es dabei nur um den Triumph der Macht. Nichts als Macht wollte er, um sich daran zu ergötzen. Wobei ich mich fragte was wir überhaupt bei ihm wollten und warum ich mich gleich so vornehm anziehen sollte. Fuhren wir dahin, um einen gemütlichen Dinnerabend zu verbringen, oder sollte das etwas rein Geschäftliches werden? Dazu kam, dass mein Großvater solche Treffen mit ihm nicht selten veranstaltete. Ich fragte mich warum eigentlich. Den Chefposten würde er ihm ja nicht gerade überlassen. Wahrscheinlich wollte er ihn so einfach nur ab und zu mal im Auge behalten.
 

Mehr jedoch regte ich mich darüber auf, dass ich ausgerechnet auch noch mitkommen sollte. Das war doch wirklich nicht nötig. Außerdem hasste ich es mich so anzuziehen. Ich sah in den Spiegel. In diesem schwarzen Anzug sah ich aus wie ein Snob. Das hasste ich ja schon immer. Und dann bekam ich es dazu noch nicht einmal hin mir diese doofe Krawatte zu binden! Obwohl Shinichi mir das schon einige Male gezeigt hatte. Nach dem zehnten Versuch gab ich es auf und ließ sie einfach so hängen wie sie war.
 

Fünf Minuten später stand ich dann unten. Mein Vater gesellte sich zu mir und musste erst einmal grinsen, als er die Krawatte sah. „Das ist so aber nicht richtig, mein Junge.“

„Mhm….. ja, ich weiß. Ich kann es aber nicht besser.“

„Komm her, ich helfe dir.“, bat er an. Dann ging er auf die Knie und band mir das Ding richtig um den Hals. „Na, sieht doch schon viel besser aus.“

„Naja, ich weiß nicht. Ich fühle mich nicht so wohl.“

„Das kenne ich. Ich trage auch nicht gerne Anzüge.“ Ich nickte und sah mir meinen Vater genau an. Natürlich trug auch er einen schwarzen Anzug. Die Haare hatte er sich nach hinten gekämmt. Irgendwie sah das gar nicht mal so schlecht aus.“

„Mhm? Was ist?“, fragte er mich nach einer Weile. „Ach nichts, ich habe nur nachgedacht.“ Mein Vater wollte gerade noch etwas sagen, als mein Opa auch schon auf uns zukam. Auch er war ähnlich angezogen wie wir. Das ganze Schwarz erinnerte eine Trauerfeier, aber wo wir auftauchten war diese ja auch gar nicht mehr weit.
 

„Shin, wie siehst du denn aus?“, war das erste was er sagte: „Deine Haare!“

„Was denn? Die stehen immer so ab. Das ist ganz normal.“, sagte ich und zuckte mit den Schultern. Dann machte mein Opa etwas wirklich Ekelerregendes. Er spuckte in seine Hand und fuhr mir einmal über den Kopf. „Iiiiihh! Hör auf! Das ist ja widerlich!“, wehrte ich mich, aber Opa ließ nicht locker. „Ach, stell dich nicht so an!“
 

Einigermaßen zufrieden war er letztendlich immer noch nicht, aber wenigstens ließ er nach kurzer Zeit von mir ab. Dann weiß er meinen Vater und mich, sowie unsere beiden neuen Leibwächter Teji und Deja an, ins Auto zu gehen.
 

Wir stiegen in eine Limousine. Die Leibwächter beide vorne, Opa, Papa und ich hinten. „Alles klar, Shin.“, sagte mein Opa: „Ich möchte, dass du dich ja benimmst, ist das klar?“ Etwas genervt wie Teenager eben manchmal sind nickte ich und gab ein langgezogenes „Ja“ von mir. „Gut so. Und pass bloß auf dich auf. Zwar sind Deja und Teji dabei, aber man kann Osamu nie trauen.“

„Ich passe schon auf. Keine Sorge.“, sagte ich wieder, dann blieb es aber den Rest der Fahrt ruhig.
 

Wir waren ganz schön lange unterwegs, zirka eine Stunde lang. Dann kamen wir endlich an der großen Villa an und ziemlich schnell machte uns der Hausherr persönlich die Tür auf. „Miko, da bist du ja, mein alter Freund. Schön dich zu sehen. Und auch Gin, mein Guter. Und das da muss wohl der kleine Shin sein. Mikos Enkel, nicht wahr?“

„Ja, der bin ich.“, antwortete ich und schüttelte Osamu die Hand. Dann bat er uns hinein.
 

Auf dem Weg durch das riesige Anwesen unterhielten sich mein Opa und sein Kollege. „Und? Laufen die Geschäfte gut?“, fragte Großvater. „Ja natürlich. Einwandfrei. Aber sag mal, Miko, wo hast du denn deine Tochter gelassen?“

„Die hat noch etwas zu erledigen und konnte daher leider nicht mitkommen. Sie bedauert es sehr.“ Ja, hier und da mussten kleine Lügen sein. Irgendwie schon auffällig wie sie sich gegenseitig bei sich einschleimten. Noch auffälliger konnte man nicht zeigen, dass man eigentlich nichts voneinander hielt. „Ach ja, schade. Ich hätte sie gerne einmal wieder gesehen. Aber dann beim nächsten Mal. Nun denn, darf ich euch etwas zu Trinken anbieten?“

„Gerne doch.“
 

Wir alle folgten dem Hausherren weiter in den Speisesaal. Ich machte mir dazu so meine Gedanken. Man sah Osamu gar nicht an, dass er ein gemeiner Killer sein soll. Er war eher ein Mann im Alter meines Opas. Noch hatte er schwarze Haare, die aber schon von einem leichten Grauton durchzogen waren. Man sah ihm nicht an, dass er in Wirklichkeit ein brutaler Killer war, aber wenn ich so drüber nachdachte, würde man das von meinem Großvater auch nicht erwarten. Sie machten eher den Eindruck eines reichen Geschäftsmannes. Wobei sie das ja auch wiederum waren.
 

Im Speisesaal waren bereits einige andere Gäste versammelt. Ich nahm mal an, dass sie zur Organisation gehören würden. Einige von ihnen kannte ich sogar vom Sehen her. „Nun denn. Was wollt ihr denn trinken? Darf ich euch einen edlen Wein anbieten?“ Vater und Opa nickten nur. „Du auch Shin?“, wurde ich gefragt, aber ich schüttelte nur den Kopf. Selbst wenn ich durfte, ich mochte ich mochte wirklich keinen Wein. Also reichte mir eine der Angestellten kurze Zeit später eine Cola.
 

Schnell wurde mir langweilig. Mein Opa war mit Osamu in Gespräche vertieft, Vater unterhielt sich mit anderen Organisationsmitgliedern. Natürlich war auch niemand in meinem Alter anwesend, sodass ich mich in eine Ecke setzte und die ganze Mannschaft beobachtete. Alle redeten über die Organisation und als ich schon fast vor Langeweile eingeschlafen war, setzte sich dieser Osamu plötzlich neben mich. „Dir ist langweilig. Nicht wahr?“ Ich nickte. Der Typ lächelte mich an. Irgendwie gruselig. Man sah eindeutig, dass es eher ein Grinsen war. Ich mochte den Kerl nicht. „Du bist 15, oder?“

„Wieder nickte ich.“

„Ja, ein sehr interessantes Alter. Dein Opa hat mir mal erzählt, dass du sein Nachfolger werden sollst.“ Ich zuckte mit den Schultern: „Mhm ja, kann sein.“ Mehr sagte ich allerdings nicht dazu. Wie gesagt, der Kerl war mir nicht ganz geheuer. „Nun mein Junge, ich sage dir jetzt einmal was.“ Am liebsten hätte ich die Augen verdreht. Konnte der nicht mal aufhören mich an zu labern? „Also, hör gut zu. Du musst verdammt aufpassen.“

„Ach ja?“, gab ich zurück und zog eine Augenbraue nach oben: „Worauf denn?“

„Ganz einfach, du hast ja sicher schon mitbekommen, dass ich es auf die Nachfolge deines Großvaters abgesehen habe. Nicht wahr?“

„Die du aber nicht bekommen wirst, weil mein Opa mehr Macht hast als du,“ sagte ich frech. „Ach und das glaubst du einfach so. Ich sag dir mal was. Eines Tages werde ich es schon schaffen und daher mache ich dir jetzt einen Vorschlag. Du kannst dir heute schon mal aussuchen. Ob du für mich arbeiten willst und mir deinen Platz überlässt, oder..... Naja, es wäre doch schade um dich. Du bist ja noch so jung.“ Aha. Die Sache war eindeutig. Er wollte mir also Angst machen, aber das würde er garantiert nicht schaffen. Dafür würde ich schon sorgen. „Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich auch nur beide Sachen für Sie tun werde!“ Nun zuckte Osamu mit den Schultern: „Na dann eben nicht. Aber glaube mir, deine Familie wird schon noch untergehen. Davon kannst du ausgehen.“

„Das werden wir ja noch sehen. Ich sage Ihnen jetzt mal was: Sie werden untergehen und mit Ihnen Ihre Leute. Meine Familie ist nicht so leicht klein zu kriegen.“
 

Es erstaunte mich an dieser Stelle wirklich selbst, dass ich mich so für meine Familie einsetzte. Aber dass ich eigentlich gar kein Interesse an dem Posten als Organisationschef hatte und gar kein Killer sein wollte, musste dieser Osamu ja nicht gerade wissen. Daher spielte ich einfach den starken Enkel. „Du hast eine ganz schön große Klappe, Kleiner.“

„Und wenn schon.“

„Ich denke wir werden sehen wer von uns siegen wird.“, grinste Osamu und ich tat es ihm gleich, womit ich seine Aufforderung zum Duell annahm. „Ja, das werden wir sehen.“ In dem Moment kam Teji auf mich zu: „Shin, dein Vater möchte dich sehen.“ Ich nickte. Dann wand ich mich wieder an Osamu: „Tja, tut mir leid. Mein Vater ruft.“

„Alles klar. Hat mich gefreut dich kennenzulernen.“, gab er zurück und ich stand auf und ging.
 

Sofort nahm mich mein Vater zur Seite, sodass niemand uns mehr sehen oder hören konnte. „Was wollte er von dir?“

„Ach, er wollte mir nur Angst machen. Der meint, dass er irgendwann der Boss ein würde und hat mir angeboten für ihn zu arbeiten.“

„Und was hast du gesagt?“, fragte mein Vater entsetzt. „Ich habe ihn nur angegrinst und gesagt, dass es nie dazu kommen wird.“, antwortete ich mit einem Grinsen. „Gut so, du weißt also noch, dass du niemals Angst zeigen darfst.“, sagte Papa stolz. „Klar. Das hast du mir doch schon beigebracht als ich noch ganz klein war.“ Mein Vater lächelte. Ich ebenfalls. Dann klopfte er mir auf die Schulter und sagte: „Alles klar. Wir gehen dann. Wir waren ja auch schon lange genug hier.“ Ich nickte. Endlich kam ich hier raus.
 

Daraufhin verabschiedeten wir uns von allen und begaben uns auf den Weg in unsere Limousine. Auf der Fahrt nach Hause wollte auch mein Opa alles über das Gespräch zwischen mir und Osamu wissen. Über das was ich ihm erzählte schien er nicht sehr erfreut zu sein. „Wieso hast du nicht versucht ihn darüber auszufragen was er vor hat?“ Etwas überrumpelt davon zögerte ich mit der Antwort. Ja warum eigentlich? „Keine Ahnung. Er hätte es mir doch sicher nicht gesagt, oder?“

„Ach Shin, du musst noch viel lernen. Sehr viel.“, antwortete Opa. „Ach Mann, lass mich doch in Ruhe! Ich hätte nicht gedacht, dass du mich nur mitnimmst, damit ich das für dich herausfinde.“

„Das stimmt doch gar nicht! Und ich werde dich nicht in Ruhe lassen. Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du respektvoller mit mir reden sollst?“

„Solange du noch kannst.“, flüsterte ich, aber blöderweise hatte er es trotzdem gehört und packte mich am Kragen. „Kleiner, pass mal gut auf was ich dir jetzt sage! Wärst du noch ein kleines Kind, hätte ich dir jetzt schon lange den Hintern versohlt. Aber glaube mir eins, wenn du weiter so machst, wird es dir noch leid tun!“ Ich wollte wieder etwas sagen, doch diesmal hielt mein Vater mich davon ab: „Shin, benimm dich!“ Diesmal nickte ich, dann ließ mein Großvater mich los.
 

Als wir in der Villa waren, lief ich schnurstracks auf mein Zimmer zu. Mein Vater rannte mir hinterher. „Shin, was hast du dir da eben eigentlich gedacht?“ Ich blieb stehen und seufzte: „Ich weiß auch nicht. Ich will mir halt von ihm nichts sagen lassen.“

„Ja, ich weiß, aber so kommst du auch nicht weiter.“

„Aber..... Mann, ich habe einfach keine Lust mehr auf das alles hier!“, beschwerte ich mich und brach fast in Tränen aus. Mein Vater nahm mich in den Arm: „Keine Sorge. Ich kann dich verstehen, aber glaub mir, es wird alles gut.“ Verwirrt sah ich ihn an: „Was meinst du damit?“

„Das wirst du schon noch sehen. Aber am besten gehst du jetzt erst einmal schlafen. Es ist schon spät.“ Dann gab er mir noch einen Kuss und ich machte mich auf ins Bett.

Wieder ein neuer Leibwächter

Am nächsten Tag war ich schon früh wach. Auch hier hatte für mich der Unterricht begonnen und diesmal hatte das alles wirklich nichts mit Schießen und Kämpfen zu tun, nein, es ging um den normalen Schulstoff, schließlich waren so gut wie alle Mitarbeiter der Organisation hoch gebildet, weshalb sie von gegnerischen Organisationen in Sachen Intelligenz nicht zu unterschätzen waren.
 

Doch so richtig Spaß machte mir die Schule hier nicht. Ganz alleine saß ich mit einem Privatlehrer, einem etwas älteren Herrn, an einem Tisch und machte meine Aufgaben. Der Mann war zwar sehr nett zu mir und als Lehrer ganz pasabel, dennoch vermisste ich Herrn Koyoshita ungemein, da ich bei dem alles sogar noch viel schneller verstand. Aber mein neuer Lehrer hatte immerhin wahnsinnig viel Geduld mit mir, was wohl oder über daran lag, dass er nicht schlecht bezahlt wurde für seinen Arbeit.
 

Zum Glück waren wir, da wir die unnötigen Fächer hier wegließen und ich der einzige Schüler warm ziemlich schnell fertig mit dem Unterricht, sodass ich zum Mittagessen gehen konnte.
 

Wie immer musste ich es zusammen mit meinem Großvater zu mir nehmen, der immer einen auf guten Freund machte und mich über alles ausfragte. „Und Junge? Wie war es in der Schule?“

„Haha“, gab ich zurück: „Eine Schule ist das ja nicht wirklich. Sagen wir so, ich war nicht schlecht heute, aber trotzdem möchte ich viel lieber zurück in meine alte Klasse und von meinem alten Lehrer unterrichtet werden.“

„Ach ja, das sagst du jeden Tag. Aber das wird nicht passieren, also hör gefälligst auf deswegen zu jammern und iss endlich! Danach möchte ich dir nämlich deinen neuen Leibwächter vorstellen.“

„Was?“, sagte ich überrascht: „Und was ist mit Shinju?“

„Shinju wird auch weiterhin bei dir bleiben, aber er muss sich ja auch mal eine Pause gönnen.“, erklärte mein Opa und wortlos begann ich mir mein Mittagessen reinzustopfen. Hoffentlich würde das wenigstens ein netter Kerl sein. Auf jemanden, der mich wegen allem verpetzte konnte ich sehr gut verzichten. Dann jedoch wandte ich mich wieder an meinen Großvater. „Sag mal, wo sind eigentlich Mama, Papa und Onkel Wodka? Die essen doch sonst immer mit uns.“

„Die haben noch etwas zu tun. Bis zum Abendessen sollten sie allerdings wieder hier sein.“

„Sind sie denn alle zusammen weg?“, hakte ich nach. „Nein. Dein Vater und dein Onkel sind auf einer Mission und deine Mutter auf einer anderen.“ Geschockt sah ich meinen Großvater an und das erste was zurück kam war ein kurzes Lachen. „Ach Shin, du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass ich Aki in Gefahr bringen würde. Glaub mir, sie hat von klein auf bei mir gelernt und wird schon wissen wie sie auf sich aufzupassen hat. Und nun, iss endlich auf.“
 

Als ich mit dem Mittagessen fertig war, war es soweit. Gemeinsam lief ich mit meinem Opa ins Büro und wartete darauf, dass dieser seinen Butler schicken würde, um den neuen Leibwächter abzuholen, der im großen Saal auf seinen Einsatz wartete. „Shin?“, sprach mein Großvater mich an: „Ich hoffe du weißt wie du dich zu benehmen hast und welche Konsequenzen dir drohen, falls du es nicht tust.“ Ruhig nickte ich. Erst einmal abwarten was das überhaupt für ein Kerl sein würde. Dann konnte ich mich immer noch heimlich entscheiden, ob ich diesem nun Gehorsam leisten würde, oder nicht.
 

Schon ging die Tür auf und Yum der Butler kam mit dem Neuankömmling herein. „Jaji, da sind Sie ja. Nun kann ich Sie endlich mit meinem Enkel Shin vertraut machen, auf den Sie in Zukunft aufpassen werden.“

„Freut mich.“, kam es zurück und der Mann warf mir ein Lächeln entgegen. Verwirrt blickte ich ihn an. Er hatte etwas an sich, weshalb ich meine Augen nicht von ihm loslassen konnte. Irgendwie fühlte ich mich sogleich wohl bei ihm, was mich außerordentlich aufatmen ließ. So jemand wie Daiki würde der nicht sein und auch kein strenger Typ mit dem ich mich garantiert nicht arrangieren können. Aus irgendeinem Grund erinnerte er mich sogar an wen. „Nun denn, ihr könnt nun gehen und tun und lassen was auch immer ihr wollt. Beziehungsweise was auch immer Shin will. Jaji, Sie folgen ihm einfach.“

„Alles klar, Boss.“, sagte mein neuer Leibwächter und nickte. Dann verließen wir zusammen das Büro. Immer noch musste ich ihn andauernd ansehen.
 

„Sag mal, habe ich was im Gesicht, oder warum guckst du so?“, fragte er mich irgendwann. Etwas zickig verzog ich das Gesicht. „Na hör mal wie reden Sie denn eigentlich mit mir? Nein, Sie haben nichts im Gesicht und in Zukunft seien Sie ein wenig respektvoller.“ Ja, diese Art passte ganz und gar nicht zu mir, aber man durfte in meiner Branche ja niemandem vertrauen, also mimte ich wieder den starken Verbrecherbossenkel. Doch meinen neuen Leibwächter schien das ziemlich kalt zu lassen. Freundlich lächelte er mich an. „Kleiner, ich an deiner Stelle würde mich hier nicht so aufspielen, schließlich habe nach wie vor ich den Auftrag dich zu bändigen. Und auch wenn du den Laden mal übernehmen wirst, bis dahin wird noch viel Zeit vergehen, in der du dich mit mir arrangieren musst und ich kann dich jederzeit bei deinem Opa verpfeifen, der es übrigens gern hat, wenn ich ein wenig strenger zu dir bin.“

„Ts, als ob ich vor dir Angst habe.“, gab ich patzig zurück. Jaji zuckte nur mit den Schultern: „Wie du meinst, Kleiner.“
 

Wir liefen hinauf in mein Zimmer, den einzigen Ort, an dem ich allein sein durfte, unbeobachtet. Sofort schmiss ich mich aufs Bett, griff nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein. Dieser Jaji war mir ehrlich gesagt jetzt schon unsympathisch. Was glaubte der wer er ist? Spielte sich auf als könne er mich erziehen. Eines war sicher, mein erster Blick musste mich wohl getäuscht haben. Obwohl ich darüber auch ein wenig enttäuscht war, denn von der Statur her erinnerte mich Jaji irgendwie an Shinichi, was wohl der Grund dafür war, dass ich dachte ich könnte mich bei ihm wohl fühlen. Shinichi. Ich vermisste ihn so.
 

Als ich später hörte, dass mein Vater und Onkel Wodka nach Hause kamen, lief ich sofort zu ihnen. Wie als kleines Kind lächelte ich sie an und rannte auf sie zu. Mein Vater streichelte mir direkt durchs Haar. „Na mein Kleiner? Wie war dein Tag?“

„Na ja, ging so.“, antwortete ich. „Wieso das denn?“, wollte mein Onkel wissen. Ich seufzte: „Dieser neue Leibwächter geht mir auf den Keks. Der ist nicht gerade nett zu mir.“

„Der soll ja auch nicht nett sein, sondern auf sich aufpassen.“, meinte mein Vater und ich gab einen mürrischen Laut von mir. „Was hab ihr denn so gemacht?“, fragte ich daraufhin. „Mal wieder etwas für den Boss. Die Einzelheiten willst du wie immer gar nicht wissen.“, antwortete mein Vater: „Aber dafür kann ich dir etwas anderes sagen. Ich habe morgen frei. Also, was hältst du von einem schönen Vater-Sohn-Tag an der frischen Luft?“ Sofort machte ich große Augen, allerdings war der Augenblick schnell vorbei, als mir einfiel, dass ich ja gar nicht raus durfte. „Ach, das bekommen wir schon hin. Natürlich müsste einer deiner Leibwächter mitkommen und wir müssten dich so verkleiden, dass dich draußen keiner erkennt. Aber darum kümmern wir uns gleich. Jetzt gehen wir erst mal runter. Gleich gibt es Abendessen.“

„Au ja!“, antwortete ich und lief Papa und Onkel Wodka hinterher. „Wann ist eigentlich Mama wieder hier?“, wollte ich noch wissen und bekam gleich zu hören, dass sie wohl noch etwas länger brauchen würde.
 

(Gins Sicht)

Als Shin sich nach dem Abendessen in sein Zimmer begab, um zu duschen schnappte ich mir Jaji, den neuen Leibwächter, um mit ihm in einem abgeriegelten Zimmer zu reden. „Und? Wie ist es gelaufen?“, fragte ich interessiert. „Dein Sohn scheint mich absolut nicht leiden zu können.“

„Haha!“ Ich lachte. Ja, das war schon eine witzige Vorstellung wie Shin seine Aufpasser in den Wahnsinn treiben konnte. „Und du bist sicher, dass er keinen Verdacht schöpft?“, hakte ich nach. „Absolut.“, kam die Antwort bestimmt. Ein zufriedenes Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus, welches sich auch im weiteren Gesprächsverlauf immer wieder zeigte. Ja, ich war mir sicher, dieser Kerl hatte seine Feuerprobe bestanden und würde ein guter Leibwächter für meinen Jungen.
 

(Shins Sicht)

Nachdem ich fertig geduscht hatte, kam plötzlich meine Mutter in mein Zimmer. Das machte sie jedes Mal, wenn sie von einem Auftrag zurück kam, um nach mir zu sehen. Diesmal erwischte sie mich im Badezimmer, als ich gerade dabei war meine Haare zu föhnen. Fast wäre ich vor Schreck in Ohnmacht gefallen, als plötzlich jemand in meinem Bad stand, aber ich konnte mir ja denken, dass sie die einzige war, die hier einfach so reinplatzen könnte, ohne Konsequenzen dafür zu bekommen. „Hallo, mein Schatz. Alles klar bei dir?“, fragte sie mit einem Lächeln. Sofort fing auch ich an selbst zu lächeln. „Ja. Alles okay. Wie war es denn bei dir heute? Wo warst du?“

„Ach, ich habe etwas für deinen Opa recherchiert. Das hat etwas länger gedauert, als angenommen.“
 

Gerade wollte ich den Föhn wieder anmachen, als sie auf mich zu kam und ihn mir abnahm. „Lass mich das machen, Schatz.“, bat sie und fing an mir die Haare zu föhnen und zu kämmen. „Du Mama?“

„Ja, mein kleiner“

„Meinst du, ich kann je wieder ein normales Leben führen?“, fragte ich und klang ein bisschen verzweifelt. „Ja, das wirst du ganz bestimmt. Wenn dein Opa erst einmal stirbt, dann hast du alle Freiheiten dazu. Mach dir darüber also keine Sorgen.“

„Warum bist du dir da so sicher? Opa hat eine ganze Organisation hinter sich. Das wird nicht einfach.“ Sie zuckte mit den Schultern: „Weißt du, ich bin mir ganz sicher, dass du es schaffen wirst. Das habe ich im Gefühl.“

„Ach so.“

„Denk einfach nicht drüber nach. Wenn der Zeitpunkt kommt, dann kommt er. Außerdem ist es schon spät. Du solltest jetzt ins Bett gehen.“ Ich nickte. Nicht gerade überzeugt davon, legte ich den Föhn wieder weg und gab Mama einen Gutenachtkuss. Dann setzte mich auf mein Bett und schaltete den Fernseher an, doch auf das Programm konnte ich mich kaum konzentrieren. Die Frage nach meiner Zukunft beschäftigte mich nämlich noch immer.

Vater und Sohn Tag

Tags darauf standen mein Vater und ich im Büro des Bosses, um ihn nach einer Auszeit zu fragen. Zum ersten Mal seit langem wollten wir endlich wieder einen Tag zusammen verbringen. Skeptisch zog mein Großvater die Augenbraue hoch: „Ihr wollt also einen Vater Sohn-Tag haben.“ Wir beiden nickten und warteten die nächste Antwort ab. „Lasst mich kurz nachdenken. Nun denn, ich will mal nicht so sein. Es gibt heute keine Aufträge für euch und Shin hat sich in letzter Zeit vorbildlich und respektvoll mir gegenüber benommen.“ Papa und ich grinsten. „Aber nur unter einer Bedingung“, fuhr Opa fort: „Shin muss sich verkleiden. Das versteht sich ja wohl von selbst. Und außerdem soll Juji mitkommen.“

„Muss das sein?“, fragte ich genervt. Auch mein Vater war nicht gerade begeistert davon. „Ja muss es. Sonst noch Fragen?“

„Mann, das ist doch kacke.“, murmelte ich. „Pass mal lieber auf was du sagst Shin. Ich kann dir den Tag auch ganz streichen, wenn du schon wieder anfängst dich mir zu widersetzen. Außerdem wird Juji doch nicht die ganze Zeit neben euch stehen, sondern im Hintergrund, wie ein richtiger Bodyguard.“

„Vertraust du uns nicht?“, wollte mein Vater wissen. „Doch, dir schon, aber wer weiß ob dein Sohn nicht versuchen würde abzuhauen.“

„Als ob Papa das zulassen würde.“, gab ich zurück. „Wer weiß. Für dich tut er doch alles.“
 

Da ich also meinem Großvater nichts entgegen setzen konnte, mussten wir seine Bedingungen so akzeptieren. Gemeinsam liefen wir die Treppen hoch in mein Zimmer und machten mich fertig. Mein Vater warf mir ein blaues T-Shirt und eine knielange dunkle Hose entgegen. Schnell zog ich mich vor ihm um, als er die Narbe an meinem Oberschenkel bemerkte. „Was ist denn da passiert?“

„Ach, die ist noch von Daiki.“, antwortete ich: „Ich hab mal einen Teller fallen lassen, da war er so sauer, dass er die Scherbe genommen und mich geschnitten hat.“

„Scheißkerl! Ich hätte ihn mehr leiden lassen sollen. Was hat er da nur mit dir gemacht? Hätte ich dich doch bloß Mitgeholt.“ Ich zog mir die Hose wieder an und zuckte mit den Schultern: „Hat ja keiner ahnen können, dass das passiert.“
 

Für einen kurzen Moment nahm mein Vater mich in den Arm. „Du bist so stark, mein Kleiner. Stärker als wir alle.“ Ich schüttelte den Kopf: „Nein, sicher nicht. Und nenne mich nicht immer Kleiner. Ich bin nicht mehr klein.“

„Aber für mich wirst du immer mein kleiner Sohn bleiben.“ Ich seufzte. Das würde ich wohl nie mehr loswerden.
 

Als nächstes sollte ich mir Kontaktlinsen einsetzen. Das war gar nicht so leicht wie ich dachte. Ich hatte es schon oft bei anderen gesehen, aber es selbst zu versuchen ging schwer. Mein Vater bat an mir zu helfen, letztendlich schaffte ich es aber doch alleine. Schon waren meine Augen nicht mehr grün, sondern braun. Dazu setzte ich noch eine blonde Perücke auf und schon war ich nicht mehr wieder zu erkennen. Danach gingen wir rüber in das Zimmer von meinen Vater. Auch er schmiss sich in Schale. In blauer Jeans und weißem T-Shirt sah er ja schon ungewohnt aus, aber dazu mit braunen Haaren und blauen Augen war auch er nicht mehr der Alte. „Bin ich froh, wenn ich diesen Aufzug heute Abend wieder loswerde.“, sagte ich. „Stimmt. Ich mag mich so auch nicht wirklich. Aber okay, wir können los.“ So gingen wir schnell runter ins Büro des Bosses, um uns zu verabschieden.
 

Draußen im Wagen wartete bereits Jaji auf uns. „Wo soll es denn hingehen?“ Mein Vater sah mich fragend an. „Was willst du machen?“

„Fußballspielen und danach Eis essen!“

„Wie früher. Also dann fahr uns bitte in den Park zur großen Wiese.“ Kaum hatten wir das Gelände verlassen fiel uns auch schon auf, dass wir gar keinen Ball mit hatten. Mein Vater hatte Recht gehabt. Es war wirklich haargenau alles so wie früher. „Das ist nicht zum Lachen.“, sagte ich, als er mich angrinste. Es war einfach nur schön wieder Zeit mit ihm zu verbringen.
 

Auf der Wiese fühlte ich mich so wohl wie schon lange nicht mehr. Mein Vater spielte immer noch so gut wie früher und ich hatte mich schon um einiges gesteigert, obwohl ich selten zum Üben kam. Ich war halt einfach größer geworden. Jaji sah die ganze Zeit vom Spielfeldrand zu. Ich störte mich nicht an ihm und konzentrierte mich nur auf meinen Vater. Danach gingen wir Eis essen. Wir holten es von einer Eisdiele in der Nähe des Parks und liefen dann damit zurück, um uns hier auf eine Bank zu setzen. „Und? Schmeckt’s?“

„Ja. Danke und dir?“

„Mir auch.“
 

Eine Weile lang sagten wir nichts mehr und schleckten nur so schnell es ging an unseren Eisbällchen. Die Sonne begann bereits es zu schmelzen, so kamen wir gar nicht zum Reden. Doch dann fing mein Vater wieder an mit mir zu reden. „Wie fühlst du dich im Moment Shin?“ Etwas überrascht sah ich auf: „Gut. Ich genieße es bei dir zu sein.“

„Ich meine generell. Du willst doch sicher immer noch weg vom Boss, oder?“ Ich seufzte und ließ den Kopf hängen: „Natürlich will ich das.“ Wieder war es kurz still. Ich aß zu Ende und stellte dann selbst eine Frage: „Sag mal, was hast du eigentlich die ganzen Jahre so gemacht und wie hast du Mama wieder getroffen und auch Opa?“ Mein Vater dachte kurz nach: „Nun ja, das ist eine lange Geschichte, aber ich finde du solltest sie kennen.“
 

So fing er an zu erzählen: „Als ich damals mit Manabu weg bin haben wir erst einmal eine Weile in Ägypten gewohnt. Wir hatten dort eine Wohnung am roten Meer unter vielen Touristen und Einwanderern. Eines Tages habe ich dann plötzlich deine Mutter im Ort gesehen. Wir konnten es beide erst nicht glauben und habe sie öffentlich angeschrien was ihr denn einfiel damals einfach so abzuhauen, aber dann habe ich sie mit zu uns genommen und sie hat mir alles erklärt. Sie wollte damals einfach weg aus der Organisation und war ziemlich überfordert, als du dann auch noch da warst. Sie konnte dich leider einfach nicht mitnehmen, so wie ich dich allein gelassen habe, aber sie hat es immer wieder bereut, weil sie dich und mich noch so sehr liebt, aber sie hatte auch Angst zurück zu kommen, weil wir sie nicht mehr lieben könnten und auch ihr Vater nicht gerade nett zu ihr gewesen wäre. Sie hat sehr geweint, als sie das gesagt hat. Nun ja, wir sind nicht mehr zusammen gekommen und sind es auch immer noch nicht. Wer weiß, ob das mal wieder so sein wird. Dennoch haben wir beschlossen alle zu dritt in ein anderes Land zu gehen und so sind wir nach Italien ausgewandert. Die Idee war aber nicht so gut, denn da war auch der Boss. Er hatte auch da eine große Villa und die Organisation mit Hilfe einiger freiwilliger Italiener wieder aufgebaut, die Probleme mit der Mafia hatten. So leicht macht man Leute zu Killern. Naja, jedenfalls mussten auch wir wieder für ihn arbeiten, ob wir wollten oder nicht. Letztendlich sind wir mit der ganzen Gruppe wieder nach Japan gezogen. Wobei wir auch dort einige Spione gelassen haben, genau wie in Amerika. Und weil der Boss dich unbedingt wieder haben wollte, begann hier dann eine lange Suche nach dir. Wie es weiterging weißt du ja.“ Ich seufzte: „Okay, ich verstehe.“

„Tut mir leid, dass ich zugelassen habe, dass der Boss dich wiederbekommt. Ich konnte es nicht verhindern.“

„Schon okay. Du kannst ja wirklich nichts dafür, dass er so ein Arschloch ist.“, murmelte ich und gemeinsam standen wir auf, um uns ein wenig die Beine zu vertreten.
 

Um 19 Uhr mussten wir dann den Rückweg antreten, da Opa von uns verlangt hatte pünktlich um Acht zum gemeinsamen Abendessen da zu sein. Der Tisch war schon gedeckt, als wir den Speisesaal betraten und das erste was ich sah war das Lächeln meiner Mutter. „Na mein Spatz? Wie war der Tag mit deinem Vater?“

„Gut.“, lächelte ich: „Aber ich würde gerne auch mal einen mit dir verbringen.“

„Das machen wir.“, sagte sie und man sah deutlich, dass sie sich sehr darüber freute. Auch mit Onkel Wodka hätte ich gerne mehr zusammen gemacht. Ab und zu hatten wir mal die Gelegenheit miteinander zu reden. Es gab so vieles das ich vorher nicht wusste und immer wieder neu erfuhr. Zum Beispiel hatte er eine vierjährige Tochter mit einer Frau aus dem Ausland. Aber die beiden waren nicht mehr zusammen. Vermutlich auch besser so. Dabei hätte ich meine Cousine schon gerne kennengelernt. Mein Onkel sah seine Tochter mittlerweile auch nur noch einmal im Jahr, wenn er denn mal Urlaub hatte, aber er telefonierte ab und zu mit ihr. Er hat mir auch mal ein Foto von der Kleinen gezeigt. Sie war wirklich niedlich.
 

Nach dem Essen machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer. Ich war müde, dennoch sah ich zunächst noch etwas Fern.
 

(Gins Sicht)

Jaji stand bereits vor meiner Tür uns wartete. „Und hast du schon alles weitergegeben?“

„Ja, das habe ich. Es wird allerdings noch eine Weile dauern bis wir alles so machen können wie besprochen.“ Ich nickte. „Du und Shin hattet einen schönen Tag wie es aussieht.“

„Ja das hatten wir. Es ist einfach schön, dass er hier ist.“

„Er scheint die Zeit mit dir sehr zu genießen. Das spricht für dich als Vater.“ Ich grinste. Wir redeten noch eine Weile in meinem Zimmer. Dann verabschiedeten wir uns und er ging wieder auf seinen Posten.
 

(Shins Sicht)

Ich war müde. Als der Film endlich zu Ende war fielen mir schon fast die Augen zu. Heute Nacht würde ich bestimmt gut schlafen können. Der Tag war einfach schön und für ein paar Stunden hatte ich vergessen wo ich eigentlich dran war.

Training

Am nächsten Tag musste ich mal wieder mit meinem Opa das Schießen und Kämpfen üben. Lustlos, aber nicht mehr Angst erfüllt so wie früher, ging ich in den Keller. Leider waren Vater und Onkel heute mal nicht dabei, da sie etwas zu tun hatten und auch meine Mutter kam nicht mit, da sie es nicht ab konnte, wenn ich mir wehtat. Ich war froh, dass ich nicht mehr in allzu großer Sorge zum Training gehen konnte, denn selbst wenn ich sie noch gehabt hätte, hätte mein Opa mich dazu gezwungen, egal ob ich dabei zusammengeklappt wäre. Meine Furchtlosigkeit vor Kellerräumen habe ich Shinichi zu verdanken. Seit ich seinerzeit bei ihm zu Hause meine Panikattacke hatte, ist er jeden Tag mit mir hinein gegangen. Immer ein Stückchen weiter. Daiki hatte ganz schön etwas in mir angerichtet. Meine Güte, Shinichi eines Tages würde ich ihn wiedersehen. Egal wie lange es noch dauern sollte.
 

Als ich gerade die Treppe hinab stieg, kam Chianti mir entgegen. Ich konnte sie immer noch nicht leiden. Manchmal musste ich sogar noch mir ihr zum Schießtraining, wenn mal sonst keiner Zeit dazu hatte, aber das machte meine Meinung ihr gegenüber noch schlimmer. „Na, auf dem Weg zum Üben?“, fragte sie in ihrer immer schnippischen Art. „Das siehst du doch, oder brauchst du ‘ne Brille?“, gab ich zurück. „Pass auf wie du mit mir redest, ja? Nur weil du mittlerweile schon ein Teenager bist heißt das noch lange nicht, dass du vor mir keinen Respekt mehr haben musst, ist das klar?“ Da ich eine Stufe höher stand als sie, kam mir endlich mal die Gelegenheit sie herablassend anzustarren und es gefiel mir: „Ich darf sagen was ich will, wenn ich den Laden hier eines Tages übernommen habe. Also fang schon mal an Respekt vor mir zu üben.“ Chianti fing an zu lachen: „Ach ja, bis dahin werden aber noch viele, viele Jahre vergehen. Noch hat der Boss hier das Sagen und ihm wird es garantiert nicht gefallen wie du mit mir umspringst, oder was meinst du?“ Ich zuckte mit den Schultern: „Ich denke, das ist ihm egal. Der hat andere Sorgen.“ Genervt ging sie weiter, machte aber noch einmal auf dem Absatz kehrt und sah mir grinsend ins Gesicht: „Bevor ich vergesse, ich habe deinem Großvater gesagt, dass du dich mir gegenüber mal wieder nicht benommen hast. Viel Spaß also heute beim Training mit ihm.“ Hämisch begann sie zu lachen, ehe sie den Keller verließ. In mir brodelte es. Wenn ich den Laden hier eines Tages übernehmen würde, dann wäre sie die erste die rausfliegt.
 

Im Keller angekommen wartete mein Opa bereits auf mich. „Da bist du endlich. Hatte ich dir nicht beigebracht pünktlich zu sein?"

„Ja, es tut mir leid, ich wurde aufgehalten.“, entschuldigte ich mich, aber meinen Opa schien das nicht zu interessieren. „Das ist mir egal. Du hast hier zu sein, wenn ich es von dir verlange!“

„Ja, okay. Können wir dann anfangen?“, fragte ich ungeduldig. Schließlich wollte ich auch so schnell wie möglich wieder hier weg. „Ja, aber zunächst einmal“, wütend schritt mein Großvater auf mich zu: „Ist mir von Chianti zu Ohren gekommen, dass du mal wieder frech zu ihr warst.“

„Du weißt doch, dass ich sie nicht mag. Warum lässt du mich denn auch immer mit ihr üben?“

„Das ist meine Sache und du solltest dich daran gewöhnen. Weißt du nicht mehr was passiert ist, als du sieben Jahre alt warst und nicht auf sie gehört hast?“ Ich seufzte. Natürlich wusste ich das. Wie könnte ich das auch vergessen? „Das Ganze wird nochmal passieren, wenn du weiter so respektlos mit ihr umgehst.“, bekam ich noch zu hören und herausfordernd starrten wir uns an.
 

Das Ganze endete mit einer Backpfeife, die so stark war, dass sie mich umschmiss. Sie tat zwar nicht weh, dennoch war es mir ein wenig unangenehm so geschlagen zu werden. Wofür denn auch? „Was sollte das denn?“, fragte ich verwirrt. „Das fragst du noch? Und nun steh auf! Wir kämpfen heute.“ Weitere Kommentare verkniff ich mir. Das musste jetzt nicht sein. Also rappelte ich mich langsam auf und begab mich auf die Matten. „Zeig schon was du kannst!“, wurde ich aufgefordert. „Wie du willst.“ Schon lief ich auf den Boss zu und versuchte ihn mit meiner Faust zu treffen, doch er wich einfach aus. Wie machte er das nur in dem Alter?“

„Na? Was ist los, Shin?“

„Nichts“
 

Wir machten weiter. Mit großer Genauigkeit zielte ich auf seinen Magen, aber auch das schien ihm nichts auszumachen. Er war verdammt durchtrainiert. In nullkommanichts lag ich auf der Matte. „Los, weiter!“ Es ärgerte mich, dass es immer wieder so endete. Gut, der Mann hatte Erfahrung, jahrelanges Training, aber auch ich war nicht mehr so schwach und vor Allem jung. Dennoch schaffte ich es nicht ihn einmal zu verletzen. Immer wieder musste ich mich aufrappeln, da Opa den Kampf nicht für beendet erklärte. Meine Lippe war bereits aufgeplatzt und dann bekam ich auch noch einen Schlag in den Magen, wegen dem ich auf den Knien lag und wegen dem mir fast das Essen hochkam. Ich musste mich ordentlich zusammenreißen mich nicht zu übergeben. „Was ist denn, Shin? Damit musst du rechnen. So ist das im wahren Leben. Steh auf!“ Wütend starrte ich meinen Großvater an. Ich konnte kaum noch atmen. Der Kerl machte mich echt fertig. Und das schon im Training. „Ich krieg‘ kaum noch Luft.“

„Du glaubst doch nicht im Ernst, dass das deinen Gegner erweicht.“

„Denn nicht, aber du bist mein Opa.“ Doch auch wenn er sonst so gnädig gewesen war, heute machte er kurzen Prozess. Im Ring war er ein ernster Gegenspieler. Erst nach dem Kampf wieder mein Großvater. Immer wieder schmiss er mich auf die Matte und ich wurde schwächer und schwächer. Nicht einem Schlag konnte ich mehr ausweichen. Sicher wäre das bei einem richtigen Kampf auch so passiert, aber wenn er mich im Training schon k.o. haute, wie sollte ich dann überhaupt noch raus auf die Straße? Fast wäre ich zusammengebrochen, als plötzlich meine Mutter sich in dem Kampf einmischte. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass sie nach unten gekommen war. „Vater, das reicht jetzt! Shin kann nicht mehr, siehst du das nicht?"

„Doch Aki, das sehe ich. Aber es ist meine Sache und du hältst dich da raus!“

„Nein, Vater, diesmal nicht! Shin ist mein Sohn und ich sage, für heute reicht es! Oder willst du ihn ins Koma prügeln?“ Überrascht sah ich meine Mutter an. Ich hatte noch nie gesehen, dass sie sich ihrem Vater wiedersetzte. „Also gut“, gab mein Opa nach: „Ich habe eh noch andere Dinge zu erledigen. Du kannst ihn mit nach oben nehmen.“ Meine Mutter nickte. Dann half sie mir auf und nahm mich mit in mein Zimmer.
 

Mann, mir tat echt alles weh. Langsam setzte sie mich auf meinem Bett ab. „Warte hier, ich bin gleich wieder da.“, sagte sie besorgt. Ich nickte und legte mich hin. Kurz darauf kam sie schon wieder mit einer Schale Wasser und einem Lappen, sowie einer Tube Sportsalbe. „Zieh mal dein T-Shirt aus, dann kümmere ich mich mal um deine Verletzungen.“, bat sie und ich tat wie mir befohlen. Sanft schmierte sie mir die Salbe auf den Bauch und den Rücken und wischte mir mit dem Lappen das Blut aus dem Gesicht. „So, das sollte helfen. Und morgen geht es dir schon viel besser.“, sagte sie. Dann nahm sie mich in den Arm und streichelte mich. Sanft schmiegte ich mich an sie.
 

(Akis Gedanken)

Mein kleiner Shin. Es tut mir so leid, dass ich nie für dich da war. Wie konnte ich nur so egoistisch sein und dich allein zurück lassen, nur weil es mir in der Organisation schlecht ging? Was habe ich dir damit angetan? Ich war nicht dabei wie du deine ersten Schritte gelaufen bist, deine ersten Worte gesagt hast, wie du in die Schule kamst. Ich habe einfach alles verpasst. Wie unverzeihlich von mir! Ich bin so eine schlechte Mutter! Bitte verzeih mir. Langsam drückte ich meinen Sohn noch ein wenig fester an mich und sah ihn an. Er war so ein hübscher Junge, der auch viel von seinem Vater hatte. Immer noch konnte ich mir selbst nicht verzeihen, dass ich ihn damals verlassen hatte. Dazu war ich nicht einmal in der Lage meine Gedanken von gerade ihm offen zu legen. Noch einmal drückte ich ihm einen Kuss auf die Wange, dann stand ich auf. „Ich gehe jetzt nach unten. Ruh dich aus, mein kleiner Schatz, Du hast es dir verdient.“ Shin nickte: „Okay, mache ich Mama.“ Ich lächelte, gab ihm noch einen Kuss auf die Stirn und verließ sein Zimmer. Auf dem Flur kam mir Jaji entgegen. „Jaji!“, rief ich und schaute mich kurz um, dann lief ich lächelnd auf ihn zu. „Was gibt es?“

„Bitte tu mir einen gefallen“, bat ich: „Pass gut auf Shin auf, egal was auch immer passiert. Er ist mir so wichtig."

„Das werde ich.“, antwortete der Leibwächter. Ich nickte: „Danke für alles.“
 

(Gins Sicht)

Als ich von meinem Auftrag zurück kam, begegnete ich als erstes Aki. Vollkommen fertig von den Ereignissen des heutigen Tages, ihren Gedanken und Schuldgefühlen erzählte sie mir was beim Training meines Sohnes abgelaufen war. Wütend machte ich mich sofort auf den Weg ins Büro des Bosses. Auch wenn er hier das Sagen hatte hieß das noch lange nicht, dass er mit meinem Sohn umspringen konnte wie er wollte.
 

Sobald ich das Zimmer betreten hatte, merkte der Alte gleich, dass ich nicht zum Kaffeekränzchen gekommen war. „Gin, was ist los?“, fragte er überrascht. „Es geht um meinen Sohn und darum wie du ihn heute zugerichtet hast. Sag mal, das war ja wohl echt das Letzte!“ Lachend winkte der Boss ab: „Ach das, das war doch nichts. Es kann sein, dass es heute ein bisschen viel für ihn war, aber der Junge muss eben lernen, dass es in einem echten Kampf mit der Leistung für ihn um Leben und Tod gehen kann.“

„Das mag ja sein, aber es geht einfach ganz und gar nicht, dass du mein Kind deshalb so zurichtest. Er ist mein Sohn und ich kann nicht verantworten, dass er wegen deiner Kindereien schwer verletzte wird. Dafür ist er mir viel zu wichtig.“ Langsam kam mein Schwiegervater auf mich zu und baute sich wütend vor mir auf. Ich machte keine Anstalten zurück zu weichen. Vor ihm hatte ich schon lange keine Angst mehr. „Gin, du bist zwar wie ein Sohn für mich, aber auch für dich gelten Regeln, die du zu befolgen hast. Besonders was den Puncto Respekt angeht. Shin mag zwar dein Sohn sein, aber er ist immer noch mein Enkel und ich leite den Schuppen hier. Also habe ich auch das Sagen über ihn. Und wenn ich eben will, dass er bis zum bitteren Ende kämpft, dann hat er das auch zu tun. Du und dein Sohn ihr solltet ernsthaft mal aufpassen wie ihr mit mir umspringt. Ich kann euch auch beiden eine Standpauke halten. Hast du verstanden?“ Ich nickte und schluckte meinen nächsten Kommentar runter. Ich musste mich wahrhaftig beherrschen, um nicht gleich eine Bombe zu entzünden. „Gut und nun geh!“, wurde ich angefaucht. Ich nickte und machte mich auf den Weg in Shins Zimmer.
 

Aki hatte nicht übertrieben. Der Junge sah furchtbar zugerichtet aus. Kurz schaute er von seinem Buch auf und legte es auf den Nachttisch. Um wie sonst auf mich zu rennen, war er zu schwach. Ich sah ihn etwas bemitleidend an, dann setzte ich mich zu ihm aufs Bett und wir schauten uns einen Film an. Als dieser vorbei war und er schon fast eingeschlafen war, gab ich ihm einen Kuss auf die Wange und flüsterte: „Morgen, mein Schatz, habe ich eine Überraschung für dich."

Plan

Heute war es sehr komisch still im Haus. Mein Vater, meine Mutter und auch mein Onkel redeten nicht viel miteinander, generell waren sie sehr in sich gekehrt. Ich merkte, dass etwas nicht stimmte und sprach sie darauf an, doch immer wieder wurde ich abgewimmelt. Was hatte mein Großvater wohl vor? Hatte es etwas mit mir zu tun? Warum machten sie doch ein großes Geheimnis darum? Ich hatte doch ein Recht darauf zu erfahren was los war? Mein Vater meinte, ich würde es heute erfahren, dennoch konnte ich den ganzen Tag kaum noch ruhig bleiben. Ich war einfach viel zu neugierig.
 

Doch war es leider gerade erst Mittag und mein Unterricht mit dem Hauslehrer hatte geendet. Nachdenklich lief ich den Flur zu meinem Zimmer entlang, da kam mir Jaji entgegen. Ich mochte ihn nicht. Dieser Kerl war äußerst komisch und machte mich irgendwie wahnsinnig. „Der Boss will dich sehen.“, sagte er direkt geradeaus. Mehr nicht. „Und was will er?“, fragte ich Augen verdrehen. „Woher soll ich das wissen? Frag ihn doch selber!“

„Kannst du einmal netter mit mir reden? Ich glaube, du vergisst, wen du vor dir hast.“

„Ts.“ Jaji verschränkte die Arme: „Natürlich weiß ich das. Einen Jungen mit einer großen Klappe.“ Wütend ballte ich meine Hand zur Faust: „Das wird dir nochmal leid tun!“, rief ich, doch Jaji lachte nur: „Ach was. Und jetzt komm schon. Der Boss wartet nicht gerne.“ Ohne ihn noch weiter zu beachten, schlich ich mich an dem Aufseher vorbei und lief geradewegs auf das Büro des Bosses zu. Kurz drehte ich mich noch einmal zu dem Leibwächter um, der mich verfolgte. „Boah, kannst du mal endlich aufhören mir immer nachzulaufen? Das nervt echt!“

„Ja, das glaube ich. Aber wer garantiert denn, dass du wirklich auf direktem Wege ins Büro läufst? Ich mache nur meinen Job.“

„Mann, das nervt!“ Jajis dämliches Grinsen ging mir ernsthaft auf den Keks. Am liebsten hätte ich ihm eine rein gehauen, aber ich konnte mich beherrschen. Ich hätte es sicher sowieso nicht mit ihm aufnehmen können. Ich seufzte. Ein Gutes hatte es ja, dass ich hier war. Wer weiß wofür das ganze Kampf- und Schießtraining noch einmal gut war?
 

Ich klopfte an die große Holztür zum Büro und wartete auf ein: „Herein!“ Als es endlich ertönte, machte ich mich auf den Weg nach innen. Jaji ließ ich einfach draußen stehen und knallte die Tür vor seiner Nase zu. „SHIN! GEHT DAS AUCH LEISER?“, rief mein Opa und von mir kam ein genervtes: „Ja, ja.“ Ohne dazu aufgefordert worden zu sein, setzte ich mich aufs Sofa. Mein Opa tat es mir gleich. „Also, Shin. Erst einmal weswegen du hier bist: Ich habe mich gerade eben mit deinem Lehrer unterhalten. Er sagt, du bist wahnsinnig überragend in zwei Fächern. Das finde ich klasse. Allerdings sind die anderen eher mittelmäßig, aber das wird schon. Wichtiger ist, dass du in deinen anderen Aufgabenbereichen gut bist und deshalb habe ich mir in ein paar Tagen etwas mit dir vorgenommen.“

„Bitte was?“ Ich konnte es mir schon denken. „Du wirst dich endlich mal beweisen müssen, Shin. Wie du weißt, wirst du eines Tages mein Nachfolger, aber es gibt da noch etwas, beziehungsweise jemandem, der dem im Wege steht. Du erinnerst dich?“ Ich schüttelte den Kopf. Klar erinnerte ich mich an diesen Typen, der es auf mich abgesehen hatte, aber nein, ich würde deshalb nicht zu ihm rennen und ihn gleich umbringen. „Vergiss es! Ich werde nicht zum Killer! Auf gar keinen Fall!“ Der Boss begann zu grinsen. „Ich hab‘ ein Déjà-vu. Das Gleiche hat dein Vater auch gesagt und jetzt ist er ein Profi. Ich sage dir, du wirst es tun. Egal wie lange es dauert.“

„Nein das werde ich nicht!", rief ich. Der Boss lacht und nahm mein Kinn ihn seine Hand und sah mir fest in die Augen: „Doch das wirst du. Und soll ich dir auch sagen wieso du es tun wirst?" Ich nickte. „Weil du mein Enkel bist, ob du es willst oder nicht. Das Blut von mir fließt auch in dir, mein Kleiner, daran wirst du nichts ändern können. Du wirst eines Tages so sein wie ich, das steht schon fest. Ich sehe es ihn deinen Augen." Ich sagte nichts mehr dazu und mein Opa ließ mein Kinn los. „Nun gut, du kannst gehen." Ich nickte und verließ den Raum. Schnurstraks rannte ich in mein Zimmer.
 

Das erste was ich tat war einen Blick in den Spiegel zu werfen. Ja Opa, du hast recht, dein Blut fließt auch ihn mir. Aber ich werde nicht wie du, egal was passiert und was du ihn meinen Augen sehen willst, es wird nie so sein. Fix und fertig schmiss ich mich auf mein Bett. Nachdem ich zehn Minuten einfach so dagelegen hatte, fing ich an X-Box zu spielen, doch es dauerte nicht lange, da kam mein Vater ins Zimmer. „Shin? Ist alles okay? Ich habe gehört, dass der Boss mit dir geredet hat.“

„Ja das stimmt.“, antwortete ich und ließ einen Seufzer los. „Was wollte er von dir?“ Ich zuckte mit den Schultern und ließ den Blick nicht von meiner X-Box ab. „Nichts Besonderes.“ Mein Vater merkte, dass meine Antwort nicht ehrlich war. „Shin, könntest du bitte mal kurz das Spiel pausieren und mich ansehen, wenn ich mit dir rede? Mir scheint, als bräuchtest du irgendwann mal eine Auszeit und dann konfisziere ich das Ding.“ Ich verdrehte die Augen. Das hatte Shinichi mir auch schon angedroht und tatsächlich mal durchgezogen. Es waren doch alle Erziehungsberechtigten gleich. „Na gut.“, sagte ich: „Er will, dass ich in ein paar Tagen mit ihm zu diesem Typen fahre, der die Organisation einnehmen will, um ihn um die Ecke zu bringen. Aber ich will das nicht! Ich kann das einfach nicht!“ Mein Vater senkte seinen Blick gen Boden: Du bist genau im selben Alter wie ich damals.“

„Ja, das kann sein. Aber ich bin trotzdem kein Killer! Und ich werde auch nie einer sein!“ Mein Vater schüttelte den Kopf: „Nein, das bist nicht und wirst du nicht. Dafür werde ich sorgen. Keine Angst.“ Verwirrt blickte ich ihn an: „Was hast du vor?“

„Gar nichts. Mach dir darüber keine Gedanken.“ Vielleicht hatte er recht, aber ich konnte nicht anders. Die ganze Zeit noch fragte ich mich wie er das bewerkstelligen wollte, dass ich nicht mit dem Boss zu diesem Treffen ginge, aber ich kam auf keine Idee.
 

(Gins Sicht)

Nachdem ich Shins Zimmer verlassen hatte, ging ich sofort zu Aki und Manabu. Meinen Blick behielt ich die ganze Zeit am Boden. Mir war nicht ganz wohl bei dem Gedanken was wir vorhatten. Es tat mir in der Seele weh und wer wusste überhaupt, ob alles glatt gehen würde? „Seid ihr bereit?“, fragte ich die beiden. Aki seufzte und nickte. Sie nahm das Ganze noch schlimmer mit als mich selbst. Aber wir hatten keine andere Wahl. Wir mussten es tun. Für uns und unser Kind. Mein Bruder sah das genau so. „Shin wird uns dafür hassen.“, sagte Aki mit Tränen in den Augen. „Aber das Risiko müssen wir eingehen. Wir müssen es ihm sagen. Heute Abend.“ Aufmunternd streichelte ich meiner Ex-Freundin über den Rücken. Sie tat mir so leid, jedes Mal wenn ich sie weinen sah. „Wer weiß, ob es wirklich das letzte Mal sein wird, dass wir ihn sehen? Eines Tages kann uns das Schicksal wieder zusammenführen. Er ist unser Kind. Das wird doch möglich sein.“ Die anderen beiden nickten, nachdem ich das sagte. Wirklich aufmunternd waren meine Worte nicht. Die schlechte Stimmung hing immer noch in unseren Köpfen. Sie verschwand auch nicht, als wir beim gemeinsamen Abendessen saßen. Traurig sah ich Shin an. Mein kleiner Sohn. Er war so erwachsen geworden. Irgendwann würde aus ihm mal etwas ganz Großes werden. Da war ich mir sicher.
 

(Shins Sicht)

Nachdem wir zu Ende gegessen hatten, lief ich schnell wieder auf mein Zimmer. Am liebsten wollte ich so wenig Zeit wie möglich mit diesen Leuten verbringen, die sonst immer dabei waren. Doch schon nach kurzer Zeit ging die Tür wieder auf und Papa, Mama, Onkel Wodka und Jaji betraten das Zimmer. Überrascht sah ich sie an. „Was macht ihr denn alle hier? Besonders: Was macht er hier?“ Angewidert zeigte ich auf den Leibwächter. Mein Vater legte mir seine Hand auf die Schulter, sah sich um, ob ach niemand zuhörte und rückte sofort mit der Wahrheit raus: „Hör zu, Shin! Wir arbeiten schon lange an diesem Plan. In ein paar Tagen bist du hier raus. Zurück bei Shinichi und Ran.“

„Was?“, fragte ich verwirrt. Klar, das war das worauf ich immer gewartet hatte. Mehr als das habe ich nie gewollt, seitdem ich hier war. Aber wie zum Geier sollte das funktionieren? „Shin, du bist mir das Allerwichtigste auf der ganzen Welt. Schon als der Boss dich wiederhaben wollte, habe ich alles versucht, um das zu verhindern. Dieser Plan ist über Monate erarbeitet worden und dafür arbeite ich sogar mit der Polizei zusammen.“ Papa stoppte, um kurz zu lachen: „Diese Ironie. Ich, ein Killer, arbeite zusammen mit der Polizei.“ Wieder stoppte er, dann redete er weiter: „Ich habe deine Mama und deinen Onkel in die Sache eingeweiht und auch Jaji. Und nun hör zu! Es ist sehr wichtig: In ein paar Tagen wird hier eine Feier stattfinden, bei der alle wichtigen Organisationsmitglieder anwesend sein werden. Auch dieser Osamu. An diesem Abend wird ein Großaufgebot der Polizei hier eintreffen und alle festnehmen. Ich kann dir nicht versprechen, dass das funktioniert, aber wir alle werden unser Bestes geben. Bis dahin verhältst du dich bitte ruhig, so als wäre nichts.“
 

Geschockt nickte ich. Ich konnte das alles noch nicht fassen. War das sein Ernst? Er arbeitete mit der Polizei zusammen? „Aber das bedeutet doch sie werden euch auch bekommen!“ Mein Vater nickte: „Ja, das kann sein. Bisher weiß die Polizei nicht, dass alle meine Tipps wirklich von mir, einem Killer, sind, da ich sie anonym abgegeben habe. Aus dem Grund werde auch ich wohl festgenommen. So auch deine Mama und dein Onkel. Aber das ist es uns allen wert. Sehr viel wert. Wir wollen nur das Beste für dich, dass du frei bist.“ Ich weinte. Mir kam es plötzlich wieder so vor wie damals, als sie ins Ausland gegangen waren. Ich hatte Angst sie wieder zu verlieren, alleine zu sein. Ich liebte meine Familie. Natürlich wollte ich aus der Organisation raus, aber ohne Mama und Papa? Mit Tränen in den Augen fiel ich meinem meinen Vater in die Arme.
 

Eine Zeit lang hielten wir uns einfach nur fest und weinten. Auch Mama und mein Onkel taten es uns gleich. Dann sah ich zu Jaji. „Aber wer ist er? Warum hat er dir geholfen?“ Ohne ein Wort zu sagen, nahm er langsam seine Perücke ab und entfernte die Kontaktlinsen. Auch seine Stimme klang nun ganz anders. „Shinichi?“

„Ja, der bin ich.“

„A- aber wieso? Wieso hast du mir das nichts gesagt?“ Lächelnd sah er mich an: „Als Tarnung, du Dummerchen. Du warst kurz davor mich zu entlarven, als wir im Büro des Bosses waren. Also bin ich strenger zu dir geworden. Ich wollte dich schützen. Hoffentlich bist du jetzt nicht allzu sauer auf mich.“ Ich schüttelte den Kopf. Das konnte ich alles immer noch nicht glauben. Trotzdem, ein wenig sauer war ich schon. „Warum habt ihr mir denn nie etwas gesagt?“

„Wir wollten auf Nummer sicher gehen, solange noch nicht alles geplant war.

„Verstehe.“ Kurz war es still. Dann fiel ich Shinichi in den Arm. „Ich hab' dich so vermisst.“

„Ich dich auch, mein Kleiner. Aber auch Ran und Conan vermissen dich sehr.“ Ich lächelte. Es war schön das zu hören. „Geht es den beiden gut? Wo sind sie?“

„Sie sind mit Eri im Urlaub und ja, es ist alles okay.“, antwortete Shinichi: „Aber sie wissen Bescheid und freuen sich schon auf dich.“

„Ihr habt aber keinen Streit mehr?“, fragte ich leicht geknickt. Das was damals vor sich gegangen war, ging auch mir immer noch nah. „Es ist alles wieder gut. Das war nur ein Beziehungstief.“

„Okay zum Glück und ich freu mich schon bald wieder zu hause zu sein." Shinich nickte und ich sah zu meinen Vater, meinen Onkel und meiner Mutter. „Ich werde euch so vermissen." Mein Vater kam auf mich zu. „Ich dich auch Shin, aber es ist besser so und Shinichi kümmert sich ja gut um dich."

„Ja das Stimmt und danke Papa und Onkel Wodka und Mama. Etwas besseres hättet ihr nie machen können."
 

Mein Vater drückt mich wieder fest an sich. „Wann wird es genau so weit sein?"

„In fünf Tagen also am Samstag." Ich nicke. „Und muss ich etwas besonderes tun."

„Nein es ist nur wichtig das du dich so wie immer benimmst und wenn es so weit ist, komm gleich zu mir.", meinte Shinichi. „Okay das werde ich, gab ich mit einem Nicken zurück. „Keine Sorge es wird ganz einfach sein.", fügte er hinzu. „Wie ihr meint."
 

Dass es aber nicht so einfach würde und ich mich zum ersten mal richtig beweisen musste, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Im Augenblick war ich einfach nur froh Shinichi wieder zu sehen. Und ich war dankbar dafür, das Shinichi den richtigen weg eingeschlagen hat.

Die Feier

Die fünf Tage waren schneller vorbeigegangen als ich gedacht hatte. Endlich war es Samstag, der Tag der alles verändern sollte. Wenn es denn gut ginge. Natürlich freute ich mich darauf endlich wieder zu Ran und Shinichi zu kommen, aber ich machte mir auch ziemliche Sorgen um meine eigenen Eltern und darum, ob auch alles so klappen würde wie wir es uns erhofften. Am liebsten wäre es mir natürlich, wenn meine Eltern wieder fliehen könnten und nicht ins Gefängnis müssten. Denn eines war klar: In Japan stand auf Mord immer noch die Todesstrafe, besonders bei Serienkillern. Und selbst wenn das nicht wäre, würde mein Vater sicher lebenslang im Knast sitzen. Mein Onkel ebenfalls. Nur meine Mutter hätte noch einigermaßen gut wegkommen können. Ich weiß gar nicht wie viele Menschenleben sie auf dem Gewissen hatten. Papa hatte ja schon mit 15 angefangen. Es sind sicher nicht wenige gewesen. Aber alles Kriminelle. Davon ging ich zumindest aus. Wie dem auch sei wollte ich einfach nicht, dass meine Eltern eine solche Strafe bekämen, auch wenn sie sie verdient hätten. Von Anfang an waren sie doch selbst nur die Opfer gewesen, die unter meinem Großvater zu leiden hatten. Ich würde heute alles daran setzen, dass sie endlich ein besseres Leben im Ausland aufbauen konnten, auch wenn es mir noch so schwer fallen würde sie ewig nicht mehr wiederzusehen. Ich liebte meine Familie eben über alles. Außer natürlich meinen Opa. Er war an der ganzen Misere Schuld und daher sollte mir ziemlich egal sein was mit ihm passiert. Ich fragte mich wie es soweit hatte bei ihm kommen können. Er war doch schließlich auch mal ein Kind gewesen, so wie ich.
 

Im Augenblick war es jedoch erst einmal wichtig meine Fassade aufrecht zu halten. Schon seit einer Woche gab ich alles und benahm mich wie sonst auch unauffällig, damit niemand merkte, dass ich etwas wusste, das sie nicht erahnen konnten. Nur noch ein paar Stunden musste ich den Unwissenden spielen. Dann würden endlich alle Gäste kommen und die ganze Organisation, inklusive der Gäste von Osamus Firma, geschnappt werden. Jetzt blieb also nur noch abzuwarten was passieren würde.
 

Ich wollte gerade zur Tür hinaus, als Jaji – besser gesagt Shinichi – in mein Zimmer trat. „Und, Shin? Alles klar?“ Ich nickte ohne mir die Aufregung anmerken zu lassen. „Ja, hoffentlich klappt gleich alles.“

„Das wird es. Mach dir keine Sorgen.“, versuchte mein Ziehvater mich aufzumuntern: „Aber nun komm erst mal mit. Dein Opa will dich sehen.“

„Echt? Weißt du wieso?“, fragte ich überrascht. „Nein, er weiht mich nicht immer in alles ein. Er meinte nur, dass er mit dir etwas zu besprechen hätte.“ Ich zuckte mit den Schultern: „Wenn es unbedingt sein muss.“ Shinichi nickte: „Bleib einfach ruhig und mach alles so wie immer. Er wird nichts bemerkt haben. Lass es ihn also bitte auch nicht merken.“

„Klappt schon. Egal was er sagt, es gefällt ihn eh nie. Da muss ich nicht groß schauspielern.“ Shinichi lächelte: „Ach stimmt ja. Vielleicht sollte ich nicht immer so besorgt um dich sein. Du bist wirklich kein kleines Kind mehr.“ Ich nickte. „Gut, dann ab! Bevor dein Opa noch sauer wird.“

„Alles klar!“ Also ging ich mit Shinichi zu Großvaters Büro.
 

Wir mussten nur einmal anklopfen. Dann wurden wir auch schon reingerufen, zumindest wurde ich reinbestellt. Shinichi blieb wie immer draußen stehen. Sofort lief ich auf den großen Schreibtisch zu, hinter dem sich der Boss in seinem Drehsessel versteckte. „Du hast mich gerufen?“

„Ja, das habe ich.“, sagte er mit fester Stimme. „Und was willst du von mir?“

„Ich will mit dir über heute Abend reden.“ Genervt verdrehte ich die Augen: „Und worüber genau?“ Mein Großvater stand auf und kam langsam auf mich zu gelaufen: „Ich will, dass du dich heute Abend so benimmst, wie ich es erwarte und du alles tust, was man dir sagt. Glaub mir Shin: Solltest du es heute vermasseln, wird dir das noch leid tun. Du bist mein Nachfolger, also verhalt dich auch so. Alle sollen sehen, dass ich dich im Griff habe. Besonders dieser Osamu. Du kennst ihn ja. Er ist ein sehr unangenehmer Kerl.“

„Wenn es sein muss.“, sagte ich wie immer einfach nur monoton. „Es muss sein!“ Ich nickte. „Dann ist ja alles klar. Sonst noch was?“

„Nein, du kannst nach oben gehen und dich fertig machen. Dein Anzug liegt schon bereit und versuch um Himmels Willen deine Haare in den Griff zu bekommen. Kann ja nicht sein, dass die heute Abend auch so abstehen.“ Wieder nickte ich nur: „Gut, ich geh dann mal.“
 

Dann verließ ich das Büro und machte mich auf den Weg in mein Zimmer. Wenn du wüsstest, Opa.
 

Sogleich sprang ich unter die Dusche. Ganze 15 Minuten blieb ich dort, ich brauchte einfach Zeit zum Nachdenken. Dann trocknete ich mich ab, föhnte meine Haare und versuchte sie mit der Bürste glatt zu halten. Es lief aber nicht so wie es mir lieb war. Tja, Pech gehabt! Auf meinem Bett lag natürlich wieder ein schwarzer Anzug. Er passte zumindest, nur mit der blöden Krawatte hatte ich wieder so meine Probleme. Auch Pech. Aber ansonsten sah ich ganz gut aus. Auch meine grünen Augen kamen mal so richtig zur Geltung. Trotzdem fühlte ich mich einfach unwohl in der Aufmachung. Ich seufzte einmal und wollte ich schon auf den Weg nach unten machen, als auf einmal Shinichi in mein Zimmer kam.
 

„Bist du fertig?“, fragte er und musste sofort grinsen, als er merkte, dass ich ganz und gar nicht ausgehbereit aussah. „Mhm Was ist?“, fragte ich und wusste, dass ich mich gleich für etwas schämen musste. „An deiner Krawatte musst du aber noch ganz schön ruckeln.“

„Du weißt doch, dass ich das nicht hinbekomme.“, erklärte ich. Lachend schüttelte Shinichi den Kopf: „Na komm schon her, ich helfe dir.“ Und so versuchte er sich daran meine Krawatte zu binden. Nach ein paar Sekunden war er damit fertig und wir sahen uns gemeinsam im Spiegel an. „Na, so schwer war es doch nicht.“, sagte er. „Für dich.“, antwortete ich. „Du wirst das auch noch lernen.“, versuchte er mich aufzumuntern.
 

Dann verließen wir das Zimmer, um zu meinen Eltern in den Flur zu gehen, von wo aus wir gemeinsam in den Speisesaal gingen. Papa und Onkel Wodka trugen natürlich ebenfalls schwarze Anzüge und Mama ein Kleid in der selben Farbe. Man muss zugeben, sie ist wirklich eine hübsche Frau, dachte ich mir und war zugleich ein wenig stolz darauf, dass sie meine Mutter war. „Du siehst gut aus.“, sagte sie lächelnd zu mir, als ich auf sie zukam. „Danke, du auch.“, gab ich zurück.

Langsam beugte sich Papa zu mir runter. „Noch zwei Stunden bis 22 Uhr. Bist du bereit?“, flüsterte er. Ich nickte nur. Innerlich war ich jedoch total aufgewühlt. „Und Shin“, fügte er hinzu: „Bitte vergiss eines nicht. Egal was passiert. Wir lieben dich über alles, mein Schatz.“ Nachdem er das gesagt hatte, nahm er mich in den Arm. Danach taten es auch Mama und mein Onkel ihm gleich. Ich genoss es. Es könnte das letzte Mal in einer endlos langen zeit sein. Kaum hatten wir uns voneinander gelöst, kam auch schon mein Opa auf uns zu. „Seid ihr fertig? Die ersten Gäste sollten langsam ankommen. Lasst uns in den Saal gehen.“ Wir nickten und folgten ihm.
 

Tatsächlich war der Speisesaal bereits gefüllt mit einigen bekannten Gesichtern. Alle Organisationsmitglieder nickten meinem Opa einmal zu und er erwiderte dies mit der selben Geste. Dann kam auch dieser Osamu hinzu. Ich sah wie die beiden Männer langsam aufeinander zuliefen. „Miko, guten Abend!“, begrüßte der Kerl meinen Großvater mit einem gespielt aufgesetzten Lächeln. Dieser grüßte mit dem selben zurück: „Osamu, schön, dass du heute Abend hier bist.“

„Aber natürlich komme ich immer gerne, wenn du mich einlädst. Zugegeben, dein Anwesen ist wahnsinnig groß, beeindruckend.“

„Ja, das ist es.“
 

Die Beiden unterhielten sich noch eine ganze Weile und leider musste ich während dessen bei ihnen bleiben, da mein Opa es so wollte. Allerdings wäre mir ansonsten auch ganz schön langweilig geworden, schließlich waren auch meine Eltern und alle Anderen mittlerweile in irgendwelche Gespräche vertieft. Dann endlich beugte Osamu sich zu mir herunter, um mich auch mal eines Blickes zu würdigen. „Na, Shin? Guten Abend!“ Er hielt mir die ausgestreckte Hand hin und ich musste sie wohl oder übel annehmen. Auch musste ich ihn notgedrungen freundlich begrüßen. „Guten Tag, der Herr!“ Freut mich Sie zu sehen.“

„Mich freut es auch. Und wie geht es dir, mein Junge?“, fragte er und tat so als wäre er durchaus freundlich. „Ich kann nicht klagen und Ihnen?“ Ich hasste es so nett zu solch einem widerlichen Kerl zu sein, aber was sein musste, musste eben sein. „Ebenfalls. Wie ich höre machst du Fortschritte im Training.“

„Danke, ich find' mich auch nicht schlecht.“

„Von Mikos Enkel habe ich auch nichts anderes erwartet. Du hast dieses Potenzial in deinen Augen. Aber vergiss nicht was ich dir gesagt habe.“

„Wir werden es noch sehen.“, grinste ich. Nun wand sich der Mann an meinen Opa: „Miko, was hältst du davon wenn ich mich selbst mal von dem Können des Jungen überzeuge? Beim Schießtraining im Keller vielleicht?“ Kurz überlegte Großvater, dann willigte er ein: „Alles klar, kommt mit.“ Wütend sah ich ihn an. Er hätte mich ja ruhig auch mal fragen können.
 

Kurz darauf waren wir am Schießstand angekommen. Ich bekam sogleich eine Waffe in die Hand gedrückt und fing an auf mein Ziel zu feuern. Natürlich traf ich direkt ins Schwarze. „Nicht schlecht, Kleiner.“, gab Osamu von sich. Ich zuckte mit den Schultern und machte weiter. Auch nach ein paar Minuten war meine Konzentration immer noch auf hundert Prozent, genauso meine Trefferquote. „Er ist wirklich gut.“, gab der Kerl von außerhalb zu verstehen. „Er ist mein Enkel, was erwartest du.“ sagte mein Opa überlegen: „Auch sein Vater ist einer meiner besten.“

„Ja, das stimmt wohl. Gin ist ein harter Brocken. Aber auch Aki, auch wenn sie es nicht so raus hängen lässt. Das Talent liegt wohl bei euch in der Familie.“

„Das stimmt. Und Gin hätte ich damals nicht bei mir aufgenommen, hätte ich nicht erkannt was für ein Talent in ihm steckt.“

Als nächstes entschieden wir uns dazu wieder nach oben zu gehen. Auf eine Nahkampfprobe wollte Osamu dann doch verzichten. Heimlich steckte ich noch die beiden Waffen ein mit denen ich eben geschossen hatte. Opa wollte es so.
 

Als wir wieder in den Saal kamen, lief mein Vater sofort auf mich zu. „Shin, was habt ihr gemacht?“, fragte er aufgeregt, dennoch flüsternd. „Nur ein Schießtraining, nichts weiter.“, beruhigte ich ihn. „Alles klar. Vergiss nicht, in einer Stunde geht es los. Und du gehst dann sofort zu Shinichi und hältst dich an ihn. Hast du mich verstanden?“, sagte er und sah mich streng an. Es war ihm wirklich wichtig. Ich nickte. Hoffentlich ging alles gut. Dann lösten wir uns. Papa redete wieder mit seinen Kollegen und schnell wurde auch ich angesprochen von Mitgliedern, die wissen wollten wie es mir ging. Hier und da redete ich immer wieder mit ein paar Leuten und behielt dabei immer die Uhr im Blick. Und dann war es soweit. Zehn Uhr: Es ging los.
 

Sofort sah ich zu Shinichi, der mir zunickte. „Ab nach draußen.“, sagte er und wir machten uns daran den Saal zu verlassen, als sich mein Opa uns in den Weg stellte. „Wohin wollt ihr denn so schnell?“

„Shin geht es nicht so gut. Ich begleite ihn an die frische Luft.“, antwortete der „Leibwächter.“

„So so, das sieht mir aber nicht danach aus.“, sagte mein Großvater misstraurig. „Doch, Opa. Mir ist schlecht.“, warf ich ein und versuchte dabei äußerst kränklich zu klingen. „Das glaube ich dir nicht. Du wirst schön hier bleiben!“, fauchte er mich an. „Ab.....“, fing Shinichi an, doch er wurde sogleich unterbrochen. „Wage es ja nicht mir zu widersprechen!“

„A.....“, versuchte Shinichi es erneut, als es einen lauten Knall gab und mehrere Polizisten um uns herum das Gebäude gestürmt hatten. „Was.? Was ist hier los?!“, rief mein Großvater panisch und zückte sofort seine Waffe. Alle anderen im Raum taten es ihm gleich. Sie waren schließlich geübte Killer und immer zu Allem bereit. Shinichi packte mich so schnell es ging am Arm und zog mich aus der Menge raus, damit wir gemeinsam fliehen konnten. In meinem Bauch kribbelte es vor Aufregung. Hoffentlich ging wirklich alles gut.

Die Organisation ist Gefallen

Der ganze Raum war nun gefüllt mit Polizisten, die ihre Waffen schussbereit in den Händen hielten. Doch nicht nur sie visierten unzählige Personen an. Auch die Organisationsmitgliedern hatten die Läufe ihrer Pistolen auf die Beamten gerichtet. Zwischen ihnen konnte ich sogar Takagi erkennen, doch dann hatten Shinichi und ich, untergegangen durch die allgemeine Aufruhe, den Saal verlassen. „Was passiert da? Ich will zurück!“, rief ich panisch. Auch wenn wir das alles schon gefühlte hundert Mal durch besprochen hatten, in diesem Moment packte mich die Neugierde und meine leichte Panik sorgte dafür, dass ich unbedingt wissen wollte was aus meinen Eltern werden sollte. „DU BLEIBST SCHÖN HIER, SHIN!“, fauchte Shinichi mich an. Er konnte nicht glauben, dass ich seinen kompletten Plan bereit war über den Haufen zu werden. Außerdem war er mehr als besorgt um mich. Schließlich war er ja auch mein Ziehvater. „Lass uns nur ein bisschen näher ran gehen. Ich kann nicht einfach von hier weg. Meine ganze Familie ist noch da drin. Wir sind doch weit genug weg von der Schusslinie.“, bettelte ich. Shinichi seufzte: „Nur wenn du ab jetzt auf mich hörst.“

„Ja ja, schon klar.“, sagte ich geistesgegenwärtig. Ich hatte ihm gar nicht richtig zugehört. „Shin! Bitte!“

„Ist gut, war nicht so gemeint.“ Mein Ziehvater schüttelte mit dem Kopf. Dann sahen wir gemeinsam durch das Fenster des Raumes und konzentrierten uns auf meinen Großvater.
 

„Ich wiederhole mich nur sehr ungern. Was haben Sie in meiner Villa zu suchen? Ich habe nichts getan. Hier findet lediglich eine kleine Feier statt.“, sagte der Boss der Organisation an Megure gewandt. „Tun Sie nicht so als wüssten Sie von nichts. Als Anführer eine riesigen Killerorganisation sind Sie ja wohl bereits bekannt.“

„Und wenn schon. Sie können mir gar nichts nachweisen.“

„Oh doch! Vertun Sie sich da nicht. Es gibt genügend Beweise, dass Sie und Ihre Mitarbeiter gemeine Serienmörder sind.“, entgegnete Megure kalt. Großvater begann zu lachen: „Das sollte Sie doch eigentlich gewarnt sein. Sie werden heute allesamt nicht mehr lebend hier heraus kommen. Dennoch interessiert mich wie Sie es überhaupt geschafft haben in die Villa zu kommen. Ihnen muss doch irgendjemand geholfen haben.“

„Wer das war spielt keine Rolle.“
 

In dem Moment bemerkte ich, dass Shinichi sich von mir gelöst hatte und nun selbst die Szenerie betrat. „Ich war das.“

Mit einem kalten grinsen nahm er sich die Perücke vom Kopf und gab sein wahres Ich preis.
 

„Mein Name ist Shinichi Kudo und ich werde nicht zulassen, dass Sie weiterhin ihr böses Spiel treiben.“ Opa begann wieder grässlich zu lachen: „So, du bist das also, der Mann der meinen Enkel bei sich aufgenommen hatte. Und nun willst du ihn also zurück haben? Vergiss es! So einfach ist das nicht. Shin ist mein treuester Enkel. Er wird für immer hier bleiben und du wirst es bereuen mich hintergangen zu haben. Nicht wahr, Shin? Antreten!“ Noch bevor ich einen Schritt gewagt hatte, war mein Vater vorgetreten. „Nein Boss, da täuschst du dich. Shin ist nicht dein treuester Enkel. Genauso wenig wie ich dein treuester Untergebener bin.“

„Gin! Du wagst es mir zu widersprechen?“
 

Als nächstes wagte auch meine Mutter sich einen Schritt nach vorne: „Nicht nur er, Vater. Auch Wodka und ich. Wir hatten von Anfang an geplant, dass Shin wieder bei Shinichi leben durfte. Also haben wir ihn als neuen Leibwächter eingeschleust und wir waren es auch, die immer wieder Informationen an die Polizei weitergegeben haben.“

„Ihr stellt euch gegen mich? Meine eigene Familie?“, sagte der Boss ungläubig. „Wir waren noch nie eine Familie! Du hast uns immer mit Angst erzogen. Wer nicht tat was du von ihm verlangtest wurde dafür bestraft wie ein Sklave. So etwas kann man nicht Familie nennen!“

„Ts und so etwas aus deinem Mund Gin. Schäm dich! Ich habe dich damals von der Straße geholt, dir ein Dach über dem Kopf gegeben, dir alles gekauft was du brauchtest. Sogar Bildung hast du genossen! Mit deinem eigenen Privatlehrer. Und all das hier ist der Dank dafür?“

„Meinen Dank dafür habe ich dir lange genug erwiesen, indem ich Dinge getan habe, die für mich niemals in Frage kamen. Als ich verstanden hatte was der Preis für deine „Gutmütigkeit war, war es zu spät um aus der Sache auszusteigen. Du hast mich nur benutzt. Mich, meinen Bruder und deine eigene Tochter. Das einzig Gute was ich hier je gewonnen habe war es Aki kennenzulernen von der ich einen wunderbaren Sohn habe.“

„So siehst du das also. Aber gut, wenn ihr Drei mir also nicht mehr gehorchen wollt, dann müsst ihr eben dran glauben. Aber glaubt ja nicht, dass ich euren Sohn gehen lasse. Shin gehört mir! Mir allein! Und er wird brav das tun was ich von ihm verlange.“

„Nein, das wird er nicht!“, rief mein Vater wütend: „Shin ist mein Kind und ich kenne ihn besser als jeder andere. Er wird niemals ein Profikiller und das werde ich auch nie zulassen. Die Zeiten sind vorbei, dass du mit ihm machen konntest was du wolltest. Du erpresst uns nicht mehr mit ihm. Wir haben keine Angst mehr vor dir. Gib auf!“ Mein Opa lachte nur: „Meine Güte, Gin, es ist ja wirklich süß wie du dich als guter Vater für deinen Sohn einsetzt, aber schau dich mal um. Alle aus der Organisation stehen hinter mir. Du wirst keine Chance haben.“

„Wir werden sehen!“

„Legen Sie die Waffen weg und geben Sie auf!“
 

Noch immer hatten die Polizisten ihre Waffen auf die Organisationsmitglieder gerichtet. Andersherum war es genauso. Ein kurzer Moment der Stille ließ unsere Herzen höher schlagen. Auf Opas Gesicht lag ein breites Grinsen. Was hatte er vor?
 

Plötzlich wurde es laut. In rasanter Geschwindigkeit, flogen Schüsse, es knallte und alles rannte wild durcheinander. Um sich selbst zu schützen, versuchte ein jeder, sich hinter irgendwelchen Gegenständen zu verstecken. Shinichi packte mich am Arm und wollte mit mir weglaufen, als auf einmal jemand vor uns stand. Schnell zückte auch Shinichi seine Waffe und gab mir die Anweisung zu verschwinden. Erst zögerte ich und brauchte eine zweite Aufforderung, bis ich mich endlich in Bewegung setzte. Ich wusste nicht wohin ich rannte, auf jeden Fall hatte ich den falschen Weg gewählt. Vor mir stand Osamu.
 

Seine fiese Lache erfüllte die Umgebung. Mit dem Lauf seiner Pistole auf mich gerichtet, hatte ich keine Chance mehr wegzurennen. Ängstlich musste ich zusehen, wie er immer weiter auf mich zugelaufen kam und mich schlussendlich in den Schwitzkasten nahm, wobei er mir die Waffe direkt an die Schläfe hielt. Aus reiner Panik kniff ich die Augen zusammen und ließ mich dann von ihm durch die Gegend schleppen. In einem versteckten Bereich unseres Gartens blieben wir stehen. Wir waren nicht alleine. Auch mein Großvater schien sich hier versteckt zu haben.
 

Osamu begann wieder einmal zu lachen. „Na, Miko? Endlich habe ich geschafft was du befürchtet hast. Dein Enkel ist jetzt in meiner Gewalt und dort bleibe er auch, bis du mir endlich gibst wonach ich verlange.“

„Was willst du?“, fragte mein Großvater erschrocken. „Das weißt du ganz genau. Deine Leute und deinen Posten. Wenn ich das habe, wäre alles geklärt.“

„Niemals!“ Osamu blickte mich mitleidig an: „Dann kann ich dir aber nicht garantieren, dass Shin hier jemals wieder lebend rauskommt.“ Ich hatte die Augen mittlerweile wieder geöffnet und blickte meinen Opa an. Dann sah ich es: Das geheime Zeichen. Ich wusste sofort was damit gemeint war, denn so hatten wir es vor einiger Zeit geübt.
 

(Flashback)

„So Shin, du weißt, dass man Osamu nicht trauen kann. Ich weiß nicht, ob es jemals zu solch einer Situation kommen wird, aber sollte er dich jemals als seine Geisel missbrauchen, dann wartest du auf meinen Zeichen. Hält er dich im Schwitzkasten, musst du darauf achten was ich mit meiner Hand mache. Zeigt mein Finger nach oben, wirst du ihm einen tritt in den Schritt verpassen und dich zur Seite wegducken. Hast du verstanden?“ Ich nickte. „Alles klar. Das ist ganz wichtig! Merk es dir mehr als alles andere.“

„Das werde ich.“

(Flashback Ende)
 

Ja, ich hatte es mir mehr gemerkt als alles andere. Zum ersten Mal in meinem Leben tat ich gerne was Opa von mir verlangte. Ich verpasste Osamu einen Tritt, duckte mich zur Seite weg und in dem Moment fiel ein Schuss, der meinen Geiselnehmer zu Boden warf. Erleichtert atmete ich auf, mein Großvater kam sofort auf mich zugelaufen. „Alles okay?“, fragte er. „Ja danke.“

„Schon gut. Du hast doch nicht etwa gedacht, dass ich dich diesem Kerl überlasse.“ Ich schüttelte den Kopf. Gerade als Opa mich an die Hand nehmen und mit mir woanders hin laufen wollte, fiel ein weiterer Schuss und er ging zu Boden. Erschrocken sah ich auf. Osamu stand direkt vor uns, sich die Hand an die blutende Wunde am Bauch halten. „Der war nur für dich, Miko. Das machst du nicht nochmal mit mir! Und der nächste ist für deinen Enkel.“
 

Meine Augen weiteten sich. Mir blieb die Luft weg. „NEEEEIN!“, schrie ich, als Osamu getroffen vor mir zusammenbrach. Ein paar Polizisten hatten uns bemerkt und waren mir zur Hilfe geeilt. Doch wieder war dieser Mistkerl aufgestanden. Nur ergriff er diesmal so schnell es ging die Flucht. „Verdammte Scheiße, hast du ein Glück gehabt, Junge. Aber wir werden uns wiedersehen. Vergiss das nicht! Auch wenn es Jahre dauern wird.“ Ohne, dass ich etwas tun konnte, war Osamu abgehauen. Ein Wunder, dass er sich noch bewegen konnte, womöglich war er Schmerz resistent.
 

Ohne einen weiteren Gedanken an ihn zu verschwenden, kniete ich mich zu meinem Großvater. Er blutete aus der Brust heraus. Die Kugeln schienen knapp unter seinem Herzen eingeschlagen zu sein. „Opa?“, fragte ich. Schwer atmend sah er zu mir auf: „Shin, mein Junge.“

„Halt durch!“ Er schüttelte den Kopf: „Es tut mir leid, ich werde es wohl nicht mehr schaffen.“ Ich schluckte. „Dafür hast du doch jetzt all das was du dir immer gewünscht hast. Die Organisation ist gefallen. Damit muss auch gleichzeitig mein Leben enden. Ich weiß, es war ein Fehler sie zu erschaffen, aber nachdem ich einmal angefangen hatte, konnte ich nicht mehr damit aufhören. Sie brachte mir das Geld das ich immer haben wollte. Reichtum und Macht waren was mich erfüllte, du scheinst da wohl andere Vorstellungen zu haben. Und ich weiß, du kannst damit glücklich werden. Vielleicht habe ich zu sehr an meinen Gedanken festgehalten. Ich wollte das Erbe in guten Händen wissen. Aber eines, habe ich dir aus erzieherischen Maßnahmen immer verschwiegen. Ich liebe dich wirklich, mein Kleiner. Du bist mein Enkel und ja, auch ich habe Gefühle. Deshalb wünsche ich mir, dass deine Träume in Erfüllung gehen. Mach's gut! Ich bin stolz auf dich.“
 

Es war das letzte was ich je von ihm hören sollte. Mein einst gehasster Großvater war gestorben und ich konnte nicht anders als zu weinen, schließlich war er ein teil meiner Familie. „Nein, Opa! Nein, geh nicht.“
 

Ich wurde erst aus meinen Gedanken geholt, als Shinichi mich an den Schultern packte. „Shin, alles okay?“ Ich wischte mir über die Augen: „Ja, es ist vorbei.“

„Ja, das ist es. Alle lebenden Mitglieder sind auf dem Weg zur Polizei. Die Schwerverletzten bringen sie ins Krankenhaus und lassen sie dort ständig überwachen.“ Ich nickte: „Osamu ist weg.“

„Ja, ich weiß. Und wir werden ihn auch nicht so schnell wiederfinden. Aber die Polizei ist schon auf der Suche.“

„Was ist mit Mama und Papa?“, fragte ich ängstlich, denn sie waren mir am Wichtigsten. „Sind auch weg. Sie haben es wohl geschafft. Obwohl auch sie es verdient hätten bestraft zu werden.“ Ein Lächeln huschte über mein Gesicht „Shinichi?“, fragte ich. „Ja?“

„Darf ich kurz weg? Nur so für eine Stunde.“

„Wohin, wenn ich fragen darf?“

„Das kann ich nicht sagen.“ Er nickte, anscheinend hatte er verstanden worum es mir ging und er vertraute mir. Dennoch sah ich ihn überrascht an. Dann lief ich los.
 

„Shin! Wohin?“, rief eine mir bekannte Stimme mir zu. In einem schwarzen Auto saß Shinju, ein ehemaliges Mitglied der Organisation, welches allerdings nie jemanden getötet hatte. Zu mir war er immer nett gewesen, ich hatte ihn sehr gemocht. Er erinnerte mich sehr an Isamu. „Bist du entkommen?“ Er nickte: „Auf dem Weg zum Flughafen.“

„Kann ich mitkommen?“

„Klar!“
 

Zwanzig Minuten später waren wir endlich angekommen. Sofort suchte ich das ganze Gelände ab, bis ich meine Eltern endlich, trotz Verkleidung, gefunden hatte. „Mama, Papa, Onkel!“, rief ich und rannte direkt auf sie zu. „Shin, mein Kleiner!“, rief meine Mutter erstaunt: „Ich dachte, du wärst bei Shinichi.“

„Ja, das war ich auch, aber hat mir erlaubt hier her zu kommen?“

„Er weiß, dass wir hier sind und will uns nicht gefangen nehmen?“, fragte mein Onkel. Ich schüttelte mit dem Kopf: „Nein, ich glaube er mag euch ganz gerne.“ Papa lächelte und beugte sich zu mir runter: „Und bei dir alles okay, Shin?“ Ich nickte: „Ja, aber Opa“

„Ich weiß. Wir haben mitbekommen, dass er umgebracht wurde und Osamu entkommen konnte. Wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht. Erst dachten wir, du wärst mit Shinichi in Sicherheit gewesen, aber dass du dann im Garten saßt, hatte uns äußerst schockiert. Es tat ziemlich weh jetzt zu gehen, ohne uns von dir zu verabschieden.“

„Seid ihr auch gerade erst hier angekommen?“ Sie schienen ja doch noch ziemlich viel mitbekommen zu haben. „Klar.“, antwortete Mama: „Wir mussten doch sicher gehen, dass es dir gut geht.“ Ich lächelte und nahm sie einmal in den Arm. Dann erzählte ich ihr was sich erlebt hatte.
 

„Osamu hat mich als Geisel genommen, damit Opa ihm alles überschreibt. Dann wollte er mich umbringen, aber zum Glück kam die Polizei. Nur ist er entkommen.“ Dass er mir noch gedroht hatte mich wieder aufzusuchen, verschwieg ich lieber.

„Aber jetzt ist Opa tot und das ist alles meine Schuld.“, sagte ich und konnte meine Tränen nicht zurück halten. „Nein, das ist es nicht.“, versuchte mein Onkel mich zu beruhigen: „Sag sowas nie wieder. Osamu ist allein Schuld. Klar?“ Ich nickte. „Wo wollt ihr jetzt eigentlich hin?“

„Wir haben Tickets nach Italien. Vielleicht bleiben wir da, wenn nicht reisen wir weiter.“ Immer noch den Tränen nah, sah ich auf den Boden: „Ich werde euch vermissen.“ Schon fing ich an richtig zu weinen. Noch lange lag ich meinen Eltern in den Armen, bis es an der Zeit war sich zu verabschieden.
 

„Shin, wir lieben dich über alles, vergiss das nicht. Und jetzt wo du alt genug bist, können wir uns auch Briefe schreiben. Hier ist unsere Postfachadresse. Ich werde dir immer antworten, aber unter einem anderen Namen.“, sagte Papa und drückte mir einen Zettel in die Hand. „Ich liebe euch auch.“, sagte ich unter Tränen. „Wir sehen uns wieder.“, munterte Mama mich auf. Dann umarmten mich alle noch einmal ganz fest und liefen zum Flieger. Ich blieb noch solange bis ich sie nicht mehr sehen konnte. Ich liebte meine Eltern. Dass ich sie wieder sehen würde, stand fest. Und wenn es noch Jahre dauern würde.
 

Als ich zurück zum Ausgang trottete war Shinju immer noch da. Er hatte sich entschieden das Land nicht zu verlassen, da er sich nichts zu Schulden kommen lassen hatte. Für die paar Delikte, für die er vielleicht nur drei Jahre bekam, wollte er sich selbst stellen. Ich bat natürlich an ihn zu besuchen, was er dankend annahm. „Und du, Shin? Was hast du jetzt vor?“

„Jetzt fängt mein Leben erst richtig an.“

„Das hast du dir verdient.“, sagte Shinju und wir lächelten uns Beide einfach an, bis wir den Rest der Fahrt gar nichts mehr sagten.
 

Wir fuhren zurück zu Opas Villa, wo Takagi mich entgegen nahm, um mich direkt zu Shinichi zu fahren. Shinju wurde festgenommen. Die Polizei räumte indes den Tatort weiter auf. Eine Ära hatte ihr blutiges Ende genommen.

Zuhause

Ein paar Minuten lang war es still, bis Shinichi da Wort ergriff. „Geht es dir auch wirklich gut, Shin?“ Ich nickte. „Ja, ich bin nur ein wenig müde.“

„Dann solltest du am besten gleich ins Bett gehen.“, sagte mein Ziehvater und streichelte mir durchs Haar. „Aber ich will noch den Anderen Bescheid geben, dass ich wieder da bin!“, protestierte ich. „Ran und Conan werden aber erst morgen wiederkommen und deine Freunde schlafen doch alle. Du hast wirklich auch morgen noch Zeit sie anzurufen.“

„Okay.“, antwortete ich und kurz blieb es still. „Meinst du sie haben mich vermisst?“

„Oh ja. Alle haben sich riesige Sorgen um dich gemacht.“

„Du Shinichi?“

„Ja?“

„Was denkst du von meinem Vater, jetzt nachdem du ihn kennengelernt hast?“ Der Braunhaarige atmete kurz ein und aus, dachte nach, dann setzte er zu antworten an: „Nun ja er ist immer noch ein Verbrecher, das will ich nicht leugnen, aber tief im Inneren ist er ein guter Mensch. Wäre er niemals in die falsche Familie reingeboren worden, wäre er wohl nie auf die schiefe Bahn geraten. Ich muss ehrlich sagen, ich mag ihn sehr gerne in seiner Vaterrolle. Aus ihm kann etwas werden, wenn er jetzt wirklich von vorne anfängt und nie mehr auf die schiefe Bahn gerät. Genau wie deine Mutter und dein Onkel. Sie sind alle gute Menschen.“
 

Ich lächelte zufrieden. Auf diese Antwort hatte ich gehofft. Trotzdem gab es da noch etwas, das mir Sorgen machte. „Dieser Osamu wird hoffentlich nicht sobald zurück kommen.“ Besorgt sah Shinichi mich an: „Das wird er nicht. Er muss sich erst einmal so gut es geht verstecken. Dann müssen wir abwarten.“

„Hoffentlich bin ich schon erwachsen, wenn es soweit ist.“, sprach ich besorgt aus. „Du bist schon fast erwachsen. Und jetzt mach dich deswegen nicht verrückt. Das wird schon: Die Polizei wird ihn sicher finden.“
 

Kurz darauf waren wir endlich an der Villa Kudo angekommen. Wir öffneten das große Tor und traten ein. Lächelnd stand ich in der Eingangshalle. „Willkommen zu Hause.“, sagte Shinichi und legte mir eine Hand auf die Schulter. Es war alles noch so wie an dem Tag an dem ich das Haus verlassen hatte. Mein Zuhause. Nach all der Zeit fühlte es sich immer noch heimisch an. Ich konnte es kaum erwarten in mein Zimmer zu gehen.
 

Schmollend stand ich vor der Tür. Shinichi sah mich an. „Shin? Was ist los? Sag schon was du willst.“ Langsam lief er auf mich zu. „Ich.....“

„Hast du keine Lust alleine zu schlafen nach allem was passiert ist?“ Ich nickte peinlich berührt. Um ehrlich zu sein, wollte ich einfach nur etwas Gesellschaft. Einschlafen würde ich von selbst wohl nicht schnell genug mit allen Gedanken, die ich im Kopf hatte. „Das muss dir nicht peinlich sein, Kleiner.“ Ich nickte wieder „Okay. Aber sag nicht immer Kleiner zu mir.“

„Solange du kleiner bist als ich werde ich aber nicht widerstehen können.“

„Das Gleiche hat Isamu auch mal gesagt.“, erinnerte ich mich. Noch jemand dem ich unbedingt sagen musste, dass ich wieder da war. Gleich morgen würde ich es tun.
 

Später lagen wir dann beide nebeneinander in seinem und Rans Bett. Natürlich war ich immer noch zu aufgeregt, um zu schlafen, sodass ich ein wenig an ihn ran rutschte. Shinichi nahm mich in den Arm und versuchte mich zu beruhigen. „Alles ist gut. Jetzt ist es vorbei.“ Ich nickte. „Danke für alles was du für mich getan hast.“

„Schon gut. Ich bin doch jetzt dein Vater, mein Kleiner. Solange Gin sich nicht um dich kümmern kann, ist es meine Aufgabe dir zu helfen wobei auch immer ich es kann“

„Danke.“ So schloss ich langsam die Augen in den Armen meines neuen Papas und träumte von einem besonderen Tag in meinem Leben.
 

(Traum)

Ich war gerade einmal vier Jahre alt und wieder war einer dieser Tage, an dem ich mit Papa und Onkel Wodka zum Boss musste. Nach einem anstrengenden Training, welches ich damals mehr noch als Spielerei ansah, fragte Opa mich worauf ich zur Belohnung Lust hatte „Kuchen!“, hatte ich geantwortet. „Nun ja..... ich habe leider keinen Kuchen da. Aber ich kann ja den Angestellten sagen, dass sie einen machen sollen.“

„Ich will selbst Kuchen machen! Bitte, bitte, bitte!“, hatte ich daraufhin geantwortet und Opas Reaktion darauf hatte mich schon damals überrascht. „Also gut. Dann lass uns mal in die Küche gehen. Ich muss ehrlich sagen, deine Idee ist wirklich nicht schlecht. Ich habe schon seit meiner Kindheit keinen Kuchen mehr gebacken.“

„Juhu!“, rief ich. „Aber das wird nicht zur Gewohnheit! Ich habe heute auch nur einen guten Tag.“ Es war wohl das einzige Mal in meinem Leben, dass mein Großvater einen ganzen Tag lang wirklich nur nett zu mir war.

(Traum ende)
 

Mit einem Lächeln im Gesicht wachte ich auf. Draußen war es immer noch stockduster und neben mir schlief Shinichi tief und fest. Ja, ab jetzt würde ein neues Leben für mich beginnen. Endlich.
 

(Gins Sicht)

Schon seit einer Weile saßen wir im Flugzeug und es würde noch eine gefühlte Ewigkeit dauern, bis wir in Italien ankämen. Ich fragte mich die ganze Zeit schon was Shin so machte. Sicher würde er jetzt schlafen. Es war schließlich Nacht in Japan. Aber könnte er denn überhaupt gut schlafen nach Allem was heute passiert ist? Gleichzeitig hätte ich mich selbst ohrfeigen können. Warum tat ich das schon wieder? Wieder ließ ich ihn allein, meinen Sohn. War das der Preis dafür zu versuchen nach allem was passiert war doch noch ein guter Vater zu sein? Wie dem auch sei: Ich wusste, ich würde ihn wiedersehen. Da war ich mir ganz sicher.
 

(Shins Sicht)

Als ich am Morgen aufwachte war es schon weit nach 11 Uhr. Den Schlaf hatte ich aber auch nötig gehabt. Shinichi hingegen schien schon wach zu sein, denn er war nicht mehr im Zimmer. Auf einmal ging die Tür auf. Ich dachte zu erst, dass er noch einmal nach mir sehen, oder mich wecken wollte, aber es war Ran, die auf mich zu gestürmt kam. Sofort nahm sie mich in den Arm und drückte mich an sich.
 

„Shin, endlich bist du wieder da! Ich bin ja so froh, dass es dir gut geht.“ Ich musste lächeln. Ja, das war ich auch. Nur konnte ich es ihr nicht sagen, da sie kurz davor war mich zu erdrücken. „Vorsichtig, du erdrückst ihn ja.“, lachte Shinichi, der mit Conan auf dem Arm im Türrahmen stand. Sofort ließ Ran wieder von mir ab. Nun konnte ich die Tränen in ihren Augen sehen. „Dir geht es doch gut, oder?“, fragte sie besorgt. „Ja, alles okay.“, lächelte ich, als Conan auf mich zugelaufen kam. Sin wieder da?“ Fröhlich nahm ich ihn auf den Schoß. „Ja, jetzt bin ich wieder da.“

„Und du dehst nie wieder weg?“

„Nein, jetzt gehe ich nie mehr weg.“ Conan kuschelte sich ganz fest an mich und ich gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Wie sehr hatte ich meinen Kleinen vermisst.
 

Später dann musste ich Ran alles erzählen was ich erlebt hatte, bis sie mir dann sagte, dass alle meine freunde in einer Stunde da sein würden. „Das sagst du mir erst jetzt?“, fragte ich aufgeregt und sprang so schnell es ging unter die Dusche, um mich fertig zu machen. Lächelnd hatte Ran mir noch nach gesehen, ehe sie sich wieder um Conan kümmerte.
 

Eine Stunde später klingelten dann auch die Anderen bei uns an der Tür. Ayumi, Genta, Mitsuhiko, Rans Eltern, Shinichis Eltern, Herr Kiyoshita und auch Isamu. Sie alle hatten mich sehr vermisst, vielleicht noch mehr als ich sie. So musste ich auch ihnen alles erzählen was ich erlebt hatte. Geschockt sahen sie mich an. Ich war um meine verkorkste Kindheit nicht zu beneiden.
 

„Es tut uns so leid.“, sagten meine Freunde. „Schon gut.“, winkte ich ab. Langsam hatte ich ein dickes Fell entwickelt. Dabei war ich gar nicht mal lange in der Organisation gewesen. Ayumi hatte ihr Kind noch nicht bekommen, es würde aber bald soweit sein. Herr Kiyoshita und Isamu waren auch immer noch zusammen, was mich sehr für sie freute. Generell redeten wir noch bis zum Abend. Dann verließen alle unser Haus wieder. Shinichis Eltern konnten leider auch nicht länger bleiben, da sie dringend zurück nach LA mussten. Ich war ein wenig traurig sie alle ziehen zu lassen, nachdem ich sie doch endlich wiedergesehen hatte, aber dazu hatte ich ja noch öfters die Gelegenheit.
 

So kehrte langsam der Alltag wieder ein. Ich würde schon ab Montag wieder in die Schule gehen, müsste aber in einigen Wochen vor Gericht gegen die Organisation aussagen. Alle Mitglieder, die gefasst werden konnten, erhielten die in Japan übliche Todesstrafe, bis auf Shinju, dem glücklicherweise nur vier Jahre bevorstanden. Mein Versprechen ihn zu besuchen stand jedoch noch und zum Glück hatten Ran und Shinichi dagegen nichts einzuwenden.
 

Mein Leben nahm endlich eine normale Laufbahn an, die erst einige Jahre später, mit dem Auftauchen Osamus unterbrochen werden sollte. Aber das ist eine andere Geschichte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Und einen großen Danke an meine Beta.^^ Komplett anzeigen
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Und auch hier einen ganz, ganz großen Dank an meine Beta.^^ Komplett anzeigen
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Und einen großen dank an meine Beta. Sie ist einfach nur super. Und ohne sie wer die Story zum Teil auch nicht so gut.^^
Also ein ganz großen Dank.^^ Komplett anzeigen
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Und auch hier wieder einen ganz großen Dank an meine Beta.^^ Komplett anzeigen
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Armer Shin. Jetzt muss er auch noch zu seinem Opa ziehen. Wie ihn es da wohl gehen wird. Und ob Shinichi schafft Shin wieder zu bekommen?

Und auch hier einen ganz ganz großen Dank an meine Beta.^^ Komplett anzeigen
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Und einen ganz, ganz großen Dank an meine Beta.^^

Der Arme Shin ob er es wieder schaffen wird aus seinen eignen kleinen Welt zu kommen? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Und auch hier einen ganz großen Danke an meine Beta.^^ Komplett anzeigen
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Und auch hier einen ganz, ganz großen dank an meine Beta. ^^ Komplett anzeigen
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Und einen großen dank an meine Beta. ;)
Sie ist einfach nur super. ;) Komplett anzeigen
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Und einen großen dank an meine Beta.^^ Komplett anzeigen
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Und danke an meine Beta.^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ohoh Shin ist also wieder beim Boss. Mal sehen was dort so passiert.^^

Und auch hier einen großen Danke an meine Beta. Du bist super toll.^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja Shin kann echt schon stur sein aber das wer ich auch, mal sehen ob er es auch Aushält und was noch alles passiert.^^

Auch hier einen großen dank an meine Beta die mir immer eine große Hilfe ist.^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Und auch hier einen ganz, ganz großen Danke an meine Beta. Sie ist einfach super.^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Oh man Daiki ist wieder da. Der Arme Shin hat auch nur Pech. Mal sehen was er vorhat. Und ob er es auch schaffen wird.

Und auch hier einen ganz, ganz großen Danke an meine Beta sie ist einfach nur super toll.^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Und einen ganz, ganz großen danke an meine Beta.^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Und einen ganz, ganz großen dank an meine Beta.^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Und einen großen dank an meine Beta. ^^

Was Gin wohl damit meint das alles gut wird. Mir werden sehen. ;) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Wer Jaji wohl ist? Bald werden mir es wissen. ;)
Und einen großen danke an meine Beta. ^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Mal ein schöner Tag für die Beiden oder? Was denkt ihr? Und wer ist wohl Jaji? Mal sehen noch sage ich es nicht. ;) Aber bald weiß man es. ;)

Und auch hier einen ganz großen Danke an meinen Bata für die Super Hilfe. ^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Was Gin wohl für eine Überraschung für Shin hat? Was meint ihr? Im nächsten Kapitel wissen mir es.

Und einen großen dank an meine Beta sie ist echt Toll und nun schon seit zwei Jahren meine Beta einen großen dank an sie. ^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Nun wissen mir also wer Jaji ist. ;)
Aber war ja auch klar.
Mal sehen was Shin damit meint das es nicht so einfach werden wird. ;)
Und einen großen dank an meine Beta.^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So nun ist es soweit. Was meint ihn was jetzt passieren wird?
Wird der Boss festgenommen? Und was passiert mit Gin, Wodka und Aki? Werden sie auch festgenommen? Und was ist mit Shin und Shinichi? Die beiden haben es ja nicht raus geschafft. ;)

Ihr dürft gespannt sein. ;)

Und einen ganz großen dank an meine Beta. ^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Nun ist die Organisation also gefallen. Nur Osmau ist weg. Ob er später wohl wieder auftauchen wird?

Was wollte ihr soll ich nach dieser FFs noch eine Drin schreiben in der Shin schon älter ist?

Ich habe bei diesen Kapitel ganz schön lange überlegt was ich mit Gin, Wodka und Aki machen soll. Aber ich konnte die Drei einfach nicht festnehmen lassen. ;)

Jetzt kommt auch noch ein Kapitel in den Shin alle anderen wieder sehen wird. ;)

Und einen großen dank an meine Beta.^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So das war es mit teil zwei. Ich hoffe es hat euch gefallen? ;)
Nun Osamus wird also wieder auftauchen und gutes hat er nicht vor.
Im Teil drei erfahren mir mehr. Ich hoffe ihr seit auch noch dabei. ;)

Und auch hier nochmal einen großen dank an meine Beta.^^
Ich kann es nicht oft genug sagen. ;) Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (53)
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Von:  Amy-Lee
2014-10-21T19:44:03+00:00 21.10.2014 21:44
Hi.
Das war es dann also, der 2. Teil der Story - Der Sohn von Gin - ist vorbei und
bald beginnt der dritte, na dann, ich freu mich schon drauf.
Es ist gut das die Gefassten Organisationsmitglieder verurteilt werden,
aber muss es unbedingt die Totesstrafe sein?
Gut, das was sie Getan haben ist schlimm immerhin haben sie auch getötet,
aber wenn man sie jetzt zum Toteverurteilt, sind die die es fordern keinen deut besser.
Sind Chantie oder wie die heißt auch gefasst wurden?

Mal, sehen was alles im dritten passiert, Osamu wird da aber für Ärger sorgen das ist klar.
Bis demnächst.
Antwort von:  Arya-Gendry
21.10.2014 22:08
Hi^^
Und danke für dein Kommentar. ;)
Auch bei dir freut es mich das du beim Teil drei dabei sein wirst. ;)
Mhm ja das mit der Strafe ist auf einer Seit schon Hart. Aber in Japan ist es noch so. Auch Chantie ist geschnappt wurden. Aber mal sehen was ich mit ihr machen, es kann sein das ich sie im nächsten Teil noch mal auftauchen lassen.
Lg.
Antwort von:  Amy-Lee
21.10.2014 22:15
Ich bin gespannt, was du dir alles hast einfallen lassen für den dritten Teil.
Von:  Kirisuma
2014-10-21T17:54:46+00:00 21.10.2014 19:54
Also mir pesönlich hat der Teil 2 von "Der Sohn von Gin" wahrlich gut gefallen.
Ein großes Lob von mirund ich hoffe du findest bald einen neuen Beta.
*Den dritten Teil lesen will*
Auf mich kannst du zählen meine Liebe!

Hochachtungsvoll
dein
Robby
Antwort von:  Arya-Gendry
21.10.2014 21:33
Hi^^
Und danke für dein Kommentare. ;)
Freut mich das es dir Gefallen hat. Und du auch Teil drei Lesen wirst. ;)
Und danke für die ganzen Kommentare. ;)
Lg.
Von:  Amy-Lee
2014-10-09T21:32:15+00:00 09.10.2014 23:32
Hi.
So jetzt ist die Organisation Geschichte, aber Osamu immer noch auf freiem Fuss und
das gefällt mir nicht, denn Er wird bestimmt die Organisation nach seinem Vorstellungen aufbauen und
all die, die es geschaft haben werden bestimmt zu ihm gehen.
Ich hoffe das sie ihn schnell finden.
Bye
Antwort von:  Arya-Gendry
10.10.2014 16:18
Hi^^
Und danke für dein Kommentar. ;)

Ja das Osamu jetzt weg ist sehr schlecht. Mal sehen was er sofort hat, und was er tune wird. ;)
Lg.
Von:  Kirisuma
2014-10-08T19:32:07+00:00 08.10.2014 21:32
Wieder ein tolles Kapitel, lob von mir!
Antwort von:  Arya-Gendry
08.10.2014 21:33
Hi^^
Und danke für dein Kommentar. ;)

Jetzt kommt zwar nur noch ein Kapitel. Aber ich denke ich werde noch einem Teil machen. ;)
Lg.
Von:  Amy-Lee
2014-10-04T19:01:35+00:00 04.10.2014 21:01
Hi.
So, jetzt ist die Polizei da, das ist gut und ich hoffe das die Eltern von Shin heil daraus kommen.
Mit einer Gefängnisstrafe werden sie aber rechnen müssen, vor allem Gin und Wodka,
weil sie aber der Polizei geholfen haben werden sie nicht so schlimm ausfallen.
Was dem Alten betrifft oder all die anderen die treu hinter dem Boss stehen,
nun die sind mir egal, solange es nicht die falschen trifft also Aki, Gin und Wodka.

Bis zum nächsten Kapitel.
Bye
Antwort von:  Arya-Gendry
04.10.2014 21:04
Hi^^
Und danke für dein Kommentar. ;)

Mhm mal sehen was so passiert. ;) Das Nächste Kapitel ist auch schon bei meiner Beta. ;)
Lg.
Antwort von:  Amy-Lee
04.10.2014 21:06
Super ich frreu mich schon drauf XD
Von:  Kirisuma
2014-10-03T18:13:06+00:00 03.10.2014 20:13
Shinichi wird sich zu erkennen geben, Gin wird auf eine Milde strafe hoffen, da er der Polizei bei allem geholfen hat und auch Wodka und Aki werden wohl mehr oder weniger ungeschoren aus der ganzen Sache kommen, es würde mich nicht wundern wenn der Boss wieder entkommt aber ich denke da wird ihm Osamu irgendwie in die Quere kommen da er es sich nicht entgehen lassen würde seinen Rivylen los zu werden. Dies sind alles nur Hypothesen und Verumtungen.
Jedenfalls war es ein gutes Kapitel und es hat wie üblich spaß gemacht dies zu lesen.

Hochachtungsvoll
dein
Robby
Antwort von:  Arya-Gendry
03.10.2014 20:16
Hi^^
Und danke für dein Kommentar. ;)

Ich will wieder mal nicht so viel verranden. Nur ganz so wird es nicht sein, mehr wird nicht verranden. ;)
Lg.
Antwort von:  Kirisuma
03.10.2014 20:20
Es heißt verraten, und wir schn gesagt waren das alles nur Theorien, Vermutungen und Hypothesen. Ich bin niemand der etwas zu wissen glaubt nur weil ch ein paar Hypothesen aufgestellt habe! Verzwih das ich dich korrigiert habe, aber ich kann es einfach nicht leiden wenn statt verraten verranden da steht. Ich meine das klingt so unterschiedlich un falsch wenn man es ausspricht. Wenn meine Deutschlehrerin tot währe würde sie sich vermutlich im Grabe umdrehen!
Antwort von:  Arya-Gendry
03.10.2014 20:33
;)
Von:  Amy-Lee
2014-09-11T20:36:29+00:00 11.09.2014 22:36
Hi, war toll.
Jetzt ist es raus, es ist Shinichi und der Plan hört sich auch gut an,
nur muss Er nicht unbedingt so klappen, wie es sich unsere Freunde gedacht haben.

Gut das es Shin wieder besser geht, nachdem was im letzten Kapitel passiert ist,
auch hat sich der Alte nicht dafür entschuldigt, aber was soll´s.
Denn das wird ihm auch nicht vor dem Knast bewahren, Er wird es noch bereuen,
ich hoffe Er kommt für eine SEHR lange Zeit ins Gefängnis und
Wodka, Ari und Gin wird nicht´s passieren.

Bis zum nächsten Kapitel
Bye
Antwort von:  Arya-Gendry
12.09.2014 20:43
Hi^^
Und danke für dein Kommentar. ;)
Ich will mal nicht so viel verranden, außer das es alles nicht so einfach wird. Was genau passiert sage ich noch nicht. ;)
Lg
Antwort von:  Amy-Lee
12.09.2014 21:51
Hi.
Na, da bin ich ja mal gespannt, was passieren wird.
Bye
Von:  Kirisuma
2014-09-11T18:02:47+00:00 11.09.2014 20:02
Ich wusste es, haha! Ein wunderbares Kapitel, hat richtig spaß gemacht zu lesen, nichts im vergleich zu den Werken von Sir Arthur Conan Doyle aber dennoch einfach wunderbar.
Ganz ehrlich, schreib doch auch mal einen guten Kriminalroman, das zeug dazu hättest du!

Hochachtungsvoll
dein
Robby
Antwort von:  Arya-Gendry
11.09.2014 20:07
Huhu^^
Und danke für dein Kommentar. ;)
Klar war es Shinichi wer hätte es auch sonst sein sollen. ;)

Ob ich mal sowas schreibe mal sehen, wenn ich etwas mehr Zeit habe dann bestimmt. ;)
Lg
Von:  Kirisuma
2014-08-18T19:01:20+00:00 18.08.2014 21:01
Oh man! Ich hab mal ne ganz blöde Frage, hat er seine Tochter auch so behandekt bevor Gin zur Organisation kam?
Maja jedenfalls kann ich Amy-Lee nur zustimmen und hoffe ebenso das man ihn auchmal zusammenschlägt.
Nungut wenn er weiter so mit seinen Leuten umspringt würde es mich nichtmal wundern wenn das wirklich mal passiert.
Wie auch schon beim ersten Teil von 'Der Sohn von Gin' muss ich sagen das ich Chianti, benso wie Shin es tut, absolut nicht leiden kann.
Fakt ist das weder Hideaki, Aki oder Manabu das noch lange mit machen.
Auch glaube ich das Jaji etwas mit der Überraschung zu tun hat. Mein letzter Satz ist jedoch reine spekulation gewesen.

Hochachtungsvoll
dein
Robby
Antwort von:  Arya-Gendry
18.08.2014 21:05
Hi^^
Und danke für dein Kommentar. ;)
Ja der Boss geht zu weit. Aber Gin wird sich das nicht mehr lange gefallen lassen.

Nein der Boss war nicht so zu seiner Tochter aber dafür hat er sich nie richtigbum sie gekümmert da er ja auch immer einen Jungen habe wollt. Und keine Tochter.

Du liegst nicht falsch damit. ;)
Aber mehr wird noch nicht verraten. ;)
Lg
Antwort von:  Kirisuma
18.08.2014 21:14
Na das ist auch gut so!
Freut mich das ich mit meiner Vermutung richtig lag.
Auch finde ich gut das du nicht noch mehr verrätst denn dann bräuchte ich auch nicht weiter lesen xD!
Von:  Amy-Lee
2014-08-17T01:36:48+00:00 17.08.2014 03:36
Hi.

Zuerst ein mal Hoffe ich das der Alte irgendwann auch mal zugerichtet wird,
wie Er das heute mit Shin getan hat.
Warum trauen sich Gin und Aki nicht endlich?
Das ist doch nicht normal das sie vor dem Alten so kuschen,
ich finde das mega feige von denen Gin ist doch Stark oder nich und
könnte es auch mit dem Alten aufnehmen.
Ich hoffe das es der Alte bereut so mit Shin umgegangen zu sein,
genauso wie diese Nebelkrähe die auf den Namen Chianti hört.

Bis zum nächsten mal.
Bye
Antwort von:  Arya-Gendry
17.08.2014 16:53
Hi^^
Und danke für dein Kommentar. ;)

Ja der Boss ist echt zu weit gegen. Aber bald ist es so weit und Gin wird was tune. ;)
Erst mal sehen was Gin für eine Überraschung für Shin hat. ;)
Lg
Antwort von:  Amy-Lee
17.08.2014 19:22
Okey ich freu mich drauf, vor allem das Shin bald weg von diesem Alten Tyrann ist.
Ich hoffe das es nicht mehr zu lange dauert, Shin muss weg da und
das am besten so schnell wie möglich.
Antwort von:  Arya-Gendry
17.08.2014 20:27
Das wird er. Aber mehr sage ich noch nicht. ;)
Antwort von:  Amy-Lee
17.08.2014 20:30
Super


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