Alkoholische Gefühle
Ich rannte durch die Straßen. Der Regen prasselte auf mich herab. Scheiße. Wenn das so weiterging konnte ich meine Frisur vergessen.
Und dabei hatte ich fast 2 Stunden vor dem Spiegel gestanden. Ich könnte heulen.
Eh. Nein. Besser nicht. Das würde bloß das Make- up versauen. Ich sollte lieber schneller laufen. Los. Streng dich an, Rio. Nur noch ein Block, dann bist du da! Ich keuchte, als ich dann endlich vor dem Haus meines besten Freundes stand. Endlich. Juhu.
Dann verfinsterte sich meine Miene jedoch. Ich schauderte und drückte sachte auf den Klingelknopf. Es sirrte. Nichts. Stille. Man hätte einen Wurm beim krauchen hören können.
Ich seufzte und zuckte dann zusammen, als lautes Gepolter hinter der Tür laut wurde.
Miss Newton. Die Hausmeisterin. Schimpfend wie eine hyperaktive Drossel zur Balzzeit öffnete die 2 Tonnen Frau mir die Tür. Oh mein Gott. Irgendwie wurde mir schlecht bei dem Anblick. Aber so richtig. „Äh. Guten Abend…Miss“, murmelte ich und quetschte mich schnell an ihr vorbei und raste nach oben. Mann. Die Frau war echt unappetitlich und außerdem hatte ich Angst vor ihr. Was wäre denn, wenn sie sich eines Tages einfach dazu entschloss, mich wie eine menschliche Walze zu überrollen? Zugegeben, ich hang doch an meinem Leben. Irgendwie hatte ich es ganz gerne.
So, jetzt reis dich aber mal zusammen. Schließlich bist du hier, um Spaß zu haben. Ich grinste. Flo wartete auf der anderen Seite der Tür auf mich. Ich klopfte. 3 mal.
Ich hörte, wie sich etwas in der Wohnung regte, dann wurde die Tür aufgerissen und ich fand mich in den Armen meine mindestens 2 Köpfe größeren Kumpels wieder. Autsch. Flo hatte Muskeln aus Stahl und gegen gerade diese wurde ich gequetscht.
“Flo. Du erdrückst mich.“, stellte ich sachlich fest und sofort lies er mich los. Grinsend zog er mich in die Wohnung. „Sorry. Aber ich freu mich, dass dus doch noch geschafft hast!“, meinte er und beförderte mich ins Wohnzimmer, wo Matt und Simon hockten. Beide hatten schon ordentlich einen sitzen. Sie begrüßten mich grölend und schon hatte ich ne Bierflasche in der Hand.
2 Stunden, 4 Trinkspiele und 5 leere Wodkaflaschen später lag ich lachend auf dem Boden, hatte den Kopf in Flos Schoß gebettet. Matt und Simon waren schon weg. Sie wollten noch in einen Club oder so. Egal. Flo und ich hatten auch viel Spaß. Ich sah ihn an und er strich mir sanft durch die Haare. Er wirkte noch seltsam klar und ich stellte fest, dass er nicht so viel getrunken hatte wie ich.
Plötzlich schlug die Stimmung um. Busch. Ich fühlte mich unbehaglich unter seinem Blick.
Er kam mir immer näher. Ich wollte ihn schon wegdrücken, aber der Alk hatte meinen Körper schwach und träge gemacht. Und da war es auch schon geschehen. Ich spürte Flos Lippen auf meinen. Es war, als würden kleine Männchen in meinem Bauch ein Feuerwerk entzünden. Irgendwas in meinem Hirn machte Klick und ich begann den Kuss zu erwidern. Lang und ausgiebig waren unsere Zungen miteinander beschäftigt und eine Hitzewelle nach der nächsten schoss durch meinen Körper.
Irgendwann, nach einer Ewigkeit und doch zu früh, wie mir schien, lösten wir uns voneinander und Flo lächelte mich glückselig an. Ich kicherte dämlich und hörte mich dabei an wie ein Mädchen.
„Ich liebe dich, Rio.“, meinte mein Freund mit seiner Schmirgelpapierstimme. Ich schluckte. Ich wusste nicht, was ich ihm antworten sollte und stand deshalb auf und verlies fluchtartig die Wohnung.
Ich lief wieder durch den Regen und war vollkommen durcheinander. Irgendwie trugen mich meine Füße bis in den Park Etwas Hüpfendes stach mir ins Auge. In dem Gebüsch vor mir hang ein rosa Damenslip, der aussah, als könne er Miss Newton gehören. Ich musste unwillkürlich bei diesem Gedanken grinsen.
Ich lies mich auf die nasse Parkbank fallen und starrte auf die Blumenbeete. Ein trostloser Anblick.
Ich dachte nach. Über die Gefühle, die in mir tobten. Darüber, wie es weitergehen sollte.
Dann wurde mir langsam klar, was in mir vorging. Ich seufzte. Ich hatte wirklich Bockmist verzapft.
Plötzlich hockte sich jemand neben mich. Ich sah zur Seite und meine Augen wurden groß. Es war Flo.
Er lies ganz schon den Kopf hängen. Genauso wie die Tulpen vor uns. Das musste sich ändern.
Der Regen fiel immer noch unablässig und unbarmherzig auf uns herab. Ich rutschte näher an ihn heran.
Er sah mich an. Seine Augen waren voll Trauer und Schmerz. Es tat mir weh, ihn so zu sehen.
Ich rutschte noch näher. „Ich bin ein Idiot.“, meinte ich leise. Er sah mich verwirrt an.
Statt was zu sagen, küsste ich ihn kurz. „Ich liebe dich auch.“, murmelte ich und mein Gesicht brannte vor Schamesröte. Jede Tomate würde bleich vor Neid werden.
Da merkte ich, wie Flo auf etwas herumkaute und dabei lächelte. Dann zog er mich an sich, küsste mich und plötzlich hatte ich einen bitteren Geschmack im Mund.
Mir wurde klar, auf was Flo herumgekaut hatte. Eine Kaffeebohne. Dieser Mistkerl. Er wusste genau, wie ich Kaffee hasste. Wütend schaute ich ihn an, doch er grinste nur.
“Das war die Strafe, dafür, dass du einfach abgehauen bist!“, meinte er und kugelte sich fast vor lachen.
Oh warte…das würde er mir büßen.
