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The world ends with you

von

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Chapter One: Legend/Prolog

„Eine Welt, geteilt in Hell und Dunkel. Links herrscht der Tag, rechts die Nacht. Zwei Gegensätze, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Man sagt: Einst... einst lebten Tag und Nacht in Harmonie zusammen. Doch durch die Sünden der Menschen gerieten auch der Tag und die Nacht in Streit und sie beschlossen nicht mehr zusammen zu arbeiten. Und da niemand der beiden nachgeben wollte, wurde die Welt in zwei Teile geteilt. Auf der einen Seite herrschte der Tag und auf der anderen Seite die Nacht. Der Tag verdunkelte sich nur, wenn graue Wolken aufkamen, und die Nacht wurde nur von dem Vollmond erhellt.

Denn das Wetter, der Mond und auch die Sterne hielten sich aus diesem Streit heraus.“
 

So wird es seit jeher erzählt.

Was genau diese Sünde der Menschen war, das weiß ich nicht. Doch keiner mehr versucht seitdem, dieses Schicksal zu ändern. Wir alle sind gefangen. Entweder von dem Tag oder von der Nacht...

Chapter Two: Medane

Medane saß in ihrem Zimmer am Fenster und sah hinaus. Sie blickte hoch in den klaren Sternenhimmel, doch noch mehr als die Sterne, beeindruckte sie der Vollmond. Denn wenn der Vollmond schien, war es die einzige Zeit, in der es hell war.

Medane liebte es, in genau solchen Nächten spazieren zu gehen. Sie konnte es nie erwarten bis es endlich wieder so weit war. Mit jeder Vollmondnacht wünschte sie sich, dass das Licht bleiben würde, doch der Vollmond folgte seinem Rhythmus und nahm von Nacht zu Nacht wieder ab, und damit auch das Licht. Und bei Neumond, bei Neumond hatte die Nacht ihren tiefsten und dunkelsten Punkt erreicht.

Sie stand auf und trat zum Spiegel, welcher über einer kleinen Kommode hing. Links und rechts neben dem Spiegel waren Lampen angebracht, denn selbst bei Vollmondnächten war es im Zimmer zu dunkel, um irgendetwas zu tun.

Die Lampen waren immer an, erst wenn sie schlafen ging, wurden die Lichter gelöscht. Doch diese beiden Lampen waren nicht die einzigen Lichtquellen.

Medanes Zimmer war nicht sonderlich groß. In dem quadratischen Raum stand ihr Bett links direkt unter dem Fenster. Rechts neben dem Bett stand die Kommode mit dem Spiegel, gegenüber von Bett befand sich der Schreibtisch und links davon ein alter Kleiderschrank. Alle Möbelstücke waren aus dunklem Holz und alt, welche dadurch nicht gerade die Helligkeit des Zimmers steigerten. Am Bett, am Schreibtisch und oben an der weißen Decke befanden sich weitere Lampen, zur Sicherheit, falls mal eine davon kaputtgehen sollte.

Aber nicht nur in ihrem Zimmer, sondern im ganzen Haus, ja gar in der ganzen Stadt waren etliche Lampen angebracht. Ohne sie würden sie in der ständigen Dunkelheit der Nacht leben, denn Medane gehörte zu dem Teil der Menschen, welche auf der Nachtseite weilten. Kein einziger Sonnenstrahl fand ihren Weg in diese Finsternis.

Medane betrachtete sich im Spiegel. Ihr braunes und glattes Haar hatte sie zu einem Zopf gebunden, welchen sie nun jedoch löste und ihr langes Haar somit über ihre Schultern fiel. Ihre eisblauen Augen verloren in dem Dämmerlicht ihres Zimmers ein Teil ihrer Wirkung, sie wirkten im Moment schon beinahe grau. Für ihr alter von 17 Jahren war Medane mittelgroß und schlank, ihren Körper bedeckte ein langes ärmelloses weißes Kleid.

Sie trug dieses Kleid immer wenn Vollmond war, so fühlte sie sich dem Licht ein bisschen näher, denn fast all ihre Kleidung war schwarz oder grau. Bunte oder weiße Kleider waren selten bei ihnen zu finden, wegen der Dunkelheit hatten fast alle Menschen den Sinn von heller und bunter Kleidung verloren.

Sie entfernte sich vom Spiegel und ging zu ihrem Schrank rüber, welchen sie öffnete. Sie holte einen schwarzen Umhang hervor und zog sich diesen über. Im Moment war bei ihnen Winter und Schnee bedeckte Straßen und Häuser, weswegen es kühl war. Sie verließ ihr Zimmer und ging leise die Treppen runter, ehe sie hinaus in die Dunkelheit verschwand.

Leise knirschte der Schnee unter ihren Füßen als sie den kleinen Weg entlang ging, der aus der Stadt führte. Noch war der Weg erhellt von unzähligen Straßenlaternen die rund um die Uhr an waren. Doch bald würde der Weg sie aus der Stadt führen, hinein in ein dunkles Gebirge. Und je weiter sie gehen würde, desto dunkler würde es werden, denn nach und nach würden die Laternen verschwinden und nach einigen Minuten würde nur noch der Vollmond den mittlerweile kleinen Trampelpfad erhellen.

Sie ging gerne hier herauf, denn auf der anderen Seite des Gebirges war die Grenze. Die Grenze, welche sie von dem Tag abschirmte und sie hier in der Dunkelheit gefangen hielt. Wie sehr sehnte sie sich, einmal, wenigstens einmal den Tag zu erleben, Sonnenstrahlen auf ihrer Haut zu spüren. Doch es war verboten. Es war verboten die Grenze zu überqueren. Derjenige, der dies tat, dem drohte die Todesstrafe. Dieses Gesetz war angeblich entstanden, um weiteren Krieg zu verhindern. Aber Medane glaubte nicht daran. Sicher spielte Krieg eine Rolle, aber nur eine kleine. Denn nur wenn jeder auf seiner Seite blieb, konnten sie sie am besten kontrollieren. Es war übersichtlicher, sicherer.

Die Feindschaft herrschte schon so lange zwischen ihnen, sie wusste noch nicht mal genau wieso, aber keiner wollte seinen Hass ablegen. Und die, die die Nacht und den Tag regierten, würden das auch nicht zulassen. Von Generation zu Generation wurde der Hass untereinander geschürt.

Medane hatte es nie verstanden.

Am Stadtrand blieb Medane noch einmal stehen und sah sich um. Es wurde nicht gern gesehen, wenn man sich in die Nähe der Grenze begab, weswegen sie vorsichtig war. Prüfend ließ sie ihren Blick die Straße zurück gleiten, doch konnte sie niemanden entdecken. Auch war es still. Nirgendwo war das Knirschen des Schnees zuhören, keine Stimme erhob sich in der Dunkelheit. Ein kleines Lächeln umspielte ihre Lippen, ehe sie sich umdrehte und den Weg in das Gebirge hinaufeilte.

Der schmale Pfad führte immer weiter von den Lichtern der Stadt weg. Nachdem sie einige Minuten stetig bergauf gegangen war, umgeben von vereinzelten kahlen Bäumen und Sträuchern, erreichte sie eine kleine schneebedeckte Plattform. Medane sog die kalte Luft schnell in ihre Lungen, auch wenn sie diesen Weg einmal im Monat ging, kostete es doch immer von neuem Anstrengung hier hinauf zu kommen.

Doch schnell war der Gedanke an den mühsamen Weg verflogen, da sich ihr ein atemberaubender Anblick bot. Der ganze Schnee, der auf der Plattform lag, glänzte in dem hellen Licht des Vollmondes. Es war, als wäre sie in einer anderen Welt. Alles wirkte so friedlich, so ruhig.

Medane wandte ihren Blick von dem Schnee ab und sah hoch in den Himmel. Die Sterne glitzerten neben dem hell erleuchteten Vollmond.

„Wenn es doch nur immer so bleiben könnte.“

Ein kleiner Seufzer entrann ihrer Kehle. Es war ein Wunsch, der sich nie erfüllen würde. Doch schob sie die Gedanken beiseite, darüber traurig sein würde sie später auch noch können. Jetzt wollte sie erstmal diesen Anblick genießen und sich wenigstens für einpaar Stunden frei fühlen.
 

Medane ließ ihren Umhang fallen und begann zu Tanzen, während ein leises Lied über ihre Lippen kam:
 

All is white, it snows in the night.

Everything is cold

So cold outside
 

I am looking at the snow,

And no one is here,

Just me, just me
 

I want to live in paradise

I want to feel the sun

I want to live in paradise

I want to live in paradise

Chapter Three: Schia

Chapter Three: Schia
 

Leicht keuchend kämpfte sich der blondhaarige junge Mann den Pfad hinauf. Seine grünen Augen waren auf den Weg vor sich gerichtet, jedoch schaute er immer wieder mal auf und ließ seinen Blick schweifen, so, als hätte er Angst, dass noch jemand hier war.

Obwohl er schlank und ziemlich durchtrainiert war, war es nicht leicht, den steilen Weg hinauf zu gehen. Er musste vorsichtig sein, aufpassen nicht auszurutschen, es hatte vor kurzem noch geregnet und der Pfad, der recht steinig war, war dadurch ziemlich glatt geworden.

Endlich erreichte er die Felswand oben bei dem Gebirge und blieb dort nach Atem ringend stehen. Er lehnte sich gegen die kühle Wand und schloss für einen Moment die Augen. Alles um ihn herum war still. Nur ab und zu konnte er in weiterer Ferne einen Vogel hören. Doch plötzlich drang ein weiteres Geräusch an seine Ohren. Es klang wie eine Stimme.

Er sah sich um, konnte aber niemanden entdecken, weswegen er angestrengter lauschte. Er konnte erkennen, dass die Stimme zu einer Frau gehörte, eine liebliche und sanfte Stimme.

Langsam ging er die Steinwand nach rechts entlang, den lieblichen Tönen folgend. Je weiter er ging, desto besser konnte er die Stimme hören. Er ging weiter bis er an einer Spalte in der Felswand stehen blieb. Hieraus konnte er die Frau am deutlichsten vernehmen.

Neugierig musterte er die Spalte. Sie schien groß genug zu sein, um sich hindurchquetschen zu können. Einen Moment zögerte er noch, doch wollte er wissen, wer sich um diese Zeit hier noch rumtrieb und sang. Somit machte er sich auf den Weg die Spalte zu durchqueren.

Er hatte nicht gewusst, dass diese Spalte hier überhaupt existierte, obwohl er sich hier doch recht gut auskannte. Vielleicht war sie beim letzten Erdbeben entstanden, welches vor einigen Tagen war? Er zwängte sich weiter durch und ihm kam es vor, als würde er eine Ewigkeit weiterlaufen, ehe er etwas Licht sehen konnte. Endlich hatte er die andere Seite erreicht und holte erstmal tief Luft als er sich aus der Spalte hinaus gequetscht hatte.

Er ließ seinen Blick schweifen und stellte fest, dass er auf einer kleinen verschneiten Plattform stand. Seine Augen weiteten sich ein wenig. Dieses schwache Licht, welches anscheinend von Vollmond kam, der Schnee, der hier lag und ansonsten die tiefe Dunkelheit. Das alles konnte nur eins bedeuten. Er musste gerade die Grenze überschritten haben. Er musste in der Nacht sein.
 

Die Stimme der Frau riss ihn aus seiner Starre und er ging zum Rand der Plattform. Unter ihm befand sich eine weitaus größere Plattform, ebenfalls mit Schnee bedeckt.

Und dort sah er sie. Eine junge Frau, gehüllt in ein weißes Kleid, welches sich an ihren tanzenden und schlanken Körper anschmiegte, aber sich auch spielend mit dem Wind und ihren fließenden Schritten bewegte. Ihr langes braunes Haar wehte leicht wenn sie sich drehte. Sie schien in dem Vollmondlicht regelrecht zu strahlen. Die sanften Klänge ihrer Stimme drangen zu ihm hoch. Von dem Anblick gefesselt, merkte er zu spät, dass der Rand der Plattform bröcklig geworden war und nun unter seinem Gewicht nachgab.
 

Das dumpfe, aber dennoch laute Geräusch seines Aufpralles in den Schnee, ließ die Frau verstummen. Er konnte das Knirschen des Schnees hören, doch war er noch etwas zu benommen, um genaueres ausmachen zu können. Er öffnete die Augen und sah eine leicht verschwommne Gestalt vor sich. Hauptsächlich erkannte er das dunkle Haar und ansonsten strahlte die Gestalt in weiß.

„Bist du ein Engel..?“ fragte er leise, aber dennoch deutlich. Die Gestalt lachte leise.
 

Er wusste nicht, wie lange er weggetreten war, doch als er die Augen zum zweiten Mal öffnete, blickte er in das hübsche Gesicht einer jungen Frau. Sie sah auf ihn herab und lächelte.

„Endlich bist du wach, ich dachte schon, dass du gar nicht mehr aufwachst. Ist alles okay?“

Er wusste nicht wer sie war, doch erkannte er ihre Stimme. Sie war die Frau, die er hatte singen hören. Erst jetzt viel ihm wieder ein, was passiert war. Er war von diesem Vorsprung gefallen, nachdem er dem Gesang durch die Spalte des Gebirges gefolgt war.

„Ja.. ja ich denke schon. Der Schnee muss den Aufprall abgefangen haben und so hoch war es ja nicht.“

Er setzte sich auf und merkte, dass sie seinen Kopf in ihren Schoß gebettet hatte. Eine leichte Röte trat auf seine Wangen.

„So ein Glück! Du hast mir wirklich einen Schrecken eingejagt. Ich bin Medane!“

Sie lächelte ihn an und stand dann auch auf, klopfte sich etwas den Schnee von dem Kleid.
 

„Schia. Ich heiße Schia.“

Chapter Four: Zackery

Chapter Four: Zackery
 

Zackery war einer der wenigen Menschen, der in fast allem irgendetwas Gutes sah. Er war durch und durch ein Optimist. Die meisten konnten sein fröhliches Gemüt nicht nachvollziehen, denn auch in ernsten Lagen verlor er nie sein Lächeln.

Seiner Meinung nach konnte man Menschen am besten helfen, wenn man lächelte. Darüber hinaus war das Leben viel zu schön, um einfach nur ständig Trübsal zu blasen. Mit einem Lächeln kam man einfach immer weiter.

Zackery war ziemlich beliebt, nicht nur wegen seines fröhlichen Charakters, sondern auch wegen seinem Aussehen. Er war ein großer junger und stattlicher Mann, gut gebaut, pechschwarzes Haar und strahlend blaue Augen. Seine Gesichtszüge waren fein und wirkten durch das ständige Lächeln, welches er auf seinen schmalen Lippen trug, beinahe weich.
 

Er strich sich durch sein strubbeliges Haar, während sein Blick durch das Zimmer schweifte. Mal wieder war er nicht da. Zackery seufzte ein wenig und ließ sich auf das Bett fallen.

Wie er es gewohnt war, war das Zimmer seines Mitbewohners aufgeräumt und ordentlich. Dieser Raum war etwas kleiner als sein eigenes Zimmer, aber dafür um einiges sauberer. In den Regalen, die auf der linken Seite über dem Bett und über dem Schreibtisch hingen, waren eine Menge Bücher gestapelt. Im Gegensatz zu ihm waren es auch wirklich Bücher, seine Regale waren voll mit Comics oder anderem Kleinkram.

Auf dem Schreibtisch standen noch mehr Bücher, daneben lagen geordnet einige Stifte und Papier. Auf der anderen Seite des Zimmers stand ein Kleiderschrank und Zackery war sich sicher, würde er ihn öffnen, wären auch dort all die Sachen geordnet. Selbst das Bett war gemacht, obwohl es im Moment nicht mehr wirklich danach aussah, denn er hatte es sich schön gemütlich darin gemacht. Auch war es noch strahlend hell im Zimmer, niemand hatte die Rollladen runtergelassen. Da die Sonne eigentlich fast permanent schien, außer, wenn es vielleicht mal regnete, gab es so gut wie keine Lampen hier. In der ganzen Wohnung waren es mal gerade vier Lampen, die sie besaßen.

Dennoch war er besorgt. Es kam immer öfter vor, das sein Mitbewohner nachts, wenn man das denn hier so nennen konnte, ohne ein Wort verschwand. Sicherlich hatte er seine Gründe dafür, aber Zackery wäre dennoch froh, wenn er ihm Bescheid geben würde. Schließlich waren sie beste Freunde, und das schon von klein auf.

Wenn man sie beiden beschreiben würde, wäre wohl Tag und Nacht genau das richtige. Sie waren von Grund auf verschieden, aber dennoch waren sie schon immer unzertrennlich gewesen. Zackery würde alles für seinen besten Freund tun, vor allem, da der andere sonst niemanden außer ihm hatte. Aber das war egal. Sie machten eh alles zusammen, da brauchten sie sowieso niemanden anderen.

Zackery schaute hoch zur Decke.

„Ach Schia, wo treibst du dich nur wieder rum?“

Chapter Five: Nachtgeflüster

Als Schia von der Plattform gefallen war, hatte Medane einen ganz schönen Schreck bekommen. Doch schon bei dem ersten Blick auf den jungen Mann hatte sie erkannt, dass er von der anderen Seite kommen musste. Er hatte auffälliges blondes Haar, seine Haut war leicht gebräunt, was durch sein weißes Hemd und dem weißen Schnee noch hervorgehoben wurde. Einen Moment hatte sie gezögert, doch war sie dann zu ihm gegangen. Selbst wenn er von der Seite des Tages war, musste sie sich vergewissern, ob er okay war.

Ein wenig besorgt sah sie auf ihn herab, doch als sie seine Worte gehört hatte, musste sie lachen. Sie und ein Engel? Er musste wohl auf den Kopf gefallen sein. Doch bevor sie etwas darauf erwidern konnte, war er schon weggetreten.

Flüchtig hatte sie nach Wunden gesucht, doch er schien soweit in Ordnung zu sein. So hatte sie sich zu ihm gesetzt und seinen Kopf vorsichtig in ihren Schoß gelegt. Alleine hätte sie ihn nie hier runter bekommen, so hatte sie nur hoffen können, dass er bald aufwachen würde.

Allzu lange hatte es dann auch nicht gedauert, als der Fremde seine Augen zum zweiten Mal öffnete. Medane war verdammt neugierig wieso er hier war und wie er eben so über das Gebirge hatte kommen können. Schon immer hatte sie jemanden treffen wollen, der von der Seite des Tages kam. Sicher würde er ihr viel erzählen können, wie es drüben so war, wie es ist, im Sonnenlicht zu stehen, die Strahlen auf der Haut fühlen zu können. Am liebsten würde sie ihn gleich mit ihren Fragen bombardieren.

Aber sie wollte nicht unhöflich sein, weswegen sie zuerst nach seinem Wohlbefinden fragte und sich dann vorstellte.

Schia, was für ein außergewöhnlicher Name! Dachte sich Medane und musste Lächeln.

„Du kommst von drüben, nicht wahr? Wie bist du über das Gebirge gekommen?“ Neugier blitzte in ihren Augen als sie Schia ansah.

Schia, der nun ebenfalls aufstand und sich den Schnee von seiner dunklen Hose klopfte, schaute zu ihr rüber, deutete dann aber nach oben. „Dort oben.. ist eine Spalte. Gerade groß genug damit ich mich hindurchquetschen konnte. Ich habe sie gefunden, weil ich dich singen gehört habe.“

„Eine Spalte?“ Medanes Augen wurden größer. Es gab also einen Durchgang! Das war ihre Chance!

„Nimm mich mit!“ Sie ergriff Schia am Arm. „Nimm mich mit rüber! Ich will den Tag sehen!“

Etwas überrumpelt sah er sie an.

„Dich mitnehmen? Ich weiß nicht ob das klug ist. Es ist verboten.. eigentlich dürfte ich auch gar nicht hier sein. Ich hätte nicht gedacht, dass ich bis in die Nacht hindurch käme.“ Meinte er leise und sah etwas schüchtern zu ihr.

In ihren großen strahlenden Augen glänzte der Vollmond in voller Pracht. Wahrscheinlich hätte selbst ein Blinder den Wunsch in ihren Augen ablesen können.

„Komm schon Schia! Nur ein einziges Mal! Dann zeige ich dir auch meine Welt! Du kannst auch gar nicht ablehnen, schließlich habe ich dir nach deinem Sturz geholfen, ich habe etwas gut bei dir!“ Sie lächelte ihn freundlich an und faltete die Hände hinter dem Rücken zusammen.

„A-aber..“ Er sah sie an und ließ seufzend den Kopf hängen. Das hatte er nun davon, dass er seiner Neugier gefolgt war.

„Okay okay... einmal werde ich dich mitnehmen! Aber zuerst will ich was von hier sehen, wenn ich doch eh schon mal da bin.“

Medane nickte auf dieses Angebot eifrig.

„Okay, abgemacht!“
 

Lächelnd ergriff sie seine Hand und zerrte ihn ein Stückchen weiter hinab. Schüchtern folgte er ihr.

„Besonders viel gibt es hier nicht zu sehen, wegen der Dunkelheit. Wir haben keine schönen Landschaften oder dergleichen. Bei uns gibt es auch nur eine Blume! Wir nennen sie Eisblumen! Aber sie ist anders als die normalen Blumen. Weißt du, wir haben hier so gut wie keine bunten Farben.. eigentlich ist hier nur alles schwarz, weiß oder grau. Deswegen wirkt hier auch alles so trostlos. Aber die Farben würde man in der Dunkelheit sowieso nicht so gut sehen. Deswegen mag ich das Licht auch so gerne! Das Licht spiegelt all die schönen Farben wieder! “

Medane blieb stehen und ließ seine Hand los, kniete sich auf den Boden und wischte mit ihrer Hand etwas Schnee hinweg. Zum Vorschein kamen kleine Blumen. Sie waren Kristallfarbend und das Licht des Vollmonds spiegelte sich in ihnen.

Sie sah lächelnd auf sie hinab, ehe sie eine der Eisblumen pflückte und damit zu Schia ging.

„Am schönsten sind sie, wenn der Vollmond scheint. Sowie diese Nacht. Dennoch wünschte ich mir, wir hätten auch richtig Blumen hier, so wie die, die ich aus den Büchern kenne. Ich liebe diese ganzen schönen Farben!“

Vorsichtig befestigte sie die Blume in Schias Brusttasche.
 

Schia sah auf die kleinen Blumen, die von dem Schnee verdeckt worden waren. Solche Blumen hatte er noch nie gesehen, anscheinend gab es sie wohl nur auf dieser Seite. Sie glänzten paradiesisch in dem Glanze des Mondes, doch Medane tat es auch. Er konnte nicht leugnen, dass er sie attraktiv fand, ja regelrecht anziehend. Ihr dunkles Haar stellte einen schönen Kontrast zu ihrer hellen Haut dar. Ihre Augen fesselten einen regelrecht, während ihre roten Lippen ein wunderschönes Lächeln beherbergten.

Er wurde aus seiner Träumerei gerissen, als Medane zu ihm kam und ihm die Eisblume ansteckte. Erneut merkte er, wie ihm die Hitze in die Wangen stieg.

Er schaute auf die Blume an seiner Tasche, ehe er zu ihr sah.

„Uhmm.. danke..“
 

Medane lächelte.

„Komm mit Schia! Noch gibt es einpaar Sachen, die ich dir zeigen möchte!“

Und schon ging sie weiter, folgte dem schmalen Pfad, den sie zuvor herauf gekommen war, wieder ein Stückchen nach unten. Jedoch ging sie nicht den ganzen Weg zurück, sondern bog schon nach einigen Metern links ab und folgte einem weiteren kleinen Trampelpfad.

„Sag mal Schia, wie alt bist du eigentlich? Und wie vertreibst du dir drüben so die Zeit?“ Neugierigen Blickes sah sie zu ihm rüber.
 

„Ich bin 19.. und was ich so mache.. na ja nicht viel. Nachdem ich die Schule fertig gemacht habe, bin ich mit meinem besten Freund Zackery zusammen gezogen und wir sind gemeinsam zur Armee gegangen. Aber das Militär scheint ihm mehr zu liegen als mir.“

Er zuckte leicht mit den Schultern und schaute sie an.

„Das du nur zwei Jahre älter bist als ich..“ meinte sie leise lachend. „Das hätte ich nicht gedacht. Und dann auch noch bei der Armee. Hattest du denn keinen anderen Berufswunsch?“

„Nein.. eigentlich nicht. Ich war mir noch nie so wirklich sicher, was ich mit meinem Leben anfangen soll. Zackery hat mich überredet mit zum Militär zu gehen und irgendwie war dies auch eine Notlösung, sonst hätte ich wohl gar nichts getan.“ Schia war beim Reden ein wenig leiser geworden. Anscheinend sprach er nicht gerne über seine Zukunftspläne.

So beließ Medane es dabei und fragte nicht weiter nach, sondern nickte nur.

Eine Zeit lang war es still zwischen ihnen, doch bald darauf erreichten sie einen kleinen Platz. Überall standen Überreste von alten zerfallenen Gebäuden, man konnte nur noch ansatzweise erahnen, dass hier Häuser gestanden hatten. Das einzige, was noch gut erhalten zu sein schien, war ein alter Brunnen, der in der Mitte der Trümmer stand. Er war an manchen Stellen rissig und bröcklig, aber dafür noch ganz.
 

„Was ist das für ein Ort?“ Schia sah sich interessiert um, während Medane zum Brunnen rüber ging.

„Einer meiner Lieblingsorte. Es heißt, dies hier soll mal eine Stadt gewesen sein, indem Tag- und Nachtmenschen zusammen gelebt haben. Gemeinsam.. friedlich, glücklich. Vor hunderten von Jahren. Kannst du dir das vorstellen Schia? Das so eine Welt mal wirklich existiert haben soll? Wenn ich mir unsere Welt so ansehe, dann kann ich das kaum glauben. Eine Zeit, in der sich der Tag und die Nacht abgewechselt haben sollen.. eine Zeit, in der sich die Menschen nicht untereinander gehasst haben. Eine gewaltfreie, schöne Zeit.. es klingt wie ein Traum.“

Schia blickte zu ihr als sie zu reden begann und obwohl nur der Vollmond diesen Platz erhellte, konnte er den sehnsüchtigen Blick nach genau so einer Welt wie sie früher existiert haben soll, in ihren Augen sehen. Er strich sich etwas durchs Haar.

„Ehrlich gesagt, kann ich es mir nicht vorstellen. Diese Geschichte ist doch wahrscheinlich nichts als nur eine Legende und selbst wenn sie wahr sein sollte, so ist diese Zeit vergangen und sie wird nicht wieder kommen. Wir leben im Jetzt und die jetzige Situation sieht nun mal so aus. Daran können wir nichts ändern.“
 

Bei Schias Worten konnte Medane nur leise seufzen. „Weißt du Schia.. fast alle Menschen denken so wie du. Und ich glaube, dass genau das der Grund ist, wieso wir alle so gefangen sind. Weil keiner mehr träumt, weil keiner es mehr versucht. Keiner traut sich irgendwas zu ändern, noch zu hoffen, dass alles noch einmal anders werden könnte.“

Sie trat auf ihn zu und schaute ihm direkt in die Augen.

„Doch als du auf die Seite gekommen bist, das war wie ein Zeichen für mich! Es muss doch möglich sein Schia! Ich will nicht mehr länger eine Gefangene dieser Gesellschaft, eine Gefangene der Nacht sein! Ich will frei sein! Wieso kann das denn keiner verstehen? Wieso bin ich die Einzige die so denkt? So wie es im Moment ist, so kann es doch nicht gut sein, so kann es doch nicht bleiben!“

Sie merkte, wie Schia ihrem Blick auswich. Für einen Moment glaubte sie, dass er dazu gar nichts mehr sagen wollte, doch er drehte sich von ihr weg und sah zu Boden, ehe er antwortete.

„Keiner kann alleine kämpfen..“

Es war nicht schwer die Trauer und die Verbitterung aus diesen Worten zu hören. Einen Moment lang musterte Medane ihn und kam dann zu dem Entschluss, dass er unbedingt aufgemuntert werden musste.

„Okay gut, dann kämpfe ich nicht alleine, sondern mit dir. Dann sind wir schon zwei! Dann muss keiner mehr von uns beiden alleine kämpfen.“
 

Verdutzt sah er sie an.

„Wer sagt denn, dass ich kämpfe? Nur weil ich beim Militär bin, heißt es nicht-“

„Nein, das meine ich auch nicht. Ich rede nicht von Kämpfen der Armee, sondern von einem ganz anderen Kampf.“

Mit einem geheimnisvollen Lächeln tippte sie ihm auf die Brust, genau dorthin, wo er sein Herz, schneller schlagend als sonst, spüren konnte. Verwirrt betrachtete er sie, doch wandte er dann erneut seinen Blick ab.

Schia verstand nicht genau, was sie damit gemeint hatte. Keinen Kampf unter Menschen, sondern..?

Seufzend schüttelte er ein wenig den Kopf, ehe er die Arme um seinen Körper schlank. Am Anfang war es ihm durch den Sturz gar nicht so bewusst geworden, doch so langsam merkte er immer mehr, wie kalt es hier auf der Seite der Nacht war. Aber was wunderte er sich auch?

Hier schien nirgends die Sonne, zudem war gerade Winter.

„Auf deiner Seite ist es wärmer, oder? Vielleicht sollten wir zurück, bevor du hier noch krank wirst. Aber einst musst du mir versprechen. Du musst kommen und mich abholen! Versprich mir, dass du wieder kommst, um mir deine Welt zu zeigen..“

„Ist versprochen...“

Wie hätte er dazu auch Nein sagen können? Wenn Medane ihn mit ihren großen Augen so sehnsüchtig ansah, konnte er einfach keinen Widerstand leisten.

„Wundervoll! Dann bringe ich dich jetzt zurück!“

Und schon ging sie wieder voraus auf den kleinen Weg, von dem sie gekommen waren.

„Das nächste Mal zeig ich dir dann was von unserer Stadt, okay?“ rief sie über die Schulter zu Schia hinüber.

Einen Moment sah er ihr einfach nur nach, fühlte sich irgendwie ein wenig überrumpelt von ihr und wollte gar nicht wissen, was sein bester Freund dazu wohl sagen würde. Dennoch folgte er ihr.
 

Nach einigen Minuten erreichten sie die Plattform, auf der sie sich zum ersten Mal getroffen hatten. Erwartungsvoll wandte sich Medane an Schia.

„Und du kommst morgen wirklich? Ich werde hier warten und wehe du wirst nicht kommen!“

„Keine Sorge, keine Sorge! Ich werde morgen aufjedenfall kommen. Wenn ich ein versprechen gebe, dann halte ich es auch.“

Lächelnd nickte Medane.

„Gut, dann glaube ich dir!“

Sie musterte ihn noch einmal ein wenig, ehe sie ihm durch sein blondes Haar wuschelte und lachte.

„Bis morgen Schia!“

Strahlend vor Freude rannte sie den Weg hinab, beflügelt dadurch, dass morgen ihr Traum in Erfüllung gehen würde. Heute würde sie sicher kein Auge mehr zubekommen.

Chapter Six: Meet me

Nachdem sich Schia von Medane verabschiedet hatte, war er durch den Spalt wieder unbemerkt auf seine Seite gekommen. In Gedanken versunken schloss er die Tür seiner WG auf und warf den Schlüssel auf den Wohnzimmertisch. Kurz ließ er seinen Blick ein wenig abwesend durch den schmalen Raum gleiten.

In der Mitte des Zimmers stand ein altes schwarzes Sofa, davor der kleine helle Tisch und weil Zack mal wieder nicht aufgeräumt hatte, darauf ein Glas und einige Süßigkeiten.

Hinter dem Sofa befand sich eine kleine Küche, welche wenigstens aufgeräumt war. Sie bot gerade genug Platz, damit einer hinter dem kleinen alten Herd kochen konnte.

Auf Zackerys Wunsch hin hatten sie die Küche grün gestrichen, um sie ein wenig aufzupeppen. Grün war Zackerys Lieblingsfarbe und als dieser ihn so bettelnd angesehen hatte, hatte er seinen Wunsch nicht abschlagen können.

In solchen Sachen war Schia einfach immer zu nachgiebig. Doch am Ende gefiel ihm das Grün an der Küche dann doch ganz gut und Zackery hatte vor Freude richtig gestrahlt, weswegen es sich am Ende so oder so gelohnt hatte.

Über dem Herd befanden sich zwei kleinere Schränke, ebenfalls grün, in dem Tassen, Teller und dergleichen aufbewahrt wurden. Da sie beide eh immer abwechselnd kochten, störte es keinen von beiden, nicht mehr als diesen kleinen Herd mit dem Backofen, dem einen Schrank für die Töpfe daneben, die Schublade für das Besteck oben darüber und die Schränke oberhalb des Herdes zu besitzen.

Ansonsten war das Wohnzimmer recht spärlich eingerichtet worden, sie hatten noch einen Schrank, indem hauptsächlich Bücher von Schia drin standen und einige Kleinigkeiten von Zackery.

Schia ging gerade Wegs am Sofa vorbei und weiter zu seinem Zimmer. Überrascht schaute er auf, als er seinen Mitbewohner in seinem Bett liegen sah, anscheinend schlafend.

Seufzend ging er zum Bett rüber und schaute Zackery an.

„Hey.. hast du kein eigenes Bett oder was?“

Von seinem Gegenüber kam keine Antwort. Das war ja mal wieder so typisch. Doch Schia war müde, auch wenn es draußen hell war, war es dennoch schon verdammt spät.

„Zack.. hey Zackery nun wach schon endlich auf!“

Sachte rüttelte er ihn ein wenig an der Schulter. Langsam machte Zackery seine Augen auf und blinzelte ein wenig, ehe er erkannte, dass Schia endlich wieder zurück war.

„Schia!“ rief er fröhlich aus und sprang mit einem Mal auf, um ihn zu begrüßen. Von dieser stürmischen Attacke wurde Schia regelrecht umgeworfen und fand sich mit seinem besten Freund am Boden wieder. Er hatte ganz vergessen wie anhänglich Zackery sein konnte.
 

Eigentlich hatte Zackery Schia nicht gleich umwerfen wollen, aber seiner Meinung nach konnten sie auch hier unten auf dem Boden reden. Grinsend sah er Schia an und wuschelte ihm dann auch wild durchs Haar.

„Okay! Wer ist sie? Ich will alles wissen!“ meinte er aufgeregt und setzte sich vor Schia im Schneidersitz.

„Wie kommst du denn darauf, dass ich mit einem Mädchen weg war?“

Zackery begann zu Grinsen.

„Ganz einfach, wegen dem und dem!“

Immer noch grinsend hatte er auf Schias Mundwinkel und auf seine Wange getippt.

„Normalerweise läufst du immer mit so einem Grummelgesicht rum, aber jetzt sieht es ja schon fast wie ein Lächeln aus!“

Lächelnd versuchte er dann Schia vorzumachen, wie grummelig er immer drein schaute, doch gelang es ihm nicht mal ansatzweise, da er über sich selber Lachen musste.

Auch Schia konnte es sich nicht verkneifen, leise zu Lachen, Zack sah mal wieder zum schießen aus und sein Lachen war ziemlich ansteckend.

„Also.. los! Nun erzähl endlich!“
 

Schia sah seinen besten Freund an und nickte dann auch, Zackery würde eh keine Ruhe geben. Etwas verlegen kratzte er sich am Hinterkopf.

„Na ja.. was soll ich großartiges sagen. Ich habe sie heute kennen gelernt. Sie heißt Medane. Langes braunes Haar, schneeweiße Haut, große eisblaue Augen... so jemanden wie sie habe ich zuvor noch nie gesehen. Sie scheint perfekt zu sein, wie ein Engel.“

„Da hat es ja jemanden echt erwischt!“ meinte Zackery grinsend und klopfte Schia auf die Schulter.

„Ich freu mich für dich Schia! Ich dachte ich würde diesen Tag nie erleben an dem du dich verliebst!“

Schia wurde durch seine Worte rot, was Zackery jedoch nur liebevoll lächeln ließ.

„Das stimmt doch gar nicht.. außerdem kann ich das eh vergessen. Sie.. sie gehört zur Nacht.“

„Wie jetzt? Zur Nacht? Wie hast du das denn schon wieder hinbekommen? Wir sind doch von der Nacht abgegrenzt!“

Ein wenig seufzend berichtete Schia ihm über die Spalte die er gefunden hatte und wie er so auf die andere Seite gekommen war. Auch erzählte er ihm, wie sie ihm einen Teil ihrer Welt gezeigt hatte und wie sie sich für morgen erneut verabredet hatten.

„Hey, jetzt lass den Kopf nicht hängen Schia! Das kriegen wir schon hin! Auch wenn sie zur Nacht gehört, ich werde dafür Sorgen, dass euch keiner auf die Schliche kommt!“

Ich werde dafür sorgen, dass du endlich glücklich wirst.. fügte Zackery noch in Gedanken hinzu und legte Schia, welcher sich mittlerweile neben ihn gesetzt hatte, einen Arm um die Schulter.

Noch immer ein wenig mutlos, lächelte Schia ihn leicht an.

„Danke Zack..“

„Hey.. dafür sind Freunde doch schließlich da, oder nicht?“

Kurz drückte er Schia an sich, doch fiel sein Blick dann auf die Blume in dessen Brusttasche.

„Wow.. kommt die etwa von drüben?“

Neugierig musterte er die Eisblume.

„Ja.. Medane hat sie mir gegeben. Sie hat sie Eisblumen genannt.“

„Na dann mach mal, dass du sie ins Wasser stellst, sonst geht sie hier noch ein!“

Zackery nahm den Arm von Schia und stand auf.

„Und dann ab ins Bett mit dir, sonst kommt du morgen wieder nicht in die Pötte.“

Er reichte ihm die Hand und half ihm hoch auf die Beine.

„Zerbrich dir nicht den Kopf mein Kleiner, zusammen werden wir das alles schon hinkriegen und morgen wirst du ihr einen unvergesslichen Tag bereiten! Aber darüber reden wir morgen! Gute Nacht Schia...“

Lächelnd strich er ihm noch mal durchs Haar, ehe er das Zimmer verließ und Schia allein ließ.
 

„Gute Nacht Zackery...“

Schia sah ihm nach und ließ sich dann auf sein Bett fallen. Er schätzte sich wirklich glücklich, so jemanden wie Zack zu haben. Ohne zu zögern half er ihm einfach immer und setzte sich für ihn ein. Ohne ihn wäre er jetzt nicht was er war, denn als seine Eltern gestorben waren, war es bei ihm nur noch bergab gegangen.

Er war zwar noch ein kleiner Junge gewesen, doch hatte ihn dieser Schlag schwer getroffen. Er hatte sich zurückgezogen und sich dadurch angreifbar den anderen Kindern gegenüber gemacht. Er war gehänselt und ständig verprügelt worden.

Erst da hatte er Zackery kennen gelernt. Obwohl sie sich vorher noch nie gesehen hatten, hatte dieser sich für ihn mit den Typen geprügelt und sie erfolgreich verjagt. Er konnte sich daran erinnern als ob es gestern gewesen wäre.

Mit blutender Nase und einem geschwollenen Auge hatte er grinsend vor ihm gestanden.

„Sie werden dich ab jetzt in Ruhe lassen, denen hab ich es richtig gezeigt! Ich bin Zackery, aber du darfst mich auch Zack nennen!“

Seit diesem Tag waren sie unzertrennlich gewesen. Zackery hatte ihn vor allen verteidigt und seitdem wurde er dann auch in Ruhe gelassen.

Zack hatte ihn wegen seiner Eltern Trost gespendet und ihn immer wieder aufgemuntert und ermutigt. Er konnte nicht ahnen, wie sehr Schia ihm dankbar für das alles war, für all die Jahre in denen er für ihn da gewesen war.

Nicht nur Medane, nein auch Zack musste ein Engel sein.

Müde schloss er seine Augen. Zackery hatte Recht, es wurde echt Zeit ins Bett zu gehen, morgen würde sicher wieder ein anstrengender Tag auf ihn warten.

Dennoch kam er nicht darum herum noch einmal zu Lächeln, als er an diesen Tag dachte.
 

Am nächsten Morgen wurde Schia durch grelle Sonnenstrahlen geweckt, die direkt von dem Fenster in sein Gesicht schienen. Undeutlich konnte er eine Männerstimme vernehmen und plötzlich wurde ihm kalt. Laut murrend öffnete er die Augen und sah Zackery vor sich, mit der Decke in der Hand und mit einem kleinen Grinsen auf dem Gesicht.

„Nun komm schon du Schlafmütze! Zeit zum aufstehen!“

Schia sah, wie er die Rollladen noch ein Stück höher zog, ehe er ihm die Decke ins Gesicht warf und aus dem Zimmer ging.

Unzufrieden kämpfte er sich aus dem Bett und tapste ins Wohnzimmer, wo ihm schon der Geruch von Kaffee und Brötchen entgegen kam. Schia hatte nie verstehen können, wie sein bester Freund immer so früh wach sein konnte und vor allem wie man so früh nur so unfassbar gute Laune haben konnte. Wahrscheinlich würde er dies auch wohl nie begreifen.

Er setzte sich an den Tisch und gähnte herzhaft, nahm sich dann auch einer der beiden Tassen, die auf dem Tisch standen, und trank einen Schluck seines Kaffees.

„Guten Morgen mein kleiner Morgenmuffel!“ Zackery hatte sich zu ihm gesetzt und war schon dabei, sein Brötchen zu vertilgen.

„Morgen..“ nuschelte Schia und brauchte erstmal ein paar Minuten, ehe auch er sich ein Brötchen nahm und es langsam zu essen begann.

Das Frühstück verlief eigentlich wie jeden Tag. Zackery plapperte ihn munter zu, während Schia ihm noch müde zuhörte und sich langsam von dem Koffein wecken ließ. Da Zackery immer das Frühstück machte, räumte er dafür den Tisch ab und ging sich dann umziehen.
 

Für Schia zog sich der Tag endlos lange hin und er konnte es kaum erwarten, bis es endlich wieder spät war, sodass er sie wieder sehen konnte. Zackery besah sich Schias Hibbeligkeit nur zu gerne und fand sie belustigend, doch konnte er ihn auch gut verstehen.

Sie beide saßen in Schias Zimmer und Zackery musste zusehen, wie Schia sich nun zum fünften Mal ein anderes Hemd anzog. Leise lachte er.

„Du bist schlimmer als eine Frau. Nimm das, ich finde, das passt am besten zu dir!“

Zack war aufgesprungen und hielt Schia ein schwarzes Hemd hin.

Schia musterte das Hemd etwas skeptisch.

„Was meinst du damit es passt am besten zu mir? Wirkt das nicht irgendwie so.. ich weiß nicht.. depressiv, wenn ich mich mit ihr treffe und ganz in schwarz bin?“

„Ach Quatsch! Was redest du für einen Müll? Schwarz steht dir einfach und wirkt nicht depressiv.. du hast doch auch sonst nichts gegen schwarz.“

Etwas verlegen kratzte sich Schia am Hinterkopf.

„Na ja.. sie mag Farben..“ es war schon beinahe ein Flüstern von Schia.

Zackery musste Grinsen.

„Ach deswegen! Na das erklärt natürlich alles! Dennoch solltest du in schwarz gehen meiner Meinung nach. Buntes wird sie bei uns schließlich genug sehen. Denk dran, für sie wird alles neu hier sein, vielleicht wird sie zwischendurch etwas Dunkles brauchen, und dann bist du sofort zur Stelle!“

„Ähh.. meinst du echt Zack?“

Er bekam ein eifriges Nicken.

„Na klar, vertrau mir Schia!“

Lächelnd legte er seinem Freund einen Arm um die Schultern und strubbelte ihm etwas durchs Haar.
 

Nervös stand Schia vor der Spalte und sah in diese hinein. Zackery stand neben ihm und musterte die Spalte neugierig.

„Am liebsten würde ich ja mitkommen, ich würde die Nacht auch gerne mal sehen!“

Doch sie hatten abgemacht, dass Zackery hier Wache schob, während er rüber ging und Medane holte.

„Okay.. gut. Ich werde sie dann mal holen gehen. Warte hier.. ich werd mich beeilen..“

Schüchtern warf er noch einmal einen Blick in die Spalte und es viel ihm schwer, seine Nervosität zu verbergen, als er sich endlich aufraffen konnte, sich erneut bis zur anderen Seite durchzuquetschen.

Drüben angekommen, schaute er sich in wenig um und trat dann näher an den Rand der Plattform, dieses Mal aber aufpassend, dass er nicht noch einmal fiel, sah hinab und konnte sie dann auch schon sehen. Auf ihn wartend stand Medane unten und schaute hoch zum Mond.

Schia ging den schmalen Weg, der zu der größeren Plattform führte, hinab und blieb bei ihr stehen. Mit schüchterner Stimme grüßte er sie.
 

„Oh Schia!“ Lächelnd sah sie zu ihm, als sie seine Stimme vernommen hatte.

Da sie so aufgeregt war, war sie schon viel zu früh hier gewesen. Zuvor hatte sie Stunden damit verbracht, sich irgendwas zum Anziehen raus zu suchen, denn sie wusste nicht, was man auf der anderen Seite trug, doch am Ende hatte sie sich für das gleiche Kleid wie gestern entschieden. Doch obwohl sie so lange für ihre Garderobe beraucht hatte, war sie eine geschlagene Stunde zu früh da gewesen.

Medane war einfach zu aufgeregt und hatte nicht mehr still in ihrem Zimmer sitzen können.

„Können wir gehen Medane?“

Etwas verlegen hielt Schia ihr die Hand hin, da der Weg durch den Schnee ein wenig glatt war.

Mit einem Lächeln auf dem Gesicht ergriff Medane seine Hand und nickte.

„Ja..“

Vorsichtig ließ sie sich von ihm den Weg hochführen und oben abgekommen, ließ er ihre Hand los und schaute in die Felsspalte.

„Hier müssen wir durch, aber du brauchst keine Angst zu haben, du kannst nicht stecken bleiben oder dergleichen.“

Medane sah ihn an und nickte, ehe sie ihm durch die Spalte folgte. Mit jedem Schritt den sie tat, stieg ihre Aufregung. Sie war nur noch wenige Meter von ihrem großen Traum entfernt.

Endlich würde sie den Tag sehen können, all die bunten Farben, einen blauen Himmel. Sie würde die warmen Sonnenstrahlen spüren und andere Blumen riechen können.

Sie schaute nach vorne und konnte am Ende das helle Licht der Sonne sehen. Schia trat vor ihr heraus und reichte ihr erneut die Hand, welche sie ergriff.

Blinzend, und die andere Hand wegen dem hellen Licht vor den Augen haltend, trat sie hinaus. Ihre Augen mussten sich erstmal an das grelle Licht gewöhnen, doch war es hier auf der anderen Seite angenehm warm und ein leicht süßlicher Duft lag in der Luft.

Vorsichtig nahm sie die Hand hinunter und begann sich langsam etwas umzusehen. Wegen dem Anblick der sich ihr bot, wurden ihre Augen groß. Grüne Bäume, Wiesen, weiße und lila Blumen, moosbedeckte Steine und vor allem, ein strahlend blauer Himmel mit vereinzelten kleinen weißen Wolken. Der Anblick war einfach prächtig und umwerfend.
 

Ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen, als er ihre überglücklichen Augen sah. Mit ihrer hellen Haut und dem weißen Kleid strahlte sie regelrecht im Licht der Sonne und wirkte nur noch zierlicher als so schon.

„Willkommen auf der anderen Seite Medane.“

Glücklich wandte sie sich an ihn.

„Es ist einfach wundervoll hier! Alles ist so voller Farbe, so voller Leben hier! Es ist einfach traumhaft! Und so viel schöner als ich es mir vorgestellt habe!“

Ihre Augen suchten weiterhin neugierig die Landschaft ab, ehe ihr Blick bei Zackery hängen blieb.

„Ach ja.. das ist Zackery, mein bester Freund.. er hat aufgepasst, dass niemand sieht wie wir rüberkommen. Zack, das ist Medane.“

Zackery und Medane schüttelten sich die Hände und Zack grinste fröhlich.

„Willkommen bei uns! Schia hat schon eine Menge von dir erzählt! Aber ich will euch beide nicht aufhalten. Schia hat sich für dich echt ein paar schöne Plätzchen ausgesucht, also genießt den Tag ihr beiden!“

Er lächelte die beiden an und winkte kurz, ehe er sich umdrehte und dann auch verschwand.

„Wunder dich nicht.. Zackery ist immer so.“

Schia sah seinem besten Freund kurz nach, ehe er zu Medane sah und sich etwas schüchtern über den Nacken strich.

„Wollen wir dann?“
 

Ein wenig perplex über das schnelle Verschwinden von Zackery, sah Medane ihm nach, musste aber Lächeln, denn Zackery wirkte so ganz anders als Schia. Bei seiner Frage hin, sah sie dann auch wieder zu ihm und nickte.

„Ja bitte! Ich will soviel wie nur möglich sehen!“

Strahlend sah sie ihn an und ließ dann auch sofort wieder ihren Blick über die Landschaft streifen.

„Auf dieser Seite sieht das Gebirge viel schöner aus als bei uns! Und es riecht hier so gut. Kommt der Geruch von den Blumen da vorne?“ fragte sie neugierig und lief dann auch schon zu diesen rüber und kniete sich zu ihnen. Medane pflückte eine der Blumen und roch daran. Sie begann zu Lächeln. Dieser süßliche und feine Geruch, es war so ganz anders als bei ihr. Die Eisblumen hatten einen Geruch, den man kaum wahrnahm und er war auch nicht so lieblich wie dieser hier.

Schia trat neben sie und sah auf sie herab.

„Ja.. hier riecht es nach diesen Blumen. Sie wachsen hier überall auf dem Gebirge. Aber hier gibt es auch noch weitaus schönere Blumen. Ich kann sie dir alle zeigen wenn du möchtest.“

Medane stand wieder auf und schaute Schia glücklich an.
 

Zusammen folgten sie dem breiten Weg nach unten, der sie von dem Gebirge herunterführte. Von hier konnte man in der Ferne eine Stadt sehen, mit roten Dächern, weißen und roten Ziegelsteinen, hohen Türmen, und voller Leben. Glocken waren zu hören, etwas leiser einige Motoren von Autos, dann die lieblichen Stimmen der Vögel um sie herum.

Links von der Stadt war ein großer Wald zu sehen, die Bäume standen so dicht nebeneinander, dass sie nicht in das Innere des Waldes hineinsehen konnte.

Als ihr Blick nach rechts wanderte, sah sie eine dünne blaue Linie, die sich durch bunte Felder schlängelte.

Sie hatte bis jetzt nur auf Bildern die schönen blauen Flüsse gesehen, die es nur auf dieser Seite gab. Die Flüsse der Nacht waren durch dessen Dunkelheit schwarz gefärbt und wirkten ihrer Meinung nach mehr als nur unheimlich.
 

„Dort vorne ist der Wald, er wird auch Sleeping Forest genannt, da er so dicht ist und man nicht hinein sehen kann. Man hat das Gefühl als würde der Wald schlafen, man hört keine Geräusche aus ihm oder dergleichen. Es ist einfach nur still und dunkel dort. In diesen Wald geht eigentlich niemand hinein. Zu gefährlich.“ Begann Schia langsam zu erklären, als er ihrem Blick gefolgt war.

„Dort vorne ist die Stadt in der Zackery und ich leben. Sie ist eigentlich ganz schön, aber heute gehen wir nicht dorthin, die zeige ich dir ein andermal. Direkt daneben ist der Fluss Feather. Er schlängelt sich durch unzählige Felder, und na ja.. die Felder und Feather wollte ich dir heute zeigen. Ich glaube, dort wird es dir gefallen, wenn du Blumen so magst..“

Schia sah sie an und lächelte ein wenig unsicher.

Schwer konnte sie den Blick von diesem schönen Anblick abwenden, um zu Schia zu sehen.

Sie bemerkte dabei Schias Unsicherheit und musste leise lachen.

„Du hast dir ja wirklich viele Gedanken gemacht! Aber ja, das gefällt mir wirklich, Danke Schia. Schon alleine das alles aus dieser Ferne zu sehen ist einfach großartig! Schon jetzt hast du mir meinen Traum erfüllt.“

Schia merkte, wie er ein wenig rot wurde und verlegen sah er zur Seite weg.

„Da ist doch.. nichts dabei.. also uhm... hätte doch jeder gemacht.“

Er hörte sie erneut Lachen, ehe sie ihm gegen die Stirn tippte und dann auch einfach loslief.

Sie hatten das Ende des Gebirgspfades erreicht und waren nicht mehr weit entfernt von dem Fluss und den Blumenfeldern.

Einen Moment blieb Schia überrascht stehen und sah ihr nach, doch dann lief er Medane hinterher.
 

„Schia nun komm schon! Beeil dich doch!“

Sie lachte und lief weiter, direkt in das Feld voller gelber, blauer, roter und violettfarbener Blumen. Noch nie hatte sie so viele schöne bunte Farben gesehen. Die Blumen strahlten in ihrer vollen Pracht und sie fühlte sich, als wäre sie im Paradies. Sie hatte ihr Kleid ein Stückchen angehoben, um besser rennen zu können und lief immer weiter bis Schia sie eingeholt hatte.

„Es ist so schön! Es ist einfach so wunderschön! All diese Farben, dieser Duft!“

Begeistert drehte sie sich einmal im Kreis und breitete dabei ihre Arme aus. Als sie sich einmal um ihre Achse gedreht hatte, sah sie wieder Schia an, ehe sie ihm vor Freude regelrecht um den Hals fiel. Doch lange hielt die Umarmung nicht an, denn sie löste sich schnell von ihm und lief weiter zu dem Fluss rüber.

Medane hockte sich an den Rand und betrachtete ihr Spiegelbild im Wasser. Wenn sie genauer hinsah, konnte sie die Steine unten am Flussboden sehen und kleine Fische, die hin und her schwammen.

„Wie schön...“
 

Da Schia bei der Umarmung die Röte ins Gesicht geschossen war, blieb er etwas weiter hinten stehen und schaute ihr von da zu. Plötzlich vibrierte sein Handy in der Hosentasche und er nahm es heraus.

„Hm? Eine SMS von Zack?“ fragte er sich leise und öffnete sie.
 

Hey Kleiner! Was stehst du da nur so rum? Pflück eine Blume und steck sie ihr ins Haar,

das gefällt ihr sicher. Und vor allem, steh da nicht blöd rum! Schmeiß dich ran! Ich drück dir die Daumen! Zack
 

Überrascht schaute er auf sein Handy, ehe er sich umsah. Woher wusste Zackery von dem allem? Schia ließ seinen Blick schweifen und kurz sah er in einiger Entfernung jemanden mit schwarzem Haar winken. Er musste seufzen. Da war Zackery ihnen doch wirklich gefolgt.

Jedoch nahm er seinen Mut zusammen und pflückte eine rote Blume, ehe er zögerlich zu Medane rüber ging. Er kniete sich zu ihr und steckte ihr vorsichtig die Blume hinters Ohr.

Medane erschrak im ersten Moment, sah dann aber fragend zu Schia rüber. Vorsichtig fasste sie sich ins Haar und spürte die Blume dort. Sie schaute wieder ins Wasser, um sie sich anzusehen. Dann lächelte sie.

„Sie ist schön..“

„Deswegen fand ich es ganz passend.“

Er konnte ihren Blick deutlich auf sich spüren, doch Schia bevorzugte es, lieber ins Wasser zu sehen. Die rote Blume passt schön zu ihren Lippen, dachte er sich und sah sich Medane in der Spieglung des Wassers an.
 

Zuerst hatte sie ihn angesehen, aber als ihr auffiel, dass er ins Wasser sah, schaute sie ebenfalls wieder hinein. Dann rutschte sie zu ihm rüber und küsste ihn auf die Wange.

„Danke Schia...“

Verlegen kratzte sich Schia am Hinterkopf, lächelte sie aber an.
 

„Haha..“ leise lachte Zackery in seinem kleinen Versteck aus Blumen und Büschen, aus dem er die beiden beobachtete.

„Na geht doch, wieso denn nicht gleich so?“

Er hatte es sich einfach nicht nehmen lassen, seinem besten Freund heimlich bei seinem ersten Date zu begleiten. So wie er Schia kannte, war er einfach zu schüchtern und brauchte immer Mal wieder einen kleinen Ansporn und den übernahm er nur zu gerne.

„Die beiden sind wirklich zu putzig, wehe das wird nichts aus den beiden, dann werde ich aber echt sauer..“

Zackery beobachtete, wie Medane und Schia ihre Schuhe auszogen. Medane hob ihr Kleid ein Stückchen an und stieg als erstes in das seichte Wasser der Feather, während Schia erst noch seine Hose hochkrempelte und ihr dann folgte.

„Gut gemacht Schia, das läuft ja fast so wie im Bilderbuch. Huh?“

Zackery schaute einen Moment lang etwas verdutzt, ehe er dann loslachte, sich dabei jedoch die Hand vor den Mund hielt, um sich nicht zu verraten.

Schia war doch wirklich ins Wasser gefallen, als sie beiden zu albern begannen hatten.

Zackery konnte Medane leise Lachen hören, während er selber weiterhin versuchte, sich das Lachen zu verkneifen.

Nachdem er sich wieder eingekriegt hatte, verfolgte er weiterhin gespannt das Geschehen. Schia hockte noch immer im Wasser, doch Medane reichte ihm gerade die Hand, um ihm hoch zu helfen.

„Oho.. sie einfach ins Wasser zu ziehen, und das in ihrem weißen Kleid, Schia du Schlingel! Das hätte ich dir ja jetzt nicht zugetraut. Aber wenigstens passiert jetzt was!“

Nach Zackerys Meinung war das was sich hier abspielte besser als jede Soap im Fernsehen und so schaute er vergnügt zu, wie die beiden sich eine Wasserschlacht lieferten.
 

Nach Atem ringend ließ Medane sich auf das Gras fallen und schaute hoch in den Himmel. Die Sonnenstrahlen wärmten, die durch das Wasser kalt gewordene, Haut. Erst als sich ihre Atmung langsam wieder beruhigt hatte, setzte sie sich auf und begann, ihr Kleid ein wenig auszuwringen. Sie warf einen Blick zu Schia, der sich neben sie fallen gelassen hatte. Er hatte die Augen geschlossen und schien so wie sie die Sonne zu genießen.

Als Medane fertig mit auswringen war, legte sie sich auf den Bauch und pflückte eine kleine Blume, mit der sie Schia im Gesicht zu kitzeln begann. Etwas irritiert öffnete Schia die Augen und schaute die kleine weiße Blume an, die vor seine Augen gehalten wurde.

„Nicht das du mir einschläfst!“

Medane lachte leise, während sie zusah, wie Schia sich aufsetzte und dann in wenig streckte.

„Vergiss nicht, auch wenn hier im Moment die Sonne scheint, ist dennoch bei uns Schlafenszeit. Deswegen ist hier auch niemand im Moment.“

Lächelnd sah er zu ihr.

„Jaja ich weiß. Und das ist auch gut so. Die Ruhe ist nämlich sehr schön und so kann uns auch niemand stören.“

Das Ärger vorprogrammiert war, wenn man sie hier fand, das war sicher nicht nur ihr, sondern auch Schia klar. Mit ihrer hellen Haut fiel sie hier bestimmt sofort auf und würde man sie melden, würde sie sofort umgebracht werden. Doch daran wollte sie jetzt nicht denken. Es war im Moment einfach viel zu schön, als das sie an so etwas zu Gedenken dachte.
 

Die nächsten beiden Stunden redeten sie viel, während sie sich von der Sonne trocknen ließen. Medane erzählte ihm eine Menge über ihre Familie, ihre Freunde und ihre Träume. Schia hörte ihr gerne zu, erzählte jedoch nur recht wenig von sich selber. Er war nicht der Typ, der gerne viel über sich selbst redete.

Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass ihre Zeit für heute leider abgelaufen war. Seufzend stand er auf.

„Wir müssen langsam zurück Medane. Bald stehen die ersten wieder auf und dann musst du wieder drüben sein.“

Er reichte ihr die Hand und half ihr hoch.

„Ach.. am liebsten würde ich gar nicht mehr gehen wollen. Bei dir ist es so viel schöner als bei mir. Ich will nicht in meine Dunkelheit zurück.“

Medane sah zu Boden und hielt Schias Hand weiterhin umschlossen. Jetzt wo sie einmal hier gewesen war, wollte sie nicht mehr gehen und nach alledem was sie ihm erzählt hatte, konnte Schia sie gut verstehen.

„Ich werde dich wieder rüberholen, versprochen. Aber für heute musst du wirklich gehen. Dich darf niemand hier sehen.“

Er sah wie sie nickte und ihn dann mit einem leichten Lächeln ansah.

Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zurück ins Gebirge, zu der Felsspalte, die ihre beiden Welten miteinander verband.

Der Rückweg war recht schweigsam, jedoch war es keine peinliche Stille, die zwischen ihnen aufgetreten war. Sie genossen die letzten Momente die sie zusammen hatten schweigsam, ehe sie sich trennen mussten.

Nach kurzer Zeit standen sie vor der Felsspalte und sahen sich gegenseitig an. Noch immer hielt Schia ihre Hand und lächelte sie leicht an. Sie erwiderte sein Lächeln, ohne den Blick von ihm zu wenden. Zwischen ihnen kam eine ganz besondere Spannung auf. Schia merkte, wie es in seinem ganzen Körper zu kribbeln begann und obwohl sie hier wohl schon gut einige Minuten standen, konnte er den Blick einfach nicht von ihr nehmen.
 

Es war, als würden seine grünen Augen wie ein Radar in sie hineinsehen und es war ihr unmöglich, ihm den Blick zu entziehen. Es schien, als würde ihr Körper von alleine handeln, als er sich seinem näherte, bis sie seine warme Hand an ihrer Hüfte spürte.

Langsam kamen sich ihre Gesichter näher. Es war wie Magie, die sie magisch anzog. Sie konnte sich nicht dagegen wehren, doch sie wollte es auch nicht.

Zärtlich vereinten sich ihre Lippen zu einem Kuss, welcher aber abrupt gelöst wurde, als ein Jubelschrei zu hören war.

Medane musste Lachen, als sie sah, wie Zackery noch versuchte sich zu verstecken, anscheinend hatte er sie nicht absichtlich gestört. Leise konnte sie Schia was unverständliches Murmeln hören und sie ahnte, dass es leise Flüche gegen seinen besten Freund waren.

Deswegen nahm sie sein Gesicht in ihre Hände und presste die Lippen erneut gegen seine.

„Ich werde drüben auf dich warten, aber lasse dir nicht zu viel Zeit, hörst du?“

Sie schenkte Schia noch ein letztes Lächeln, bevor sie sich von ihm löste und in der Dunkelheit der Spalte verschwand.
 

Mit erhitzten Wangen sah Schia ihr nach, ehe er schon einen Arm um seine Schultern spürte und ihn ein vor Freude grinsendes Gesicht ansah.

„Super Schia! Herzlichen Glückwunsch! Tut mir übrigens Leid das ich gestört habe, aber ich hab mich so gefreut für dich!“

„Schon okay..“ meinte er lächelnd und warf noch mal kurz einen Blick zu der Felsspalte, ehe er sich mit seinem besten Freund zur Stadt aufmachte.

Er war im Moment einfach zu glücklich, um sauer auf Zackery zu sein.
 

„Nun komm schon Schia! Lass es uns noch einmal versuchen! Und zieh nicht so ein Gesicht, ich will doch nur das Beste für dich! Also los! Noch mal von vorne!“

„Aber ich kann es einfach nicht, es ist zwecklos Zack!“

„Ach Quatsch! Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, du brauchst nur etwas Übung!“

Schia sah etwas zögerlich zu Zackery, ehe er seinem fordernden Blick nachgab.

„Okay okay.. ist ja gut.“

Er sah, wie Zackery zufrieden lächelte und kurz darauf wurde er schon an ihn gezogen.

„Okay, denk dran. Eins, zwei, Tap. Eins, Zwei, Tap! Das ist ganz einfach!“

Konzentriert blickte Schia auf seine Füße und versuchte dem Rhythmus zu folgen, den Zackery vorgab.

Vor etwa drei Stunden war Zack in sein Zimmer geplatzt, mit der aus seiner Sicht grandiosen Idee, ihm tanzen beizubringen. Zuerst war er skeptisch gewesen, aber wie es für Zackery üblich war, hatte er weiter auf ihn eingeredet, bis er endlich ja gesagt hatte.

Ausschlaggebend war jedoch das Argument gewesen, dass Medane gerne tanzte und sicher würde sie mit ihm tanzen wollen, weswegen er sich nun quälte und wirklich versuchte, sich von Zack Tanzen beibringen zu lassen.

Schia hatte aber nicht wirklich das Gefühl, dass er in diesen drei Stunden irgendwie weiter gekommen war und schon in den nächsten zwei Stunden würde er Medane wieder abholen. Er hatte wirklich keine Ahnung, wie er das bis dahin bewerkstelligen sollte.

Aber Zackery schien nicht aufgeben zu wollen, egal wie dämlich er sich auch dabei anstellte und sicher hatte er schon blaue Zehen, so oft, wie er Zackery schon auf die Füße getreten war.

Da Zack sich soviel Mühe mit ihm gab, wollte er ihn auch nicht enttäuschen und machte weiter, obwohl ihm schon lange die Lust vergangen war. Und in seinem Kopf gab es nur einen Gedanken.

Eins Zwei Tap!

Es schien, als wäre ein Wunder geschehen, als er es nach fast zwei Stunden wirklich geschafft hatte, Tanzen zu lernen. Es hatte sie beide viel Mühe und Not gekostet, aber am Ende hatte es Schia wirklich geschafft.

Ein wenig erschöpft, aber mit einem kleinen Lächeln auf dem Gesicht machte er sich auf den Weg, Medane abzuholen. Zackery stand abermals vor der Spalte und passte auf, dass niemand vorbeikam.

Auf der anderen Seite angekommen, erwartete Medane ihn dieses mal schon oben und lächelte ihn glücklich an.

„Schia! Na endlich! Ich warte schon auf dich!“

Sie lächelte und legte ihre Arme um seinen Hals.

„Tut mir leid, Zack und ich hatten noch was zu klären und das hat länger gedauert als gedacht.“

Schüchtern küsste er sie kurz, ehe er ihr einen kleinen Blumenstrauß aus roten Rosen hinhielt.

„Hier, die sind für dich.“

Lächelnd nahm Medane sie entgegen und roch kurz daran.

„Mhmm.. danke Schia!“

Sie ergriff seine Hand und machte sich mit ihm gemeinsam auf den Weg zur anderen Seite.
 

Drüben angekommen, bekam Medane zu allererst einen Sommerhut auf den Kopf gesetzt.

„Damit man deine helle Haut nicht so schnell erkennt!“ meinte Zackery erklärend und lächelte.

„Ein Kleid haben wir für dich auch, oh man.. Schia und ich haben echt lange überlegt was dir gefallen und passen könnte. Aber dann hat sich Schia für dieses hier entschieden. Er sagte, es würde am besten zu dir passen!“

Zack grinste, doch fing er sich von Schia einen leichten Schlag auf den Hinterkopf ein.

„So genau musst du nicht alles berichten!“ murrte er leise und war von Zackerys Worten etwas rot geworden.

Medane musste lachen als sie die beiden hörte und schaute schon ein wenig neugierig in die Tüte, die Zackery in der Hand hielt.

„Ihr habt wirklich ein Kleid für mich? Aber so etwas kann ich doch nicht annehmen..“

„Doch kannst du, sonst machst du Schia ganz traurig! Also los, probier es an! Wir werden auch nicht spannen gehen!“

Sie zögerte noch einen Moment, doch nahm sie dann die kleine Tüte entgegen und verschwand einige Schritte weiter hinter einem Baum. Sie warf noch einen prüfenden Blick zu den beiden Männern, die ihr aber schon den Rücken zudrehten.

Neugierig legte sie die Rosen auf den Boden, nahm das Kleid heraus und hielt es betrachtend vor sich. Es war ein langes rosanes Kleid mit Spaghettiträgern und vorne zum zuknöpfen. Es war schlicht, aber dennoch gefiel es ihr sehr gut.

Lächelnd zog sie ihr weißes Kleid aus und tauschte es mit dem anderen. Glücklicherweise passte es wie für sie gemacht. Medane sah an sich herunter, ehe sie ihr altes Kleid faltete und in die Tüte steckte. Sie hob die Blumen auf und rannte auf die beiden Männer zu.
 

Als Schia schnelle Schritte hinter sich hörte, drehte er sich mit Zackery um und bevor er sich versah, bekam Zack die Tasche ins Gesicht geworfen und er wurde von Medane beinahe umgeworfen, als sie ihn stürmisch umarmte.

„Danke danke danke schön!“

Schia musste bei ihren fröhlich klingenden Worten leicht Lächeln und legte die Arme um sie.

„Ich bin ganz schön erleichtert, weißt du das?“ fragte er leise und ließ sie dann auch los, um sie genauer anzusehen.

Medane drehte sich einmal vor ihm und schaute ihn dann strahlend an.

„Es ist wunderschön.. und es passt perfekt!“

Verlegend kratzte er sich am Hinterkopf, doch reichte er ihr die Hand.

„Wollen wir dann? Ich will dir heute die Stadt zeigen und Zackerys und meine Wohnung.“

Lächelnd ergriff sie seine Hand und nickte.
 

Etwas überrumpelt blieb Zack stehen wo er war und sah den beiden einen Moment nach.

„Hey! Ihr habt mich vergessen! Wie gemein! Ihr könntet euch wenigstens verabschieden! Tz, hat er sich das erste Mal verliebt und vergisst schon seinen besten Freund! Aber was soll’s.. er hat es ja verdient.“

Zackery lächelte, doch fiel sein Blick dann auf die Tasche, die er in den Händen hielt.

„Und was mach ich nun damit?“
 

Nach einem relativ schnellen Stadtrundgang durch die farbenfrohe und helle Stadt, hatte Schia Medane zu sich gebracht. Er fand es zu riskant, sich mit ihr zu lange in der Stadt aufzuhalten, auch wenn die meisten Leute schliefen, so konnte man immer irgendjemanden draußen antreffen.

Als er jedoch die Wohnung mit ihr betrat, war er selber ein wenig überrascht. Anscheinend hatte Zackery das Sofa und den Tisch etwas zur Seite geschoben und somit eine größere freie Fläche geschaffen. Im Hintergrund konnte er die Musik hören, mit der er vorhin noch mit Zack geübt hatte. Schia wurde allmählich klar, was sein bester Freund hiermit bezweckt hatte.

Er sah zu Medane rüber, welche sich gerade neugierig umsah. Schia musste seinen Mut zusammen nehmen, um ihre Hand zu ergreifen und sie an sich zu ziehen.

„Wollen wir.. uhm.. nun ja, ein wenig... tanzen?“

Etwas überrascht sah Medane zu Schia hoch, doch dann begann sie zu Lächeln.

„Gerne, wenn du möchtest.“

„Aber ich bin nicht sonderlich gut..“ gestand Schia ihr schon am Anfang, doch legte er überlegend seine Hand an ihr Hüfte und ging noch einmal im Kopf durch, was Zackery ihm gesagt hatte. Er setzte den rechten Fuß vor, dann folgte der Linke und Tap. Und das gleiche wieder zurück. Recht konzentriert sah er auf ihre Füße und war noch ein wenig steif, doch Medane sagte nichts, sie fand das ganze ziemlich süß und nach einer Weile wurde es nach und nach besser.

Am Ende hatten sie bis zu den frühen Morgenstunden getanzt und erschöpft ließen sie sich aufs Sofa fallen.

Chapter Seven: Einschlag

Es waren zwei Wochen vergangen, seitdem Medane Schia zum ersten Mal getroffen hatte. Mittlerweile trafen sie sich fast jeden Tag, meistens auf Schias Seite, da sie von dem Tag einfach nicht genug bekommen konnte.

Schia hatte ihr einige seiner Bücher geliehen, darunter auch Bücher über Blumen, die sie ausgiebig las und studierte. Mittlerweile konnte sie die meisten Blumen die sie auf Schias Seite antraf benennen und fast jedes Mal wenn sie sich sahen, brachte er ihr neue Blumen mit.

Medane war im Moment einfach nur glücklich. Noch nie hatte sie ihr Leben so schön empfunden wie jetzt. Nie hätte sie für möglich gehalten, für einen Menschen so starke Gefühle hegen zu können und jede Minute ohne ihn war beinahe unerträglich. Am liebsten würde sie zum Tag rüber gehen und dort einfach bleiben. Bei Schia, zusammen einfach glücklich.

Leise seufzend saß sie vor ihrem Spiegel und kämmte sich die Haare. Wenn man etwas genauer hinsah konnte man in dem leichten Licht erkennen, dass durch die Sonne auf der anderen Seite ihre Haut nicht mehr ganz so blass war. Zum Glück konnte sie das aber wenn sie hier war meistens überschminken und durch die ständige Dunkelheit war es nicht allzu schwer die Bräune zu verbergen.

Doch heute überschminkte sie es nicht, denn gleich würde sie wieder zu Schia gehen. Mal wieder zog sie sich das rosa Kleid an, was er ihr geschenkt hatte. Sie trug es so oft es nur möglich war.

Leicht lächelnd schmiegte sie sich in ihren schwarzen Umhang, ehe sie leise das Haus verließ und sich auf den Weg machte.
 

Unauffällig schlich er ihr hinterher. Sie konnte ihm nichts vor machen, den anderen vielleicht, aber nicht ihm. Irgendetwas war anders an ihr. Und er würde herausfinden was. So einfach würde er sich nicht abschieben lassen. Er würde dafür sorgen, dass sie sich ihm wieder mehr zuwandte, indem er ihr Geheimnis herausfand.

Leise und im großen Abstand folgt er ihr den kleinen Pfad zum Gebirge hinauf. Er hatte sie öfter hier hoch gehen sehen, aber wieso sie immer nach oben ging, das wusste er nicht, zumindest bis jetzt.

Er konnte sie leise summen hören, wie unaufmerksam sie doch war, doch umso besser für ihn.

An einer großen Plattform blieb sie stehen, sie drehte sich um. Glücklicherweise konnte er sich in der Dunkelheit der Nacht gut verstecken, nicht umsonst war er heute auch ganz in schwarz gehüllt. Ihr Blick war prüfend, doch da kein Vollmond war, war alles um sie herum dunkel und das kleine Licht der Taschenlampe, die sie in der Hand hielt, konnte ihn auch nicht ausfindig machen.

Er sah, wie sie sich wieder abwandte und noch weiter hinauf ging. Von hier konnte er nicht sehen, was sie denn noch höher wollte und grade als er ihr folgen wollte, war das Licht der Taschenlampe und somit auch sie plötzlich verschwunden.

Langsam trat er aus seinem Versteck heraus und erklimmte vorsichtig und tastend, da er kein Licht bei sich hatte, den Weg nach oben auf die kleine Plattform, wo er sie zuletzt gesehen hatte. Hätte er sich nicht an der Wand entlang getastet, dann hätte er die Felsspalte gar nicht bemerkt, in der Dunkelheit war sie nicht von dem schwarzen Gestein zu unterscheiden.

Er lugte in die Spalte hinein und konnte in weiter Ferne schwach etwas Licht sehen. Kurz wartete er noch, doch dann zwang er sich in die Spalte und folgte dem kleinen Licht.

Langsam kam er näher und näher und das Licht war nicht wie vermutet das Licht der Taschenlampe gewesen, sondern das Licht des Tages.

Bevor er jedoch aus der Spalte trat, hörte er ihre Stimme und noch eine weitere, die eines jungen Mannes.

Vorsichtig lugte er hinaus und da konnte er sie sehen. Wut stieg in ihm auf, als sich die Lippen der beiden berührten. Er ballte die Hände zu Fäusten und zog sich ein wenig mehr in die Dunkelheit zurück. Das würde sie ihm büßen. Er würde das schon zu verhindern wissen.

Sie würde ihm gehören. Ganz sicher.
 

Medane kehrte nach einem erneut unvergesslichen Tag in die Nacht zurück. Gut gelaunt verließ sie die Felsspalte und wollte sich auf den Rückweg machen, als ihr eine Person auffiel. Erschrocken blickte sie zu dem Fremden und richtete die Taschenlampe auf ihn. Einen Moment starrte sie ihn an, doch dann kam ihr der junge Mann bekannt vor.

„Devan...?“

Was wollte er hier? Und hatte er sie gesehen? Sie merkte wie eine leichte Panik sie erfasste, doch versuchte sie sich nichts anmerken zu lassen.

„Ja... ich bin es Medane. Mal wieder von deinen Ausflügen zum Tag zurück?“

Geschockt durch seine Worte wich sie etwas zurück.

„A-aber.. wie..“

„Wie ich davon weiß? Das war wirklich nicht schwer, du warst nicht gerade vorsichtig. Der Typ hat dir wohl ganz den Kopf verdreht? Aber glaubst du wirklich, dass er das wert ist? Wenn das rauskommt, wird man dich töten lassen.. willst du für so jemanden sterben?“

Seine Worte klangen ernst und sie wusste, dass er nicht nur spaßte. Er wusste über alles Bescheid.

„Was willst du hören? Das ich alles abstreite? Das ich ihn verleugne? Darauf kannst du lange warten! Ich liebe ihn! Und wenn es sein muss, dann werde ich für ihn auch sterben!“

Wütend wollte sie a ihm vorbei, doch Devan ergriff sie am Arm und hielt sie fest. Sie versuchte sich zu befreien, doch sein Griff war zu fest.

„Lass mich los Devan! Sofort!“

„Sei still Medane und hör mir gefälligst zu! Ich gebe dir noch eine Chance! Trenn dich von ihm, dann werde ich dich nicht verraten! Ansonsten werdet ihr beide daran glauben!“

Medane sah ihn an, ehe sie mit der anderen Hand ausholte und ihm eine schallende Ohrfeige verpasste, worauf hin er sie erschrocken losließ.

„Du widerst mich an!“

Mit diesen Worten drehte sie sich um und rannte in die Dunkelheit davon.

Medane spürte wie ihr die heißen Tränen über die Wangen rannen und sich ihre Sicht verschlechterte, da sie nur noch verschwommen sah. Dennoch rannte sie weiter bis sie die Stadt erreicht hatte. Erst als sie die von den Laternen erhellten Straßen erreicht hatte, blieb sie schwer atmend stehen und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Wie hatte das alles nur passieren können? Wieso war es nur soweit gekommen?

Kurz drehte sie sich um, doch konnte sie Devan nirgendwo erkennen. Langsam ging sie weiter und schaute verzweifelt den Boden an. Was sollte sie denn jetzt nur tun? Sie wollte Schia nicht verlassen, sie wollte bei ihm bleiben, um jeden Preis. Aber wenn Devan sie verraten würde, dann würden sie beide sterben. Dieser Gedanke ließ einen stechenden Schmerz in ihrem Herzen aufkommen. Sie lehnte sich an eine Hauswand und verbarg ihr Gesicht in ihren Händen, ehe sie langsam an der Wand hinunterrutschte und am Boden sitzen blieb.

„Wieso... wieso nur..?“

Erneut kamen ihr die Tränen, die sie einfach nicht zurückhalten konnte. Sie war so ratlos, so verzweifelt.

Erst nachdem einige Minuten vergangen waren, schaffte Medane es, sich ein wenig zu beruhigen. Erneut wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht und atmete einige Male tief durch. Sie wusste, dass sie jetzt noch nicht einfach aufgeben durfte. Sie liebte Schia und wenn es nach ihr ging, würde sie lieber sterben als ohne ihn zu leben. Doch wollte sie nicht, dass es soweit kam. Es musste einen Ausweg geben, eine Lösung, so konnte es einfach nicht enden.

Langsam stand sie auf. Endlich konnte sie wieder klare Gedanken fassen.

Sie musste eine Lösung finden und das so schnell wie möglich. Und sie wusste schon wo sie anfangen würde. Wenn sie nur den Grund herausfinden könnte, wieso sich der Tag und die Nacht getrennt hatten, dann würde sie vielleicht einen Weg finden, die Welt erneut zu ändern, so, dass alles seinen alten Lauf nehmen würde.

Schnellen Schrittes machte sie sich auf den Weg zur Bibliothek. Vielleicht würde sie etwas in Büchern oder im Archiv finden was ihr weiter helfen könnte.
 

Wütend schlug sie gegen die verschlossenen Türen der Stadtbibliothek. Sie hatte ganz vergessen, dass sie noch gar nicht geöffnet hatte, es war noch viel zu früh.

Seufzend lehnte sie ihren Kopf gegen die Tür und schloss die Augen. Erst jetzt bemerkte sie die Müdigkeit und wie schwer ihre Beine waren, sie fühlten sich schwer wie Blei an, aber noch schwerer war ihr Herz. Die Angst Schia zu verlieren hing wie ein dunkler Schleier über ihr.

Heute würde sie nichts mehr tun können, damit musste sie sich abfinden. Langsam machte sie sich auf den Weg nach Hause. Sie schlang die Arme um ihren Körper. Plötzlich wirkte die Dunkelheit noch finsterer und kälter als sonst. Sie wünschte sich, Schia jetzt bei sich zu haben und für einen Moment überlegte sie, einfach wieder zu ihm rüber zu gehen, doch war der Gedanke schnell verworfen. Wenn Devan noch da war, würde das nur noch mehr Probleme geben und vielleicht hatte er ja jemanden Bescheid gesagt? Vielleicht erwartete man sie dort schon? Nein, jetzt rüber zu gehen, das wäre zu gefährlich. Für die nächste Zeit musste sie alleine klar kommen, egal wie schwer ihr das auch fiel.

Nach einer halben Ewigkeit, so kam es ihr zumindest vor, war sie endlich zu Hause angekommen. Der Schleier der Angst und der Trauer war auf dem Weg nur schwerer geworden. Medane wollte stark sein, das wollte sie wirklich und sie wollte nicht aufgeben, doch die kalte Dunkelheit hatte sie umgeben und sie gab für heute dem schmerzenden Gefühl in ihrer Brust nach. Sie schleppte sich hoch in ihr Zimmer und ließ sich auf das Bett fallen. Leise schluchzend verbarg sie ihr Gesicht in dem Kissen und es dauerte lange, bis sie unter Tränen eingeschlafen war.
 

Als Medane am nächsten Morgen erwachte, fühlte sie sich müde und erschöpft. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie die ersten vier Stunden ihres Schulunterrichts verpasst hatte. Doch wirklich interessieren tat es sie nicht. Sie kämpfte sich aus dem Bett und verschwand im Badezimmer, um sich frisch zu machen und sich umzuziehen.

Ohne zu frühstücken verließ sie das Haus und machte sich dann auch direkt auf den Weg zur Bibliothek. Dieses Mal hatte sie geöffnet und Medane wollte wirklich keine Zeit mehr verlieren. So verbrachte sie Stunden dort und durchforstete alle Bücher, die sie finden konnte, die sich mit der Geschichte befassten. Doch bis jetzt waren nur Nieten dabei gewesen. Fast alle Bücher erzählten nur davon, dass die Seite des Tages den alten Krieg ausgelöst hatte.

Es wurden die Kämpfe über Kämpfe beschrieben und ihre „Feinde“ als regelrechte Monster dargestellt. Doch warum sich der Tag und die Nacht voneinander getrennt hatten, das wurde mit keinem Wort erwähnt.

Als die Bibliothek schloss, musste sie gehen. Durch den Misserfolg war sie fast noch niedergeschlagener als am Abend zuvor. Es musste doch irgendwelche Ansätze geben, irgendwelche Anhaltspunkte die ihr weiterhelfen konnten.

Ohne weiter darüber nachzudenken rannte sie los und verließ die Stadt auf dem kleinen Weg. Sie rannte weiter und weiter, doch bog sie dann nach einiger Zeit links ab und erreichte nach Atem ringend den Platz der alten zertrümmerten Stadt, den sie Schia bei ihrem ersten Treffen gezeigt hatte. Sie ging dort immer hin wenn sie alleine sein wollte und nachdenken musste.

Medane ließ sich auf den Brunnen fallen und verbarg schluchzend das Gesicht in ihren Händen. Die ganze Sache schien von Minute zu Minute aussichtsloser zu werden.

Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter und zuckte deswegen heftig zusammen. Als sie sich umdrehte, blickte sie in das Gesicht einer alten Frau. Ihr weißes Haar war bis auf ein paar Strähnen von einem Tuch bedeckt, sie trug dunkle Kleider und hielt eine alte Laterne in der Hand.

„Wieso weinst du denn mein Mädchen?“ fragte sie mit liebevoller und besorgter Stimme.

Medane wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und blickte dann zu Boden.

„Weil ich mich in einer auswegslosen Lage befinde...“

„Aber es gibt keine auswegslosen Situationen mein Kind. Die Lösungen sind meistens nur gut versteckt.“

„Dann sind sie eben zu gut versteckt! Das hilft mir auch nicht weiter!“ meinte Medane nun etwas aufgebrachter.

„Sie verstehen das doch gar nicht!“

Die alte Frau begann zu Lächeln.

„Nein, bis jetzt noch nicht. Doch dass du wieder an diesen Ort zurückgekommen bist, das sagt mir viel. Du kommst oft hierher, doch so aufgelöst habe ich dich noch nicht gesehen. Was ist es, was dich so traurig macht?“

Medane sah etwas unsicher zu der Frau, woher wusste sie, dass sie öfter hier war? Doch verwarf sie diesen Gedanken schnell wieder.

„Ich verliere wahrscheinlich den, den ich am meisten liebe, nur weil die Grenze besteht und ich nicht weiß, wie ich sie aufheben soll! Ich wünschte mir, der Tag und die Nacht würden wieder im Einklang miteinander leben!“

Sie wusste nicht, wieso sie das alles dieser fremden alten Frau erzählte, doch war es einfach aus ihr heraus gesprudelt.

„Oh, das ist schlimmer als ich erwartet habe.“ Gestand die alte Dame.

„Aber vielleicht kann ich dir ja dennoch helfen mein liebes Kind. So junge Dinger wie du sollten nicht weinen. Sie sollten das Leben genießen solange sie jung sind.“

Sie schenkte Medane ein warmes Lächeln, ehe sie sich schwerfällig neben sie setzte.

„Wie wollen Sie mir denn helfen? Ich denke nicht, dass sie die Nacht und den Tag dazu bringen können, sich wieder abzuwechseln und den ganzen Hass aufzuheben, den die Menschen untereinander hegen.“

„Nein nein, dazu bin ich natürlich nicht fähig, aber ich kann die erzählen, wie es zu der Trennung kam meine Liebe.“

Überrascht sah Medane zu ihr rüber.

„Ist das wahr?“

„Ja ja mein Kind. Es ist eine wirklich alte und traurige Geschichte.“

Die Frau seufzt traurig, ehe sie in das Licht ihrer Laterne sah.

„Vor vielen hunderten von Jahren, da verliebten sich ein Junge und ein Mädchen ineinander, sie müssten ungefähr dein Alter gehabt haben, Kleines. Oh, wie ihre Liebe stark war. Eine Liebe wie im Bilderbuch. Doch ihre Familien erlaubten diese Liebe nicht. Sie gehörten jeweils zu einem anderen Clan und führten schon seit Jahren Krieg untereinander. Der Hass zwischen ihnen war grenzenlos. Man sagte dem Jungen und dem Mädchen, dass sie sich nie wieder sehen dürften, ansonsten würde man sie beide umbringen. Aber keiner der beiden konnte ohne den anderen Leben. Und so flehte der Junge und versprach dem Tag bei seinem Lichte, das er den Menschen täglich schenkte, dass er sein Mädchen ewig lieben würde.

Bei deinem Licht, hatte er gesagt, beschütze mein Mädchen. Und sollte man uns dennoch trennen, so soll dein Licht ewig über meinem Clan stehen, sodass ihre Ernten vertrocknen und sie endlich im Licht deiner Gerechtigkeit sehen, wie sinnlos dieser Krieg ist.

Und so flehte das Mädchen und versprach der Nacht bei seiner reinen Dunkelheit, welche sich alle zwölf Stunden über das Land legte, dass sie ihn ewig lieben würde.

Bei deiner Dunkelheit, beschütze meinen Liebsten. Lass nicht zu, dass sie uns trennen. Und sollte dies dennoch geschehen, dann soll deine Dunkelheit ewig meinen Clan heimsuchen, sodass nie mehr ein wärmender Strahl der Sonne zu ihnen durchdringt und sie in deiner Dunkelheit den Fehler spüren, den sie mit diesem Krieg begannen haben.

Aus Liebe getrieben trafen sich der Junge und das Mädchen auf einem Berg, genauer gesagt auf diesem Berg. Doch man hatte sie beobachtet und verraten, denn nur ihre engsten Freunde wussten von dem Ort, an dem sie sich immer trafen, und somit wurden sie umgebracht.

Der Tag und auch die Nacht waren so betroffen von dem Tod der beiden, dass sie beiden den Wunsch erfüllen wollten, die der Junge und das Mädchen geäußert hatten.

Der Tag wollte die Menschen für ihre Sünde bestrafen, die Nacht wollte die Menschen für ihre Sünde bestrafen. Und so gerieten sie in Streit, da keiner nachgeben wollte.

Doch irgendwann einigten sich die beiden und seitdem Tag wurde die Welt in zwei Teile geteilt. Auf der einen Seite herrschte der Tag, auf der anderen die Nacht. Und die Stelle, wo das Mädchen und der Junge umkamen, bildet die Grenze. Und noch immer leiden der Tag und die Nacht unter dem grausamen Tod dieses Paares.“

Entrüstet sah Medane die alte Frau an und ihr fehlten schier die Worte. Doch kam sie auch nicht dazu, irgendetwas zu sagen, denn plötzlich waren Schritte zuhören und jemand rief ihren Namen.

„Schia?“

Kurz darauf konnte sie den jungen Mann im Licht der Laterne erblicken und sofort sprang sie auf und schloss ihn in eine innige Umarmung.

„Schia! Was machst du hier?“

„Wir wollten uns doch sehen, aber du bist nicht gekommen. Ich habe mir Sorgen gemacht und wollte nach dir sehen. Dabei habe ich so einen komischen Typen getroffen. Schwarze Haare, ganz in dunkel gekleidet. Er hat mich fest gehalten und versucht mich aufzuhalten, aber ich konnte ihn zum Glück loswerden, das Militär lohnt sich manchmal halt doch.“

Zärtlich strich er Medane über die Wange, welche geschockt zu ihm hoch sah.

„Devan! Das war Devan! Oh Schia! Er weiß über uns bescheid! Er weiß alles!“

„Was?! Aber.. aber woher?“

Der Schock über diese Nachricht war deutlich aus seiner Stimme zu hören.

„Er.. er muss mich beobachtet haben. Anders kann ich es mir nicht erklären. Und er hat gedroht alles zu sagen, wenn wir uns noch weiterhin sehen. Schia.. wir müssen weg von hier. Bitte. Weit weit weg! Vielleicht gibt es noch einen Weg, das alles abzuwenden. Aber sie dürfen uns nicht finden!“

„Weg? Weg wohin? Ich verstehe im Moment gar nichts Medane...“

Sie ergriff seine Hände und drückte sie leicht, während sie hoch in seine Augen schaute.

„Schia.. ich will dich nicht verlieren, ich will bei dir sein. Und dafür würde ich alles tun. Lass uns zu dir! Devan wird nicht auf die andere Seite kommen, damit würde er sich selber strafbar machen. Das verschafft uns noch ein wenig Zeit. Ich werde dir den Rest auf dem Weg erklären. Wenn du also genau wie ich empfindest, dann lass uns fliehen, lass uns gemeinsam kämpfen...“

Schia sah sie einen Moment einfach nur an, doch dann lächelte er leicht.

„Mit dir würde ich überall hingehen...“

Er wusste immer noch nicht genau was alles vorgefallen war, wie es jetzt weiter gehen sollte, aber er wusste, dass er nicht ohne sie sein wollte. Ein Leben ohne Medane konnte er sich nicht mehr vorstellen.
 

Medane erwiderte das Lächeln und drehte sich dann noch einmal zu der alten Dame um.

„Danke für alles. Sie haben mir neuen Mut gemacht! Machen Sie es gut.“

„Ihr auch meine Kinder. Passt auf euch auf. Und vergesst nicht: Auch in den dunkelsten Stunden leuchtet das Licht der Hoffnung. Es wird euch auf eurem schweren Weg begleiten. Und nun geht.“

Lächelnd sah die Frau ihnen nach, wie sie langsam in der Dunkelheit verschwanden.

„Einst sagte Mal ein kluger Mann: Zwei Seelen und ein Gedanke, zwei Herzen und ein Schlag. Möge der Tag und die Nacht euch beistehen.“
 

Das letzte was er sah war, wie sie Hand in Hand mit ihm durch die Spalte verschwand. Sie hatte es also wirklich gewagt. Sie hatte die Seite der Nacht verraten und ihn. Für sie hätte er die Sterne vom Himmel geholt, aber sie ging lieber zu ihm. Doch das würde sie bereuen. Wenn er sie nicht haben konnte, dann sollte sie niemand kriegen. Schnellen Schrittes machte er sich auf den Weg. Man würde die beiden finden und sie dann töten. Die gerechte Strafe für solche Verräter...

Chapter Eight: Die Hoffnung und der Tod / Sag Lebwohl

Ohne zu zögern waren sie den Berg hinauf geeilt und durch die Felsspalte auf die Seite des Tages verschwunden. Unterwegs hatte Medane Schia erzählt wie es dazu gekommen war, dass sich der Tag und die Nacht nicht mehr abwechselten.

Selbst Zackery war ungewohnt ernst, als sie zu ihm gegangen waren und ihn davon unterrichtet hatten.

„Das ist echt.. ich weiß gar nicht was ich sagen soll.. oh man.. dabei hatte doch alles immer so gut funktioniert..“

Er seufzte kurz, doch sah er die beiden dann lächelnd an.

„Aber wisst ihr was? Das ist noch lange kein Grund, um aufzugeben! Also gut.. wir haben sicher nicht mehr viel Zeit, aber ihr müsst doch wieder auf das Gebirge, nicht wahr? Wenn ihr erstmal den Tag und die Nacht umgestimmt habt, dann werden sie euch in Ruhe lassen. Dann haben sie nämlich keinen Grund mehr euch etwas zu tun. Ich werde euch helfen zum Gebirge zu kommen, mehr kann ich leider nicht machen, den Rest müsst ihr erledigen!“

Er grinste ein wenig und stand auf.

„Schia, schau nicht so mutlos! Wir packen das schon! Ich hab dir doch gesagt dass wir das hinkriegen werden, ich werd schon auf euch beide aufpassen! Aber nun müssen wir uns wirklich beeilen, sie sind sicher bald hier! Auf geht’s! Nehmt nur das nötigste mit, wir müssen schnell sein und dürfen uns nicht vom Gepäck schleppen aufhalten lassen.“

Zackery verschwand in seinem Zimmer und kam kurz darauf mit einem Zettel und einem Schwert auf dem Rücken wieder.

Medane sah dieses mit großen Augen an. Zack bemerkte ihren Blick.

„Beim Militär bin ich zwei Ränge höher als Schia, ich darf Waffen auch in der Öffentlichkeit tragen. Und ich werde es sicher nicht hier lassen, wenn die Regierung hinter uns her ist. Aber ich hoffe, dass ich es nicht benutzen muss.“

Er schenkte ihr ein leichtes Lächeln, doch seine Augen strahlten Ernsthaftigkeit und Entschlossenheit aus.

Sachte nickte Medane, doch konnte man ihr ihr Unbehagen wegen der Waffe deutlich ansehen.
 

Es waren nur wenige Minuten vergangen, nachdem sie das Haus verlassen hatten und einen etwas längeren, aber dafür sichereren Weg zum Gebirge gingen, als ihre Wohnung von der Armee gestürmt wurde. Doch das einzige was sie fanden war ein Zettel, unten im Hausflur.

Auf dem schwarzen Brett stand die Nachricht:
 

Lieber tot als nicht zu zweit

Ihr jagt uns, doch wir sind zum Äußersten bereit!
 

Wütend riss der zuständige Offizier den Zettel von dem schwarzen Brett und zerknüllte ihn in seiner Hand.

„Sucht sie! Ich will sie tot sehen! Sie alle!“
 

Zackery führte die kleine Gruppe an. Mit Mützen die Gesichter verdeckend, waren sie gerade unbemerkt aus der Stadt gekommen. Zack hatte beschlossen, den Wald zu umgehen und dann von dieser Seite das Gebirge zu besteigen. Die Spalte hatten sie Dank Devan sicher schon entdeckt und Zackery würde sein geliebtes Schwert darauf verwetten, das dort nun unzählige von Soldaten standen, um die Felsspalte zu bewachen.

Da Zackery sie mit schnellem Schritt antrieb, hatten sie nach einer Stunde den Wald umgangen und fanden sich nun wieder vor dem Gebirge. Er drängte die beiden hinter einen größeren Felsen, denn schon konnte er in einiger Entfernung die ersten Soldaten sehen.

„Das ist schlecht..“ murmelte er und suchte einen Weg, wie sie unbemerkt an diesen vorbeikommen sollten. Doch gab die Landschaft nicht grade viel Schutz her, er konnte zwar einige Felsen entdecken, doch standen sie in zu großen Abstand zueinander, als das man sich unbemerkt an den Soldaten vorbei schleichen würde können. Auch befanden sich hier nur kleine Büsche und keine Bäume. Es waren wohl gut an die hundert Meter, bis man den steileren, dafür aber geschützten Teil des Gebirges erreicht hatte. Von dort aus würde man sie durch den schluchtenähnlichen Weg nicht mehr sehen.

Das Glück war wirklich nicht auf ihrer Seite.

Dennoch lächelte Zackery ein wenig und drehte sich zu den beiden um.

„Okay, hört mir zu, auf der linken Seite befinden sich drei Soldaten, rechts vier. Ich werde mir die vorknöpfen. Und während ich sie ablenke, müsst ihr so schnell wie ihr könnt da hoch rennen, habt ihr verstanden? Nicht umdrehen und nicht stehen bleiben, egal was passiert. Ich werde keinen von ihnen durch lassen. Und wenn ich sie alle platt gemacht habe, werde ich euch folgen.“

Wie Zack es nicht anders erwartet hatte, schüttelte Schia direkt den Kopf.

„Nein! Das sind zu viele, das ist zu gefährlich Zack! Wir müssen uns was anderes einfallen lassen! Ich lasse dich sicher hier nicht alleine!“

„Ach Schia.. du weißt genauso wie ich, dass es im Moment keine andere Möglichkeit gibt und je länger wir warten, desto mehr Soldaten werden hier auftauchen! Ihr müsst weiter! Wenn jemand diese Welt hier verändern kann, dann seid ihr es! Mir wird schon nichts passieren, die mach ich mit links fertig! Und jetzt keine Widerworte mehr, verstanden?“

Zackery zog Schia an sich.

„Schia.. das erste Mal in meinem Leben sehe ich dich wirklich glücklich. Und ich werde dafür Sorgen, dass du es auch weiterhin bist. Ich will dein glückliches Lächeln nicht missen, verstehst du? Und du musst Medane beschützen, mit allem was du hast. Lass uns gemeinsam für dein Glück kämpfen.“ Er hatte Schia ins Ohr geflüstert und wuschelte ihm nun noch einmal durchs Haar.

„Wir sehen uns dann oben, und denkt dran, nicht umdrehen, nicht stehen bleiben!“

Er schenkte den beiden ein letztes Lächeln, ehe er aufstand und hinter dem Felsen hervortrat, auf die Soldaten zuging.

Wie Schia die Hand ausstreckte und versuchte ihn noch einmal zu fassen zu kriegen, das hatte er nicht mehr gesehen.
 

Schia biss sich auf die Unterlippe und sah Zackery mit einem schlechten Gefühl nach. Er beobachtete, wie die drei Soldaten auf ihn zukamen, jedoch nicht auf ihn zielten. Durch das Schwert war zu erkennen, dass Zack ebenfalls zum Militär gehörte.

Sie schienen zu reden, doch konnte er von hier aus nicht verstehen, worum es ging. Doch lange dauerte das Gespräch nicht, denn plötzlich schlug Zackery zu und binnen weniger Sekunden lagen die Soldaten regungslos am Boden. Direkt wurde Zackery von den übrig gebliebenen angegriffen und obwohl es ihm einen Stich versetzte, seinen besten Freund dort alleine kämpfen zu lassen, packte er Medanes Hand und rannte mit ihr los, solange die Soldaten abgelenkt waren.

Wie Zack ihm gesagt hatte, drehte er sich nicht um und blieb auch nicht stehen. Er konnte nur hören, wie der Stahl der Schwerter aufeinander traf und zwischenzeitlich waren Schmerzenslaute zu hören, doch war darunter glücklicherweise nicht Zacks Stimme.

Er rannte mit Medane weiter und erreichte mit ihr daraufhin auch sicher einen kleinen Weg, der bis ganz nach oben führte und durch seine Wände an beiden Seiten Sichtschutz bot.

Keuchend lehnte er sich mit Medane gegen eine der kühlen Wände und schloss für einen Moment die Augen. Doch als plötzlich Pistolenschüsse fielen, gaben seine Beine nach und er fiel auf seine Knie.

„Nein...“

Eigentlich hatte er sich das alles ganz anders vorgestellt. Der Plan war so einfach gewesen. Doch wer hätte ahnen können, dass einer von ihnen eine Waffe hatte?

Vor Schmerzen verzog er das Gesicht, als er seine Hand fester auf die blutende Wunde drückte.

„Heute... ist echt nicht.. mein Glückstag....“

Das ihn auch ausgerechnet von den drei Schüssen genau einer in die Brust treffen musste?

Zackery hörte Schritte und schon sah er weitere fünf Soldaten, die durch den Lärm der Schüsse aufmerksam geworden waren. Wenn er sie jetzt durchlassen würde, dann würden sie Schia und Medane finden. Das durfte er einfach nicht zulassen. Und obwohl seine Schmerzen sich ins unermessliche zu steigern schienen, schaffte er es noch einmal aufzustehen. Er umklammerte den Griff seines Schwertes fest, als er auf die Soldaten zu rannte und mit letzter Kraft einen nach den anderen niederstreckte.

Im Schwertkampf war er schon immer der Beste gewesen.

Müde ließ er sich gegen einen kleineren Felsen sinken und schaute hoch in den blau-grauen Himmel. Mittlerweile war sein Oberkörper von Blut überströmt und das Schwert hielt er mit einer Hand immer noch umklammert.

„Das.. war`s dann wohl.. für mich..“

Zackery lächelte schwach. Er hätte Schia gern mehr geholfen.

Tut mir Leid Kleiner, ich wäre wirklich gerne nachgekommen. Ab heute musst du ohne mich auskommen. Aber ich bin mir sicher, du schaffst das. Und das du mir ja auf sie aufpasst, sonst werde ich wirklich wütend, dachte er sich, als er langsam die Augen schloss.
 

„Okay! Wer ist sie? Ich will alles wissen!“

„Wie kommst du denn darauf, dass ich mit einem Mädchen weg war?“

„Ganz einfach, wegen dem und dem! Normalerweise läufst du immer mit so einem Grummelgesicht rum, aber jetzt sieht es ja schon fast wie ein Lächeln aus!“
 

„Danke Zack..“

„Hey.. dafür sind Freunde doch schließlich da, oder nicht?“
 

„Du bist schlimmer als eine Frau. Nimm das, ich finde, das passt am besten zu dir!“

„Was meinst du damit es passt am besten zu mir? Wirkt das nicht irgendwie so.. ich weiß nicht.. depressiv, wenn ich mich mit ihr treffe und ganz in schwarz bin?“

„Ach Quatsch! Was redest du für einen Müll? Schwarz steht dir einfach und wirkt nicht depressiv.. du hast doch auch sonst nichts gegen schwarz.“

„Na ja.. sie mag Farben..“
 

„Super Schia! Herzlichen Glückwunsch! Tut mir übrigens Leid das ich gestört habe, aber ich hab mich so gefreut für dich!“

„Schon okay..“
 

„Nun komm schon Schia! Lass es uns noch einmal versuchen! Und zieh nicht so ein Gesicht, ich will doch nur das Beste für dich! Also los! Noch mal von vorne!“

„Aber ich kann es einfach nicht, es ist zwecklos Zack!“

„Ach Quatsch! Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, du brauchst nur etwas Übung!“
 

„Nein! Das sind zu viele, das ist zu gefährlich Zack! Wir müssen und was anderes einfallen lassen! Ich lasse dich sicher hier nicht alleine!“
 

Unzählige Erinnerungen von Schia und ihm schossen ihm durch den Kopf, als es um ihn herum immer kälter und dunkler wurde.

Der Himmel färbte sich gänzlich grau und es fing an zu regnen. Doch das spürte er schon nicht mehr.
 

„Schia! Schia was hast du denn?“

Besorgt kniete sich Medane zu ihm runter und berührte ihn behutsam an der Schulter. Erst jetzt bemerkte sie, wie Tränen in Schias Augen getreten waren. Erschrocken schlug sie die Hand vor den Mund.

„Du glaubst doch nicht etwa..?! Nein, das kann nicht sein Schia! Zackery geht es sicher gut! Er kommt bestimmt gleich.. er-“

„NEIN! Nein er wird nicht mehr kommen! Sie haben ihn.. sie haben..“

Schia konnte diese Worte nicht aussprechen, doch er wusste es ganz genau. Er konnte Zackery nicht mehr in sich spüren. Plötzlich war dort eine Leere, eine Leere, die unerträglichen Schmerz beherbergte.

„Ich hätte ihn nicht alleine lassen dürfen! Ich hätte nicht.. das ist alles meine Schuld..“

Seine Hände ballten sich zu Fäusten, während seine Tränen zu Boden tropften.

„Aber das stimmt doch nicht.. Schia.. dich trifft keine Schuld..“

Mitfühlend zog sie ihn in ihre Arme. Sie konnte einfach nicht glauben, dass Zackery wirklich tot sein sollte. Medane biss sich auf die Unterlippe und versuchte so, die aufkommenden Tränen zu unterdrücken, den Regen, der auf sie hinab fiel, registrierte sie kaum.

„Du weißt ganz genau, dass er nicht wollen würde, dass du dir Schuld gibst. Bitte Schia! Wir müssen weiter! Sonst wäre sein Tod umsonst! Er hat für uns gekämpft, er ist für uns gestorben, damit wir die Welt verändern.. Lass uns seinen letzten Wunsch erfüllen, gib bitte jetzt nicht auf Schia..“
 

Er wusste, dass sie Recht hatte, doch es tat so weh. Was sollte er ohne seinen besten Freund tun? Sie waren doch immer zusammen gewesen, unzertrennlich. Aber sie hatten ihm Zack genommen und er merkte, wie neben der Trauer nun auch Wut hochkam. Aufgeben? Oh nein, das würde er jetzt sicher nicht tun. Er würde diese dreckige und falsche Welt abschaffen. Er würde ihre Regierung zu Fall bringen. Zackery sollte nicht umsonst gestorben sein.

Langsam löste er sich von ihr und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.

„Lass.. lass uns weiter. Es ist nicht mehr weit.“

Schia stand auf und folgte dem steilen Weg nach oben. Medane ging hinter ihm, doch sagte sie nichts mehr, wofür Schia ihr dankbar war.

Mit jedem Schritt, den er ging, kamen ihm neue Bilder in den Sinn. Bilder aus alter Zeit, Bilder von Zackery und ihm. Und so schnell wie sie kamen, verschwanden sie auch wieder in einem einsamen kalten und hoffnungslosen Nebel.

Nach langen schweigsamen Minuten, wo jeder seinen Gedanken nachhing, erreichten sie die höchste Stelle, die man zu Fuß erreichen konnte. Hier oben wehte ein kühler beißender Wind und sie standen mitten in einer undefinierbaren Schwärze. Sie befanden sich genau an der Stelle, wo sich der Tag und die Nacht trafen, die richtige Grenze und dort, wo die beiden Welten miteinander verschmolzen, gab es nur das Nichts.

Medane jagte dieses Nichts Angst ein. Diese unheimliche Stille, das einzige was man spürte war der Wind, selbst der Regen war nicht mehr zu spüren. So stellte sie sich das Ende der Welt vor. Ein toter Punkt. Nichts.

Sie spürte wie Schia ihre Hand ergriff und dadurch brach er die Angst, die in ihr herrschte. Hier war mehr als nur Nichts, er war hier. Alles was ihr wichtig war, war in diesem Moment neben ihr, auch wenn sie ihn nicht sehen konnte. Und sie wusste genau, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen war.

„Oh bitte! Bitte liebe Nacht! Erhöre meinen Wunsch! Ich weiß, dass du immer noch trauerst, aber bitte, gib dein Versprechen auf, erlöse die Menschen von dem Fluch dieses Mädchens! Ich... ich liebe Schia! Ich kann nicht mehr ohne ihn sein! Ich flehe dich an, brich den Bann, sodass ich mit ihm zusammen sein kann! Für diesen Wunsch wurde sogar schon unschuldiges Blut vergossen, bitte lass nicht zu, dass noch mehr Trauer, noch mehr Schmerz aufkommt. Sie werden Schia töten, wenn du nichts unternimmst! Bitte rette ihn! Bitte...“
 

Obwohl Schia direkt neben ihr stand, hatte er keines ihrer Worte gehört. Er starrte nur in die endlose Schwärze. Plötzlich hörte er Zackerys Stimme und als er sich umsah, konnte er ihn entdecken. Er stand einige Meter von ihm entfernt und lächelte ihn an.

„Zack.. ich hoffe du kannst mich hören. Ich hoffe du bist okay, wo immer du auch sein magst. Ich kann es kaum erwarten dich wieder zu sehen, du fehlst mir so... aber bis es wieder so weit ist, muss ich noch etwas durchhalten und irgendwann, irgendwann finde ich bestimmt den Weg, den auch du gegangen bist...Gute Nacht Zack...“

Zacks Gestalt verschwamm langsam und war dann auch ganz verschwunden.

Schia hatte zwar versucht, die Tränen zu unterdrücken, doch war es ihm nicht gelungen. „Siehst du.. siehst du was du angerichtet hast? Wegen dir musste er sterben! Weil es diesen Bann gibt, weil ich auf deiner Seite gefangen bin! Weißt du eigentlich wie weh das tut? Du trauerst doch auch, oder nicht? Dann weißt du ja wie ich mich fühle! Und wenn du nichts unternimmst, dann werde ich sie auch verlieren! Den einzigen Menschen der mir noch wichtig ist! Wenn du weißt wie es ist zu leiden, dann breche endlich den Fluch und mach, das es so wie früher wird!“
 

Einige Momente lang geschah einfach nichts. Medane drückte Schias Hand leicht und für einen Augenblick hatte sie schon die Hoffnung aufgegeben, doch plötzlich kam so ein starker Wind auf, dass Medane es schwer fiel, sich auf den Beinen zu halten. Sie riss den einen Arm hoch und hielt ihn schützend vor das Gesicht. Erst als der Wind sich gelegt hatte, nahm sie den Arm wieder runter und öffnete die Augen.

Die unendliche Schwärze war verschwunden.

Chapter Nine: Reunion

Das erste was Schia nachdem Wind spürte, war der kalte Regen. Als er seine Augen öffnete, blickte er in einen trübsinnigen grauen Himmel. Doch als er sich umsah, war keine Grenze mehr zu sehen. Überall um ihn herum regnete es und es war hell, selbst auf der Seite, wo die Nacht einst geherrscht hatte.

Er spürte wie Medane ihn vor Glück umarmte und langsam legte er die Arme um sie und drückte sie an sich.

Sie hatten es wirklich geschafft. Endlich waren sie frei, einfach nur frei. Er ließ sich mit Medane zu Boden sinken und schaute auf die einst getrennten Seiten.

Sie saßen noch Stunden auf dem Gebirge und lauschten, wie der Tag und die Nacht weinten. Ob es vor Freude oder vor Trauer war, das wussten sie nicht.

Es regnete noch ganze Sieben Tage durch.
 

Es waren zwei Jahre vergangen, nachdem der Tag und die Nacht sich wieder zusammen getan hatten. Es war unglaublich, was für eine Veränderung das in den Menschen hervorgerufen hatte. Die Regierung beider Seiten war entsetzt und bestürzt, die Bürger waren erwacht von ihrem langen Schlaf des Hasses und waren auf die Straße gegangen. Es war wie eine Revolution. Alles hatte sich von Grund auf geändert. Es hatte zwar gedauert, doch nach und nach legten immer mehr Menschen ihren Hass ab. Die Menschen von der Seite des Tages und die Menschen von der Seite der Nacht hatten sich zusammengeschlossen und so wurde eine neue Regierung gegründet die aus beiden Seiten bestand. Bis sich wirklich alle an den Wechsel von Tag und Nacht gewöhnt hatten, würden wohl noch weitere zwei Jahre vergehen müssen, doch die Menschen der Nacht erfreuten sich an den Sonnenstrahlen, hingegen die Menschen des Tages die Sterne und den Mond bestaunten.

Für Medane und Schia hatte sich ebenfalls einiges geändert. Sie waren gemeinsam in Schias und Zackery alte Wohnung gezogen, denn Schia hatte es nicht übers Herz gebracht, aus dieser auszuziehen. Medane hatte es verstanden.
 


 

Wie jeden Tag ging Schia den Pfad hoch und blieb vor einem Grab stehen. Sie hatten Zack dort begraben, wo er auch gefallen war und sein Schwert daneben in die Erde gerammt. Mittlerweile war es rostig und alt geworden.

„Hey Zack.. weißt du noch wie du mir Tanzen beigebracht hast? Mittlerweile kann ich es richtig gut. Medane und ich wollen heute Abend auf eine Tanzparty gehen. Da staunst du oder? Das hättest du mir sicher nicht zugetraut..“

Ein trauriges Lächeln umspielte Schias Lippen.

„Ich muss jeden Tag an dich denken, seitdem du weg bist, ist nichts mehr wie es war, aber ich schlag mich Wacker. Findest du nicht?“

„Und wie er das tut, oder Zackery? Ich bin sehr stolz auf ihn.“

Medane war neben Schia getreten und lächelte. Er sah kurz zu ihr, doch schloss er dann die Augen. In diesem Moment konnte er Zacks Anwesenheit so deutlich spüren, als würde er neben ihm stehen.

Er musste Lächeln.



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Von:  Shay
2009-03-10T19:35:17+00:00 10.03.2009 20:35
Uaaahh, warum musste er sterben?
Und dann auch noch durch so ne blöde Schusswunde...^^
Menno...der wechsel zwischen Schia und der plötzlichen Verletzung von Zack war etwas verwirrend. Ich dachte das wär immer noch schia...°°
Aber es war trotzdem schön zu lesen!
*daumen hoch!*
Weiter so!


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