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Man wird ihn holen

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Man wird ihn holen
 

Einst lebte ich in diesem Ort abgelegen von der großen Stadt. Angesehen war ich nie. Dank meines Berufes hatte ich den Ruf eines Teufels inne. Als Tätowierer hatte ich nur eine kleine Zahl von Kunden. Eines Tages kam ein Mädchen zu mir. Sie war vollkommen außer Atem und sagte mir, sie wolle einen Skorpion gestochen bekommen.

„Du bist zu jung.“, sagte ich zu ihr, „Ich will keinen Ärger bekommen. Nun geh!“

Sie wollte nicht hören. Schon am nächsten Morgen stand sie wieder vor meinem Haus und fragte nach dem Skorpion. Als ich diesen Tag zum Markt ging, hörte ich, dass die Leute munkelten, ich hätte sie verhext. Sie wussten, dass ich dadurch ein schlechtes Gewissen bekommen würde. Doch hatte ich dieses Mal noch nicht einmal die Nadel gezückt. Am selben Abend bekam ich Besuch vom Dorfvogt.

„Ich warne dich, egal wie gut wir uns verstehen, mein Freund, ich kann sie bald nicht zurückhalten. Irgendwann werden sie dich holen.“, sagte er betrübt.

„Ich weiß. Dafür bin ich dir mehr als dankbar, aber ich habe diese Mädchen nicht einmal berührt. So können sie mir nichts nachweisen.“, erwiderte ich mit kalter Miene.

„Du bist praktisch schon vogelfrei, wenn ich dich nicht in Schutz nehmen würde.“, ermahnte er mich ein weiteres Mal, „Morgen um zwölf musst du zur Anhörung kommen sonst kann ich nichts mehr für dich tun. Versprichst du es mir?“

„Ich versuche pünktlich zu erscheinen.“

„Ich wünsche dir eine geruhsame Nacht, mein Freund.“

„Dir auch“
 

Bei Sonnenaufgang öffnete ich meinen Betrieb. Sie stand bereits dort. „Oh bitte, mein Herr. Gebt mir den Skorpion. Ich bleibe auf ewig hier. Sie werden mehr Schwierigkeiten haben, wenn man mich draußen verhungert liegen sieht. Ich flehe euch an“, rief sie mir zu.

„Nein“, rief ich zurück.

„Ich habe genug Geld dabei, um dafür zu zahlen, Meister“ Sie zeigte mir einen prallgefüllten Beutel mit Goldmünzen.

„Niemals werde ich ihn dir stechen.“ Sie setzte sich auf den Boden meiner Werkstatt und blieb dort mehr als eine geschlagene Stunde sitzen. Nachdem ich meine Geräte gesäubert hatte, schaute ich zu ihr rüber. Ihr Blick verriet mir, dass sie nichts zu verlieren hatte. In meinem Kopf drehte sich alles bis ich nicht mehr konnte. Ich zückte die feinste meiner Nadeln und stach zu. Ich stach immer wieder zu. Langsam entstand ein Skorpion auf ihrer linken Schulter. Erst nach Beendigung des Bildes kam ich langsam wieder zur Besinnung. Ich sah in den Spiegel. Mein Gesicht hatte sämtliche Farbe verloren. Zitternd sah ich dem Mädchen ins Gesicht dicke Tränen rannen in Strömen von ihrem Gesicht hinunter. Sie bekleidete sich und rannte bitterlich weinend aus meinem Betrieb. Entsetzt schaute ich ihr hinterher. Über den Marktplatz rannte sie weiter zum Fluss. Plötzlich sprang das junge Mädchen von der Brücke.

Mein schlechtes Gewissen plagte mich, aber jetzt kam ein Stammkunde herein. Er ließ sich sein wahrscheinlich fünfzigstes Bild stechen. Als ich mit ihm fertig war und den Lohn erhalten hatte, hörte ich von der Dorfkirche die Glocken läuten. Anscheinend war es elf Uhr und der Gottesdienst war für heute beendet. Doch das Läuten hörte nicht auf. Sie schlug fiel zu oft und zu schnell heute. Plötzlich wurde die Tür meines Betriebes eingetreten. Die Garde kam auf mich zu gerannt. „Da ist er richtet ihn hin.“, rief einer der Soldaten. Sie packten mich und ich sah im Türrahmen das enttäuschte Gesicht meines alten Freundes, des Dorfvogts.



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