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Happiness is a warm gun

von

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Happiness is a warm gun
 

Der Tisch ist leer. Nur eine Kaffeetasse und ein Aschenbecher stehen auf der sauberen Platte. Daneben ein Reinigungsset. Der Kaffee ist kalt, die letzte Zigarette wurde bereits vor einer halben Stunde geraucht.

Danach hat er nichts getan. 30 Minuten in die Dunkelheit gestarrt.

Und erst jetzt kommt wieder Bewegung in den sehnigen Körper. Greift die Hand unter das schwarze Jackett, zieht die Pistole heraus.

Er braucht kein Licht, führt Bewegungen aus, die er schon tausendmal auf die selbe Art und Weise gemacht hat.

Zuerst versichert er sich, das keine Patrone im Lauf steckt. Ein Anfängerfehler. Ein tragischer, dummer Fehler, der immer wieder zu Unfällen führt.

Dann zieht er das Magazin heraus. 12 Patronen haben in ihm Platz, 6 sind noch geladen. Er hasst es Munition zu verschwenden. Ein Schuss, ein Kill. Der zweite Schuss ist nur die Absicherung des Erfolges.

Die Patronen werden aus dem Magazin gedrückt, er reiht sie vor sich auf dem Tisch auf. Standard 9mm-Geschosse. Sie verursachen den geringsten Rückschlag und den wenigsten Lärm beim Schießen. Und eine Kugel im Kopf ist meistens tödlich. Egal ob sie nun ein .50er Kaliber hat oder eben die 9mm.

Seine Hand bleibt ruhig. Wie immer, wenn er eine Waffe hält.

Das Zittern kommt nur dann, spielt er mit einem Bleistift herum. Oder hält er eine Zigarette nach einem schnellen, intensiven Fick.

Nachdem das Magazin zur Seite gelegt wurde, beginnt er die Pistole sorgsam auseinander zu nehmen. Zerlegt sie geübt in ihre Einzelteile. Den Schlitten, den Rahmen und den Lauf.
 

Und wieder einmal drängt sich ihm einer der vielen Sprüche Velds in den Sinn, die er während seiner Ausbildung gehört hat. Die ihm eingeprügelt worden sind, bis er sie verinnerlicht hat: 'Jene, die für das Schwert leben werden von denen erschossen, die es besser wissen, als sich nur auf Nahkampf-Waffen zu verlassen.'

Wie erklärt man einem Kind eindringlicher, das ein SOLDIER nicht unverwundbar ist?

Die Pistole ist die Standard-Waffe der Turks. Schnell, effizient. Nicht so martialisch wie die Klingen der Soldaten.

Eine Pistole kann man überall einsetzen. Eine Pistole kann man unter dem Jackett verbergen. Eine Pistole kann man auch einem Kind in die Hand geben und sie bleibt eine genauso tödliche, gefährliche Waffe wie im festen Griff eines Erwachsenen.
 

Ebenso sorgfältig wie er die Waffe auseinander genommen hat, beginnt er die Einzelteile zu reinigen. Säubert sie von den Schmauchspuren. Auch hier ist jeder Handgriff präzise, viel zu oft ausgeführt.

Die Pistole ist nur eine Waffe. Sie ist so unpersönlich wie der Tod, den sie bringt. Geht sie kaputt, gibt die Waffenkammer eine neue heraus. Mit oder ohne Materia-Slot.

Er bevorzugt die einfache Variante. Verlässt sich nicht auf Magie, die seine Schüsse beschleunigen, vereisen, vergiften, in Brandgeschosse verwandeln könnten. Tot ist Tot.

Technik, simple Mechanik. Ballistik.

Er weiß nur von einer Pistole, die einen Namen trägt.
 

Schwertern werden hingegen ständig Namen gegeben. Masamune, Buster-Sword ... alleine seine persönliche Geschichte ist geprägt von benannten Klingen. Die mit ihren Trägern verbunden sind.

Der Weg des Schwertes ist ihm nicht fremd. Er ist mit dem Konzept des Kriegers vertraut. War es schon, bevor er zum ersten Mal einen SOLDIER gesehen hat.

Hat sich gefragt, was ehrenhaft daran ist, einem wehrlosen, gefesselten Mann - seinem Vater - mit der Klinge den Kopf abzutrennen. Der Moment, wo der SOLDIER ihm in die Augen gesehen hat?

Auch er sieht seinen Opfern in die Augen, weiß wie zäh der Augenblick zerfließt, in dem man erkennt, dass der eigene Tod gekommen ist. Ehe er den Trigger durch drückt.
 

Das Blut lässt sich schwieriger beseitigen, als der Schmauch. Bei den letzten beiden Schüssen hat er die Waffe im falschen Winkel aufgesetzt.

Knochensplitter, rote Tropfen haben sich nicht nur auf dem Lauf festgesetzt.

Doch niemand spricht ihn an, niemand fragt nach den verräterischen Flecken auf dem weißem Hemd, wenn er über den Flur läuft, wortlos in seinem Büro verschwindet.
 

Gesäubert liegen die Einzelteile der Pistole vor ihm. Ein Mittel, ein Werkzeug zum Zweck.

Als er sie wieder zusammen setzt, flüstert er leise, in seiner Muttersprache in die Dunkelheit: "Treue."

Von ihm wird Treue verlangt. Treue gegenüber ShinRa. Treue gegenüber dem, was ihn ein alter Mann beigebracht hat. Er verrät diese Treue nicht. Selbst in jenem Moment, in welchem sich eine Klinge durch seinen Unterleib bohrte, blieb er ShinRa gegenüber treu.

"Höflichkeit."

Er hält sich an die Etikette, auch wenn es ihm manchmal schwer fällt. Er bleibt zurückhaltend, auch dann wenn Rufus sich in einem seiner Exzesse ergeht. Wenn Rufus ihm Abgründe des Seins zeigt, die selbst er nicht für möglich gehalten hätte.

"Kraft."

Nicht die Stärke eines SOLDIERs. Er hat keine Magie in seinem Körper, keine Mako-verstärkten Sinne. Nur seine Geduld. Die Härte und Kälte, die er braucht um seine Arbeit zu erfüllen. Die Selbstkontrolle sich jedem Tag aufs neue den Herausforderung zu stellen.

"Wahrhaftigkeit."

Das, was einem Turk abgesprochen wird. Niemand glaubt, dass jemand, der den Anzug trägt, aufrichtig sein kann. Aber auch sie halten an ihren Idealen fest. Legen Wert darauf, dass diese Ideale eingehalten werden.

Ideale, die sie mit den wenigsten Menschen teilen.

"Schlichtheit."

Er ist nicht naiv, nicht dumm. Es ist nur die Einfachheit im Leben, welcher er den Vorzug gibt. Ein Büro gerade eingerichtet mit dem nötigsten. Ein guter Kaffee am Morgen statt eines ausladenden Frühstücks. Ein direkter Kill. Selten gibt er dem Drang nach, mit seinen Opfern zu spielen.
 

Die Worte verhallen ohne das jemand anderes sie gehört hat. Das letzte Teil der Pistole schnappt an den angestammten Platz zurück.

Tseng sieht sich nicht als Krieger. Tseng ist Turk.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Noctifer
2008-07-06T21:00:19+00:00 06.07.2008 23:00
*stalk*
Und mich hüpft auch gerade ein Plotbunny an >_> Schon wieder.
Sehr schön geschrieben, Laza wird sich sicher freuen eine so gutes Ficlet inspiriert zu haben ;) und ich als Leser freue mich natürlich auch.
Eine kurze "Studie" bei dem ich nie das Gefühl hatte eine Zeile überspringen zu wollen. Exakt die richtige Länge, kein Wort, das fehl am Platz ist.
Nicht sehr konstruktiv, aber ich habe nichts zu bemängeln ;)
Von:  Skalli_Otori
2008-07-04T21:11:41+00:00 04.07.2008 23:11
Das ist wieder einer dieser OneShots wo einem nach dem lesen selbst noch Ideen im Kopf herumgeistern. Tseng ist so eindringlich beschrieben wurden, das ich nach den ersten Zeilen schon auf ihn getippt habe. Ich finde es wunderbar wie du ihn wieder so ins Licht rückst, das man zwar für einen Augenblick irgendwie Mitleid bekommt, man aber auch im nächsten Augenblick fest davon überzeugt ist das Tseng sowas albernes nicht braucht. Einfach nur klasse!


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