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Yuna

von

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Draußen war es dunkel. Nur die Sterne leuchteten von weit oben auf die Welt hinab. Yuna saß am Fenster und beobachtete den Himmel. *Nur noch sieben Nächte bis zum Fest der Liebe.*, dachte sie. Das Mädchen zog die warme Decke fester um sich. Ja, auch sie würde das Fest der Liebe feiern – alleine.
 

Yuna ließ ihren Blick zu den Sternen wandern. Sie kannte sie alle, hatte ihnen Namen gegeben. Der hellste von ihnen war Yunas Lieblingsstern. *Ryu, bist du das? Wachst du über mich?*, fragte sie schweigend. Der Stern strahlte regungslos am Nachthimmel. Yuna seufzte. Ob sie diese Nacht eine Sternschnuppe sehen würde? Früher wurde ihr oft erzählt, wie Schnuppen vom Himmel fallen – und das diese Sternschnuppen von einem Engel auf die Erde geschickt werden. Auch sie wartete auf eine Schnuppe.

„Hm…Yuna? Bist du schon wieder wach? Geh doch endlich mal schlafen…“, murmelte eine verschlafene Stimme hinter Yuna. Doch das Mädchen rührte sich nicht. Es starrte weiterhin in die Nacht. „Dann halt nicht…“ Das leise Flüstern ging wieder in regelmäßige Atemzüge über.

Erst, als die ersten Lichtschimmer den Horizont erhellten, verließ Yuna den Fensterplatz und huschte leise zu ihrem Bett. Noch einige Minuten beobachtete sie Aika, ihre Zimmergenossin, dann war sie eingeschlafen.
 

Als Yuna ihre Augen wieder öffnete, stand die Sonne bereits hoch am Himmel und der schlichte Raum war mit Licht erfüllt. Geblendet blinzelte Yuna. Gähnend streckte sie die Füße aus dem Bett und tappte über den kalten Fußboden zu dem alten Eichenschrank.

Sie zog ein lavendelfarbenes Kleid an, das hübsche mit der Spitzenapplikation.

Aika war schon längst aufgestanden, also verließ auch Yuna die Kammer und lief die Treppe hinunter.

„Guten morgen, Yuna. Hast du diese Nacht wenigstens geschlafen?“ Eine schlanke Frau erschien auf der Türschwelle, sie trug eine Schürze und hatte die Haare mit einem bunten Tuch hochgebunden. Yuna schüttelte den Kopf und schlüpfte an der Frau vorbei in die Küche. Während sie frühstückte, begann die Frau mit dem Abwasch. „Yuna, Yuna. Was mache ich nur mit dir? Wann fängst du wieder an zu reden? Du kannst doch nicht ewig so stumm bleiben!“, seufzte sie. Das Mädchen schaute nur kurz auf und aß schweigend zu ende. Dann stellte sie mit einem Lächeln ihren Teller in die Spüle und verschwand wieder.
 

Yuna ging in den Garten hinter dem Haus. Es war zwar Winter, doch noch nicht richtig kalt. Es war ein lauwarmer Dezembertag.

Im Garten stand unter einem großen Kirschbaum ein alter Schaukelstuhl, Yunas Lieblingsplatz. Das Mädchen setzte sich in den Sessel und kaum hatte sie begonnen zu schaukeln, war sie schon eingeschlafen.

Eine laute Stimme weckte sie plötzlich auf. Yuna schaute sich um und sah Aika mit einem kräftigen Mann auf sich zukommen. „Yuna, es reicht jetzt! Ich werde dein Verhalten nicht mehr länger dulden! Du kannst nicht nachts wach sein und tagsüber schlafen – wo du doch im Haus helfen sollst! Also geh jetzt rein und hilf! Es gibt genug zu tun!“

Erschrocken sprang Yuna auf und rannte mit wehendem Haar ins Haus zurück. Aika folgte ihr.
 

Den Rest des Tages und auch die nächsten Tage folgte das Mädchen den Anweisungen und half im Haushalt. Abends war sie so erschöpft, dass sie ins Bett fiel und sofort einschlief. Doch sie vermisste die Stunden am Fenster, in denen sie die Sterne beobachtet hatte. Was, wenn „ihre“ Sternschnuppe gekommen war und sie sie nicht gesehen hatte?

Traurig wanderte sie durchs Haus, schweigend wie immer. *Nur noch drei Tage bis zum Fest*, sagte sie sich. *Nur noch drei Tage*

In der Nacht saß sie doch wieder am Fenster und beobachtete „ihren“ Stern, auch wenn sie ihre Augen kaum aufhalten konnte. *Ryu, warum bist du nicht hier? Ich vermisse dich…*

Irgendwann war sie auf dem Fensterbrett eingeschlafen…

Am nächsten Tag begleitete sie ihre Pflegemutter zum Einkauf. Es musste für das Fest der Liebe viel besorgt werden. Es hatte nachts angefangen zu schneien und Yuna stapfte durch den Neuschnee. Das Mädchen war nicht oft in der Stadt und so sah sie neugierig nach links und rechts. An einer Ecke war ein Stand aufgebaut, an dem es „Schmuck zum Fest“ zu kaufen gab. Yuna bestaunte Engel, Glocken, Tannengrün, Kerzen und vor allem Sterne. In vielen Größen, Farben und Formen gab es sie. Der Verkäufer bemerkte Yunas Interesse und fragte freundlich: „Na, möchtest du etwas haben?“, doch ihre Pflegemutter zog sie schnell weiter. „Komm Yuna, wir müssen uns beeilen, es gibt viel zu tun.“ Widerwillig folgte das Mädchen.
 

Das große Fest rückte immer näher. Im ganzen Haus wurde geschmückt, geputzt und poliert, festliche Musik schallte durch die Räume und alle wurden von der erwartungsvollen Stimmung erfasst. Auch Yuna. Doch immer häufiger überkam sie die Erinnerung an vergangene Feste. Früher war es stiller gewesen – und nicht so bunt und hektisch. Sie vermisste diese ruhige Vorbereitung auf das Fest der Liebe.

Schon am nächsten Abend war es soweit. Eine letzte Nacht lag vor ihr.

Abends war das Mädchen müde vom vielen Dekorieren und herumlaufen. Sie aß ihre Suppe langsam. Dass sie schwieg, fiel nicht auf – sie sagte sowieso nie etwas.

Die Familie beachtete sie nicht weiter, sondern redete laut über das Fest und den folgenden Abend. „..Und dann stoßen wir an und singen laut nicht wahr? Und kommt nicht dieses Hörspiel im Radio, für das sie schon wochenlang Werbung machen? Das sollten wir auch hören!“ „Ja unbedingt. Ich bin schon so gespannt. Vor allem das Feuerwerk wird super!“, rief Aika begeistert.

Yuna stand ruckartig auf, entschuldigte sich mit einer knappen Geste und rannte aus der Küche. „Was ist denn mit ihr los? Hab ich was Falsches gesagt?“ „Nein, nein… Ich denke, für sie ist es einfach alles ein bisschen schwer…“ Aika nickte. „Ich sehe gleich nach ihr.“

Doch zuerst aßen sie zu ende und diskutierten weiter über die Programmpunkte des Festes. Erst eine halbe Stunde später verließ Aika den Tisch und ging in das obere Stockwerk. „Yuna? Yuna was ist denn los?“, fragte sie, als sie an die Holztür klopfte. Vorsichtig öffnete sie die Tür und betrat den Raum. Doch – er war leer. „Yuna? Wo bist du?“, rief das Mädchen und sah sich genauer um. Doch auch unter dem Bett und im Schrank war ihre stumme beinahe Schwester nicht zu finden. Besorgt lief sie wieder hinunter um ihren Eltern Bescheid zu sagen. Alle drei suchten Yuna im ganzen Haus und sogar im Garten, doch sie blieb verschwunden. Aika machte sich nun ernsthafte Sorgen – im Gegensatz zu ihren Eltern. Also beschloss sie, alleine weiter zu suchen.
 

Yuna fror. Sie hatte nur ihren dünnen Mantel mitgenommen, um schneller zu sein. Es war so einfach gewesen, aus dem Haus zu schleichen und davon zu laufen. Jetzt ging es dem Mädchen schon viel besser, obwohl sie von Schnee umgeben auf einem kalten Stein saß. Endlich war sie von Stille umgeben, die sie so oft nur nachts gefunden hatte.

Seit fast einem Jahr umgab sie sich selbst mit dieser Stille – um nichts hören zu müssen. Sie wollte das, was sie als letztes gehört hatte, für immer im Gedächtnis behalten.

*Ich werde dir eine Sternschnuppe schicken. Warte darauf. Dann wirst du wissen, dass ich ein Engel geworden bin*

An diese Stimme wollte sie sich erinnern, bis dieses Versprechen eingelöst wurde. Deshalb wartete sie fast jede Nacht auf ihre Schnuppe *Ryu*, dachte sie, *bitte bring mir meine Schnuppe. Ich habe Angst. Bist du nun ein Engel?*

Es war schon dunkel und die Sterne standen klar am Himmelszelt. Suchend glitten Yunas Augen von einem Stern zum anderen. An ihrem Lieblingsstern verweilte sie. *Ach Ryu. Warum musstest du gehen…*

Und plötzlich erschien am Himmel ein schmaler Schweif. Nur für einen kurzen Augenblick war er erkennbar. Wie ein goldenes Band zog er sich über das Dunkel der Nacht und verschwand so sanft, wie er gekommen war.

Doch Yuna hatte ihn gesehen. Tränen der Freude rannen ihr übers Gesicht. „Ryu! Du hast mir meine Sternschnuppe geschickt. Jetzt ist alles gut.“, flüsterte sie mit brüchiger Stimme.

„Yuuuuna! Yuuuna!!! Himmel, wo bist du hingelaufen!“ Eine Gestalt löste sich aus der Dunkelheit und lief auf den Stein zu. „Mensch – da bist du ja. Wieso bist du denn nur weggelaufen…“

Aika schloss die zitternde Yuna in die Arme. „Nicht weinen. Es ist doch gut…“ „Ja…Ja…“ Erschrocken ließ Aika ihre beinahe Schwester frei. „Du… Du REDEST wieder?“ Erstaunen stand auf ihrem Gesicht geschrieben. „Ja…ja…“, mehr brachte Yuna nicht heraus. „Oh, ich bin so glücklich! Endlich… Es ist wie ein Wunder…“ Auch Aika standen die Tränen in den Augen. „Komm, Schwesterchen. Wir gehen nach Hause. Mutter wartet bestimmt schon auf uns. Komm…“ Langsam und behutsam half sie Yuna aufzustehen und gemeinsam wanderten sie durch die Nacht, während die Sterne über ihnen strahlten. Es war bereits nach Mitternacht und so wünschten die Mädchen sich gegenseitig ein frohes Fest der Liebe. „Weißt du, ich bin froh, dass du bei uns bist. Ich habe mir immer eine kleine Schwester gewünscht…“ „Ich bin auch froh, dass ich bei dir bin, Aika… Schwester… Doch Ryu werde ich nicht vergessen… Meinen Bruder…meinen Engel“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2009-01-26T15:07:12+00:00 26.01.2009 16:07
Also^^. Jetzt kommt ein Stück konstruktive Kritik von mir. -.-"

Ich mag deine Geschichte. Nein, ganz ehrlich, ich mag sie! Mir gefällt
die Idee sehr gut, dass sie die Sterne benennt und den einen nach
ihrem Bruder. Da wär ich nie drauf gekommen und es hat mich seeehr
überrascht, als ich es schließlich gelesen habe. Ich konnte mir zwar
denken, dass sie - wo sie doch bei Pflegeeltern lebt -, keine Familie
mehr hat, aber mehr auch nicht >.<".
Weihnachten ist zwar nicht meine Lieblingszeit (Sommer-Fan, nya~), aber
ich mag den Namen Yuna und diese Geschichte :D.
Sooo... was hab ich auszusetzen? Das ich erst ein wenig verwirrt war,
und mir Yuna's Situation nicht so ganz bewusst war, aber vermutlich
gehört diese anfängliche Verwirrung auch zum Charme der Geschichte :D.

LG
deine Elani-nee-chan von der Vereinigung der unwiderstehlichen Besserwisser :P




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