Ala of Sacrum
Kapitel Eins: Ala of Sacrum.
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Nachdem Part Eins seines Plans so gut geklappt hatte, konnte Beyond Birthday auch gleich auf den zweiten Teil übergehen. Das eine lose Ende der Handschelle schob er langsam und vorsichtig zurück zu seinem gebrochenen Handgelenk. Schließlich durfte so früh noch nicht gesehen werden, dass er bereits mit einer Hand frei war. Und wenn er die Wachen auch weiterhin in die Irre führen wollte, indem er ihnen weismachte, er wäre vollkommen harmlos, wäre es eher hinderlich, mit einer losen Schelle herumzulaufen. Trotzdem war jetzt ein wenig Übungszeit eingeplant, immerhin musste er sein gebrochenes Handgelenk zum richtigen Zeitpunkt schnell genug frei bekommen. Wenn er das nicht schaffte, wäre der Erfolg seines Fluchtplans nicht gewährleistet.
Also machte B sich daran, die Hand immer wieder aus der Umklammerung der Schelle zu ziehen; bei jedem Versuch etwas schneller als vorher. Die Schmerzen, die dabei durch seinen gesamten Arm zogen, verdrängte der verurteilte Serienmörder, so gut es eben ging. Opfer mussten schließlich gebracht werden, nicht wahr? Nach ein paar Dutzend Versuchen war Birthday dann auch endlich soweit: Er konnte die lästige Schelle in Sekundenbruchtteilen loswerden, schnell und präzise wie eine Giftschlange, die angriffsbereit auf ihr wehrloses Opfer zuschnellte. Es wahr also wirklich wahr Übung macht den Meister.
Jetzt brauchte B nur noch eine Waffe, die er unbemerkt bei sich tragen und ebenso schnell ziehen konnte. Und das war wohl der leichteste Part seiner Flucht, denn er hatte bereits in der ersten Gefängniswoche einen Rasierer in den Gemeinsschaftsduschen mitgehen lassen. Den Rasierer selbst hatte er gleich darauf jedoch schon entsorgt, denn er war ganz allein an den Rasierklingen interessiert. Die konnten sich ja so schön in der Hosentasche oder unter dem Bett (beziehungsweise unter dem Kopfkissen) verstecken lassen.
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Nachdem alles vorbereitet war - das hieß, die Handschelle war an ihrem bestimmten Platz und seine Hand war bereit, jederzeit hervorzukommen; und auch die Rasierklinge war einsatzbereit - konnte es dann auch losgehen. Wie jeden Tag kam wieder eine Wache zu seiner Zelle, um kurz mal nach Beyond zu sehen. Da er sich noch immer in der dunklen Ecke befand, in die er sich zum Handschellenloswerden verkrochen hatte, musste der arme Kerl, der heute mit dem Nachsehen dran war, gänzlich in die Zelle kommen. Man konnte schließlich nie wissen, ob einer der Mörder nicht vielleicht einen ganz plötzlichen Herzinfarkt erlitten hatte... schon gar nicht, wenn KIRA einen Verbrecher nach dem anderen dahin raffte. Noch stand ja auch gar nicht fest, nach welchem Schema KIRA genau vorging- womöglich stand heute Beyond Birthday auf seiner Todesliste? Dass KIRA momentan gar nicht in der Lage war, überhaupt einer Fliege etwas anzutun, konnte ja niemand wissen. Und Vorsicht war bekanntlich besser als Nachsicht. Obgleich es den Gefängniswärtern schlichtweg egal war, ob und welcher ihrer Insassen am Leben war oder starb.
Jedenfalls kam der arme Tropf von einer Wache nun immer näher in Beyonds Zelle, die Hand jederzeit an seinem Waffengürtel. "Birthday?!", sprach der Mann, dessen Name und Lebenszeit für B ganz deutlich sichtbar war, ganz leise aus; in der leisen Hoffnung, der Angesprochene möge ihm doch bitte antworten (aber eigentlich wollte er doch lieber das Gegenteil... denn B war ihm mehr als nur unheimlich!). Dieser sah das aber natürlich gar nicht ein, da es zu seinem Plan gehörte, den Kerl so nahe es ging an sich heranzulocken. Seine Augen waren allerdings beabsichtigt geöffnet, sodass der rötliche Schein auch für die Wache sichtbar war.
Als die Wache sich dann nahe genug an ihn herangewagt hatte, kam Bewegung in den hockenden Serienkiller. Mit einem unschuldigen Lächeln, welches obgleich seiner rotleuchtenden Augen an Glaubhaftigkeit einbüßte, erhob sich der Schwarzhaarige. Sofort krümmte sich sein Rücken in die antrainierte L-Haltung, die er nahezu perfekt kopieren konnte. Und so ganz nebenbei gab ihm diese Haltung auch den Anschein, er wäre nicht sonderlich gefährlich oder gar stark. Ein nettes kleines Zubrot. Aber das war eine ganz andere Sache.
B fischte sich mit der freien und unversehrten Hand die dunklen Zotteln aus dem Gesicht, ehe er dem jungen Mann dreist ins Gesicht grinste. "Entschuldigen Sie, ich war in Gedanken und habe Sie deswegen erst nicht bemerkt..." Das war natürlich eine glatte Lüge, aber das musste ja niemand wissen. B war sich ohnehin sicher, dass er ziemlich gut lügen konnte, schließlich hatte er selbst dieser Misora vorgaukeln können, er wäre ein (Un)Privatdetektiv gewesen. Und, hey, wer einer scharfsinnigen FBI-Agentin etwas vorlügen konnte, der MUSSTE doch einfach gut sein... oder?!
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Das nächste passierte ziemlich schnell. Noch bevor der Wachmann auf Bs Worte hätte reagieren können, war der schon vorgeschnellt, hatte sein verletztes Handgelenk befreit und im selben Atemzug mit der anderen Hand, die er jetzt ja auch frei bewegen konnte, in seine Hosentasche gegriffen. In besagter Hosentasche befand sich die Rasierklinge, die nun endlich auch aus ihrem Stoff-Gefängnis kommen konnte. Mit der Klinge holte B letztendlich schwungvoll aus und rammte die scharfkantige Kante tief und schnell in den seitlichen Hals des Mannes. Natürlich hatte Beyond nicht vor, den Mann wirklich umzubringen - das konnte er auch gar nicht, immerhin war dessen Lebenszeit noch lange nicht um... und B ging noch immer felsenfest davon aus, dass er niemanden töten konnte, dessen Zeit noch nicht gekommen war. Was für einen Sinn hätten die schwebenden Zahlen über den Köpfen der Menschen auch sonst haben sollen? Wenn der Tod schon früher eintraf, als er laut den Ziffern vorgesehen war, hätten eben diese Ziffern doch keine Bedeutung mehr. Aber das war sowieso egal, denn es zählte für ihn nur sein Ziel; und dafür würde er ohne mit der Wimper zu zucken über Leichen gehen, wenn es denn nötig war.
Während der völlig perplexe Wachmann leise keuchend und röchelnd zu Boden ging, duckte sich B kurz, um an dessen Gürtel heran zu kommen. Immerhin brauchte er den Schlüsselbund, der an dem Gürtel hing. Damit er nicht sofort verraten werden würde, öffnete Beyond den Gürtel und zog ihn aus der Schlaufe heraus, um ihn anschließend eiskalt wie einen Knebel in den Mund des Keuchenden zu stopfen. Wäre ja äußerst unpassend, wenn man wegen dem Kerl auf ihn aufmerksam wurde.
So, jetzt kam der nächste Teil seines Plans dran: Tarnung - oder, wie er es nannte - Operation Chamäleon. Wenn er mit seiner Knastkleidung aus seiner Zelle kam, kurz nachdem ein Wärter zu ihm hereingekommen war, wäre das mit Sicherheit sehr auffällig. Also etwas, das er tunlichst vermeiden sollte, wenn er hier wirklich rauskommen wollte. Genau deswegen machte B sich jetzt auch daran, den ohnehin leicht benommenden Mann auszuziehen - natürlich ohne dreckige Hintergedanken, was denkt ihr denn?! Flink entledigte er die arme Wache seiner Sachen, um sie sich gleich danach selbst überzuziehen. Mit diesen Klamotten würde er auch in der Außenwelt nicht so sehr auffallen.
Nachdem auch das getan war, sah er grinsend auf den immernoch benommen wirkenden Kerl herunter. In Beyonds Augen war ein bösartiges, ja fast dämonisches Funkeln getreten. Wie gern würde er diesem kleinen Würmchen, das sich so hilflos auf dem Boden krümmte, nun den Rest geben... aber er konnte nicht. Die Lebenszeit der Wache war eindeutig gegen ihn. Aber sei's drum, sei's drum. Er wollte ohnehin nur noch ein einziges Mal morden. Und sein Opfer würde L werden! Nur für L zog er diese ganze Scheiße ja überhaupt erst durch. Nur wegen L war er eine Kopie. Eine gescheiterte Kopie. Aber... er würde nicht mehr lange nur die Kopie bleiben.