Zum Inhalt der Seite

Twisted Minds

KaixUruha, Ruki
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Eklat

Ungefähr eine dreiviertel Stunde später parkte der Leader sein Auto vor dem Gebäude, in dem der Gitarrist wohnte. Er stieg aus, lief an die Eingangstür und betätigte die Klingel – etwas das er auch blind finden würde, so oft wie er schon hier war. Als die Tür sich öffnen ließ, drückte er diese auf, lief die Treppen zu Uruha nach oben. Er war nervös. Sehr nervös. Aber da musste er durch, egal wie unangenehm es war, schließlich war er selbst schuld an der ganzen Situation. Oben angekommen lächelte er den Älteren der an der Tür wartete kurz an, ehe er ein leises ‘Hi‘ zustande brachte und die Wohnung betrat.
 

Uruha trat ihm genauso wie immer gegenüber. Es war ohnehin schwer, in seinem Gesicht abzulesen, was er dachte. Es blieb immer offensichtlich entspannt, zeigte nicht seine Grübeleien, die dahinter meist wirre Kreise zogen. Kai hereinlassend schloss er die Tür wieder und trat den einen Schritt auf die erhöhte Wohnungsebene, sah ihm beim ausziehen der Schuhe und der Jacke zu, ehe er voran in die Küche lief um ihm die Entscheidung zu überlassen was er trinken wollte. Eigentlich hatte er sowohl Zeit als auch Gedanken daran gehabt, es schon vorzubereiten, war dann aber davon abgekommen als er darüber nachgedacht hatte, dass es so ein ungezwungener Start war. Etwas das bei Kais plötzlicher Unterwürfigkeit sicher nicht verkehrt war. Sein Getränkesortiment konnte sich immerhin sehen lassen, auch wenn der Großteil davon nach wie vor alkoholisch war, aufgrund seiner Sammlung, die er pflegte.
 

Nachdem Kai Jacke und Schuhe an die dafür vorgesehen Plätze getan hatte folgte er dem Gitarristen in die Küche, wo er sich auf einen der Stühle setzte. „Wasser bitte.“ Kaffee konnte er fürs erste keinen mehr sehen, hatte er zum Frühstück doch mehr als nur eine Tasse getrunken, damit er wirklich richtig wach für den Tag war. Und er wollte es wirklich nicht darauf anlegen die Nacht nicht schlafen zu können. Leicht abwesend beobachtete er Uruha dabei, wie er ihm das Wasser richtete und brachte. Wütend schien er wohl nicht zu sein, dafür benahm er sich viel zu normal – mehr konnte der Leader allerdings nicht ausschließen. Dankend nahm er das Glas an, wusste allerdings auch sonst nicht was er sagen sollte. Mehr als entschuldigen konnte er sich im Moment nicht, immerhin wusste er nicht wie Uruha nun darüber dachte, was er ihm noch zu sagen hatte und was er selbst überhaupt tun konnte, damit der Gitarrist ihm verzeihen würde.
 

Nur war Uruha in solchen Punkten kein gesprächiger Typ. Was hieß, dass er Kai zwar etwas irritiert ob dessen Wahl sein Wasser brachte, aber sich dann trotzdem nur schweigsam mit dem eigenen gemischten Longdrink vor ihn setzte und ihn musterte. Kai wollte immerhin reden, also wartete er darauf, was er zu sagen hatte. Von sich aus wollte er jedenfalls keine Aussagen treffen, solange er nicht wusste, in welche Richtung sich dieses Gespräch tatsächlich entwickeln sollte.
 

Schweigen. Kai wusste nicht wie lange sie schon schwiegen, aber es fühlte sich an wie Stunden. Irgendwann ergriff er dann doch wieder das Wort, sonst würden sie am nächsten Tag noch hier sitzen und waren immer noch nicht weiter. „Ich weiß eigentlich gar nicht was ich jetzt sagen soll… wie gesagt, ich weiß, dass ich das nicht mehr gut machen kann… so gerne ich es auch tun würde.“, fing er an. Es wunderte ihn, wie schwer ihm das gerade alles fiel, hatte er sonst eigentlich nie große Probleme mit Entschuldigungen gehabt, doch das hier war einfach anders. Nicht nur weil es um Sex ging, sondern weil es um Uruha ging. Die Freundschaft zu ihm und zuletzt auch um die Band. Es war ein großer Fehler gewesen, doch auch wenn er es bereute, es hatte ihm gefallen – sehr sogar. Trotzdem war es damit nicht zu entschuldigen. „Ich bin einfach dumm genug gewesen, mich dazu verleiten zu lassen… und ich weiß das ist keine Entschuldigung. Ich kann es einfach nicht erklären. Ich will aber auch nicht, dass deswegen nun alles anders wird.“ Kai hatte seinen Kopf auf den Händen abgestützt, konnte Uruha bei seinem wirren Gerede – denn so kam es ihm vor – auch nicht direkt ansehen, sondern fokussierte die Tischplatte.
 

"Hmmmmm.......", erwiderte Uruha gedehnt, während er nachdenklich an seinem Glas nuckelte. ".....warum eigentlich ich? Warum nicht Einer der Anderen? Weil wirs nunmal waren, bei denen es passiert ist?.. Hättest dus mit den Anderen dann auch wiederholt? Auch gegen deren Willen?", fragte er erstaunlich ruhig. Offensichtlich versuchte er sich immer noch ein Bild davon zu machen, was in Kais Kopf vor sich ging. Dessen Entschuldigungen schienen ihm dabei gerade reichlich egal, zumindest kommentierte er sie nicht im geringsten.
 

Darauf wusste er erstmal keine Antwort. Hätte er es mit den anderen auch wiederholen wollen? Hätten sie es gewollt? Warum eigentlich ausgerechnet Uruha? „Ich weiß es nicht… ich weiß es wirklich nicht. Ich weiß auch nicht ob es da anders gewesen wäre, weil Jeder nunmal unterschiedlich reagiert. Mit Ruki wäre das wohl komplett anders abgelaufen, bei Reita kann ich mir das alles noch nicht mal vorstellen.. dass ich je mit ihm in der Kiste landen hätte können. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht.“, antwortete er ehrlich. Wenigstens sprach Uruha aber endlich mit ihm. „Und warum du? Das weiß ich genauso wenig. An die erste Nacht können wir Beide uns nicht erinnern, nur dass es passiert ist. Ich wollte einfach wissen, ob es gut war, so primitiv das klingt… Es klingt nicht nur primitiv, es ist primitiv.“ Und wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann hatte er den Gitarristen schon immer ziemlich attraktiv gefunden und gerade nach dieser Nacht hatte es ihn besonders gereizt, ihn nochmals für sich haben zu wollen.
 

Den ersten Moment half Ruha das überhaupt nicht weiter - den zweiten umso mehr. Man sah richtiggehend, wie Uruha stockte und dann dieser Hauch der Erkenntnis über seine Gesichtszüge glitt. "Ich hätte mir auch niemals vorstellen können, mit dir Sex zu haben. Also muss es im Suff von dir ausgegangen sein........ Und nach dem was du da heimtückisch fürs zweite Mal veranstaltet hast, kann ich mir denken, wieso du erfolgreich warst.", erwiderte er. Es war schwer, ihn ernsthaft besoffen zu machen. Aber wenn er es war, sank seine Hemmschwelle wie bei jedem Anderen rapide ins Bodenlose. Dass er darin Kai mit dessen dominanter Art sexuell erlegen war, erschien ihm da nicht mehr allzu abwegig. Das einzige was Kai momentan wieder Kopf und Kragen kostete war die Bemerkung, er hätte wissen wollen wies gewesen war. Die vollen geschwungenen Lippen spitzten sich, ehe er Kai abschätzend musterte. "Du wusstest ganz genau wie es gewesen war. Wir Beide hatten keinen völligen Filmriss, wir haben uns Beide später an Einzelheiten erinnert.", strafte er seine Worte Lügen. Das war es also? Kai stand auf die Art wie sie Sex gehabt hatten? Deswegen hatte er es erneut getan? Die Freundschaft und den Bandzusammenhalt riskiert? Wenn er ehrlich war, sah er das alles inzwischen deutlich nüchterner. Mit herabwertendem Verhalten konnte er nicht umgehn, mit Beutefang-Verhalten ihm gegenüber wenn er offensichtlich abgelehnt hatte auch nicht. Aber der Sex an sich war, jetzt da er allmählich die Hintergründe verstand, auch nicht problematischer als der Sex mit jedem beliebigen Anderen. Wenn man mal davon absah, dass sie Beide ein ernstes Problem in ihrer zwischenmenschlichen Beziehung hatten, wenn Kai ihn gegen seinen Willen vögeln wollte und es ihm auch noch gefiel. Halt, falsche Gedanken!
 

„Das klingt gerade so, als ob ich damals den Abend mit dem Gedanken ‘Heute Nacht leg ich Uruha flach‘ begonnen hab.. und das hab ich definitiv nicht.“, antwortete Kai. Zwar hatte er schon nach einer Begleitung für die Nacht gesucht, dass es aber Uruha war lag am Alkohol. Da war er sich sicher, denn sonst wäre es sicherlich nicht dazu gekommen. „Und nur weil wir keinen völligen Filmriss hatten, bedeutet das nicht, dass der Sex auch gut war. Er kann auch grottenschlecht gewesen sein, was ich allerdings bezweifelt hatte.“, fügte er dann noch hinzu. Außerdem hätte er es nicht geschafft den Gitarristen abzufüllen, da er sonst wahrscheinlich vor ihm betrunken gewesen wäre und dann sowieso nichts mehr hinbekommen hätte. Bis auf die kleinen Episoden, an die er sich erinnern konnte, wusste er wirklich gar nichts mehr. Es war ihm bis heute ein Rätsel wie sie überhaupt nach Hause gekommen waren, geschweige denn wie das bei ihnen damals angefangen hatte.

Allerdings war das gerade auch weniger wichtig. Wichtiger war eher, dass sie das Problem, das sie offensichtlich hatten, endlich beseitigen konnten – was für den Drummer nach wie vor ein Rätsel war, wie das geschehen sollte.
 

Uruha zeigte eine seltene Regung, in seinem Fall ein ausgeprägtes Stirnrunzeln. "Nein...... Nein, das unterstelle ich dir gar nicht. Ich glaube schon, dass es wegen dem Alk war. Aber das zweite Mal..... Das zweite Mal hast du definitiv getan, weil das an was du dich erinnert hast gut war, oder nicht?", verlangte er zu wissen. Er konnte nicht erahnen, welchen Teil der Nacht der Drummer als Erinnerung zurückbehalten hatte, doch das woran er selbst sich erinnerte war gut gewesen. Schlecht für sein Ego, noch viel schlechter für seine Moralvorstellungen, aber definitiv gut. Zumindest hatte ihm das das Bild von ihm gesagt, wie er auf dem Bett gelegen und offen gestöhnt hatte, weil Kai dieses dämliche Toy - "Meine Fresse nochmal, ständig diese Bilder!", fluchte er entgegen seiner Art und kippte den Longdrink hinter. Das war zwar entgegen jeder Logik - besonders der des Gesöffs - aber allmählich hatte er genug von diesen Flashbacks, in die es ihn immer wieder zog. "Für mich war das ein Desaster..... Nicht zwangsweise wegen der Art, wegen dem an was ich mich erinnern kann, aber wegen der Sache an sich. Es hat immerhin Gründe, warum man nicht mit den Bandkollegen fickt.", erwiderte er und murrte dabei das Glas an, als wolle er dem die Schuld dafür geben, leer zu sein. In Ermangelung einer klügeren Idee mischte er sich das Zeugs neu, allerdings nur mit Fruchtsäften und ohne Alk. Er wollte lieber nüchtern bleiben. Zumindest so nüchtern wie möglich, um nicht wieder irgendeinen Scheiß zu veranstalten.
 

Auf Uruhas fluchen hin zog Kai eine Augenbraue in die Höhe, konnte sich gerade so noch ein Grinsen verkneifen. „Bilder?“, fragte er trotzdem, während er an seinem Glas nippte. Sein Gegenüber wurde also auch ständig von irgendwelchen Bildern verfolgt und nicht nur er, wobei ihn das wohl weniger störte. „Natürlich gibt es genug Gründe, warum man das nicht tut. Allerdings sind wir auch nicht die erste Band, in der das passiert und solange das Management keinen Wind davon bekommt, wird es auch keine Konsequenzen für uns geben. Solange wir uns jedenfalls irgendwann in naher Zukunft wieder verstehen, was ich wirklich hoffe, denn sonst könnte es sich etwas schwierig gestalten.“ Während er das sagte, lehnte er sich bequem in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Seiner Meinung nach wäre es nie so weit gekommen, wenn sie von Beginn an nicht so eine große Sache daraus gemacht hätten, denn umso mehr Uruha es verweigert hatte, desto mehr hatte es ihn selbst gereizt den Sex nochmals zu wiederholen. Rückgängig machen war sowieso nicht mehr möglich.
 

"Hmmm..... Im Grunde kümmert es mich jetzt erstaunlich wenig, so im Nachhinein. Ich mag dich als Menschen und als Drummer, das wird von der Sexsache nicht berührt. Du hast dich wie ein Arsch verhalten, aber dir daraus dauerhaft einen Strick zu drehen wäre auch idiotisch. Das einzige was mich nervt ist deine Penetranz, die du an den Tag gelegt hast.", erwiderte er. Ihm die Schuld dafür zu geben, dass er eine Wiederholung verweigert und Probleme mit dem unfreiwilligen Suffsex gehabt hatte war definitiv nicht die richtige Wahl, um sich selbst aus der Schuld reinzuwaschen, ihm nachgestellt zu haben. Er selbst war einfach nur geschockt und pissig gewesen. Wie das hatte passieren können, warum es ausgerechnet Kai hatte sein müssen. Und ja, wenn er ehrlich war wurmte es ihn umso mehr, weil Kai der Bandleader war. Und weil er von Allen am wenigsten zu kontrollieren war. Aoi hätte er ganz einfach zum schweigen verdonnern und abschmettern können. Reita wäre davon selbst so geschockt gewesen, dass er freiwillig bis ins Grab geschwiegen hätte. Und Ruki.. Ruki hätte es wohl ohne Skrupel herausposa- nein, Ruki wäre genauso schwer zu händeln gewesen. Aber mit dem hätte er sich ursprünglich wenigstens Sex vorstellen können. Und mit dem hätte sein Ego als Mann nicht so enorm gelitten wie mit Mr-Ich-bestimme-die-Regeln.
 

Nichts was Kai nicht selbst wusste. Natürlich war er ein Arsch gewesen, das konnte er nicht bestreiten. Dass er so penetrant gewesen war, das hatte er allerdings nicht gemerkt. Allerdings wollte er sich die alleinige Schuld – denn die hatte er definitiv nicht – nicht eingestehen. Es gehörten immer Zwei zu so einer Situation. Trotzdem musste er zugeben, dass er wohl die größere Schuld daran hatte.

„Es sollte eigentlich auch nicht die Sichtweise ändern. Ich seh dich ja auch nicht anders, nur weil wir Sex hatten. Dass ich so penetrant war hab ich ehrlich gesagt gar nicht gemerkt, aber umso mehr du mich abgewiesen hast, desto mehr hat es mich auch gereizt. Das ist zwar keine Entschuldigung dafür, aber… es war halt so.“, gab er dann zu, wobei er sich eigentlich schon dachte, dass Uruha so etwas ahnte. Was Kai allerdings nicht bedachte war, dass es so sehr an Uruhas Ego gekratzt hatte. Seines wäre in so einer Situation zwar auch nicht heil geblieben, aber da er sich in dieser nicht befand, spielte es für ihn keine Rolle.
 

Natürlich hatte es an seinem Ego gekratzt, sehr sogar. Kai hatte Uruha teilweise ja scheinbar nur noch als Fickobjekt statt als fähigen Musiker und ernstzunehmenden Mann gesehen. Er trank einen großen Schluck, ehe er das Glas wieder absetzte. "Ein Nein ist nunmal ein Nein. Und weitere Annäherungen provozieren stärkere Abweisung.", erwiderte er simpel und lehnte sich ebenfalls zurück. So wie sie jetzt geredet hatten empfand er es als okay. Gab es noch mehr Klärungsbedarf? Er wollte nur ungern über die zweite Sexaktion reden, wollte es lieber wie das erste Mal handhaben und es totschweigen. Die Frage war nur, ob das bei Kai auch ging. Denn wenn dieser sich erneut angespornt sehen sollte, endeten sie über kurz oder lang wieder am selben Punkt.
 

Kai nickte. Natürlich war ein Nein ein Nein, aber er hatte es schon gesagt. Ihn hatte das noch mehr gereizt – und im Endeffekt hatte er ja auch bekommen was er wollte. Würde er das aber wiederholen, würde er es wohl nur wieder schlimmer machen. „Was hältst du davon, wenn wir ins Wohnzimmer gehen und da weiterreden? Das ist eindeutig gemütlicher als hier. Ich frag mich ja immer noch wie du die Stühle bequem finden kannst..“, schlug er dann vor, während er schon unbequem auf seinem Stuhl herumrutschte. „Wir können ja auch was zum Essen kommen lassen oder ich koch schnell was.. ohne deine Küche in Brand zu stecken..“ Letzteres fügte er noch schnell hinzu, immerhin hatte er das schon einmal geschafft und wunderte sich nicht, wenn Uruha dann etwas misstrauisch war, wenn er hier kochen wollte. Außerdem ließ es sich so dann besser reden, da es so dann doch gemütlicher, entspannter und vor allem bequemer war. Denn Kai wollte wirklich nochmal auf das zweite Mal zu sprechen kommen, was der Gitarrist wohl mit allen Mitteln verhindern wollte.
 

Ruhas Braue zuckte nach oben. "Die sind nicht dafür gemacht, gemütlich zu sein.... Es ist die Küche......", erwiderte er etwas ratlos. Anders als Kai war die Küche für ihn nur ein Durchgangsbereich. Kühlschrank, Geschirr, wieder raus. Deswegen waren Tisch und Sitzplätze eher stylisch modern statt gemütlich. Umso mehr, da er so morgens schneller wach wurde, wenn er auf einem der Stühle saß und kurz was trank oder aß ehe er losging. Bei Kais Küchenkommentar samt kochen und in Brand setzen begannen sogar seine Mundwinkel kurz zu zucken. "Nuuuuun.... bestellen reicht.", merkte er dann an und stand auf, um in den kleinen Stapeln an hochgebrachten Zeitungen nach Bestellzetteln zu fahnden. Kochen war nicht, soviel bot sein Sortiment an Lebensmitteln auch gar nicht an. Dass Kai dabei noch ganz andere Hintergrundgedanken hatte, daran wollte er im Moment lieber nicht denken. Stattdessen hielt er ihm schließlich drei Zettel hin. "Wo bestellen wir?"
 

„Du traust mir nur nicht, oder? Ein zweites Mal steck ich die Küche sicher nicht in Brand!“, sagte Kai grinsend, während er die Zettel in die Hand nahm. Regionales hatten sie erst vor kurzem bei der Probe, also fiel das schonmal weg. Allerdings hörte sich Pasta gut an. Pasta war seiner Meinung nach sowieso immer gut. „Wie wäre es hiermit? Hat auch wohl erst neu eröffnet, dann kann man das gleich mal ausprobieren. Oder hast du an Pasta etwas auszusetzen?“, fragte er während er den Zettel vor Uruhas Gesicht hielt und so die Rückseite betrachtete. Getränke. „Wir können auch Wein dazu bestellen, falls du keinen da hast. Merlot passt soweit ich weiß zu Pasta.“, erwähnte er beiläufig, während er weiter die Getränke durchlas. Der Laden schien auch preislich soweit in Ordnung zu sein, sodass sie seinetwegen gerne dort bestellen konnten.
 

Verwundert war Ruha schon, nahm Kai dann die Karte ab nachdem er losgeprustet hatte. Er und keinen Wein dahaben? Er hatte ein ganzes fein geordnetes Sortiment. "Ein Italiener... das ist neu....", stellte er nebenbei fest. Nicht, dass er noch nie etwas aus anderen Ländern probiert hatte - er tat es nur einfach sehr selten, da die meisten Restaurants und kleinen Bistros eh japanisches Essen anboten und ihm die umfangreiche Auswahl dort meist reichte. Kai entpuppte sich wenigstens als gewisser Gourmet, zumindest klang seine Wahl eines Weins nicht allzu schlecht. Oder besser, er rechnete ihm an, dass er einen Wein dazu trinken wollte. "Also dort.", erwiderte er ohne eine eigene Aussage dazu zu treffen, sondern ging mit dem Blatt ins Wohnzimmer und schnappte auf dem Weg zur Couch das Telefon, während er las was er auswählen könnte. Nachdem sie bestellt hatten holte er noch zwei Gläser für den Wein, ehe er den Tisch im Wohnzimmer soweit deckte, dass auch das bestellte Essen nicht völlig lieblos aussehen würde. Er war zwar gern mal faul, aber wenn Besuch da war bewies er trotzdem Stil.
 

„Lach nicht! Hätte ja sein können.“, schmollte Kai gespielt, als Uruha begann zu lachen. Klar, der Gitarrist hatte immer irgendwelchen Alkohol zu Hause und auch Wein war für gewöhnlich in seiner Sammlung zu finden, aber meist war es doch so, wenn man welchen brauchte, dann gab es keinen. Und hier hätte es den Drummer nicht gewundert, wenn es so gewesen wäre.

Kai folgte ihm ins Wohnzimmer, setzte sich auch gleich neben ihn, um selbst in die Karte schauen zu können. Schnell war ausgesucht was sie wollten und so ließ er Uruha bestellen. Zum Glück brachte dieser Teller, denn aus einer Aluschale zu essen wäre hier wirklich nicht das Gelbe vom Ei gewesen. Und so hatte das Ganze noch Stil. „Jetzt noch eine Kerze und das Candle-Light-Dinner wäre perfekt!“, neckte Kai seinen Gastgeber, während er aufstand und ins Badezimmer lief, aus dem er kurze Zeit späterauch wieder herauskam. Eins musste er Uruha lassen, was das dekorieren anging war er sogar besser als Ruki, denn wenn er sich das Badezimmer so ansah, konnte man darin sicherlich romantische Stunden verbringen. Mit Kerzen, die schon bereit standen, leiser Musik und Champagner ließ es sich zu zweit in der großen Badewanne sicher gut aushalten.
 

Ließ es sich allerdings. Uruha liebte es, in aller Ruhe zu baden. Am liebsten nachts, wenn alles völlig ruhig war und die Meisten schon schliefen. Wenn er völlig abschalten und entspannen konnte. Den Duft eines seiner Badezusätze einatmen und sich treiben lassen. Rukis Stil hatte ihm noch nie gefallen und obwohl er als sehr unordentlich galt, waren die Orte an denen er sich wohlfühlte penibel sauber und stilvoll dekoriert. Etwas das zwar nur für die Badewanne, die Couchecke und sein Bett galt, aber seiner Meinung nach auch reichte. Er lebte immerhin in dieser Wohnung, da durfte es unordentlich sein. Kai hatte sicher nicht damit gerechnet, doch als er wieder aus dem Bad kam war der Wohnzimmertisch tatsächlich um stilvolle Deko und mehrere Kerzen bereichert. In weiß, cremefarben und schwarz war Uruha besonders stilsicher, weswegen es auch umso besser wirkte, mit dem kleinen warmen Seitenlicht das er dafür statt dem Deckenlicht angeschalten hatte. Er würde sich sicherlich nicht in seiner eigenen Wohnung nachsagen lassen, nicht die perfekte Atmosphäre hinbekommen zu können. Das war zwar etwas verrückt, ausgerechnet bei Kai solche Geschütze aufzufahren, doch anders als dieser dachte er dabei nicht an weitere intime Momente.
 

Der Leader staunte nicht schlecht als er zurück ins Wohnzimmer kam, schließlich hatte er nicht damit gerechnet, dass Uruha wirklich mit Kerzen ankam. „Also doch Candle-Light-Dinner?“, fragte er leicht grinsend, während er sich wieder aufs Sofa setzte. Die Situation musste schon fast lächerlich wirken. Bis vor kurzem hatten sie sich nur in der Wolle und jetzt wirkte es so als ob sie romantische Stimmung aufbauen wollten, wie bei einem Date – was es definitiv nicht war. Dennoch wirkte es auf ihn beruhigend, ließ auch den Stress, den ihre ganze Sache mit sich gebracht hatte, von ihm abfallen. Wann er allerdings zuletzt in solch einer romantischen Atmosphäre gesessen hatte, wusste er nicht mehr, es musste auch schon eine Weile her sein, denn es war bestimmt nicht während der Bandzeit gewesen. Dafür blieb bei ihrem Job auch gar keine Zeit. Umso mehr genoss er das hier auch. Es würde aber wohl nicht so enden wie in den ganzen Kitsch-Filmen, die abends immer im Fernseher liefen.

„Ich denke ich kann euch wirklich auf meine Wohnung loslassen… jedenfalls wenn du es schaffst, Ruki im Zaum zu halten..“ Gegen das hier wirkte es bei ihm im Wohnzimmer kalt, was wohl wirklich an der mangelnden Dekoration und der wenigen Farbe lag. Trotzdem fühlte er sich wohl – was hoffentlich auch nach dem umdekorieren der Fall war.
 

"Na dann... auf sinnlose Deko in deinem Heim.", erwiderte er und hob sein Glas, um mit Kai anzustoßen. Wirklich romantisch empfand er die Atmosphäre nicht, nutzte er sowas doch recht gern um mal zu entspannen oder auch um jemanden rumzukriegen. Aber da er es halt auch durchaus für sich allein machte, war es mit Kai gerade nichts allzu romantisches für ihn. Solche Gefühle hätte er augenblicklich eh nicht zugelassen. Es war gemütlich, ja. Stilvoll und entspannend auch. Von daher passte es gut, um entspannter reden zu können und den Groll der letzten Zeit auszuklammern. "Bei dir sollte aber vielleicht mehr Farbe rein.", merkte er dann trotzdem an. In seinem Heim regierten maximal 4 Farben, auch wenn sie gut aufeinander abgestimmt waren. Kai hingegen hatte seine Wohnung beinahe themenbezogen umgesetzt. Er konnte im Schlafzimmer nicht dieselben Farben und denselben Stil nutzen wie im Wohnzimmer oder in der Küche. In dem Punkt war er sehr gewissenhaft.
 

„Ja, das meiste wird wirklich sinnlos sein, wenn der Zwerg es anschleppt.“, stimmte er dem Gitarristen zu, während er mit ihm anstieß und auch gleich einen Schluck Wein nahm. So langsam konnte seiner Meinung nach auch das Essen geliefert werden. „Wahrscheinlich schon. Aber das überlasse ich dann lieber euch, sonst mach ich es im Endeffekt nur noch schlimmer.“ Dekorieren war einfach nicht sein Ding, war es noch nie gewesen und würde es auch nie sein. Wieso auch, denn so viel Zeit verbrachte er bei sich zu Hause auch nicht, dass es ihn groß kümmerte. Trotzdem würde die Veränderung gut tun und er könnte sich auch zu Hause mehr entspannen, wenn sie mal wieder einen stressigen Arbeitstag hinter sich hatten. Was für eine Farbe allerdings in seine Wohnung passte – und vor allem zu ihm passte – war ihm bis jetzt noch schleierhaft.

Während sie sich so unterhielten, klingelte es auch endlich an der Tür. Ihr Essen war also da, so wie es aussah. Mit einem schnellen Handgriff zog er seinen Geldbeutel aus der Hosentasche und drückte diesen Uruha in die Hand. „Ich zahl.“, sagte er nur, ließ auch keine Wiederrede zu. Das letzte Mal hatte schon der Gitarrist gezahlt, also konnte er dieses Mal die Rechnung übernehmen – und so vielleicht schon einen kleinen Teil wieder gutmachen.
 

Ruki wäre wohl empört und verletzt gewesen wenn er gewusst hätte, dass sie ihn ständig in Gesprächen und in Gedanken als klein bezeichneten. Etwas das eigentlich gar nicht böse gedacht war, aber Uruha wusste, dass es an Rukis Ego gekratzt hätte. Allerdings war er umso irritierter, als er plötzlich Kais Portemonnaie in der Hand hielt. Okaaaaay... Im Endeffekt zuckte er nur die Schultern und ging ihre Bestellung entgegennehmen und bezahlen, nur um kurz darauf mit den Tüten ins Wohnzimmer zurückzukehren und das Essen bestmöglich appetitlich auf das bereitgestellte Geschirr zu verteilen. Italienisch machte die visuelle Sache etwas schwierig, bot es doch nicht so viele kleine Zusätze und Töpfchen wie japanisches Essen.
 

Kai fand es irgendwie belustigend, wie Uruha versuchte das Essen bestmöglich anzurichten. Er selbst wäre da aber kein bisschen besser gewesen, hätte er wohl auch das Beste draus machen wollen. Als der Gitarrist das dann aber endlich geschafft hatte – was Kai viel zu lange gedauert hatte, so Hunger wie er hatte – konnten sie endlich essen. „Itadakimasu“, sagte er Leader noch, bevor er zu Essen begann. Es schmeckte sogar besser als er erwartet hatte, doch fehlte ihm dabei auch irgendwas, was er nicht genau benennen konnte. Aber es schmeckte und dabei beließ er es auch. Während sie aßen, überlegte Kai immer wieder, wie er das Gespräch über ihr zweites Mal anfangen konnte. Allerdings fiel ihm nicht ein, wie er das machen konnte, ohne den Gitarristen zu verärgern. Also musste er entweder warten, bis mehr Alkohol geflossen war – was bei Uruha ewig dauern konnte, bis er einen gewissen Pegel erreicht hatte – oder er musste es geschickt anstellen.
 

Uruha ahnte nichts von Kais Grübeleien, auch wenn es offensichtlich war, dass ihn etwas beschäftigte. Wenn er ehrlich war wollte er aber lieber nicht wissen, worum es ging. Zumindest nicht, solange sein Magen nicht gefüllt worden war. Im Gegensatz zu ihm blendete er alle lästigen Gedanken also aus, lehnte sich bequem zurück und legte die Beine auf die Couch, während er genüsslich sein Bestelltes aß. In der umgesetzten Atmosphäre war es ohnehin noch gemütlicher und entspannender. Umso mehr mit dem Wein, den er ausgesucht hatte.
 

Kai kam auf keinen Nenner wie er das anstellen sollte, also würde er es wohl doch auf die unsensible Art machen. Aber erst nach dem Essen, denn das wollte er noch genießen, und die Stimmung die gerade herrschte war wirklich entspannend, auch wenn sie gerade nicht miteinander sprachen.

Nach dem Essen half er Uruha, das verschmutzte Geschirr in die Küche zu bringen. Es war zwar eigentlich nicht üblich, dass der Gast dabei half, aber der Leader tat sowas gerne, konnte es sowieso nicht leiden, wenn er Andere die Arbeit machen lassen musste, die er genauso gut auch erledigen konnte. Allgemein nahm er lieber alles selber in die Hand. Eine schlechte Angewohnheit von ihm, wie er zugeben musste, aber er war auch nicht umsonst Leader der Band. Zurück im Wohnzimmer setzte er sich auf die Couch, nahm einen Schluck von seinem Wein und wartete darauf, dass auch der Gitarrist zurückkam. „Findest du es wirklich so schlimm? Dass wir ein zweites Mal miteinander im Bett waren? Jetzt mal einen Moment ignorierend, wie es passiert ist….“, fragte er dann direkt heraus. Wie Uruha darüber dachte, wie es passiert war, das wusste er. Ihn interessierte es aber allgemein betrachtet. Er selbst hatte nie darüber nachgedacht, was wohl passieren würde, wenn er mit einem seiner Kollegen im Bett landen würde, denn für ihn machte das keinen Unterschied, sah er die Person doch dann immer noch genauso wie vorher.
 

War ja klar gewesen, dass Kai dieses Thema nochmal aufgreifen würde. Einen Moment sah Uruha ihn nur an, ehe er sich wieder auf die Couch setzte und die Lippen aneinander bewegte. ".......Nein.", kam dann die verspätete aber erstaunlich nüchterne Antwort. Eigentlich wollte er darauf nicht näher eingehen, es war immerhin peinlich genug, dass er so willig mitgemacht und es so genossen hatte. Ausgerechnet bei Demjenigen den er auf keinen Fall nochmal sexuell hatte erleben wollen. Aber neutral betrachtet war Kai gepflegt, gebildet und hatte einen wenn auch nicht makellosen aber doch zumindest guten Charakter. Es gab also keinen Grund, den Sex mit ihm ernsthaft zu bereuen. Zumal er gut gewesen war, das stand im Raum und das wussten sie Beide. Was ihn störte war die Sache, dass es mit dem Bandkollegen passiert war. Er hasste es, Privates und Beruf zu kreuzen. Der Grund, wieso er ein reges gesellschaftliches Leben hatte, dieses aber beinahe nie die eigenen Bandmitglieder einschloss. Für ihn stand nach wie vor fest, dass das Risiko von Komplikationen den Versuch nicht wert war. Auch jetzt nicht, da das mit Kai passiert war. "Wir sollten es mit diesem zweiten Mal offiziell beenden, bevor es doch unabschätzbare Folgen verursacht.", sagte er deswegen, ohne seine vorherigen Gedankengänge preis zu geben. Etwas, das nicht nur Kai in den letzten Jahren massiv an dem Leadgitarristen gestört hatte. Es war eben schwer, Uruhas Überlegungen nachzuvollziehen, wenn dieser seine Gesprächspartner immer nur vor seine Resultate stellte, ohne sie zu erklären.
 

Wie immer. Uruha stellte ihn vor vollendete Tatsachen ohne, dass man seinen Gedankengang irgendwie nachvollziehen konnte. So war der Gitarrist schon immer gewesen und nicht nur die Band wartete auf den Tag, an dem sich das ändern würde – aber da würde wohl noch der Sankt Nimmerleinstag eher kommen. „Was hättest du denn gemacht, wenn das nicht ich gewesen wäre, sondern irgendjemand anders, der dich erkannt hätte. Und eventuell plaudern würde. Das hätte genauso seine Folgen gehabt, vielleicht sogar weitaus schlimmere. Es macht also keinen wirklich großen Unterschied, ob es bandintern ist, meinetwegen auch innerhalb der Company, oder ob es jemand fremdes ist, der dich erkennt.“ Für Kai war das eine berechtigte Frage, denn falls sowas ans Licht kommen sollte, dann musste er wieder schauen, wie er seine Jungs aus dem Schlamassel zog. Da war es zwar egal wer es war, es würde sowieso unangenehme Fragen und Folgen mit sich ziehen.. Allerdings würde von ihnen niemand reden, soviel stand fest, weshalb er es mit einem Arbeitskollegen weitaus weniger gefährlich fand. Und solange keine großen Gefühle mitspielten, würde es auch nicht in einem Rosenkrieg enden.
 

Uruhas Stirn tat das, was sie neuerdings gern tat - sie zog sich in Falten. Was zum Geier redete der Kerl da? ".....Wir sind in Japan.", erwiderte er trocken. Das war kein komischer europäischer oder amerikanischer Staat, sie waren im Land der sexuellen Verschwiegenheit. Kein Mensch würde ausplaudern dass er mit ihm im Bett gewesen war. Man genoss und schwieg, weil es ohnehin Niemand wissen wollte. Sex praktizieren ging in allen erdenklichen Formen. Darüber zu reden - nicht. Es war nicht gesellschaftstauglich, es war nicht einmal freundschaftstauglich. Niemand wäre so dumm gewesen, sein Sexleben ins allgemeine Gespräch zu bringen. Auch nicht wegen einem vermeintlichen Nischenstar. Selbst nicht, wenn es ein Star war den man toll fand. Dann erst recht nicht, man hätte sich damit immerhin lächerlich gemacht als ein Fan dem es nur darum ging, seinen Star ins Bett zu kriegen. Was Kai da für Sorgen hatte, war ihm ein Rätsel. Am liebsten hätte er noch einen bissigen Spruch rausgehauen, dass er sicherlich niemanden aus der Company vögeln würde, aber diese Geschmacklosigkeit verkniff er sich dann doch. Im Gegensatz zu Kai wog für ihn die Gefahr von Bandproblemen - wie sie sie dank eben Jenem ja wohl mehr als deutlich zu spüren bekommen hatten - weit mehr als die Gefahr, dass sich jemand Fremdes freiwillig lächerlich machte und sich selbst bloßstellte, um mit dem Sex mit ihm anzugeben.
 

„Was du nicht sagst… Du weißt aber auch, dass da draußen genug Irre rumlaufen, die das trotz allem ausplaudern würden. Klar sie würden nicht sehr weit damit kommen, aber es steht als Risikofaktor fest. Oder wenn das so wie bei Ruki passiert, dass er sich einen Ausländer angelt. Die haben weniger die Hemmung etwas frei auszuplaudern. Egal ob jetzt bei sich im Freundeskreis oder im Internet.“, erklärte sich Kai. Er wusste ja selbst wie das hier war, trotzdem wäre er vorsichtig, denn egal was man auf die Gesellschaft projizieren konnte, schwarze Schafe gab es immer und man musste nur an die falsche Person geraten, damit alles den Bach runter gehen konnte. „Was ich damit eigentlich sagen will ist, dass Japan hin oder her und Gesellschaft hin oder her, wir trotzdem aufpassen sollten, wenn wir mit Fremden in die Kiste steigen.“ Ihr Bandjüngster war damit ja schon lasch genug umgegangen und nun im Nachhinein würde Kai ihm gerne deswegen eine an den Hinterkopf klatschen.

Der Leader lehnte sich zurück. Jetzt war es doch in die falsche Richtung gelaufen. Aber bei Uruha hätte er das eigentlich erwarten müssen – und selbst mehr nachdenken hätte er auch können. „Was ich aber nicht verstehe… warum lässt du das so nah an dich ran? Eigentlich war es nur Sex, der an sich auch nichts kaputt gemacht hätte, wenn ich nicht so penetrant gewesen wäre. Wir wissen ja Alle, dass du gerne deine Freizeit und das Berufliche trennst. Ich versteh auch die Sorge um die Band, aber ich versteh einfach nicht genau, wieso es für dich so ein großes Problem bedeutet hat.“ Das war eigentlich der Punkt an der er hatte kommen wollen. Und er verstand es wirklich nicht, immerhin war es nur Sex ohne große Gefühle und Liebesbekundungen, einfach nur Sex und fertig.
 

Uruha musterte Kai eine lange Zeit, ehe er tonlos lachte. "Du bist dominant..... Auf eine ziemlich unerträgliche nervige Art.... Du willst alles regeln und änderst fünfmal das Konzept um. Dann noch deine Charakterschwankungen... Den einen Moment bist du fröhlich und entspannt, den nächsten stutzt du Staffs zusammen, weil etwas nicht so umgesetzt worden ist wie du es wolltest. Du bist gruselig. Niemand aus der Band würde dich nüchtern im Bett haben wollen.", haute er ihm eiskalt an den Kopf. Ob es seine Verärgerung über Kais Verhalten der letzten Zeit oder seine Worte waren, konnte er nicht sagen. Aber Kai hatte neuerdings einen Nerv bei ihm getroffen, der ihn tierisch nervte und ihn dazu verführte, ihm fern jeden japanischen Anstands die Meinung zu geigen. "Sieh es so wie es ist, Kai..... Du bist einfach nicht die beliebteste Wahl.", fügte er dann an, während er sich nachschenkte. "Weder wollte ich Sex in der Band haben, noch ausgerechnet mit dir. Ich respektiere dich als Musiker und ich mag dich als Kollegen, aber so intim wollte ich nie mit dir werden."
 

Der Gitarrist hätte ihm auch einfach nochmal ins Gesicht schlagen können, es hätte dieselbe Wirkung gehabt. Kais Miene änderte sich nicht während Uruha gesprochen hatte, innerlich war er aber alles andere als ruhig. So dachte er also über ihn. In Ruhe trank er sein Glas leer, ehe er es auf den Tisch stellte und sich mit verschränkten Armen zurücklehnte. „Gut, wenn ich so unerträglich für dich bin, reicht es ja, wenn wir uns auf der Arbeit sehen. Du kannst aber auch gerne mal meine Arbeit machen, wenn es dich so stört, dass ich die Staffs zurechtweise, wenn sie nicht so arbeiten wie es sein soll. Weil vielleicht dadurch die Bühnenshow nicht klappt und ich sicherlich nicht will, dass Einer von euch anderen Vier mit Verbrennungen oder ähnlichen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden muss.“, sprach er dann nach einigen Minuten, während er seinen Geldbeutel zurück in die Hosentasche steckte, der bis eben noch auf dem Tisch gelegen hatte. Danach stand er auf, sah Uruha mit ausdrucksloser Miene von oben herab an. „Und so schlecht kann der Sex nüchtern nicht sein, denn sonst wärst du sicherlich nicht so stöhnend unter mir gelegen. Und gegen meine Dominanz hattest du wohl auch nichts einzuwenden. Du hast es offensichtlich also auch genossen, nicht nur ich.“ Kais Stimme klang ruhig, allerdings konnte man die Kälte, die darin lag, eindeutig heraushören. Sauer war er nicht, eher verletzt dadurch, wie der Gitarrist über ihn dachte. Eigentlich hatte er bis vor kurzem noch gedacht, dass sie ein gutes Bandklima hatten, Jeder gut mit den Anderen auskam, aber dem war wohl nicht so, denn es würde wohl nicht nur der Leadgitarrist sein, der so dachte. „Wir sehen uns zur Besprechung. Pünktlich! Sonst kannst du danach noch Papierkram erledigen.“ Mit diesen Worten wand er sich ab, verließ das Wohnzimmer in Richtung Flur, um sich die Schuhe anzuziehen. Jetzt war für ihn der Moment gekommen, in dem er erst mal in Ruhe über das hier nachdenken musste, bevor es wieder eskalierte.
 

Dass der Drummer sich auf den Schlips getreten fühlte wunderte ihn nicht, dennoch hatte Uruha nichts Neues gesagt. Kai hatte diese zweite Seite an sich, die auch jetzt nur allzu deutlich hervorkam. Diese dunkle beinahe bösartige Seite, die einem das Gefühl gab, dass man dem Typen lieber nicht zu nahe stehen wollte. Er mochte ihn. Er mochte ihn nur nicht genug, um mehr als die Bandaktivitäten mit ihm zu erleben. Umso mehr weil Kai längst bewiesen hatte, was für ein Arsch er sein konnte, indem er von oben herab sprach oder ihn wie ein Kleinkind behandelte. "Du vergisst, dass ich zuvor Bandleader war.", erwiderte er nüchtern, ehe sich seine Miene verhärtete. Dass Kai kackdreist die Sexkarte vom zweiten Mal ausspielen würde hatte er zwar überlegt, aber nicht für möglich gehalten. Das hieß also, dass sie an diesem Tag Beide nur allzu gern unter die Gürtellinie getroffen hatten. Aber Kai war ein Idiot wenn er glaubte, dass Uruhas Worte eine Beleidigung gewesen waren. Ablehnung, ja. Distanz verlangend, ja. Aber im Grunde hatte er nur ausgesprochen, was der Leader auch schon vorher gewusst hatte. Dessen unangenehme Seite war ihm sehr wohl bekannt, das hatte Kai schon vor geraumer Zeit in einem Interview eingeräumt. Damals hatte er noch gemeint, er wolle nicht so sein und wolle daran arbeiten, es einzudämmen. Stattdessen war er noch viel ernster und verschlossener geworden. Niemand legte sich mit ihm an, wenn er etwas festzulegen oder abzuändern hatte. Das einzige was Uruha sich vielleicht vorzuwerfen hatte war, dass er es ihm so gnadenlos ins Gesicht gesagt hatte. Aber wenn er es ihm nicht sagte, wer hätte es sonst tun sollen. Es wurde Zeit, dass der Drummer aufwachte und realisierte, wie sehr er sich verändert hatte. Der süße entspannte Musiker, den man in Entfernung lachen hörte war er schon lange nicht mehr. Seine Arbeit bei dieser so umstrittenen Company fraß ihn allmählich auf und bis jetzt schien ihm das nicht einmal bewusst gewesen zu sein. Was das anging empfand Uruha definitiv keine Reue. Umso weniger, als er ihn einfach ziehen ließ. Er hatte gesagt was er hatte sagen wollen. Kai hatte gesagt, was er ihm hatte mitteilen wollen. Jetzt endete es wohl wieder in gegenseitigem anschweigen und nachdenken über die Worte, die gefallen waren.
 

Demnach hatte Uruha dem nichts mehr hinzuzufügen und so liess Kai dessen Wohnungstür ins Schloss fallen und ging.

Zu Hause angekommen – Kai konnte nicht sagen, wie er daheim gelandet war, so abgelenkt war er von seinen Gedanken gewesen – zog er sich sofort wieder bequemere Kleidung an. Eigentlich hatte der Abend so gut angefangen, sie hatten sich wieder relativ gut verstanden und dann endete es in so einem Desaster. Er verstand nicht mal was Uruha für ein Problem hatte. Natürlich war er dominant, das musste er als Leader auch sein, genauso wie es wohl verständlich sein musste, dass er selbst gern alles regelte, so wusste er wenigstens, dass es getan wurde. Verständnislos schüttelte Kai den Kopf. Wohin das noch führte konnte er wirklich nicht sagen und genau das wurmte ihn. Selbst während dem Putzen kam er nicht von diesen Gedanken los, die für ihn weiterhin schleierhaft blieben. Und natürlich war Uruha vor ihm der Leader gewesen, aber er selbst machte nun wohl auch schon deutlich länger diesen Job. „Mach das so lang wie ich und wir reden weiter…“, knurrte er in die Stille der Wohnung hinein, als er gerade den letzten Rest Müll in eine Tüte packte. Den konnte er dann morgenfrüh gleich wegtun. Als er dann mit allem fertig war, setzte er sich auf sein Sofa, einen Stapel Zettel in der Hand, die er noch hatte durcharbeiten wollen. Dass er die Arbeit schon mit nach Hause nahm, war nichts neues mehr, tat er das in letzter Zeit sogar besonders oft. Immerhin musste er die Termine geregelt bekommen, wenn das neue Album draußen war und sie Interviews geben mussten. Radio- und Fernsehauftritte. Alles. Außer ihm machte das ja Keiner und er arbeitete dann lieber in seinen eigenen vier Wänden, als in der Company, die dann nur irgendwie bedrückend auf ihn wirkte. Wahrscheinlich würde er aber genau in diesem Gebäude früher als geplant stehen, wenn er die Termine heute noch arrangiert bekam und das morgen ins Reine brachte und mit dem Management besprach – es bedeutete definitiv, dass er morgen wieder früher auf der Arbeit erscheinen würde, als es ihm lieb war.
 

Uruha hasste solche Auseinandersetzungen. Er konnte dann auch nicht daheim bleiben, fiel ihm dort doch die Decke auf den Kopf. Stattdessen zog er sich um und war kurz darauf auch schon aus der Tür raus, um auszugehn, was trinken zu gehn, vielleicht noch wen zu treffen. Ihm lag nicht daran, Anderen zu schaden. Weder durch Handlungen noch durch Worte. Zwar hatten letztere ordentlich gesessen, aber im Grunde wollte er damit auch nur einen Denkanstoß geben, der in seinen Augen schon lange nötig war. Jenen, dass Kai sich selbst kaputt machte mit seiner Arbeit. Alles selbst machen zu wollen, alles noch perfekter und noch viel perfekter umsetzen zu wollen. Natürlich machte ihn das unliebsam. Es ließ Ruha und andere Menschen auf Distanz gehen, um nicht von Kais Regime-Wahn überrollt zu werden. Seufzend betrat er schließlich einen seiner Lieblingsclubs, hatte sich unterwegs mit zwei Freunden verabredet. Er brauchte Ablenkung.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück