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Warmes Blut gefriert nicht

LavixKanda
von

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..Rot wie Blut..

„Was fällt dir ein?!“ war Kandas Stimme laut und bedrohlich zu vernehmen. Er kochte vor Wut. Hatte er Lavi nicht gesagt, dass er gehen sollte? Wie konnte er nur? Er hatte kein Recht hier zu sein!

Yu ballte die Hände zu Fäusten, ehe er die Decke weg schlug und langsam aufstand. Noch immer hatte er seine alte Kraft nicht zurück, aber er hatte wieder an Festigkeit gewonnen, sodass er ohne Probleme alleine wieder stehen und gehen konnte.

„Raus! Raus aus meinem Zimmer!“

„Yu jetzt beruhige dich doch!“ sagte Lavi ein wenig eingeschüchtert.

„Ich hab mir doch nur Sorgen gemacht. Du hast schließlich ganze zwei Tage durchgeschlafen!“

„Das interessiert mich nicht! Ich habe gesagt, dass du gehen sollst!“

„Was stört dich denn so daran, dass ich hier bin?“

Kanda öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch besann er sich rechtzeitig. Beinahe hätte er in seiner Rage etwas gesagt, was er hinterher bereut hätte.

„Und wieso ist es in deinem Zimmer immer so dunkel?“ hakte Lavi stattdessen weiter nach und wollte die Vorhänge aufziehen, doch Yu ergriff ihm am Handgelenk und hielt ihn davon ab.

„Das geht dich alles nichts an.. und nun verschwinde endlich!“

Kandas Blick war kühler als sonst und Lavi ahnte, dass er sich zu weit hinaus gewagt hatte.

„Ich wollte nur wissen, ob du in Ordnung bist, okay?“

Lavi warf ihm einen letzten Blick zu, doch verließ er dann das Zimmer. Kanda sah ihm nach.

„Tz..“

Er ließ sich langsam auf sein Bett nieder und schaute den Boden an. Er war froh, dass Lavi gegangen war, jedoch war gerade irgendetwas in Lavis Blick gewesen, was ihn seine harschen Worte einen kurzen Moment bereuen ließ. Yu schaute auf und ließ seinen Blick schweifen. Nur in diesen vier Wänden, in dieser Dunkelheit fühlte Kanda sich wirklich sicher. Hier war er vollkommen alleine, komplett für sich. Hier musste er nichts verbergen, hier lag seine ganze Seele offen. Hier musste er nichts rechtfertigen. Hier gab es nur ihn und seine Vergangenheit und seine Bestimmung. Hier traf alles zusammen. Er fühlte sich angegriffen, wenn eine andere Person den Raum betrat. Er fühlte sich seinem Schutz beraubt, bloß gestellt, ganz offen und er war froh, dass Lavi all das, was sein Zimmer ihm gab, alles was ihn ausmachte, nicht gesehen hatte. Er wollte sein Innerstes nicht preisgeben, niemanden. Alle sollten sie von seinem Zimmer fern bleiben, ihn in Ruhe lassen. Der einzige sichere Ort, der Ort, wo er alleine war. Mit seiner Vergangenheit, mit seinem Selbst, mit seiner Bestimmung.

Hier passte einfach kein Licht herein.

Zu ihm passte das Licht einfach nicht.
 

Einige Zeit später stand Kanda, gekleidet in seiner Uniform, vor Komuis Schreibtisch und schaute ihn gereizt an.

„Du weißt, dass wir keine Zeit haben! Ich muss jetzt aufbrechen, sonst ist es vielleicht zu spät!“

Komui, von Kandas Gereiztheit völlig unbewegt, schaute zu ihm hoch.

„Deine Wunden sind noch nicht verheilt. Es war eh schon die Höhe, dass du die Krankenstation verlassen hast! Ich werde wen anderes schicken.“

„Und wen? Du weißt ganz genau, dass du nur mich schicken kannst! Sei kein Narr!“

„Er wird mich schicken!“

Kanda wie auch Komui schauten überrascht auf und erblickten Lavi an der Tür, der sich an den Türrahmen gelehnt und die Arme verschränkt hatte.

„Jetzt nicht auch noch du Lavi..“ meinte Komui und seufzte leise.

„Ich als zukünftiger Bookman muss über alles in Bilde sein! Vielleicht kann ich ja auch helfen, wenn ich sehe, was sie da so fabrizieren!“

Lavi grinste die beiden fröhlich an.

„Tz.. lass mich alleine gehen Komui! Ich kenne das Dorf, ich war schon dort. Noch einmal wird mir kein Fehler passieren!“

Komui sah von einem zum anderen und seufzte dann erneut. Manchmal machten die beiden ihn wirklich fertig. Aber Kanda hatte Recht. Er musste endlich handeln, bevor es zu spät war.

Schweren Herzens stand er auf und sein Blick wurde ernst.

„Nun gut.. ihr werdet zusammen gehen. Versucht, das Gift irgendwie unschädlich zu machen. Es darf nicht in Umlauf gebracht werden. Aber wenn es zu gefährlich werden sollte, dann zieht ihr euch sofort zurück! Habt ihr verstanden? Und bitte… seid vorsichtig..“

Lavi grinste zufrieden und Kanda nickte leicht als Zeichen, dass sie verstanden hatten.

„In einer Stunde werdet ihr aufbrechen.“
 

Lavi ging neben Yu her und sah zu ihm rüber, während er die Arme hinter seinem Kopf verschränkte.

„Du solltest mal dein Fenster aufreißen und laut laut lachen.. das würde ich dir empfehlen, danach fühlt man sich gleich viel besser. Eine Welt wartet draußen auf dich Yu-chan.“

Lavi wusste, dass es gewagt war, noch einmal auf das dunkle Zimmer zurückzukommen, aber wenn ihn etwas neugierig gemacht hatte und interessierte, konnte er einfach nicht so schnell locker lassen. Und dieses Zimmer bedeutete mehr als man auf den ersten Blick sah, das hatte er verstanden.

Kanda blieb bei Lavis Worten abrupt stehen. Hatte Lavi vielleicht doch mehr gesehen? Er merkte, wie sich sein Magen ein wenig zusammenzog.

„Lass mich in Ruhe.. das alles geht dich nichts an, kapiert?! Und nenn mich nicht bei meinem Vornamen!“

Mit diesen Worten ging er weiter und ließ einen seufzenden Lavi zurück.
 

Jedes Mal wenn die Kutsche über eines der Schlaglöcher fuhr und sie somit einen kleinen Sprung machte, verzog Kanda das Gesicht. Die Fahrt mit der Kutsche war eine holprige Qual und wenn das nicht schon nervig genug wäre, dass seine Wunde bei dem Gewackel ständig schmerzte, hatte er auch noch Lavi gegenüber sitzen, welcher ihn permanent anstarrte und ihn mit seinem Gefasel nicht in Ruhe ließ.

„Nun komm schon Yu! Gib zu, dass du nicht hättest mitfahren sollen. Gib zu, dass Komui Recht hatte.“

„Noch ein Wort und ich schlitz dich auf!“ sagte Kanda wütend und hatte die Hand schon auf den Griff von Mugen gelegt. Lavi raubte ihm noch den letzten Nerv.

„Hehehe.. kein Grund gleich sauer zu werden Yu-chan..!“

Lavi drückte sich ein wenig tiefer in den Sitz, konnte er doch nicht abstreiten, dass Kanda ihm im Moment ein wenig Angst machte. Doch als Yu aus dem Fenster schaute, wurde sein Blick für einen kurzen Augenblick ernst. Wie wollte Kanda in so einem Zustand kämpfen? Was würde passieren, sollte er erneut vergiftet werden?

Lavi hatte sich von Yu erzählen lassen, was auf der Mission passiert war, auch wenn Kanda nicht gerade sehr erpicht darauf gewesen zu sein schien, ihm davon zu berichten.

Sie hatten das Dorf betreten und natürlich hatten die Akuma wie ganz normale Menschen ausgesehen. Freundlich hatten sie sie empfangen und sie dann zu der Kirche gebracht, die angeblich verflucht sein sollte. Nachts sollten Schreie aus der Kirche zu hören sein und jeder der die Kirche betrat, wurde nie wieder gesehen.

Am Ende stellte sich heraus, dass unter der Kirche geheime Räume lagen, in der das Gift hergestellt wurde. Menschen, die die Kirche betraten, waren gefangen genommen worden und dienten als Versuchsobjekte für das Gift.

Kanda hatte die Kirche mit den zwei Findern, die ihn begleitet hatten, betreten, um nach Innocence zu suchen, hatte sich diese doch schon in so vielen komischen Weisen gezeigt.

Es hatte nicht lange gedauert, bis sie die unterirdischen Gänge gefunden hatten und von einer Horde Level drei Akuma angegriffen worden waren. Yu hatte alles versucht, doch hatte er die Finder nicht beschützen können. Sie kamen in dem Gefecht um. Er selber wurde verwundet und wäre fast gefangen genommen worden. Im letzten Moment war er aus dem Labor, in der das Gift hergestellt worden war entkommen, jedoch nicht, ohne anscheinend zuvor von einem der Akuma vergiftet worden zu sein.

Nur durch seine heilende Gabe hatte er es geschafft, mit dieser Verletzung und der Vergiftung aus dem Dorf zu kommen und wieder zurückzukehren.

Lavi hatte Yu angesehen, dass er dieses Mal keine halben Sachen machen würde. Dieses Mal würde er nicht fliehen. Dieses Mal würde er jeden einzelnen jagen. Lavi konnte nur ahnen, wie es Kandas Stolz gebrochen hatte, zu fliehen, den Feind am Leben zu lassen und eine Niederlage zu kassieren. Nun war seine Wut natürlich ungebändigt und sein Stolz würde nicht zulassen, dass er noch einmal verlieren würde.

Aber genau diese Wut und dieser Stolz bereiteten Lavi Sorgen. Egal wie schlecht es Yu gehen würde, er würde nicht mehr fliehen. Er würde bis zum Ende kämpfen.
 

Sie stiegen aus der Kutsche, als sie vor einem kleinen Berg halt gemacht hatten. Ein schmaler Weg führte von hier direkt in das Dorf. Kanda war froh, endlich auf eignen Beinen zu stehen und aus dieser Kutsche gekommen zu sein. Mit kalten und erbarmungslosen Blick sah er den Weg hinauf. Ein beißender Wind wehte und der Gipfel des Berges war komplett zugeschneit. Das Dorf war soweit oben gelegen, dass auch dieses und ein Teil des Weges eingeschneit waren.

Eine leichte Gänsehaut legte sich auf Kandas Haut. Schon hier unten war es verdammt kalt.

Bevor sie aufbrachen, brachte ein Finder ihm und Lavi einen wärmenden Umhang, den sich beide umlegten. Ohne ein Wort des Abschieds ging Kanda dann auch schon los und folgte dem steilen Weg nach oben. Als er das erste Mal hier war, war dieser Weg kein Problem gewesen. Doch nun merkte er die Steile und die Länge des Weges umso deutlicher. Natürlich wollte er sich nichts anmerken lassen. Vor Lavi wollte er sich nicht noch mehr Blöße geben als er es schon getan hatte. So hielt er strikt sein Tempo ein, auch wenn ihm der Schweiß auf die Stirn trat und er vor Schmerzen die Zähne zusammenbeißen musste. Geredet wurde nicht.

Jeder Versuch von Lavi ein Gespräch aufzubauen, scheiterte sofort. Auch bevorzugte Yu es, ein kleines Stück vor Lavi zu gehen, sodass dieser ihm nicht ins Gesicht sehen konnte.

Nach einer Viertelstunde hatten sie den verschneiten Teil des Weges erreicht. Hier oben wehte ein noch viel kühlerer Wind als unten und Schneeflocken begannen, wild durch die Luft zu schwirren.

„Der Schnee hat uns gerade noch gefehlt..“ beschwerte sich Lavi, der sich wie Kanda die Kapuze überzog. Lavi ließ seinen Blick schweifen, der Weg erstreckte sich trostlos vor ihnen und bis auf einpaar kahlen Bäumen und schneebedeckten Felsen war nichts zu sehen.

Kanda ging unbeirrt weiter und er folgte ihm stillschweigend, aber mit Sorge in dem Auge. Die Art wie Kanda ging, hatte sich verändert. Er ging nicht mehr mit erhobenem Haupt voran, sein Kopf war schon seit geraumer Zeit ein wenig gesenkt. Seine Schultern waren ein wenig hochgezogen und schienen wie aufs äußerste gespannt. Sein Schritt war nicht wie gewöhnlich fest und bestimmend. Manchmal wirkte er sogar etwas unkoordiniert und seitdem sie den beschneiten Teil des Weges erreicht hatten, hob Kanda seine Füße nicht mehr so sehr wie vorher. Man konnte es eher ein Schleppen anstatt ein Gehen nennen und wahrscheinlich hätte selbst ein Blinder erkannt, dass da irgendetwas nicht stimmte.

„Hey Yu..“

„Klappe!“ unterbrach Kanda ihn scharf, der nichts von ihm hören wollte. Er musste sich auf das Gehen konzentrieren, da brauchte er Lavis Gerede nicht.

Er zog die Kapuze etwas tiefer, denn der Wind peitschte ihm erbarmungslos ins Gesicht.
 

„Yu…“

Lavis Flüstern ging in dem Tosen des Windes unter. Es war mit ihm doch immer das gleiche. Zu stolz, um um Hilfe zu fragen, ja sogar zu stolz, um Hilfe überhaupt anzunehmen.

Gerade als er ihn erneut ansprechen wollte, blieb Yu unerwartet stehen, und Lavi war sich nicht sicher, glaubte jedoch, Kanda für einen Moment schwanken zu sehen, ehe dieser sich an einen der Felsen abstützte und sich die Seite hielt.

„Yu! Ist alles okay?“

Besorgt legte er Kanda eine Hand auf die Schulter und konnte das erste Mal seitdem sie aufgebrochen waren, einen Blick auf sein schmerzverzerrtes Gesicht werfen.

Dieser Anblick verletzte ihn.

„Du brauchst eine Pause.. wieso sagst du denn nichts?“

„Lass.. lass mich in Ruhe..! Wir gehen.. weiter!“

„Nein! Es reicht jetzt Yu! Es reicht mir endgültig!“

Lavi hatte genug von Kandas überschwänglichen Stolz, von seinem Dickkopf und von seiner Verschlossenheit. Es reichte ihm. Er wollte Kanda nicht mehr leiden sehen. Er hatte sich jetzt lange genug Kandas Willen gebeugt, aber nun war seine Geduld am Ende.

Kanda sah ihn kühl an bei seinem Widerspruch, aber auch das ließ ihn unberührt. Er würde Yu so nicht weitergehen lassen.
 

Kanda verspürte den Drang, Lavi ins Gesicht zu schlagen. Aber das Schwindelgefühl und die bittere Kälte hielten ihn davon ab. Lavi verstand es einfach nicht. Er wollte der Schwäche nicht nachgeben, nicht noch einmal. Nicht vor Lavis Augen. Er musste durchhalten. Durchhalten. Sein Körper würde sich schon irgendwann vernünftig regenerieren. Solange musste er einfach durchhalten.

Und dennoch wünschte er sich jetzt in sein Zimmer, wo er alleine wäre, wo er sicher wäre, wo er nicht mehr durchhalten müsste. Kein Lavi, keine Kälte, kein Gift, keine Akuma, keiner, nichts.

Für einen Moment schloss er die Augen, um gegen den Schwindel, den er verspürte, anzukämpfen. Dann sah er Lavi kühl an.

„Geh mir aus.. dem Weg..!“

Die Sicherheit und Festigkeit, die er geglaubt hatte, zurück gewonnen zu haben als er die Augen geschlossen hatte, waren mit einem Schlag verschwunden, als er aufhörte, sich an dem Felsen abzustützen und einen Schritt gegangen war. Alles drehte sich, noch mehr als zuvor und die Kälte schien nun komplett Besitz von ihm ergriffen zu haben. Er suchte Halt und fand ihn auch an einer warmen Schulter und an zwei Händen, die ihn hielten.
 

Wenn Lavi ehrlich war, hatte er so etwas geahnt. Als er in Kandas Gesicht gesehen hatte, hatte er gewusst, dass Yu am Ende war. Seine Hautfarbe schien mit dem Schnee konkurrieren zu wollen und dass er überhaupt so weit gekommen war, fand Lavi auf der einen Seite wieder bewundernswert. Kanda hatte wirklich einen starken Willen und leider einen genauso starken Stolz. Dennoch huschte ein Lächeln über seine Lippen, als er Kanda wenigstens jetzt ein wenig Halt schenken konnte.

„Lass es gut sein Yu, okay? Lass uns eine Pause machen. Die Akuma rennen uns schon nicht weg!“

Lavi ließ seinen Blick suchend durch die Gegend schweifen und wurde dann auch fündig. Weiter vorne ragte ein Felsen hervor, der sie ein wenig vor dem Schnee und den Wind schützen würde.

„Wag… es ja nicht.. mich zu tragen..!“ hörte Lavi die kühle Stimme Kandas, als er diesen gerade hochheben wollte. Einen Moment zögerte er, doch legte er sich dann nur einen Arm von Kanda um die Schultern und stützte ihn. Er kannte ihn mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass alleine dies schon viel Überwindung für Yu gekostet hatte und er wollte nicht mehr verlangen, zumindest im Augenblick nicht.

Gemeinsam erreichten sie den schützenden Felsen. Vorsichtig setzte sich Lavi mit Kanda, welcher sich noch immer die Seite hielt.
 

Kanda würde nie zugeben, dass er ein klein wenig froh war, zu sitzen und das eine Pause vielleicht doch das richtige gewesen war. Noch immer herrschte ein leichtes Schwindelgefühl in ihm, doch seitdem er saß und nun auch die Augen schloss, wurde es langsam besser. Mehr als der Schwindel machte ihm jedoch die Kälte zu schaffen, welche trotz des wärmenden Umhangs und der Uniform darunter, seinen ganzen Körper fest im Griff hatte. Das einzige, was die Kälte ihm gutes tat war, dass sie ein wenig den Schmerz seiner Wunde betäubte.

Am liebsten würde er sich der Müdigkeit und der Trostlosigkeit hingeben, die mit der Kälte an ihm empor krochen. Sein Körper fühlte sich schwer wie Blei an und schien von Minute zu Minute schwerer zu werden. Kanda öffnete die Augen wieder und schaute in den bewölkten Himmel hoch. Schwer hingen die grauen Wolken über diesen Berg und es sah nicht so aus, als würde sich der Himmel bald lichten. Den Anblick von der grauen Monotonie satt, schloss er wieder die Augen. Nur noch einen Moment, noch einen kleinen Moment Ruhe. Gleich würden sie weiterkönnen, gleich würde es gehen. Wenn es doch nur nicht so kalt wäre.
 

Kurz hatte Lavi überlegt, nach Kandas Wunde zu sehen, doch Yu hatte schon die Arme um seinen Körper geschlungen und die Augen geschlossen. Lavi wünschte sich, dass die Verletzung endlich heilen würde. Dieses verdammte Gift schien es echt in sich zu haben und er wollte sich nicht ausmalen was passierte, wenn es wirklich in Umlauf kommen würde.

Auch er warf einen Blick in den nicht gerade Hoffnung versprechenden Himmel, ehe er zu Yu sah.

Kanda zitterte am ganzen Körper und hatte die Augen geschlossen. Auch Lavi fror und wünschte sich jetzt in ein warmes Bett. Am liebsten würde er jetzt weiter gehen und die Mission so schnell wie möglich hinter sich bringen, denn dann wären sie wieder schneller im Hauptquartier. Aber Yu brauchte dringend eine Pause. Eigentlich brauchte er jetzt ein warmes Bett und definitiv einige Tage Ruhe. Besorgt sah er ihn weiterhin an und rang mit sich selbst. Er war hin und her gerissen und es kostete ihm eine Menge Mut, denn bei Kanda konnte man nie wissen.

„Reiß mir jetzt nicht den Kopf ab, okay Yu-chan?“

Lavi schluckte kurz, zögerte noch einen Moment, ehe er Yu vorsichtig an sich zog und die Arme um ihn legte, sodass Kandas Rücken an seiner Brust lehnte. Wunderlicherweise kam von Kanda keine Gegenwehr, nicht mal ein Wort des Widerspruchs. Lavi fragte sich, ob Yu überhaupt mitbekommen hatte, was gerade passiert war.

„Yu…“

Vorsichtig drückte er ihn noch mehr an sich, um ihn mit seinem eigenen Körper zu wärmen.

Und tatsächlich, nach einer Weile hörte Kanda auf zu zittern. Noch immer kam kein einziger Mucks von ihm, er war ganz ruhig, er regte sich nicht, nur sein Brustkorb hob und senkte sich regelmäßig.
 

Kanda kniff die Augen zu und biss sich auf die Unterlippe, aber nicht vor Schmerzen sondern vor Scham, da er es wirklich zuließ. Er schämte sich so, dass er dies hier nicht alleine durchstehen konnte, dass er der Schwäche nachgab und somit auf Lavis Hilfe angewiesen war. Er wollte das nicht, nein, ganz und gar nicht. Er wollte nicht in Lavis Armen liegen, er wollte hier nicht rasten, er wollte nicht diese Kälte und Schwäche spüren. Innerlich wollte er weg von Lavi, alles in ihm schrie danach, aber sein Körper genoss es. Sein Körper sehnte sich regelrecht nach der Wärme, die Lavi ausstrahlte und plötzlich hatte er die Kontrolle verloren und sich eben dieser Wärme hingegeben. Sie schien ihn förmlich einzunehmen und ihn nicht nur von außen, sogar auch von innen zu wärmen. Der einzige Trost den er hatte war, dass Lavi ihm nicht ins Gesicht sehen konnte. Und auch wenn Kanda sich nur noch einen kleinen Moment hatte ausruhen wollen, saßen sie über eine Stunde bei diesem Felsen. Es hatte mittlerweile aufgehört zu schneien und zwischendurch war Yu für einige Minuten immer mal wieder eingeschlafen. Lavi hatte es sogar geschafft, all die Zeit ruhig zu bleiben und nichts zu sagen.

„Lavi.. wir gehen weiter..“ brach Yu dann selber die Stille.

Lavi nickte leicht und stand mit ihm auf, doch wurde er sofort von Yu weggedrückt als sie standen. Kanda würdigte ihm keines Blickes und ging ohne ein weiteres Wort zu sagen weiter. Lavi seufzte kurz, doch folgte er ihm dann. Von hier aus dauerte es nicht lange, bis ein altes Dorf in der Ferne vor ihnen aufragte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Miroir
2009-04-28T16:37:58+00:00 28.04.2009 18:37
Wow! Dieses Kapitel ist ja nochmal besser als das erste, da muss ich [[Kanda]] zustimmen! Echt klasse geworden!!!
Ein ganz, ganz dickes Lob für die Beschreibung am Anfang, was Kanda's Zimmer ihm bedeutet. Einfach kreativ, einfallsreich, passend, gut formuliert, wundervolle Wortwahl und gut rübergebrachte Atmosphäre. Vor allem der letzte Satz dieses Absatzes: "Zu ihm passte das Licht einfach nicht" Das könnte echt von Yu Kanda höchstpersönlich stammen. Und klingt einfach toll *_*
Auch, als Lavi und Kanda sich ihren Weg durch Kälte und Schnee erkämpfen müssen beschreibst du die Gefühle der beiden wirklich fantastisch gut. Zum Beispiel als du Kanda's "Vorsichtsmaßnahmen" beschreibst, mit denen er versucht seine Schmerzen vor Lavi zu verbergen. Daran sieht man echt gut, wie toll du dich in die Personen in eben genau solchen Ausnahmesituationen hineinfühlen kannst, und zwar sogar in zwei so unterschiedliche Menschen wie Lavi und Kanda (auch Komuis Handeln passt absolut zu seinem Charakter und der Situation)
Zudem berücksichtigst du Lavis Aufmerksamkeit, die er als Bookman ja braucht. Er bemerkt die Veränderung in Kandas Gangweise, wie du es so schön beschreibst. Das zeugt von seiner scharfen Beobachtungsgabe, schließlich verhält Kanda sich nicht plötzlich anders, sondern schleichend im Laufe des Weges. Großes Lob auch hierfür!
Die wärmende Umarmung später ist einfach süß! Da schlagen Shonen-Ai-Fangirl-Herzen höher, wenn man so was liest. Echt gut, wie du von dramatischeren Szenen zu romantischeren wechselst, dabei aber die Atmosphäre der Geschichte behälst.
So, und was soll ich jetzt meckern? òO Ich kann mich eigentlich nur darüber beschweren, das ich nichts zum kritisieren finde! Wie gemein... ^^
Tja, da bleibt also nur zu sagen:
Weiter so (hoffentlich bald, es ist grad mega-spannend!!)
Inu
Von: abgemeldet
2009-04-27T20:53:45+00:00 27.04.2009 22:53
Ich mag die FF jetzt nochmehr..
Die Art wie du Kanda´s Inneres beschreibst gefällt mir, ich bin echt gespannt was noch so kommen wird.


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