In Sicherheit?
//Oh mein Gott, was ist denn dort draußen passiert? Warum rennen plötzlich
alle auf die Straße?//, fragte sich ein junger Chinese mit langem schwarzem
Haar, der schon seit mehreren Stunden auf dem Flughafen wartete.
Zu seinem Begleiter gewandt sagte er:
"Sollen wir mal gucken was da geschehen ist? Ich meine, solange Kai noch nicht
hier ist wird er uns auch kaum weglaufen können und wenn wir dort draußen
stehen und mit den anderen den Eingang blockieren, können wir ihn wohl kaum
Übersehen, oder?"
Seine Begleitung sah den Jungen an und nickte.
Doch der Chinese empfand das nicht etwa als unhöflich, er freute sich sogar,
dass sein rothaariger Freund eine Regung zustande gebracht hatte.
Normalerweise war dies nämlich alles andere als normal.
Die beiden Jungen verließen also das Gebäude und versuchten zu erkennen, was
die Menschenmasse so in Unruhe versetzt hatte.
Hin und wieder wurden Schreie laut, wie:
"Ruft doch endlich einen Krankenwagen!", oder:"Warum hilft dem armen Kerl denn
niemand?", aber die meisten Menschen bewegten sich einfach nicht und begafften
die Person, die wohl Mittelpunkt des Pulkes sein musste.
Endlich konnte der große Rothaarige einen Blick auf die am Boden liegende
Person werfen, da er sich durch seine Kraft einen Weg durch die Menge gebahnt
hatte und nun einer der Vordersten war.
Doch als er die Gestalt erblickte, musste er unwillkürlich den Atem anhalten.
"Ray komm schnell! Das ist Kai!", rief er den kleinen Chinesen in seiner
Begleitung zu.
Dieser quetschte sich nun ebenfalls durch die Masse und als er den Menschen auf dem
Boden sah, fiel er vor ihm auf die Knie und nahm den Kopf des Ohnmächtigen
Jungen auf den Schoß.
Er strich ihm einige der blutverkrusteten Haarsträhnen aus dem Gesicht und
besah sich den Jungen.
Sein Freund versuchte während dessen die Gaffer aus dem Weg zu schicken, sodass
die beiden den Bewusstlosen schnellstmöglich zu dem flughafeneigenen Arzt
bringen konnten.
Kurze Zeit später hatte er dies dann auch schon geschafft, sodass seine schwarzhaarige Begleitung den Bewusstlosen aufheben und ihn in das Gebäude bringen konnte.
Es waren einige Tage vergangen, seit die beiden Jungen ihren Freund von der
Straße aufgelesen hatten und dieser war seitdem nicht wieder aufgewacht.
Die Jungen machten sich allmählich sorgen um den Gesundheitszustand des
Bewusstlosen und hatten ihn auch schon zu einem Arzt gebracht, doch dieser hatte
nur eine "Schock- und Strapazenbedingte Ausfallerscheinung" diagnostiziert, und
die Sache damit als geklärt befunden.
Nun hofften der Chinese und sein rothaariger Freund natürlich auf schnelle
Besserung des Gesundheitszustandes von Kai.
Der Junge öffnete blinzelnd die Augen und versuchte sich zu orientieren.
In der Abtei war er wohl nicht mehr, wo aber dann?
Er kannte den Raum nicht, obwohl es unheimlich bekannt und angenehm roch.
Der Duft löste Gefühle wie Sicherheit und Geborgenheit in ihm aus, Gefühle,
die er eigentlich nicht kannte.
Er sah sich den Raum an und einige Gegenstände verrieten ihm, dass der Besitzer
des Zimmers wohl großer Beyblade-Fan sein musste.
Doch wer sein Unbekannter Gastgeber war und warum er überhaupt hier war, wusste
er nicht.
Er fühlte sich wie gerädert, als er längere Zeit angestrengt versuchte sich
an die vergangenen Tage zu erinnern, doch sein Kopf schien, als wolle er
explodieren.
Leise und vorsichtig wurde die Tür geöffnet.
Der Junge, der auf dem Bett lag, bemerkte dies, stellte sich aber schlafend.
Wenn es Boris oder ein anderer aus der Abtei sein würde, wollte er ihnen nicht
jetzt schon zeigen, dass er aufgewacht war.
Aber als er hörte, wer den Raum betrat, seufzte er und lächelte leicht, soweit seine selbst auferlegte Maske es zuließ.
Es war die Person, die er von seinen ehemaligen Freunden am meisten vermisst
hatte -der schwarzhaarige Chinese, den man mit einer Katze vergleichen konnte,
Ray-, und als er ihn sah, wollte der Junge auf dem Bett sofort aufspringen um
seinen Freund zu umarmen, ließ es aber bleiben, als ihm kurz schwarz vor Augen
wurde.
"Wie ich sehe, bist du endlich aufgewacht, Kai! Wir haben uns schon so langsam
sorgen um dich gemacht!", stellte der Chinese glücklich fest und kam nun
seinerseits auf das Bett zu.
Lange stand er unschlüssig da, bis Kai ihn in die Arme schloss.
Der Schwarzhaarige war überrumpelt, da er so eine Reaktion von Kai am wenigsten
erwartet hätte.
"Ich habe dich vermisst!", gab dieser zu und drückte den Chinesen noch einmal
kurz, bevor er ihn endgültig losließ.
Plötzlich ging die Tür erneut auf und der rothaarige Junge sah vorsichtig
herein, doch als er bemerkte, dass der Bewohner des Zimmers wach war,
ging er auf diesen zu und Umarmte ihn vorsichtig.
Es war keine herzliche Berührung, eher etwas das sein musste, aber so war es
ihnen in der Abtei antrainiert worden.
Teamkameraden umarmen zur Begrüßung, da dies in Russland selbst von völlig
Fremden gemacht wurde.
Naja, Russland, Biovolt und ihre komischen Regeln.
"Erzähl mal, warum bist du hier?", verlangte der Rothaarige, doch Kais Gesicht
verschloss sich zusehend.
"Tala? Ich glaube, das ist nicht der richtige Zeitpunkt... Frag ihn lieber, ob er nach einer halben
Woche Bewusstlosigkeit nicht vielleicht etwas Hunger hat! Außerdem kommt er mir ziemlich unterernährt vor, da ich ihn ohne Probleme vom Flughafen zu unserem Haus tragen konnte!"
Der Rothaarige, der mit Tala angesprochen worden war, sah Kai fragend an und
dieser nickte.
Die beiden verstanden sich also immer noch ohne viele Worte, was früher so ein
perfektes und nahezu unbesiegbares Team aus ihnen gemacht hatte.
Doch allem Vertrauen zum trotz, Tala konnte der Junge nicht sagen, was ihm
wiederfahren war.
Der Rothaarige verließ schweigend den Raum und Kai sank zurück auf das
Bett.
Eigentlich wollte er jetzt seine Ruhe haben, doch irgendwie hatte er das
Bedürfnis sich dem Chinesen mitzuteilen.
Woran das lag, konnte er allerdings selbst nicht beantworten.
"Weist du, ich glaube ich habe einen Fehler gemacht, als ich damals zurück
wollte...", begann Kai.
"Ich hätte es nicht tun dürfen! Immerhin wusste ich doch, was auf mich
zukommen würde!"
Ray sah ihn abwartend an.
Es war schon verwunderlich, dass Kai sich selbst dazu entschlossen hatte ihm
etwas zu sagen, Tala aber nichts verraten wollte.
//Woran das wohl liegt?//, fragte er sich selbst im stillen, doch er sagte nichts und hörte ihm aufmerksam zu.
Was er hörte, verschlug ihm die Sprache und er war sich sicher dass dies noch
nicht alles gewesen sein sollte.
Doch Kai sollte von sich aus das erzählen was er meinte zu müssen und den Rest
würde er dann sagen wenn er dazu bereit war.
"Sie haben mich verletzt, so schlimm war es noch nie gewesen sie haben...",
begann er und einzelne Tränen liefen seine Wangen hinunter.
Obwohl diese Reaktion total untypisch für den kalten Russen war, konnte dieser sie nicht aufhalten.
Es war zu viel passiert, was selbst die stärksten Menschen brechen würde... und das weinen tat gut.
Ray hatte Kai noch nie weinen sehen und das machte die Sache noch schlimmer.
//So nah geht ihm das also, ich bin mal gespannt, was er so erzählen wird...//