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Schuld - Bis du mir verzeihst...

RobertxJohnny
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo liebe Leser!
Nach langer Zeit geht es auch hier bei dieser Geschichte endlich weiter, denn ich habe vor, nach und nach nun alle meine Geschichten endlich abzuschließen. Nach diesem werden wohl noch zwei weitere Kapitel folgen, ehe die Geschichte komplett abgeschlossen ist.

Das Kapitel ist meiner Meinung nach etwas schwierig. Ich wollte nicht zu ausschweifend werden, dadurch habe ich viel gekürzt, was vielleicht nicht jedermanns Sache ist. Da ich das Ding jedoch endlich fertig bekommen möchte, war es mir wichtig, auch wirklich zu einem Punkt zu kommen, der ein Ende in Sicht kommen lässt.

Ich wünsche viel Spaß beim Lesen und hoffe, dass ihr auch noch die Geduld für die letzten beiden Kapitel aufbringen werdet! :)
Liebe Grüße,
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Konfrontation

Schuld - Bis du mir verzeihst...

Konfrontation
 

Johnny wusste, dass Robert ihn nicht liebte. Oft hatte er versucht seine Empfindungen zu verdrängen, indem er den Deutschen mied und Abstand hielt, doch kaum sah er ihn nach langer Zeit wieder, raste sein Herz noch mehr. Eine Freundin, von der er sich erhofft hatte, sich vielleicht doch noch in sie zu verlieben, hatte auch nicht geholfen und so hatte er sich wieder von ihr getrennt.

Die Situation war einfach zum Verzweifeln und die Tatsache, dass er und Robert beste Freunde waren, erleichterte die Angelegenheit auch nicht gerade. Hinzu kam, dass Johnny Robert nicht in Verlegenheit bringen wollte und deshalb seine Liebe zu ihm so gut es ging unterdrückte.

Es tat weh und es war unangenehm, wenn er sich Robert nicht auf die Art und Weise wahrgenommen wurde, wie er es sich doch so sehr wünschte. Aber es bestätigte seine allgemein eher pessimistische Lebenseinstellung, dass es sowieso immer so kam, wie es für ihn am ungünstigsten war...
 

Es war Mittwochnacht und die Majestics waren lange auf der Feier von Mr. Dickenson gewesen, sodass es sehr spät geworden war. Viele Blader waren bei den Festlichkeiten anwesend gewesen und sie hatten sich ausgiebig unterhalten und mindestens genauso ausgiebig getrunken. Zumindest außer Johnny, dem Alkohol einfach nicht schmeckte und der deshalb nur Wasser getrunken hatte, und ein paar wenigen anderen Ausnahmen.

Die BBA hatte in verschiedenen Hotels für viele der Gäste Zimmer reserviert und bezahlte die Räumlichkeiten sogar, von daher gab es die Festlegung, dass immer zwei Personen des gleichen Geschlechtes, oder eben Ehepaare, in einem Zimmer schlafen sollten. Deshalb war es auch nicht weiter verwunderlich, dass Enrico mit Oliver und Johnny mit Robert in einem Zimmer übernachtete.

Johnny wusste, dass Robert nur mit ihm in einem Zimmer gegangen war, weil die Zimmeraufteilung im Team seit jeher so aussah. Die häufigen, genervten Reaktionen und die zahlreichen Konflikte, die sie geführt hatten, gaben ihm schon lange das Gefühl, dass Robert nicht unbedingt gerne über einen längeren Zeitraum zusammen war. Zugegebenermaßen tat es Johnny weh, sich als zweite Wahl zu fühlen.

Robert hatte sich bei der Feier ziemlich betrunken. Es war untypisch für ihn, sich so zulaufen zu lassen, auf der anderen Seite wurde vermutlich jeder, der gerne Alkohol zu sich nahm, einmal schwach.

So kam es, dass Robert kaum noch geradeausgehen konnte, als Johnny ihn endlich davon überzeugen konnte, mit ihm zurück ins Hotel zu gehen und sich schlafen zu legen. Die Folge war, dass der junge Schotte ihn auf dem Weg zu ihrem Zimmer stützen musste; glücklicherweise waren keine Reporter und nur noch wenige Gäste in dem Saal. Mit Sicherheit wäre diese ganze Aktion ein gefundenes Fressen gewesen. Nach einiger Zeit und mit viel Mühen hatte es Johnny dann letztendlich doch noch geschafft Robert zu ihrem Zimmer zu bringen. Als er erschöpft und geschafft den Raum betrat, schaltete er das Licht an.

Ihr Gepäck stand neben den Schränken, da man es bereits hoch gebracht hatte, während sie sich sofort nach ihrer Ankunft zu der Feier begeben hatten. Das war auch der Grund, weshalb Johnny nun den Raum zum ersten Mal sah. Das Bett war – zu seinem Entsetzen – ein Doppelbett, wie er es allerdings von Anfang an befürchtet hatte. Wahrscheinlich eine Sparmaßnahme.

Mit einem leisen, frustrierten Seufzen half er Robert dabei sich auf das Bett zu setzen, wobei er für den Deutschen die linke Betthälfte wählte, da sie näher bei der Tür war.

Johnny zog sich seine Schuhe aus und befreite sich von seinem Pulli und seiner Hose, die er dann ordentlich über einen der Stühle legte. Er hatte vor in Shorts zu schlafen, wie er es eben immer tat.

Als er sich wieder zu Robert umdrehte, war dieser gerade mit mäßigem Erfolg damit beschäftigt sich seiner Stiefel zu entledigen. Der Schotte verdrehte genervt die Augen und fragte sich, wie sich jemand freiwillig so sehr betrinken konnte, dass er es nicht einmal mehr schaffte, sich alleine auszuziehen, half ihm dann jedoch bei seiner „äußerst schwierigen“ Aufgabe. Während er die Stiefel beiseite stellte, versuchte Robert – wobei es wiederum nur bei einem Versuch blieb – sein Hemd aufzuknöpfen.

„Selbst Schuld!“, murrte Johnny unwillig. Er war müde und kaputt und wollte einfach nur schlafen – und nicht den Babysitter für seinen besten Freund spielen, der ihn so oft verletzte. „Hättest du nicht so viel Alkohol in dich hineingeschüttet...“ Er murmelte noch einige Kritik am Verhalten des Deutschen vor sich hin, während er Robert aus seiner restlichen Kleidung befreite. Am Ende deckte er Robert zu und betrachtete eine Weile den Betrunkenen, der zwar seine Augen geschlossen hatte, aber eindeutig noch wach war, ehe er um das Bett herum ging und sich ebenfalls hinlegte. „Nacht“, brummte er und machte das Licht, mit Hilfe eines Schalters an seinem Nachttisch, aus.

Eine Weile lang lag er dann mit offenen Augen da und starrte gedankenverloren an die Zimmerdecke, als sich plötzlich zwei Arme um seine Hüften legten und ihn etwas weiter auf Robert zuzogen. Zuerst dachte Johnny, dass der Deutsche schlief und ihn nur rein aus Gewohnheit oder Reflex umklammerte; als Robert jedoch dann plötzlich auf ihm saß und ihn an den Schultern ins Bett presste, musste er feststellen, dass Robert tatsächlich noch wach war.

„Was soll das?“, fragte er etwas verstört und blickte sein Gegenüber böse an, bis ihm klar wurde, dass Robert bei der Dunkelheit seinen Blick kaum erkennen konnte, also griff er demonstrativ mit seinen Händen nach Roberts Armen, um sich zu befreien. Robert nutzte die Gelegenheit und packte ihn mit einer Hand an den Handgelenken und drückte sie über Johnnys Kopf in das Kissen. „Hör auf!“, forderte der junge Schotte verärgert und versuchte nach dem Betrunkenen zu treten, „Was soll das?“

Der Deutsche beugte sich vor. „Wirst du sehen...“, hauchte er ihm ins Ohr. Johnny konnte deutlich die Alkoholfahne riechen. „Du bist betrunken!“, versuchte er das Verhalten seines besten Freundes zu entschuldigen, „Leg’ dich hin und schlaf’!“

Roberts Gesicht näherte sich dem seinen und Johnny versuchte das Unumgängliche zu verhindern, indem er seinen Kopf weiter in das Kissen hineindrückte. Er selbst war über sein eigenes Verhalten verwundert; wo er zwar versuchte alles hinauszuzögern, sich jedoch nicht wirklich wehrte. Ein Teil von ihm wollte Robert in diesem Moment, aber ein anderer Teil von ihm wusste einfach, dass Robert es nicht ernst meinte, dass es ihm nichts bedeutete, weil er aufgrund seines Alkoholkonsums keinen klaren Gedanken fassen konnte.

Aber ihm bedeutete es etwas. Robert so nah zu sein und das Objekt seiner Begierde zu sein... er wollte es, obwohl er wusste, dass es falsch war. Obwohl er wusste, dass er es am Ende bereuen würde.

Der sanfte Atem auf seiner Wange ließ ihn leicht erzittern und sein Herz fing an heftig gegen seinen Brustkorb zu schlagen. Ganz langsam und vorsichtig legten sich Roberts Lippen auf die seinen. Sie schmeckten nach Rotwein und erinnerten Johnny daran, dass er einen Fehler machte, doch er verdrängte diesen Gedanken so schnell es ging wieder.

Robert meinte es nicht ernst.

Na und? Vielleicht würde er sich ja am nächsten Morgen erinnern und seine Gefühle zu Johnny entdecken. Andererseits würde er Johnny dann vielleicht auch hassen.

Der Schotte zuckte zusammen und verhinderte, indem er seinen Kopf ruckartig zur Seite riss, einen Zungenkuss. „Hör auf!“, forderte er abermals, wobei er diesmal nicht mehr ganz so laut sprach, „Du weißt gar nicht, was du tust, am Ende bereust du es noch! Du machst einen großen Fehler!“

Sein Gegenüber hielt kurze Zeit inne, ehe er ihm sanft über die Wange strich.

„Nein, das denke ich nicht“, flüsterte er sanft und ließ Johnnys Handgelenke los, „Ich liebe dich.“

Zuerst konnte Johnny seinen Ohren nicht trauen, bis ihm klar wurde, dass Robert das gerade eben wirklich gesagt hatte. Johnnys Herz begann zu rasen. Robert hatte ihm das gesagt, was er schon lange genau aus seinem Mund hatte hören wollen. Im nächsten Moment wurde ihm klar, dass Robert einfach zu betrunken war um zu verstehen, dass er mit Johnny redete; wahrscheinlich hielt er ihn für sonst wen, nur nicht für seinen besten Freund.

„Nein, es geht nicht“, murmelte Johnny und packte Robert an den Schultern, um ihn von sich herunter zu drücken. „Bitte. Ich meine es ernst: ich liebe dich!“

Johnny zögerte. Was, wenn Robert es jetzt tatsächlich ernst meinte, dass er ihn liebte...?
 

Als Johnny am nächsten Morgen aufwachte konnte er sich noch gut an die Ereignisse der Nacht erinnern und er lächelte sanft, ehe er sich nach Robert umsah und ihn letzten Endes auf der anderen Seite des Bettes auf der Bettkante sitzend bemerkte. Er trug inzwischen einen Morgenmantel. „Guten Morgen“, flüsterte Johnny etwas unsicher, als er sich müde aufrichtete. Er konnte Robert nicht sicher einschätzen, weil er mit dem Rücken zu ihm saß, doch sein Bauchgefühl war ein schlechtes.

„Morgen“, murrte Robert zurück, wobei in seiner Stimme ein leicht gereizter Unterton mitschwang, der Johnny nicht gefiel.

„Was ist denn?“, erkundigte sich Johnny vorsichtig, wobei er hoffte, dass Robert sich umdrehte und ihm endlich einmal in die Augen sehen würde.

„Wir hatten Sex.“

Die Antwort klang mehr wie eine ungläubige Feststellung. Johnny nahm an, dass Robert sich zwar nicht erinnerte, aber aus der Tatsache, dass sie nackt und stark ineinander verknotet eingeschlafen waren, seine Schlüsse gezogen hatte. „Es ist nichts Schlimmes daran, Sex zu haben...“

Roberts Reaktion klang verärgert und Johnny zuckte erschrocken zusammen. „Es ist aber etwas Schlimmes daran, wenn man Sex mit einer Person hat, die man nicht liebt.“

Johnnys Magen zog sich unangenehm zusammen und er verkrampfte sich schlagartig. Er hatte das Gefühl Robert hätte ihm zuerst einen Kinnhaken und dann einen Tritt in den Bauch verpasst. Etwas in seinem Inneren fühlte sich plötzlich furchtbar leer an. Wie konnte Robert ihm nur so etwas eiskalt ins Gesicht sagen? Waren wirklich alle Gefühle, die er gestern Nacht empfunden hatte, einseitiger Natur gewesen? Bei Gott, warum war er auch so naiv gewesen und war auf Roberts vorgegaukelte Liebe hereingefallen, wenn dieser nur seine Triebe hatte befriedigen wollen? Wie dämlich musste er sein, sich von einem Betrunkenen derart verarschen zu lassen?

Es schmerzte. Es schmerzte furchtbar.

Seine Hände umklammerten zitternd die Decke, als Robert aufstand und im Badezimmer verschwand. Nur kurz blickte Johnny ihm nach; er sprang auf, kramte in seiner Reisetasche wahllos nach ein paar Klamotten, die er sich eilig anzog. Er hängte sich die Tasche um und stürmte eilig aus dem Zimmer.

Er wollte von alldem nichts mehr wissen. Vor allen Dingen nicht von Robert! Verflucht, warum hatte er nicht auf seinen Verstand gehört? Warum hatte er sich so gehen lassen? Warum-

„Wohin gehst du?“, fragte Roberts Stimme hinter ihm. Als er sich umdrehte stand Robert vor ihrer Zimmertür auf dem Hausflur. „Nach Hause“, antwortete Johnny kühl und blickte ihn böse an.

„Wir können darüber reden“, begann Robert. „Ich meine... Es hat uns nichts bedeutet, oder? Ein Fehler, ein kleiner Ausrutscher, nichts weiter. Und wenn wir...“

Johnny trat ein paar Schritte auf ihn zu und ohne zu überlegen schlug er zu. Robert starrte ihn verwirrt an und hielt sich die schmerzende linke Wange. „Was soll das?“, keuchte er sichtlich durcheinander.

„Mir hat es was bedeutet, du Arschloch!“, schrie Johnny ihn – ohne groß nachzudenken – an. Er war verletzt und die Tränen, die er bisher hatte zurückhalten können, kullerten nun sein Gesicht hinab. Es war zu viel. „Scheiße...“, murmelte er leise und versuchte weitere Tränen zu unterdrücken. Robert starrte ihn fast entsetzt an.

„Johnny, ich...“, er packte den Schotten am Arm, dieser riss sich sofort wieder los. „Lass mich in Ruhe!“, mit diesen Worten rannte er davon und Robert blickte ihm sprachlos hinterher. Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Seit er Johnny kannte, war ihm nie die Idee gekommen, dass ausgerechnet Johnny in ihn verliebt sein könnte...
 

~*~

Erkenntnis

Schuld - Bis du mir verzeihst...

Erkenntnis
 

Die nächsten Tage hörte Robert nichts mehr von Johnny, obwohl er ihn mehrmals anrief, ihm e-Mails und ein paar Briefe schrieb und mit seinen Eltern sprach. Erst nach 15 Tagen bekam er wieder etwas von dem Schotten mit, was ihm jedoch lieber erspart geblieben wäre: Der gescheiterte Selbstmordversuch Johnnys ging mehrere Tage durch die Presse und auch Enrico und Oliver erkundigten sich inzwischen, was jetzt eigentlich genau zwischen den Beiden vorgefallen war, dass es sie beide so aus der Bahn warf.

Als sie Robert – da dieser ihnen partout nicht sagen wollte, was geschehen war – aufforderten, die Sache mit Johnny zu klären, wies er sie darauf hin, dass es eben das Problem war, dass er die Sache geklärt hatte. Robert versuchte die folgenden Wochen weiterhin Kontakt zu Johnny aufzunehmen; vergeblich.

Das Einzige, was er von nun an über Johnny erfuhr, bekam er über die Zeitungen mitgeteilt oder hörte es auf der Straße von irgendwelchen Leuten, die sich unterhielten.

Nun, die Tatsache, dass er keinen Alkohol mehr trank brachte ihm seinen besten Freund auch nicht wieder zurück, aber es verschaffte ihm die Gewissheit, dass ihm etwas derartiges nicht noch einmal passieren würde. Robert sah ein, dass Johnny nichts mehr von ihm wissen wollte und ging ihm nun ebenfalls aus dem Weg. Allerdings schrieb er dem Schotten dennoch hin und wieder einen Brief und hoffte jedes Mal auf eine Antwort.

Nach ein paar Monaten häuften sich die Artikel über Johnny in der Klatsch und Tratsch-Presse. Er fiel durch häufige Frauengeschichten – wobei es sich meist um 16-Jährige Mädchen handelte – auf, durch ständige Partys und ein plötzliches, übertriebenes Luxusleben in der Öffentlichkeit.
 

Sieben Jahre lang hatte Robert Johnny nicht mehr gesehen und auch nicht mit ihm gesprochen. Und das, obwohl er recht häufig in Glasgow war. Seine jüngere Schwester lebte dort mit ihrem Ehemann und ihren beiden Söhnen, die er recht oft besuchte.

Es war nicht so, dass er permanent an Johnny dachte, inzwischen eigentlich sogar eher selten, aber wenn er einmal an seinen ehemaligen besten Freund dachte, dann schmerzte es tief in seinem Inneren, weil er wusste, dass er damals einen schwerwiegenden Fehler begangen hatte, den er sich selbst wohl am wenigsten verzeihen konnte. Er hatte Johnny die Wahrheit gesagt, er hatte nie etwas für ihn empfunden, was in Richtung Liebe einer festen Beziehung ging. Aber er konnte verstehen, dass die Art und Weise der Klärung, die Johnny so furchtbar verletzt hatte, und die Tatsache, dass es überhaupt zu einem derartigen Problem gekommen war, seine Schuld waren.

Roberts Schwester Sonja hatte in ihrer Wohnung inzwischen schon fast ein eigenes Zimmer für Robert, obwohl dieser sich anfangs geweigert hatte direkt in Sonjas Haus unterzukommen und stattdessen in einem Hotelzimmer übernachtet hatte, um nicht unnötig zur Last zu fallen. Sonjas Dickköpfigkeit hatte allerdings am Ende gesiegt und so übernachtete er – zur Freude seiner beiden Neffen – eben doch dort. Da der Vater der beiden Jungen oft länger arbeitete und auf Grund seiner Arbeit oft lange unterwegs war, sprang er sozusagen immer als eine Art Ersatzvater ein.

Robert hingegen hatte noch keine eigene Familie gegründet. Einige Zeit lang war er mit einer liebenswürdigen Frau namens Sophie verlobt gewesen, doch sie hatten sich wieder getrennt, obwohl Robert sie sehr geschätzt hatte. Es fiel ihm schwer, jemanden wirklich an sich heran zu lassen ohne das Gefühl zu bekommen ihm bald unheimlich weh zu tun.

Obwohl Robert oft hoffte, dass Johnny ihm irgendwann einmal zufällig über den Weg lief, und er so vielleicht die Gelegenheit bekam ihn um Verzeihung zu bitten, wusste er, wie unwahrscheinlich das in einer Großstadt wie Glasgow war. So war es auch nicht sonderlich überraschend, dass er Johnny seit über sieben Jahren nicht mehr gesehen hatte. Der Deutsche hatte immer geglaubt, alle Lieblingsplätze Johnnys zu kennen, vor allem das kleine Café, in dem sie sich grundsätzlich getroffen, gegessen und sich unterhalten hatten, hatte er als solches angesehen, aber Johnny ließ sich auch dort nicht mehr blicken. Wahrscheinlich hatte der Schotte mit Robert und damit auch mit allem, was er mit ihm in Verbindung brachte, abgeschlossen.

Es war der vierte Juni, ein warmer, sonniger Tag und Robert saß zeitungslesend auf der Terrasse des zuvor genannten Cafés. Neben ihm auf dem Tisch stand sein Cappuccino, den er bestellt hatte. Er hatte es sich angewöhnt mit dem Rücken zur Straße hin zu sitzen, damit er nicht immer wieder in Versuchung kam, nach Leuten Ausschau zu halten, die er kannte. Vertieft in den Text, den er gerade las, blätterte er um und griff nach seiner Tasse um einen Schluck zu trinken.

„Darling, wartest du schon lange auf mich?“

Der erfreute Ruf hallte über den Platz und Robert verdrehte leicht genervt die Augen. Warum mussten Verliebte eigentlich immer so laut sein? Mit einem leisen, wehleidigen Seufzen wandte er sich wieder seiner Zeitung zu, musste jedoch feststellen, dass das Liebespaar eindeutig irgendwo direkt hinter ihm stand, da er ihre Unterhaltung – ohne es zu wollen – dennoch mitbekam.

„Nein, ich bin erst eben gekommen...“

Nun, Robert wusste, dass es sich nicht gehörte irgendjemanden zu belauschen, aber er konnte nicht verhindern, dass er zumindest Fetzen des Gespräches mitbekam.

„Ich weiß, du redest nicht gerne über so was, aber ich muss endlich mal mit dir darüber reden...“, meinte die Frau nach kurzer Zeit zögerlich.

„Worüber denn?“, erkundigte sich der Mann und klang dabei leicht verwirrt. Robert jedoch kam es eher so vor, als hatte er irgendetwas in seinem Unterton, was bezeugte, dass er es sehr wohl wusste. Die Frau schien dies jedoch nicht zu bemerken und erklärte ihm ihre Gedanken. „Weißt du, auf meiner Arbeit munkelt man darüber, dass du... nun ja... eine Frau nach der anderen hast... ich...“, sie brach ab, allem Anschein nach hatte ihr Gegenüber sie durch eine Geste zum Schweigen gebracht. „Du glaubst doch nicht etwa diesen Gerüchten? Die Frauen in deiner Firma sind nur eifersüchtig auf uns...“

Roberts Ansicht nach war das eine glatte Lüge. Zumindest schloss er das aus dem Tonfall, doch die Verliebte schien von alldem nichts zu merken.

„Wenn das so ist...“, der freudige und erleichterte Unterton war nicht zu überhören, „Was machen wir denn heute?“

„Was immer du möchtest, Schatz.“

„Wir könnten etwas Essen gehen...“

„Gute Idee. Wohin möchtest du denn zum Essen gehen?“

„Am liebsten in das neue Sushirestaurant...“

Robert musste unweigerlich grinsen, wenn er an Johnnys Einstellung zu japanischem Essen dachte. Er hatte Johnny einmal in ein japanisches Nobelrestaurant eingeladen und der Schotte hatte sich den ganzen nächsten Tag schlecht gefühlt und sich mehrmals übergeben. Seitdem hatte er keinen Schritt mehr in ein asiatisches Restaurant gesetzt. Wiederum erwische sich Robert dabei, wie er mit seinen Gedanken abschweifte. Verflucht! Die letzten Jahre hatte er kaum an Johnny gedacht... und plötzlich wanderten seine Gedanken immer wieder zu dem Schotten. Es war ihm unangenehm, wieder dauerhaft an seinen Fehler erinnert zu werden.

„Ach, weißt du Schatz, Sushi... nun ja, es bekommt mir nicht sonderlich. Willst du nicht lieber etwas anderes essen?“

Der Deutsche blinzelte kurz und grinste dann bitter, als er über die Wahrscheinlichkeit nachdachte, dass Johnny da hinter ihm stand. Konnte das wirklich ein Zufall sein?

„Italienisch“, kam die Antwort von der Frau. „Ah, das trifft sich gut...“, meinte der Mann, „Ich kenne hier in der Nähe ein wirklich grandioses Restaurant. Hier entlang...“

Es gab nur eine einzige Chance, sich zu vergewissern, und das war nun mal, die Gelegenheit zu nutzen, die sich ihm gerade bot, sich umzudrehen und zu sehen, wer hinter ihm gestanden hatte. Ein flüchtiger Blick über seine Schulter würde schon niemandem auffallen...

Zögerlich wandte er seinen Kopf um und er entdeckte die beiden auch ziemlich schnell, da sie, trotz ihres Aufbruchs, noch relativ nahe bei ihm waren. Exakt in diesem Moment fiel der blondhaarigen, recht schlanken Frau etwas herunter und der Mann, dessen Haare zwar ebenso rot wie Johnnys, jedoch recht kurz und in alle möglichen Richtungen gestylt waren, beugte sich hinunter, um es aufzuheben; und das war exakt der Moment, da er sich umdrehte und ihre Blicke sich für einen kurzen Moment trafen. Es war genau in diesem Moment, dass das Gesicht des anderen Mannes entsetzt, fast schockiert wirkte und Robert sich bestürzt einfach wieder seiner Zeitung zuwandte.

Sein Herz raste förmlich und er konnte seinen Herzschlag deutlich in seinen Ohren hören, sofern das Blut einen Augenblick lang nicht so laut rauschte. Es gab keinen Zweifel. Es musste einfach Johnny gewesen sein. Und er hatte sich stark verändert.
 

Nach dem unfreiwilligen Auffinden Johnnys war Robert der Appetit gänzlich vergangen und die ganze Zeit spukte ihm Johnnys Gesichtsausdruck im Kopf herum. Er hatte auf der einen Seite peinlich berührt, entsetzt gewirkt. Auf der anderen Seite verärgert und herablassend. Und Letzteres hatte Robert wieder deutlich seinen Fehler erkennen lassen und ihm wurde klar, dass das, was Johnny nun war, alleine seine Schuld war.

Gedankenversunken war er danach eine Weile in der Gegend herumgelaufen, um etwas für sich zu sein und seine Gedanken ein wenig in Ordnung zu bringen. Es mussten mehrere Stunden gewesen sein, denn inzwischen wurde es dunkel.

Mit einem leisen Seufzen trat er in eine der beleuchteten Einkaufsunterführungen. Erstaunlicherweise war nicht sonderlich viel los, was eigentlich für Glasgow trotz der späten Uhrzeit, recht untypisch war. Ein paar wenige Leute kamen ihm entgegen, doch nachdem sie den Gang verlassen hatten, war er wiederum fast alleine. Er blickte sich nachdenklich um und sein Blick blieb an einem der Schaufenster hängen: Ein Geschäft für Edelklamotten für populäre Leute, die sich so etwas leisten konnten. Robert erinnerte sich daran, zuvor bereits an dem Laden vorbeigelaufen zu sein, er musste ziemlich viele Stockwerke haben. Gerade als er sich zur Seite drehen wollte, stieß er beinahe mit jemandem zusammen.

„Sorry“, murmelte er, erstarrte jedoch im nächsten Augenblick; ebenso sein Gegenüber, das dann jedoch vom einen Moment auf den nächsten wütend wurde.

„Verfolgst du mich jetzt oder was?“

Robert blinzelte nur verwirrt. Er war absolut nur durch Zufall hier vorbeigekommen und hatte Johnny auch seit dem Nachmittag nicht mehr gesehen.

„Lass mich gefälligst in Ruhe!“

Der Schotte wollte an ihm vorbeieilen, da schaffte es Robert endlich zu sprechen: „Johnny, ich...“

Der Schotte fuhr herum und funkelte ihn zornig an. „Was ist? Willst du wieder Sex?“

Im nächsten Augenblick hatte er den Deutschen gegen das Schaufenster gepresst und der Blick auf Johnnys Gesicht wandelte sich völlig. Er wirkte nun nicht mehr wütend, sondern einfach nur noch lüstern. „Wie hättest du es denn gerne? Aber ich will dir gleich sagen... billig wird es für dich sicher nicht!“

Robert spürte ein unbeschreibliches Kribbeln im Bauch, das ihm unheimlich unangenehm war, ausgelöst durch eine ebenso unerträgliche Situation, die einem Albtraum hätte entspringen können. Aber es war real. Als Johnny noch ein Stückchen näher kam, zog sich Roberts Magen unangenehm zusammen und er schluckte hart. Er wusste, dass Johnny es absolut nicht ernst meinte, dass er mit ihm spielen, ihn verletzen wollte, um sich so zu rächen. Und obwohl Robert sich schuldig fühlte, bezweifelte er, dass es der richtige Weg war, sich Johnny zu ergeben und sich dafür noch schlechter zu fühlen.

Johnnys Atem war angenehm warm an seiner rechten Wange und das Gewicht seines Körpers drückte ihn immer noch gegen das Fenster. Doch seine Hände hatten sich inzwischen von seinen Schultern gelöst und suchten sich ihre ganz eigenen Wege. Während seine linke Hand nach oben wanderte, um Robert im Gesicht zu berühren, spürte Robert deutlich die andere in seinem Schritt, wie sie zupackte.

Es war erstaunlich, dass die Berührungen in ihm zwar Unbehagen auslösten, aber nichts in ihm gegen das, was Johnny tat, protestierte. Er empfand es sogar fast als schön Johnny in seiner Nähe zu haben. Auch wenn dieser ihn hasste und gerade dabei war an ihm herumzumachen, einfach nur um ihn in irgendeiner Weise zu erniedrigen. Aber zumindest ignorierte er ihn nicht.

Als Robert seine Hand hob, um Johnny zu berühren, um sich zu vergewissern, dass ebenjener wirklich vor ihm stand, schreckte dieser zurück und starrte ihn entsetzt an. Allem Anschein nach hatte er absolut nicht damit gerechnet, dass Robert es wagen würde irgendetwas zu tun.

Ohne ein weiteres Wort rannte der Schotte davon und Robert blickte ihm schweigend hinterher.
 

~*~

Wiedersehen

Schuld - Bis du mir verzeihst...

Wiedersehen
 

„Herzlich Willkommen im ‚La Grandezza’. Ich freue mich, dass Sie den Weg hierher gefunden haben“, die brünette, kurzhaarige Dame am Eingang verneigte sich leicht und schenkte Robert, der im schwarzen Anzug und mit roter Krawatte gekleidet in der Tür des Geschäftes stand, ein Lächeln, dieser blickte sie verwundert an.

Nachdem es ihm schwer gefallen war am Abend einzuschlafen, hatten sich den ganzen Morgen über seine Gedanken weiterhin im Kreis gedreht. Permanent hatte er sich an das Treffen mit Johnny erinnert und sich gefragt, welche Reaktion in dieser Situation wohl am sinnvollsten gewesen wäre, doch er hatte immer noch keine Lösung gefunden.

Er hatte nicht einmal gemerkt, dass er sich in Bewegung gesetzt hatte. Im einen Moment war er noch Mitten in der belebten Innenstadt gestanden, im nächsten hatte er sich plötzlich in diesem Laden wieder gefunden. Als er ihn betrachtete, erkannte er das Modegeschäft, vor dem er am Abend gestanden hatte. Es war groß, geräumig und gemütlich eingeräumt. Es gab neben den Kleidungsständern und den Umkleidekabinen einige Sessel aus dunklem Leder und zahlreiche Spiegel. Die angebotene Ware wirkte teuer. Roberts Blick fiel erneut auf die Frau, die ihn begrüßt hatte. Sie war schlank, trug ein türkisfarbenes Kostüm mit passendem Schmuck. Ihre braunen Augen musterten ihn freundlich. „Kann ich Ihnen helfen? Suchen Sie etwas Bestimmtes?“

„Eigentlich“, Robert dachte kurz nach, was er nun genau sagen wollte, „Eigentlich wollte ich mich nur ein wenig umsehen.“

„Ah, in Ordnung. Dann wird es Sie mit Sicherheit nicht stören, wenn ich für einen kurzen Augenblick verschwinde. Ich muss noch ein paar Anrufe tätigen. Aber ich werde Ihnen einen meiner Angestellten gerne zur Beratung bereit stellen und-“

Robert winkte mit einem Lächeln ab. „Keine Sorge, machen Sie sich bitte keine Umstände.“

Sie war bereits beim Weggehen, als sie meinte „Machen Sie sich keine Gedanken, bei uns ist der Kunde König“ und leise kicherte. Der Deutsche schloss daraus, dass in diesem überteuerten Geschäft Adelige von höherem Geblüt tatsächlich an der Tagesordnung waren und die Frau ihren kleinen Scherz ziemlich wörtlich gemeint hatte.

Mit einem leisen Seufzen fuhr er sich durch die Haare. Eigentlich hatte er gar keine Lust, sich neue Kleidung zu kaufen. Ob es auffallen würde, wenn er sich jetzt einfach aus dem Staub machte? Zumindest wäre es mit Sicherheit eine Erleichterung für seinen Geldbeutel. Nicht, dass dieser einen Einkauf in diesem Geschäft nicht vertragen würde. Robert mochte es schlicht und ergreifend nicht, wenn er unnötig Geld ausgab. Er wandte sich zu einem Kleiderständer neben ihm, an dem Frauenklamotten hingen und bedachte diese skeptisch. Er fragte sich schlagartig, ob es hier überhaupt Männerklamotten gab.

„Meiner Ansicht nach nicht ganz deine Größe“, der sarkastisch-bissige Unterton der Stimme ließ Robert erschrocken zusammenzucken und sich fragen, womit er das verdient hatte. Auf der anderen Seite hatten sie so vielleicht endlich einmal die Zeit für ein Gespräch. Er drehte sich langsam um.

„Hallo, Johnny.“

Der Schotte schien recht unschlüssig zu sein, wie er ihn zu behandeln hatte. Auf der einen Seite seine persönliche Abneigung, auf der anderen Seite seine geschäftliche Höflichkeit. Seine Augen musterten Robert aufmerksam und Herabschätzung war in ihnen zu erkennen.

Johnnys Haare waren wie am vorigen Tag wild und zerzaust, standen in alle Richtungen. Seine Kleidung war edel, weiße Hose, rotes Hemd, vermutlich selbst in diesem Laden gekauft.

„Woher weißt du, wo ich arbeite?“

Sein Gesprächspartner schien sich dafür entschieden zu haben, dass Robert es nicht wert war, eine Kündigung zu riskieren, sodass er in einen geschäftsmäßig-neutralen Tonfall verfallen war, während er weiterhin wie angewurzelt mit verschränkten Armen stehen blieb. Robert wusste, dass es sich nicht lohnte, ihm groß und breit zu erklären, dass die ganze Angelegenheit ein Zufall war – er würde ihm so oder so nicht glauben. Also zuckte er nur mit den Schultern. „Ich bin hier um etwas zu kaufen.“

Eine glatte Lüge, aber das musste ja niemand wissen. Vielleicht war es auch gar nicht so schlecht, wenn er die Gelegenheit nutzte, Johnny ein wenig für sich zu beanspruchen. Er hatte sich inzwischen damit abgefunden, dass ihre Freundschaft schon vor vielen Jahren zerbrochen war. Das bedeutete aber nicht, dass er in Gedanken die alten Zeiten nicht noch einmal neu aufleben lassen oder vielleicht sogar doch irgendwie endlich einmal das klärende Gespräch mit dem Schotten herbeiführen konnte.

Johnny musterte ihn skeptisch, schwieg jedoch. Dann trat er ein paar Schritte auf Robert zu. Obwohl Johnny schon immer wesentlich kleiner als Robert gewesen war, hatte er immer behauptet, dass er diesen – sobald er erst einmal ausgewachsen wäre – locker um einen Kopf überragen würde. Es hatte sich nicht bewahrheitet, der Größenunterschied war derselbe geblieben. Ob Johnny gerade über dasselbe nachdachte? Zumindest hatte sich sein Gesichtsausdruck schlagartig verdüstert, normalisierte sich jedoch sofort wieder.

„Irgendwelche besonderen Wünsche?“, bevor Johnny einen weiteren Kommentar dazu abgeben konnte, dass er sich Frauenklamotten angesehen hatte, als er aufgetaucht war, unterbrach ihn Robert. „Am liebsten wäre mir natürlich Kleidung für Männer. Falls dieser Laden so etwas anbietet.“

Der Schotte presste seine Lippen aufeinander. „Natürlich, ein Stockwerk höher haben wir ein sehr breites Angebot für Männer. Im Obergeschoss ebenfalls. Möchtest du mit dem Aufzug fahren? Ich nehme die Treppe.“ Er setzte sich in Bewegung, Robert folgte ihm wortlos die Stufen hinauf.

Auch diese Etage war ähnlich wie die untere eingerichtet, nur dass es hier Männerbekleidung en masse gab. Er hob anerkennend die Augenbrauen und Johnny rang sich ein stolzes Grinsen ab. „Was darf’s denn sein?“

Wie sich herausstellte, beherrschte Johnny seinen Job wirklich gut. Vermutlich hatte er mit seiner Playboy-Art noch einen viel größeren Erfolg bei den Frauen, die hierher kamen um sich neue Kleidung zu kaufen, aber auch in Roberts Fall erwies er sich als äußerst kompetent. Robert hätte ihm das nicht zugetraut, vor allem nicht nach den Spannungen, die zwischen ihnen existierten. Auf der anderen Seite hatten sie innerhalb dieser Zeit kein einziges privates Wort gewechselt.

„Du machst das falsch.“

Die vorwurfsvolle Stimme riss Robert aus seinen Gedanken und als er in den Spiegel sah, stellte er fest, dass er sich beim Krawattenknoten tatsächlich hoffnungslos verknotet hatte. Johnny kam auf ihn zu und fummelte an dem Stoff herum. „Lass mich das machen.“ Robert zögerte, nahm dann jedoch gehorsam seine Hände beiseite und ließ den Schotten gewähren.

Er war mit seinem Einkauf so gut wie fertig, musste nur noch bezahlen und sich eben wieder in seine ursprünglichen Klamotten kleiden. Gewöhnlicherweise band er seine Krawatten nicht selbst, ließ sie einmal binden und zog sie sich einfach über dem Kopf – vor Johnny war ihm das als peinlich vorgekommen. Robert warf einen kurzen Blick in den Spiegel, konnte jedoch nur Johnny von hinten sehen, der immer noch mit dem Schlips beschäftigt war. Schlagartig musste Robert an den letzten Abend denken und fragte sich, ob ihm Johnnys Nähe angenehm oder unangenehm sein sollte.

„Fertig.“

„Danke“, meinte Robert leise und gab Johnny einen Kuss auf die Wange, woraufhin dieser in schockiert anblickte und ein paar Schritte zurückwankte. Was er genau getan hatte, realisierte Robert erst, nachdem es geschehen war. Warum er es getan hatte, wusste er nicht. Er wusste nur, dass es für ihn nun wohl an der Zeit war zu verschwinden und er schnappte sich seine Kleidung, um sie zur Kasse im unteren Stockwerk zu bringen.

Dort angekommen bezahlte er und besprach mit einer jungen Dame noch schnell einige Änderungen, die an zwei der Kleidungsstücke durchgeführt werden sollten und zu denen ihm der Schotte geraten hatte. Tatsächlich war er es auch gewesen, der alles abgesteckt hatte. Er hinterließ seine Handynummer, damit sie ihn anrufen konnten, sobald die Sachen fertig waren. Als er sich abwandte, um das Gebäude zu verlassen, stand Johnny auf der Treppe und fixierte ihn mit ausdruckslosem Blick. Robert war klar, dass seine Handlung keinesfalls förderlich für ihre sowieso schon spannungsgeladene Beziehung gewesen war. Aber es war einfach über ihn gekommen. Er schaffte es, sich ein leichtes Lächeln abzuringen, ehe er sich wegdrehte und aus dem Laden eilte.
 

Das war mit Sicherheit seit Jahren seine am schlechtesten durchdachte Handlung gewesen. Was er genau damit hatte erreichen wollen, wusste er nicht, genauso wenig, wie er eine Ahnung hatte, warum er es überhaupt getan hatte.

Es war doch alles bis zu diesem Moment relativ gut gelaufen. Seit Jahren hatte Johnny endlich einmal wieder mit ihm gesprochen. Auch wenn es nichts Privates gewesen war, aber es war zumindest ein Anfang gewesen. Tatsächlich zielte seine Taktik auch nicht darauf ab, den Schotten dazu zu bringen, ihm zu verzeihen – er hatte immerhin keine Taktik. Dass er am Morgen in dem Laden gestanden hatte, hatte nichts mit Johnny zu tun gehabt. Zwar hatte ihn das Treffen am letzten Abend eine unruhige Nacht und verwirrte Gedanken beschert, aber er war kurz davor gewesen, wieder einmal mit dem Schotten abzuschließen. Natürlich wäre es eine wunderschöne Vorstellung, seinen besten Freund wieder für sich gewinnen zu können, aber spätestens nach dem, was er heute gemacht hatte, war es mehr als unwahrscheinlich. Vielleicht war es auch am besten so, wenn er einfach alles wieder vergaß und das Kapitel Jonathan McGregor einfach dauerhaft verdrängte. Er hatte auch die letzten Jahre kaum an Johnny gedacht.

Aber es lag wohl in der Natur des Menschen, dass er sich für lange verlorene Dinge, die plötzlich wieder auftauchten, besonders begeistern konnte. Und Johnny hatte sicherlich seinen ganz besonderen Reiz.
 

~*~

Erneute Zusammenkunft

Schuld - Bis du mir verzeihst...

Erneute Zusammenkunft
 

„Meine Chefin hat gesagt, ich soll dich anrufen. Deine Sachen sind fertig.“

Der genervte Tonfall, mit dem diese Begrüßungsworte gesprochen wurden, war deutlich durch den Hörer wahrzunehmen und Robert fragte sich schlagartig, warum das Schicksal sie beide immer wieder zusammen führte. Auch wenn es in diesem Fall einfach nur ein schlichtes Telefonat war.

Er hatte seit einer Woche nichts mehr von Johnny gehört und hatte in dieser Zeit auch völlig verdrängt, dass er ein paar Kleidungsstücke hatte umarbeiten lassen, die er ja auch bei Gelegenheit wieder abholen musste. Vielleicht war er doch ein bisschen zu sehr darauf bedacht gewesen, alles wieder zu vergessen.

„In Ordnung. Das heißt, ich kann sie heute abholen?“

Zögern am anderen Ende der Leitung, „Ja.“

„Dann bis gleich.“

Kaum hatte Robert diese Worte gesagt, hatte Johnny auch schon aufgelegt und er seufzte leise auf. Allem Anschein nach war der Schotte wirklich nicht allzu gut auf ihn zu sprechen und das bereitete im Unbehagen, weil er das Gefühl hatte, Johnny durch den Kuss auf die Wange enorm gekränkt zu haben. Und das war mit Sicherheit nicht sein Ziel gewesen.

Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und fragte sich für einen kurzen Moment ob er sich die Klamotten nicht einfach zuschicken lassen sollte – zumindest würde er so Johnny nicht noch einmal über den Weg laufen.

„Hab’ ich das richtig verstanden?“, mit fragendem Blick wandte sich Robert zu seiner Schwester Sonja um, die gerade damit beschäftigt war, Zutaten für das Mittagessen aus den Küchenschränken zu holen. Er selbst saß am Küchentisch und hatte sich dazu bereit erklärt, ihr zu helfen, „Du gehst nachher noch einmal weg?“

Als Antwort nickte er nur knapp.

„Dann wäre es mir fast lieber, wenn du jetzt gleich gehen würdest“, sie lächelte ihn an, „Tobias arbeitet heute wieder länger und ich weiß, dass die Jungs ziemlich frustriert sein werden. Kannst du sie vielleicht von der Schule abholen? Die Beiden haben dich sehr gern, vielleicht vergessen sie dann ein bisschen ihren Frust. Es wäre wirklich schön, wenn du das machen könntest.“

Für einen kurzen Augenblick zögerte der Deutsche und dachte angestrengt darüber nach, ob er ablehnen sollte, weil er eigentlich keine so rechte Lust hatte, seine Sachen auch wirklich abzuholen. Doch was blieb ihm schon großartig übrig? Er wollte seiner Schwester den Gefallen nun wirklich nicht abschlagen – schon alleine seinen beiden Neffen zu liebe. „Um wie viel Uhr ist die Schule aus?“

„In zwei Stunden.“

Robert seufzte leise und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Natürlich könnte er auch einfach die beiden Jungen abholen und die Klamotten einfach erneut verdrängen, aber was würde ihm das bringen? Am Besten er brachte es schnell hinter sich. Er würde nur noch zwei Wochen in Glasgow sein, ehe er wieder zurück nach Berlin ging und es war sehr unwahrscheinlich, dass er Johnny innerhalb dieser Zeit noch einmal traf, wenn er sich von dem Laden und der Innenstadt fernhielt.

„Okay, ich mach’s. Dann mache ich mich soweit fertig und ziehe mich schnell um, und dann gehe ich los. Ich hoffe, es ist wirklich in Ordnung, wenn du die ganze Kocharbeit alleine erledigst?“

Seine Schwester lächelte ihn freundlich an, „Keine Sorge, so viel Arbeit ist das nicht, mein Guter. Suchst du nach einer Ausrede für irgendetwas?“
 

So stand er hier nun also. Schon wieder. Er war von der Entwicklung der gesamten Situation nicht sonderlich angetan, aber er konnte es schlecht ändern. Natürlich könnte er alles einfach ignorieren und so tun, als hätte das Wiedertreffen mit Johnny niemals stattgefunden. Er könnte jetzt in diesem Augenblick auf dem Absatz kehrt machen und es dabei belassen lassen. Auf der anderen Seite war es nicht unbedingt seine Art einfach davon zu rennen. Schwierigkeiten waren dazu da, dass man sie aus dem Weg räumte. Also hieß es in diesem Fall: Augen zu und durch.

Als er den Laden betrat, lief leise klassische Musik im Hintergrund. Das Geschäft sah von der Einrichtung her noch genauso aus, wie er es in Erinnerung hatte. Es waren ein paar Kunden im Laden, die sich die angebotene Kleidung besahen und von Angestellten beraten wurden. Unter diesen konnte Robert Johnny erkennen, der ihn, als er ihn erkannte, einen Moment lang böse anstarrte. Robert überging dies jedoch geschickt und wandte seinen Blick ab, um zur Kasse zu gehen und sich über den Verbleib seiner Kleidung zu erkundigen. Es war ihm nur Recht, dass sein ehemaliger bester Freund zur Zeit anderweitig beschäftigt war. Das ersparte ihm viel Unangenehmes.

Er lächelte die blondhaarige Frau hinter dem kleinen Schalter an, diese grüßte ihn freundlich. „Guten Tag, kann ich Ihnen irgendwie helfen?“ „Ja, das können Sie. Mein Name ist Robert Jürgens. Ich wurde heute Morgen angerufen, dass die Kleidung, die ich hier habe Umnähen lassen, fertig sei.“ Die Frau tippte etwas in den Computer, der neben ihr stand, ein und blickte dann erneut auf. „Genau. Wenn Sie bitte einen kurzen Augenblick warten würden, dann hole ich die Sachen schnell.“

Zur Bestätigung nickte er nur knapp und sein Gegenüber verschwand in einem Nebenraum. Mit einem leisen Seufzen wandte er sich zu der Ware um und betrachtete die Menschen ein wenig, wie sie sich Kleidung auswählten oder sich gerade im Spiegel betrachteten. Seine Augen wanderten zu Johnny, der gerade seiner Kundin charmant zulächelte und ihr die Hand reichte, ehe er sich von ihr verabschiedete und einen Stapel Kleidung nahm, den er in Richtung Kasse trug. Robert wandte sich wieder um und hoffte inständig, dass sich die junge Frau, die nach seiner Ware suchte, etwas mehr beeilte. Tatsächlich kam sie in diesem Moment wieder aus dem Zimmer heraus, die Kleidung über ihrem Arm. Wenn er nun schnell bezahlte, dann würde er eine direkte Konfrontation mit Johnny vielleicht vermeiden können.

„Ah, Sammy, könntest du bitte diese Sachen hier für Miss Brown zurücklegen? Ich kümmere mich derweil um deinen Kunden hier.“

Er hatte es geahnt. Der junge Schotte würde die Sache nicht einfach so vergessen, nein, er würde den Konflikt suchen. Schlagartig fragte sich Robert, warum Johnny behauptete, dass er ihn verfolgte, wo er es doch selbst war, der es nie fertig brachte, ihn einfach zu ignorieren.

Sein Gegenüber nahm die Kleidung entgegen, die ihr Johnny reichte, und nickte Robert entschuldigend zu, ehe sie sich abermals davon machte. Währenddessen trat der Schotte hinter die Kasse und blickte Robert ungewöhnlich ausdruckslos an. Robert kannte diesen Gesichtsausdruck noch aus ihrer gemeinsamen Teamzeit - Es war eine Art Pokerface, das Johnny immer dann nutzte, wenn er seine wahren Intentionen nicht offen Preis geben wollte. „Schön, dass du so schnell kommen konntest. Allem Anschein nach konntest du es gar nicht erwarten, mich wieder zu sehen.“

Robert verdrehte genervt die Augen und entschied sich dazu, sich gar nicht zu dieser Angelegenheit zu äußern. Sich auf großartige Diskussionen einzulassen, war mit Sicherheit nicht die beste Lösung in Anbetracht der Beziehung, die Johnny und er zueinander pflegten. Solange er nichts sagte, lieferte er ihm auch keine Angriffsfläche. Zumindest hoffte er das.

Johnny tippte etwas in den Computer ein, während er die Etiketten der Kleidungsstücke nacheinander betrachtete und diese dann beiseite schob. „Eines verstehe ich jedoch immer noch nicht“, im Gegensatz zu dem bisher recht herablassenden Tonfall, wirkte Johnnys Stimme nun ziemlich ernst, was Robert sehr verwunderte. Er blickte fragend auf und bedachte sein Gegenüber mit einem skeptischen Blick. „Was?“

„Warum du dir all die Mühe gemacht hast. Mit dem Auflauern, Verfolgen und dem Einkaufen im Geschäft hier“, begann er und musterte Robert aufmerksam, der ihn jedoch sofort unterbrach, „Ich habe nicht-“

„Wenn du es auf Sex abgesehen hattest, hättest du mich auch einfach anrufen und fragen können, dann-“

„Jetzt aber mal langsam!“, zischte Robert aufgebracht. Er wollte hier vor den ganzen Kunden keine Szene machen, aber die Vorwürfe, die Johnny ihm machte, störten ihn enorm.

„Ich mag es nicht, wenn man um mich herumschleicht. Ich gebe dir, was du willst, aber dann lass mich gefälligst in Ruhe. Kapiert?!“

„Ich will sicherlich nicht mit dir schlafen!“

„Morgen, siebzehn Uhr im Four Seasons-Hotel, Zimmer 134.“

„Genau welchen Teil von ‚Ich habe nicht vor, Sex mit dir zu haben’ hast du nicht verstanden?!“

Der Schotte blickte ihn jedoch nur mit gleichgültiger Miene an und schob ihm seine Einkäufe entgegen. „Einen schönen Tag noch.“

Robert starrte den Schotten sprachlos an.
 

~*~

Auseinandersetzung

Schuld - Bis du mir verzeihst...

Auseinandersetzung
 

Er war gekommen. Ja, das stimmte. Aber sicherlich nicht, weil er mit seinem ehemaligen, besten Freund Sex haben wollte, sondern einfach nur, weil er endlich einmal reinen Tisch mit diesem machen und die Tatsachen klar stellen wollte. Lange hatte er überlegt, ob es nicht vielleicht besser wäre, Johnnys Einladung zu ignorieren, war dann jedoch zu dem Schluss gekommen, dass es zwar das Problem, das sie hatten, hinauszögern aber nicht lösen würde. Und er wollte nicht auf ewig mit dem Gefühl leben müssen, dass sich zwischen ihm und Johnny ein unglaublich großes Missverständnis befand.

Mit einem frustrierten Seufzen fuhr er sich durch die Haare und fragte sich schlagartig, ob Johnny überhaupt in dem Zimmer sein würde, das er ihm genannt hatte. Vielleicht war es ein Trick, um ihn zu ärgern, vielleicht fand er jemand anderen vor, vielleicht war auch Johnny da, um ihn einfach nur bloß zu stellen, aber vielleicht hatte Johnny es auch vollkommen ernst gemeint. Ein Schauder erfasste Robert, als er vor der Zimmertür 134 des prunkvollen und prächtigen Hotels Four Season zum Stehen kam.

Meine Güte. Wenn jemand dahinter käme, dass er sich in diesem Zimmer mit Jonathan McGregor zum Sex verabredet hatte, für wie notgeil würde man ihn dann halten? Ein Kerl, mit dem er nicht mal mehr befreundet war, und den er seit etlichen Jahren nicht mehr gesehen hatte, hatte ihn zum Sex eingeladen. Vermutlich war das für Johnny wirklich keine große Sache, denn er hatte ein ausschweifendes Partyleben und dass er seine Freundinnen wechselte, wie andere ihre Socken, war auch allgemein bekannt. Ob Johnny auch schon Beziehungen mit Männern geführt hatte? Erneut erschauderte er. Hoffentlich konnte er das Missverständnis bald aus der Welt räumen.

Zögerlich klopfte er an die Zimmertür und betete insgeheim, dass ihm nun auch wirklich der Schotte und nicht etwa irgendjemand fremdes diese öffnen würde. Es dauerte einige Zeit, als - tatsächlich – Johnny ihn in das Zimmer bat. „Du bist spät“, kommentierte er die Situation und verschränkte seine Arme vor der Brust, als Robert eintrat und die Tür langsam hinter sich schloss.

Johnny trug gewöhnliche Alltagskleidung, eine Jeans und ein grünes T-Shirt, was Robert in seinem Anzug – denn als Geschäftsmann hatte er so gut wie immer teuere Anzüge an – ein wenig übertrieben gut angezogen wirken ließ.

„Ich habe gewusst, dass du kommst“, meinte Johnny weiter, wobei sein Tonfall äußerst abwertend klang, „Du bist leicht zu durchschauen.“ Robert zuckte mit den Schultern: „Bin ich das? Gut, dann muss ich ja nicht groß erklären, dass ich nicht vor habe mit dir zu schlafen, sondern dass ich einfach nur diese ganze Situation ein für alle mal klären will.“ Sein Gegenüber starrte ihn für einen kurzen Augenblick fast zornig an, ehe er lachte. „Sehr witzig, Robert.“

Wie zur Bestätigung ließ sich Robert in einen der Sessel fallen, die um den Zimmertisch standen, und er überschlug seine Beine, ehe er seinen Kopf auf seine rechte Hand abstützte und Johnny skeptisch musterte: „Sag mir, wenn du fertig bist, denn ich habe heute noch andere Sachen vor.“ Zwei Augen blickten ihn wütend an. „Wieso solltest du der Einladung folgen, wenn du nicht mit mir ficken willst?“ „Vielleicht, weil ich mit dir reden will?!“

Es herrschte einige Zeit Schweigen, ehe Johnny erneut das Wort ergriff: „Kriegst du etwa keinen hoch?“ Für einen kurzen Augenblick überlegte Robert, auf die Vorwürfe einzugehen, hielt sich dann jedoch zurück. Er kannte Johnny gut genug, um zu wissen, dass er versuchte, ihn zu reizen, um ihn dazu zu zwingen, das zu tun, was er wollte. Allmählich wurde ihm auch klar, wieso Johnny mit ihm schlafen wollte. Er konnte es an seiner ganzen, herabwertenden Art ablesen, dass er nur darauf brannte, ihm beim Sex auflaufen zu lassen und ihn so vor ihnen beiden bloß zu stellen. So hätte er auf ewig etwas gegen ihn in der Hand – zumindest versprach er sich das vermutlich.

„Tja, da kann man wohl nichts machen. Man kann nicht alles haben. Ist deshalb deine Beziehung zu Sophie gescheitert? Ich nehme an, euer Sexleben war nicht gerade sonderlich prickelnd.“ Die Erwähnung Sophies ließ Robert aus seinem Sessel auffahren. Sophie hatte sicherlich rein gar nichts mit dieser Situation zu tun. Sie waren zwei Jahre zusammen gewesen, davon ein Jahr lang verlobt, doch Sophie hatte sich von ihm getrennt. Robert war nicht bereit gewesen, sie irgendwie psychisch an sich heran zu lassen. Seit dem er Johnny durch seine unbedachte Handlung derart verletzt hatte, hatte er Angst, dass etwas ähnliches nocheinmal passieren würde, dass er wieder versehentlich etwas Falsches tat. Deswegen war er sehr vorsichtig geworden.

Er war immer nett zu Sophie gewesen, hatte ihr jeden Wunsch erfüllt und sie hatten sicherlich viele schöne Momente miteinander verbracht, aber sein Herz war nicht bereit gewesen, sich irgendwie an sie zu binden. Für ihn persönlich kein Problem. Für Sophie jedoch schon.

„Sie hat rein gar nichts mit dem zu tun, also lass' sie auch heraus aus dieser Sache. Sie ist eine ehrenwerte Frau und jemand wie du-“, Robert unterbrach sich, als er bemerkte, dass er dabei war, die Kontrolle über sich zu verlieren und er beinahe in einen Schwall von Beleidigungen gegen sein Gegenüber ausgebrochen wäre. „Jemand wie ich...?!“, hakte Johnny nach, doch Robert begann zu lachen und fixierte ihn dann.

„Das ist es, oder? Ich dachte die ganze Zeit über, dass du denkst, dass ich mit dir schlafen möchte. Aber das ist es ja gar nicht. Du willst Sex mit mir, nicht wahr? Wie konnte ich das nur übersehen? Es ist doch so offensichtlich. Ist dein Drang nach sexueller Befriedigung so stark?“, er trat ein paar Schritte auf Johnny zu, der ihn einfach nur anstarrte und zu keiner Reaktion fähig war, als er ihn am Kinn berührte, „Willst du so unbedingt von mir gefickt werden, dass du alle Register ziehst? Dass du versuchst mich zu provozieren?“

Für einen kurzen Moment, fragte sich Robert, ob es in Ordnung war, wenn er tatsächlich das tat, was Johnny von ihm erwartete – aber zumindest hatte er somit dessen Einverständnis. Es war also nicht so, als würde er etwas Falsches tun. Ein Grinsen zog sich über seine Lippen, als ihm klar wurde, dass er den Schotten mit seiner plötzlichen Wandlung und seiner autoritären Haltung ziemlich schockiert haben musste. Was hatte er erwartet? Er war der Chef einer riesigen Firma. Er musste sich durchsetzen können.

„Ich gebe dir, was du willst, Johnny. Aber nur weil du es bist“, es war vielleicht nicht unbedingt fair, Johnny zu erniedrigen. Im Endeffekt trug Robert daran die Schuld, was aus ihm geworden war, auf der anderen Seite rechtfertigte das keinesfalls den Versuch einer absoluten Bloßstellung. Es war sicherlich nicht falsch, Johnny einmal von seiner eigenen Medizin kosten zu lassen.

Er drängte ihn zum Bett und Johnny schien immer noch nicht wieder fähig zu sein, irgendetwas zu unternehmen und ließ sich einfach nur auf dieses zurückfallen. Hatte Robert tatsächlich derart ins Schwarze getroffen, dass Johnny sich plötzlich nicht mehr sicher war, was er wirklich wollte? Oder war ihm eben erst bewusst geworden, dass er die ganze Zeit über derjenige gewesen war, der mit ihm hatte schlafen wollen? Nun, es war jetzt mit Sicherheit zu spät für ihn, seine Meinung noch einmal zu ändern. Robert hatte sich schon längst damit abgefunden, was als nächstes folgen würde.

Der Deutsche zog seine Anzugjacke aus und löste seine Krawatte. Es folgten das Hemd, seine Hose und seine Shorts. Er wusste, dass er sich beim Ausziehen von Johnny keinerlei Hilfe versprechen konnte. Dieser lag immer noch vor ihm und blickte zu ihm auf, fast so, als könne er sich nicht entscheiden, ob er sich darüber freute, dass er seinen Willen bekam, oder nicht.

Robert bedachte ihn kurz mit einem Grinsen und fragte sich, ob sich so vielleicht der böse Wolf in Rotkäppchen gefühlt haben mochte. Er wusste, dass Johnny es hassen würde, wenn Robert ihn dazu brachte, den Akt zu genießen, vor Erregung seinen Namen zu stöhnen – und deshalb würde er ihn auch dazu bringen. Es sollte nichts Halbherziges werden, sein Herz sollte für einen kurzen Augenblick ganz alleine für ihn schlagen. Natürlich war Robert sich darüber im Klaren, dass Johnny ihn danach dafür verabscheuen würde. Aber das tat er so oder so schon. Als ob das jetzt noch einen allzu großen Unterschied machte...
 

Nachdem Johnny das Hotelzimmer mit den Worten „die Rechnung bezahlst du“ verlassen hatte, war Robert mehr als nur klar geworden, was für einen großen Fehler er begangen hatte. Dass er schlicht und ergreifend zu weit gegangen war. Er hatte Johnny ordentlich durchgenommen, ihn verwöhnt und erregt, ihn dazu gebracht, sich unter ihm zu winden, letzten Endes dazu gezwungen, ihn um den erlösenden Orgasmus anzuflehen. Zitternd und keuchend hatte er unter ihm gelegen, ohne zu wissen, was er machen sollte, um Robert dazu zu bewegen, weiter zu machen mit dem, was er so abrupt unterbrochen hatte.

Was für ein Idiot war er gewesen, sich derart hinreisen zu lassen, dass er die Kontrolle über seine Vernunft verloren hatte? Mit einem leisen Seufzen fuhr er sich durch die Haare, erhob sich dann, um sich wieder anzuziehen. Er verließ das Hotelzimmer, bezahlte und entschied sich dazu, noch nicht nach Hause zurück zu kehren. Wie sollte er Sonja die ganze Sache auch erklären? Er schüttelte den Kopf über sein eigenes Verhalten, und entschied sich, erst einmal frische Luft zu schnappen und sich noch ein wenig zu beruhigen. Was er getan hatte, stand ihm noch viel zu nah, als dass er so einfach darüber hätte hinwegsehen können.

Wohlwissend, dass die Natur ihm am besten die nötige Ruhe brachte, schlug er, nachdem er sich einen Regenschirm aus seinem Auto geholt hatte, da es in Strömen regnete, den Weg zum Park ein, während seine Gedanken immer noch um die Szene im Hotel kreisten. Ob es damals auch so gewesen war, als sie das erste Mal miteinander geschlafen hatten? Er selbst konnte sich in keiner Weise an irgendetwas erinnern, aber wenn er davon ausging, dass er betrunken gewesen und vermutlich die treibende Kraft des Ganzen gewesen war-

Verwirrt blickte Robert auf, als er ein Schluchzen hörte und er sah sich nach der Quelle des Geräusches um. Auf einer Parkbank etwa fünfzig Meter entfernt saß mitten im Regen Johnny zusammengekauert, die Hände über sein Gesicht gelegt, und heulte. Robert zog es unangenehm den Magen zusammen. Er wusste, dass er Johnny sehr verletzt haben musste. Er hatte seinen Stolz gekränkt und ihn erniedrigt, so gut es ihm möglich gewesen war. Es war nicht fair gewesen. Er verabscheute sich selbst für das, was er getan hatte, und für einen kurzen Augenblick überlegt er, zum ihm hinzugehen und ihm zu sagen, wie Leid ihm das alles doch tat. Doch er hielt sich zurück. Wenn er jetzt zu Johnny ging, war das für diesen mit Sicherheit noch schlimmer, als die Blöße, die er sich beim Sex gegeben hatte.

Irgendwann würde er sich mit Sicherheit entschuldigen. Aber nicht heute.

Morgen.
 

~*~

Krankheit

Schuld - Bis du mir verzeihst...

Krankheit
 

Nachdem er die ganze Nacht über kein Auge zu bekommen hatte, war Robert noch früher als sonst aufgestanden. Er hatte wirklich gehofft, die Geschehnisse einfach verdrängen zu können, aber die Tatsache, dass er sich wie der letzte Arsch fühlte und er zu der Überzeugung gelangt war, dass sein ganzes Verhalten des letzten Tages absolut inakzeptabel und unentschuldbar war, ließen das nicht zu. Es wäre ja auch zu schön gewesen.

Über das Internet hatte er recht schnell die Öffnungszeiten des ‚La Grandezza’ herausbekommen, und sich dazu entschieden, dass es am besten wäre, sofort zur Ladenöffnung anwesend zu sein, um Johnny zu sagen, wie sehr ihm das Alles Leid tat. Natürlich würde das rein gar nichts an den Tatsachen ändern und Johnny würde ihm vermutlich nicht einmal zuhören – ihre Abmachung hatte schließlich besagt, dass Robert sich nach dem Sex nicht mehr bei ihm blicken lassen würde – aber er wollte es zumindest versuchen. Er wusste, dass der Schotte ihm niemals verzeihen würde, aber zumindest hatte er ihm dann ehrlich gesagt, wie er über die ganze Sache dachte.

Sein Versuch scheiterte jedoch kläglich. Als er sich bei der Chefin nach Johnny erkundigte, erklärte ihm diese, dass er nicht zur Arbeit erschienen war, er stattdessen am Morgen angerufen und sich krank gemeldet hatte. Es wäre wohl auch zu einfach gewesen.

Was ihn jedoch beschäftigte, war die Frage, ob Johnny tatsächlich erkrankt war, oder ob er sich wegen der gewissen Angelegenheit einfach nur derart schlecht fühlte, dass er es nicht fertig gebracht hatte, aus dem Bett zu steigen. Nachdem sie das erste Mal miteinander Sex gehabt hatten, hatte sich Robert geschworen, in Zukunft in derlei Beziehung vorsichtiger zu sein. Es war schmerzhaft festzustellen, dass er seitdem rein gar nichts dazu gelernt hatte. Der gleiche Fehler hatte sich wiederholt. Und wieder wusste er nicht, wie er es schaffen sollte, Kontakt mit Johnny aufzunehmen. Ob er es wirklich wagen sollte, bei ihm, wo auch immer er wohnte, aufzukreuzen? Was würde es an der Situation groß ändern? Gar nichts.

Trotz aller Bedenken entschied sich Robert dazu, zu dem, was er getan hatte, auch weiterhin zu stehen. Alles Abzustreiten und sich selbst einzureden, dass man nichts dafür konnte, dass Johnny es nicht anders gewollt hatte, wären schlicht und ergreifend schlechte Ausreden gewesen. Und so etwas hatte er nicht nötig.

Über ein Telefonbuch hatte er Johnnys Adresse herausgefunden und war auch kurzerhand direkt dort hin gefahren. Das Gebäude, in dem sich Johnnys Wohnung befand, war in einem äußerst guten Zustand. Alles war pikobello sauber und ordentlich, großräumig und strahlte eine gewisse Ruhe aus. Die Grundfarben waren Weiß und Holz und verliehen dem Ganzen ein ebenmäßiges Bild. Sicherlich war die Miete für dieses Haus nicht sonderlich günstig, auf der anderen Seite konnte Johnny es sich wohl leisten. Er arbeitete in einem teueren Kleidungsgeschäft und hatte noch nie gerne unter seinem Niveau gelebt.

Robert hatte sich schon öfters einmal gefragt, wie Johnny nun eigentlich genau lebte. Er konnte sich den Schotten in einer kleinen Wohnung nicht wirklich vorstellen, auf der anderen Seite wusste er, dass dieser sich schon vor ein paar Jahren von seiner Familie losgesagt und seither keinen Kontakt mehr mit ihr gehabt hatte. Insofern finanzierte er sich sein Leben selbst und lebte nicht vom allgemeinen Vermögen der McGregors. Was natürlich auch zur Folge hatte, dass Johnny in keiner riesigen Villa oder Burg mehr wohnte.

Als er vor Johnnys Wohnungstür zum Stehen kam, war diese verschlossen und auch auf das Klingeln reagierte niemand. Was hatte er erwartet? Wie groß war überhaupt die Wahrscheinlichkeit, dass er zu Hause war? Falls Johnny jedoch wirklich krank war, und gar nicht zur Tür gehen konnte, dann war das ebenfalls seine Schuld und wenn er nur ein bisschen Anstand hätte, dann wäre es seine Pflicht, zumindest danach zu sehen, wie es ihm ging und sich zu vergewissern, dass er nicht gerade im Sterben lag oder ähnliches. Mit einem leisen Seufzen schüttelte Robert seinen Kopf und blickte an die Wand neben der Wohnungstür.

Er kannte Johnny gut genug um zu wissen, dass er immer einen Ersatzschlüssel außerhalb der Wohnung aufbewahrte, da er Tendenzen hatte, seine Schlüssel von Zeit zu Zeit in der Wohnung liegen zu lassen. In all den Jahren der Freundschaft war er auch, was das Versteck für ebenjenen Ersatzschlüssel anging, nicht sonderlich kreativ gewesen. Aber sollte er wirklich einfach so in Johnnys Wohnung spazieren?

Egal wie die Situation aussah, nichts rechtfertigte einen Einbruch. Gute Güte, er konnte schon die Schlagzeile lesen, wenn die Presse hinter eine derartige Aktion käme: „Robert Jürgens steigt Lover hinterher“. Dass daran nichts Wahres war, musste nicht unbedingt heißen, dass es sich nicht wie ein Lauffeuer verbreitete.

Auf der anderen Seite machte er sich wirklich Sorgen, sein schlechtes Gewissen plagte ihn enorm, und er wusste, dass er nicht eher Ruhe finden würde, ehe er Gewissheit über die Situation und nicht zumindest ein paar wenige entschuldigende Worte mit Johnny gewechselt hatte. Er erstarrte für einen kurzen Augenblick. Ob er Johnny vielleicht derart verletzt hatte, dass dieser versucht hatte Selbstmord zu begehen? Er hatte das schon einmal versucht, nachdem sie das erste Mal Sex miteinander gehabt hatten. Damals hatten Bedienstete ihn noch rechtzeitig gefunden. Aber wie sah das Ganze jetzt aus?

Innerlich fand Robert sich allmählich damit ab, dass er wohl gleich den größten Fehler seines Lebens machen würde. Mit einem leisen Seufzen bückte er sich und tastete die Unterseiten der drei Treppenstufen ab, die vom Durchgangsflur zur Wohnungstür hin führten. Tatsächlich befand sich dort ein Schlüssel. Robert fuhr sich noch einmal mit seiner linken Hand durch die Haare, ehe er die Wohnungstür aufschloss, sie vorsichtig ein wenig öffnete, den Schlüssel wieder an seinem ursprünglichen Ort befestigte und dann zögerlich die Wohnung betrat.

Der erste Eindruck, den die Wohnung machte, war ein sehr moderner. Die Möbel waren kantig und funktional, wirkten fast ein wenig steril. Die Wandfarbe war weiß, sodass sich die schwarz-grauen Möbel deutlich davon abhoben. Obwohl alles in sich stimmig war, wirkte die Wohnung auf Robert recht ungemütlich. Allerdings hatte das wohl weniger mit der Einrichtung direkt, als mit seinem persönlichen Faible für prunkvolle, verspielte Raumausstattung zu tun. Ansonsten war alles erstaunlich ordentlich. Es lagen kaum irgendwelche Dinge herum, und was herumlag, lag allem Anschein nach an seinem angestammten Platz.

Um sich nicht ganz so sehr wie ein Einbrecher vorzukommen, räusperte er sich laut. Es folgte jedoch keine Reaktion. Das bedeutete, dass Johnny entweder nicht da war, oder das ihm keine Möglichkeit gegeben war, auf ihn zu reagieren. Sorgsam versuchte sich Robert zuerst einmal, sich in den Räumen zu orientieren. Denn wenn Johnny krank war, war es mehr als nur wahrscheinlich, dass er ihn in seinem Bett vorfinden würde.

Nachdem Robert bereits das Badezimmer und die Küche entdeckt hatte, stellte sich die letzte Tür als das Wohnzimmer heraus. Der Raum führte an seiner rechten Seite zu einem weiteren Zimmer, dessen Tür nur leicht angelehnt war. Mit dem Wissen, dass es sich bei diesem Raum zwangsläufig um das Schlafzimmer handeln musste, trat Robert darauf zu, streckte vorsichtig die Hand danach aus, um den Durchgang weiter zu öffnen. Die Tür gab zuerst einmal die Sicht auf ein schwarzes Doppelbett frei, was Robert dazu brachte, dem Raum darum herum keine sonderliche Beachtung zukommen zu lassen. Mit schnellen Schritten trat er neben das Bett und bedachte den Schlafenden mit einem besorgten Blick.

Johnny trug immer noch die Kleidung, die er am vorigen Abend angehabt hatte. Er war aufgedeckt, zitterte jedoch am ganzen Körper und hatte einen sehr unruhigen Schlaf.

Sorgsam legte Robert ihm seine Hand auf die Stirn und stellte schnell fest, dass die Körpertemperatur des jungen Schotten weit über normal lag. Er zog ihm die Decke über die Schultern, ehe er sein Handy zückte und den Raum für einen kurzen Moment verließ.
 

~*~

Fürsorge

Schuld - Bis du mir verzeihst...

Fürsorge
 

Dass er aufwachte, bemerkte er erst, als seine Augenlider zuckten. Was genau geschehen war, wusste er nicht. Was er wusste, war, dass er sich schlecht fühlte. Er war verschwitzt und fühlte sich furchtbar erschöpft. Obwohl ihm heiß war, fror er, sein Körper zitterte. Und obgleich er gerne gesehen hätte, wo er sich befand, schaffte er es nicht, seine Augen auch nur um einen kleinen Spalt zu öffnen. Alles, was er in dem Moment wahrnehmen konnte, war eine sanfte Berührung an seiner Hand und wie jemand die Bettdecke ein Stückchen höher zog, ehe sich eine kühle Hand auf seine Wange legte. „Wie fühlst du dich?“

Das Gesagt hallte dumpf in seinem Kopf wieder und obwohl er den Sinn der Worte nicht genau erfassen konnte, hatte er das Bedürfnis, darauf zu reagieren. Zu zeigen, dass er bemerkte, dass jemand da war, die Person dazu zu bewegen, bei ihm zu bleiben, während er sich so hilflos fühlte. Er bemühte sich seinem Mund ein paar Laute zu entlocken, doch er brachte keinen Ton hervor. Sein Mund war eigenartig trocken. Was war nur mit ihm los? „Sssscht. Schon okay.“

Die ruhigen Worte klangen in seinen Ohren fast wie eine Belohnung für seine Anstrengungen und Johnny entspannte sich mit einem leisen Seufzen wieder ein wenig. Wer auch immer bei ihm war, würde vermutlich bei ihm bleiben, bis er wieder einschlief. Die Müdigkeit machte sich langsam in ihm breit, als sich ein Arm unter ihn schob, und ihn in eine halbwegs sitzende Position brachte. Johnny wurde schlagartig schlecht und er hatte das Gefühl, dass ihm gleich der Kopf zerspringen würde. Er hatte nicht die Kraft sich selbstständig aufrecht zu halten, sodass er einfach nur erleichtert war, als die Person ihm die Gelegenheit gab, sich gegen sie zu lehnen. Eine wohlige, beruhigende Wärme ging von dem Körper aus und Johnny versuchte, so gut es ihm möglich war, nicht gleich ins Land der Träume zu entfliehen.

„Du musst jetzt viel trinken“, die Stimme klang so unendlich weit entfernt, als sie diesmal sprach, „Du hast viel Feuchtigkeit verloren...“

Er erinnerte sich nur noch, wie er einen angenehm warmen Tee trank, wie er das Getränk dankbar schluckte, ehe er endgültig das Bewusstsein verlor.
 

Als er das nächste Mal aufwachte, fühlte er sich noch nicht sonderlich viel besser. Er war müde und erschöpft und sein Körper fühlte sich schlichtweg krank an. Aber zumindest war es ihm nun vergönnt, sich zumindest einigermaßen bewegen zu können. Langsam und vorsichtig schlug er die Augen auf und erkannte – anfangs noch recht verschwommen - die vertraute Umgebung seines Zimmers. Sein Gedächtnis war lückenhaft. Er wusste, dass er am Morgen bei seiner Chefin angerufen und sich für die Arbeit krank gemeldet hatte, dass er sich wieder hingelegt hatte, weil er sich schlecht gefühlt hatte. Doch dann... Wie lange hatte er geschlafen? Und wer war die Person gewesen, die bei ihm im Zimmer gewesen war, als er für kurze Zeit das Bewusstsein erlangt hatte? Oder hatte er in seinem Fieber geträumt?

Immer noch liegend, fasste sich Johnny mit seiner Hand an die Stirn. Er wagte es nicht, sich schnell zu bewegen oder sich aufzurichten. In seinem momentanen Zustand würde vermutlich sein Kreislauf endgültig zusammenklappen. Seine Stirn war warm. Als er seine Hand wieder sinken lassen wollte, fiel ihm auf, dass er einen Schlafanzug trug. Träge runzelte er die Stirn. Er wusste, dass er sich am Abend keine Mühe gemacht hatte, sich umzuziehen, und dass er dann am Morgen auch weiter in seinen Klamotten geschlafen hatte, weil er schlichtweg zu erschöpft gewesen war. Sein Magen zog sich unangenehm zusammen, als er sich fragte, ob es diese mysteriöse Person aus seinen Träumen wirklich gab. War es eines der Mädchen, mit denen er innerhalb des letzten halben Jahres herumgemacht hatte? Und wie war dieser Jemand überhaupt in seine Wohnung gekommen? Er war sich nicht sicher, ob er wütend oder dankbar sein sollte, dass jemand in seine Wohnung einstieg, um sich dann um ihn zu kümmern.

Nur sehr zögerlich ließ er die Hand wieder herab sinken und blickte sich im Raum um. Ob die Person im Moment noch anwesend war? Sein Blick blieb an einer Schnabeltasse hängen, die auf seinem Nachttischchen stand und allem Anschein nach mit Tee gefüllt war. Er schluckte und verzog das Gesicht, als ihm bewusst wurde, dass sein Mund ausgetrocknet war und geradezu nach dem Getränk verlangte. Mit einem leisen Ächzen der Anstrengung hievte er seinen Oberkörper ein wenig in die Höhe und stützte sich mit seiner linken Hand ab, während er mit der rechten nach dem Becher griff. Es kostete ihm unendlich viel Mühe und als er den Gegenstand endlich in den Händen hielt, war er so erschöpft, dass er sich vorsichtig ins Bett zurücksinken ließ und erst einmal die Augen schloss, um seine Sinne zu beruhigen. Einige Zeit lag er ruhig so da, ehe er die Schnabeltasse zu seinem Mund führte, um daraus zu trinken. Er war in diesem Augenblick überaus dankbar, dass er sich zum Trinken nicht auch noch extra aufrichten musste, und während er Schluck um Schluck die halbwarme Flüssigkeit in sich aufnahm, spürte er erneut die unheimliche Erschöpfung und Müdigkeit, die in ihm aufkeimten und seine Augen zu fallen ließen.

Doch kaum hatte er sich entspannt zurück gelehnt, hörte er Schritte. Er öffnete seine Augen und lauschte. Vorsichtig schob er den inzwischen fast leeren Becher zurück auf den Nachttisch und zog sich dann wieder die Decke über die Schultern, während er die Tür fixierte. Als diese sich langsam öffnete, klappte ihm im ersten Moment förmlich die Kinnlade herunter, ehe er mit wuterfüllter Miene hochfuhr, um sein Gegenüber anzuschreien. Exakt in dem Augenblick wurde ihm klar, dass er sich besser nicht so schnell aufgerichtet hätte. Ihm wurde schwarz vor Augen und er verlor schlagartig seinen Gleichgewichtssinn. Vor seinen Augen schimmerten kleine, weise Punkte und vorsichtig fasste er sich mit der Hand an die Stirn. Dass er nach hinten fiel, bemerkte er erst, als ihn sanft zwei Hände packten und die letzten Zentimeter seines Falls abbremsten. Johnny war in dem Moment einfach nur schlecht und er versuchte seinen Puls zu beruhigen.

„Es wird gleich wieder besser“, meinte Robert beiläufig in einem beruhigenden Tonfall und Johnny spürte, wie Zorn sich in ihm aufstaute. Wieso ausgerechnet Robert? Warum kümmerte sich ausgerechnet der Mensch um ihn, den er am wenigsten bei sich haben wollte? Und wie war dieses Arschloch überhaupt in seine Wohnung gekommen?

„Ich kann verstehen, dass du wütend bist“, fuhr Robert gelassen fort und Johnny spürte, wie er eine Art Salbe, deren Kräutergeruch ihm in die Nase stieg, auf seiner Brust verteilte. Aufgrund der Übelkeit, die er empfand, wagte er es jedoch nicht, sch irgendwie zu bewegen, geschweige denn, sich gegen die Behandlung zu wehren. „Und um ehrlich zu sein, wäre ich im Moment auch lieber wo anders. Allerdings werde ich mich so lange um dich kümmern, bis du wieder selbstständig aus dem Bett aufstehen kannst. Keine Sorge, danach werde ich wieder aus deinem Leben verschwinden. Ich habe nicht vor, dich länger als notwendig zu belästigen.“
 

~*~

Missverständnisse

Missverständnisse
 

Robert hatte tatsächlich Wort gehalten. Nachdem es ihm besser gegangen war, war er eines Morgens spurlos verschwunden gewesen und Johnny fragte sich seitdem, ob er Robert für seine Fürsorge dankbar sein oder ihn dafür hassen sollte. Auf dem Küchentisch hatte er lediglich einen Brief gefunden, in dem sich Robert noch einmal für sein Verhalten im Hotel entschuldigt hatte. Zuerst hatte Johnny diesen Brief weggeworfen gehabt, doch nach einigen Stunden hatte er ihn letztendlich doch wieder aus dem Mülleimer gefischt und ihn gelesen.

Was auch immer Robert mit seinem Verhalten bezweckte, es war für Johnny schlicht und ergreifend ein Rätsel und die ganze Angelegenheit war ihm außerdem verdammt unangenehm. Er hatte sich in den letzten Jahren so sehr daran gewöhnt, niemanden allzu nah an sich heran zu lassen (zumindest auf psychischer Ebene, da er niemals bezweckt hatte, auf den Sex mit seinen zahlreichen Verehrerinnen verzichten zu müssen), dass es ihm schmerzhaft den Magen zusammenzog, wenn er spürte, dass alte Gefühle wieder hochkamen, die er so lange Zeit hatte unterdrücken können. Das Letzte, was er wollte, war wieder von Robert abhängig zu sein und noch einmal von ihm weggestoßen zu werden.

Er würde sich nicht noch einmal darauf einlassen. Und doch schien alles, was sein Verstand und sein Bauchgefühl ihm rieten, nichtig, sobald seine Gedanken erst einmal um diesen dämlichen Idioten kreisten. Warum hatte er über all die Jahre nicht dieses Gefühl der Geborgenheit vergessen können? Er wollte keine Beziehung zu Robert. Nicht mehr.

Und trotzdem...

Gedankenverloren blickte Johnny in den Spiegel, der an seiner Zimmerwand hing, und richtete sein Hemd für die Arbeit. Seit immerhin zehn Minuten. Mit einem genervten Seufzen ließ er von seiner Handlung ab, schloss die Augen und lehnte seinen Kopf gegen die kühle Oberfläche des Spiegels.

Was genau passiert war, wusste er nicht mehr. Das Einzige, an das er sich gut erinnern konnte, waren die letzten beiden Tage, die er alleine verbracht hatte. Robert war bereits vorher gegangen. Die Zeit davor war ein Durcheinander von verzerrten Bildern und Erinnerungsbruchstücken, die genauso gut seinen Fieberträumen hätten entspringen können. Was davon entsprach überhaupt der Realität? Er erinnerte sich an Roberts Sorge, an seine warmen Berührungen, an die Fürsorge und Hilfe, die er ihm hatte zukommen lassen und an-... Johnny hielt inne und öffnete die Augen, während er seinen Mund zu einem gequälten Lächeln verzog. Hatten sie sich wirklich geküsst? Oder spielte ihm sein Gedächtnis einen Streich? Er schüttelte verzweifelt seinen Kopf.

Was sollte er bloß von alldem halten? Was hatte sich Robert dabei gedacht, als er sich um ihn gekümmert hatte? Wieso hatte er das getan? Was versprach er sich davon? Worum ging es bei dieser ganzen Sache eigentlich?

Es hatte keinen Sinn, sich Gedanken über Robert und sein Verhalten zu machen. Er war bisher gut ohne ihn klar gekommen und das würde auch künftig der Fall sein! Er wollte dieses Arschloch nie wieder sehen. Nie wieder. Und je eher er ihn aus seinem Kopf verdrängte, desto besser.

Hastig zog er sein Handy aus seiner Hosentasche, als er sich wieder ordentlich aufrichtete. Schnell hatte er eine Textnachricht verfasst und abgeschickt: „Hallo Melody, meine Süße. Haben uns leider schon lange nicht mehr gesehen. Ich vermisse dich. Hast du heute Abend Zeit? In Liebe, Johnny.

Am Abend würde die ganze Robert-Angelegenheit vergessen und Geschichte sein...
 

Fast eine ganze Woche war seit seiner Krankheit vergangen und Robert hatte sich nicht mehr blicken lassen, er hatte sich nicht gemeldet. Kein einziges Mal. Johnny wusste nicht, was mit ihm los war, dass er deshalb ein gewisses Gefühl der Enttäuschung verspürte. Robert war in seine Wohnung eingebrochen, um ihn gesund zu pflegen und nun sah er nicht einmal nach ihm, wie es ihm ging?

Er hatte wirklich gehofft, Melody oder eines der anderen Mädchen könnte es schaffen, ihn von all den Geschehnissen abzulenken, ihn dazu zu bringen Robert und all die alten Gefühle, die mit seiner Rückkehr in Johnnys Leben, wieder hoch gekommen waren, zu vergessen. Aber er hatte sich wohl selbst etwas vorgemacht. Der Sex war weniger befriedigend gewesen, als er es erwartet hatte und statt des beruhigenden Gefühls der Genugtuung und Erleichterung, hatte er sich immer wieder gefragt, warum der Sex mit Robert so viel erregender und intensiver gewesen war.

Ja, er war wütend auf Robert. Er hasste ihn für das, was er ihm angetan hatte. Umso schlechter fühlte er sich, dass er ihn jetzt dennoch wieder gerne in seiner Nähe haben wollte. Dass er, trotz seines Zorns, Robert irgendwie doch noch gerne mochte und dass ausgerechnet er es auch noch schaffte, sein Verlangen zu stillen. Die ganze Situation wirkte bizarr und war ein einziger Widerspruch in sich. Es trieb ihn beinahe in den Wahnsinn.

Warum konnte er ihn nicht einfach weiterhin wieder so sehr hassen wie bisher? Es wäre alles so viel einfacher, als gegen das betäubende Gefühl des aufkommenden Verliebt Seins anzukämpfen. Er wollte das nicht. Und doch konnte er sich nicht wirklich dagegen wehren.

Gedankenversunken ordnete Johnny die Kleidung an den Kleiderständern und zupfte sie zurecht, sodass sie nicht verknitterten. Er wusste nicht, wie lange es dauern würde, bis er Robert endlich wieder aus seinem Kopf hatte, aber er fragte sich, ob er das im Augenblick überhaupt wollte. Zwar hasste er es, abhängig zu sein, vor allem von jemandem, der ihn derart verletzt hatte, aber nach so vielen Jahren war er sich unsicher, ob seine Maske, hinter der er sich versteckt hatte, nicht vielleicht doch Risse bekommen hatte.

Wollte er überhaupt dieser Playboy sein, als der er sich immer ausgab? Wollte er überhaupt die Nähe zu den ganzen Frauen, mit denen er sich tagtäglich abgab? Oder war es nicht vielmehr der Versuch, sich selbst zu beweisen, dass irgendjemand ihn leiden konnte? Dass er liebenswert war? Roberts Abweisung vor all diesen Jahren hatte ihn in ein tiefes Loch stürzen lassen. Selbstzweifel, Selbsthass. Vielleicht war alles nur ein verzweifelter Versuch gewesen, sich selbst vor der Welt zu schützen.

Aber konnte es nicht sein, dass er sich danach sehnte, endlich jemanden in seiner Nähe zu haben, der ihn durchschaute und ihm sagte, dass es in Ordnung war, wenn er einfach er selbst war? Dass er sich durchaus selbst akzeptieren konnte, wie er war?

Was hatte Robert ihm nur angetan? Warum hatte er ihn nicht einfach in Ruhe lassen können?

Wie als wolle er vor seinen Gedanken und Erinnerungen fliehen, eilte Johnny zur Treppe. Vielleicht waren inzwischen Kunden da, die er betreuen konnte, die dafür sorgen konnten, dass er abgelenkt war und nicht weiter in diesen tiefen Abgrund in seinem Inneren blicken musste. Es tat ihm weh und es war angenehmer, wenn er etwas tat, das ihm gut lag, für das er eine gewisse Leidenschaft hatte.

Er verlangsamte seinen Schritt ein wenig, als er die Treppen hinunter ging, als er jedoch aufsah, erstarrte er augenblicklich. Im ersten Augenblick rasten alle seine Gedanken durcheinander und er versuchte verzweifelt, sie zu ordnen. Sein Herz begann zu rasen, während sich sein Magen unangenehm zusammenzog, und er sich in Gedanken für seine Reaktion hasste. Während sich seine rechte Hand verschwitzt und verkrampft am Treppengeländer festkrallte, schluckte er hart und brachte ein unsicheres Lächeln zustande. Seine Augen fixierten Robert. Hatte er ihn gesehen? Der Deutsche stand etwas verloren im Eingangsbereich des Geschäftes und Johnny nahm allen seinen Mut zusammen. Sollte er Robert seine Beratung anbieten? Oder nicht?

Er trat ein paar weitere Schritte hinab und endlich schien Robert ihn zu bemerken. Auch er wirkte unschlüssig, wie er reagieren sollte, doch er schien das Lächeln auf Johnnys Gesicht nicht als schlechtes Omen zu deuten und so nickte er ihm freundlich zu. In diesem Augenblick spürte Johnny, wie seine Knie weich wurden, als er dieses unbeschreiblich angenehme Kribbeln verspürte, das es sich allem Anschein nach zum Ziel gemacht hatte, jede Pore seines Körpers zu erfassen. War Robert wegen ihm gekommen?

Der junge Schotte atmete tief durch und versuchte seinen Geist zu beruhigen. Er hasste sich für seine Reaktion. All die alten Gefühle schienen ihn fast zu übermannen. Vielleicht war es dieser kleine, hoffnungsvolle Gedanke, der ihn so quälte, der dafür verantwortlich war. Dieser fiese Gedanke, der dafür sorgte, dass ihm eine Frage immer und immer wieder durch den Kopf schoss: Konnte es vielleicht sein, dass Robert etwas für ihn empfand? Wie sonst konnte man sein Verhalten der letzten Wochen erklären? Konnte es wirklich sein, dass dieses Arschloch, das ihn so sehr verletzt und gedemütigt, sich aber auch so sorgsam und fürsorglich um ihn gekümmert hatte, ihn vielleicht liebte? Wäre es wirklich die Möglichkeit, dass Johnny nach all den Jahren endlich das bekam, wonach er sich schon so lange so sehr sehnte?

Er kam vor dem Deutschen zu stehen, der ihn sanft und freundlich anblickte. Die einfache Frage „Wie geht es dir?“, jagte ihm einen angenehmen Schauer über den Rücken. Doch in dem Moment, als er in seinem tranceähnlichen Zustand antworten wollte, zerriss ein erfreuter Kinderschrei die Situation und mit gerunzelter Stirn fuhr Johnny zu der Geräuschquelle herum. Sammy und Gillian bedienten gerade zwei kleine Jungen, die begeistert herumrannten. Er erstarrte und das Lächeln auf seinem Gesicht erstarb augenblicklich, als Robert den Mund öffnete, um die beiden zurecht zu weisen: „Henry, Tim! Benehmt euch bitte! Ihr wollt doch sicherlich nach dem Einkaufen noch ein Eis essen gehen, oder?“ Die beiden Jungen jubelten begeistert auf und kehrten erfreut und brav zurück zu den beiden Kundenbetreuerinnen, die Robert dankbar zunickten.

Es wäre ja auch zu schön gewesen. Wut und Enttäuschung baute sich in Johnny auf. Er wusste, dass er im Geschäft nicht einfach seine Kunden anpöbeln oder anschreien durfte, auch wenn ihm danach zu Mute war. Zumindest nicht, wenn ihm sein Job lieb war. Aber auf einmal war da wieder diese gähnende Leere, dieser Frust. Warum nur machte er sich immer wieder falsche Hoffnungen? Wieso? Er ballte seine Hände zu Fäusten und versuchte das Gefühl zu unterdrücken, Robert eine reinzuhauen. Ihn einfach niederzuschlagen und die Wut an ihm auszulassen, die er über sich selbst hatte. Warum war er nur schon wieder darauf reingefallen?

Robert wandte sich zurück zu Johnny und schien in dessen bleichem und ausdruckslosem Gesicht deutlich zu sehen, dass etwas nicht stimmte. Er packte ihn am Handgelenk und zog ihn mit sich zur ausgeschilderten Toilette. „Komm mit“, meinte er lediglich. Anscheinend war ihm bewusst, dass der junge Schotte kurz davor stand, ihm eine Szene zu machen.

Als sie bei den Herrentoiletten ankamen, schloss Robert die Tür hinter ihnen beiden und stellte erleichtert fest, dass sich niemand sonst im Raum befand. Er wollte den Mund öffnen, als es aus Johnny herausplatzte: „Du perverses Schwein!“ Sein Gegenüber holte mit der Faust aus und wollte nach ihm schlagen, doch Robert blockte geschickt. Er hatte nicht umsonst seit Jahren einen privaten Kampfsporttrainer.

„Bevor du jetzt noch irgendetwas sagst, das du später bereust, hör‘ mir erst einmal zu!“, meinte Robert beschwichtigend und verschränkte mit skeptischem Blick seine Arme vor der Brust, „Ich kann mir vorstellen, wie es aussieht, aber-...“ Womit er in diesem Moment mit Sicherheit nicht gerechnet hatte, war, dass Johnny, der einfach nur seiner Enttäuschung und Wut Luft machen wollte, ohne Vorwarnung ein zweites Mal zuschlug. Mit einem erschrockenem Aufkeuchen stützte sich Robert an einer der Toilettentüren ab und starrte sein Gegenüber fassungslos an, während er sich die schmerzende Wange hielt.

„Du bist ein perverses Arschloch, Robert!“, Johnny wusste nicht genau, was er tun oder sagen sollte. Er wollte einfach nur seinen Zorn zeigen. Robert hatte Kinder, er hatte Familie und hatte nichts Besseres zu tun, als ihm falsche Hoffnungen zu machen. Wusste seine Frau, dass sie miteinander geschlafen hatten? War sich dieses Schwein überhaupt bewusst, was er seinen Kindern antat? Was er ihm antat? Der junge Schotte zitterte vor Wut und versuchte sich wieder unter Kontrolle zu bringen.

„Johnny, lass mich die Sache bitte erst erklären-...“

„Was gibt es da zu erklären?“, fuhr ihn Johnny an und er deutete auf ihn, „Ich will dich nie wieder sehen, du elender Hurensohn!“ Nun wirkte auch Robert gereizt und er kniff zornig die Augen zusammen: „Ich verbitte mir-...“ Doch er wurde unterbrochen, als Johnny ihm den Mittelfinger entgegenstreckte und „Fick dich!“ knurrte. Dann stürmte er Richtung Tür. Robert reagierte schnell und folgte ihm, schaffte es jedoch nicht, ihn vor der Tür abzufangen – im Geschäft konnte er Johnny schlecht zur Rede stellen. Dieser stand nur wenige Meter von ihm entfernt, warf ihm einen giftigen Blick zu und bemühte sich allem Anschein nach, seine Fassung wieder zu erlangen, um weiter Kunden bedienen zu können.

„Mister Jürgens!“, die weibliche Stimme, die ihn rief, warf ihn ein wenig aus dem Konzept und Robert brauchte einen kurzen Moment, ehe er sich so weit gefasst hatte, dass er der Frau ein höfliches Lächeln schenken konnte. Er hatte Johnny immer noch gut im Blick und dieser fixierte ihn weiterhin mit seinen Augen. „Wir sind fertig, wenn Sie sich vielleicht einmal die Kleidung ansehen wollen, die sich die beiden Jungen herausgesucht haben? Und wenn ich das anmerken darf: sie haben wirklich zwei sehr nette und gut erzogene, kleine Neffen.“

In diesem Moment wurde Johnny kreidebleich und als Robert ihm einen kurzen, gereizten und vorwurfsvollen Blick zuwarf, blickte er betreten zu Boden und entschied sich, dass es wohl besser war, zu gehen.
 

~*~

Klärungsversuche

Klärungsversuche
 

Robert hatte ein Lächeln auf den Lippen, als er den Koffer für seine Heimreise packte. Auch wenn er gerne seine Ruhe von der Arbeit hatte und er es mochte, seine Schwester und seine Neffen zu besuchen, war es für ihn dennoch ein angenehmes Gefühl, wieder nach Hause nach Berlin zu kommen und sich wieder seinen Geschäften zuzuwenden. Vor allem, wenn er bedachte, was ihm alles in den vergangenen drei Wochen widerfahren war, war die Rückkehr zum Alltag eine willkommene Abwechslung. Sein Lächeln erstarb, als er seinen Gedanken nachging. Ein leises Räuspern brachte ihn wieder in die Realität zurück und er blickte überrascht auf. Sonja bedachte ihn mit einem aufmerksamen Blick.

„Weißt du, ich kenne dich jetzt schon mein ganzes Leben lang, Robert. Es fällt mir wahnsinnig schwer, nicht zu bemerken, dass du dich in letzter Zeit seltsam verhältst und dich irgendetwas beschäftigt. Auch wenn ich mir wirklich große Mühe gegeben habe, es zu ignorieren, weil ich weiß, wie ungern du über Gefühle und ähnliches sprichst. Aber allmählich mache ich mir wirklich Sorgen“, sie lehnte mit verschränkten Armen im Türrahmen des Gästezimmers und musterte ihren Bruder genau, fast so, als hoffte sie, dass er sich und seine Gedanken durch irgendeine Reaktion verriet, „Ist wirklich alles in Ordnung mit dir?“

Robert konnte nicht anders, als zu lächeln, und er richtete sich auf. „Du brauchst dir keine Gedanken wegen mir zu machen. Mir geht es gut.“ Sonja nickte: „Das ist schön. Ich glaube dir kein Wort.“ Mit einem Seufzen fuhr sich Robert durch die Haare. „Was willst du denn von mir hören?“ „Ich denke, die Wahrheit wäre ein guter Anfang“, es herrschte einige Zeit Stille, ehe Sonja mit ihrer Erklärung fortfuhr, „Weißt du, als du neulich erst am frühen Morgen zurückkamst, fand ich das ungewöhnlich, aber nicht schlimm. Als du angerufen hast und dann vier Tage lang nicht aufgetaucht bist, habe ich mich gewundert, aber nichts weiter dazu gesagt. Aber deine Stimmungsschwankungen in letzter Zeit geben mir wirklich zu denken.“

Der Angesprochene zuckte nur mit den Schultern, da er nicht genau wusste, wie er reagieren sollte. Er hatte keine Lust, seiner Schwester zu erklären, dass er schon wieder mit seinem ehemaligen, besten Freund Johnny geschlafen und ihre Beziehung endgültig zerstört hatte und es nach einem Missverständnis zu einer Auseinandersetzung zwischen ihnen gekommen war. Genauso wenig wollte er ihr erklären, wie er sich fühlte. Dass ihn das Ganze durchaus ziemlich mitnahm und er sich absolut nicht sicher war, was er nun wirklich für Johnny empfand.

Doch Sonja hob nur eine Augenbraue: „Hast du jemanden kennengelernt?“

Natürlich, für langes Wegbleiben und auswärtiges Übernachten schien das wohl in der Tat die logischste Erklärung zu sein, auch wenn sie nicht wirklich den Fakten entsprach. Er wollte Sonja nicht anlügen, aber er hatte auch keine Lust, mit ihr über die Geschehnisse zu sprechen. Wozu auch? Es würde nichts an den Tatsachen ändern.

„Nein, ich habe niemanden kennengelernt“, meinte Robert und legte seiner Schwester eine Hand auf die Schulter, „Ich weiß, dass du dir Sorgen machst, aber dazu gibt es wirklich keinen Grund. Mit mir ist alles in Ordnung.“ Er lächelte sie an und wandte sich dann mit einem Seufzen erneut dem Koffer zu, in einem Versuch, das Thema zu wechseln: „Ich habe für heute Abend ein Hotelzimmer am Flughafen bestellt. Mein Flug geht um sechs Uhr, da müsste ich sonst mitten in der Nacht von hier los.“

Sonja nahm seine Hand in die ihre und Robert sah sie verwundert an, als sie im ernsten Tonfall meinte: „Es ist in Ordnung, wenn du endlich jemanden gefunden hast, Robert. Ich weiß nicht, wieso du dich schon immer so sehr gegen eine Beziehung gesperrt hast, aber was auch immer der Grund ist: Auch du darfst dich in jemanden verlieben und mit der Person zusammen sein.“ Ihr Bruder sah sie etwas schief an und grinste. „Falls es dir entgangen sein sollte, meine Liebe, war ich bereits vor einiger Zeit verlobt.“ Sonja seufzte nur und schüttelte den Kopf. „Ich meine eine Beziehung, bei der es nicht um das hier geht“, sie gab ihm einen Klaps gegen die Stirn, „sondern um das hier.“ Als sie die letzten Worte sprach, nahm sie seine Hand und drückte sie auf seine linke Brust, da wo sich das Herz befand. Noch ehe Robert in irgendeiner Weise antworten konnte, fuhr sie fort, während sie aus dem Zimmer ging: „Aber das ist jetzt auch egal. Du solltest weiterpacken, sonst wirst du bis zum Mittagessen nicht damit fertig und Henry und Tim wollten, bevor du abreist, noch einmal mit dir mit ihrer Autobahn spielen. Tobias arbeitet heute wieder bis spät abends.“

Im Zimmer zurück blieb Robert und er fühlte sich missverstanden. Gerade als er sich mit einem Seufzen wieder seinem Koffer zuwenden wollte, kam Sonja noch einmal zurück ins Zimmer. „Bevor ich es vergesse“, meinte sie und wirkte sehr beiläufig. Allem Anschein nach maß sie der Information keine allzu große Wichtigkeit zu. „Heute Morgen, als du einkaufen warst, kam ein Mann vorbei, der gefragt hat, ob du da bist. Er meinte dann allerdings, dass es nicht so wichtig sei, als ich gefragt habe, ob ich etwas ausrichten kann.“

Robert blinzelte verwirrt und blickte sie verdutzt an. „Ein Mann?“ Sein Gegenüber nickte. „Ich hab‘ ihn hier noch nicht wirklich gesehen. Rote Haare, gepflegt, gut gekleidet.“ In seinen Gedanken erschien ein Name und ein Gesicht, doch er schüttelte langsam den Kopf, ehe er meinte: „Sagt mir jetzt nicht wirklich etwas. Vermutlich war es in der Tat nicht so wichtig und es war einfach nur irgendjemand von der Presse oder von einer Firma, der mich sprechen wollte.“
 

Er wusste nicht was es war, Schicksal oder Vorsehung, vielleicht auch einfach nur der Zufall, doch irgendetwas führte sie immer wieder zusammen. Und nun stand er schon wieder hier, vor Johnnys Wohnung, seinen Koffer in der Hand, unsicher, was er nun eigentlich genau hier wollte, was er sich von alldem erwartete.

Nachdem er sich von Sonja und seinen beiden Neffen verabschiedet hatte (Tobias hatte zu diesem Zeitpunkt noch gearbeitet), war er mit dem Taxi statt zum Hotel zu Johnnys Wohnung gefahren. Warum auch immer Johnny vor Sonjas Tür aufgetaucht war, er hatte bestimmt seine Gründe dafür gehabt und es reizte ihn sehr, diese zu erfahren.

Er zögerte kurz, ehe er die Klingel betätigte. Durch eine Frau, die gerade das Gebäude verlassen hatte, war er ohne größere Schwierigkeiten in das Haus gekommen, von daher wusste Johnny vermutlich noch nicht, dass er sich hier, vor seiner Wohnungstür, befand. Robert lauschte und in der Tat konnte er kurz darauf leise Schritte vom Inneren der Wohnung hören. Es herrschte für einige Momente Stille, ehe Robert meinte: „Ich weiß, dass du da bist, Johnny.“

„Hau ab, Robert, ich will dich nicht sehen.“

„Johnny-...“

„Verschwinde!“

„Du hast zwei Möglichkeiten, Johnny: entweder du lässt mich jetzt herein oder ich nehme den Schlüssel und verschaffe mir selbst Zutritt. Ich habe in jedem Fall keine Lust, hier vor der Tür zu stehen und mit dir zu diskutieren, sodass es das ganze Haus hier mitbekommt. Du hast die Wahl.“

Es dauerte einige Zeit, ehe sich die Tür einen Spalt breit öffnete und Johnny ihn böse anblickte: „Was willst du hier?“ Robert erwiderte den Blick mit düsterer Miene und er kniff die Augen zusammen. Nachdem Johnny ihn bei ihrer letzten Zusammenkunft ziemlich beleidigt hatte, hatte er gehofft, dass er sich diesmal kooperativer zeigen würde. „Nun, ich war es zumindest nicht, der vor meiner Haustür aufgetaucht ist und sich nach mir erkundigt hat.“ Johnny wurde bleich. „Woher-...?“ „Ich kenne nicht viele rothaarige Kerle, die etwas mit mir zu besprechen haben. Vor allem nicht in Glasgow. Kann ich jetzt bitte hereinkommen?“

Ein weiteres Mal durchbohrte Johnny ihn mit einem bösen Blick, ehe er bei Seite trat und Robert in die Wohnung ließ, bevor er die Wohnungstür schloss. Seine Augen fixierten den Koffer, als sein Gegenüber eintrat, und wanderten dann wieder nach oben zu Roberts Gesicht: „Willst du hier einziehen oder was?“

Der Deutsche rollte mit den Augen, als er sein Gepäckstück abstellte und die Arme vor seiner Brust verschränkte. „Ich reise morgen in aller Frühe ab und bin gerade auf dem Weg zum Hotel. Wie du siehst, hat es also nichts mit dir zu tun. Entgegen deiner Erwartungen dreht sich nicht mein ganzes Leben nur um dich.“ Es hatte vermutlich ein wenig härter geklungen, als beabsichtigt, denn Johnny wirkte für einen kurzen Moment ziemlich betroffen, ehe er sich wieder fasste. „Hör zu, Johnny-...“ „Pass auf, wenn du nur hergekommen bist, um mir blöde Bemerkungen an den Kopf zu werfen, dann kannst du auch gleich wieder abhauen!“

„Keine Sorge. Ich kenne nicht so schöne Beleidigungen wie du. Du brauchst also nichts zu befürchten“, die trockene Bemerkung brachte den jungen Schotten dazu, nach Luft zu schnappen und Robert schoss zum ersten Mal die Frage durch den Kopf: Was hatte sich Johnny eigentlich davon versprochen, als er bei Sonja aufgetaucht war? Was war sein Ziel gewesen, als er mit ihm hatte sprechen wollen? Was hatte er sich erhofft?

Wenn in jedem Fall eine Sache offensichtlich war, dann, dass ihr Gespräch nicht sonderlich lange dauern würde, wenn sie sich gegenseitig nur irgendwelche Dinge vorwarfen. Robert wusste, dass er durchaus ein ziemlich vernünftiger Mensch war, dass er sachlich denken und handeln konnte. Wieso fiel es ihm so verdammt schwer, in den Auseinandersetzungen mit Johnny bei klarem Verstand zu bleiben? Warum nahm er in diesem Fall alles so furchtbar persönlich? Er leitete ein riesiges Unternehmen und selten schaffte es jemand, ihn zu provozieren. Johnny hingegen schien es geradezu herauszufordern und er selbst ließ sich jedes Mal bereitwillig drauf ein. Wieso? War es, weil sie sich schon so lange kannten?

Das Gesicht des Schotten wirkte angespannt und während er gereizt seine Augen zu Schlitzen verengte, trat er ein paar Schritte auf Robert zu, packte ihn mit der rechten Hand am Kragen, zog ihn ein Stück nach unten und presste ihm seine Lippen auf den Mund.

Völlig überrumpelt benötigte Robert einen kurzen Augenblick, um die Situation überhaupt zu erfassen. Er hatte mit Vielem gerechnet: dass Johnny ihn anschrie, ihn schlug oder ihn aus der Wohnung warf. Aber ein Kuss? Wie, verdammt noch einmal, sollte er darauf reagieren?

Die unterschiedlichsten Gedanken schossen ihm durch den Sinn. Sollte er den Schotten von sich stoßen? Sollte er ihn zur Rede stellen, was er mit seinen Handlungen bezweckte? Oder sollte er sich der seiner Lage einfach beugen?

Das Gespräch mit Sonja kam ihm in Erinnerung, als sie ihm unterstellt hatte, dass er sich auf keine Beziehung einlassen würde. Sein Problem war schlichtweg, dass er nicht wusste, was er nun genau von Johnny hielt. Er würde in ihrer Beziehung nicht von Liebe oder etwas Ähnlichem sprechen, denn das Einzige, was sie beide im Moment verband, war der Sex. Aber wurde überhaupt mehr von ihm erwartet?

All diese Überlegungen spielten sich innerhalb von Sekundenbruchteilen in seinem Kopf ab und er zögerte kurz, ehe er Johnny mit der linken Hand näher zu sich zog und den Kuss erwiderte.

Vielleicht war es ein Fehler, sich darauf einzulassen.

Aber vermutlich war es das wert.
 

~*~

Abschied

Abschied
 

Lange konnte er nicht geschlafen haben, denn sein Handy, das er sich auf das Nachttischchen neben dem Bett gelegt hatte, damit er nicht verschlief, zeigte gerade halb Zwei an. Mit einem leisen und gequälten Seufzen rieb er sich über die Augen und schaltete die Weckfunktion aus, die sich andernfalls in einer halben Stunde lautstark bemerkbar gemacht hätte. Wenn er rechtzeitig am Flughafen sein und sich vorher noch frisch machen und eine Kleinigkeit zum Frühstück essen wollte, war es wohl das Beste, wenn er jetzt aufstand und sich erst einmal duschte.

Zunächst einmal war es jedoch von größerer Bedeutung, sich irgendwie aus dem Bett zu befreien, ohne Johnny, der quer über ihm lag und sich an ihn geklammert hatte, zu wecken. Der Schotte hatte einen relativ ruhigen Schlaf, doch als Robert sich aufrichtete und seine Hand zur Seite schob, gab er ein Murren von sich, zog die Decke über seinen Kopf und drehte sich im Halbschlaf weg von ihm. Ein Lächeln umspielte Roberts Lippen, als er aufstand, und in den Flur zu seinem Koffer trat, um sich Kleidung zu Recht zu suchen, damit er duschen konnte.

Vermutlich hatte er sich inzwischen damit abgefunden, dass kein Weg an Johnny vorbei führte, anders konnte er sich wirklich nicht erklären, dass sie erneut miteinander geschlafen hatten. Aus was für Gründen auch immer. In dem Moment hatte es sich einfach richtig angefühlt, auch wenn er sich nach wie vor große Sorgen machte. Die momentane Situation war für ihn in Ordnung, aber es bereitete ihm Kopfzerbrechen, wenn er darüber nachdachte, was er tun sollte, wenn Johnny von ihm erwartete, dass er tatsächlich eine ernsthafte Beziehung mit ihm führte. Gut, de junge Schotte hatte mit Sicherheit eine anziehende Wirkung auf ihn und gegen den Sex hatte er nichts einzuwenden, aber er war sich nicht sicher, ob er tiefergehende Gefühle für ihn entwickeln konnte. Und das belastete ihn.

Als er noch mit Sophie zusammen gewesen war, hatte er sich deshalb nie sonderlich große Sorgen gemacht. Er hatte es für sich selbst nie für essenziell gehalten und solange sie glücklich gewesen war, war es in Ordnung gewesen. Bei Johnny war es anders. Er wusste, wie zerbrechlich dieser war und dass alles, was er heute war, einzig und alleine auf seinen persönlichen dummen Fehler, den er vor Jahren begangen hatte, zurück zu führen war. War es sein Verantwortungsbewusstsein, das ihn dazu trieb, auf Johnny Rücksicht zu nehmen? Weil er sich schuldig fühlte?

Die Gedanken beschäftigten ihn, während er unter der Dusche stand und auch, als er sich abtrocknete, war er immer noch nicht zu irgendeinem sinnvollen Ergebnis gekommen. Nachdem er sich fertig angezogen und seine Zähne geputzt hatte, ging er noch einmal zurück ins Schlafzimmer. Er hatte sein Handy liegen lassen und musste noch ein Taxi bestellen, das ihn rechtzeitig zum Flughafen brachte, bevor er sich letztendlich darüber Gedanken machen konnte, ob Johnny irgendetwas Essbares in der Wohnung hatte.

Johnny lag im Bett und war immer noch vollständig in die Decken gewickelt und als Robert sich dem Nachttischchen näherte, um sein Handy zu holen, lugten zwei verschlafene Augen über den Rand der Bettdecke und warfen ihm einen skeptischen Blick zu: „Weißt du eigentlich, wie spät es ist?!“ „Ja, es ist zwei Uhr“, antwortete Robert sachlich und setzte sich neben Johnny auf die Matratze, ehe er etwas sanfter und mit einem Lächeln fortfuhr: „Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken.“

„Warum bist du jetzt schon auf?“, murmelte Johnny ein wenig vorwurfsvoll und stützte seinen Kopf auf seinem Arm ab, als er Robert anblickte. Sein Blick wirkte relativ ausdruckslos. „Ich muss um vier Uhr beim Flughafen sein und-...“ „Heißt das, du wolltest einfach abhauen?!“

Mit einem genervten Schnauben erhob sich Robert vom Bett und hob beide Hände. „Ich mache jetzt Frühstück.“ Er hatte wirklich keine Lust, sich auf derartige Diskussionen einzulassen, da er wusste, dass, egal was er sagte, es Johnny nicht passen würde. Und er wollte sich nichts unterstellen lassen, wenn er einfach nur nett sein und auf Johnny und seine Arbeit am nächsten Morgen hatte Rücksicht nehmen wollen. Es hatte wirklich absolut keinen Sinn, die Sache auszudiskutieren und so verließ er den Raum, ehe es zu irgendwelchen unsinnigen Streitigkeiten kam.

Aufgrund der Tatsache, dass er sich wegen der Krankheit mehrere Tage lang um Johnny gekümmert hatte, kannte er sich inzwischen einigermaßen in der Küche der Wohnung aus. Zielsicher trat er auf die Kaffeemaschine zu und schaltete sie ein, während er sich aus dem Schrank eine Tasse nahm. „Mach‘ mir auch einen, ja?“, brummte Johnny müde, als er langsam in die Küche trottete. Er hatte sich einen Morgenmantel übergezogen und Robert fragte sich schlagartig, ob er auch Shorts darunter trug.

Gehorsam, wenngleich schweigend, folgte er der Anweisung und schob Johnny wenig später das Getränk wortlos zu. Man sah dem Schotten noch deutlich die Müdigkeit an. Nachdem er einen kleinen Schluck von seinem schwarzen Kaffee getrunken hatte, blickte er Robert kurz berechnend an. „Ich kann dich fahren.“

Überrascht hob der Angesprochene die Augenbrauen. „Was meinst du?“

„Zum Flughafen. Irgendwie musst du da doch hinkommen, oder?“, er gähnte in seine Handfläche und wandte sich wieder seiner Tasse zu, fast so, als hätte er Sorge, wie wohl die Reaktion seines Gegenübers ausfallen würde.

Robert lächelte ihn an. „Das wäre in der Tat sehr lieb von dir.“
 

Am Flughafen war nicht ganz so viel los, wie Robert erwartet hatte, doch es waren dennoch einige Leute unterwegs, die teilweise hektisch, teilweise gemächlich durch die Hallen des Flughafens liefen. Johnny stand neben ihm und blickte auf seine Armbanduhr. Er wirkte immer noch recht müde, was jedoch nach weniger als vier Stunden Schlaf nicht weiter verwunderlich war. „Ich muss dann gehen, sonst komme ich zu spät zur Arbeit“, erklärte er Robert und ließ dabei weder durch seine Stimme, noch durch seine Haltung oder seine Miene erkennen, was in ihm nun genau vorging.

„Ist in Ordnung“, Robert lächelte ihn freundlich an, „Pass auf dich auf, ja?“ Er gab ihm einen Kuss auf die Stirn, ehe er hinzufügte: „Wir sehen uns ja sicherlich einmal wieder.“ Johnny nickte stumm und wandte sich ab, was Robert dazu veranlasste, ebenfalls in Richtung der Sicherheitskontrollen aufzubrechen. Gerade, als er sich in Bewegung setzen wollte, packte ihn eine Hand am Arm. „Robert, warte. Es tut mir leid.“

Er blickte sich verwirrt zu Johnny um, der ihn mit bedrücktem Gesicht ansah. „Wegen neulich. Es tut mir leid, dass ich dich beschimpft habe.“

Mit einem Lächeln auf den Lippen beugte sich Robert ein Stückchen zu ihm herab und küsste ihn ein letztes Mal auf den Mund, ehe er mit den Worten „Bis bald!“ aufbrach und Johnny alleine zurückließ, der ihm schweigend hinterher starrte.
 

~*~

Zusatz: Der Anfang

Zusatzkapitel: Der Anfang
 

Ich schaffe es nicht rechtzeitig zum Flieger, tut mir leid.

Mit gereizter Miene ließ Johnny sein Handy sinken. Er hatte es nicht anders erwartet, als kurzfristig eine SMS-Absage zu erhalten. Wieso hatte er sich überhaupt falsche Hoffnungen gemacht? Es war ja nicht so, als hätten sie eine Beziehung.

Und trotzdem, trotzdem hatte er sich irgendwie darauf gefreut, ihn wieder zu sehen, auch wenn ihm vollkommen schleierhaft war, wie genau er wohl auf Robert reagiert hätte, sofern er gekommen wäre. Ihr Verhältnis zueinander war zugegebenermaßen reichlich kompliziert. Was auch immer es war, das sie verband, es war eine gefährliche Mischung aus Unsicherheit, einem gewissen Grad von Abneigung und einer kleinen Prise Zuneigung. Zumindest würde Johnny auf diese Art und Weise seine eigenen Gefühle beschreiben. Was Robert betraf, wusste er nicht, wie er über die ganze Sache dachte. Allem Anschein war es ihm nicht ganz so wichtig wie dem jungen Schotten. Andernfalls wäre er, wie abgemacht, gekommen und hätte nicht einfach so gekniffen.

Johnny hatte ziemlich an sich gearbeitet, wieso wusste er nicht genau. Vermutlich versprach er sich zu viel von alldem, und er hatte einfach nicht riskieren wollen, dass Robert ihn einfach sitzen ließ. Er hatte mit jeder Frau, mit der er in den letzten Monaten eine Beziehung oder Sex gehabt hatte, erklärt, dass er Schluss machen müsste. Und das war teilweise mitunter sehr schmerzhaft gewesen, da er so manche Ohrfeige hatte kassieren müssen. Aber er war der Ansicht gewesen, dass es die Sache wert war.

Als nächstes war er zum Arzt gegangen. Er wusste nicht, wann er sich das letzte Mal auf Geschlechtskrankheiten hatte untersuchen lassen. Das war womöglich ein wenig unvorsichtig gewesen, aber glücklicherweise wurde nichts Schwerwiegendes festgestellt. Nichtsdestotrotz war er sich relativ sicher, dass es noch einige Zeit in Anspruch nehmen würde, ehe Robert sich dazu herabließ, auch ohne Kondom mit ihm zu schlafen.

Robert.

Er ballte seine Hände zu Fäusten und verzog das Gesicht. Natürlich war er wütend, dass Robert abgesagt hatte! Vielleicht war es dämlich, aber er hatte sich Hoffnungen gemacht. Er hatte sich extra frei genommen, damit er Zeit hatte, und er hatte eingekauft. Für gewöhnlich hatte er nicht viel in seiner Wohnung vorrätig, aber er hatte sich diesmal wirklich Mühe gegeben, damit er keinen schlechten Eindruck machte. Ja, er hatte es sich zum Ziel gemacht, Robert zu beeindrucken. Er hatte keine Ahnung, wie er ihn anders dazu bringen sollte, ihn ein wenig ernster zu nehmen.

Jedes Mal, wenn er darüber nachdachte, was ihn dazu brachte, sich überhaupt auf Robert einzulassen, mit einem Kerl zu schlafen, der ihn in der Vergangenheit derart verletzt hatte, den Versuch zu unternehmen, mit ihm so etwas wie eine Beziehung zu führen, und dabei alles, was sein Leben die letzten Jahre ausgemacht hatte, aufzugeben, kam er zu keinem wirklichen Ergebnis. Es war ein Bauchgefühl und nicht wirklich zu erklären. Und trotzdem ärgerte er sich jedes Mal über sich selbst, dass er es versuchte.

Sie hatten sich insgesamt etwa fünf Wochen lang nicht gesehen und mittlerweile war es August. Nach einer Woche ohne Kontakt zu Robert, hatte Johnny sich von seiner Arbeit Roberts Handynummer besorgt – und war damit das Risiko eingegangen, dass man ihn feuerte, sofern man ihn erwischte. Glücklicherweise blieb seine Handlung unentdeckt und die nächsten Abende brachte er damit zu, sich dazu durchzuringen, Robert anzurufen. Währenddessen schoss ihm immer wieder die Frage durch den Kopf, warum der Deutsche sich nicht bei ihm meldete. War es für ihn doch nur ein Fick für Zwischendurch gewesen? Würde Robert nach Allem, was zwischen ihnen vorgefallen war, tatsächlich das Risiko eingehen, nur mit ihm zu spielen?

Irgendwann hatte er tatsächlich angerufen. Und sofort wieder aufgelegt, als jemand abgenommen hatte. Sein Herz hatte furchtbar gerast und er hatte sich mehr als nur einmal gefragt, warum er versucht hatte, Robert zu erreichen. Aber auch, warum er im entscheidenden Moment aufgelegt hatte.

Es folgten ein paar weitere Versuche, doch jedes Mal kniff er im entscheidenden Moment und als Robert irgendwann plötzlich zurückrief, starrte er gebannt das Handy in seiner Hand an und wagte es nicht, sich irgendwie zu rühren. Bis der Klingelton endlich verstummte.

Danach hatte er es nicht mehr gewagt, bei Robert anzurufen, auch wenn dieser ihn ein paar Mal angeklingelt hatte. Und irgendwann, als er Mittagspause gehabt und auf einen Anruf von der Autowerkstatt gewartet hatte, hatte er nicht aufgepasst und war ran gegangen. Er erinnerte sich noch gut an das Gespräch.

Jonathan McGregor“, hatte ihn Roberts vorwurfsvolle Stimme begrüßt, „Du legst jetzt nicht auf!“ Er hatte erschrocken inne gehalten und sein Telefon angestarrt, während er sich selbst verfluchte, dass er zum einen den Anruf angenommen hatte, es zum anderen nicht wagte einfach aufzulegen. „Bist du noch dran?“ „Du hast doch gesagt, ich soll nicht auflegen“, hatte Johnny die Situation trocken kommentiert, wenngleich er große Angst hatte, dass Robert ihm wegen der zahllosen Anrufe Vorwürfe machen würde. Stattdessen hatte Robert lediglich gefragt: „Ist alles in Ordnung mit dir?“ War es Sorge gewesen, die er zu dem Zeitpunkt durch den Hörer wahrgenommen hatte?

Ja“, wie er Robert die ganze Lage erklären sollte, wusste er nicht, doch glücklicherweise blieb ihm das auch erspart. „Gut. Ich war wirklich besorgt, weil du mich die letzten vier Tage fünfzehn Mal angerufen hast“, war die Antwort gewesen. Und dann: „Ich habe jetzt keine Zeit für ein langes Gespräch, da ich gerade eigentlich eine Besprechung habe. Heute Abend melde ich mich noch mal. Bis dann.“ Der Schotte hatte nur schweigend das Handy sinken lassen und sich gefragt, ob er damit klar kam und er es sich gefallen lassen sollte, dass er derart abgewimmelt wurde.

Am Abend rief Robert tatsächlich noch einmal an und sie führten ein relativ kurzes Gespräch über ein paar unwichtige Dinge, das dazu führte, dass sie sich in die Haare bekamen. Warum auch immer. Und das war jedes Mal der Fall, wenn sie miteinander sprachen. Die SMS, die Robert Johnny von Zeit zu Zeit zukommen ließ, las er zwar, aber er machte sich nicht die Mühe, darauf zu antworten. Nicht etwa, weil er wütend auf Robert war, sondern weil er ihm nicht das Gefühl geben wollte, dass er ihm besonders Interesse zukommen ließ.

Vor einer Woche hatte er dann eine SMS bekommen, die ihn ein wenig geärgert hatte: „Ich komme am 7.August für ein paar Tage vorbei. Wenn es in Ordnung geht, brauchst du nicht zu antworten. Robert.“ Es war die erste Textmitteilung gewesen, auf die er reagiert hatte, indem er zurückgeschrieben hatte, ob Robert sich wohl einbilde, dass er nichts Besseres zu tun hatte. Nach einigem Hin und Her hatte er jedoch trotzdem zugestimmt. Obwohl er sich so abweisend gab, freute er sich insgeheim enorm über Roberts Ankündigung. Einfach, weil es ihm zeigte, dass er nicht vergessen hatte, das er bald Geburtstag hatte. Aber er wollte es nicht offen zeigen, denn er hatte große Angst gehabt, versetzt und dadurch verletzt zu werden.

Nach all diesem Stress hatte Robert letzten Endes doch noch in letzter Minute abgesagt.

Mit einer unheimlichen Wut im Bauch marschierte Johnny zu seiner Wohnungstür und schnappte sich seine Sommerjacke vom Jackenständer, ehe er seine Wohnung und das Haus verließ und sich in Richtung Kneipe aufmachte.
 

Es musste am letzten Abend ziemlich spät geworden sein, denn anders konnte sich Johnny nicht erklären, warum er so müde und geschafft war und so starke Kopfschmerzen hatte. Er richtete sich ein Stückchen auf und fasste sich mit der Hand an die Stirn, in der Hoffnung, seine Gedanken ein wenig zu ordnen, ehe er langsam und vorsichtig mit einem leisen Stöhnen aus dem Bett stieg. Wenn denn nur endlich dieses verfluchte Hämmern in seinem Kopf aufhören würde! Nur in Shorts bekleidet und mit gequältem Gesicht trottete er in Richtung Küche und hoffte inständig, dass er am letzten Abend nichts Blödes getan hatte. Wie lange war es her, dass er sich das letzte Mal ordentlich betrunken hatte?

„Guten Morgen“, die Worte, die ihn begrüßten, als er den Raum betrat, ließen ihn erstarren und er blickte den Eindringling erschrocken an. Robert klappte das Buch, in dem er bis eben gelesen hatte, zusammen und schob es bei Seite, während er Johnny andeutete, sich zu setzen. „Irgendwie ist das ja vermutlich alles meine Schuld“, meinte Robert, bevor sein Gegenüber irgendetwas sagen konnte, und erhob sich von seinem Platz, um Johnny einen Kaffee zuzubereiten, „Immerhin habe ich meine SMS nicht mit den Worten ‚Lies den Text zuerst fertig‘ begonnen. Hättest du die SMS nämlich zu Ende gelesen, hättest du mitbekommen, dass ich den nächsten Flieger nehmen und dir lediglich Bescheid geben wollte, dass du mich nicht am Flughafen abzuholen brauchst. Aber die Diskussion hatten wir ja gestern Abend schon einmal, nicht wahr?“

Johnny musste gestehen, dass er keine Ahnung hatte, von welcher Diskussion Robert sprach und so entschied er sich dazu, besser den Mund zu halten. Er wollte nicht wissen, wie es gewirkt haben musste, als er irgendwann in der Nacht sturzbesoffen in die Wohnung zurückgekommen war. Es war ihm peinlich, denn genau diesen Eindruck wollte er Robert nicht von sich vermitteln.

Möglichst unauffällig ließ er seinen Blick zur Küchenuhr schweifen, nur um festzustellen, dass es bereits ein Uhr Mittag war. Schuldbewusst starrte er die Tasse Kaffee an, die Robert ihm reichte. Einige Zeit herrschte Schweigen zwischen ihnen und der junge Schotte trank ein paar Schlucke von seinem warmen Getränk, während Robert ein Glas aus dem Schrank holte und die Packung Aspirin aus dem Medizinkörbchen fischte. Als sich die Tablette im Wasser auflöste, wandte sich der Deutsche wieder Johnny zu. „Ist es sehr schlimm?“

Ein verschlafener und fragender Blick war die Antwort.

„Ich meine deine Kopfschmerzen.“

Die einzige Reaktion war ein Schulterzucken.

Robert seufzte leise, trat zu Johnny und stellte das Glas vor ihm ab. „Ich hoffe, dass es nur an deinem Kater liegt, denn wenn du die ganzen nächsten Tage so gesprächig bist, dann wird es wohl ein wenig kommunikativer Aufenthalt für mich.“ Johnny schnaubte und blickte ihn skeptisch an: „Selbst wenn wäre es nicht schlimm. Du scheinst ja genug für uns beide zu reden. Wo übernachtest du nun eigentlich?“ „Dein Bett ist groß genug für uns Beide, meinst du nicht?“, während er sich sein Buch vom Tisch schnappte, bedachte er den Schotten mit einer nachdenklichen Miene, „Sonja weiß nicht einmal, dass ich zur Zeit in Glasgow bin.“

Johnny blickte ihn kurz düster an, fast so, als wolle er ihm Vorwürfe machen, dass er ihn vorher nicht um Erlaubnis gebeten hatte, verzog dann jedoch sein Gesicht und stützte seinen Kopf auf seine Hände. Robert trat neben ihn und zog vorsichtig seine Hände beiseite, ehe er mit besorgter Stimme fragte: „Tut es sehr weh?“ Es war das erste Mal, seit dem Beginn ihres Gesprächs, dass Johnny ihm direkt in die Augen sah, dann nickte er langsam. Was genau der Deutsche mir seiner Frage bezwecken, oder worauf er hinaus wollte, wusste er zwar nicht, aber zumindest konnte er keinen bösen Willen erkennen. Sehr sanft strich Robert ihm mit der rechten Hand ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht, ehe er sich mit seinen Lippen Johnnys Stirn näherte, sachte dagegen blies und ihn dann auf die gleiche Stelle küsste. „Jetzt wieder besser?“

Johnny erstarrte und wusste nicht, wie er reagieren sollte. Seine Überraschung kam ihm von daher sehr ungelegen, denn er lief rot an und Robert verließ mit seinem Buch und einem Grinsen auf dem Gesicht das Zimmer.
 

Wie oberflächlich oder tiefgehend ihre Beziehung auch sein mochte, zumindest war der Sex gut. Dessen war sich Johnny ziemlich sicher. Dennoch fragte er sich immer häufiger, ob ihm das auf Dauer genügen würde. Hatte ihn diese Überlegung bisher meist eher nebensächlich beschäftigt, war sie nun mit Roberts Anwesenheit allgegenwärtig.

Bei den ganzen Mädchen, mit denen er zusammen gewesen war, war es für ihn nie von sonderlicher Bedeutung gewesen. Aber bei Robert war es anders. Er beschränkte sich beziehungstechnisch auf eine einzige Person. Eine Person, die ihm früher viel bedeutet hatte, und für die er vermutlich immer noch starke Gefühle hatte. Auch wenn er sich das nicht wirklich eingestehen wollte. Aber trotzdem wusste er, dass die Gefahr groß war, dass er irgendwann auch überdrüssig von Robert werden würde, wie bei all den Frauen auch...

Die ersten beiden Tage vergingen viel zu schnell. Neben zahlreichen Auseinandersetzungen hatten sie es tatsächlich auch geschafft, etwas gemeinsam zu unternehmen, ganz abgesehen von so mancher intimen Erfahrung. Und obwohl Johnny es jedes Mal wiederum genoss, fragte er sich insgeheim, ob Robert ihn vielleicht doch nur als Matratze benutzte. Er selbst hatte das mit so vielen Frauen getan und sich damals eingeredet, dass er ihnen doch gab, was sie wollten und es deshalb nicht schlimm war, aber nun, da er selbst in dieser Position war und so große Zweifel hatte, kam ihm das alles einfach nur noch grausam vor. Würde Robert so etwas tun?

In den letzten beiden Tagen hatte sich der Deutsche sehr liebevoll und nett, aber auch ein wenig distanziert gezeigt. Er war zudem wahnsinnig schwer zu durchschauen. Konnte er dem Frieden trauen? Wollte er dem trauen?

Während er über all das nachdachte, versank sein Geist immer mehr im Reich der Träume und das Letzte, an das er sich erinnerte, waren zwei Arme, die sich sanft um ihn legten.
 

Es war vielleicht gerade einmal acht Uhr, als Johnny am nächsten Morgen aufwachte. Draußen war es bereits hell und noch bevor er realisieren konnte, welcher Tag es war – nämlich der zehnte August – hatte Robert ihm einen Kuss auf die Stirn gegeben. „Alles Gute zum Geburtstag.“ Überrascht blickte Johnny ihn an, ehe er ein Lächeln zustande brachte, seine Arme um Roberts Hals schlang und ihn auf den Mund küsste.

Ein Außenstehender mochte sie vielleicht für ein verliebtes Pärchen halten, doch der Schotte wusste es besser. All das waren nichts weiter als einstudierte, oberflächliche Zärtlichkeiten, die keine größere emotionale Bedeutung hatten. Vermutlich war in der Tat das größte Problem, das sie hatten, dass keiner von beiden sich auf den jeweils anderen einlassen konnte, aus Angst davor, Opfer einer Täuschung und falscher Hoffnungen zu sein.

Johnny verdrängte die Gedanken aus seinem Kopf. Es war sein Geburtstag und er hatte nicht vor, diesen mit Grübeleien zu verbringen. Stattdessen war er gespannt, was Robert ihm wohl schenken würde. Robert hatte doch ein Geschenk, oder? Düstere Erinnerungen wurden wach, wenn Johnny an die Geburtstagsgeschenke seiner zahllosen Verehrerinnen dachte. Essbare Unterwäsche, persönliche Nacktfotokalender, Liebesbriefe, Sex. All das und noch viel mehr unnützen Kram hatte er über die Jahre hinweg immer und immer wieder geschenkt bekommen und wenn er ehrlich wahr, konnte er mit all dem relativ wenig anfangen. Allgemein hatte er seinen Geburtstag als einen sehr stressigen Tag in Erinnerung, an dem er schon immer große Schwierigkeiten gehabt hatte, alle seine Freundinnen unter einen Hut zu bekommen, so dass keine von der jeweils anderen etwas erfuhr.

Doch diesmal war es anders. Diesmal gab es nur Robert.

Der Deutsche hielt ihm eine kleine, hübsch verpackte Schachtel unter die Nase und meinte mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht: „Ich hoffe es gefällt dir. Heute Nachmittag habe ich außerdem noch eine Kleinigkeit für dich.“ Johnny sah ihn kurz skeptisch an, begann dann jedoch damit, vorsichtig das Päckchen zu öffnen und dabei das rote Geschenkpapier nicht allzu sehr zu beschädigen. Es kam eine kleine Box hervor, auf der der Name eines Juweliers stand und der Beschenkte runzelte die Stirn, ehe er langsam den Deckel anhob und augenblicklich erstarrte.

Schlagartig schoss ihm eine exakte Summe durch den Kopf: 6357 Pfund. So hoch war zumindest der damalige Preis gewesen. Johnny schluckte und starrte das kleine Ding an. Wie lange war das nun her?

Er erinnerte sich noch gut daran, als er Robert vor so langer Zeit die Kette gezeigt hatte, die ihn damals so fasziniert hatte. In seinen Augen wahnsinnig teuer, aber jeden Cent wert. Sie war relativ schlicht gehalten, hatte ein etwas gröberes und nicht zu langes Kettenband aus reinem Silber, an dem unübersehbar ein verzierter Rubin-Anhänger in Form einer stilisierten Flamme hing. Die Kette war äußerst fein und eine tadellos bearbeitete und einmalige Handarbeit eines wahren Meisters. Damals hatte er sie sich von seinen Eltern zum Geburtstag gewünscht und er hatte so sehr gehofft, sie zu bekommen. Leider war ihm der Wunsch nicht erfüllt worden. Robert hatte ihn damals gefragt, warum er sie sich nicht einfach selbst kaufe. Daraufhin hatte Johnny ihn skeptisch angesehen und lediglich „Ich bin doch kein Mädchen und kaufe mir eine Kette“ geantwortet. Zudem wären es einige Monate Taschengeld gewesen.

Und nun lag diese wunderschöne Kette vor ihm, sie schien noch viel schöner als damals zu sein. Wie war Robert nur an die Kette herangekommen? Und wie kam er dazu, so viel Geld für ihn auszugeben? Johnny starrte mit einer Mischung aus Begeisterung und Verstörung auf das Geschenk. Was sollte er davon halten?

„Gefällt sie dir?“, erkundigte sich Robert und wirkte ein wenig unruhig. Es fiel ihm schwer, Johnnys Reaktion zu deuten und er hoffte wirklich, dass er den Schotten nicht verärgert hatte. Der Angesprochene nickte langsam, brauchte etwas Zeit um sich zu fassen, ehe er Robert anblickte und nach einem kurzen Zögern meinte: „Sie ist wunderschön, Danke.“

Wie hätte er reagieren sollen? Er fühlte sich schlecht, dass er nicht angemessener auf das Geschenk reagiert hatte. Robert hielt ihn nun wahrscheinlich für undankbar und dreist. Aber eine Umarmung oder ein Kuss war ihm in diesem Augenblick so... falsch und unehrlich vorgekommen. Warum fiel es ihm so schwer, zuzugeben und zu zeigen, wie sehr er sich über die Kette freute?

Robert schien diese Antwort jedoch zu genügen, und er lächelte, richtete sich auf und streckte ihm die Hand entgegen: „Möchtest du frühstücken?“ Erstaunlicherweise trug Robert bereits Shorts, woraus Johnny schloss, dass er bereits aufgestanden war und vermutlich etwas zum Essen vorbereitet hatte. Johnny legte das Geschenk sorgsam neben sich, ehe er mit beiden Händen sanft Roberts Hand umschloss und ihm in die Augen sah: „Danke.“

Was war das nur für ein dämliches Gefühl, das ihn erfasste?

Sein Gegenüber küsste ihn sanft auf den Mund und heftiger denn je wurde Johnny von starken Zweifeln geplagt. War es eine ernst gemeinte Geste oder eine hohle, bedeutungslose Reaktion gewesen? Was von all diesen oberflächlichen Berührungen waren wahre Gefühle?
 

Nach dem Frühstück hatte Johnny sich zunächst zwei Mal geduscht – es hatte sich als wenig erfolgsversprechend herausgestellt, gemeinsam mit Robert zu duschen – sich umgezogen und die Kette angelegt. Danach hatte Robert ihn aus der Wohnung geführt, denn er hatte ihm ja eine Überraschung versprochen gehabt, und Johnny hatte ihm gezeigt, wo er sein Auto geparkt hatte, einen roten, sportlich-schnittigen Wagen.

Es war danach zu einer Diskussion gekommen, da Robert darauf bestand, zu fahren, und Johnny die Augen zu verbinden. Johnny wollte ihn jedoch nicht mit seinem Wagen fahren lassen, wobei Robert anmerkte, dass er nicht in ein Auto stieg, wenn Johnny mit verbundenen Augen hinterm Steuer saß. Nach einigem Gezanke hatten sie sich dann trotzdem soweit einigen können, dass Robert den Wagen heute benutzen durfte. Ausnahmsweise.

Sie waren einige Zeit unterwegs gewesen, als Robert den Wagen anhielt und „wir sind da“ sagte. Johnny wusste nicht genau, was ihn erwartete, und so war er sehr nervös, was Robert nun genau mit seiner Überraschung meinte. Als er die Augenbinde abnahm, erstarrte er augenblicklich. „Das kann nicht dein Ernst sein.“

„Ja genau. Deswegen wollte ich fahren“, kommentierte Robert mit einem leisen Seufzen.

„Das kann doch wirklich nicht dein Ernst sein!“, wiederholte sich Johnny, wobei er diesmal ernsthaft aufgebracht wirkte. Der Tag hatte so gut begonnen und jetzt... das! Er stierte Robert böse an, allem Anschein nach in der Hoffnung, dass dieser zurück zu seiner Wohnung fahren würde. Fehlanzeige.

„Hör‘ zu, ich weiß nicht, was du dir dabei gedacht hast, aber es war eine saublöde Idee!“

„Johnny, beruhige dich. Du brauchst mich nicht anzuschreien, ich höre dich auch so.“

„Das ist-...“

„Was haben dir deine Eltern getan?“

Roberts Frage brachte Johnny zum Schweigen, denn er wusste keine genaue Antwort. Damals war er von zu Hause abgehauen, weil er mit allem überfordert gewesen und er wütend auf sich selbst und auf Robert gewesen war. Er hatte mit allem abschließen wollen.

„Ich habe die ungeöffnete Post im Mülleimer gesehen“, fuhr Robert fort, doch er wurde unterbrochen. „Ach so, das ist es also. Fühlst du dich schuldig? Willst du etwa für mich die Verantwortung übernehmen, oder was? Ist das der Grund, dass du mich fickst? Schadensbegrenzung?“

„Nein, ist es nicht“, während Robert das sagte, durchbohrte er Johnny mit bösem Blick, „Das hier hat ganz alleine mit dir zu tun! Du musst das mit deinen Eltern in Ordnung bringen.“ Und in Gedanken fügte er hinzu: Sie haben dir nichts getan, der Schuldige war ich.

„Ich muss gar nichts!“

„Irgendwann sind sie nicht mehr da“, er packte Johnny am Arm und zog ihn ein Stückchen näher zu sich, „Und dann wirst du dich ärgern, weil du so stur warst und dich ohne irgendeinen Grund mit ihnen zerstritten hast! Aber dann wird es zu spät sein.“

„Ich bin nicht du, Robert!“

„Genau. Deswegen solltest du auch zu ihnen gehen.“

Johnny verzog das Gesicht und öffnete mit einem Schnauben die Beifahrertür. „Wann holst du mich wieder ab?“, fragte er mürrisch, als er ausstieg.

„Sobald du anrufst.“

Zum Abschied nickte er Robert nur kurz mit grimmiger Miene zu. Mit einem leisen Seufzen und allen Mut, den er zusammen nehmen konnte, trat Johnny langsam auf das Eingangstor des Herrenhauses seiner Eltern zu.
 

Während Johnny nun vermutlich beim Mittagessen mit seinen Eltern saß, hatte sich Robert dazu entschieden, einen Überraschungsbesuch zu seiner Schwester zu unternehmen. Als Sonja die Tür öffnete, starrte sie ihn überrascht an: „Robert, was machst du hier? Ich habe absolut nicht mit dir gerechnet!“ Sie ließ ihn in das Haus eintreten und musterte ihn weiterhin verwirrt. „Ich habe das Gästezimmer nicht hergerichtet und-...“ Er brachte sie mit einer kleinen Geste zum Schweigen: „Mach dir bitte keine Gedanken, ich bleibe nicht lange. Ich wollte nur einmal vorbeischauen und gucken, wie es euch so geht.“

Seine Schwester nickte zögerlich, wenngleich sie ihn immer noch skeptisch besah. „Wir wollten gerade zu Mittag essen, möchtest du auch etwas?“ „Ja, gerne.“ In dem Moment, als er das Esszimmer des Hauses betrat, erfassten ihn zwei Paar Kinderaugen und ein erfreutes Jauchzen ertönte: „Onkel Robert!“ „Hallo ihr beiden!“, freundlich lächelte der Begrüßte seine beiden Neffen an.

Der Tisch war bereits für vier Personen gedeckt und Sonja seufzte leise, als sie sich zu ihrem Platz begab und Robert anbot, sich zu setzen. „Ich denke nicht, dass Tobias heute zum Essen kommt, du kannst dich gerne an seinen Platz setzen.“ „Mama, wir haben dir gleich gesagt, dass Papa nicht kommen wird“, murrte Henry mit verschränkten Armen und Robert blickte fragend in die Runde, ehe er sich gehorsam dazu setzte.

Den Nachmittag spielte er mit den Jungen und als die beiden abends im Wohnzimmer einen Film ansehen wollten, zog er sich ins Esszimmer zurück, um mit Sonja zu sprechen. Für gewöhnlich wäre er wohl bei den Kindern geblieben und hätte sich anschließend kurz mit ihnen über den Film unterhalten, doch diesmal hielt er es für wichtiger, sich um seine Schwester zu kümmern. Zumal er die DVD, die die beiden Jungs sich anschauen wollten, kannte und wusste, dass sie relativ harmlos war.

„Ich habe mich von deinen beiden wunderbaren Kindern losreisen können“, meinte er, als er den Raum betrat, und Sonja hob den Blick. Sie saß über einigem Papierkram gebeugt und wirkte müde und erschöpft. „Und jetzt würde ich mich gerne mal ein bisschen mit dir unterhalten“, er schnappte sich einen Stuhl und ließ sich darauf sinken, Sonja lehnte sich ein wenig zurück, schien jedoch immer noch nicht das Bedürfnis zu haben, zu antworten.

„Es ist ja sonst nicht meine Art, mich in Beziehungen einzumischen, aber ich habe das Gefühl, dass irgendetwas mit Tobias und dir nicht so gut läuft.“ Seine Schwester schnaubte und wirkte für einen Moment verbittert, als sie sprach: „Ich kann verstehen, dass Tobias arbeiten und Geld verdienen möchte, dass er sich nicht auf meinem Erbe ausruhen möchte. Ich habe dafür vollstes Verständnis. Aber er arbeitet Tag und Nacht, lässt sich kaum sehen, überlässt mir im Haus die ganze Arbeit und er beschäftigt sich kaum mit Henry und Tim. Was soll ich groß dazu sagen?“

Robert wollte den Mund öffnen, um etwas zu erwidern, doch in diesem Moment klingelte sein Handy. Er verfluchte Johnny in Gedanken für sein schlechtes Timing und seufzte. „Geh‘ ruhig ran“, meinte Sonja mit einem Lächeln. Allem Anschein nach war der Anruf für sie eine willkommene Unterbrechung. Mit einem kurzen Nicken erhob er sich von seinem Stuhl und ging ein paar Schritte, ehe er das Telefonat entgegennahm. Seine Schwester musterte ihn interessiert und er war sich durchaus bewusst, dass er bei dem Gespräch nicht die Privatsphäre haben würde, die er gerne gehabt hätte.

„Ja, Robert hier?“

„Hallo Robert, hier ist Johnny...“

„Wie geht es dir? Wie war dein Tag? Ist alles gut gelaufen?“, ehrliches Interesse schwang im Klang seiner Stimme mit und er hoffte, dass Johnny ihm nun keine Vorwürfe machen würde, weil er ihn dazu gezwungen hatte, mit seinen Eltern zu sprechen. Wenn es allerdings schlecht gelaufen wäre, hätte er ihn vermutlich schon wesentlich eher angerufen.

„Ja, es war...“, ein kurzes Zögern folgte, „...schön.“ Robert konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, doch Johnny sprach weiter: „Hör zu, wärst du sehr böse, wenn du mich erst morgen abholst? Ich würde gerne noch ein wenig bleiben.“

„Das ist kein Problem, mach dir deshalb keine Gedanken. Also hole ich dich morgen Vormittag ab? So um Elf?“ „Ja, das wäre gut.“

„Dann hoffe ich doch, dass du noch einen schönen Abend und eine gute Nacht haben wirst.“

Am anderen Ende der Leitung herrschte kurze Zeit Schweigen, ehe Johnny wieder sprach: „Robert...?“ Er hörte, wie Johnny langsam einatmete. „Danke.“

Das Lächeln auf seinem Gesicht wurde ein wenig breiter. „Gerne geschehen.“

„Robert, ich-...“, erneut zögerte der Schotte, „Bis morgen, ja? Gute Nacht.“

„Gute Nacht und pass auf dich auf.“ Ein leises Klicken signalisierte ihm, dass das Gespräch beendet war.

Johnny war auch ein Kapitel für sich, bei dem er sich nie wirklich sicher war, ob er gut daran tat, es zu lesen oder nicht. Ob das Ganze ein gutes Ende nehmen würde? Auch wenn er sich nach wie vor nicht sicher wahr, ob und wie stark er etwas für den starrsinnigen Schotten empfand, so wusste er zumindest, dass er ihn vermisst und sie sehr darauf gefreut hatte, ihn wiederzusehen. Genauer konnte er es jedoch nicht umschreiben, denn es war eher ein Bauchgefühl gewesen, als ein greifbarer Gedanke.

„Du hast also doch jemanden gefunden!?“ Wiedergefunden traf es vermutlich besser.

„Nicht so wirklich“, murmelte Robert und runzelte nachdenklich die Stirn. „Nicht so wirklich?“, wiederholte Sonja mit skeptischer Miene und Robert seufzte leise. „Es ist... kompliziert.“

Seine Schwester lächelte. „Wann ist Liebe schon einmal einfach?“ Doch Robert konnte ihre Begeisterung nicht wirklich teilen. „Ich würde nicht von Liebe sprechen. Wirklich nicht.“ „Was ist es dann?“

Robert bedachte Sonja mit einem nachdenklichen Blick. Was konnte er ihr erzählen? Was wollte er ihr erzählen, ohne sämtliche Selbstachtung zu verlieren? „Ich würde es umschreiben als... eine auf zerstörtem Vertrauen basierte Beziehung, die eine gefährliche Mischung von positiven und negativen Gefühlen enthält.“ Sein Gegenüber hob beide Augenbrauen und blickte ihn verwirrt an. „Wie ich bereits sagte, es ist kompliziert und relativ ungesund.“

„Für mich ist es ziemlich eindeutig“, murmelte Sonja und warf ihm einen kurzen Blick zu, „Am Telefon klangst du recht zufrieden und glücklich. Und wer hat gesagt, dass die Liebe einfach ist?“ „Wenn es denn nur so einfach wäre...“ Mit seiner rechten Hand fuhr sich Robert durch die Haare und versank in einem tiefsinnigen Grübeln. Wenn es eine Sache gab, die ihn in letzter Zeit beschäftigte, dann war es seine Beziehung zu Johnny. Ein leidiges Thema.

„Meinst du, Tobias hat eine Affäre?“, der Versuch eines Themenwechsels. Nicht unbedingt ein erfreuliches Thema, aber Robert war es wichtig, Sonjas Gedanken zu hören. Sie schüttelte langsam den Kopf. „Wenn man im Unternehmen um diese Uhrzeit anruft, geht er immer sehr schnell ans Telefon. Er arbeitet wirklich so hart, denke ich.“
 

Robert hatte sich nach dem Abendessen von seinen Neffen und von Sonja verabschiedet und war mit Johnnys Auto in Richtung Innenstadt gefahren. Obwohl es schon spät war, und es wohl besser gewesen wäre, wenn er zur Wohnung zurück gefahren wäre, hatte er sich zum hiesigen Sitz seines Unternehmens aufgemacht, um mit Tobias zu sprechen. Zum einen konnte er es nicht ertragen, seine Schwester mit gebrochenem Herzen zu sehen, zum anderen wusste er, dass seine Neffen sehr darunter litten, dass ihr Vater nie Zeit für sie hatte.

Während der Fahrt kreisten seine Gedanken allerdings um ein ganz anderes Problem. Er hatte es zum ersten Mal laut ausgesprochen und seitdem war ihm bewusst geworden, dass das eigentliche Problem zwischen Johnny und ihm das fehlende Vertrauen war. Keiner konnte sich auf den jeweils anderen einlassen, weil immer der Verdacht einer Hinterlist oder einer Bloßstellung bestand. Lange würde das nicht gut gehen. Irgendeiner musste den ersten Schritt machen, dann wiederum war Robert sehr unsicher: Meinte Johnny die Beziehung ernst? Oder war es für ihn bloß eines seiner Spiele, ein Zeitvertreib, um Robert auflaufen zu lassen und sich so an ihm zu rächen?

Er schüttelte den Kopf. So viel zum Thema ‚Vertrauen‘.

Zumindest hatte ihm sein Geschenk gefallen, dessen war er sich ziemlich sicher. Und es war wirklich nicht leicht gewesen, es zu besorgen. Beim Sex unter der Dusche war Johnny für seine Verhältnisse erstaunlich entspannt gewesen, was er ebenfalls als gutes Zeichen gedeutet hatte. Ob Johnny also in der Tat mit den gleichen Problemen zu kämpfen hatte? Zumindest würde das seinen Betrunkenen Zustand erklären, in dem er sich befunden hatte, als er nachts zur Wohnung zurückgekehrt war, während Robert besorgt auf ihn gewartet hatte. War es ein Frust-Trinken über die mögliche Absage gewesen? Oder war es einfach Johnnys Art?

Wenn er recht darüber nachdachte, wurde ihm bewusst, wie wenig er eigentlich über Johnny wusste. Sie waren sich relativ fremd und außer ihrer Vergangenheit verband sie vermutlich kaum etwas.

Wo war er da nur hineingeraten?

Noch während er das Unternehmens-Gebäude mit Hilfe seines Ausweises betrat, dachte er über die Problematik einer tiefergehenden Beziehung zu Johnny nach. Vermutlich war es ein wenig verwerflich, aber generell hatte er keine Probleme, mit der Vorstellung, etwas mehr aus der ganzen Angelegenheit zu machen.

Er kam im siebten Stock an und hielt auf das Büro von Tobias zu. Es brannte noch Licht und er klopfte an die Tür, ehe er eintrat. „Ich hoffe, ich störe nicht?“ Der Angesprochene blickte verwundert auf und wirkte sichtlich überrascht. „Robert? Was machst du hier?“

Robert zuckte mit den Schultern, ehe er seine Arme vor der Brust verschränkte und meinte: „Schon lustig. Das Gleiche wollte ich dich gerade fragen.“ Vielleicht war es kontraproduktiv, dass er als Leiter und Besitzer dieses riesigen Unternehmens nun seine Mitarbeiter aufsuchte und ihnen Vorwürfe machte, dass sie abends noch arbeiteten, aber es war eindeutig das Menschlichste, was er tun konnte. Bevor Tobias antworten konnte, fuhr er fort: „Hör mir zu, so kann es wirklich nicht weiter gehen. Es kann nicht sein, dass du den ganzen Tag nur am Arbeiten bist.“

Tobias blickte ihn kurz etwas geknickt an, dann stierte er auf seinen Schreibtisch. „Die Arbeit muss ordentlich erledigt werden.“ „Das stimmt“, nickte Robert, „Aber die Arbeit läuft auch nicht weg. Das ist das Schöne an ihr: Sie bleibt liegen, bis man sie erledigt.“ „Aber sie wird nicht weniger.“

„Du bist nicht der Einzige, der hier arbeitet. Und in deiner Position, hast du alles Recht, jemanden einzustellen, der dir bei deinen Arbeiten hilft. Das ist kein Zeichen von Schwäche“, Robert hielt kurz inne, als sich vor ihm allmählich die einzelnen Puzzleteilchen zu einem Gesamtbild zusammensetzten, „Aber das ist das Problem, oder? Du willst zeigen, dass du den Job durch deine Fähigkeiten und nicht durch Beziehungen erhalten hast, nicht wahr?“

„Ich weiß doch, was die Leute sagen“, murmelte Tobias und wirkte unangenehm berührt. „Und? Hat deine harte Arbeit irgendetwas daran geändert?“

Schweigen.

„Wenn Leute über jemanden lästern und ihm seine Arbeit schlecht reden wollen, dann tun sie das auch, egal wie sehr man sich bemüht. Willst du dich wirklich kaputt arbeiten, nur um ihnen etwas zu beweisen, dass sie zwar sehen, aber nicht akzeptieren wollen? Du hast die Stelle, weil du gut bist, nicht weil du der Mann meiner Schwester bist. Deine Eigenleistung ist enorm, aber du versuchst Ansehen bei Leuten zu bekommen, denen du nichts bedeutest. Dabei steht so viel mehr auf dem Spiel. Und zwar deine Beziehung zu den Menschen, die dich lieben.“

Tobias starrte ihn an. „Sonja würde doch nicht-...“

Robert zuckte lediglich mit den Schultern: „Ich würde es ihr nicht verübeln. Ganz im Ernst: Du lässt sie und die Kinder im Stich. Irgendwann sind sie groß und du wirst bereuen, dass du nie für sie da warst. Alles hat seine Zeit. Und wenn du deine so verschwendest wegen irgendwelchen Nichtigkeiten, kann ich nur den Kopf schütteln.“

Mit einem Seufzen nahm Robert Tobias Familienfoto aus einem Regal und stellte es vor ihm hin. „Geh‘ nach Hause. Mach‘ deine Familie nicht kaputt. Sonst stehst du irgendwann alleine da und hast nichts mehr. Und Menschen, die dich lieben können dir so viel mehr geben, als dieser Arbeitsplatz hier. Aber nur, wenn du sie lässt.“

Es dauerte einen Moment, ehe sich Tobias langsam erhob und seine Tasche und seinen Mantel nahm. „Danke, Robert.“

„Schon gut“, meinte Robert mit einem Lächeln, „Und jetzt verschwinde von hier. Ich will dich außerhalb der regulären Arbeitszeiten nicht mehr hier sehen.“
 

Die Wohnung wirkte ohne Johnny eigenartig leer. Mit einem leisen Seufzen schloss Robert die Tür hinter sich und fragte sich, ob Johnny eigentlich bewusst war, wie gefährlich es sein konnte, wenn er den Ersatzschlüssel außerhalb der Wohnung aufbewahrte.

Tatsächlich beschäftigten ihn jedoch seine eigenen Worte. Menschen, die dich lieben können dir so viel mehr geben. Aber nur, wenn du sie lässt. Es war leicht jemandem so etwas zu sagen. Aber hielt er sich auch selbst daran?

Prinzipiell war alles leichter gesagt als getan. Aber wenn er an sein eigenes Arbeitsverhalten dachte, unterschied er sich außerhalb seiner freien Tage, die er sich von Zeit zu Zeit nahm, kein bisschen von Tobias. Er arbeitete von früh bis spät, weil er das Gefühl hatte, irgendjemandem irgendetwas beweisen zu müssen, auch wenn er nicht genau wusste, was es war. Vielleicht konnte er deshalb das Alles so gut nachvollziehen. Im Gegensatz zu Tobias hatte er jedoch keine Familie. Johnnys Gesicht erschien vor seinen Augen und Robert zögerte. Sonst stehst du irgendwann alleine da und hast nichts mehr.

Müde und erschöpft ließ sich Robert in Johnnys Bett fallen. Vielleicht war es besser, wenn er sich erst einmal an die eigene Nase fasste.
 

Es war elf Uhr, als er mit dem Auto vorfuhr und Johnny stand bereits an der Treppe des Herrenhauses und wartete. Als er sein Auto in der Auffahrt erkannte, brachte er ein Lächeln zustande und er kam Robert ein Stück entgegen. Während er einstieg, meinte er: „Ich bin erstaunt. Mein Auto lebt ja noch.“

Robert verdrehte genervt seine Augen. „Ich freue mich auch, dich zu sehen. Willst du fahren?“ Der Schotte schüttelte mit einem Grinsen im Gesicht den Kopf und hob wie zur Verteidigung beide Hände: „Schon in Ordnung.“

„Du scheinst ja heute Morgen extrem gute Laune zu haben“, kommentierte Robert, während er das Auto anließ. Doch ehe er losfahren konnte, packte Johnny ihn mit beiden Händen am Hemd und zog in zu sich. Erschrocken würgte Robert das Fahrzeug ab und trat eilig auf die Bremse, damit es stehen blieb. Johnny nutzte derweil die Gelegenheit, ihm seine Lippen auf den Mund zu drücken und ihn in einen heißblütigen Kampf um die Oberhand zu verwickeln. Abgelenkt von den äußeren Umständen, war es ein Leichtes, über Robert zu siegen und Johnny schien sämtliche Register zu ziehen, sodass Robert nach dem innigen Kuss nur ein „Wow“ zu entlocken war, während er keuchend versuchte, seine Sinne und das Schlagen seines Herzens unter Kontrolle zu bekommen.

Der Schotte grinste zufrieden und blickte aus dem Seitenfenster. Robert machte sich nicht die Mühe, ihn darauf hinzuweisen, wie gefährlich die ganze Aktion eigentlich gewesen war. Das war ihm vermutlich durchaus bewusst gewesen. Mit einem Seufzen startete Robert das Auto erneut und es herrschte einige Zeit Schweigen.

„Sag mal, Robert“, murmelte Johnny irgendwann und blickte Robert nachdenklich an, „Mal angenommen, nur so rein theoretisch. Wenn ich dir irgendwann mal eventuell sagen würde, dass... dass ich mich vielleicht in dich verliebt hätte. Was würdest du tun?“

War das ein Test? Ein Trick? Was genau erwartete Johnny als Antwort? Unter normalen Umständen hätte Robert ihn vielleicht angesehen, um seinen Blick besser deuten zu können. Aber im Stadtverkehr war ihm das nur schwer möglich.

Menschen, die dich lieben können dir so viel mehr geben. Aber nur, wenn du sie lässt.

In Gedanken überlegte er, ob es sich darauf einlassen, ob er sich eine Blöße geben sollte. Lügen wollte er nicht, und das Ganze abzustreiten oder ein überschwängliches Liebesgeständnis abzulegen, wäre ebenfalls nicht die Wahrheit gewesen. Er empfand irgendetwas für Johnny. Dessen war er sich sicher. Ziemlich sicher sogar. Verliebt sein? Vielleicht kam das sogar besser hin, als er es sich eigentlich eingestehen wollte.

Erst jetzt fiel ihm auf, wie lange er geschwiegen hatte. Das warf nicht unbedingt ein gutes Licht auf ihn. Er räusperte sich. „Nun ja“, begann er und zögerte, „Ich würde mich wohl freuen.“ Eine dämlichere Antwort war ihm wohl nicht eingefallen!

„Weil“, fuhr er fort, um sich zu retten und er spürte Johnnys Blick auf sich ruhen, „Weil es wohl auf Gegenseitigkeit beruhen würde.“ Aufgrund des Verkehrs konnte er Johnny nicht ansehen, wie er reagierte und er fragte sich, ob er seine Antwort nicht geschickter hätte formulieren können.

Eine rote Ampel zwang ihn dazu, anzuhalten und zu schalten. Johnny nutzte die Gelegenheit und ergriff sanft seine Hand. Als Robert ihn jedoch verwundert ansah, blickte der Schotte aus dem Fenster. Mit einem Lächeln auf den Lippen wandte sich Roberts Aufmerksamkeit wieder dem Straßenverkehr zu, während er sich eingestehen musste, dass sie Beide, was die Liebe und eine Beziehung betraf, wohl noch absolute Anfänger waren.

Aber sie standen ja auch erst am Anfang ihrer Beziehung.
 

~*~

Zusatz: Das Näherkommen

Zusatzkapitel: Das Näherkommen
 

Seit einer geschlagenen Stunde wartete er jetzt schon auf diese verfluchte Antwort-SMS. Was bildete dieser Typ sich überhaupt ein? Vermutlich hatte er über seiner heißgeliebten Arbeit vollkommen die Zeit vergessen. Das wäre ja nichts Neues.

Es war bereits sechs Uhr Abends und nachdem er seit Stunden vergeblich auf einen Anruf wartete, hatte er sich kurzerhand dazu entschlossen gehabt, Robert eine SMS zu schreiben: „Wir haben im Übrigen den 24.Dezember, es wäre schön, wenn du dich endlich mal melden würdest.

Nicht unbedingt freundlich, aber er war wirklich, wirklich wütend. Robert hatte gesagt, dass er nicht genau wisse, wann er mit der Arbeit fertig würde – das war ja auch durchaus in Ordnung! -, hatte ihm jedoch versprochen, dass er vor Weihnachten bei ihm sein würde. Aber er ließ nicht von sich hören und Johnny hatte in den letzten Wochen oft genug miterlebt, dass er über seiner Arbeit so manche Sache vergaß. Und dieses Mal war es ihm wirklich wichtig.

Gut, seit sie eine Beziehung hatten, hatte Robert ihn noch nie wirklich sitzen lassen, auch wenn er es so manches Mal gedacht hatte, aber er hatte die Sorge, dass es irgendwann einmal tatsächlich so weit kommen würde. Zumal er sich wirklich irgendwie darauf gefreut hatte, Heiligabend gemeinsam mit Robert zu verbringen, auch wenn Robert lediglich von Weihnachten gesprochen hatte. Aber das konnte er sich vermutlich abschminken, denn Robert war in seinem Freundeskreis noch nie für seine Pünktlichkeit bekannt gewesen.

Mit einem frustrierten Schnauben schob Johnny sich ein Plätzchen in den Mund, spülte mit etwas warmen Tee nach und zog dann die Decke, in die er sich gewickelt hatte, etwas fester um sich. Er saß auf einem der Sessel in seinem dunklen Wohnzimmer, lediglich ein paar Kerzen brannten und spendeten Licht. Johnny griff nach der Fernbedienung, schaltete den Fernseher ein.

Bis Robert sich dazu herabließ, sich endlich einmal zu melden, konnte er durchaus auch ein wenig fernsehen und sich von der weihnachtlichen Stimmung, die überall herrschte, berieseln und vielleicht sogar anstecken lassen. Denn wirklich weihnachtlich war ihm nicht zumute.

Schnell war er von seiner Müdigkeit und der stimmungsvollen Musik eingelullt, versank langsam in einen leichten Schlaf, sodass er das leise Vibrieren seines Handys gar nicht mehr mitbekam.

Erst als ihn eine warme Hand an seiner Wange berührte, fuhr er erschrocken zusammen, öffnete seine Augen. Robert hockerte neben dem Sessel, lächelte ihn freundlich an, als er sich müde mit den Händen über sein Gesicht rieb. „Du bist spät.“

„Ich weiß“, flüsterte Robert leise und gab ihm einen Kuss auf die Stirn, „Tut mir Leid.“

Während Johnny sich aufrichtete und leise gähnte, schaltete Robert das Fernsehgerät aus, wandte sich dann mit skeptischem Blick den Kerzen zu, um sie auszublasen. Johnny kannte Robert gut genug, um zu wissen, dass er vermutlich mit sich selbst kämpfte, ob er Johnny nun eine Standpauke hielt, dass es gefährlich war, Kerzen brennen zu lassen, wenn niemand aufpasste, oder nicht. Vielleicht hatte er ein schlechtes Gewissen, weil er erst so spät gekommen war, oder er wollte nicht gleich nach wenigen Minuten für einen Streit sorgen, anders konnte sich Johnny nicht erklären, dass er lediglich leicht den Kopf schüttelte, ehe er sich wieder an ihn wandte und ihn sanft anlächelte.

Sein Herz schlug schneller, als Johnny bewusst wurde, wie lange er auf Roberts Nähe hatte verzichten müssen. Vier Monate. Die Zeit war ihm wie eine Ewigkeit vorgekommen und es tat gut, ihn endlich wieder bei sich zu haben.

Robert kam ein paar Schritte auf ihn zu und Johnny streckte ihm die Arme entgegen, um ihn in eine Umarmung zu schließen und ihm einen flüchtigen Kuss auf den Mund zu geben. Er musste sich eingestehen, dass er viel zu müde war, um sich auf irgendwelche anderweitigen Zärtlichkeiten einzulassen. Der Deutsche nutzte die Gelegenheit, schob ihm vorsichtig seine Hände unter den Hintern, hob ihn hoch. „Was hältst du von der Idee, ins Bett zu gehen, und morgen weiterzureden? Ich muss gestehen, dass die Reise ziemlich anstrengend war.“

„Mmmm“, mehr bekam Robert nicht als Antwort und wenngleich er sich nicht sicher war, ob es sich bei dem Brummen um eine Zustimmung oder um Verneinung handelte, so wurde ihm zumindest, sobald er im Schlafzimmer und am Bett angekommen war, bewusst, dass Johnny bereits wieder eingeschlafen war. Mit einem gequälten Seufzen und einem müden Lächeln auf den Lippen machte er sich daran, den Schlafenden aus seiner Kleidung zu befreien, ihn bettfertig zu machen und ihn dann zuzudecken, ehe er sich selbst umzog und sich schlafen legte.
 

Das beständige Tippen der Tastatur war das erste, das er wahrnahm, als er langsam wieder zu sich kam. Er verzog sein Gesicht, murrte verschlafen etwas vor sich hin, zog die Decke fester um sich. Robert war seine Arbeit sehr wichtig und Johnny war bereits bei seinem letzten Besuch ziemlich schnell dahinter gekommen, dass er die Zeit, in der Johnny noch schlief und er bereits wieder wach war, grundsätzlich damit verbrachte, e-Mails für die Arbeit zu beantworten oder auch Aufträge und Meetings zu strukturieren. Da er die Arbeit grundsätzlich beiseite legte, sobald Johnny aufwachte, war es für den Schotten bisher noch nie ein sonderliches Problem gewesen. Der Deutsche war nun mal Chef eines riesigen Unternehmens und Johnny war überhaupt dankbar, dass er sich die Zeit und das Geld genommen hatte, über Weihnachten und Silvester zu Besuch zu kommen. Aber so war das nun mal bei einer Beziehung.

Beziehung. Das Ganze hörte sich immer noch irgendwie falsch an, doch es war so wunderbar real. Auch wenn sie nach wie vor genügend Schwierigkeiten hatten – ganz abgesehen von der Distanz ihrer Fernbeziehung.

Mit mürrischem Blick lugte Johnny aus seiner Decke hervor und konnte deutlich das Grinsen auf Roberts Gesicht erkennen, der in diesem Augenblick seine Hand nach ihm ausstreckte und ihm durch die Haare wuschelte. „Guten Morgen. Ich dachte schon, du hast heute gar nicht mehr vor, aufzustehen.“

Ein kurzer Blick auf die Uhr an der Wand verriet dem Schotten, dass es gerade einmal halb zehn war. Er verzog sein Gesicht und bedachte Robert mit einem skeptischen Blick. „Nicht jeder Mensch hat das Bedürfnis, an einem freien Tag um fünf Uhr aufzustehen.“ „Ich bin erst um sieben aufgestanden“, stellte Robert klar und legte seinen Laptop auf den Boden neben das Bett, während Johnny lediglich genervt „wie auch immer“ murmelte und sich die Bettdecke erneut über den Kopf zog. Mit einem gequälten Seufzen verdrehte Robert die Augen und fuhr sich durch die Haare. „Willst du etwa den ganzen Tag im Bett bleiben?“

„Kommt drauf an“, nahm er Johnnys Stimme dumpf unter der Decke wahr, „Sofern du mir dabei Gesellschaft leistest... warum nicht?“

Robert konnte nicht anders und er brachte ein schwaches Lächeln zustande. Er hob das Ende der Decke an und Johnny blickte ihn mit einem frechen Grinsen an. „Darf ich daraus schließen, dass du deine Zeit gerne mit mir verbringst und du mich vermisst hast?“

„Ein bisschen. Vielleicht.“

„Oh, ich sehe schon. Mister McGregor ist einfach zu gütig, dass Er mir die Erlaubnis erteilt, etwas Zeit in Seiner Nähe zu verbringen. Wie konnte ich nur annehmen, dass Er diese gemeinsame Zeit ebenfalls genießen könnte?“

Johnny schlang seine Beine um Roberts Körper, zog ihn mit seinen Händen näher zu sich und küsste ihn auf den Mund, ehe er leise flüsterte: „Sorg’ doch dafür.“

Die angenehme Wärme von Johnnys Nähe und sein lustvoller Blick ließen Robert sanft erschaudern und obwohl er sich eigentlich vorgenommen hatte, sich diesmal zurückzuhalten und ihre Beziehung nicht wieder alleine auf den Sex zu reduzieren, konnte er doch nicht anders, als das Bedürfnis zu verspüren, der Einladung nachzukommen.

Bei Gott, wie lange war es jetzt her? Vier Monate vielleicht? In jedem Fall viel zu lange.

Er wurde von dem jungen Mann unter ihm vollkommen in den Bann gezogen, und als Johnny seine Hände langsam und behutsam seinen Körper herabgleiten ließ, wartete er bereits sehnsuchtsvoll darauf, dass sie zärtlich in seine Shorts gleiten würden. Sein Atem wurde schwerer und Robert versuchte, bei Verstand zu bleiben, während Johnny ihm das, was er wollte, mit quälender Absicht vorzuenthalten schien.

Robert wusste, dass wenn er etwas von Johnny haben wollte, er es sich diesmal wohl selbst holen musste. Mit einem leisen Raunen nagelte er den Schotten unter sich am Bett fest und presste ihm fordernd seine Lippen auf den Mund.
 

Wie jedes Mal, wenn sie Sex gehabt hatten, hatte Johnny dieses unbeschreibliche Gefühl, dass das der beste Sex gewesen war, den sie je gehabt hatten. Er seufzte leise und ließ sich auf sein Bett zurücksinken. Nur manchmal wünschte er sich wirklich, dass sich Robert nach dem Akt noch ein wenig mehr Zeit nehmen würde, um die Zweisamkeit des Augenblicks noch ein wenig zu genießen. Zum Kuscheln oder Reden.

Stattdessen stand Robert schon wieder unter der Dusche, um sich für den anstehenden Tag fertig zu machen und Johnny kämpfte mit sich, ob er überhaupt aufstehen wollte. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätten sie ruhig den ganzen Tag im Bett verbringen und kuscheln oder miteinander schlafen können. Nach den vielen Monaten, die sie jetzt getrennt gewesen waren, war es durchaus überaus angenehm gewesen, Robert einfach wieder zu spüren.

Aber vermutlich hatte Robert mit dem Tag ganz andere Pläne.

Mit einem gequälten Murren zwang Johnny sich dazu, aus dem Bett aufzustehen, sich seine Shorts anzuziehen und durch das Wohnzimmer in Richtung Küche zu trotten, um das gemeinsame Frühstück vorzubereiten. Als er am Wohnzimmertisch vorbeikam, fiel sein Blick auf sein Handy. Er hatte eine neue SMS.

Robert musste ich wohl am gestrigen Tag noch auf seine Beschwerde geantwortet haben. In diesem Moment bereute er, dass er so grob gewesen war und er rang mit sich selbst, ob er die Nachricht überhaupt lesen wollte. Vielleicht würde es ihm ja den herrlichen, gemeinsamen Morgen ruinieren. Auf der anderen Seite kannte er sich und seine Neugier gut genug, um zu wissen, dass er wohl nicht eher zur Ruhe kommen würde, ehe er wüsste, was Robert ihm geschrieben hatte. Zögerlich bestätigte er den Befehl „Mitteilung anzeigen“.

In dem Moment, als er die Nachricht sah, machte sein Herz einen Satz. Gut, er hatte mit vielem gerechnet. Aber mit Sicherheit nicht mit einem „Ich liebe dich, Johnny. Robert“. Mit hochroten Kopf, aber erhobenem Handy, um die Zeilen noch einmal zu überfliegen, eilte Johnny in die Küche. Bisher hatten sie sich in ihrer Beziehung mit so direkten Liebesbekundungen immer sehr stark zurückgehalten, umso schneller schlug nun sein Herz. Es war erstaunlich, wie gut Robert die Situation zu seinen Gunsten gewendet hatte. Eiskalte Berechnung vielleicht?

Er legte das kleine Gerät beiseite und suchte Geschirr, Besteck und Lebensmittel zusammen, die er auf dem Küchentisch anrichtete. Währenddessen dachte er angestrengt darüber nach, wie er Robert dazu bringen konnte, ihm die drei magischen Worte ins Gesicht zu sagen. Wie er sich selbst dazu durchringen konnte, sie Robert zu sagen.

Erst durch die SMS war ihm bewusst geworden, wie sie sich bisher darum gedrückt hatten, klar herauszusagen, worum es ihnen überhaupt ging. Eine SMS schien als Bote für solch eine Nachricht vielleicht ein wenig unangemessen, aber das war Johnny in diesem Moment reichlich egal. Er hatte Roberts Liebesbekundung schwarz auf weiß. Das bedeutete nicht nur, dass Robert in der Tat etwas für ihn empfand, sondern auch, dass er ihm soweit vertraute, dass er ihm sogar einen stichfesten Beweis dafür überließ.

Johnny zuckte erschrocken zusammen, als ihn zwei angenehm warme Hände von hinten packten und ihn in eine Umarmung zogen. „Das Badezimmer ist jetzt frei“, meinte Robert leise und gab dem Schotten einen sanften Kuss auf den Hinterkopf.

Gerade in dem Moment als Johnny sich zurücklehnen und Roberts Nähe einfach nur genießen wollte, klingelte Roberts Handy. Der Deutsche zögerte einen Augenblick, seufzte kurz und meinte dann: „Ich muss ran gehen...“

Johnny rollte nur genervt mit den Augen: „Ich bin dann unter der Dusche.“

Als Johnny fünfzehn Minuten später frisch geduscht und umgezogen aus dem Badezimmer trat, konnte er Robert immer noch telefonieren hören. Skeptisch verzog er sein Gesicht und ging ein paar Schritte auf die angelehnte Wohnzimmertür zu. Wer auch immer Robert anrief – Johnny vermutete fast, dass es irgendetwas mit der Arbeit zu tun hatte, obwohl verdammt noch mal Feiertag war! – würde sich damit abfinden müssen, dass er Robert jetzt in Beschlag nehmen würde. Er hatte Hunger und wollte endlich frühstücken. Und anschließend sehen, wie Robert auf sein Weihnachtsgeschenk reagierte. Zielgerichtet streckte Johnny seine Hand aus, hielt dann jedoch in seiner Bewegung inne.

„Ich habe nie behauptet, dass das der Grund war, dass die Beziehung von Sophie und mir damals in die Brüche ging“, hörte er Roberts Stimme im genervten Tonfall, „Ich bin nicht schwul.“

Johnny spürte, wie sich sein Magen zusammenzog. Innerlich kochte er vor Wut und kämpfte mit sich selbst, nicht einfach in den Raum zu stürmen und Robert zur Rede zu stellen. Worum, verdammt noch mal, ging es hier eigentlich?! Er zögerte, presste seine Lippen aufeinander. Vertrauen. Er hatte es doch schwarz auf weiß: „Ich liebe dich“. Warum fiel es ihm nur so schwer, Robert dennoch zu vertrauen? Vielleicht war es einfach nur ein Missverständnis, wie das letzte Mal, als Johnny Robert eine verpasst hatte, weil er fälschlicherweise angenommen hatte, dass Robert mit ihm seine Frau betrog...

„Nur weil ich mit einem Mann zusammen bin, heißt das noch lange nicht, dass ich generell auf Kerle stehe, das ist der Unterschied.“

Für den Augenblick war Johnny überaus erleichtert, dass er es in der Tat geschafft hatte, sein Temperament zu zügeln und er nicht aus Zorn irgendetwas Dummes getan hatte. Zumindest gab Robert gegenüber einer dritten Person zu, dass sie in einer Beziehung waren. Das war doch schon mal ein gutes Zeichen, oder etwa nicht? Dass es sich zu großer Wahrscheinlichkeit nicht um ein Arbeitsgespräch handelte, war ihm auch inzwischen klar, und auch das beruhigte ihn.

Langsam schüttelte Johnny seinen Kopf und holte leise, tief Luft. Es gehörte sich absolut nicht, was er hier tat. Es war nicht nur unhöflich, wenn er Roberts Privatgespräche belauschte, sondern bewies zudem, dass er Robert absolut nicht vertraute. Und Robert hatte ihm, seit sie sich wiedergetroffen hatten und sie zusammengekommen waren, niemals auch nur einen Anlass gegeben ihm zu misstrauen. Auf der anderen Seite fiel es ihm schwer, dem Glück zu trauen.

Er hatte sich wirklich vorgenommen, diesmal in das Zimmer zu gehen, doch als Robert diesmal mit sanfter Stimme sprach, erstarrte er erneut.

„Weil er perfekt ist und ich ihn liebe.“

Mit hochrotem Kopf schlug sich Johnny die Hand vor den Mund, um nicht versehentlich auf sich aufmerksam zu machen. Er holte tief und regelmäßig Luft, um sein Herzschlagen zu beruhigen, während er spürte, wie seine Knie weich wurden. Bei Gott. Wie konnte Robert nur so etwas sagen? Und dann auch noch über ihn?

Es war gut, dass er nicht ins Zimmer gegangen war, andernfalls wäre er wohl schlicht und ergreifend über Robert hergefallen und hätte ihn sofort auf dem Zimmerboden verführt.

Langsam ließ Johnny seine Hand sinken und schloss seine Augen, um sich zu beruhigen – jedoch nur mit mäßigem Erfolg. Denn in seinen Gedanken konnte er nicht anders, als sich vorzustellen, wie Robert diese wunderbaren Worte zu ihm sagte. Wort für Wort. Und wie er ihm dabei tief in die Augen sah. Er schauderte und schüttelte den Kopf, ehe er seine Augen wieder öffnete und sich dazu entschied, dass es mit Sicherheit irgendetwas Wichtiges gab, das er in der Küche zu erledigen hatte. Doch auch in der Küche kam er nicht umhin, neugierig seine Ohren zu spitzen, während er seinem Sudoku nur sehr, sehr leise und eher schlecht als recht nachging.

„Das ist mir durchaus bewusst, ja.“

Was würde er nur dafür geben, wenn er wüsste, mit wem Robert nun genau sprach und was genau die andere Person ihm antwortete. Mit düsterer Miene starrte er eines der Sudoku-Kästchen an, als ihm bewusst wurde, dass er sich verschrieben hatte.

„Sonja, ich weiß nicht, wo genau dein Problem liegt. Du meintest selbst, ich solle nicht immer vor möglichen Beziehungen davonrennen und-...“

Verärgert strich Johnny das Rätsel vor ihm mehrfach grob durch, während er leise seufzte. Zumindest eine Frage war geklärt: Robert telefonierte mit seiner Schwester, die in Glasgow wohnte. Roberts einzige Familie, die noch lebte, da seine Eltern vor etlichen Jahren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen waren. Das hieß, dass es schon irgendwie offiziell war, dass sie ein Paar waren, oder? Johnny runzelte die Stirn. Oder zumindest, dass Robert mit jemandem, einem Mann, zusammen war, denn Johnnys Name war bisher kein einiges Mal gefallen.

„...darum geht es dir? Weil ich ‚perfekt‘ gesagt habe? Damit meinte ich nicht, dass er keine Macken hat, sondern dass ich mich bei ihm einfach gut fühle. Für mich ist er perfekt. Ich habe keine rosarote Brille auf und finde alles gut und toll, was er macht. Wenn du das meinst.“

Johnny lehnte sich vor und legte seinen Kopf in seine Arme auf den Tisch. Vielleicht war es nicht gut und nicht nett, wenn er Roberts private Gespräche mithörte, aber irgendwie erleichterte es ihn, all das zu hören. Es machte ihn froh und stolz, dass Robert solche schönen und netten Dinge über ihn sagte, obwohl er nicht wusste, dass er lauschte. Er bedeutete Robert also tatsächlich etwas... Oder zumindest war das sehr wahrscheinlich.

Robert schnaubte gereizt. „Weißt du, ich wollte Weihnachten sicherlich nicht damit verbringen, mit dir am Telefon über meine erste Beziehung seit Jahren zu diskutieren. Ich wollte nur Missverständnisse vermeiden und dir klar machen, dass ich keine feste Freundin, sondern einen festen Freund in Glasgow habe und deshalb diesmal nicht bei euch übernachte.“

Einige Zeit herrschte Schweigen. Johnny seufzte und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Ob das Telefonat noch lange dauern würde? Das Frühstück stand verlockend vor ihm, kombiniert mit der Tatsache, dass er im Augenblick nicht wirklich etwas zu tun hatte. Es wäre wohl reichlich unhöflich, wenn er ohne Robert mit dem Essen anfangen würde.

„Ja, Danke.“

Klang das nach einem Gesprächsende? Hoffnungsvoll hob Johnny den Kopf und überlegte, ob er Robert nicht vielleicht doch einfach vom Handy wegholen sollte.

„Natürlich hatte ich vor, morgen mal vorbei zu kommen. Ich habe ja schließlich-...“

Johnny griff gelangweilt nach dem Teelöffelchen und drehte es mehrmals hin und her, ehe er es mit einem lauten Klappern in seine leere Tasse fallen ließ. Nachdenklich runzelte er die Stirn, als ihm klar wurde, dass er noch keinen Kaffee zubereitet hatte. Gemächlich trottete er zur Kaffeemaschine und schaltete diese ein, nicht zuletzt in der Hoffnung, dass Robert bemerkte, dass er fertig mit Duschen war und darauf wartete, zu frühstücken.

„Um ehrlich zu sein...“, Robert zögerte am Telefon einen Augenblick, seufzte dann leise, „Da muss ich erst fragen. Ich weiß nicht, ob er Lust dazu hat.“

Er betraf wohl Johnny, sodass er erneut neugierig aufhörte, ein genauerer Zusammenhang blieb ihm jedoch verwehrt.

„Oh nein, fang nicht schon wieder damit an! Lass es einfach.“

Johnny schob seine Tasse unter den kleinen Ausschank der Maschine und betätigte den Knopf, während Robert allem Anschein nach endlich zu einem Ende fand: „Ja, also bis morgen. Genieß den Tag. Auf Wiedersehen.“

Gerade als sich Roberts Tasse mit Kaffee füllte, trat ebenjener in die Küche. „Du bist schon fertig mit Duschen?“ „Scheint wohl so“, kommentierte Johnny und zuckte lediglich mit den Schultern, „Mit wem hast du denn so lange telefoniert?“

„Mit meiner Schwester, Sonja“, Robert huschte ein Grinsen über das Gesicht, als er anfügte: „Du weißt schon, die mit den zwei Söhnen.“

Johnnys Blick verdüsterte sich schlagartig und ein leichter Rotschimmer legte sich auf seine Wangen. Musste Robert ihn nun ausgerechnet wieder daran erinnern?! Die ganze Angelegenheit war ihm immer noch höchst unangenehm. „Ich kenne deine Schwester auch so“, murmelte er genervt.

„Sollte bloß ein Scherz sein“, flüsterte Robert dann leise und umarmte ihn vorsichtig von hinten, der Schotte schnaubte jedoch nur abfällig, während er innerlich mit einem Gefühl des Aufgewühltseins kämpfe. „Worum ging es?“, Johnny lehnte sich gegen ihn.

„Um dich“, meinte Robert knapp und gab ihm einen Kuss auf die Stirn, „Und darum, ob du Lust hast, morgen mit zu meinen Neffen zu kommen.“ Er zögerte einen Moment, ehe er anfügte: „Sonja würde dich gerne kennenlernen.“

Johnny hob skeptisch seine Augenbrauen, griff dann nach der Kaffeetasse, um sie zum Tisch zu tragen, während Robert von ihm abließ. Das Schweigen seines Gegenübers machte Robert jedoch ein wenig nervös. „Und? Was sagst du?“

Der Angesprochene blickte erstaunt auf. „War grad in Gedanken, sorry.“

„Bist du sauer, weil ich ihr erzählt habe, dass ich in einer Beziehung bin?“

„Was? Nein. Mach dir deshalb keinen Kopf. Das mit Sonja ist schon okay, ich weiß nur nicht, ob sie so angetan ist, wenn sie herausfindet, mit wem du da zusammen bist.“ Er verzog das Gesicht und Robert blickte ihn ein wenig irritiert an. „Sie konnte mich noch nie so wirklich leiden, das weißt du. Und nach der Sache mit ihrer besten Freundin vor einem Jahr, wünscht sie mir vermutlich sogar die Pest an den Hals“, erklärte Johnny ein wenig verlegen und Robert beschloss, dass er nicht weiter nachfragen würde. Was Johnnys unzählige frühere Beziehungen betraf, so war er sich allgemein nicht ganz sicher, ob sie nun einmal darüber reden oder es einfach auf sich beruhen lassen sollten. Vielleicht wäre es besser für sie beide, wenn er sich einen Beziehungsratgeber kaufen und lesen würde.

„Ich komme mit“, meinte der Schotte nach einer Weile des Schweigens feststellend und setzte sich auf seinen Platz, zögerte dann jedoch einen Moment. „Allerdings“, er holte tief Luft, „haben meine Eltern uns beide für morgen Abend zum Essen eingeladen.“ Auf Roberts Blick hin fügte er hinzu: „Ja, sie wissen, dass wir beide zusammen sind. Ich hielt es nicht für sinnvoll, sie deshalb anzulügen.“

„Und deine Mutter hat dich wahrscheinlich so lange bearbeitet, bis du ihnen einen Namen genannt hast“, kommentierte Robert mit einem Lächeln auf den Lippen und setzte sich nun ebenfalls. „Ja, das auch“, murmelte Johnny, konnte ein Grinsen jedoch nicht vermeiden.

„Wir könnten vormittags zu Sonjas Familie gehen und nachmittags dann direkt zu deinen Eltern weiterfahren.“

Johnny nickte und seufzte. „Wird dann wohl ein Besuchstag werden.“

„Dafür haben wir ja heute und den Rest der Woche für uns.“

Das Frühstück verlief relativ ruhig und sie unterhielten sich über relativ allgemeine Dinge – wie sie es auch meist taten, wenn sie miteinander telefonierten. Nach dem gemeinsamen Frühstück räumte Johnny den Tisch ab, während Robert sich an den Abwasch machte. Daran, dass Weihnachten war, erinnerte relativ wenig, außer vielleicht die Tatsache, dass Robert in Glasgow und nicht in Deutschland war. Aber das war in Ordnung. Johnny wollte gar keinen absolut besonderen, weihnachtlichen Tag. Er wollte Robert bei sich haben und gemeinsam mit ihm ein wenig Zeit verbringen, nicht zuletzt, um sich besser kennen zu lernen. Denn auch wenn sie sich von früher kannten, auch wenn sie nun schon einige Zeit zusammen waren, hieß das noch lange nicht, dass sie sich gut genug kannten, um die Vorlieben des anderen zu kennen. Um überhaupt zu sehen, ob ihre Beziehung von Dauer sein konnte. Ob Robert immer noch das gleiche Lieblingsessen hatte? Johnny bezweifelte es.

Dennoch hoffte er innständig, dass sich einige Dinge nicht geändert hatten und er mit seinem Geschenk, das er für Robert gekauft hatte, nicht absolut daneben lag. Es wäre sehr Schade um das Geld, das er dafür hatte ausgeben müssen. Umso gespannter wartete er darauf, Robert das Geschenk überreichen zu können. Ob es ihm gefallen würde?

Mit einem Lächeln auf den Lippen dachte er an die bevorstehende Woche und fragte sich, was sie wohl alles gemeinsam unternehmen würden. Er musste augenblicklich an den nächsten Tag denken und auch wenn er es nicht laut vor Robert zugeben würde, graute es ihm nicht nur davor, Sonja gegenüber zu treten (er befürchtete, dass sie Robert so lange von seinen schlechten Eigenschaften erzählte, bis dieser sich tatsächlich von ihm trennte), sondern auch vor dem anstehenden Abendessen mit seinen Eltern. Seine Eltern wussten zwar, dass er jetzt in einer festen Beziehung mit seinem ehemaligen besten Freund war, aber er hatte mit seinem jüngeren Bruder noch nicht darüber gesprochen. Er hatte William seit der Versöhnung mit seinen Eltern erst zwei Mal gesehen, wobei das zweite Mal nur ein kurzes Treffen gewesen war. William hatte schon immer sehr zu ihm aufgesehen – Johnny ging davon aus, dass ihm sein damaliges Verhalten schwer zugesetzt hatte und er deshalb ein wenig zurückhaltend ihm gegenüber war – und Johnny wusste absolut nicht, wie er reagieren würde, wenn er herausfand, dass sein älterer Bruder nicht nur auf Frauen, sondern auch auf Kerle stand. Und dann auch noch in einer festen Beziehung mit Robert war. Der Person, die an seinem plötzlichen Wandel nicht ganz unschuldig war.

„Alles in Ordnung?“, fragte Robert besorgt, als er den düsteren Ausdruck auf Johnnys Gesicht bemerkte. Der Schotte nickte nur, doch sein Gegenüber besah ihn skeptisch, bis er letzten Endes doch nachgab. „Ich hab mir nur Gedanken wegen morgen gemacht. Sonst nichts.“ Robert besah ihn nachdenklich. „Du musst nicht mitkommen, Johnny. Ich bin dir nicht böse, wenn du dich dabei nicht wohlfühlst.“

„Wir sind zusammen“, meinte Johnny nachdrücklich, „Früher oder später wird es zu dieser Konfrontation kommen. Ich kann davor nicht weglaufen.“ Robert fasste sanft nach seiner Hand. „Außerdem ist es ja nicht so, als würdest du alleine gegen den Rest der Welt stehen. Ich bin ja auch noch da und passe auf dich auf.“

Johnnys Stirn legte sich in Falten und seine Augenbrauen zogen sich angespannt zusammen, während er seine Hand aus Roberts Griff befreite. Robert wurde schlagartig klar, dass er wohl bei seinem Aufmunterungsversuch etwas Falsches gesagt haben musste.

„Du meinst also, ich kann nicht alleine auf mich aufpassen und bin auf Hilfe angewiesen, um mein Privatleben zu bestreiten?!“

„Das habe ich nicht gesagt, Johnny, ich-...“

„Was denn dann?!“

Es herrschte kurze Zeit Schweigen, denn Robert wusste, dass er die folgenden Worte sehr sorgfältig wählen musste, um ihren gemeinsamen Morgen nicht endgültig in eine Katastrophe ausarten zu lassen. Warum nur reagierte Johnny plötzlich so verdammt empfindlich?

„Ich meinte damit nicht, dass du nicht fähig bist, deine Probleme selbst zu lösen, sondern dass ich da bin, wenn du mich brauchst und-...“

„Du meinst, wenn ich mein Leben mal wieder nicht auf die Reihe kriege.“

„Nein. Wenn du jemanden brauchst, der für dich da ist. Nur für dich und deine Sorgen.“

Johnny musterte ihn immer noch wütend, doch Robert wusste, dass er den Konflikt erfolgreich entschärft hatte, wenngleich ihm immer noch nicht ganz klar war, warum Johnny so aufgebracht reagiert hatte. Dass Johnny immer noch so düster dreinblickte, lag vermutlich daran, dass es ihm einfach – wie früher auch schon – schwer fiel, eine Möglichkeit zu finden, einfach abzuschalten und das Ganze wieder gut sein zu lassen. Als Robert ihn behutsam in seine Arme schloss, sträubte er sich anfangs ein wenig, ließ es dann jedoch, wenn auch nur zögerlich, zu. Robert strich ihm sanft durch das Haar, während er sich größte Mühe gab, den kleinen Pferdeschwanz nicht versehentlich zu zerstören.

„Du lässt deine Haare wieder wachsen?“, fragte er mit sanfter Stimme. Die Antwort kam nur äußerst zögerlich: „Ich dachte, es gefällt dir vielleicht.“

Erstaunt blickte Robert auf Johnny, der sich an ihn kuschelte und seine Arme um ihn schloss, brachte dann jedoch ein Lächeln zustande. „Wegen mir?“ Johnny schwieg und schien sich allem Anschein nach nicht weiter dazu äußern zu wollen, so fügte Robert einfach noch hinzu: „Es sieht gut aus. Steht dir.“

Nachdem der Schotte weiterhin keine Anstalten machte, ihn loszulassen, wanderte Roberts Blick zum Fenster. Kleine Schneeflocken bahnten sich ihren Weg vom Himmel hinab zur Erde und erinnerten ihn daran, dass er für den Tag einiges geplant gehabt hatte. Auf der anderen Seite hatten sie in der kommenden Woche noch genügend Zeit, all das nachzuholen. Vermutlich war es sogar besser, wenn sie die ganze Sache am heutigen Tag etwas langsamer angingen.

Die letzten Monate hatte Robert, sofern er sich in seiner Firma nicht mit Arbeit eingedeckt hatte, damit verbracht sehr ausführlich über ihre Beziehung nachzudenken. Ob es wirklich richtig war, dass sie zusammen waren, miteinander schliefen und es wohl noch eine ganze Weile so weiter gehen würde. Neben Sonjas Worten, die ihn immer wieder davon abhielten, sich die Beziehung aus rein zeit- und arbeitstechnischen Gründen auszureden, war da noch dieses dämliche Gefühl, das dafür sorgte, dass er sich wie ein verliebter Teenager fühlte. Als Johnny wegen irgendeiner Angelegenheiten einmal angerufen hatte, als Robert sich in seinem Firmenbüro aufgehalten und dort gearbeitet hatte, hatte er angefangen, gedankenverloren auf ein vor ihm liegendes, eigentlich höchst offizielles und wichtiges Dokument Herzchen zu malen. Die Angelegenheit war ihm immer noch äußerst peinlich.

Ja, er war aus unerklärlichen Gründen in diesen sturen Dickkopf verliebt. Und ja, er war zu dem Schluss gekommen, dass er durchaus bereit war, derartige Ablenkungen in Kauf zu nehmen. Aber was ihm Sorgen bereitete war, dass sie sich, auch wenn sie sich körperlich so nah und vertraut waren, gar nicht wirklich kannten. Wer war Jonathan McGregor eigentlich, in den er sich da wider allen Verstandes verliebt hatte?

Es war nicht so, als wäre es wirklich unglücklich mit der Situation. Ganz im Gegenteil. Auch wenn es ihn beunruhigte, dass sie sich doch so wenig kannten, hatte er einfach das Gefühl, dass alles passte. Wenn Johnny bei ihm war oder zumindest mit ihm telefonierte, konnte er abschalten und einfach mal an etwas anderes denken, frei sein von allem Stress. Johnny war kein einfacher Mensch, aber wenn er an seine Zeit mit Sophie zurückdachte, war „einfach“ und „unkompliziert“ vermutlich auch gar nicht das, was er brauchte.

Als er Johnny damals abgewiesen hatte, war es anders gewesen. Damals hatte er wirklich nichts außer Freundschaft für Johnny empfunden und auch wenn es ihm nach wie vor schwer im Magen lag – die Tatsachen waren damals einfach andere gewesen.

Er hatte sich nach langem Hin und Her dafür entschieden, sich nicht mehr länger gegen alles zu sträuben. Es einfach zu akzeptieren. Vielleicht würde ihre Beziehung scheitern. Aber wirklich wissen konnten sie es nur, wenn sie es überhaupt erst einmal versuchten.

Robert schloss seine Arme enger um den jungen Schotten.

„Was hältst du davon, wenn wir ins Wohnzimmer gehen und ein wenig weihnachtliche Stimmung aufkommen lassen?“

Johnny schwieg einige Zeit, ehe er leise seufzte und dann langsam nickte. Er löste sich zögerlich von Robert und ärgerte sich über sein eigenes Temperament, dass er sich nicht so gut unter Kontrolle hatte. Für seine doch recht unnahbare, berechnende und ernste Art hatte er Robert schon immer sehr bewundert. Im Gegensatz zu ihm war Robert kontrolliert, eine bewundernswerte Eigenschaft. Auf der anderen Seite konnte er auch so wahnsinnig zärtlich und liebevoll sein, so rücksichtsvoll, was er in ihrer Beziehung regelmäßig unter Beweis stellte. Was genau Robert allerdings dazu brachte, trotz seines schwierigen Charakters bei ihm zu bleiben, wusste er nicht. Er erinnerte sich an das Telefonat und fragte sich, ob es tatsächlich irgendetwas gab, das man an ihm besonders finden konnte, war er nicht einmal unbedingt ein guter Mensch.

Angespannt presste er seine Lippen aufeinander, blickte Robert in den Augen. Es kostete Johnny einige Überwindung, das auszusprechen, was er selbst so gerne hören wollte. Irgendwie war es ihm peinlich.

„Ich liebe dich.“

Die Augen des Deutschen weiteten sich für einen kurzen Augenblick vor Überraschung, dann lächelte er sanft, fasste Johnny am Handgelenk und küsste ihn auf die Stirn. „Wenn du das mit so einem Gesicht sagst, wirkt es fast so, als sei es etwas Schlimmes.“

Johnny wirkte ob dieser Aussage sichtlich bestürzt und Robert presste ihm hastig die Lippen auf dem Mund, um zu verhindern, dass er die scherzhafte Bemerkung zu ernst nahm. Ihm wurde bewusst, dass es sicherlich kein leichter Schritt für Johnny gewesen war und es war vermutlich nicht sonderlich fair, das Ganze durch einen dummen Kommentar ins Lächerliche zu ziehen. Was hatte er sich nur dabei gedacht?

„Jonathan McGregor, du bist unmöglich. Aber trotzdem liebe ich dich.“

Sein Gegenüber boxte ihm in die Seite und blickte ihn düster an, zeigte sich jedoch wieder ein wenig entspannter und ruhiger, was Robert dazu brachte, seinen Arm um seine Hüfte zu legen und ihn zum Wohnzimmer zu geleiten.

Im Wohnzimmer angekommen, machte Johnny es sich auf dem Sofa bequem, während Robert die Kerzen anzündete und das Radio anmachte. Leise dudelte die weihnachtliche Musik vor sich hin und Johnny beobachtete mit einem Stirnrunzeln, wie Robert in Richtung Zimmertür ging. Er hatte wirklich gehofft, dass ihr Liebesspiel vom frühen Morgen seine Fortsetzung finden würde, doch Robert schien daran keinerlei Interesse zu haben – was Johnny in der Tat ein wenig frustrierte. Denn das Liebesbekenntnis hatte deutliche Spuren hinterlassen und – bei Gott – nach all den Monaten, in denen er auf den Sex verzichtet hatte und brav darauf gewartet hatte, dass Robert ihn wieder besuchen kam, hatte er es sich die Intimitäten doch verdient. Johnny zog einen Schmollmund und rang mit sich selbst, ob er beleidigt oder lieber kooperativ sein sollte. Auf der anderen Seite würde schlechte Laune weder der gemeinsamen Zeit, noch seinen persönlichen Wünschen nutzen.

Mit einem genervten Seufzen, richtete er sich auf, griff hinter das Sofa, wo er Roberts Weihnachtsgeschenk verstaut hatte, und zog ebenjenes hervor. In dem Moment, als er das doch ein wenig klobige, rechteckige Päckchen auf den Tisch legte und ein weiteres, sehr kleines Paket daneben platzierte, kam Robert zurück. Er deutete Johnny an, ein wenig beiseite zu rutschen und ließ sich anschließend neben ihm nieder, in seinen Händen ein Päckchen und einen Briefumschlag.

Verwundert und neugierig zugleich blickte Johnny die Geschenke an und Robert lächelte verschmitzt. Eine Sache hatte sich mit Sicherheit in all den Jahren nicht geändert, und das war die Tatsache, dass Johnny verdammt neugierig war. Obwohl Johnny bei den Telefonaten mehrfach andeutungsweise und auch direkt gefragt hatte, was Robert ihm denn nun schenken würde, hatte dieser kein Wort gesagt – was die Spannung beinahe unerträglich gemacht hatte.

Für das „Soll ich anfangen?“, erntete Robert einen düsteren Blick und er musste sich ein Grinsen verkneifen. „Ich meinte natürlich mit dem Geschenke übergeben und nicht mit dem Auspacken.“ Johnny rollte als Antwort nur genervt mit den Augen, was dazu führte, dass sein Gegenüber seinen Arm um ihn schlang, ihn ein Stückchen näher zu sich zog und ihm einen Kuss auf die Stirn gab. „Frohe Weihnachten, Jonathan.“

Er reichte ihm den kleinen Umschlag und der Schotte runzelte ein wenig irritiert die Stirn, während er ebendiesen öffnete. Darin befanden sich einige... Gutscheine? Johnny hob skeptisch seine Augenbrauen und fragte sich für einen kurzen Augenblick, ob Robert diesmal vielleicht einfach nichts eingefallen war, bis sein Blick darauf fiel, was für Gutscheine es waren. Ihm klappte förmlich der Mund auf.

„Ich dachte dir gefällt so etwas vielleicht“, kommentierte Robert und lächelte, während Johnny einen Zettel nach dem anderen las. Tiefseetauchen, Fallschirmspringen, Motorcross. Alles Dinge, die Johnny irgendwann einmal ausprobieren wollte, wozu sich bisher jedoch nie die Gelegenheit ergeben hatte. Zumal ihm einfach das Geld gefehlt hatte. Schlagartig fragte sich Johnny, wie ausgerechnet Robert, der ihm früher dauerhaft Predigten über zu gefährliche Sportarten gehalten hatte, dazu kam, ihm soetwas zu schenken. Nicht, dass er es nicht wertschätzte oder es nicht mochte – ganz im Gegenteil – aber ein solches Geschenk von jemandem zu erhalten, der immer auf Vorsicht bedacht war, grenzte schon fast an versuchtem Mord.

Mit einem leisen, ungewollten Seufzen lehnte sich Johnny gegen seinen Freund und ergriff seine Hand. „Dankeschön“, er lächelte ihn an und küsste ihn auf den Mund, zögerte dann jedoch, „Aber weißt du, du solltest nicht so viel Geld für mich ausgeben.“

Das war eine aufrichtige Bitte und Johnny hoffte, dass Robert sie auch so verstand. Klar freute er sich tierisch über solche ausgefallenen und tollen Geschenke, aber es sprengte einfach seinen finanziellen Rahmen. Und auch wenn Robert das selbstverständlich nicht erwartete, hatte er doch das Gefühl, es müsste ihm etwas Gleichwertiges schenken. Gut, diesmal mochte ihm das vielleicht gelungen sein, aber es hatte bei Weitem sein Budget überzogen und das konnte er sich auf Dauer einfach nicht leisten.

Roberts Blick wirkte verständnisvoll, ihm schien die Problematik, die Johnny beschäftigte, klar zu sein, und er schloss seine Arme um Johnnys Rücken, sodass dieser auf seinem Schoß saß. „Es ist nicht so, dass ich so eine ähnliche Reaktion nicht erwartet hätte. Deswegen ist das hier auch eher ein Geschenk für mich, als für dich. Aber es wäre vom Gebrauch und Nutzen her sinnvoller, wenn du es hättest.“

Mit der rechten Hand griff Robert nach dem zweiten Päckchen und hielt es Johnny unter die Nase, der nun noch verwirrter dreinblickte.

„Mach’s auf.“

Johnny zögerte einen Augenblick, wirkte unschlüssig, doch letzten Endes schien seine Neugierde zu siegen und mit einem leisen Seufzen packte er das Geschenk aus. Was dachte sich Robert nur dabei? Gut, Johnny konnte auch seine Sicht nachvollziehen, denn er hatte ja selbst lange Zeit über enorm viel Geld verfügt. Wie sollte man jemanden zeigen, dass er einem besonders viel bedeutete, wenn man ihm nur etwas verhältnismäßig billiges zukommen ließ? Es war ihm trotzdem unangenehm.

„Du spinnst!“ war das Einzige, das er herausbrachte, als er sah, was Robert ihm da gekauft hatte und er konnte nicht verhindern, den Verpackungskarton in seinen Händen hin- und herzudrehen und ihn interessiert zu mustern. Um Gotteswillen, das Teil war ein Vermögen wert!

„Ich finde es schwierig, wenn wir nur miteinander telefonieren“, meinte Robert und legte seine Hände auf Johnnys Hüften, „Mir wäre es wichtig, dass man sich auch mal... sieht. Mit der eingebauten Webcam könnten wir problemlos telefonieren und-...“

„Eine gute Idee, aber ich habe doch schon einen Computer, eine Webcam hätte doch genügt.“

Robert skeptisch seine rechte Augenbraue und Johnnys Miene verdüsterte sich, als ihm klar wurde, dass Robert gerade überlegte, ihn darauf anzusprechen, wie alt und langsam sein PC doch war.

„Komm schon, Johnny. Das ist einfach nur ein Laptop-...“

„Einfach nur ein Laptop? Robert, ich kenne mich schon ein wenig mit den Marken und Produkten aus. Und dieses Teil kommt erst in zwei Monaten auf den Markt.“

Robert grinste ihn frech und herausfordernd an und Johnny zog einen Schmollmund.

„Du wolltest dir doch sowieso einen neuen kaufen. Oder sehe ich das falsch?“

„Ja, schon. Aber ich hatte an eine andere Preisklasse gedacht. Etwa zweitausend Euro weniger hätten es für meine Ansprüche auch getan.“

Ein Seufzen folgte. „Okay, dann gebe ich ihn eben zurück.“

Johnny blickte Robert nun noch düsterer an.

„Was ist denn? Wenn du ihn nicht haben willst, dann-...“

„Ich habe nicht gesagt, dass ich ihn nicht haben will. Ich habe lediglich gesagt, dass du spinnst und dass weniger auch gereicht hätte.“

„Also nimmst du ihn?“

„...vielleicht.“

„Johnny.“

„Robert.“

Für einen kurzen Moment fragte sich Robert, ob er aufgrund des kindischen Verhaltens lachen oder verzweifeln sollte, ehe Johnny sich nach vorne beugte und ihn küsste. „Danke.“

„Du bist sowas von unmöglich.“

Johnny schien das erstaunlicherweise als Kompliment aufzufassen und es fiel Robert schwer, unter dessen plötzlichem Anfall von Zärtlichkeit, seine Finger von ihm zu lassen. Sie hatten zum einen noch viel vor, zum anderen hatte Robert sich felsenfest vorgenommen, sich ein wenig mit Johnny zu beschäftigen – und zwar außerhalb des Bettes. Wie sollte er denn auch sonst feststellen, ob ihre Beziehung überhaupt gelingen konnte? Es wäre überaus frustrierend, erst nach ein paar Jahren festzustellen, dass man außer den sexuellen Vorlieben rein gar nichts vom anderen wusste.

Robert nahm hastig Johnnys Hände in die seinen, als er feststellte, dass dieser sich an seiner Hose zu schaffen machte. „Jonathan, ich dachte wir wollten heute noch etwas unternehmen.“

Der Schotte hielt schlagartig in seiner Bewegung inne und musterte sein Gegenüber skeptisch. „Zunächst einmal solltest du deine Geschenke auspacken, bevor wir irgendwohin gehen.“

Langsam ließ Robert seine Hände unter Johnnys Pulli gleiten und machte Anstalten, diesen nach oben zu schieben. „Nicht mich, Idiot.“

Schlagartig wurde Johnny klar, dass er gerade seine Chance vertan hatte. Verdammt.

Ein Seufzen folgte. „Jonathan, wir müssen dringend mal an deinem Vokabular arbeiten.“ Der Angesprochene verdrehte lediglich genervt die Augen und ließ sich von Roberts Schoß neben ihn auf das Sofa fallen, ehe er ihm die beiden Päckchen überreichte und anschließend seine Arme vor der Brust verschränkte. „Frohe Weihnachten und so weiter.“

Da er bereits ahnte, was sich im kleinen Geschenk verbarg, öffnete Robert dieses zuerst. Wie vermutet purzelte der Schlüssel zu Johnnys Wohnung heraus. Ein Grinsen legte sich auf Roberts Gesicht. „Ist das etwa der Schlüssel zu deinem Herzen?“

„Nein, der zu meiner Wohnungstür.“

„Prima, dann fühle ich mich nicht mehr jedes Mal wie ein Einbrecher, wenn ich dich besuchen komme.“

„Normalerweise benutzen meine Gäste auch einfach die Klingel und warten, bis ich ihnen die Tür öffne.“

„Das will ich hoffen. Andernfalls hätte ich vermutlich einen ziemlich guten Grund, eifersüchtig zu sein.“

Johnny starrte ihn für einen kurzen Moment ein wenig baff an, ehe sich ein leichter Rotschimmer auf seine Wangen legte. Robert eifersüchtig? Wegen ihm? Dann verdüsterte sich jedoch sein Blick, als ihm bewusst wurde, dass Robert ihm gerade unterstellt hatte, dass er untreu wäre.

Verdammt noch mal, was hatte Robert nur an sich, dass ihn seine scherzhaften Bemerkungen emotional immer so sehr trafen? Verärgert über sich selbst, warf er dem Deutschen einen scharfen Blick zu. „Du willst also damit sagen, dass ich mit jedem, den ich in meine Wohnung lasse, gleich in die Kiste steige?“

Na ja, Johnny musste zugeben: die Vermutung war gar nicht so abwegig. Es hatte tatsächlich eine Zeit gegeben, da war das der Fall gewesen. Aber er hatte sich geändert. Ja, er versuchte wirklich, ein guter Freund zu sein, und auch wenn Robert die Bemerkung sicherlich nicht so gemeint hatte, machte es ihn wütend. Vermutlich, weil er befürchtete, dass Robert ihm tatsächlich ein solches Verhalten zutraute und ihn das ungemein verletzte.

Er bemerkte den betroffenen Blick seines Freundes, presste seine Lippen aufeinander und fasste sich an die Stirn. „Sorry, es war nicht so gemeint. Ich habe überreagiert.“

Als er aufstand, um den Raum zu verlassen, packte Robert ihn am Handgelenk und zog ihn zurück auf das Sofa. Johnny sträubte sich ein wenig, als er jedoch Roberts ernstes Gesicht sah, seufzte er gequält auf und fügte sich.

Ich muss mich entschuldigen, ich wollte dich mit der Bemerkung sicher nicht verletzen.“

Der Angesprochene zuckte nur beiläufig mit den Schultern, er ahnte, was folgen würde.

„Im Ernst, Johnny, wir müssen da endlich einmal darüber reden. Es frustriert mich, wenn du alles, was ich sage, als Beleidigung auffasst.“

Weiterhin starrte Johnny nur gerade aus. Was sollte er auch darauf sagen?

„Warum nimmst du alles immer gleich so persönlich?“, nachdem sein Gegenüber wiederum nicht weiter reagierte, fügte Robert hinzu: „Du solltest so viel Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl besitzen, um zu wissen, dass-...“

Johnny schnaubte und sah ihn düster an. „Ganz im Ernst? Woher sollte ich so etwas haben?“ Es mochte vielleicht lächerlich klingen, wenn ausgerechnet er so etwas sagte, obwohl er schon immer für seine große Klappe bekannt gewesen war, aber es war schlicht und ergreifend eine Tatsache, dass es ihm schwer fiel, zu sehen, ob er selbst überhaupt irgendjemandem irgendetwas bedeutete, ob er so etwas wie einen „Wert“ überhaupt besaß. Und das war auch der Grund, weshalb er immer so empfindlich reagierte. Eine Mischung aus Angst vor Verletzungen und dem Wunsch nach Selbstschutz führte dazu, dass er das Positive, was man über ihn sagte, nicht glauben wollte, und überall etwas Negatives gegen ihn heraushörte.

„Als ich das allererste Mal wirklich geglaubt habe liebenswert zu sein, hast du mir eiskalt den Laufpass gegeben und ich habe mich absolut gedemütigt gefühlt. Du verstehst es wirklich nicht, oder? Alle Mädchen, mit denen ich eine Beziehung hatte, waren einfach nur der Versuch mir selbst zu beweisen, dass es irgendwas an mir geben muss, das man lieben kann.“

Robert blickte ihn ernst an und Johnny wurde klar, dass das genau das Gespräch war, das er hatte führen wollen. Er seufzte schwer, ließ sich ein wenig tiefer in das Polster sinken und murmelte genervt: „Okay, reden wir.“

„Jonathan, was damals geschehen ist, lässt sich nicht ungeschehen machen. Wir beide wurden dadurch sehr geprägt.“

Johnny schnaubte skeptisch und verschränkte die Arme vor der Brust, als er den Mund öffnete, um allem Anschein nach eine abfällige Bemerkung zu äußern, fuhr Robert fort.

„Ich weiß, dass ich damals einen schlimmen Fehler gemacht habe und ich weiß wirklich nicht, was mich damals dazu gebracht hat, dich zum Sex zu verführen. Ich hatte damals keinerlei Gefühle für dich – zumindest nichts, was über eine sehr tiefe Freundschaft hinausging. Mir wäre damals nichts Wichtiger gewesen, als die ganze Angelegenheit zu klären. Als ich gesehen habe, was ich durch meine Dummheit alles zerstört habe, hatte ich mir fest vorgenommen, so etwas nicht noch einmal passieren zu lassen. Als dann Sophie eines Tages zu mir kam und mir ihre Gefühle gestand, wollte ich den gleichen Fehler nicht noch einmal machen. Der Grund, dass die Beziehung zwischen uns am Ende nicht funktioniert hat, war, dass ich, selbst wenn ich sie glücklich machen und ihr alles geben wollte, was sie sich wünschte, ich sie doch nie lieben konnte, weil da einfach keine Gefühle waren. Das hat sie nicht ertragen. Ich habe mich danach einfach nur noch in meine Arbeit gestürzt, um jede weitere Beziehung zu vermeiden.“

Johnnys Blick war nach wie vor düster und Robert berührte ihn sanft an den Händen. „Ich weiß, dass du denkst, ich sei nur mit dir zusammen, um so etwas wie Schadensbegrenzung zu betreiben. Dass wir uns nach so vielen Jahren wieder über den Weg gelaufen sind, war ein glücklicher Zufall und sicherlich nicht beabsichtigt. Zumindest nicht von meiner Seite. Aber jedes Mal, wenn wir aneinander geraten waren, habe ich einfach bemerkt, dass mir die ganzen letzten Jahre etwas gefehlt hat. Jedes Mal, wenn ich beschloss, dass ich die Sache mit dir endlich abschließen möchte, indem ich nicht auf deine Provokationen anspringe, habe ich mich doch wieder dazu hinreißen lassen, von deinem Temperament in den Bann gezogen zu werden“, Robert musterte Johnny aufmerksam, als er weiter sprach, „Und sobald ich deinem unheimlichen Sturkopf erlegen war, war es kein sonderlich großer Schritt mehr gewesen, sich wie ein frischverliebter Teenager zu fühlen.“

Entgegen dem, was Robert erwartet hatte, hatte Johnny tatsächlich ruhig zugehört und auch er wirkte ernst und aufrichtig, als er sprach. „Das ändert trotzdem nichts an der Tatsache, dass es immer noch weh tut, wenn ich daran denke.“

„Ich weiß.“

„Weißt du, ich hatte mir wirklich vorgenommen, es dir heimzuzahlen. Ich wusste zwar nicht genau wie, aber ich wollte dir einfach nur irgendetwas Schlimmes antun, damit du weißt, wie ich mich gefühlt habe und fühle. Und trotz allem warst du am Ende so rücksichtsvoll und nett. Ich dachte immer, ich hätte diese dämliche Jugendliebe hinter mir gelassen, aber als wir in dem Hotelzimmer Sex hatten, wurde mir bewusst, wie angenehm mir deine Nähe immer noch war und wie sehr ich alles genoss. Es hat mich wahnsinnig gemacht, als mir bewusst wurde, dass du mich nach all den Jahren immer noch so fest im Griff hattest und ich mich einfach nicht dagegen wehren konnte. Es war einfach nicht fair“, er unterbrach sich, starrte auf seine Hände, „Du hast mir schon mal das Herz gebrochen. Ich habe Angst davor, dass du es noch mal tun wirst.“

Es war kein Vorwurf. Sanft fuhr Robert Johnny durch die Haare und dieser schloss die Augen. „Man ist diesen verdammten Gefühlen hilflos ausgeliefert und am Ende treffen sie einen hart und unvorbereitet.“

„Aber sie versprechen einem auch vieles“, fügte Robert hinzu und küsste den jungen Schotten liebevoll auf die Wange. Johnny sah ihn müde aus den Augenwinkeln an.

„Diese ganzen Mädchen, mit denen ich ausgegangen bin. Ich habe sie alle gemocht. Nicht geliebt, aber zumindest gemocht. Jedes Mal habe ich mir etwas vorgemacht und mir gesagt, dass ich es nur mit ihnen treibe, weil sie es selbst so wollen und ich ihnen damit einen Gefallen tue. Dass es nicht wichtig ist, ob ich jetzt sonderlich viel für sie empfinde oder nicht. Tu mir das nicht an, ja?“

Robert beugte sich zu ihm vor, hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Niemals.“

Johnny schlang seine Beine um Robert und für einige Zeit verfielen sie in den Rausch einer liebevollen Zweisamkeit. Als Robert Anstalten machte, ihm seinen Pulli über den Kopf zu ziehen, keuchte Johnny überrascht auf. „Ich dachte, wir wollten heute noch etwas unternehmen?“

„Das ist jetzt nicht so wichtig.“

Johnny zögerte einen Moment, stöhnte jedoch unkontrolliert auf, als Robert sich an seiner Hose zu schaffen machte.

„Moment...“, murmelte er und richtete sich halb auf, fuhr sich mit der Hand über die Stirn, „Lass mich erst eine Decke unterlegen. Das Sofa passt nicht in die Waschmaschine.“

Robert lachte trocken und lächelte sanft, ehe er Johnny erneut auf den Mund küsste. „Ich hole derweil ein Kondom.“
 

Es war bereits kurz nach halb zwei, als Johnny sich mit einem Seufzen dazu aufraffen konnte, sich aus Roberts Armen zu befreien und er sich anschließend mit einem Murren aufrichtete. Das Sofa war auf Dauer ungemein unbequem und ein wenig eng. Er schwang seine Beine von der Couch, setzte sich auf und genoss für einige Augenblicke Roberts warme Hand, die ihm sanft über den Rücken strich.

„Wie fühlst du dich?“

Die Frage hallte dumpf in Johnnys Ohren wieder und er fuhr sich mit einem Seufzen mit beiden Händen über das Gesicht.

„Besser.“

Robert lächelte und nahm die Gelegenheit wahr, kleine Küsse über Johnnys Arm zu seinem Nacken hin zu verteilen, sodass auch er aufrecht saß. „Ich liebe dich“, flüsterte er ihm leise ins Ohr und Johnny lehnte sich gegen ihn, schloss die Augen und schwieg. Eine ganze Weile lang saßen sie so aneinandergekuschelt da, bis Johnny mit einem Seufzen meinte: „Du hast dein Geschenk immer noch nicht aufgemacht.“ Er zog das Päckchen vom Tisch und Robert, zwischen dessen Beinen er mittlerweile saß, nahm es ihm lächelnd ab. Mit seinen Armen hatte er Johnny immer noch umschlossen und er legte ihm seinen Kopf auf die Schulter, um besser auf das Geschenk blicken zu können. „Dann bin ich doch mal gespannt, was du mir Schönes gekauft hast...“

Vorsichtig und behutsam entfernte Robert das Geschenkpapier und legte es beiseite, um sich den Inhalt genauer betrachten zu können. Es war ein überaus edles, mit Sicherheit antiquarisches und sehr gut erhaltenes Schachbrett aus wertvollem Holz mit eleganten Verzierungen und feinen Intarsien. Die Figuren waren außerordentlich gut gearbeitete Schnitzereien mit geschmackvollen und wohlproportionierten Formen.

Ein Lächeln bildete sich auf Roberts Gesicht und er küsste Johnny zärtlich an den Hals. „Vielen Dank, Jonathan. Es ist wirklich wunderschön.“ In Anbetracht der Tatsache, dass sie sich am heutigen Tag schon mehrfach in den Haaren gehabt hatten, verkniff er sich eine Bemerkung über Johnnys Bitte um kostengünstige Weihnachtsgeschenke. Robert war sich darüber im Klaren, dass das Schachbrett einiges wert war.

Johnny entspannte sich merkbar in seinen Armen und lehnte sich sanft gegen ihn.

„Was hältst du von einer kleinen Partie?“, erkundigte sich Robert mit einem Grinsen im Gesicht, was Johnny dazu brachte, ihn entgeistert anzusehen. „Ich habe seit Jahren kein Schach mehr gespielt!“, protestierte er halblaut und verzog sein Gesicht, als sei er sich ziemlich sicher, dass das Ganze sowieso nur wieder darauf hinauslaufen würde, dass er verlor.

„Nun, Jonathan, aufgrund eines fehlenden Schachpartners habe ich auch seit Jahren kein Schach mehr gespielt. Umso mehr reizt es mich, mal wieder Hand anzulegen.“

Johnny wirkte wenig überzeugt und sah ihn skeptisch an. „Ich weiß Dinge, bei denen es mir weitaus angenehmer wäre, wenn du dort deine Hand anlegst.“

„Kommt es mir nur so vor, oder hast du keine Lust gegen mich zu spielen, weil du Angst hast, zu verlieren?“

Robert war nicht nur im Schachspiel, sondern auch in vielen Bereichen seines Lebens ein ausgesprochen guter Stratege. Und gerade bei Johnny war er sich über dessen Schwächen durchaus im Klaren, dass er immer das Bedürfnis hatte, sich zu beweisen, zu zeigen, dass er etwas konnte. In all den Jahren, in denen Johnny bei ihren gemeinsamen Schachspielen vielleicht ein einziges Mal ein Patt zustande gebracht hatte, hatte er ihn immer wieder ködern können, indem er seine Fähigkeiten und seine Motivationen in Frage stellte. Er wusste, dass es Johnny nie darum gegangen war, zu beweisen, dass er besonders gut Schach spielen konnte, sondern dass er vor allem zeigen wollte, dass er vor dem Verlieren keine Angst hatte.

Johnny zog einen Schmollmund und verengte seine Augen zu Schlitzen. „Okay“, murmelte er genervt, „Ich nehme schwarz.“ Er befreite sich aus Roberts warmen und sanften Griff und blickte suchend auf den Boden. „Wo sind meine Shorts?“

„Brauchst du die denn?“

Johnny ignorierte Roberts Einwand geflissentlich, kramte seine Klamotten zusammen und zog sich wieder an, bevor er sich in den Sessel setzte und seine Figuren auf dem Brett aufstellte. Erwartungsvoll blickte er Robert an, der sich gerade seinen Pulli wieder über den Kopf zog, und deutete auf das Brett auf dem Tisch.

„Weiß beginnt, Schwarz gewinnt.“

Ein Grinsen legte sich auf Roberts Gesicht und er setzte sich ebenfalls. „Das wollen wir doch erst einmal sehen.“

Das Spiel führte in der Tat zum erwarteten Ausgang. Als Johnny sich mit verschränkten Armen und schmollender Miene bei seinem Schachmatt zurücklehnte, lächelte sein Gegenüber nur freundlich, was den jungen Schotten ein wenig kränkte. „Was ist?!“

„Ich habe mich nur darüber amüsiert, dass deine Art zu spielen sich in all den Jahren nicht geändert hat.“

Johnny runzelte die Stirn. „Was meinst du?“

„Na ja, der Grund, dass du verlierst, ist immer noch der gleiche.“

„Und zwar...?“

Robert sah ihn einen kurzen Moment nachdenklich an, ehe er sich ein wenig tiefer in das Sofa sinken ließ. „Was bekomme ich denn dafür, wenn ich meinen unbestrittenen Vorteil im Schachspiel gegen dich aufgebe?“

Sein Freund schien allerdings nicht wirklich in Flirtlaune zu sein und verdrehte nur genervt die Augen. „Dann eben nicht.“

Ein gequältes Seufzen folgte. „Johnny, bitte, sei doch nicht gleich wieder eingeschnappt! Es sollte ein Scherz sein. Aber weißt du, genau das ist dein Problem.“

Johnny runzelte die Stirn und wirkte ein wenig grantig. „Was?!“

„Sobald die erste Figur von dir geschmissen wurde, spielst du absolut defensiv und nutzt keinerlei Chancen mehr, irgendwie anzugreifen. Vorher bist du eigentlich immer ziemlich gut im Spiel.“

Für einen kurzen Augenblick starrte Johnny ihn an, ehe er den Blick abwandte und gekränkt zur Seite blickte. Allem Anschein nach wurde ihm diese Tatsache eben zum ersten Mal bewusst.

„Es ist bereits kurz vor drei, was hältst du davon, wenn wir uns so langsam auf den Weg machen?“, er streckte dem sturen Schotten seine Hand entgegen, der ihn jedoch nur skeptisch ansah. „Wohin?“

„Das wirst du schon noch sehen.“
 

~*~

Zusatz: Hindernisse

Zusatzkapitel: Hindernisse
 

Der Ort, zu dem Robert ihn brachte, war kein geringerer als die Eislaufhalle von Glasgow. Bei Gott, wann war er das letzte Mal Schlittschuh gelaufen? Es war schon länger her, damals hatte er noch ab und an Eishockey gespielt. Das war zur Anfangszeit der Majestics gewesen.

Robert besorgte ihnen beiden passende Schlittschuhe und wie zu erwarten war, war die Halle zwar gut gefüllt, allerdings nicht überlaufen. Viele Menschen feierten Weihnachten lieber mit ihren Familien zu Hause, als groß etwas zu unternehmen.

„Wie bist du ausgerechnet auf Schlittschuhlaufen gekommen?“, fragte Johnny, während er in seinen zweiten Schuh schlüpfte. „Na ja, es passt irgendwie zur Jahreszeit, oder?“, meinte Robert und zuckte mit den Schultern, während er sich an der Wand festhielt, um auf seinen Kufen nicht das Gleichgewicht zu verlieren, „Außerdem habe ich im Hinterkopf, dass eine gewisse Person eine bestimmte Vorliebe für jedwede Sportarten hat.“

Sein Gegenüber wirkte mit der Antwort zufrieden und nachdem sie ihre normalen Schuhe und ihre Wertsachen in einem Spindfach weggeschlossen hatten, machten sie sich auf den Weg zum Eis. Während Johnny vorauszueilen schien, hatte Robert so seine Schwierigkeiten, nicht zu stolpern. Als er an der Eisfläche ankam, war Johnny bereits ein paar Meter gelaufen, fuhr elegant eine Kurve und kam dann wieder zurück. „Was ist los?“, Johnny wirkte irritiert, als er Robert dabei zu sah, wie er zuerst den einen Fuß, dann den anderen auf das Eis setzte und sich dann fast panisch am Geländer festklammerte.

„Nur weil ich dich zum Eislaufen eingeladen habe, weil ich mir relativ sicher war, das es dir gefallen würde, heißt das nicht, dass ich darin sonderlich gut bin“, murmelte der Angesprochene, während er den Versuch unternahm, sich zu Johnny umzudrehen.

„Wie oft warst du schon auf dem Eis?“

„Um ehrlich zu sein... Das ist wohl mein erstes Mal.“

Johnny blickte ihn mit großen Augen an, ehe er laut loslachte und einen düsteren Blick seines Freundes erntete.

„Tut mir Leid, das ist zu komisch. Ich hätte nicht gedacht, dass es etwas gibt, das du nicht kannst.“

Robert fragte sich schlagartig, was für ein Bild Johnny wohl von ihm hatte.

„Aber Eislaufen ist doch gar nicht so schwer. Es funktioniert im Grunde genauso wie Inlineskaten.“

Genervt rollte Robert mit den Augen.

„Okay. Du bist noch nie Inliner gefahren? Um Gottes Willen, Robert! Was hast du nur in deiner Kindheit gemacht?“ „Gelesen. Das ist bei Weitem weniger gefährlich.“ „Dein Vater war immer so sicherheitsfanatisch, oder? Na ja, kein Wunder, dass du’s nicht kannst“, sein Blick wirkte fast mitleidig, „Wie wäre es, wenn ich deine Hand nehme und dich führe, bis du-...“

Ein Räuspern folgte und Robert wank beiläufig ab. „Schon in Ordnung ich bleibe erstmal hier und schaue, dass ich ein Gefühl für das Eis bekomme.“

„Wenn du am Geländer hängst, wirst du es nicht lernen.“

„Ich brauche einfach noch etwas Zeit.“

„Ah, ach so. Da spricht der Analytiker“, Johnny fuhr ein paar Kurven rückwärts und grinste, „Wenn du damit fertig bist, festzustellen, dass du kein Schlittschuhlaufen kannst, kannst du ja zu mir kommen, und dir von einem Profi zeigen lassen, wie es funktioniert.“

Mit diesen Worten war er verschwunden und Robert seufzte genervt, während er versuchte nicht hinzufallen. Ein paar Minuten teste Robert aus, wie er am besten stand, ehe er bei ein paar anderen Läufern guckte, wie sie sich vorwärtsbewegten. Johnny tauchte in seinem Blickfeld auf und Robert musste zugeben, dass seine Bewegungen wirklich sehr gekonnt wirkten. Als Johnny bemerkte, dass er ihn ansah, grinste er und Robert rollte mit den Augen. Dann konzentrierte er sich wieder darauf, dahinter zu kommen, wie zum Teufel man sich mit Schlittschuhen fortbewegte.

Stückchen um Stückchen kam er voran und er atmete erleichtert aus, als er feststellte, dass er das System allmählich verstanden hatte, wenngleich er sich immer noch ziemlich unsicher fühlte. Immerhin gelang es ihm inzwischen, eine kurze Strecke zu laufen, bevor er sich panisch an der Haltestange festklammerte. Er konnte Johnnys Grinsen ob dieser Szene förmlich auf sich ruhen fühlen. Aber gut, damit musste er wohl leben.

Nach einiger Zeit wagte er sich ein wenig weiter vom Rand weg und zu seiner Überraschung fiel ihm das Laufen nun wesentlich leichter. Vielleicht sah es nicht ganz so elegant und schwungvoll aus wie bei Johnny, aber immerhin. Stolz über seine Leistung blickte er sich um und hielt Ausschau nach seinem Freund, um ihm sein Können zu zeigen.

Während Robert die Zeit damit verbracht hatte, seine Eislauffähigkeiten auszubauen, war Johnny damit beschäftigt, durch die Halle zu laufen und seine Fähigkeiten auszutesten. Er war schon ewig nicht mehr auf dem Eis gewesen! Ab und zu blieb sein Blick an Robert hängen, dessen verkrampfter Anblick ihm ein Grinsen aufs Gesicht zauberte.

„Auf Beutefang?“

Dass die Person mit ihm sprach, realisierte Johnny erst, als sie sich in sein Sichtfeld schob. Erstaunt zog er seine Brauen nach oben, als er eine seiner ehemaligen Freundinnen erkannte. Das Mädchen war schlank, hatte wunderschöne grüne Augen und lange dunkelblonde Haare, die sie zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden hatte, trug einen knielangen, grauen Mantel, darunter eine schwarze Hose. Sie wirkte auf den ersten Blick fast ein wenig schüchtern, doch Johnny wusste, dass sie auch anders konnte.

„Tamara“, murmelte er erstaunt und erinnerte sich düster an die Ohrfeige, die er vor ein paar Monaten von ihr kassiert hatte, als er ihre Beziehung beendet hatte, „Schön dich zu sehen.“

„Ich glaube, das würde ich dir in der Tat abkaufen, wenn ich dir bei unserem letzten Treffen keine verpasst hätte.“

„Jaaa...“, er zögerte und hoffte, dass Robert mit seinen Übungsläufen genug beschäftig war, um nicht zu sehen, dass er gerade mit einer Frau sprach. Nicht, dass er die falsche Idee bekam. Er schüttelte den Kopf und seufzte innerlich. Nur, weil er mit jemanden sprach, würde niemand ihm unlautere Motive unterstellen.

„Wie geht es dir, Tammy? Bist du mit deinem Freund hier?“

Die junge Frau lächelte sanft. „Nein, ich bin mit ein paar meiner Freundinnen hier und wir verbringen hier einen kleinen Single-Nachmittag.“

Johnny nickte bestätigend und fühlte ein ungutes Gefühl in seiner Magengegend. „Das heißt, du bist hier, um einen Kerl aufzureißen?“

Sie lachte. „Ja, das natürlich auch. Aber keine Sorge, von der verbotenen Frucht Johnny McGregor habe ich erst einmal genug.“

Nun, es beruhigte Johnny zumindest, dass er Tamara nicht ein weiteres Mal vor den Kopf stoßen musste. Er seufzte. „Hör zu, es tut mir Leid wegen damals.“

„Dass du mich ausgenutzt hast, oder dass du mich danach eiskalt abserviert hast?“

„Dass ich dich verletzt habe.“

Sein Gegenüber starrte ihn für einen kurzen Moment sprachlos an. „Du hast dich verändert, Johnny.“

Er brachte ein schwaches Lächeln zustande, obwohl es ihm sehr schwer fiel. In dem kurzen Gespräch fühlte er sich unangenehm berührt. Als er noch die ganzen Freundinnen gehabt hatte, war er in seinen Augen ein ziemliches Arschloch gewesen. Hatte er sich wirklich geändert oder war sein Wandel nur von kurzer Dauer? Sein Blick wanderte zu Robert, der eine ganze Strecke frei fuhr.

„Bist du mit jemandem hier?“, die Frage riss ihn aus den Gedanken und sein Blick wanderte zurück zu seiner Gesprächspartnerin, die sich gerade in die Richtung umdrehte, in die er sah, „Die kleine Blonde dahinten?“

Es war ihm klar, dass er es vermutlich bereuen würde, doch aus der Zeit ihrer Beziehung wusste er, dass Tammy die Art Person war, die nicht gleich alles an die Zeitungen verkaufte – ganz im Gegensatz zu einigen anderen Mädchen. Johnny seufzte und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht: „Ja, ich bin mit jemandem hier.“

Sie blickte ihn neugierig an und er zögerte einen kurzen Augenblick. Er hatte Tammy immer gemocht und sie hatte es wohl als eine von wenigen seiner Ex-Freundinnen in der Tat verdient, dass sie die Wahrheit erfuhr. „Ich bin mit Robert hier.“

Tamara drehte sich um und schien Robert zwischen den Leuten zu erkennen. „Deinem ehemaligen Teamkollegen, der jetzt dieses riesige Unternehmen leitet? Wow, ich dachte, ihr hättet euch total zerstritten, ich wusste nicht, dass ihr euch wieder vertragen habt. Das freut mich“, ihre Stimme klang ehrlich, doch Johnny wirkte ein wenig unruhig, was sie dazu brachte, die Stirn zu runzeln. „Was ist?“

„Ich bin mit ihm zusammen.“

Ihr Gesicht zeigte deutlich die Überraschung, als er mit der Nachricht herausplatzte. Er war froh, es endlich einmal jemandem gesagt zu haben. Auch wenn es vielleicht nicht sonderlich nett war, seine Ex mit solchen Tatsachen zu konfrontieren.

Moment. Du bist schwul?“, man sah ihr deutlich an, dass sie sich erst einmal sammeln musste. Er war sich nicht ganz sicher, ob das wirklich daran lag, dass er mit einem Kerl zusammen war, oder dass er gerade eine Beziehung zugegeben hatte.

„So würde ich das nicht sagen“, warf er ein, „Ich stehe eigentlich schon hauptsächlich auf Frauen.“

Sie blickte ihn skeptisch an und musterte ihn von oben bis unten, als suche sie irgendwo ein Zeichen dafür, dass er sie bezüglich der Robert-Sache anlog.

„Hör zu, ich weiß, das Ganze klingt seltsam und der einzige Grund, warum ich es dir erzähle, ist der, dass ich denke, dass du es verdient hast zu erfahren, warum ich damals Schluss gemacht habe.“ Neben den ganzen anderen Freundinnen, fügte er in Gedanken hinzu und sah Tammy ein wenig schuldbewusst an. Deren Blick wirkte immer noch äußerst misstrauisch, fast so, als wäre sie sich nicht sicher, ob er das Ganze nun ernst meinte, oder er sie schlicht und ergreifend verarschen wollte.

Er hob verteidigend die Hände hoch, fast so, als würde er sich ergeben. „Okay, vergiss es einfach ganz schnell wieder.“

„Dir ist schon bewusst, dass du gerade deiner Ex-Freundin wunderbares Material dafür geliefert hast, dich öffentlich bloß zu stellen?“

„Wieso solltest du das tun? Du bist eine wunderbare, liebenswerte Frau und ich denke, das Letzte, was du tun würdest, wäre jemanden mit Schlamm zu bewerfen. Vor allem, wenn er das alleine schon ganz gut hinbekommt.“

Sie stieß ein leises Lachen aus und fuhr sich durch die Haare. Johnny wurde zum ersten Mal bewusst, dass der einzige Grund, weshalb er so offen mit Tammy über die ganze Angelegenheit sprach, der war, dass er außer ihr niemanden kannte, den er in die Kategorie Freund einordnen würde. Obwohl er sie abserviert hatte und vielleicht nicht der beste Liebhaber gewesen war.

Er kannte viele Menschen, hatte Arbeitskollegen und Kunden, mit denen er häufig sprach. Aber einen wirklichen Freund hatte er nicht. Nicht mehr zumindest. Mit Enrico, Oliver und Robert hatte er sich damals eigentlich immer relativ gut verstanden, auch wenn sie mit Sicherheit nicht immer sonderlich freundlich miteinander umgesprungen waren. Die Erinnerungen schmerzten und er versuchte sich wieder Tammy zu widmen, die gequält aufseufzte. „Du machst es einem wirklich nicht einfach, dir die Hölle heiß zu machen, Johnny McGregor.“

Ein schiefes Lächeln war die Antwort, ehe Johnny sich räusperte und meinte: „Ich muss dann mal kurz zurück zu meinem Date. Ich glaube er fliegt gleich auf die Nase.“

„Tu’ dir keinen Zwang an.“

Mit einem Zögern streckte er ihr die Hand entgegen, die sie sanft ergriff.

„Es war schön dich mal wieder getroffen zu haben, Tammy. Es freut mich wirklich, dass es dir gut geht.“

Sie nickte freundlich und er ließ ihre Hand los. „Man sieht sich.“

„Und noch etwas“, grinste Johnny, als er sich in Richtung Robert aufmachte, „Der Typ dahinten mit den schwarzen Haaren hat schon die ganze Zeit ein Auge auf dich geworfen.“

Mit diesen Worten war er wieder verschwunden. Gerade rechtzeitig kam er bei seinem Freund an, um ihn von hinten unter den Armen zu packen und ihn so vor einem Sturz zu bewahren.

„Mein Held“, murmelte Robert und brachte ein schwaches Lächeln zustande, als er sich wieder aufrichtete. Für einen kurzen Moment sah es so aus, als vergewisserte er sich, dass auch wirklich noch alles an ihm dran war, dann widmete er wieder seine volle Aufmerksamkeit seinem Gegenüber, der ihm mit erwartungsvoller Miene die Hand entgegenstreckte.

„Ich kann inzwischen auch ein ziemliches Stück ohne Hilfe laufen“, kommentierte Robert, was Johnny dazu veranlasste, die Augen zu verdrehen. „Das habe ich durchaus gesehen. Deshalb dachte ich, wir könnten jetzt ein Stückchen zusammen laufen.“
 

Als sie die Eislaufhalle wieder verließen, war es kurz nach sieben Uhr und Johnny schien bester Laune zu sein. Er war entspannt, strahlte übers ganze Gesicht und schien Roberts Hand gar nicht mehr loslassen zu wollen. Nachdem es bereits Abend war, beschlossen sie, gemeinsam essen zu gehen und Johnny stimmte, wenngleich ein wenig widerwillig, zu, dass Robert ihn ausnahmsweise zum Essen einladen durfte.

Im Restaurant angekommen wurden sie freundlich begrüßt, ehe man sie zu ihrem Tisch führte, den Robert allem Anschein nach schon vor einiger Zeit für sie reserviert hatte. Johnny überlegte, ob er deshalb wütend sein sollte, weil Robert ihn nicht zuvor gefragt hatte und er auch noch genau nach Roberts Pfeife getanzt war. Dann wiederum fragte er sich, ob das tatsächlich so schlimm war. Er war sich sicher, dass Robert die Reservierung auch hätte verfallen lassen, wenn Johnny es so gewollt hätte.

Er erkannte, dass genau dieses Denken dazu führte, dass er und Robert sich sooft stritten und bemühte sich darum, sein Temperament ein wenig zu zügeln. Es würde rein gar nichts bringen, wenn er jetzt explodierte oder beleidigt in der Ecke saß.

Vollkommen in seine Gedanken vertieft, hatte er Roberts skeptischen Blick nicht bemerkt, der geduldig auf ihm ruhte, als warte er darauf, dass Johnny irgendeine Reaktion zeigte. Als dieser aufsah und die Situation erfasste, war er dankbar, als der Kellner ihm die Karte vor die Nase schob, in die er sich vertiefen und somit einer möglichen Konfrontation entgehen konnte.

Einige Zeit herrschte Schweigen, ehe Robert meinte: „Und, hast du dich schon für etwas entschieden?“ Johnny sah auf und Roberts freundliches Lächeln ließ ihn beinahe dahinschmelzen. Er räusperte sich und seufzte gequält auf. „Nein, ich kann mich nicht entscheiden.“

„Wegen der Auswahl, oder wegen der Preise?“

Wegen der Preise, aber das musste er Robert ja nicht gleich auf die Nase binden. Er wollte kein Essen haben, das seinen eigenen finanziellen Rahmen sprengte, aber in diesem Restaurant war das kaum möglich. Was Robert sich dabei gedacht hatte, als er ausgerechnet dieses überteuerte Restaurant für den gemeinsamen Abend ausgewählt hatte, wusste er nicht. Aber Johnny wusste, dass er von dieser Wahl alles andere als begeistert war. Es war ihm unangenehm, Robert auf der Tasche zu liegen, aber er konnte das seinem Freund wohl kaum jetzt erklären, während sie hier gemeinsam den Abend genießen wollten. Zumal Robert das wahrscheinlich sowieso schon längst wusste. Es war zum Verzweifeln.

Schnell hatte er sich dazu entschlossen, ein möglichst günstiges Gericht zu wählen, auch wenn das bedeutete, dass er vielleicht etwas wählen würde, was nicht ganz seinen persönlichen Vorlieben entsprach.

Er spürte erneut Roberts Blick auf sich ruhen und versank noch tiefer in der Speisekarte, um einem möglichen Gespräch auszuweichen, zuckte jedoch zusammen, als ihn irgendetwas am Bein berührte. Robert grinste und Johnny starrte ihn entgeistert an. „Robert Jürgens, füßelst du gerade mit mir?!“

Es war nicht so, dass er prinzipiell etwas dagegen hatte, dass Robert es für notwendig erachtete seine Zuneigung auf diese Art und Weise zu zeigen. Ganz im Gegenteil. Aber der Rahmen, in dem sie sich befanden, war in Johnnys Augen alles andere als angemessen. Wenn irgendjemand in diesem Restaurant mitbekam, dass sie ein Paar waren und das dann womöglich an die Presse verkaufte, dann würde das einige rufschädigende Artikel zur Folge haben, die Roberts Ansehen und damit auch seiner Firma mit Sicherheit Schaden würden. Was dachte dieser Kerl sich nur dabei?!

Johnny musterte ihn mahnend und hoffte, dass er vielleicht von selbst zur Vernunft kommen würde, doch da hatte er seine Rechnung ohne Robert gemacht. Er wollte gerade den Mund öffnen, um Robert zu recht zu weisen, doch in diesem Augenblick kam der Kellner und nahm ihre Essensbestellungen auf. Robert besah ihn mit nachdenklichem Blick, grinste neckisch, ehe er auf ein Essen auf der Karte deutete, das er haben wollte. Der Schotte blickte ihn ob der Geheimnistuerei skeptisch an, doch Robert konterte lediglich, indem er sanft mit seinem Fuß sein Bein entlangfuhr. Der Kellner schien davon nichts zu bemerken (oder es sich zumindest nicht anmerken zu lassen) und Johnny murmelte ein wenig unruhig, dass er gerne ein Glas Wasser und das Menü des Tages hätte. Auch wenn das bedeutete, dass er sich mit Zucchini, Paprika und Pilzen herumschlagen musste. Und Schweinefleisch mochte er eigentlich auch nicht so gerne. Innerlich seufzte er gequält auf, dann erschauderte er, als er erneut Roberts liebevolle Berührungen an seinem Bein spürte.

Der Kellner entschuldigte sich und verschwand zu einem der Nebentische.

Robert streckte Johnny die Hand entgegen, der sie zögerlich ergriff, jedoch nicht, ohne sich vorher einmal umzusehen. „Mach dir nicht immer so viele Gedanken“, meinte er leise und strich sanft über seinen Handrücken, „Ich bin mir meiner Verantwortung durchaus bewusst und ich weiß, was ich tue. Ich liebe dich, das dürfen die Leute ruhig sehen.“ Er zögerte einen Augenblick. „Es sei denn du hast damit aus persönlichen Gründen ein Problem. Und ich meine jetzt bitte nichts nach dem Motto ‚Oh mein Gott, Robert versaut sich den Ruf und treibt damit seine Firma in den Ruin‘, denn das ist absoluter Unsinn.“

Ein wenig betreten blickte Johnny zur Seite, da genau das seine Sorge war, ehe er aufblickte und sich ein Lächeln abrang. Immerhin war es doch etwas Positives, dass Robert sagte, dass er ihn liebte und dass es ihm nichts ausmachte, mit ihm gesehen zu werden. Auch in der Eishalle hatte er keinerlei Anstalten unternommen, mögliche zweideutige Situation zu umgehen.

Es war alles so kompliziert geworden...

Johnny musste ein gequältes Seufzen unterdrücken. Ihm war plötzlich alles so verdammt unangenehm und er wollte Robert mit seinen Bedenken sicherlich nicht zur Last fallen... Wenn er etwas mehr Erfahrungen mit vernünftigen Beziehungen gehabt hätte, hätte er vermutlich besser mit der Situation umgehen können. Aber das hatte er nicht. Tatsächlich, war dieser klägliche Versuch einer Liebesbeziehung mit Robert das erste Mal, dass er so eine Angelegenheit ernst nahm.

Auf der anderen Seite war ihm auch bewusst, dass es böse enden könnte, wenn er nicht mit Robert über seine Sorgen sprach.

„Ich tu‘ mir damit echt schwer. Mit der Beziehungssache, meine ich“, gab Johnny zu und zögerte, „Die Sache ist mir wichtig und da ich bisher kaum Erfahrungen habe, bin ich einfach... unsicher.“

„Das ist auch in Ordnung“, meinte Robert mit sanfter Stimme und seine Augen wirkten aufrichtig, „Unsicherheiten gehören dazu, denn es gibt keine Anleitung für eine perfekte Beziehung. Ich liebe dich, das ist wichtig. Ich möchte, dass du mir vertraust, was meine Firma und meinen Ruf betrifft – mach dir darum bitte keine Gedanken.“

Diesmal umfasste Robert seine Hand mit beiden Händen und schloss sie sanft ein.

„Und ich möchte, dass du einfach ehrlich mit mir bist und du dir weniger Gedanken um die Leute machst, sondern einfach auf dein Herz hörst. Ich will keine Beziehung mit dir, die sich nach dem richtet, was die Leute von uns erwarten, sondern eine Beziehung, die ganz alleine uns gehört. Wenn dich aus dir selbst heraus etwas belastet oder du etwas nicht willst, dann sprich mit mir. Aber tu‘ bitte nichts was dir widerstrebt mir zuliebe – ich weiß am besten, was gut für mich ist. Genauso wie du der Einzige bist, der weiß was gut für dich ist. Die Beziehung wird nur funktionieren, wenn wir miteinander reden. Aber das bekommen wir hin, oder?“

Ob Robert wusste, wie beruhigend es war, ihm zuzuhören? Er konnte sich gut ausdrücken, hatte eine angenehme Stimme und Johnny konnte nicht verhindern, dass er sich von seiner Argumentation hinreißen ließ. Er glaubte durchaus, dass sie die Beziehung stemmen konnten – immerhin wollten sie es beide. Und Robert hatte Recht wenn er sagte, dass er mehr auf das hören sollte, was er selbst wollte und was ihm wichtig war, als auf das, was er vermutete, dass von ihm erwartet wurde. Zum ersten Mal, seit sie das Restaurant betreten hatten, fühlte sich Johnny etwas ruhiger und er lächelte sanft. Er sollte genießen, was er hatte und sich nicht darum Sorgen machen, was vielleicht sein könnte.

Sie verbrachten einen wundervollen Abend gemeinsam und als das Essen kam, konnte es sich Johnny nicht nehmen lassen, Roberts Angebot ihre Teller zu tauschen zuzustimmen. Der Typ hatte es sich tatsächlich herausgenommen sein Lieblingsessen zu bestellen. Hätte Johnny es durchaus als kränkend empfunden, wenn er den Kellner aufgefordert hätte, gleich die Bestellungen zu tauschen, so war die Nachfrage eine Sache, die ihn sehr schmeichelte.

Robert konnte mit ihm umgehen. Er schaffte es, dass er sich gut, dass er sich von ihm geliebt fühlte. Ein Gefühl, dass er in den letzten Jahren stark vermisst hatte. Robert war berechnend, aber auf eine Weise, die ihm immer noch den Freiraum zur Entscheidung ließ.

Natürlich gab es zwischen ihnen dennoch noch genügend Spannungen. Die Vergangenheit ließ sich nicht einfach leugnen – allerdings ließ sie sich auch nicht mehr ändern. Es war passiert. Trotz alldem wollte er Roberts Nähe. Und Johnny fühlte sich in dieser Beziehung einfach wohl.
 

Als sie um elf Uhr des sechsundzwanzigsten Dezembers am Haus der Familie von Roberts Schwester Sonja ankamen, war Johnny seine innere Unruhe deutlich anzusehen. Robert schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln, denn ihm war Johnnys Angespanntheit bereits am Morgen aufgefallen. „Du musst nicht mitkommen, wenn es dir unangenehm ist“, meinte er mit sanfter Stimme, auch wenn ihm schon vor Johnnys Kopfschütteln klar gewesen war, dass er das Angebot einen Rückzieher zu machen ausschlagen würde. Robert beugte sich ein Stück nach vorne und küsste ihn auf die Wange, ehe er den Gurt löste und aus dem Auto stieg. Johnny folgte seinem Beispiel und nachdem sie die Geschenke von den Rücksitzen geholt hatten, schloss er seinen Wagen ab.

Johnny war schon einmal hier gewesen – nämlich als er den Versuch unternommen hatte, sich bei Robert wegen der Ohrfeige zu entschuldigen, die er ihm verpasst hatte. Und vermutlich auch wegen der unschönen Worte, die er ihm an den Kopf geworfen hatte. Zu dem Zeitpunkt war Robert nicht da gewesen, zumindest hatte ihm das Sonja erzählt. Er hatte damals nicht das Gefühl gehabt, dass Sonja gewusst hatte, mit wem sie gerade sprach. Und das war auch gut so gewesen, da seine Beziehung zu ihr seit jeher eher schwierig gewesen war.

Diesmal würde er sich aber offenbaren müssen und das bereitete ihm ein gewisses Unbehagen – auch wenn die Tatsache, dass Robert ihn mit zu seiner Familie schleppte, wirklich überaus positiv zu werten war. Zudem erwartete er ja auch, dass Robert ihn am Abend zu seinen Eltern begleiten würde.

Robert, der in der einen Hand die Tüte mit den Geschenken trug, streckte seinem Freund die andere entgegen. Johnny nahm sie geradezu dankbar an und klammerte sich förmlich daran fest. Als sie schließlich vor der Haustür zum Stehen kamen und Robert die Klingel betätigte, wurde Johnnys Griff fester.

„Es wird schon alles klappen“, murmelte Robert ihm leise zu, als auch schon die Tür aufgerissen wurde und Sonja mit einem fröhlichen Lächeln im Türrahmen stand. „Robert, es freut mich, dass du es geschafft hast.“

Sie umarmte ihren Bruder und ihre Augen sprühten vor Neugierde als sie Johnny sah, doch sie vergaß ihre Höflichkeit nicht und bat ihre beiden Gäste zunächst einmal in das Haus.

Sie streckte Johnny die Hand entgegen, die er zögerlich ergriff, schüttelte, dann jedoch recht schnell wieder losließ. „Hallo, ich bin Sonja, die-...“

„Ich weiß, wer du bist, Sonja“, der Schotte zögerte einen Augenblick, in dem Sonja ihrem Bruder einen fragenden Blick zuwarf, ehe sie ihr Gegenüber aufmerksam musterte. Johnny seufzte. „Ich bin’s – Johnny.“

Sonja starrte ihn schockiert an und sie schien ihn nun tatsächlich zu erkennen, dann sah sie zu ihrem Bruder. „Du hast Nerven!“, polterte sie, „Ausgerechnet Johnny McGregor hier anzuschleppen – was soll das?!“

Johnny verschränkte die Arme vor der Brust und blickte düster drein, Robert legte ihm sanft seine freie Hand auf die Schulter. „Du hast mich darum gebeten, dass ich dir meinen Freund vorstelle. Bitte sehr.“

Sonja warf Johnny einen giftigen Blick zu (was weitaus weniger schlimm war als der befürchtete Rauswurf), besann sich dann jedoch eines Besseren. Ob es daran lag, dass sie nicht wie eine Furie wirken wollte oder aber, weil ihr wieder eingefallen war, dass aktuell Weihnachten war, war wiederum eine andere Sache.

„Kommt doch erstmal rein, die Kinder werden sonst noch ungeduldig“, meinte sie bemüht ruhig und höflich, fügte jedoch leise und an Robert gewandt hinzu: „Und wir sprechen uns noch.“

Voller Freude begrüßten Roberts Neffen ihren Onkel und mit noch mehr Begeisterung stürzten sie sich auf die Geschenke. Johnny verstand sich auf Anhieb sehr gut mit Tobias und zum allgemeinen Erstaunen kam er genauso gut mit den Kindern klar und wurde sofort von den beiden in Beschlag genommen – was er bereitwillig über sich ergehen ließ.

Sonja zog sich in der Zwischenzeit in die Küche zum Kochen zurück. Robert bot ihr seine Hilfe an, wobei das vor allem den Grund hatte, dass er wusste, dass seine Schwester das dringende Bedürfnis hatte mit ihm zu reden.

„Jonathan McGregor“, murrte sie und warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, „Bei all den Männern, die es auf diesem Planeten gibt – warum musste es ausgerechnet er sein?“

Robert sah sie freundlich an und setzte sich an den Küchentisch, um das Gemüse zu schneiden. „Weil er ein feiner Kerl ist.“

„Er ist vor allem eines“, sie schüttelte den Kopf und wirkte so, als fiele es ihr nach wie vor schwer die ganze Sache zu glauben, „ein Playboy. Das ist seine Masche – er gaukelt dir das große Glück vor und dann haut er ab und lässt dich im Regen stehen, wenn er genug von dir hat.“

Robert lächelte etwas schief. „Er hat mir schon gesagt, dass du seit der Sache mit deiner Freundin nicht sonderlich gut auf ihn zu sprechen bist.“

„Und ich werde noch viel schlechter auf ihn zu sprechen sein, wenn er mit dir durch ist“, schimpfte Sonja und setzte eine Pfanne auf, in die sie etwas Öl goss. Robert sah ihr einen Moment lang schweigend zu, ehe er mit ruhiger und ernster Stimme sprach: „Er hat sich verändert.“

„Nein, das hat er nicht. Das spielt er dir nur vor. Am Ende wird er dir das Herz herausreißen.“

„Mal' nicht gleich den Teufel an die Wand. Es läuft aktuell wirklich gut zwischen uns. Und dir wird ja wohl selbst aufgefallen sein, dass es in den letzten Wochen keine einzige negative Schlagzeile über Johnnys Privatleben gab“, er schob die kleingeschnittenen Karotten zur Seite und machte sich an die Paprika, „Außerdem muss ich mich nicht zuletzt bei dir bedanken. Hättest du mich nicht ermutigt, dann hätte ich mich wohl nicht auf die Sache eingelassen.“

„Hätte ich gewusst, dass es Johnny ist, der dir den Kopf verdreht, dann-...“

„Bitte, Sonja. Gib' ihm eine Chance. Ich weiß, du hattest schon immer deine Schwierigkeiten mit ihm, aber ich liebe ihn. Und ich fände es schön, wenn du das akzeptieren könntest.“

Ein Schnauben war die Reaktion und Sonja wendete die Fischfilets in der Pfanne. „Weiß du, als kleines Mädchen hatte ich meine Rivalitäten mit Johnny. Ich konnte ihn einfach nicht leiden, weil er so viel Aufmerksamkeit von dir bekommen hat – und noch dazu mehr als offensichtlich etwas von dir wollte. Eine Sache, mit der ich als Kind einfach nicht klar kam“, sie wandte sich um, sah ihn offen an, „Dass ich aktuell meine Schwierigkeiten mit ihm habe und ich stark daran zweifle, dass das zwischen euch jemals funktionieren wird, hat zwei Gründe: Zum einen wechselt er seine Beziehungen wie andere ihre Unterwäsche, zum anderen hat er dich schon mal sitzen gelassen.“

Robert schwieg, starrte ernst drein und schien für einen Moment unschlüssig, ehe er das Messer beiseite legte. „Hör zu, Sonja. Das damals war meine Schuld. Ich habe Johnny verletzt und dass er daraufhin nichts mehr mit mir zu tun haben wollte, kann ich durchaus verstehen.“

„Hast du ihn wohl beim Schach nicht gewinnen lassen, sodass er eingeschnappt war?“, fragte Sonja sarkastisch und gab das geschnittene Gemüse zum Dünsten in einen Topf.

Robert zögerte wiederum. Er hatte in all den Jahren mit keiner Menschenseele über das, was damals zwischen ihnen passiert war, gesprochen und er wusste, dass es mit Sicherheit kein gutes Licht auf ihn selbst werfen würde. Wenn es jedoch dazu beitrug, dass Sonja Johnny akzeptierte, würde es sich vermutlich lohnen.

„Hör zu, ich habe aus gutem Grund bis heute mit niemandem darüber gesprochen. Ich wünschte, es wäre wirklich nur so eine lächerliche Banalität gewesen“, Sonjas Blick ruhte auf ihm und Robert sah ernst drein, während er sich ein Stückchen zurücklehnte, um bequemer zu sitzen.

„Dass Johnny damals in mich verknallt war, stimmt. Auch wenn ich das zu dem Zeitpunkt wirklich nicht wusste, wie ich zu meiner Verteidigung sagen muss. Wir hatten damals diese BBA-Feier, bei der ich zu viel getrunken hatte. Das Ende vom Lied war, dass ich Johnny verführt und mit ihm geschlafen habe – nur um ihm an nächsten Morgen einen Korb zu geben. Er hatte sich wirklich Hoffnungen gemacht“, es tat erstaunlich gut, endlich einmal mit einer außenstehenden Person darüber zu reden. Nicht, dass er sich erhoffte, dass Sonja ihm sagte, dass die Sache halb so schlimm war, aber die Angelegenheit in Worte zu fassen, hatte etwas Beruhigendes. Auch wenn er befürchtete, dass das Bild, das Sonja von ihm hatte, nun ziemlich getrübt war. Es herrschte Schweigen und sie blickten sich ernst an, alleine das Brutzeln des Mittagessens durchbrach die Stille, ehe Sonja seufzte.

„Er hätte nicht mit dir schlafen müssen“, meinte sie ruhig, „Oder hast du ihn dazu gezwungen?“

„Ich habe in ihm falsche Erwartungen geweckt. Es ist meine Schuld, was passiert und was aus ihm geworden ist“, murmelte Robert lahm, doch Sonja zuckte zu seiner Überraschung mit den Schultern. Als sie sprach klang ihre Stimme geradezu sanft: „Ja, ich denke du hast Mist gebaut – aber Johnny trifft genauso die Schuld. Er war naiv, dass er sich ohne jedwede Grundlage einer festen Beziehung von dir hat flachlegen lassen. Er hätte nicht mitmachen müssen. Und auch was das betrifft, was danach kam – es war seine Entscheidung, sich so zu verhalten. Er hätte jederzeit etwas an sich ändern und bewusst über das, was er da tut, nachdenken können. Im Endeffekt hat er im großen Stil genau das getan, was er an dir verurteilt hat.“

Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Vermutlich verstehe ich die Sache zwischen euch nun tatsächlich etwas besser. Aber ist es das, was du machst? Versuchst du dein Gewissen zu beruhigen, indem du dich jetzt von ihm ausnutzen lässt? Das macht die Sache nicht besser, sondern ist genau wieder das gleiche Problem.“

„Es ist nichts dergleichen, Sonja. Als ich sagte, dass ich ihn liebe, meinte ich es auch so. Er ist ein wunderbarer Mensch. Natürlich hat er Macken – die haben wir alle. Wir würden es nicht versuchen, wenn wir es nicht beide wirklich wollten. Wir haben die Sache im Griff, ja?“, er kam nicht umhin zu lächeln, „Und immerhin warst du doch diejenige, die mich in den letzten Monaten immer wieder zu der Beziehung ermutigt hat.“

Sonjas Blick verdüsterte sich. „Das war, bevor mir klar war, wie ungesund die ganze Sache ist.“

Wenn sie sich zurückerinnerte, waren das jedoch genau die Bedenken, die Robert ihr gegenüber geäußert hatte und die sie zerschlagen hatte. Sie seufzte.

„Solange ihr glücklich miteinander seid, ist es in Ordnung, denke ich. Aber wenn die Sache scheitert, komm ja nicht zu mir, um dich auszuheulen!“

Der restliche Besuch verlief ohne größere Vorkommnisse. Sie aßen gemeinsam zu Mittag und Sonja behandelte Johnny nun auch weniger grob und abweisend. Nachdem sie fertig gegessen hatten, verabschiedeten sie sich voneinander und Robert und Johnny verließen das Haus.

Als sie wieder im Auto saßen, beugte sich Robert vor und küsste Johnny, der ihn jedoch argwöhnisch musterte. „Was hast du Sonja erzählt? Dass ich im Sterben liege? Anders kann ich mir wirklich nicht erklären, dass sie nach dem Kochen plötzlich so nett zu mir war.“

„Wir haben uns einfach unterhalten. Hauptsächlich darüber, warum sie so ein Problem mit dir hat. Sie ist nach wie vor nicht glücklich über unsere Beziehung, glaube ich. Aber zumindest scheint sie sich damit abgefunden zu haben.“

„Wie tröstlich“, murmelte Johnny und steckte seinen Autoschlüssel in das Zündschloss, „Nur, damit du vorbereitet bist: dein Empfang bei meinen Eltern wird vermutlich sehr überschwänglich werden. Immerhin sind sie der festen Überzeugung, dass es dein Verdienst war, dass ich mich wieder bei ihnen blicken lasse.“

Und so war es tatsächlich. Im Gegensatz zu Sonja, die mit Johnnys Anwesenheit überrascht worden war, hatten sich Johnnys Eltern auf Robert einstellen können und die Tatsache, dass er Johnny dazu gebracht hatte, sie wieder mit ihnen zu versöhnen, rechneten sie ihm allem Anschein nach hoch an. Der Einzige, der etwas mürrisch dreinblickte, war William, Johnnys jüngerer Bruder. Auch wenn er sich an den Gesprächen beteiligte, musterte er Robert argwöhnisch, was dieser jedoch sehr geschickt überging.

Es wurde ein schöner Abend, das Abendessen war reichlich und ausgezeichnet und die Unterhaltungen sehr fröhlich. Als sie sich losreißen konnten, war es bereits sehr spät und Johnnys Eltern boten ihnen an, dass sie über Nacht bleiben konnten. Nach kurzer Überlegung stimmten sie dem auch zu.

Obwohl er an diesem Tag mehr als genug gegessen hatte, kam Johnny nicht umhin, sich in den frühen Morgenstunden noch einmal in Richtung Küche zu begeben. Vielleicht hatte ihn der Sex vor dem Schlafengehen ein wenig aufgekratzt, oder aber es war Williams Verhalten, das ihn nicht in Ruhe ließ. So oder so, war er vorsichtig und leise aus dem Bett gekrabbelt, um Robert nicht zu wecken, hatte sich etwas übergeworfen und sich auf den Weg zu einem kleinen Snack gemacht. In der Küche musste er jedoch feststellen, dass er nicht der Einzige mit diesem Plan gewesen war.

„Hey“, begrüßte er William, der im ersten Moment überrascht aufsah, dessen Blick sich jedoch dann wieder verdüsterte. Sein Bruder löffelte gerade einen Jogurt, er selbst griff nach einem Apfel und erinnerte sich unweigerlich daran zurück, dass sie als Teenager öfter einmal gemeinsam einen mitternächtlichen Snack zu sich genommen hatten. Es herrschte einige Zeit Schweigen und William musterte ihn aufmerksam.

„Du hast echt Nerven hier nach all der Zeit wieder aufzutauchen“, meinte er dann in vorwurfsvollem Tonfall, „Und dann lässt du dich noch ausgerechnet von Robert knallen? Mir scheint du lernst echt nicht aus deinen Fehlern.“

Da er nicht sicher wusste, wie er reagieren sollte, sah Johnny sein Gegenüber lediglich nachdenklich an, schwieg jedoch.

„Ich weiß ja nicht, ob du es vielleicht vergessen hast“, fuhr William aufgrund der fehlenden Reaktion fort, „Aber das letzte Mal hat dich der Kerl eiskalt abserviert und alles endete im Debakel. Meinst du, es macht mir Spaß, dir wieder dabei zuzusehen, wie du dich in die Scheiße reinreitest?“

„Es tut mir Leid“, Johnny sprach langsam und man hörte, dass es ihm ernst war, „Es tut mir Leid, was damals gelaufen ist. Ich war einfach mit allem überfordert.“

Sein Bruder besah ihn weiterhin mit düsterem Blick. „Du warst früher immer mein großes Vorbild, weißt du? Ich meine, bevor du alles hingeschmissen und mich im Stich gelassen hast. Alles wegen diesem Arschloch! Und jetzt schleppst du den Typen schon wieder an!“, Johnny war sich sicher, dass William gar nicht bewusst war, dass er ihn in seiner Wut fast anschrie und er überlegte, ob dadurch vielleicht seine Eltern oder Robert in ihrem Schlaf gestört würden. Dass William so gut über das, was bei der Feier zwischen ihm und Robert gelaufen war, Bescheid wusste, verwunderte ihn jedoch nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass William sich einen von Roberts Entschuldigungsbriefen unter den Nagel gerissen und ihn gelesen hatte, war sehr groß und er konnte es seinem Bruder nicht einmal verübeln. Vermutlich hätte er ähnlich gehandelt, wenn jemand aus seinem Umfeld plötzlich so durchgedreht wäre und sich penetrant geweigert hätte, mit irgendjemandem darüber zu sprechen.

„Was soll ich schon groß sagen? Was zwischen mir und Robert war, ist schwierig. Aber es ist so viel Zeit vergangen, vieles hat sich geändert. Ich kann deine Wut verstehen, aber ich liebe ihn. Er hat mir eine neue Perspektive eröffnet und ist auch der einzige Grund, dass ich jetzt wieder hier sitze.“

„Er ist auch der einzige Grund, warum du überhaupt abgehauen bist.“

Johnny schwieg, sah ihn müde an. Er kannte das Gespräch, er hatte es in den vergangenen Wochen oft genug immer wieder durchgespielt – mit sich selbst. Jedes Mal, wenn er sich gefragt hatte, ob die Beziehung mit Robert auch wirklich die richtige Entscheidung war.

„Ich liebe ihn“, wiederholte Johnny mit Nachdruck, „Er gibt mir das, was ich brauche. Ich habe mich die ganzen letzten Jahre wirklich mies gefühlt und habe versucht, mich dadurch auszugleichen, dass ich eine Beziehung nach der anderen hatte. Mit Robert ist es anders, er bedeutet mir wirklich viel. Wir haben uns beide verändert, aber das ist das Leben: alles verändert sich. Ich kann verstehen, dass du sauer auf mich bist, dass du sauer auf Robert bist und dass das Letzte, was du willst, eine Beziehung zwischen uns ist. Aber was passiert ist, ist passiert. Die Vergangenheit lässt sich nicht mehr ändern und dem nachzutrauern hilft rein gar nichts. Wir können nur daraus lernen und sie akzeptieren. Im Endeffekt ist das Wichtige, was jetzt von Bedeutung für mich ist. Und ich brauche Robert. Du musst das nicht verstehen.“

William schüttelte den Kopf. „Nein, muss ich nicht.“

Auch wenn sein Bruder nach wie vor nicht sonderlich angetan von ihrer Beziehung war, so standen doch zumindest seine Eltern hinter ihnen, was Johnny eine gewisse Sicherheit bot. Niemand hatte je behauptet, dass die Sache zwischen ihnen einfach werden würde.
 

Die folgende Woche war wundervoll. Nach all den Monaten war es ein schönes Gefühl, sich wieder nahe zu sein und gemeinsam etwas zu unternehmen, sich überhaupt besser kennen zu lernen. Immerhin gab es immer noch viel zu viele Dinge über den jeweils anderen, die sie beide nicht wussten, beginnend bei Interessen und Hobbys. Wieder ein Punkt, bei dem Robert sich fragte, wie er jemanden lieben konnte, von dem er kaum etwas wusste.

Am Abend nutzten sie ihre Zeit zumeist dazu, ihre Schachfertigkeiten wieder aufzufrischen. Als Scherz hatte Johnny vorgeschlagen, Stripschach zu spielen, was ihnen beiden jedoch letzten Endes tatsächlich Freude bereitete. Robert half Johnny dabei, ein wenig an seiner Taktik zu feilen und tatsächlich gelang es ihm nun auch ab und an, seinen Freund Schachmatt zu setzen. Für Johnnys Geschmack nahm dieser das jedoch viel zu gelassen hin, was ihn zu der Vermutung brachte, dass Robert ihn absichtlich gewinnen ließ.

Silvester verbrachten sie gemeinsam in Johnnys Wohnung und das neue Jahr begann mit leidenschaftlichem Sex, der davon unterbrochen wurde, dass das Telefon mehrfach klingelte. Da Robert am Abend bereits wieder im Flieger nach Hause sitzen würde, ließen sie sich davon jedoch nicht beirren. Sie konnten die Neujahrsanrufer auch immer noch am Morgen zurückrufen. Oder zumindest, nachdem sie aufgestanden waren, denn sie verbrachten den gesamten Vormittag im Bett, wogegen Johnny wirklich nichts einzuwenden hatte. Er liebte es, wenn Robert ihn im Arm hielt und er sich gleichermaßen an ihn kuscheln konnte.

Umso schwerer fiel letzten Endes der Abschied. Die Tage waren viel zu schnell vergangen und wenn Johnny daran dachte, dass es wieder eine gefühlte Ewigkeit dauern würde, bis er Robert wieder berühren konnte, bekümmerte es ihn sehr. Und trotzdem freute er sich bereits darauf, wenn das Warten ein Ende haben würde. Insgeheim fragte er sich, wann es soweit sein würde, dass sie sich dauerhaft nah sein konnten und keine so große Distanz zwischen ihnen stand.

Mit einem Kuss und einer Umarmung verabschiedeten sie sich am Terminal voneinander und Johnny blickte seinem Freund noch eine ganze Weile hinterher, ehe er mit einem Seufzen das Gebäude verließ und sich zu seinem Auto aufmachte.

Nun, da Robert weg war, wollte er sich auch die Zeit nehmen, all die Neujahrsbenachrichtigungen und –anrufe zu beantworten und er sah seine Mailbox und die Anruferliste durch. An einer Telefonnummer blieb er jedoch hängen und irritiert runzelte er die Stirn. Melody hatte ihn angerufen.

Wann hatte er das Mädchen zuletzt gesehen? Das war im Juni gewesen, kurz nachdem Robert ihn gesund gepflegt und er gehofft hatte, ihn zu vergessen, wenn er nur wieder mit einer seiner Freundinnen ins Bett ging. Er hatte sich getäuscht und das Mädchen hatte seine Abweisung nicht sonderlich gut weggesteckt. Zahlreiche Anrufe und Nachrichten hatten ihm einiges an Zeit und Nerven gekostet, aber letzten Endes hatte er es doch geschafft, ihre Hoffnungen auf die Fortführung ihrer Beziehung im Keim zu ersticken. Zumindest hatte er das geglaubt. Er startete den Rückruf und hörte kurze Zeit später, wie das Gespräch angenommen wurde und Melodys Stimme meldete sich mit einem höflichen „Ja?“.

„Melody, ich habe dir doch gesagt, dass es vorbei ist!“, Johnnys Stimme klang vermutlich ein bisschen wütender, als es beabsichtigt gewesen war. Allerdings hatte er Sorge, dass ihr neuaufkeimendes Interesse an ihm seine Beziehung zu Robert gefährden würde. Kurze Zeit herrschte Schweigen.

„Ich wusste bisher nicht, wie ich es dir sagen sollte“, erklang zögerlich die Stimme in seinem Hörer und es folgten die Worte, die all sein Glück innerhalb eines Sekundenbruchteils zerstörten.

„Ich bin schwanger, Johnny. Und du bist der Vater.“



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  ChogaRamirez
2012-07-28T02:53:27+00:00 28.07.2012 04:53
Ich habe mich gerade durch alle Kapitel gelesen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie es ausgeht. ^^
Tolle Geschichte!
Antwort von:  Phase
07.05.2013 15:05
Danke für deinen Kommentar, es freut mich sehr das zu hören! :D
Mit etwas Glück wird es auch hier bald weiter gehen (die Hälfte des neuen Kapitels ist bereits fertig geschrieben). Und auch in den nächsten paar Kapiteln wird es wieder ganz viel RobertxJohnny und natürlich jede Menge Drama geben... :)
Von:  Sketchymoth
2011-08-21T10:44:40+00:00 21.08.2011 12:44
Die FF gefällt mir. :D
Die ist schön dramatisch... ToT Und du hast dich gut um die Sexszene herumgemogelt! xD Es wundert mich allerdings, dass Robert tatsächlich mal so ein Ausrutscher passiert, dass er sich dermaßen betrinkt und dann Johnny verführt. Das ist ja doch sehr untypisch für ihn... andererseits hast du in dieser FF einen Deutschen aus ihm gemacht. xD ... ignorier meine Logik am besten.
Jedenfalls tut mir Johnny leid. :( Und ich hoffe sehr, dass Robert im Suff die Wahrheit gesagt hat und sich das jetzt, im nüchternen Zustand, einfach nicht zugestehen kann. v.v

Die FF hast du aber schon seit längerer Zeit auf Renia, oder? Freut mich, dass du sie nun auch hier hochlädst. :) Aber auf die nächsten Kapitel warte ich nicht, die les ich nachher auf deiner Site. xD Heute habe ich ja zum Glück mal wieder etwas mehr Zeit... *seufz* Samstags in brütender Hitze zu arbeiten macht keinen Spaß. x_x

Wie dem auch sei, ganz liebe Grüße von mir. :3
Guajin


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