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Schneegestöber

[Creek]
von

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Warteschleife [Craig]

Craig fühlte sich so, als wäre er gestrandet. Als wäre sein Flugzeug zu den idyllischen Badeinseln kurz vor dem Zielort in Somalia abgestürzt. Kyle, Cartman und sogar Clyde waren schonmal dort gewesen, er kannte es aus ihren Erzählungen. Muss ein furchtbares Drecksloch gewesen sein. Clyde hatte wochenlang danach angefangen zu heulen, wenn jemand das Wort 'Somalia', oder noch schlimmer; 'Piraten', erwähnt hatte. War eine schwierige Zeit für ihn gewesen, zumal „Fluch der Karibik“ damals furchtbar in Mode gewesen war.

Tjah, und mal abgesehen davon, dass Craig wahrscheinlich nicht viel Gefallen an kitschigen Badeparadiesen finden würde, er fühlte sich, wie in einem heruntergekommenen Staat Afrikas ausgesetzt – also ziemlich beschissen. Da wäre ihm das Badeparadies dann doch lieber gewesen. Um es noch besser zu machen, war er in dieser Situation mit Tweeks Gegenwart 'gesegnet'.

Das war natürlich sarkastisch gemeint.

In einigen Metern Entfernung hatte Tweek damit begonnen, im Raum auf und ab zu gehen und dabei leise vor sich hin zu murmeln.

Craig massierte sich gerade unbemerkt die Schläfen. So.... anstrengend.....
 

Mister Garrison war nun schon 40 Minuten lang weg. Und nicht bloß 30, wie er anfangs gesagt hatte. Klar, das war alles andere als geil, es bedeutete schließlich, dass sie länger als erwartet hier festsaßen, und leider war dieser verquerte Lehrer der einzige, der die Tür aufschließen und sie in ihr wohlverdientes Wochenende entlassen konnte, aber konnte Tweek damit nicht besser umgehen?

Seine Nervosität war auf Dauer ansteckend, und darauf hatte der lässige Schwarzhaarige ganz und gar keine Lust. Er würde, um die Geschehnisse des heutigen Tages angemessen kompensieren zu können, mindestens 10 Stunden Call of Duty spielen, nahm er sich vor und seufzte leise. Wobei ein gezielter Schlag in die Magengrube seines Lehrers auch Wunder bewirken würde.
 

In den besagten 30 Minuten war Craig ausnahmsweise über seinen Schatten gesprungen und hatte Tweek immerhin ansatzweise beim Putzen geholfen. Er hatte Staub gewischt und Tweek alles andere überlassen – jedenfalls so lange, bis er ihn panisch über „Bakterien, Krankheitserreger und Reinigungsmittelallergien“ hatte fantasieren hören.

Um Tweek vorm Ausrasten und sich selber vor unnötigem Stress zu bewahren, hatte er im Anschluss seinen Stolz hinuntergeschluckt, dem verpeilten Blonden seine Hilfe angeboten und das Waschbecken sauber gemacht. Sporadisch. Und es war trotzdem ziemlich ekelhaft gewesen. Sein Drang, Mister Garrison als Abreibung eine zu verpassen, stieg immer weiter an.

Gab es denn keine Putzfrauen an dieser Schule? Wieso hatte er sie dazu verdammt, diesen Dreck hier zu beseitigen? Und wieso hatte er sie dazu gleich einsperren müssen? Klar, Craig hätte keine 5 Minuten bis zu seinem nächsten Fluchtversuch gewartet, nachdem Garrison davongerauscht war, aber trotzdem... das war sicher illegal und strafbar, was der alte Sack da getan hatte.
 

Nach nur 15 Minuten waren sie bereits mit allem fertig gewesen. Und wie Craig es sich schon hatte denken können, dieser abgewrackte Klassenraum sah trotzdem keinen Deut besser aus als vorher. Da müsste schon ein wenig mehr getan werden, als den Boden zu wischen.

Der ehemals wahrscheinlich dunkelbraune Holzbelag mit über Generationen festgetrampelten Kaugummis war nach wie vor verkratzt und kaputt. Die dunkelgrünen, ausgeblichenen Vorhänge hingen mehr schlecht als recht vor den Fenstern, waren mottenzerfressen und schimmelten an manchen Stellen vor sich hin, die Wände waren seit Jahren nicht mehr gestrichen worden und stattdessen nun mit vielen verschiedenfarbigen Dreckstreifen verziert, überwiegend allerdings braun, viele der Lampen flackerten, an der Decke klebten Papierkügelchen; insgesamt war die Atmosphäre schlichtweg zum Kotzen. Und dann wunderten sich die Erwachsenen, dass es mit Amerikas Jugend den Bach runter ging.

Die Schlampe vom Ministerium in ihren roten Stöckelschuhen würde nächsten Dienstag wahrscheinlich nur naserümpfend die Schließung der Schule beantragen. Zu retten gab es hier jedenfalls nichts mehr, Craigs Meinung nach.

Hoffentlich schlossen sie die Schule wirklich und er würde nie wieder hingehen müssen. Zwar stand sein Abschluss kurz bevor, aber auf die letzten paar Monate würde er trotzdem liebend gerne verzichten.
 

Aber nochmal zurück zum Zeitplan. Also, nach ca. 15 Minuten waren sie fertig gewesen. Tweek hatte mehrmals versucht, ziemlich verschüchtert ein Gespräch anzufangen, aber die andere Person im Raum hatte das bewusst ignoriert. Er wollte sich nicht unterhalten. Smalltalk war nicht sein Ding. Schon gar nicht mit Tweek.

Craig hatte sich auf die Fensterbank zurückgezogen, die so langsam zu seinem Lieblingsplatz wurde, während Tweek sich brav an seinen Platz gesetzt und Unmengen an Kaffee getrunken hatte. War interessant, ihm dabei zuzusehen, denn durch das schwarz-braune Zeug verschwand wie durch ein Wunder langsam ein Teil der Anspannung aus seiner Haltung.
 

Craig hatte wirklich schon lange nichts mehr mit Tweek zu tun gehabt. In der Grundschule waren sie sowas wie Freunde gewesen. Sie hatten ein paar Nachmittage zusammen verbracht, meistens noch in Begleitung von Token und Clyde, waren an Tweeks Geburtstag im Casa Bonita gewesen, sie hatten in der Kantine gemeinsam an einem Tisch gesessen, Tweek hatte die Hausaufgaben doppelt gemacht und Craig somit unterstützt, da er die umformulierte Kopie hatte haben dürfen, bis es eines Tages aufgeflogen war, und manchmal waren sie einfach zu zweit spazieren gegangen und hatten sich irgendwo in den Schnee geworfen, um auf dem Rücken liegend Wolkenraten zu spielen. Craig konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, wie lange diese Phase angedauert hatte. Wie lange waren sie befreundet gewesen? Ein paar Monate vielleicht? Oder sogar ein ganzes Jahr? Länger?

Irgendwann hatte Craig jedenfalls keine Lust mehr auf Tweek gehabt. Er hatte sich generell in sich selbst zurückgezogen und für einen ständig schreienden, zuckenden Neunjährigen mit einem Kaffeesuchtproblem war da einfach kein Platz mehr gewesen. Er hatte kontinuierlich das Maß an gemeinsamer Zeit reduziert und irgendwann waren sie sich dann wirklich fremd geworden, quasi ganz von alleine.
 

Craig hatte sich zu dieser Zeit ernsthafte Gedanken darüber machen müssen, wie scheiße die Welt doch war, wie unfassbar langweilig und ungerecht. Und darüber, dass plötzlich immer mehr Mädchen Liebesbriefe in seinen Spind steckten und ihm hinterher sahen. Das war eine komplizierte Mischung gewesen.

Eine Weile lang hatte der Schwarzhaarige es genossen, so beliebt zu sein, scheinbar war er ausgesprochen hübsch und begehrenswert, und er durfte sogar mit den „richtig coolen Kids“, also mit Kyle, Stan, Cartman und Kenny abhängen. Allerdings hatte der Moment, da es ihm mit diesen Idioten zu bunt wurde nicht lange auf sich warten lassen. Er entschied sich gegen den Ruhm und Rummel, und kehrte zu seinen pechschwarzen Gedanken zurück, bis er endlich alle damit vergrault hatte.

Clyde und Token waren allerdings wie durch ein Wunder nach wie vor seine Freunde. Die hatten sich nicht so leicht abschütteln lassen wie Tweek. In einigen seltenen Momenten war Craig dafür sogar dankbar. Selbst ein Einzelgänger wie er hatte es hin und wieder lieber, in einer Gruppe von Leuten zu stehen, sich in gewisser Weise beschützt zu fühlen, und nicht ganz alleine in irgendeiner Ecke zu hocken, von allen beobachtet und missbilligt. So wie Tweek zum Beispiel.

Gut, dass Craig keine sentimentale Pussy war, ansonsten hätte Tweek ihm wohl Leid getan. Aber er war auch einfach zu kompliziert.

Sicher, Craig hätte jederzeit ohne große Probleme wieder Kontakt zu dem Freak aufnehmen können, aber er hatte es einfach nicht gewollt. Er investierte einfach nicht gerne Energie in das Leben anderer Menschen – das überließ er lieber irgendwelchen Vollidioten, die sich Dankbarkeit dafür erhofften.
 

Mittlerweile war Garrison 43 Minuten weg. Und Tweek wurde zunehmend nervöser. Er saß jetzt wieder an seinem Pult, tippte mit den Fingerspitzen auf die Tischplatte, wippte abwechselnd mit den Beinen und rutschte auf seinem Stuhl hin und her.

Craig saß gechillt am Fenster, verkörperte ganz im Gegensatz zu dem blonden Nervenbündel wenige Meter entfernt die Ruhe selbst, und blickte hinaus. Vor einigen Minuten war eine einzelne Straßenlaterne draußen angegangen, die den vorher weiß-grauen Schnee nun in einem sanften Orange schimmern ließ. Craig mochte den Schnee. Er konnte ihm stundenlang dabei zusehen, wie er alles unter sich vergrub und die Welt so viel sauberer und weicher aussehen ließ. Außerdem war er so … gewöhnlich. Für South Park Verhältnisse jedenfalls. Das gefiel ihm, der Veränderungen nicht sonderlich leiden konnte, natürlich sehr.
 

Ein lautes Scheppern riss ihn aus seinen Gedanken.

Er sah sich hastig zu dem Blonden um, nur um festzustellen, dass dieser seine Thermoskanne zu Boden geworfen hatte. Schuldbewusst traf Tweeks Blick auf seinen.

„S-sorry, Craig. Ich... >nnh< b-b-bin ein wenig n...n-nervös“, brachte er stotternd hervor und griff nach seiner Flasche, platzierte sie sicher auf seinem Tisch. Er hielt sie mit beiden Händen umklammert und zitterte. Da Craig nicht sofort den Kopf wegdrehte, nutzte der Kleinere die Chance, ihn wieder anzusprechen.

„W-weißt du... w-w-warum Mister Garrison noch nicht wieder >Gah!< da ist? Er hat doch g-gesagt, er kommt n-nach einer halben Stunde zurück!“

Da, schon wieder ein Anflug von Smalltalk. Aber so langsam konnte er es sich nicht mehr leisten, Tweek zu ignorieren – es sei denn, er würde ihn heulen sehen wollen.

Trotzdem, Craig ließ sich Zeit mit seiner Antwort.

„Ich weiß auch nicht mehr als du. Könnte aber sein, dass er sich noch 'ne Weile mit dem Hausmeister vergnügt.“ Ja, irgendwie traute er das ihrem Lehrer zu. Dass er sie vergessen hatte. Einfach so. Weil ihn andere Dinge abgelenkt hatten. Das würde Craig aber nicht laut sagen. Er wollte Tweek jetzt nicht den Gnadenstoß versetzen, indem er ihm diesen Gedanken, ihr Lehrer hätte sie schlichtweg vergessen, einpflanzte.

Tweeks Augenbrauen wanderten nach dieser Ansage überrascht nach oben.

„Der Hausmeister? W-was ist denn mit dem?“

Tweek schien wohl gar nichts von dem Klatsch und Tratsch an ihrer Schule mitzubekommen?

„Der ist schwul, Tweek.“

„U-und?“

„Naaa... zähl doch mal eins und eins zusammen. Mister Garrison ist auch 'ne Schwuchtel. Vielleicht treiben sie's gerade in irgendeiner Besenkammer miteinander, was weiß denn ich.“

Als er das hörte, zuckte Tweek heftig zusammen, ganz so, als hätte Craig ihn persönlich beleidigt und nicht ihren verantwortungslosen Lehrer. Dabei war Schwuchtel längst nicht die schlimmste Beleidigung, die Craig sich für diesen ******** einfallen lassen könnte.

Waren es mittlerweile nicht sogar schon fast 50 Minuten, die er sie hier in diesem Raum eingesperrt hielt? Vielleicht hatte er ja eine kleine Kamera irgendwo angebracht und beobachtete sie nun genüsslich von seinem Wohnzimmersessel aus, eine Chipstüte in der Hand, und wartete seelenruhig darauf, dass Tweek durchdrehen würde und Craig sich damit herumschlagen musste. Oder er war tatsächlich beim Hausmeister „stecken“ geblieben, keine Ahnung. Am liebsten würde er keinen weiteren Gedanken mehr an den Arsch verschwenden.

Tweek sah aus wie ein geprügelter Hund, als er Craig nach einer gefühlten Ewigkeit leise flüsternd eine Antwort gab, mit der sein Gesprächspartner gar nicht mehr gerechnet hatte:

„Du... ähm... s-solltest nicht solche V-vorurteile h-haben. H-ho....h-h-homo... >gah!< h-“

Craig sah dem nervösen Jugendlichen einige Sekunden dabei zu, wie er verzweifelt versuchte, ein für ihn scheinbar peinliches Wort auszusprechen.

„Homosexuelle willst du sagen?“, half er schließlich monoton weiter. Tweek fummelte nervös mit seinen Fingern am Kragen seines Pullover herum und nickte schnell.

„J-ja... s-sie sind doch genauso Menschen w-wie d-du und ich. Ich finde >nngh< es nicht gut, s...so schlecht über sie zu reden.“

Jetzt war es an Craig, überrascht die Augenbrauen in die Höhe zu ziehen. Wow. Hätte er Tweek gar nicht zugetraut, sich für seine Verhältnisse so mutig für etwas einzusetzen.
 

Craig war nicht homophob, er hatte nur was gegen Mister Garrison. Verständlich, oder?

In einem geistig umnachteten Moment seines 17-jährigen Lebens hatte er sich sogar schonmal ernsthaft Gedanken darüber gemacht, wie es wohl für ihn wäre, auf einen Jungen zu stehen. Er war zu dem Schluss gekommen, dass es vielleicht gar nicht mal so schlecht wäre, zumal Mädchen einfach nur schrecklich nervig waren:

Ruf mich dreimal am Tag an, Schatz; kauf mir neue Schuhe, Liebster; oh, diese Blumen sind aber hübsch; lädst du mich nächste Woche wieder zum Essen ein; sehe ich zu fett aus in diesem Kleid? Wie konnten die anderen Kerle das für ein paar Mal Sex in der Woche nur ertragen? Craig hatte es geschlagene zweieinhalb Wochen mit Bebe, seiner ersten und einzigen festen Freundin, ausgehalten, danach hatte er einen Schlussstrich gezogen. Beziehungen waren nichts für ihn.
 

„Nnnngh... i-ich d-d-denke aber, dass jeder seine e-eigene Meinung z-zu dem The- >ah!< -ma haben sollte...“, fügte Tweek plötzlich noch kleinlaut hinzu. „D-deshalb... mmmh.. i-ist es schon okay... s-sag einfach, w-was du willst!“ Wieder traute sich Tweek, den Mund aufzumachen, und Craig hatte auch dieses Mal nicht damit gerechnet, überhaupt noch etwas von ihm zu hören.

Der Kleine kam wohl nicht so gut damit zurecht, keine Antworten zu erhalten und versuchte jetzt zu kaschieren, was er eben gesagt hatte, dachte sich der Schwarzhaarige amüsiert.

Craig verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und sah wieder nach draußen.

„Schon okay, Tweek. Ich hab nichts gegen Schwule. Soll doch jeder lieben, wen er lieben will.“

Große Augen sahen ihn daraufhin strahlend an, und Craig meinte, aus den Augenwinkeln sowas wie ein Lächeln auf Tweeks Zügen zu sehen.

Gott, machte ihn diese Aussage jetzt wirklich so glücklich? Der Junge brauchte wirklich mehr Selbstbewusstsein. Aber dazu mangelte es ihm scheinbar an Zuspruch. Aus einem spontanen Impuls heraus entschied sich Craig dazu, ausnahmsweise mal freundlich zu sein und den Kleinen ein bisschen zu pushen. Nebenbei bemerkt, ihm war eigentlich noch immer nicht nach reden zumute.

„Es ist eine gute Sache, für das einzustehen, was man für richtig hält. Bleib dabei, okay?“, hörte er sich sagen.

Tweek sagte dazu erst mal nichts, tippte nur seine Fingerspitzen aneinander. Er schien aber auf jeden Fall antworten zu wollen, denn er sah ganz danach aus, als würde es hinter seiner Stirn gehörig rattern. Was kam denn jetzt?

„D-danke, Craig.“ Das war nach bestimmt 2 Minuten das einzige, was Tweek preisgab.

Und dafür hatte er jetzt so lange gebraucht?

Innerlich zuckte Craig mit den Schultern. Auch egal.

… Oder?

Er ließ seinen Blick auf Tweek ruhen, obwohl er mittlerweile genau wusste, dass das den Kleinen immer wieder aufs Neue aus dem Konzept brachte. Aber er wäre nicht der berühmte, gleichgültige Craig Tucker gewesen, wenn ihn das interessieren würde.
 

Tweek hatte noch recht kindliche Züge für einen Jungen in seinem Alter. Er hatte ganz runde Wangen, die nicht recht zu seiner sonst so hageren Gestalt passen wollten. Seine flachsfarbenen Haare standen strubbelig in alle Richtungen ab und unter seinen Augen lagen dunkle Schatten. Welche Augenfarbe hatte er nochmal?, fragte sich Craig spontan.
 

Mit seinem Gestarre erreichte er unbeabsichtigt, dass Tweek plötzlich doch noch mehr Informationen preisgab, als er geplant hatte.

„N-naja, w-weißt du... >ack< d-deine Meinung... ähm.. bedeutet mi-ir recht viel.“

Huch?

„Wieso das?“, platzte es aus Craig heraus. Und das, wo er sich doch normalerweise immer Zeit mit seinen Antworten ließ, um seine desinteressierte Wesensart zu unterstreichen. Aber mit so einer Antwort hatte Craig nicht gerechnet. Tweek war scheinbar nicht mehr so berechenbar, wie er es in Erinnerung hatte.

Als Reaktion auf seine Frage zuckte der kleine Kaffeeliebhaber zusammen, kaute auf seiner Unterlippe herum und sagte dann leise:

„Du... b-bist nicht so oberfl- >ngh< oberflächlich wie die anderen Jungs... und m-machst dir mehr Gedanken über die Dinge. D-das finde ich... also...d-das finde i-ich toll a-a-an... >gah!< dir.“

Und wieder war Craig überrascht. Noch sehr viel überraschter als bei dem Mal davor. Er bemerkte, dass ihm ein wenig der Mund offen stand und er schloss ihn schnell, presste die Lippen aufeinander.

Das dachte Tweek also über ihn? Das war... nunja.... ein nettes Kompliment, so irgendwie. Aber befremdlich war es auch. Wie konnte der Außenseiter so etwas über ihn wissen? Craig war eigentlich davon überzeugt, nicht wie ein offenes Buch zu lesen zu sein.

Er sah Tweek dabei zu, wie dieser langsam aber sicher rote Wangen und Ohren bekam.

Und er spürte den Druck auf sich lasten, ihm antworten zu müssen. Allerdings war er sich nicht ganz sicher, was er darauf sagen wollte. Nach allseits bekannter Tucker-Manier hätte es etwas unfreundliches, abblockendes sein müssen, aber das brachte er gerade nicht übers Herz.

Wieder musste Craig daran denken, wie es gewesen war, als er mit diesem Chaoten befreundet gewesen war. Keine Zeit seines Lebens, die er sonderlich bereute, gestand er sich ein.

Der Schwarzhaarige zupfte an einer seiner Strähnen, die unter der Mütze hervorlugten und ihn im Nacken kitzelten, dann gab er sich einen Ruck und antwortete:

„Thanks. Ich wundere mich zwar, woher du diese hohe Meinung über mich hast und ob sie überhaupt gerechtfertigt ist“, er warf der kleinen roten Ampel vor sich einen möglichst freundlichen Blick zu, „aber jeder sollte seine eigene Meinung zu dem Thema haben, nicht?“ Damit griff er den Satz auf, den Tweek eben selbst noch gesagt hatte. Dass ließ den Kleineren erst mal peinlich berührt zu Boden blicken.

„S-sorry, dass i-i-ich sowas... peinliches gesagt habe!“, kam es von Tweek zurück, allerdings wirkte er nun sogar ein bisschen weniger nervös als vorher und ein kleines Lächeln zierte sein Gesicht.

„Macht nichts,“ antwortete Craig schlicht.

Gott, er war heute doch wirklich zu nett.
 

Es wurde Zeit, dass Mister Garrison endlich kam. Ein Blick auf seine schwarz-silberne Armbanduhr sagte ihm, dass sie nun schon seit einer geschlagenen Stunde auf ihn warteten. Das war viel zu lange! Draußen wurde es außerdem zunehmend dunkler und bald würde er nicht mal mehr sonderlich viel zu beobachten haben, wenn er aus dem Fenster sah.
 

Weitere 10 Minuten verstrichen, ohne dass Mister Garrison auftauchte. So langsam wurde das sogar Craig unheimlich. Es war Freitagnachmittag, beinahe 17Uhr und draußen tobte ein Schneesturm.

Hatte dieser Bastard die beiden Jungs wirklich vergessen und mussten sie jetzt das Wochenende hier verbringen oder was?!

Craig ließ einen aufmerksamen Blick durch den Raum schweifen und sah sich nach möglichen Fluchtwegen um. Das hätte er schon viel früher tun sollen.

Aus dem Fenster wollte er nicht springen, um hier endlich heraus zu kommen. Sie befanden sich nämlich im dritten Stock und auch wenn vor der Schule mittlerweile eine ordentliche Menge an Schnee lag, das würde ihm zwar einen gewissen Puffer bieten, aber bestimmt nicht vor gebrochenen Knochen bewahren.

Also würde er die Tür aufbrechen müssen. Obwohl das je nach dem nicht sonderlich einfach werden würde. Im Gegensatz zu der ansonsten uralten Ausstattung in diesem Raum wirkte die Türe wie vor wenigen Jahren neu montiert. Gab es in diesem Raum zufällig eine Brechstange?

Wieder ein Blick auf die Uhr. Er würde Mister Garrison noch genau 10 Minuten geben, danach war diese Tür passé, neu oder alt oder was-auch-immer.
 

Tweek war mittlerweile dazu übergegangen, quer durch den Raum zu tigern. Hin und wieder machte er vor der Türe Halt und klopfte, rief nach Mister Garrison oder versuchte, indem er an der Klinke zog, die Türe zu öffnen. Dabei warf er manchmal hilfesuchende Blicke Richtung Fensterbank. Craig konnte sehen, wie sehr die Situation dem Kaffejunkie zusetzte. Er wurde nervöser und nervöser.

Der Schwarzhaarige entschied sich, ein weiteres Mal über seinen Schatten zu springen und wieder ein wenig Smalltalk mit Tweek zu führen. Das würde ihn hoffentlich ablenken und vor dem Durchdrehen bewahren. Craig hatte nämlich irgendwie im Gefühl, dass Tweek kurz davor war, die Beherrschung zu verlieren.

„Hey...“, damit startete er.

Tweek schreckte mit einem kurzen, spitzen Schrei, der Craig in den Ohren schmerzte, auf. Fuck! So eine hohe Stimmlage hatte Craig bisher nur Mädchen zugetraut.

„Tweek... komm mal wieder runter“, redete Craig auf ihn einund machte eine wegwerfende Handbewegung.

Tweek sah nur verängstigt zu ihm herüber.

Craig sah demonstrativ auf seine Uhr herunter und sagte dann:

„Wir haben jetzt 17Uhr. Lass uns noch 10 Minuten warten und dann -“

Aber weiter kam er nicht.
 

„WAAAAH!!!“ Tweek hatte angefangen, hysterisch zu schreien.

Von einem auf den anderen Moment war das Licht ausgegangen und plötzlich saßen sie in völliger Dunkelheit. Auch Craig hatte sich darüber ein erschreckt, doch seine Augen gewöhnten sich schnell an die neuen Lichtverhältnisse.

Glücklicherweise war da noch das orange Licht der Straßenlaterne, das das Zimmer so weit erhellte, dass man noch genügend Umrisse erkennen konnte.

Woran sich Craig aber nicht gewöhnen konnte, war das Geschreie von Tweek. Jetzt war es also so weit. Einer der berühmten Ausraster von Tweek Tweak, und er war live dabei. Der Junge war völlig außer sich und stolperte nach hinten, gegen die Tische und Stühle des Klassenraums, hin zum Lichtschalter. Als er ihn betätigte, ging das Licht aber leider nicht wieder an. Und Tweek wurde nur noch unsicherer und polterte aufgebracht durch den Klassenraum.

Craig rief ein paar Mal seinen Namen. Immer lauter. Doch der Blonde war viel zu sehr mit sich selbst und seiner wachsenden Panik beschäftigt.

Craig sprang von der Fensterbank und schritt unsicher zu ihm herüber. Er versuchte eine Hand auf Tweeks Schulter zu legen, allerdings schlug der Kleine sie sofort ängstlich weg und drückte sich völlig unbeholfen von Craig weg. Seine Augen huschten wild hin und her, außerdem gab er weiterhin undefinierbare Geräusche von sich.

„Tweek! Beruhig' dich! Hör auf zu schreien!“ Der Kleine schien ihn nicht hören zu wollen und in seinem weltfremden Panikzustand gefangen zu sein. Der nächste Annäherungsversuch von Craig war dann schon nicht mehr so zurückhaltend. Er griff nach Tweeks Oberarmen und packte kräftig zu. Wenn Worte schon nicht halfen, musste er eben handgreiflich werden!



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Mako-chi
2013-04-14T19:11:25+00:00 14.04.2013 21:11
Weiter... Schreiben... Bitte... *_______* *sucht*
Von:  YuriUsagi
2013-04-12T20:23:30+00:00 12.04.2013 22:23
Och nee... immer, wenn es am spannendsten ist!! >_< Freu mich schon total aufs nächst Kapitel! Weiter so!

Von:  Klein_Ryu
2013-04-01T14:15:53+00:00 01.04.2013 16:15
juhu ein neues kapitel =D
bin ich echt die erste die n kommi hinterlässt? BUUH <.< hat viel mehr verdient ._.
naja auf jedenfall fand ichs super =D
ich finde du triffst craig richtig gut ^.^
höhö tweek setzt sich doch nur für schwule ein, weil er selbst schwul ist un auf craig steht, der schlingel =P ♥
hoffentlich kommt bald das nächste, ich freuu mich:)
LG


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