Ausbrechen
Immer wieder fuhr sie mit dem Finger über die Scheibe, immer wieder, als ob sie es durchbohren konnte, die Scheibe, gebrannt in tausenden Grad, aus aber und aber Millionen vielen Teilchen bestehend. In den Augen lag ein Ausdruck von Leere, was hat das Leben zu bedeuten, wenn man nichts hat, woran man glaubt. Nichts. Der Mund war leicht geöffnet, als ob er etwas immer wieder murmelen würde, während der heiße Atem das Glas beschlug. Der Kopf leicht schief gelegt, als ob sie warten würde auf etwas, von dem sie weiß, dass es nicht eintreten wird, aber hofft, dass es so ist. Ihr Kopf gefüllt mit Gedanken, welche man nicht in Worte fassen konnte, und niemals könnte. Die Beine, so stark und doch zu schwach zugleich für den nächsten Schritt, in die Freiheit. Die Körperhaltung erdrückt von der Last, welche von ihr selbst auf sich geladen und durch die Gesellschaft. Der andere Arm, umschlungen um den Körper, als ob die Dunkelheit, welche sie so fürchtete in ihr, welche von der Scheibe ausgesperrt wurde, ihr etwas tun könnte.
Die Scheibe welche sie schützte vor dem Leben, vor dem Schmerz, vor den Grausamkeiten, vor der Liebe, vor der Gewalt dieser Welt, war gleichermaßen ihr Gefängnis, gesponnen um sie selbst, wie in Ketten gelegt, gefesselt, geknebelt von den Normen, lebt man in jeden Tag hinein, in der Hoffnung es würde sich ändern, als hätte jemand den Schlüssel, der in das Schloss passt, jemand der einem hilft auszubrechen. Auszubrechen aus der Realität.
