One and only
Ich öffnete langsam die Augen, aber alles war sofort anders, als jeden anderen Tag davor.
Meine Decke, auf der ich geschlafen habe, war kaum durcheinander und mit einem Blick in den Spiegel sah ich, dass meine langen rötlichen Haare noch genauso lagen wie gestern Abend. Ich schaute mich ruhig in meinem Zimmer um. Obwohl ich mich hier immer wohl gefühlt habe, lag eine kalte Atmosphäre in der Luft, fast so kalt das ich Angst bekam. Auf einmal sah ich mein Zimmer als sehr steril an, langsam öffnete ich meine Tür und ging auf den Flur. Alles war ruhig, ich wagte kaum zu atmen.
Die Treppe war alt und knarrte dauernd, Papa wollte das schon lange beheben, als ich jetzt runter ging knarrte gar nichts mehr.
Ich betrachtete mich im Spiegel und lächelte mich an, stolz auf mich und meinen Vater.
Ich war wirklich stolz auf mich, denn gestern bin ich das erste Mal mit meinem eigenen Auto gefahren. Ich ging in die Küche, auch hier war alles ruhig und leer…
Ich schaute mich um, alles war wie immer.
Als ich auf die Uhr schaute überkam mich ein Schauer, kurz vor acht, und ich hatte die erste Stunde Mathe, das konnte nicht sein… Wenn ich noch einmal zu spät komme, bekomm ich einen Tadel…
Ich hasste diesen Lehrer. Schnell klemmte ich mir meine Schulsachen unter den Arm und rannte los. Ich war völlig außer Atem, als ich an der Schule ankam. Ich rannte weiter, zu der Eingangstür, über den Flur in den ersten Stock. Ich klopfte und ging in den Raum. Ich war ganze 5 Minuten zu spät.
Ich hatte mich schon auf alles vorbereitet, ich ging langsam ins Klassenzimmer, aber mein Lehrer sagte gar nichts. Es war fast so als ignorierte er mich. Er schaute mich noch nicht mal an…
Ich saß mich neben dich, aber auch du hast stur nach vorne geschaut, alle waren auch hier ungewöhnlich ruhig, du sahst aus als hättest du die ganze Nacht geweint, aber ich wollte dich nicht fragen was los wäre, weil alle leise auf ihren Plätzen saßen.
Da wir Mathe hatten schaute ich nicht nach vorne, oder hörte ihm irgendwann mal zu.
Als es zu Pause klingelte sprang ich auf und rannte raus, ich hatte vergessen welchen Kurs ich jetzt hatte und musste an einem Blatt nachschauen. Als ich wieder zurück kam warst du schon lange weg. Du hast sonst immer auf mich gewartet, wieso bist du jetzt weg?
Ich ging auf den Platz vor der Schule, du warst dort ganz allein. Ich kam auf dich zu, aber sagte nichts sondern setzte mich zu dir. Ich wollte, dass du etwas sagst.
Eine Weile hätte ich schwören können nur deinen Atem zu hören, aber dann wurde ich durch ein Foto abgelenkt was du aus deiner Tasche geholt hast.
Das Bild wurde doch gestern gemacht, ich fand es unbeschreiblich toll, weil wir darauf so glücklich aussahen, umso weniger verstand ich wieso du jetzt so traurig warst.
Als ich etwas sagen wollte, flüstertest du etwas, etwas was ich nicht wirklich verstand.
Eine Träne fiel auf unser Bild und verwischte es ein wenig.
Ich wollte dich in meine Arme nehmen, aber im selben Moment spürte ich diese Kälte, wie vorhin in meinem Zimmer. Ich hielt inne und schaute dich weiter an. Du hast in deine Hose gegriffen und einen zerknüllten Zeitungsartikel rausgeholt.
Langsam hast du ihn auseinander gefaltet und hast immer mehr geweint.
Ich wusste nicht was ich machen sollte und überlegte dich allein zu lassen.
Du hast das Foto und den Zeitungsartikel neben dich gelegt und dann dein Gesicht in deinen Händen vergraben. Ich nahm den Artikel. Ich musterte ihn und konnte nicht glauben was ich dort las:
AUTOUNFALL- 18 JÄHRIGES MÄDCHEN TOT- SIE STARB FÜR IHRE FREUNDE
Es war ein Bild auf diesem Artikel, es war mein neues Auto, was dort in Trümmern lag, es war mein Auto, das auf einer Seite komplett zerstört war und auf der anderen genauso aussah wie es sein sollte.
Darunter stand:
Mutiges Mädchen- wählte die Leitblanke auf ihrer Seite- beide Freunde auf der Beifahrerseite haben überlebt- große Trauer- Eltern und Freunde am Boden zerstört- …
Meine Augen füllten sich mit Tränen, erst jetzt verstand ich, was passiert ist, den Artikel legte ich sofort wieder weg. Ich sah dich, wie traurig du um mich warst. Ich erkannte, dass ich dich nicht trösten konnte, dass du ganz allein hier auf diesem Hof warst. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen.
Ich weinte immer mehr, um DICH.
Ich umarmte dich, ganz fest und schrie in Gedanken, wie Leid es mit tut, dass du jetzt so wegen mir leiden musst.
In dem Moment hast du hoch geschaut… Ich merkte wie ich mich langsam auflöste, dann hast du zu mir geschaut, genau in meine Augen.
Ich hab dich lächeln sehen…
Ich fing an mich ganz aufzulösen, bis man nur noch meine Flügel sah, die einen kleines Glitzern in deinen Augen hervorriefen.
Ich sah nur noch… wie du nach oben geschaut hast… alles andere habe ich vergessen
A world without you
Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, aber ich glaube, dass du noch einmal bei mir warst…
Ich schaute nach oben in den Himmel, immer noch bildete ich mir ein deine Flügel zu sehen, vielleicht waren es nur die Tränen in meinen Augen.
Aber ich wollte es dir noch einmal zeigen, wie glücklich ich mit dir war…
Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht, stellte mich mitten auf den Hof, schaute in den Himmel, sah dein Gesicht, dein Lächeln, deine Flügel… und wusste was ich sagen musste:
„DANKE, MEIN ENGEL!!!“
