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Livin' Next Door

Hunt me down [ZxD. RxS. AxR. 2. Chapter finally up!]
von

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Movin' In

Disclaimer: Ich habe es versucht. Ich habe es wirklich versucht, Demyx mit einigen Milchshakes zu mir zu locken. Er war mir auch gefolgt - bis Zexion auf einmal da war und ich nur noch Bücher sah. Q_Q
 

Kommentar: Fuuiii~, bereits drei Kommentare und sieben Favoriteneinträge. Leutz, ich danke euch dafür, besonders meinen Kommentatoren, da sie mir konstruktiv gesagt haben, diese FF habe das Potenzial, etwas Großes zu werden, das es fortzusetzen lohne. Vielen, vielen Dank! *Kommentatoren knuff*

Ich habe mich beeilt mit dem Kapitel beeilt, und zur allgemeinen Freude kann ich verkünden, dass Demyx nun auch sein Debut haben wird. Allerdings muss ich erst einmal sagen: Nein, das war noch nicht alles, woraus Zexions Leben bestand, es waren nur einige Höhen und Tiefen (Zexion: "Mehr Tiefen, wenn du mich fragst." \|_-), mehr werden noch kommen - sobald ich sie mir ausgedacht habe. *husthusthust*

Ebenso bin ich zu einem Entschluss gekommen: Da ich in letzter Zeit viel auf Englischen Fanfiction-Archiven unterwegs bin, stolpere ich des Öfteren über Pairings, die ich so seltener antreffe. Dadurch bin ich auf MaruViku gekommen - Marluxia x Vexen. Da ich allerdings auch ein Fable für MarLene - Marluxia x Larxene - habe, bin ich nicht sonderlich überzeugt, welches ich nun machen soll. Da kommt ihr ins Spiel: Jeder hat eine Stimme und darf sich zwischen seinem Favoriten entscheiden. Das Pairing mit den meisten Stimmen wird dann gemacht.

Lange genug aufgehalten, denke ich. Ich wünsche euch mit diesem Kapitel:
 

Viel Spaß!!!^^
 

Widmung: Saki-hime, thelastscrew und Pfannekuchen, weil sie die ersten waren, die mir Kommentare geschrieben haben! *euch knuddel*
 


 

°~.:+*,;Livin' Next Door;,*+:.~°
 

°~.:+*,;Kapitel 1: Movin' In;,*+:.~°
 

Die Liebe unterscheidet nicht zwischen hoch und niedrig.

Japanisches Sprichwort
 

°~.:+*,;I;,*+:.~°
 

Umzüge, so sagte man, waren so etwas wie ein Neubeginn. Zog man in eine neue Stadt oder einfach nur in eine andere Straße derselben, so hieß dies, es hatten Umgewöhnungen zu erfolgen, die Nachbarn mussten kennen gelernt und angefreundet werden, es musste sich mit dem neuen Haus und den durch selbiges neu entstandenen Ordnungen zurechtgefunden werden, der Garten musste in den meisten Fällen völlig neu gemacht werden und, was das schlimmste war, man musste meist von seinen besten Freunden, Freunde, die einen das ganze Leben lang begleitet hatten, Abschied nehmen, um beispielsweise zweihundertfünfzig Kilometer Trennungslinie in Kauf zu nehmen, wodurch eigentlich nur noch Telefonate, SMS, Emails, Chatrooms oder altertümliche Kommunikation – also Briefe – möglich waren, um in Kontakt zu bleiben. Aber das war nichts, wo man nicht darüber hinwegkommen würde.

Seine Mutter konnte sich wohl nicht einmal vorstellen, wie gerne Kurayami Zexion ihren ewigen Monolog durch ein schlichtes und einfaches Attentat beendet hätte, was darin bestand, ihre Kehle mit einem dünnen Faden so lange zuzudrücken, bis sie entweder erstickte oder sich eine Wunde an ihrem Hals bildete, aus der sie langsam aber sicher verblutete. Natürlich würde er es ihr nicht sagen – wenn er das tun würde, wäre er schneller auf der anderen Seite des Jordans, als ihm jemals lieb geworden wäre –, doch für solche Dinge hasste er sie einfach, er hasste sie abgrundtief, tiefer als das Abyssum ging. Da keiner genau wusste, wie tief selbiges war, da noch keiner wirklich gewagt hatte, nachzuforschen, war diese Aussage folglich eine gute Investition.

Gut, so schlimm wie in dem einleitenden Absatz geschildert war es nun auch nicht: Sie zogen nur von der Stadt selbst, Hollow Bastion, in einen Vorort namens Radiant Garden, etwa eine Stunde Autofahrt von ihrer alten Wohnung entfernt. Aber genau genommen reichte ihm schon diese eine Stunde, um sein Leben komplett auf den Kopf zu stellen, denn eine Stunde, eine – so mögen die Leser doch bitte seinen Ausdruck entschuldigen, den er nur gedanklich einzusetzen wagte, da er sich eher der gehobenen Sprache hingab, sich selten so sehr aufregte, dass er diesen häufig gebrauchen, und es einfach seinem Image schaden würde – verfickte Stunde war bereits zu viel für die Beziehung, die er mit Lexaeus hatte!

Gut, okay, Beziehung war nun wieder ein Substantiv, das man 'so', wie das Gemeinte, oder eben 'anders' verstehen konnte, wobei es aus seinen deutlichen Studien (Beobachtung der Reaktionen der anderen auf einfache Nominative, die eine nette Ambivalenz hatten, und prozentuale Analyse der Registrierungen von 'so' und denen von 'anders' – selbst Kommunikationswissenschaftler wie Friedmann Schulz von Thun konnten gegen solche Dinge keine Argumente finden), dass in fünfundneunzig Prozent aller Fälle 'anders' verstanden wurde. Um es klarzustellen: Nein, er und Lexaeus waren nicht zusammen, sie waren die besten Freunde, die sie sich selbst jemals vorstellen konnten. Punkt. Aus. E. N. D. E! Da lief nichts, rein gar nichts, absolut nichts, auch wenn Axel es immer wieder sagte, dass zwischen ihnen mehr sei und dass er sie schon einmal in der Kiste gesehen und dafür Beweisfotos habe, die dann allerdings schnell als Fälschungen entlarvt wurden, und...

Dank einem imaginären und von der Geschichte unbemerkten Klaps an Zexions Gehirn seitens der Autorin kam er davon ab, abzuschweifen, und konzentrierte sich weiter auf die Handlung. Die Leser dankten es ihr (hoffentlich) mit einigen nett gemeinten blauen Rosen, die gut zu der Tapete in ihrem Schlafzimmer passten.

Ihm drängte sich die Frage auf, wie genau er nun eigentlich mit ihm zusammen die Aufgaben machen sollte, die sie in ihrem Studienfach Medizin aufbekommen hatten über die Sommersemesterferien hinweg. Ein Seufzen glitt über seine vollen Lippen; würde er wohl doch mehr mit dem Auto fahren müssen, wenn er nicht immer sein Geld für Zug- und Tram- und Busfahrten ausgeben wollte, was er definitiv nicht vorhatte.

Er verschränkte die Arme vor der Brust, hätte auch die Beine überschlagen, wenn er sich nicht im Auto befunden hätte. Ja, im Auto, in dem seines großen Bruders, in welchem sie gerade königlich und zu viert – Mutter und die drei Söhne – in Richtung des Grauens fuhren, das sich 'Vorort' und 'Neues Zuhause' schimpfte. Mit seinen kobaltblauen Augen blickte er aus dem Fenster seines Platzes, den hinter dem Beifahrersitz, und beobachtete stumm wie ein Fisch, wie sich allmählich die eng zusammengebauten Häuser lichteten und immer mehr Bäume und Büsche und Hecken in Sicht kamen und es ihm missfiel. Er hatte schon immer das industrielle Flair einer Großstadt gebraucht, um sich wohl zu fühlen, und nun war er raus aus seinem Refugium. Er gab zu, dass er Ruhe und Stille zwar mehr mochte als lautes Hupen und allgemein den Lärm, der langatmig über den Tag verteilt von den Straßen in den zweiten Stock ihres Wohnungshauses in sein Zimmer hinein geflogen kam, doch bereits jetzt quoll in ihm eine Sehnsucht nach dem nächsten "Ey, du Schlampe, pass gefälligst auf, wo du hinlatschst!!!" ganz langsam nach oben, so stupide es auch erscheinen mochte.

Dies waren definitiv Entzugserscheinungen und der letzte Strohhalm, an den er sich klammerte, um nicht gänzlich die Kontrolle zu verlieren – seine Brüder hätten jetzt gelacht, lauthals, sogar der ältere, denn Zexion war gefürchtet, eben NIE die Kontrolle zu verlieren! – und seine Mutter doch mit einem Stück Faden umzubringen. Problem daran war nur, dass sie am Steuer saß.

Vorsichtig strich er sich eine Strähne seines silberblauen Haares aus dem Gesicht, die allerdings sofort in ihre Ursprungsposition über seinem rechten Auge zurückkehrte. Er fühlte sich schlecht, von zuhause weggerissen, dem einzigen Ort, den er je gekannt hatte, sah man von dem Zimmer im Studentenwohnheim ab, das er mit Lexaeus teilte. Abermals seufzte er; seine Bücher waren hinten im Kofferraum in einer soliden Pappkiste, nicht einmal mit seinem liebsten Hobby konnte er sich ablenken.

Die meisten Menschen waren unter glücklichen Sternen geboren. Man sagte hier in Hollow Bastion, dass jeder, der nicht an dem Tag einer Sonnenfinsternis geboren wurde, an dem die Venus und der Mars im Raume der Sonne standen und mit dem Mond zusammen ein rechtwinkliges Dreieck bildeten und der Jupiter seine Gravitationskräfte dafür gebrauchte, ein ganzes Asteroidenfeld aufzumischen, um danach direkt eine atomare Wolke kondensierten und aufgestiegenen FCKWs zu verwüsten, ein Leben voller fröhlicher Geschehnisse haben würde, sich von nichts unterkriegen ließ und immer das erreichen würde, was für seine Fähigkeiten das beste war. Und obwohl sein Leben bisher so verlaufen war, wie man für Menschen glücklicher Sterne erwarten würde, war er zu einer Sonnenfinsternis geboren worden und obwohl er nicht an solche Dinge wie Astrologie glaubte, musste er sich eingestehen, dass es Gelegenheiten im Leben gab, in denen man seine festen Überzeugungen besser so schnell wie möglich drastisch überdachte.

Er kam zu dem Schluss, dass die Welt schlecht war, und hätte er die Möglichkeit, würde er die Venus in die Luft jagen, um somit sein Schicksal zu ändern und in Hollow Bastion bleiben zu können. Wie auch sonst wurden seine Wünsche nicht erfüllt und er erhielt nicht zufällig einen Todesstern, mit dem er den unliebsamen Planeten hätte auslöschen können.

"Nun hör auf, dich so gehen zu lassen!", wurde er von seiner Mutter angeherrscht, die jedoch ihre rotbraunen Augen keinen Millimeter von der Fahrbahn vor sich abwandte – man musste ihr lassen, sie konnte gut fahren, allerdings hatte es schon einige spektakuläre Unfälle mit ihr darin verwickelt gegeben, die in großen Explosionen ausgegangen waren, und wenn es nicht das Vehikel war, war es ihr Temperament. Die Frau kannte im Großen und Ganzen kein Erbarmen, war eher wortkarg und eine Spaßbremse, doch zu denen, die sie mochte, war sie offen und freundlich, sonst ein wandelndes Gefrierfach. Irgendwo mussten ihre Söhne es ja herhaben. Allerdings, so musste sich der zwanzigjährige Student eingestehen, wusste er nicht genau, wen von ihnen sie nun ansprach, denn wenn er es aus seinen Augenwinkeln heraus richtig beobachtet hatte, hatte bisher noch keiner von ihnen ein Lebenszeichen von sich gegeben. "Schon die ganze Zeit über seit wir eingestiegen sind, hängst du am Fenster und starrst hinaus, als würde da gerade dein ganzes Leben an dir vorbeiziehen. Wir ziehen nur in den Vorort, weil die Wohnung für uns zu klein geworden ist und ich dort einen Job gefunden habe. Das ist nicht einmal wirklich weit! Und du tust so, als ob die Welt untergehen würde! Verdammt noch mal, wir ziehen in die direkte Nachbarschaft von Sora und Saïx, ist das nicht wenigstens etwas Positives?"

Zexion verdrehte die Augen, als sich niemand dazu herabließ, einen Kommentar dazu abzugeben. Gut, für seinen jüngeren Bruder, achtzehn Jahre, mochte der Umstand, neben Hikari Sora zu wohnen, doch interessant werden, immerhin hatten die beiden eine blühende Internetbekanntschaft aufgebaut, aber Saïx, lieber Yevon, Saïx! Hatte seine Mutter immer noch nicht herausgefunden, dass dieser Mann genauso abhängig vom Mond war wie Ebbe und Flut und dass Flut dabei eine übergroße Menge an Brutalität bedeutete und er einfach mal so über Nacht deswegen zum Berserker werden konnte? Normalerweise fiel ihr so etwas immer auf, denn sie hatte so etwas wie einen Radar für solche psychologischen Schwerfälle – kein Wunder, wenn man gelernte Psychologin war. Trotzdem, die Frau zog freiwillig in die Nähe des psychologischen Schwerfalls!

Für seinen älteren Bruder war das nichts. Er kannte weder wirklich viel von Sora noch von Saïx, worüber er wohl bis vor kurzem ausgeschlossen froh war. Zexion war nicht drum herum gekommen, seine Brüder bereits vor einiger Zeit vor dem Psychopathen, der bald ihr Nachbar sein würde, zu warnen, und wirklich fröhlich gestimmt hatte es beide nicht. Er selbst war mittlerweile, nach vier Jahren mehr oder minder Zwangsfreundschaft mit dem Mann, so immun dazu, wie es ging, wenn man nicht gerade Angst bekam, er könnte in Sekundenbruchteilen zu einem Werwolf werden.

Seine Mutter seufzte, eine in einen schwarzen Lederhandschuh gekleidete Hand löste sich vom Lenkrad und fuhr durch ihr kurzes silbernes Haar, bevor sie sich wieder auf die Straße fixierte. "Jeder von euch sagt mir jetzt in einem Wort, was genau er an diesem Umzug beschissen findet, und dann diskutieren wir das aus. Zexion, fang an."

Immer er, immer war er das Opferlamm, das man zuerst zu schlachten hatte, um zu sehen, ob alles sicher war. Theoretisch müsste er als mittlerer Sohn nicht so leiden, sondern die Person, die vor ihm saß, aber nein, ihre Mutter war schlicht und ergreifend so gemein, ebenfalls als ein mittleres Kind aufgewachsen zu sein, und wollte ihn deshalb das erleiden lassen, was sie all die Jahre über sich ergehen lassen musste. Nicht mit ihm.

Schon seit sie losgefahren waren, hatte er kein Wort mehr gesprochen, was anhand der Art, wie alles sich zusammengeschlossen hatte, auch nicht weiter verwunderlich war.

"Wenn du es verdammt noch mal nicht anders hinbekommst, sag von mir aus auch 'nen Satz, aber sag was!", zischte seine Mutter und es war unmöglich, den Unterschied zwischen ihr und einer Klapperschlange herauszufinden.

Nochmals seufzend sagte er schließlich in einem dermaßen gefühlskalten Ton, dass Himmel, Hölle und Fegefeuer von einer mindestens zehn Meter dicken Eisschicht umgeben würden: "Mir missfällt die Tatsache, dass ich heute, wo ich gerade von der Universität zurückkomme, um meine Ferien in Ruhe in meinem Zimmer zu verbringen und meine Aufgaben über sie hinweg verteilt mit Lexaeus zusammen zu erledigen, ich geschnappt, mit Chloroform betäubt, ohnmächtig ins Auto gesetzt und angeschnallt werde und erst wieder aufwache, nachdem wir schon mindestens zwanzig Kilometer hinter uns gelassen haben, wobei das schlimmste ist, dass ich dann erst davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass wir es hier mit einem Umzug zu tun haben, von dem man mich zuvor in keiner Weise hat informieren können, da ich mich ja wie bereits erwähnt nicht zuhause befunden hatte, sondern damit beschäftigt war, etwas zu lernen, sodass ich "in Zukunft endlich etwas aus mir machen kann", um meine Erzeugerin zu zitieren, doch von einer Erfindung namens Brief, Email oder, noch einfacher, dem Telefon oder dem Handy hat diese Familie bis dato ja noch nichts mitbekommen, sodass man solchen Geschehnissen eventuell vorbeugen kann; und darauf freuen, das alles Lexaeus erklären zu müssen, tue ich mich im Übrigen auch nicht, Mutter."
 

°~.:+*,;I;,*+:.~°
 

Das Leben in Radiant Garden war, wenn es sonst schon nichts war, schön. Tagtäglich herrschte eine unglaubliche Ruhe, die nur von dem melodischen Zwitschern von Flugboxern – eine aussterbende Art aus den Geweihten Ländern, die zum Zoo von Radiant Garden überführt wurden und aus selbigen ausbrachen, um dann Koitus en masse zu betreiben und den Artenstand wieder zu sichern, jedoch so weit, dass man nicht in der Lage war, sie wieder einzufangen und in die Länder zurückzubringen, wodurch sie schließlich in dem kleinen Vorort von Hollow Bastion heimisch wurden – oder dem gelegentlichen Kreischen des einen oder anderen Chocobos, das dem Verdacht erlag, gleich auf der Schlachtbank zu landen, obwohl es nur zu einer Waschung des zumeist gelben Gefieders kommen sollte, unterbrochen wurde.

Oder, wie in diesem Falle, dem Klingelton eines gewissen schwarzen Handys, auf dem deutlich eine Dreizehn in römischen Ziffern eingraviert war und das permanent-vehement einen ganz bestimmten Laut von sich gab:

~~When you walk away – You don't hear me say – Please, oh baby, don't go – Simple and clean is the way – That you're makin' me feel tonight – It's hard to let it go.~~

Und da sollte noch mal einer sagen, Hikaru Utada wäre unpopulär unter denjenigen, die keine Mädchen waren oder einfach noch nichts mit Tetris zu tun hatten! Zumindest laut einem gewissen jemand, und der hatte dies eingestellt!

Genervt fasste sich Hikari Roxas in die weite Hosentasche, in welcher er jenes aufklappbare Wunderwerk der Technik neben seinem Schlüssel, einigen Notizzetteln für Einkaufstouren à la Papa und einigen leeren Kaugummieinpackpapieren aufbewahrte, und war sichtlich erfreut über die Tatsache, dass wirklich kein Kaugummi mehr vorhanden war. Abgesehen von seiner anderen Hosentasche natürlich.

Unwirsch klappte er es auf, betrachtete das Display und dachte sich im Stillen, dass sein Anrufer entweder ein Stalker, ein Vergewaltiger auf Beutezug oder einfach ein Idiot war, als er mit einem entnervten Seufzen auf den Annahmeknopf drückte, das kleine Gerät an sein Ohr hielt und sofort von einer quietschenden Stimme begrüßt wurde: »Roooooxaaaaas, wo bist du? Sie kommen!!«

Innerhalb von Sekundenbruchteilen überdachte er seine neue These von Kinderschändern. Ein Übel, das weitaus größer war als alles bisher Genannte hatte es wahrhaftig geschafft, die Erfindung des mobilen Telefons zu überlisten und ihn tatsächlich anzurufen. Das war wirklich ein Wunder, wenn man bedachte, dass dieses große Übel dreieinhalb Jahre gebraucht hatte, um zu verstehen, wie nun eigentlich das Mikrofon für die Playstation angeschlossen wurde und wie das ganze funktionierte. Es war unmenschlich, es war monströs, es war durch und durch böse, es war...

Sein älterer Zwillingsbruder Sora.

"Wo ich bin?" Er sah sich aus rhetorischen Gründen um: kleine Häuser überall, grüne Gärten, heile Bürgersteige und Straßen, Autos auf jeder Einfahrt, hübsche Büsche und Blumen und Sträucher und Bäume überall, die sich nicht davon abschrecken ließen, ihre Pollen zu jeder Jahreszeit überall in dieser Ortschaft zu verteilen, hier und da ein Chocobo oder Mogry oder Moomba, gelegentlich auch ein Kaktor sowie Flugboxer auf Kollisionskurs mit Antennenmasten. Wo sollte er schon sein? "Fragst du mich das gerade ernsthaft? Wer war es denn, der mich vor 'ner Viertelstunde losgeschickt hat, um nach unserem großen Bruder zu fahnden, der mal wieder zu blöd war, den Bus abzupassen, der zu unserer Straße fährt? Wie hieß denn der Zwillingsbruder, der mir diesen Auftrag gab, häh?"

Seine blauen Augen schlossen sich, seine Augenbrauen wanderten auf seine Stirn, welche sich in Falten legte, und er kratzte sich am Hinterkopf, während er auf eine Antwort wartete. Nicht, dass der Tag nicht wundervoll angefangen hatte mit Pfannkuchen, die ihr Vater ausnahmsweise mal nicht mit Atomstrahlung versetzt und auch nicht verbrannt hatte, mit einigen schönen Struggle-Kämpfen mit seinen Freunden, mit einer Runde Fahren des Skateboards am Ifrit-Platz, mit einem Seesalzeis und mit einigen recht eindeutigen SMS von seinem festen Freund, mittlerweile war der Nachmittag angebrochen, Mittagessen war noch nicht verkostet oder gar angerichtet worden – weshalb er in Kontemplation zog, noch schnell zum nächsten MickeyD's abzuwandeln und sich eine ordentliche Portion Pommes hinter die Backen zu schieben – und sein Zwillingsbruder war gefallen in ein Loch von Hysterie, dass ihr großer, zwanzigjähriger, bald wieder zwei Jahre ältere Bruder zu dumm war, dem Busweg von der HBU, der Hollow-Bastion-Universität, bis zurück nach Radiant Garden zu folgen. Was, nur nebenbei mal angehaucht, jedes Jahr der Fall war.

In fahrlässiger Geste strich er sich durch sein blondes Haar. Nein, er würde jetzt nicht in negative Euphorie übertreten und Sora sobald anschreien, kaum dass dieser auch nur ein Wort in das eigene Mobiltelefon sprach, welches zu ihm transferiert wurde. So weit würde er sich hoffentlich noch beruhigen können.

Dennoch...

»Du hast ihn immer noch nicht gefunden? Roxas, bitte, ich mache mir gewaltige Sorgen um ihn, denn, oh mein Gott, die neuen Nachbarn können jeden Moment kommen und er ist nicht da und ich weiß nicht, wo er ist, und ich habe Angst, dass er bei seiner Tollpatschigkeit gleich wieder den nächsten Subway auseinanderlegt und wir für fünfzig Sandwichs aufkommen müssen wie letztes Jahr.«

Ja, liebe Leser, seinen momentanen Gemütszustand konnte man in einem einfachen Satz aus drei kleinen Worten beschreiben: Er war angepisst.

"Mein geliebter Bruder Sora", adressierte er den neunzehnjährigen Jungen am Ende der Leitung mit einer dermaßen maliziösen Stimme, dass man, um den armen älteren Zwilling vor dem sicheren Tod zu bewahren, ihn einfach ins Gefängnis werfen musste – er glaubte, ein lautes Schlucken auf der anderen Seite zu vernehmen, "wir reden hier von unserem großen Bruder. Und egal, was für ein Trottel er auch sein mag, er ist erwachsen. Verdammt noch mal, er studiert Biologie und Medizin! Hör also gefälligst endlich auf, dir in die Hosen zu machen, er kommt schon klar! Und bevor du noch irgendeinen dummen Kommentar vom Stapel lässt, lass es bleiben. Ich ruf' dich an, wenn ich ihn gefunden hab'."

»Aber Rox- Tut, tut, tut, tuuu~t«, da hatte er schon auf die Ausschalttaste gedrückt und das Gespräch unterbunden und packte das Kommunikationsgerät wohlwollend wieder in seine Hosentasche zurück, um es gleich darauf wieder hervorzuholen und sich daran zu machen, eine SMS zu tippen.

Sora brauchte es ihm nicht immer wieder gegenüber betonen, er wusste, dass ihr Bruder auf sich gestellt schnell in die brenzligsten Situationen geriet, die man sich als Normalsterblicher ausmalen konnte. Deutlich erinnerte Roxas noch an diesen einen Vorfall vor drei Jahren: Aus einer geplanten Übernachtung ist für ihr studierendes, älteres Bollwerk eine Nacht der Gefahren geworden, in der er nicht einmal in der Lage war, auf Straßenschilder zu blicken, um sich zu orientieren. Als er am nächsten Tag um fünf Uhr nachmittags nach einundzwanzig Stunden Abwesenheit wieder zuhause ankam, litt er unter starker Paranoia, war der Auffassung, die Wände würden sich in Penatencreme verwandeln – oder eine andere weißliche und recht dickflüssige Substanz, an die der Blonde jetzt nicht denken möchte, wie er gerade der Autorin mit erhobener Faust einfühlsam erläutert – und Sora würde ihn jeden Moment vergewaltigen, während er selbst ihn nur zerstückeln würde, fachgerecht nach Manier von Jack The Ripper.

Aber verdammt noch mal, der Kerl war zwanzig Jahre alt! Zwanzig. Fast einundzwanzig. Verfickte. Jahre! Er konnte auf sich allein aufpassen, und wenn nicht, würde er es schon mitbekommen, sobald in näherer Umgebung irgendetwas zu Bruch gehen würde, denn dort war dann meistens die momentan vermisste Person vorzufinden.

Schnell schrieb er eine Nachricht an seinen Festen, denn ohne solid-humanen Beistand würde er diesem Moment der Resignation nicht mehr standhalten. Hoffentlich würde dieser sofort von seinem Bett hochschrecken – sicherlich war er eh nur dabei, irgendetwas anzustecken, der alte Pyromane – und so schnell wie ein Rhinozeros zu ihm hingewalzt kommen. Denn sonst würde es Tote geben.

Und es wäre eine Schande, wenn Kajimoto Axel aufgrund Verspätung einen erneuten Tod sterben würde, zumal dessen Personifikation auch anderes zu tun hatte, zum Beispiel Angeln mit einer Trockenfliege.

Sein älterer Bruder Hikari Demyx würde so oder so noch früher oder später auftauchen.
 

°~.:+*,;I;,*+:.~°
 

Kurayami Paine war eine solide Frau ohne festen Glauben oder Stränge, an die sie sich unweigerlich zu halten hatte. Ihre resolute Persönlichkeit im Endstadium der Emanzipation offenbarte sich konstant als frigide Abweisung allem Existierenden um sie herum, doch konnte die fünfundvierzigjährige Frau mit dem Aussehen von fünfundzwanzig von sich sagen, dass sie, was ihre Söhne betraf, ihr gefürchtetes Temperament, welches sie häufig zum Überkochen brachte und eventuell in reellen Ex- und Implosionen endete, recht gut in Zaum halten konnte. Es waren schließlich ihre Kinder, ihr eigen Fleisch und Blut – na ja, immerhin zur Hälfte jeweils –, Individuen, die in ihrem Körper für jeweils neun Monate herangewachsen waren und ihr unglaubliche Beschwerden und Schmerzen zugeteilt hatten, um dann geboren zu werden und nichts anderes zu können, als die eigene Windel in einem neuen Weltrekordversuch in rasantem Tempo zu füllen, gefüttert zu werden und heranzuwachsen zu jungen Männern, die jeweils im Alter von fünf Jahren mit Schwertern kämpften, die Materie entschlüsselten oder Flöße aus ganzen Baumstämmen bauten.

Yevon, wie sie Kinder doch hasste!

Instinktiv fragte sie sich erneut, wie genau sie eigentlich auf den Entschluss gekommen war, eigenen Nachwuchs zu haben. Alles startete damals vor fünfundzwanzig Jahren mit dieser Leihmutterschaft... Egal, Tatsache war nun, da waren die drei Bälger und waren zudem auch noch alles andere als ihr gegenüber freundlich gesinnt. Waren die noch immer in der Pubertät gefangen? Mit neunzehn, zwanzig und fünfundzwanzig Jahren Alter, oder wie?

Der Satz, den ihr mittlerer Sohn vom Stapel hat laufen lassen (und der im Microsoft Word der Autorin in Verdana Schriftgröße Neun gut und gerne zwölf Zeilen füllt, von dessen Länge sie selbst überrascht ist und auf Lobpreisungen hofft), war recht komplex, zu verstehen – gerade wegen seiner Länge –, weshalb sie einen Moment brauchte, um ihn zu realisieren. Für ihre Söhne musste es sein wie die Ruhe vor dem Sturm, bald würde ein Gewitter hervorbrechen, das Auto würde vom Weg abkommen, sie würden gegen die Leitplanke knallen und in einer heftigen Detonation aufgrund auslaufendem Öls allesamt ihr Leben verlieren. Unwillkürlich umklammerte sie das Lenkrad fester und ging etwas vom Gas; nein, ihr Nachwuchs hatte Unrecht: Es würde kein Gewitter aufkommen. Noch nicht.

"Was hast du dem noch hinzuzufügen, Sephiroth?", wandte Paine sich an ihren ältesten Sohn, welcher neben ihr im Beifahrersitz saß, sein langes Haar in feinstem Silber über die rechte Schulter gleiten ließ und seine türkisgrünen Augen geschlossen hielt, während er über irgendetwas brütete.

Ja, er brütete, denn zu solch primitiven Dingen wie Schmollen ließ er sich nicht herab.

Noch einige geringe Augenblicke erhielt sie nur Schweigen von ihrem Sohn. Dann, nach einem Seufzen – ein eindeutiger Beweis, dass er in irgendeiner Art mit Zexion verwandt sein musste, die beiden hatten bereits einen neuen Rekord in jener Ausatmungsdisziplin aufgestellt –, erhielt sie ihre Antwort, überliefert von einer von ungeahnter Gleichgültigkeit durchsiechten Stimme, dass die Ironie, die sie ausdrückte, ihr schon allegorisch ins Gesicht schlug: "Abgesehen davon, dass ich mir nun tagtäglich einen Hubschrauber in den Garten bestellen darf, um zur Arbeit zu kommen, ich nicht weiß, wie ich dies Genesis, Angeal und Zack erläutern soll, und mir ebenso unbekannt ist, wie ich heute ins Universitätstheater kommen soll, wo ich mir zusammen mit Angeal und Genesis die neu einstudierte Aufführung von 'Loveless' in Musicalform ansehen wollte, ist es mir eigentlich recht egal."

Die Freunde, bei ihnen beiden waren das, was sie wirklich negativ stimmte dieser ganzen Aktion gegenüber, das Zurück- und Verlassen ihrer Freunde, der Menschen, denen sie erlaubt hatten, ihnen nahe zu kommen, in ihr Herz zu treten, ihr Vertrauen zu gewinnen, solche Dinge halt. Der Silberhaarigen war bekannt, wie sehr man an solchen Freunden hing; verdammt, das war ja auch einer der Gründe, warum sie sich dazu entschlossen hatte, umzuziehen. Trotzdem, sie war ihre Arbeitslosigkeit losgeworden, sie hatte für ein gutes Leben ihrer Kinder gesorgt, hatte sie, soweit sie selbst das beurteilen konnte, gut erzogen, hatte nun für ein angenehmes und ruhiges Umfeld gesorgt, von dem sie alle etwas hatten, und das war der Dank?

Sie hätte kotzen können.

Ihre Nackenhärchen stellten sich auf, als ein erwartungsvolles Schaudern durch ihre Glieder drang und ihr somit zu wissen gab, dass auch ihr Jüngster sich daran machte, seine Missgunst an der Sache auszusprechen. Nein, danke, sie wollte nicht noch mehr über verlassene und vereinsamte Freunde hören. "Nein, Riku", meinte sie gleich, starrte eisern auf den Weg voraus, als das Ausfahrtschild zu Radiant Garden endlich in Sicht gekommen war und sie nun auf selbigen Weg hinab von der Autobahn aufzustöbern ersuchte, "fang jetzt bitte nicht auch noch mit Larxene und welchen Sadistenfreunden auch immer an! Wir sind fast da, also haltet einfach weiter die Klappe und lasst es über euch ergehen – sobald wir da sind, erklärt euch Mami mal, was das hier eigentlich zu bedeuten hat."

(An dieser Stelle soll geklärt werden, dass die Geheimhaltung der Namen der anderen Charaktere/Mitglieder von Zexions Familie bis zu diesem Zeitpunkt von der Autorin nicht als Intention der Erhöhung des Spannungsbogens dienen sollte; um nun jeglichen gut gemeinten Interpretationsansatz von vornherein mit Fluorsäure zu übergießen, gibt sie offenkundig zu, ein notorischer Faulpelz zu sein und deshalb nicht die Muße hatte, sie zu benennen, zumal sie aus dem Prolog heraus bereits bekannt waren. Auf Knien rutschend, zumindest wenn es sein muss, bittet sie die Leser um Verständnis.)

Das Zucken, ob nun großflächig sichtbar oder nicht, das durch die Körper ihres Nachwuchses ging, war vorhanden. Das Wort 'Mami' hatte in dieser Familie aber auch einfach eine viel zu gute Ambivalenz.

Vielleicht, aber nur vielleicht, würde das doch reibungsloser über die Bühne gehen als erwartet.
 

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Wenn Hikari Demyx eins nicht war, dann war dies vergesslich. Bis dato war es ihm noch nicht gelungen, irgendetwas von großer Bedeutung zu vergessen, und auch an die kleinen Unfreuden des Lebens konnte er sich erinnern, als wären sie erst seit einer Stunde verjährt.

Da war zum Beispiel die Hochzeit seiner Großeltern vor vierzehn Jahren, und er wusste noch genau, wie vierjährige Zwillinge getollt und getobt hatten, bis sie gegen den Tisch mit der Torte – sieben Schichten, denn es waren viele Gäste da gewesen und sein Großvater war ein notorischer Süßspeisenverkoster, der auf Diabetes pfiff wie eine achtzigjährige alte Dame auf Lungenkrebs; das Leben war bereits gelaufen, die ganze Zeit über war es gut gegangen, und nun wollte man ihnen ihre letzten Späße nehmen? – stießen, umwarfen, wodurch das Meisterwerk des Konditors im hohen Bogen über die Anwesenden flog und, oh so vorhersehbar, auf der neuen Großmutter landete; diese war danach radikal entschwunden und die Party wurde ohne sie weitergefeiert, was den Opa aber nicht zu stören schien.

Dann war da Soras erster Versuch, zu schwimmen, nicht ganz zwei Jahre später. Es war unglaublich, wie ein agiler und für sein Alter recht geschickter Junge im Wasser eine ungeahnte Metamorphose durchging und zu einer bleiernen Ente mutierte, die schneller sank, als die Rocky Mountains es würden. Mittlerweile konnte er schwimmen und ging nicht mehr unter, allerdings war es auch nicht allzu sicher, wie lang er sich oben hielt, ohne die Oberfläche zu durchbrechen und wenig später mit einem Delirium wieder hinaufzukommen und zu erzählen, er habe doch eine Meerjungfrau mit blauen Augen und wallendem roten Haar gesehen.

Wenn er damals gewusst hätte, dass damit seine zukünftige Dozentin Arielle gemeint war, hätte er ihn niemals für einen dermaßen großen Vollidioten gehalten.

Roxas' erstes Skateboard trat zeitgleich mit Soras Schwimmversuchen auf. Die Schrammen, die seine Knie tagein, tagaus schmückten und immer wieder von verzweifeltem Üben aufrissen, waren Zeugen genug, dass aus dem kleinen Knirps eines schönen Tages ein verbissener junger Mann würde, der solange etwas versuchte, bis er es schaffte, konnte, überwältigte, Liste beliebig fortzuführen. Und dazu war er auch geworden – zwar war er noch ein aggressives arrogantes Arschloch beizeiten, aber er hatte sich gemacht.

Ebenfalls klar und deutlich präsent war das zuletzt gefeierte Weihnachten, dass sie zu fünft verbrachten, der gesamte Familienverbund Hikari. Die Schürze mit dem Schriftzug "Kiss The Cook" war am Ende des Abends nichts weiter mehr als ein Haufen Asche, der Braten war angebrannt gewesen, eines der Geschenke war in die Luft geflogen – keiner von ihnen wusste, was genau das nun eigentlich war – und ihr Vater hatte schlussendlich mehrere Gabeln in einem sehr privaten, hinten gelegenen Körperteil stecken.

Eine Sache jedoch war niemals in seinem blonden Kopf präsent, und dessen wurde er sich erneut bewusst, als er zum siebenundzwanzigsten Mal aus einem Bus ausstieg, sich umsah und sich fragte, was das hier eigentlich für eine Straße war.

Die heimführenden Buslinien hatte er wie jede Semesterferien verdrängt.

Und hier war er nun, mitten in der Pampa, mitten auf einer breiten Straße in Radiant Garden, die er nicht kannte und wahrscheinlich am vollkommen anderen Ende der Stadt lag. Wieso nur musste man ihn mit solch einer Orientierungslosigkeit strafen? Nicht einmal Sora war so ärmlich dran, was Straßennamen und Hausnummern und Richtungen betraf. Wenn er wenigstens einen Kompass hätte, aber nein, nicht einmal den besaß er, den hatte er Gippel gegeben, seinem Zimmernachbarn im Studentenwohnheim, ein junger Technikstudent, der auf ominöse Weise sein rechtes Auge mithilfe einer Augenklappe verdeckte, und bis heute hatte er den Grund dafür noch nicht herausfinden können.

Da vorne, war da jemand? Erkennen tat er einen Schemen, schwarz und groß und schwarz und... hatte er schon schwarz erwähnt? Auf jeden Fall war dies ein menschliches Wesen und er wäre überaus dumm, wenn er seine Chance nicht sofort ausnutzen würde. Folglich machten sich seine Beine gar schon selbstständig, er ging hinüber zu dem Fremden, der mit jedem getanen Schritt immer klarer wurde und sich schließlich in einem jung erscheinenden Mann mit langem Haar in der Farbe von Ebenholz, durchweg schwarzer Kleidung und so heller Haut, dass man meinen könnte, er sei ein Vampir, was durch diese rotbraunen, eher roten Augen nur noch unterstrichen wurde, verlor.

Kaum hatten ihre Blicke sich gekreuzt und Karmesin sich mit Meeresgrün getroffen, wusste er, wer das war. Klar, wieso war es ihm zuvor nichts bereits aufgefallen? Eigentlich hätte er es augenblicklich wissen müssen, schließlich war dieser Mann ein fester Teil in ihrer Familie, ohne den sie wohl nicht so laufen würde, wie sie lief – wenn sie dann überhaupt lief. Ohne ihn, diese Stimme der Vernunft, die überall und nirgends war, die personifizierte Ruhe und Gelassenheit, wenn auch gelegentlich Gleichgültigkeit war die Waage, die all ihre schlechten Eigenschaften aufwog und im Gleichgewicht hielt. Auch wenn er erschien wie ein Blutsauger und definitiv eine dunkle Aura um sich hatte, ohne ihn ging es nicht mehr.

"Vincent!!!", rief er ihm entgegen, als Demyx in einen leichten Lauf, eher ein Joggen ausbrach und zu ihm eilte. Es ging kein Schreck durch den Mann, zumindest kein sichtlicher, doch zeigte er auf solche Dinge nur selten Reaktionen, ehe er seinen Blick nun endgültig auf ihn fixierte. Ein kaum vorhandenes Lächeln hatte sich auf die blassen Lippen gelegt, als Valentine Vincent sich von der Mauer abstieß, die Arme vor der Brust verschränkt haltend, das nur für ihre Familienmitglieder reserviert war, niemanden sonst. Ihrem Vater war es schon gut gelungen, den stoischen Mann mit der äußerlichen Fragilität von Porzellanpuppen aufzutauen.

"Du hast lange gebraucht, um endlich wieder hier aufzukreuzen, Demyx", meinte Vincent, kaum dass er bei ihm angekommen und seine Tasche erneut geschultert hatte, als sie drohte, einen Abgang zu machen, und man konnte leichtes Amüsement aus der tiefen Stimme heraushören, wenn man sich anstrengte – oder wenn man sein Gegenüber schon lange genug kannte, "allerdings hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet, dich ausgerechnet hier aufzugabeln."

"Hier?", hakte der junge Student nach, blickte sich um, sah aber nur das, was Radiant Garden ausmachte: Häuser, Häuser und Häuser mit Gärten gefüllt mit Hecken, Sträuchern, Büschen, Bäumen, Blumen, Einfahrten mit schönen Automobilen, heile Straßen und tief fliegende Flugboxer. Nein, nichts Ungewöhnliches. "Wie meinst du das, Vinc?"

Der Schwarzhaarige hustete, obwohl man nicht genau sagen konnte, ob es nun tatsächlich das war oder eher ein Verschleierungsversuch von einem kurzen Kichern. "Ich dachte eigentlich immer, da du so sehr darauf beharrst", meinte er und ein boshaftes Grienen schlich sich auf die androgynen Züge, "dass du eher auf der einen Seite des Flusses stehst, dich nie in die Gefilde der anderen begeben würdest. Oder hat das letzte Semester dir doch gezeigt, dass wir Recht behalten und du schwul bist?"

Demyx brauchte nicht nachfragen. Er wusste genau, wo er war. Es gab nur einen Ort in ganz Radiant Garden, den er bis dato nie betreten hatte, und nun war er genau hier gelandet, ohne es überhaupt registriert zu haben: Ultima-Omega, der Platz, an dem die Regenbogenfahne über allem stand, ein ganzes Sechzehntel des Vorortes von Hollow Bastion.

Wo war der nächste Teich? Wo konnte man sich hier gut ertränken?

Zur allgemeinen Aufklärung muss gesagt werden, dass Demyx nicht an Homophobie litt. Dies wäre in Anbetracht der Tatsachen, dass sowohl Vincent als auch Roxas als auch ihr Vater homosexuell waren, bei Sora war es immer noch nicht klar, ob er überhaupt menschlich oder nicht doch ein Außerirdischer vom Jupiter war, auch etwas Erschreckendes. Es war lediglich so, dass er der festen Überzeugung war, bisexuell zu sein – was er an einer Verknalltheit in ein Mädchen in der sechsten sowie die in einen Jungen in der achten Klasse festmachte, die ungefähr jeweils drei Monate dauerte, bevor er wieder zu seiner festen Freundin, der Musik, zurückkehrte –, bevorzugte trotzdem das andere Geschlecht seiner Überzeugung nach, und machte es sich selbst ob dieser Kenntnis schwerer, sich unter Homosexuelle zu begeben, die er nicht persönlich kannte, von denen er nicht wusste, wie sie waren, denn jemand mit seinem guten Aussehen – und er gab nicht an, gibt die Autorin offenkundig zu, sein Aussehen war einschlagend wie eine Bombe – würde recht schnell mehrere Telefonnummern zugesteckt bekommen; beim weiblichen Geschlecht hatte er zumindest diese Wirkung.

Die Autorin hofft, dem Leser nun mitgeteilt zu haben, dass es keinen Grund der Besorgnis gibt; Demyx wird noch eines Besseren belehrt.

Als seine grünen Augen wieder auf Vincent fielen, hatte der bereits sein Handy – schwarz mit einem Emblem darauf, dass einen dreiköpfigen Hund darstellen sollte, obwohl sich niemand dabei wirklich sicher war – herausgeholt und hielt es sich ans Ohr. Mit der anderen griff er nach Demyxens Oberarm und zog daran, kaum dass er anfing, sich fortzubewegen.

Die Frage nach der Richtung blieb ihm im Halse stecken, als auf der anderen Seite abgenommen wurde und Vincent mit seinem Verbindungsmann sprach: "Ich habe ihn gefunden... ja, er ist heil und da er nicht von einem Mob wütender Leute verfolgt wurde, nehme ich an, er hat auch nichts zerstört... Ja, wir machen uns sofort auf den Weg, und bevor du's sagst, ich rufe Sora an... Wo ich ihn gefunden habe? Entschuldige, aber kannst du dir das nicht denken? Ultima-Omega, ich war nicht grundlos da... Ich wusste, dass das kommt, Axel ist bei dir... Das ist leicht zu erkennen... Bis nachher, Roxas."

Der Druck der Taste gab ein leichtes >Tut< von sich, dann war aufgelegt.

Allein der Gedanke daran, dass Roxas, von allen Menschen der Welt, wusste, wo er sich befunden hatte, ließ Hikari Demyx sich wünschen, hier sofort eine Klippe hinab springen zu können und seinem miserablen Leben ein Ende zu bereiten – denn er würde nie das Ende hören.
 

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Kurayami Riku war genau genommen optimistisch. Betrachtete man nicht die dunkle, negative Aura, die um ihn waberte wie der Geruch von Rosenkohl in einem Ein-Zimmer-Apartment, blieb zwar ein ziemlich düsterer junger Mann über, doch trotz all seiner Verwandtschaft konnte man sagen, er war optimistischer als alle zusammen – was anhand der Tatsache, dass ihre ganze Familie von Pessimismus durchsiecht war, ein übernatürliches Wunder in der Größe von Wasserstoffatomen war.

Er war optimistisch, als er die doch recht nett erscheinenden Nachbarschaften von Radiant Garden im Vorbeifahren betrachtete und die recht hübschen Häuser und Wohnungskomplexe observierte. Er war optimistisch, als er die Bäume sah, an denen garantiert nicht irgendwo der Schriftzug 'Made in Taiwan' zu finden war. Er war sogar optimistisch, dass nach einmaliger Kollision mit der Windschutzscheibe die Flugboxer verstanden hatten, dass es äußerst ungesund für ihre Schädel und dem darin (nicht-) vorhandenen Inhalt war, in eine im Sonnenlicht schimmernde Glasscheibe, die sich bewegte – oh Gott, sie bewegte sich! –, im Irrglauben verfallen, es sei die Oberfläche eines Sees, zu tauchen zu versuchen.

Sein Optimismus wurde bestätigt, als ihre Mutter mit dem plötzlichen Anmachens der CD im Autoradio signalisierte, dass sie soeben die Straße erreicht hatten, in der wohl ihr zukünftiges Leben bis zum Auszug verlaufen würde – wenn du mit "These open arms will wait for you~!" begrüßt wirst, würdest du auch wissen, dass du angekommen bist, besonders bei einer Lautstärke, die locker einhundertfünfundsiebzig Dezibel erreichte, das versichert dir die Autorin aufgrund eigener Erfahrungen, mit dem Unterschied, dass es nicht Bon Jovi war, sondern Linkin' Park.

Als sie an dem Straßenschild vorbeifuhren, kamen ihm allerdings schon Zweifel. Wem würden diese nicht kommen, wenn man gerade mit Karacho dabei war, in die Jisatsustraße zu fahren?

Allerdings, sehr viele Samurai mit kleinen Klingen, die umwickelt waren von Papier, konnte er nicht ausmachen. Dafür waren die Häuser allesamt zwei Stockwerke hoch, hatten sicherlich noch zusätzlich ein Dachgeschoss und einen weiträumigen Keller. Sie sahen alle irgendwie älter aus, fast schon wie späte Bauten aus der Renaissance, doch passte dies perfekt in das allgemeine Flair, das die Stadt zu besitzen schien: altmodisch und doch auf dem neusten Stand, vornehm und unterschwellig akzeptabel gegenüber Neuankömmlingen und neusten Trends. Es schien doch nicht so schlimm zu sein, wie er sich seit zwei Wochen ausgemalt hatte. Dann wiederum hatte er bis dato noch nie einen einzigen Fuß in die Ortschaft gesetzt.

Schon bald wurde das Muster, in dem die Häuser aufgestellt waren, klar: Die Straße wurde an jeder zweiten Ecke von einer anderen durchkreuzt, was die Bauten in Viererblocks unterteilte. Diese Viererblocks waren gegen den Uhrzeigersinn nummeriert – von links oben nach links unten nach rechts unten und nach rechts oben. Es sah merkwürdig aus, wenn man es genau betrachtete, wie ein Streuselkuchen, bei dem die Streusel abgemessen und einzeln angeordnet worden waren. Allerdings war es wiederum nichts, woran man sich nicht gewöhnen konnte.

Die Hausnummern, so erkannte er, waren in römischen Ziffern geschrieben und unterteilt in zwei Nummern – ging die Straße wohl doch mehrere Querstraßen. Gerade waren sie an Haus Nummer XII-VI vorbeigefahren.

"Zexion, war das die Dreizehn?", fragte seine Mutter und sie schien zu wissen, dass er gerade ihren Tod in vollsten Zügen plante, denn definitiv hatte Sephiroth seines Grabesstimme von ihr geerbt, die sie jedoch schon längst zur Perfektion geführt hatte – nun ja, Zexions Gedanken zu lesen war genau genommen keine große Herausforderung (zumindest nicht immer, erinnerte ihn die Autorin mit einem ziemlich sarkastischen "Ach, wirklich?" und deutete in Zynismus versunken auf die kommenden Kapitel, die erst noch getippt werden mussten), wenn von ihm eine mörderische Aura ausging, die nur einen Ursprung zurzeit kennen konnte.

Der Silberblauhaarige – woher dieser leichte blaue Ton kam, war bisher noch unbekannt – gab ein Grummeln, oder eventuell auch ein Grunzen von sich, so ganz klar war das nicht, das eindeutig als eine verneinende Antwort gewertet werden konnte. Ja, sie kannten Zexion definitiv schon lange genug, um das zu wissen.

"Na dann", meinte Paine und kaum waren sie bei der nächsten Zweigstraße angekommen, drehte sie das Lenkrad in normalerweise unmenschlichen Winkeln und das Auto drehte sich wie in einem Mixer gelandet, die Reifen quietschten lautstark und schlussendlich fand es sich in einer anderen Querstraße der Jisatsustraße wieder. Verzweifelt krallte sich Riku mit seinen perfekt manikürten Fingernägeln an in das Sitzpolster unter sich sowie den Griff über der Tür neben ihm und hielt sich fest, auch nachdem diese mörderische Manöver geschafft und sämtliche Nachwirkungen abgeklungen waren – hey, man konnte es ihm nicht vorwerfen, er kannte den Fahrstil seiner Erzeugerin!

Häuser flogen in Lichtgeschwindigkeit an ihnen vorbei und der Silberhaarige, der nächste Woche seine Examina schreiben musste und seinen Bruder beneidete, dass dieser diese schon vor drei Semestern hinter sich gebracht hatte, verfiel einem Tunnelblick, alles bis auf die Straße und der Bordstein verschwamm in einem merkwürdigen Strudel, der ihn indirekt an einen tropischen Wirbelsturm erinnerte und ihn zu dem Schluss kommen ließ, dass Apfelstrudel eine bessere Alternative zu dieser Fahrt war, wenn es schon strudelnd sein musste (und wenn die Autorin auf einmal einen regen Appetit für jenes Gebäckstück bekam, schön mit Vanilleeis und Himbeeren und Sahne und Apfelmus und... Bevor sie ihre Lobreden auf den Apfelstrudel wirklich ausführen konnte, erhielt sie einen Schlag gegen den Kopf und ein entnervtes "Mach hin, du faule Socke!!", und sie danke Riku stumm, ihr ausgeholfen zu haben, den Sinn zur Realität nicht aufgrund eines Hungergefühls zu verlieren). Allerdings war ihm nun schlecht; und als das Vehikel zu einem abrupten Halt kam, war er unglaublich erleichtert über das Vorhandensein von Sicherheitsgurten, auch wenn ihm nun dafür die Luftzufuhr abgeschnitten wurde.

'XIII-VI' stand sowohl auf dem Briefkasten als auch neben der Haustür – das Haus links oben in einem Viererblock – und war vermutlich das, worin sie nun alle zu leben hatten. Mit unsicheren Beinen stiegen sie alle aus, nachdem Paine den Motor ausgemacht und mit ungeahnter Kraft die Tür regelrecht aufgestemmt hatte. Und dann sahen sie das Haus.

Rikus Optimismus hatte sich gelohnt.

Das Gebäude maß – so Zexions Berechnungen, und diese waren so gut wie immer präzise und ausgereift – rund zweihundert Quadratmeter und bestand aus insgesamt vier Etagen, was an den Fenstern der Außenwände erkennbar war, dem Erdgeschoss und dem ersten Stock sowie Dachboden und Keller. Und schon jetzt wusste er, als sie einen Moment stumm dieses monumentale Bauwerk ungeahnter Ästhetik mit einem unglaublich gut gepflegten Garten (was, so die Autorin, eine überraschend-positive Sache war!) betrachtet hatten, Welches Zimmer er bekommen würde.

"Oben rechts vorne."

Das, das Zexion sich gerade unter den Nagel gerissen hatte. Und in dieser Familie galt, dass derjenige, der zuerst kommt, zuerst malt.

Also, schnell eine andere Entscheidung gemacht, sprach er: "Ich das oben rechts hinten." Erst im Nachhinein fiel ihm aus, dass diese Besitzanzeige vollkommen unnötig war, da Sephiroth keine Ansprüche hob und Paine so weit wie möglich weg bleiben wollte von ihrem mittleren Sohn, denn dieser hatte nicht nur einen ungeahnt machtvollen Todesblick in seinem Repertoire der verbalen und nonverbalen Kriegsführung, sondern konnte einem, wenn er schlechte Laune hatte, schon mit einer bloßen Anwesenheit zu einer Panikattacke verhelfen, die in chronische Hysterie und Paranoia enden konnte – es war zu vermuten, dass seine Zeit mit Vexen und Lexaeus ihm einige dieser Dinge beigebracht und seinen Sarkasmus schon zu Zynismus entwickelte.

Was für ihn als Folge hieß: Er würde eines seiner Lieblingsopfer nur eine Wand weiter haben.
 

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Hikari Sora war aufgeregt.

Er war, allen Ernstes, kein aufgescheuchtes Huhn. Es gab nur einfach Gelegenheiten in seinem Leben, die seinen Blutdruck auf dreihundertsiebenundfünfzig erhöhten und ihn erscheinen ließen wie ein aufgescheuchtes Huhn auf Crack oder irgendwelchen anderen Amphetaminen. Wahrscheinlich Speed und Unmengen von Kaffee, auch wenn er das schwarze Gebräu nicht trank.

Die Küche in ihrem Haushalt war mittlerweile so unsicher geworden wie ein Minenfeld. Der ursprüngliche Plan, alles blitzblank zu bekommen, bevor die neuen Nachbarn und Schrägstrich oder Demyx hier ankommen würden, war leicht von seinem Schema abgeweicht und geendet wie das Hornberger Schießen. Es war auch nicht leicht, wenn man all das Schießpulver, das man zu Demonstrationszwecken brauchte, zuvor bei Übungen verschoss.

Gut, Sora hatte nicht geübt, er wusste, wie man eine Küche reinigte. Er wusste, wo all die kleinen und großen Flaschen, all die verschiedenen Mittelchen sich befanden, wo die Handschuhe, die Bürsten, Schwämme, Lappen und so weiter waren und trotzdem hatte er es irgendwie geschafft, den Ofen in die Luft zu jagen, ohne diesen überhaupt gestartet zu haben. Wie er das geschafft hatte, war ihm nicht bekannt, doch war er definitiv froh, dass das Haus noch stand, wenn man bedachte, dass jenes explodierte Gerät direkt in einem der mehreren, in dicken Wänden (aber irgendwie doch nicht dick genug, denn gewisse Geräusche, wie die Autorin ihn gerade so freundlich-maliziös an Axel und Roxas und ihre... Tätigkeiten erinnerte und ihn indirekt für den Bruchteil einer Sekunde erröten ließ – was aber nicht in die Handlung passt und deshalb wieder weggejagt wurde –, drangen immer noch durch) versteckten Stützpfeilern residierte und sich dort auch recht wohl zu fühlen schien. Für ein nicht-lebendiges Ding zumindest.

"Scheiße, wenn Paps nach Hause kommt, bringt er mich um!", war sein größtes Bedenken, als er voller Tatendrang das Fenster aufriss, um den schwarzen Qualm aus dem Raum zu entlassen und nicht noch eventuell sein Leben aufgrund einer Erstickung zu verlieren. Allerdings, in Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei dem so genannten 'Paps' um niemand anderen als Highwind Cid handelte, wurde alles plausibel.

Wie es kam, dass der Vater Highwind, dessen Lebensgefährte Valentine und die Kinder Hikari mit Nachnamen hießen? Tja, liebe Leser, daran dürft ihr euch erst einmal den Kopf zerbrechen, das ist ein Geheimnis, das später erst gelüftet wird, da ist die Autorin rigoros – und euer Erzähler sagt euch das, sie kann wirklich eine Schlampe sein, wenn sie will.

(Ein schwarzer Vorhang fällt über die Geschichte, man hört unschöne Laute im Hintergrund von brechenden Knochen und dergleichen unangenehmen Dingen. Als der Vorhang wieder aufgeht, steht da die Autorin in brillantem Schein, neben ihr die Überreste vom Erzähler, die mehr aussehen wie eine Mumie. Er liegt in einem sterilen Krankenhausbett, von dem man sich nicht mal bemüht hat, die grüne Plastikplane abzunehmen, und an dem Fußende befindet sich ein übergroßes Schild mit den Worten: "Ich bitte vielmals um Verzeihung, oh gnädigste aller Autorinnen, die es mir ermöglicht, zu leben, zu atmen, zu sein." Die Autorin merkt nicht, wie überaus selbst-satirisch sie damit im ironischen Sinne ist, und gibt ihrem Schützling die Fähigkeit des Erzählens wieder. Erneut fällt der Vorhang und als er sich diesmal hebt, sehen wir Sora, schwarzen Qualm und ein offenes Fenster.)

Langsam verzog sich die schwarze Masse aus dem Raum, brachte den Braunhaarigen jedoch trotzdem zu lautstarkem Husten, denn definitiv war es nicht angenehm, wenn solch eine Menge an Rauch, so dick und fest wie Cids Versuche an Eintopf, sich ihren Weg die eigene Luftröhre hinab in die Lungenflügel suchte und dort spielte: 'Krebs, Krebs, komm, ich suche dich!'. Demyx könnte ihm davon ein Lied singen als Medizinstudent – gut, wenn er sich recht entsann, wollte dieser zwar Neurologe oder Kardiologe, eines von den beiden auf jeden Fall, werden, aber das half ihm nicht an dem 'Rauchen ist tödlich für deine Gesundheit!' und dem obligatorischen schwankenden Zeigefinger in ausgestreckter Haltung vorbei.

Gut dass er Nichtraucher war.

Langsam verließ er die Küche, kümmerte sich nicht darum, ob die Ausdünstungen ihrer Küche nun als Kuriosität gehandhabt wurden oder nicht. Ungewöhnlich waren solche Vorfälle hier nicht, man erinnere sich noch an ihren Nachbarn von schräg gegenüber, Saïx, der eines Nachts aufstand, auf das Dach seines Hauses kletterte und in einem Schwall von Ruhestörung den Vollmond anheulte – bis Cid die Schnauze voll hatte und ihm eiskalt seinen Speer entgegen geworfen hatte, welcher sich dann in der Verse des Blauhaarigen versenkt hatte – ihr Paps mochte vielleicht ein Grobmotoriker sein, doch Kämpfen konnte er mit ungeahnt nicht-existenter Eleganz, die sie alle nur immer wieder ängstlich schlucken ließ. Doch das Resultat: Geheult hatte niemand mehr. Dafür waren Marluxias Pflanzen einen Viererblock weiter lebendig geworden und hatten die Venusfliegenfallen aus dem Geschäft geschmissen – später stellte sich heraus, dass es doch keine gute Idee gewesen war, mit der alten Malefiz, einer verstreuten Dame, zusammen die Dinger zu düngen.

Und jetzt, wo er aus dem Schwall Schwärze herausgetreten war und sein Gesicht vollkommen in Ruß vorfand, sah Sora erstmals, dass ihre Nachbarn bereits angekommen waren und sie nun ein schlechtes, verrauchtes Bild abgaben – zumindest wenn das silberne Auto irgendetwas zu bedeuten hatte, ebenso die Personen vor dem Haus und der nun heranfahrende Transportwagen, aus dem Möbel und Kisten gehievt wurden.

Ja, scheiße. Sie waren da. Und die gute Reputation hatte sich in Rauch aufgelöst.

Schnell rannte Sora die Treppe hinauf ins Badezimmer, in seiner Eile und Hektik vollkommen vergessend, dass im Erdgeschoss ebenfalls eines vorhanden war, drehte den Wasserhahn auf, befreite seinen Kopf von Schmutz und Dreck, kämmte sich noch einmal – was bei seiner Frisur jedoch eh nie auffiel –, besah sich noch einmal in seiner schwarzen Stoffweste ohne Ärmel und mit Kapuze sowie seine schwarzen, weiten Hose und mit der Auffassung, nichts mehr schlimmer machen zu können, rauschte er wieder hinab, zog sich seine schwarzen Schuhe in Übergröße an und flog hinaus wie ein Wirbelwind.

Kaum vor der Tür angekommen, musste er glücklicherweise feststellen, dass er doch nicht der einzige war, um die neuen Nachbarn zu begrüßen. Roxas war in Begleitung Axels von der einen und Vincent in Begleitung Demyxens von der anderen Seite her zu ihm unterwegs – oder auch zu den Nachbarn, je nach dem.
 

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Körperliche Arbeit war die achte Todsünde, entschied Zexion nach einer aufregend stillen Restfahrt. Körperliche Arbeit war für diejenigen vorgesehen, die physisch auch was zu bieten hatten, wandelnde Muskelpakete, die es nicht nur im linken, sondern auch im rechten Arm hatten, die vor Kraft nicht mehr gehen konnten und einfach halt... zum Verrichten körperlicher Arbeit da waren.

Lexaeus war eine Ausnahme. Der Mann studierte Medizin, Entschuldigung!

Folglich, so fand Zexion, war es nur angenehm, seine beiden Brüder die Arbeit tun zu lassen und sich selbst auf einer der größeren Kisten niederzulassen, die eh erst gen Ende der Einräumaktion ihren Weg in das Gebäude finden würde. Selbiges hatten sie bereits inspiziert, und es schien, so zumindest seine Berechnungen, dass er das größte Schlafzimmer abgesahnt hatte – immerhin etwas in Anbetracht der Umstände, in denen er hierher gebracht wurde.

Seine Mutter war auch nicht sonderlich angetan, was das oben Genannte betraf, obwohl man von ihr sagen musste, trotz dass sie nicht muskulös war, hatte Sephiroth definitiv den Großteil seiner Stärke von ihr geerbt, auch wenn es da einige Punkte gab, die dagegensprachen.

Was das für Punkte sind? Der Erzähler weist auf den vorigen Abschnitt der Geschichte und hat nicht vor, noch mehr auszusehen wie die Überreste eines uralten Pharao. Dankeschön.

Vorsichtig setzte die sich ungeahnt ältere Dame, die man aufgrund ihres Aussehens leicht für seine Schwester hätte halten können, neben ihn auf die Kiste. Er blickte sie nicht an und gab auch sonst keine Zeichen von sich, ob er ihre Anwesenheit billigte oder missbilligte. Wenn er ehrlich sein sollte, wusste er es im Moment selbst nicht.

Paine war seine Mutter, dies war ein biologisch bewiesener Fakt. Er verstand, was sie zu dieser Entscheidung bewegt hatte, verstand die Beweggründe, die dahinter standen, verstand, dass sie nur das beste für ihre Söhne wollte, und verstand genau genommen alles, wie es hierher führen konnte. Was er jedoch nicht verstand, war, dass man ihn nicht hatte informieren können. Vorhin hatte bereits Lexaeus ihn auf seinem Handy angerufen und gar nicht erst auf die obligatorische Begrüßung gewartet und gleich zu wissen verlangt, wo er sei und warum die Wohnung leer stehe. Es war eine Tortur gewesen, eine Qual und Folter in sich, seinem besten Freund von dem Umzug zu erklären, von dem er zuvor selbst nicht einmal etwas geahnt hatte, doch dieser hatte unerwartet verständnisvoll reagiert und versichert, dass das ihrer Freundschaft auf jeden Fall keinen Dämpfer verpassen würde.

Nein, sie waren nicht zusammen. Nur eine kleine Erinnerung.

Paine seufzte neben ihm und ohne sich umzudrehen, ihrer beiden Blicke auf etwas weiter weg gerichtet – seiner unter Garantie auf einer Geranie in Form eines Mogrys einen Viererblock weiter –, wandte sie sich mit Worten an ihn, Worte, die er nicht hören wollte, jedoch nichts unternehmen konnte, um sie zu verhindern: "Du weißt, dass ich das nicht wollte. Nicht so."

Er schnaubte ungerührt. "Natürlich wolltest du das nicht", erwiderte er gleichgültig und erneut gelang es ihm, keine einzige Spur Gefühl in seine Stimme zu lassen. Er war einfach so; gefühlskalt, eingefroren sagten einige, ein Mensch, der eher auf Rationalität und Logik als auf Bauchgefühle und andere Empfindungen hörte. Wie er solch eine Apathie in seine Stimme bringen konnte, war selbst ihm noch immer ein Rätsel, doch die Kälte, die immer da seiende Kälte wurde härter und bekam einen schneidigen Rand in Form eines manifestierten Dolches, der so manchen Menschen bereits das Herz durchbohrt hatte. Es war ihm uninteressant, dass er gerade seine Mutter vor sich hatte, es hätte jeder andere sein können und es wäre ihm egal gewesen.

Manche sagten, er wäre ein Zyniker, andere sagten, er wäre asozial, weitere meinten, er wäre innerlich tot, wieder andere waren der Auffassung, er verabscheute die Menschheit. Keiner von ihnen hatte je in Kontemplation gezogen, dass es Gründe für Distanzierungen gab, egal welche Extreme sie auch annehmen mochten.

Und er war nicht 'tot'. Er konnte fühlen, sogar unglaublich viel. Es war nur so, dass er nicht wollte.

"Ich meine es ernst, Zexion", fuhr die Silberhaarige fort und ihr Ton war der eine Frau, die sich wirklich große Sorgen um sein Wohlbefinden zu machen schien. Er triefte vor Sorge, Hoffnung auf Besserung und Liebe, dass er sich für einen Moment wirklich nach der Frau sehnte, die ihn als verbalen Sandsack benutzen und ein Ventil für Stress in einer hitzigen Argumentation mit ihm suchen würde, die er so gut kannte, die er jeden Tag sah, nicht diese Darstellung von mütterlicher Fürsorge. Das war er nicht gewohnt, das wollte er nicht, er wollte es nicht!

Paine wusste das. Es war ihre stärkste Waffe gegen ihn.

"Dieser Umzug ist nicht nur, damit ich endlich einen ordentlichen Job in einer ordentlichen Umgebung mit ordentlichen Patienten in einer ordentlichen Klinik ausüben kann, sondern auch für euch", führte sie ungerührt weiter und merkte nicht, wie ihr Sohn sich leicht verkrampfte unter ihrer Stimme – diese Stimme, so sanft, so zart, genau wie sie damals –, dem Ton, dieser tiefen Fürsorge, "ich will euch, solange ihr bei mir bleibt, ein schönes Leben bieten, so gut und so perfekt wie nur irgend möglich. Du musst doch selbst zugeben, dass unsere Wohnung für uns alle zu klein war, und da Sephiroth bei uns bleiben wird, konnte er auch nicht ausziehen und alleine wohnen. Folglich also der Umzug. Es tut mir wirklich leid, was passiert ist und dass du nichts davon wusstest, aber es ging nicht anders. Ich hatte Riku gebeten, dich zu informieren, ich weiß nicht, was da schief gelaufen sein kann."

Ganz langsam, ihre Stimme hatte sich ganz langsam wieder zu dieser sarkastisch-maliziösen verwandelt, die sie konstant war, und es erfreute Zexion ungemeint, zum Status Quo zurückgekehrt zu sein. Leicht entspannte er sich wieder, als die kleinen, verschwommenen Erinnerungen, die aufgekocht waren, sich wieder in die tiefsten Tiefen seines Unterbewusstseins begaben und sich dort erneut in Ketten legen ließen.

Leicht lehnte er sich an seine Mutter; er hatte die Lust verloren, eine große Argumentation zu starten, denn was wäre darin der Sinn? Es war sowieso entschieden, er stand bereits auf verlorenem Posten, ihre Möbel fanden den Weg hinein, eine andere Entscheidung war nicht mehr möglich. Selbst wenn, er war kein Freund vergeudeter Worte.

"Dann wundere ich mich nicht, warum ich nichts erfahren habe", murmelte er stattdessen, als er sich doch wieder aufsetzte.

Es war nicht so, als wäre er berührungsängstlich. Es war einfach so, dass er spürte, wie mehrere Personen sich näherten und er nicht noch falsche Eindrücke machen wollte; verdammt, auch er hatte eine Reputation, auch wenn es nur die eines Eisschrankes war. Aber Reputation war Reputation.

Einer leichten Neugierde verfallen drehte er sich leicht um, blickte hinter sich, von wo aus nun zwei Personen auf sie zukamen. Wenn er schätzen müsste, würde zwischen ihnen ein Fuß Größenunterschied legen, einer mit fünf und der andere mit sechs. Während der kleine braunes Haar hatte, das zwar ungeahnt viel Volumen, aber auch die Form eines Stachelschweins hatte, und schwarze Kleidung trug, war der Größere in dasselbe gekleidet wie Zexion selbst: ein weißes T-Shirt, auf dessen Rückseite das Herzkreuz sich befand, ebenso auf der linken Brust, selbst auf den kurzen Ärmeln, das Zeichen der HBU, der besten Universität für Studien wissenschaftlicher Fächer. Doch nur eine handvoll Absolventen wurden darin wirklich aufgenommen, wieso also hatte er ihn noch nicht gesehen...? Über die schwarze Hose beschwerte sich der Studentenkörper kontinuierlich, Hauptproblem ihr enger Schnitt, der zwar den Damen passte, aber bei den Herren doch einige unschöne Dinge darstellte oder auch zeigte.

Zexion hatte damit kein Problem. Schon immer hatte er eher engere Hosen getragen, sodass ihm das nichts ausmachte und er nur zu gut wusste, wie man eventuelle Problembereiche verdecken konnte. Sein Gegenüber schien auch keine solchen Schwierigkeiten zu besitzen: Jenes Kleidungsstück lag eng an, ungeahnt eng, erschien schon fast wie eine zweite Haut und schaffte es auf physikalisch unerklärliche Weise, einen bestimmten Part der Anatomie doch zu verschleiern – entweder lag es daran, dass diese Person auch gute Techniken entwickelt hatte, gewisse Bereiche zu verdecken, hatte eventuell nichts dort (die Autorin entschuldigt sich für Zexions ungläubiges Husten aus dem Hintergrund sowie einiger mentaler Bilder, die die Kenner von Nataku aus X/1999 eigentlich nicht mehr erschüttern sollten) oder die Hose war für diesen Teil zur Änderungsschneiderei gebracht worden.

Irgendwie bestürzte diese Entdeckung ihn. Im nächsten Moment schlug er sich innerlich selbst.

Es war schlecht, wenn des einen Blick zu lange auf den unteren Regionen des anderen verweilten – Riku, der in seiner Arbeit unterbrach, schaute erst auf ihn, grinste hämisch, blickte hinauf und verstummte, erstarrte wortwörtlich zur Salzsäule, aus welchem Grunde auch immer –, folglich ließ er ihn hinaufwandern, über die schmalen Hüften, schlanke Taille, den vermutlich straffen Bauch – gerade verfluchte er unwillkürlich, dass nicht auch das T-Shirt enger anliegen konnte! – die breite Brust, die ebenso breiten Schultern, hinauf und hinauf, vorbei an einem markanten Kinn, stehen bleibend an einem Paar voller Lippen – eine sinnliche Einladung, eine Verführung gar, sie zu küssen und zu liebkosen, bis sie wund würden! – und weitergehend über eine geradlinig verlaufende Nase und anhaltend an zwei brillanten Augen.

Solche Augen hatte er noch nie gesehen. Die Farbe, dieses Meeresgrün, das ihn indirekt an die Wasser der Karibik erinnerte, war ihm bekannt, ja, doch war es ihm noch nie in einem solch intensiven Schein untergekommen, dass er der Illusion unterlag, sich zwei Smaragden konfrontiert zu sehen, was von der Sonne nur zu untermalt werden schien. Zwei unendliche Seen, vollkommen, sie strahlten eine Lebensfreude aus, waren wahrhaftig Spiegel der Seele, zeigten, öffneten ein Fenster in das tiefste Innere, weiter herab...

Bevor er noch weiterer unlogischer Fehleingebungen verfallen könnte, schüttelte Zexion den Kopf, zog seine schwarze, ärmellose Stoffweste ordentlich über sich und sortierte die Kapuze neu, verbannte alles, was eben sein Gehirn durchflutet hatte. Es war schon öfter vorgekommen, dass er jemanden auf den ersten Blick hin attraktiv fand. Zwar noch nicht in diesem Ausmaße, aber es war vorgekommen. Dagegen war auch nichts einzuwenden, denn jemanden attraktiv zu finden, war in der heutigen Welt nichts Besonderes mehr. Doch jetzt, jetzt war dies vollkommen unpassend, sie waren neu hier, sie mussten noch auspacken, sie mussten noch einrichten, sie mussten sich noch einleben und sie mussten die Nachbarn kennen lernen, nicht begehren.

Seine Mutter nahm seine kurzzeitige Apathie als Zeichen, sich fortzubegeben und seinen großen Bruder in einem Akt der Rache umherzujagen.

Zexion war bis zu einem bestimmten Grad Wissenschaftler. Er glaubte nicht an die Liebe auf den ersten Blick. An die Liebe ja, aber nicht die auf den ersten Blick. Man konnte sich von Augenblick Null an zu jemandem hingezogen fühlen, körperlich und vielleicht auch bis zu einigen spezifischen Punkten seelisch, aber sich zu verlieben war paradox.

Erst später würde er realisieren, dass dieser Moment, dieser eine kleine Augenblick Null seine Auffassung vollkommen über den Haufen werfen würde.

"Hey, ihr seid die neuen Nachbarn hier, nicht wahr?", grüßte sie der kleinere Braunschopf, seine Stimme war warm und hell und, sofern man das sagen durfte, von Freundlichkeit regelrecht befallen. Schon jetzt kamen Zweifel auf, wie das hier zu überleben war, abgesehen davon, dass die Frage in Anbetracht des Möbellasters, ihrer Tragearbeiten, die vielen Kartons sowie ihre Residenz auf der Einfahrt, in irgendeiner Weise etwas zu bedeuten haben könnte. Eventuell.

Nichtsdestotrotz nickte der Silbergrauhaarige und antwortete höflich, denn aus ihrer Familie schien er neben seinem älteren Bruder – obwohl, dieser auch nur in guter Laune, und wo war der eigentlich? – der einzige zu sein, der ordentliche Manieren besaß: "Wir sind vor etwa einer Stunde angekommen. Ursprünglich war es geplant gewesen, erst einmal sämtliches Mobiliar in unser neues Wohngebäude zu schaffen, um danach unsere Nachbarn aus diesem Block begrüßen zu gehen. Das habt ihr uns nun ein wenig vereinfacht. Kurayami Zexion."

Er streckte seine Hand zum Gruß aus, welche augenblicklich von dem Braunhaarigen genommen und geschüttelt wurde. Sein Händedruck war mehr wild als fest. "Mein Name", setzte er an und fügte eine dramatische Pause ein, die antiklimatischer kaum hätte sein können, "ist Hikari Sora. Und das ist mein älterer Bruder."

Warum kam ihm der Name 'Hikari' so bekannt vor...?

Bevor sein Bruder noch seine Introduktion übernehmen konnte, wozu dieser definitiv ansetzte, ergriff dieser aus Eigeninitiative seine Hand. Dieser Händedruck war fest und stark, sendete eine unglaubliche Wärme aus, die selbst die geradezu brennenden Hände Soras nicht überbieten konnte, und ein kaum merklicher Schauer rann sein Rückgrat hinab. Seine eigene Hand sah ungeahnt blass aus in der gebräunten des anderen, und erschien... klein und zerbrechlich. Gut, wirklich, dies war in Lexaeus' Händen deutlicher, doch bei normalen Händen...

Er war nicht klein und zerbrechlich.

"Hikari Demyx, freut mich, dich kennen zu lernen, Zexion", stellte sich sein Gegenüber vor und Zexion glaubte wahrhaftig gerade, Glocken klingeln zu hören. Diese Stimme, sie war wie ein Engelschor, sanft und tief und hell und fröhlich und klar und schmeichelnd und einfach unbeschreiblich schön. Eine Stimme, der man unter jeden Umständen rein aus der Theorie heraus nichts ausschlagen konnte – er war allerdings Manipulant, er wusste, dass auch seine Stimme solch eine Wirkung ausüben konnte.

Hatte er es eigentlich recht bemerkt, dass sein Gegenüber... Demyx, verdammt, der junge Mann hieß Demyx... leicht zusammengezuckt war, als er ihn hatte reden hören?

Plötzlich erklang ein maliziöses Kichern hinter ihm, er spürte auf einmal heißen Atem in seinem Nacken und, bevor er sich umdrehen konnte, drückte eine fremde Hand ihm die Augen zu, ihm gelangte ein ganz bestimmter Geruch in die Nase und er nahm nur zu deutlich wahr, wie jemand an seiner Hosentasche nestelte, und dann war ihm klar, wer auf einmal hinter ihm stand:

Es roch entfernt nach Asche und Brennspiritus.

Verächtlich schnaubte er, als er selbst eine Hand in erwartender Geste hob und zischte: "Wenn du mich nicht sofort loslässt und mir mein Handy wiedergibst, wird das ungeahnte Folgen für dich nehmen. Da du dir bereits bestens im Klaren darüber bist, was ich damit meine, solltest du wissen, dass der Countdown gleich sein Ende gefunden hat. Deine Kleptomanie an mir auszuleben, wo du doch schon ein Mobiltelefon hast, ist einfach stupide und unüberlegt. Also, her damit, Axel."

Zexion wurde losgelassen, das aufgewärmte Telefon wurde zärtlich auf seine Hand gelegt. Auch wenn er es nicht sonderlich mochte, berührt zu werden, war gegen Kajimoto Axel einfach kein Kraut gewachsen. Er war ein Virus, infizierte die Menschen und veränderte seine Oberfläche ohne Unterbrechung, wodurch das Finden eines Antikörpers einfach unmöglich war.

Stimmt, Axels fester Freund solle ja ein Hikari sein. Hikari Roxas... Kam wahrscheinlich noch.

"Du bist echt 'ne Spaßbremse, auch ohne Lex in der Nähe!", meinte der Rothaarige, trat neben Demyx und schlang seinen doch recht dürren Arm um dessen Schulter, welcher nur konsterniert zwischen ihnen hin- und herblickte. "Schon mal auf die Idee gekommen, mehr in der Sonne zu unternehmen, Vampir? Sogar jetzt sitzt du im Schatten, da ist es kein Wunder, dass du für 'ne wandelnde Leiche gehalten wirst, Zex!"

Die Betonung, die sein Spitzname auf dessen ersten Buchstaben erfuhr, ignorierte er geflissentlich: "Das Thema ist seit drei Monaten durch, Axel."

"Ah ja? Glaub' ich ehrlich gesagt eher nicht, mein Lieber. Ich werd' gerade erst warm!"

"Bist du das nicht konstant aufgrund deiner Pyromanie?"

"Pass auf, was du sagst, Zwerg."

"Glaubst du, dass du dich in der Position befindest, mir zu drohen, wenn du weißt, was für Konsequenzen das für dich haben kann?"

Demyx, der bis dato unbeteiligt daneben stand und Sora deutete, er solle doch etwas zu trinken aus der Küche holen – schluckte der Braunhaarige mit den leuchtend-blauen Augen da gerade so etwas wie Terror hinab? – und doch bitte den Eingefrorenen – Riku – mitnehmen, um diesen wieder aufzutauen, was dieser dann auch tat (und nicht gerade sanft: Er griff nach Rikus Hand, drehte sich um und zerrte ihn erbarmungslos hinter sich her, mit den Worten "Wir holen jetzt Limonade für die anderen und für dich einen ordentlich warmen Kaffee!"), fragte er einfach rundheraus: "Leute, woher kennt ihr euch?"

Axel sah erst Zexion, dann Demyx an, dann wieder Zexion und wieder Demyx, ehe ein breites Grinsen sich auf sein Gesicht pflasterte, das den Bordstein rein aus der Theorie heraus hätte entzwei spalten können. "Weißt du, Dem", meinte er selbstgefällig, als er wieder den Silbergrauhaarigen betrachtete, welcher mit emotionsloser Miene zurückblickte und seinem Namen alle Ehre machte, "Ich wollt' ihn dir ja schon auf der Uni vorstellen, aber leider warst du schon in den Bus gestiegen – und hast dich verfahren, hah! –, bevor ich ihn hatte finden können. Hab' dir doch oft genug erzählt von ihm und dem guten alten Lex."

Stumm observierte Zexion, wie sich die Zahnräder in dem Kopf des Grünäugigen zu drehen begannen und beinahe einen Kollaps zu erleiden schienen. Dann ging die metaphorische Glühbirne an, Demyx starrte unverwandt auf Axel und fragte: "Du meinst den 'kleinen Emo', von dem du immer geredet hast, der immer mit seinem 'Bodyguard' unterwegs ist?"

Eine der feinen Augenbrauen des Blauäugigen wanderte nach oben. Kleiner Emo?

"Jap, genau der. Also, darf ich vorstellen, dein Hunting-Flirt: der kleine Emo Kurayami Zexion!"

Die perfekte Maske von Emotionslosigkeit bekam kleine Risse und ließ neben ungeahntem Unbehagen und verständlicher Abscheu auch unerwarteten Terror und Panik durchscheinen: Hunting?
 

Flirt...?
 

°~.:+*,;Ende des 1. Kapitels;,*+:.~°
 

Ausblick auf das 2. Kapitel:
 

"Worauf sitzen wir denn?", fragte er leicht außer Atem – Axel zu quälen war wohl doch nicht so einfach, wie er sich einst gedacht hatte. Aber er hatte Kondition, es machte ihm herzlich wenig aus. Hey, er war schließlich im Schwimmclub der HBU und stach ebenfalls bei Athletik heraus, er war sportlich!

"Auf einem Teil von unserem Klavier – jenes Gerät ist schon etwas älter und deshalb nicht mehr allzu stabil, doch zum Sitzen reicht es", antwortete der Silberblauhaarige, schien sich jedoch zu schade zu sein, ihm auch nur einen Blick zu gönnen. Gut, es war seine Sache, doch schon bald würde er seine Auffassung ändern, denn der Blondhaarige mochte es schlicht und ergreifend nicht, wenn man ihm in einem Gespräch so begegnete, eine Darstellung von nur teilweise, wenn überhaupt vorhandener Aufmerksamkeit. Allerdings, so musste er eingestehen, erschien dies falsch zu sein. Irgendwoher wusste er, dass sein Gegenüber auf ihn und nur ihn achtete. War es dieser steinerne Blick, der kontinuierlich eine Form von Gleichgültigkeit präsentierte? Oder könnte da noch etwas anderes sein?

Aber Yevon, diese Stimme, dieser wundervolle Tenor! Sicherlich konnte dieser junge Mann vor ihm wundervoll singen, da war er sich sicher. Es geschah schließlich selten, dass eine Stimme ihm dermaßen kalte Schauer über den Rücken jagte wie die seine – genau genommen war dies das erste Mal so.

Memo an sich selbst: Er war heterosexuell orientierter Bisexueller. Männer interessierten ihn fast gar nicht. Punkt.

"Wer von euch... spielt denn?", räusperte er sich, um seine innere Uneinigkeit zu vertuschen oder gar mit Terpentin gänzlich auszulöschen. Dieser Mann mochte attraktiv sein. Dieser Mann mochte sogar eine wahrhaftige Schönheit sein, das männliche Gegenstück einer Geisha oder gar ein Inkubus. Dieser Mann mochte eine durchaus faszinierende Stimme haben. Dieser Mann mochte die unglaublichsten Augen besitzen – so tief und so blau, so kobaltblau und doch so glänzend wie ein Saphir –, die er je gesehen hatte und die es sicherlich nicht schwer hatten, ihn in ihren Bann zu ziehen. Dieser Mann mochte die ungewöhnlichste Haarfarbe haben, die er sich vorstellen konnte – aber es sah wirklich cool aus, auch wenn dieser Schnitt ihn erscheinen ließ wie einen Emo. Dieser Mann mochte in der Universitätskleidung der HBU wirklich zum Anbeißen aussehen. Dieser Mann mochte es schaffen, ihn unter seinen Zauber und dazu zu bringen, für ihn zu fallen.

Dieser Mann war nur nicht sein Typ, außerdem war er nun mal ein MANN.

Unwirsch blickte Demyx die Autorin und die Leser an, die ihn mit überaus skeptischen Blicken bedachten, zumal die meisten von ihnen ein T-Shirt mit Zexions Konterfei trugen, darauf und darunter ein Schriftzug, der besagte "Zexion ist der schönste Mann der Welt" oder "Zexion lebe hoch" oder auch "Zexion, ich will ein Kind von dir!!!" und weiteres, was hier nicht explizit genannt wird – Problem war nur, die Schriftzüge waren auf Chinesisch, Koreanisch, Arabisch und Tunesisch gedruckt –; er glaubte doch wohl nicht im Ernst, dass diese Gemeinschaft ihm dies abkaufe!

Erneut beruhigt die Autorin: Es ist Demyx. Demyx ist der größte Schlauchsteher der Welt. Jemand sollte besser jenes Gartengerät von der Erde pusten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  thelastscrew
2008-12-06T15:22:49+00:00 06.12.2008 16:22
xD
OMG, wow diese Länge ich bin beeindruckt! Ich habe es alles durchgelesen, ohne Pause zu machen und ich liebe es! (wobei die meisten Szenen währrend des Lesens wieder flöten gegangen sind!)
Vor allem an den Schluss erinnere ich mich gut!^^
An was das wohl liegt?
Vielleicht an diesem vielversprechendem Wort:
Hunting in Kombination mit Zexion? *kreisch*
OMG, ich liebe es, ich liebe es... (stell dir das noch hundertmal vor!)
Gott es gab soviele Stellen an denen ich einfach lachen musste.
Ich finde es klasse, wie du die Charas alle auf ihre Art beschreibst und du hast sie sehr gut getroffen, da muss ich dir ein fettes Lob aussprechen und ich freue mich so auf Kapitel 3!
Jetzt wird es ja erst richtig interessant!
Man merkt richtig das du schreiben liebst, vor allem macht sich das dadurch bemerkbar, das du dich nicht davor scheust auch mal kompliziertere Wörte nimmst!
Ich hoffe, ich schreibe wenn ich so alt bin wie du, auch so gut...
*zumHimmelbete*

Ps: Dieser Tipp wurde mir auch vor langer Zeit gegeben und ich gebe ihn auch dir: Unterteile deine Sätze noch besser, es wird nämlich mit der Zeit ziemlich anstrengend zu lesen...

Ansonsten, hoffentlich kommt bald das 3 Kapi!
*freu*
*dirKeksedalass*
Von:  Saki-hime
2008-12-01T14:05:09+00:00 01.12.2008 15:05
...einfach nur wieder WOW! *_*~
Diesmal aber ein kleiner Kritik Punkt ^^;
Manchmal kriege ich echt Probleme die Sätze zu verstehn, da sie doch extreme Länge annehmen, auch durch die langen Klammern^^"
Vielleicht doch einbisschen kürzer beim nächsten Kapi? |D
Naya aber sonst bin ich wieder sprachlos =D
mach schnellst weiter *_*~

Saki-hime *plüsch*


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