Zum Inhalt der Seite

Frei wie ein Vogel

Erste FF
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 6

Mit großem Missfallen zog sich Konrad von der Suche nach Ella zurück. Der Gesundheitszustand seines Vaters hatte sich drastisch verschlechtert und erforderte seine sofortige Rückkehr nach Burg Falkenheim. Gleich nach Erhalt dieser Nachricht sank seine Laune auf ein Minimum, denn nun mussten seine Untergebenen ohne ihn weiter nach Ella suchen und das passte ihm ganz und gar nicht. Er hatte sich schon diverse Szenarien ausgemalt wie er sie finden würde und welcher Ausdruck ihr ins Gesicht geschrieben stehen würde. Angst? Panik? Hoffnungslosigkeit?

Doch je näher er Falkenheim kam, desto mehr glaubte er sich von Ella zu entfernen. Dieses Weib – durchfuhr es ihn und Erregung stieg in ihm auf. Sie war nur die Tochter eines wertlosen Bauern gewesen, mit der er hatte sich vergnügen wollen, doch mittlerweile trieb ihn weniger der Hass auf sie an, sondern eher ein Art Besessenheit. Ja er war besessen von ihr und dem Gedanken, sie ganz für sich allein zu haben. Zunächst war er lediglich wütend, wegen ihrer Gegenwehr und dafür hatte er sie büßen lassen wollen. Unsägliche Qualen hatte er ihr bereiten und sie später töten wollen, aber nun war ihm anders zumute. Ihm stand vielmehr der Sinn danach, sie in seine Gemächer zu sperren, an sein Bett zu fesseln und sie wie eine Sklavin zu halten. Als eben solche würde sie ihm allein gehören und würde ihm auf jede Art und zu jeder Zeit zu Diensten sein. Sogleich umspielte ein Lächeln seine Lippen, er würde sie finden und wie einen kostbaren Singvogel in einen goldenen Käfig stecken, an dem er sich erfreuen konnte, wann immer er wollte.

Konrad war so in seine Gedankenwelt eingetaucht, dass er nicht bemerkt hatte, wie Burg Falkenheim in Sichtweite trat, erst als er durchs Burgtor ritt, wurde ihm klar, dass er zu Hause war. Die Bediensteten hatten ihn jedoch schon vom Weiten gesehen und hatten alles für seine Ankunft vorbereitet und hießen ihn willkommen. Er hingegen ignorierte sie gepflegt und betrat die Burg, ohne auch nur einen von ihnen eines Blickes zu würdigen.

Jetzt nahm seine Beklemmung von Schritt zu Schritt zu und sein Magen begann zu krampfen, so sehr hasste er die Krankenbesuche bei seinem Vater. Doch mit etwas Glück würde das bald der Vergangenheit angehören. Sollte der Alte endlich sterben und ihm den Grafentitel überlassen. Das war – abgesehen von Ella - alles, was er wollte.

Als er den Korridor zu den Gemächern des Grafen erreichte, sah Konrad jedoch das nächste Übel auf sich zu kommen – William, sein kleiner Bruder.

„Konrad!“ ertönte es und Konrad sträubten sich sofort die Nackenhaare beim Klang dieser Stimme. Nun blickte er in das von Sorgen geplagte Gesicht seines Bruders.

„Es geht ihm so schlecht wie noch nie…“ sagte William und musste sich beherrschen nicht allzu traurig zu klingen. Konrad musterte indessen den Jüngeren, William hatte nicht die auffallende Schönheit der Mutter geerbt und sah höflich ausgedrückt eher gewöhnlich oder auch plump aus. Dies gepaart mit seinem treudoofen Blick und seiner mitfühlenden, sentimentalen Art konnte Konrad nicht anders und musste ihn einfach hassen!

„Wir wussten, dass dieser Tag kommen würde.“ Entgegnete Konrad hart und stieß im selben Atemzug die Tür zum Gemach des Grafen auf. Es herrschte schummriges Licht und die Luft war erfüllt mit dem Geruch von Arzneien, diversen Kräutern und Weihrauch.

„Konrad… endlich.“ Eine raue Männerstimme durchbrach die Stille und zu Konrads Bedauern war die Stimme seines Vaters kräftiger als erhofft.

Stumm positionierte Konrad sich neben das Bett des Kranken und grüßte seinen Vater steif. Sofort war William ebenfalls hinzugetreten und schaute kummervoll drein. Die Zeit schien nun langsamer zu vergehen, als der Graf seine beiden Söhne aufmerksam begutachtete und sie in Gedanken mit einander verglich. William war nicht so gutaussehend wie Konrad und konnte diesem beim Schwertkampf auch nicht das Wasser reichen, doch an Tugend, Scharfsinn und Güte übertraf er den Älteren bei Weitem. Nun nickte der Graf kaum sichtbar und entließ mit einer müden Handbewegung alle aus seinen Gemächern. William drückte seinem Vater noch kurz die ausgemergelte Hand und ging mit schlurfendem Schritt hinaus, der Kummer schien schwer auf seinen Schultern zu lasten.

Wieder herrschte Stille, als die Schritte vor der Tür sich entfernten, bis sie nicht mehr zu hören waren. Mit strenger Miene sah der Graf Konrad an und begann zu sprechen:“Konrad, mein Erstgeborener, du hast schon immer einen Hang zur Gewalt und Sünde gehabt, doch ich habe über deine Fehler hinweggesehen und gehofft, du würdest dich ändern und eines Tages ein würdiger Nachfolger sein.“ Wieder Stille, in der man den Grafen schwer atmen hören konnte, das Sprechen schien ihm immer schwerer zu fallen. „Allerdings habe ich weitere Kunde von deinen Taten erhalten und musste mit Bedauern feststellen, dass mein Vaterherz mich blind gemacht hat. Nun gebietet mir mein Verstand, nicht dir, sondern William zu meinem Nachfolger zu ernennen.“

Die Aussage seines Vaters traf Konrad völlig unvorbereitet, niemals hatte er an eine solche Wendung gedacht, er war sich dem Grafentitel immer so sicher gewesen. Nun geriet seine Welt ins Wanken – Nein, sie ging gerade unter!

Während Konrad mit diesem neuen Gedanken kämpfte, sprach der Graf ungerührt weiter.

„Als noch amtierender Graf muss ich an das Wohl meiner Untertanen denken und ich werde ihnen keinen Tyrannen aufbürden. Ich werde es gleich bekannt machen, ich wollte es dir nur im Vorfeld erzählen, damit…“ weiter kam er nicht. In Panik, voller Angst um seine Existenz und Hass hatte Konrad ein Kissen ergriffen und es dem Kranken aufs Gesicht gedrückt. Sofort zerrten die Hände des Grafens im Überlebenskampf an Konrad Armen und am Kissen. Zu Konrad Überraschung war die Gegenwehr seines Vaters stärker, als sein kränkliches Aussehen vermuten ließe. Doch auch wenn der zu ersticken drohende sich mit aller Kraft wehrte, war Konrad ihm an Körperkraft weit überlegen und lies nicht locker. Erst als der Körper seines Vaters erschlaffte und reglos da lag, löste Konrad seinen Griff und das Kissen fiel zu Boden. Der Anblick seines toten Vaters fesselte ihn so sehr, dass er im Nachhinein nicht sagen konnte, wie lange er dort gestanden hatte. Erst als William das Gemach betrat und mit seinen klagenden Lauten die Bediensteten anlockte, fand Konrad zurück in die Realität. Immer noch war er unfähig sich zu rühren und lies alles andere um sich herum geschehen. Emotionslos stand er da und sogar die Tränen kamen ihm, die Anwesenden missdeuteten dies als Trauer um den geliebten Vater und nur Konrad wusste, wie es sich wirklich verhielt.

Es waren Freudentränen. Der Graf war gestorben, bevor er seine Bekanntmachung hatte kundtun können. Die Katastrophe war verhindert worden und nun war Konrads Welt wieder in Ordnung.
 

Endlich war er Graf.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2012-05-06T23:04:46+00:00 07.05.2012 01:04
Hey :)

Gerade bin ich durch Zufall auf deine FF gestießen und habe sie geradezu verschlungen.
Ich finde deine Ideen und Ansätze sehr spannend und will natürlich nur zu gerne wissen wie es weiter geht.
Dein Schreibstil gefällt mir. Schön aber nicht zu ausführlich.

Wundert mich fast, dass nicht mehr Leute die FF lesen bzw. mal kommentieren.
Hoffe, dass du bald weiter schreibst :)

lg
abgemeldet
Von:  blechdosenfee
2012-04-18T19:18:53+00:00 18.04.2012 21:18
Hallo,

hab gerade deine Story gelesen und hab sie regelrecht verschlungen. Es muss wahrlich ein schweres Leben im Mittelalter gewesen sein. Im ersten Kapitel hatte ich schon das Schlimmste, was auch Ella erwartet hat, befürchtet und war froh, dass sie davon gekommen ist. Bei dem Mönch dachte ich mir nur, endlich hat sie Zuflucht gefunden. Aber falsch gedacht. Tja - die Kirche halt.
Umso mehr hab ich mich darüber gefreut, dass Ella von Schaustellern gefunden wurde und anscheinend meinen die es gut mit ihr.
Schade, dass der Leser nicht mehr erfahren hat, was der alte Graf sagen wollte. Warum musste es auch Kissen schon im Mittelalter geben - aber na gut, bestimmt hätte Konrad auch eine andere Möglichkeit bzw. Tatwaffe gefunden.

Ich bin wirklich gespannt wie es weiter geht. Was mit dem Mönch Michael passiert - er hat sicherlich auch eine bestimmte Rolle; und ganz besonders wie es Ella ergeht.

Gruß, Kita


Zurück