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Eisengel

Einige Monate später
von

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Sehnsucht

Verdeckt, versteckt vor allem Bösen;

Liebe gönnt man uns im Dunkeln;

im Hellen scharfe Augen blitzen

und schamlos hört man Zungen munkeln.
 

Schämen sollten wir uns wohl

und ekeln vor dem, was wir tun;

sollten reuen, sollten büßen

und lassen uns're Finger ruh'n.
 

Doch Sucht besiegt allein die Sucht,

mit der ich mich mit dir verein',

wenn uns die Finsternis verschlingt

und du flüsterst: Ich bin dein.
 

Draco.

Draco, wie er an seinem Kürbissaft nippte. Draco, wie er mit seinem Zauberstab die Muster nachzeichnete, die ihnen gezeigt wurden. Draco auf seinem Besen. Der lachende Draco. Der Aristokrat. Der sich unbeobachtet fühlende Draco, dessen Blick in die Ferne schweifte.

Immer wieder Draco.

Harry errötete schon nicht mehr. Er schüttelte nicht den Kopf über sich selbst. Er versuchte seine Gedanken nicht einmal mehr zu verdrängen. Seit mittlerweile anderthalb Monaten hatte er die Gestalt seines Begehrens nicht mehr gesprochen und das hatte ihn definitiv verändert. Vieles, was er früher als frivol empfunden hätte – mit Dracos Namen auf den Lippen zu kommen, wenn er unter der Dusche stand oder während des Unterrichts seine Gedanken nicht unbedingt auf gemahlene Bezoare in Molcheikernen zu konzentrieren, sondern die Zeit mit der Betrachtung seines Liebsten zu verbringen – war ihm jetzt praktisch alltäglich. Eher musste er zu oft dem Drang widerstehen einfach aufzustehen und seine Nemesis in die Arme zu nehmen und bewusstlos zu küssen.

Er wollte ihm nahe sein.

Er wollte wieder seine Wärme spüren.

Er wollte diese wunderschöne Stimme erneut hören, wie sie Worte nur für ihn sprach.

Er wollte mit seinen Fingerspitzen über Dracos silberne Panzerplatten streichen, er wollte ein ehrliches Lächeln auf den Lippen seines Liebsten und er wollte noch einmal den Anblick genießen, wie Teddy quietschend nach einer der blonden Strähnen griff und versuchte Draco die Haare auszureißen.

Er wollte Draco zurück.

Harry seufzte und fuhr sanft mit dem Daumen über Teds Wange, der auf seinem Arm döste und die Wärme genoss, die sein Vater ausstrahlte, obwohl es schon Mitte Dezember war. Seine Wangen waren gerötet von der stechenden Kälte, doch Harry hatte ihn mit Mütze und von Molly gestrickten Handschuhen gut eingepackt. Ein glückliches Baby und ein halbwegs glücklicher Papa... er seufzte abermals.

Er konnte keine Beziehung zu Draco führen. Es war schlichtweg unmöglich. Sie lebten in völlig unterschiedlichen Welten mit völlig verschiedenen Vorstellungen von Liebe und Partnerschaft. Abgesehen von der Gefahr, die es mit sich brächte...

Nein, keine Chance. Draco war eine Unmöglichkeit.
 

„Wuäh... wuäh...“, Ted verzog die Lippen nach unten und presste die Augenlider zusammen.

„Ssssch... ist gut...“, Harry wog das Kind in seinem Arm, gab der fetten Dame das Generalpasswort, dass er als Schülersprecher neben den Lehrern als einziger wusste und trat in den Aufenthaltsraum der Gryffindors, „Ginny?“

Eine Gestalt nahe des Kamins bewegte sich, ein Kopf kam hinter einer dicken roten Seitenlehne eines Ohrensessel hervor, bevor ein Körper folgte, der aufstand und zu ihnen herüber trat.

„Morgen...“, sie wischte sich mit einer Hand den Schlaf aus den Augen und warf mit der anderen ihr Zaubertränkebuch auf das Kissen, auf dem sie gesessen hatte, „Hast du ein Glück, dass ich kaum schlafen konnte... was ist passiert?“

„Wuäh...“, wimmerte das Baby wieder auf.

„Das hier.“, er hob das in seine Decke gewickelte Kind in seinen linken Arm, um ihm über die Wange streichen zu können, „Ted murrt seit heute Morgen. Aber seine Windeln sind gewechselt, gegessen hat er, spielen wollte er nicht... ich bin am Ende meines Wissens.“, der Schwarzhaarige seufzte tief, „Ich dachte, bevor ich durchdrehe, frage ich erst mal dich...“

„Heute Morgen...“, sie griff nach Harrys freiem Handgelenk und drehte die goldene Uhr in ihr Sichtfeld, „Was ist für dich Morgen? Es ist erst halb sieben...“, kopfschüttelnd wandte sie sich zu Ted, lächelte das Kind an und fühlte seine Stirn, „Hat er geniest oder gehustet?“

„Nein...“, der Ältere versuchte das Baby so zu halten, dass Ginny ihn untersuchen konnte. Sie fühlte Puls und tippte auf die Wange Teds, doch dieser drehte den Kopf weg.

„Keine Erkältung, kein Hunger...“, sie fuhr sich mit einer Hand durch das seidige, rote Haar, „Ah! Er ist jetzt sechs Monate alt, oder?“, ohne auf Harrys Antwort zu warten drang sie mit Zeigefinger und Daumen in den Mund des Kindes und tastete, was lauten Protest von seiten Teds auslöste, „Wusst‘ ich es doch!“, sie lächelte zu dem Vater hinauf, „Er zahnt.“

„Äh... wie?“, der Achtzehnjährige zog die Augenbrauen zusammen.

„Er kriegt Zähne. Kein Grund zur Sorge. Er wird in den nächsten Tagen immer wieder deswegen nörgeln.“

Harry atmete tief aus und drückte Ted einen Moment lang fest an seine Brust.

„Herrje... ich hatte echt schon Angst, es sei etwas Schlimmes. Wer rechnet schon mit Zähnen?“, ein unsicheres Lächeln legte sich auf seine Lippen, „Peinlich...“, er wickelte eine Locke des platinblonden Haares um seinen Finger, „Dank' dir.“

„Kein Problem, wirklich.“, sie lächelte und rieb sich noch einmal den Schlaf aus den Augen, „Dafür ist eine Familie da.“

Harrys Blick legte sich auf die kleine Gestalt mit verzogenem Gesicht in seinen Armen. Familie... außer seiner Großmutter war er Teds einzige Familie. Zumindest, wenn man nicht an Narzissa dachte. Die letzte der drei berühmten Blackschwestern.

Black...
 

„Es tut mir Leid, Lord Black, aber sie sind kein direkter Verwandter von der Gefangenen. Ich kann sie daher nicht einfach durchlassen.“, die Rezeptionistin des wohl bestgehütesten Gefängnis der Welt lächelte mit einer Entschuldigung im Blick zu ihm hinauf.

„Ich mag kein direkter Verwandter sein, aber ich bin Oberhaupt des Geschlechts der Black und Narzissa Malfoy ist eine gebürtige Black. Nach dem Verlust ihres Mannes steht es ihr frei ihre Zugehörigkeit zu wählen. Denken sie nicht, dass dies die Ausnahmeregelungen erfüllt?“, Harry strich mit einer Hand lässig seine Haare, die ihm ins Gesicht hingen, zur Seite, sodass seine Narbe einen Moment lang zu sehen war. Sein durchdringender Blick bohrte sich in die faszinierten Augen der jungen Frau, während er sich ein Stück vor lehnte und sich mit einem Arm auf die Theke stützte.

„Ich... ich denke, dass...“

Ein Schmunzeln legte sich auf seine Lippen, während er die Lider ein wenig senkte.

„...das geht schon in Ordnung.“, sie wandte errötend den Blick ab, „Ich werde jemanden rufen, der sie zu Miss Malfoys Zelle führt. Möchten sie alleine mit ihr sprechen?“

„Bitte.“, er nickte ihr zu, „Und vielen Dank.“

Er seufzte erleichtert auf, nachdem er diese Hürde hinter sich gelassen hatte. Das hier war echt nicht seine Welt. Er war derjenige, der im Krieg durch Wälder kroch, der direkt in der Frontlinie stand und stur mit dem Kopf durch die Wand handelte – er war kein Typ, der sich mit einem Lächeln unter die Reihen der Feinde mischte. Seine Zeit mit Draco hatte ihn fast so sehr verändert wie der Krieg selbst... wenn er so weiter machte, würde er noch zu einem intriganten Bastard mutieren.

Er schluckte, als einer der Wärter und er einen Dementoren passierten, der ihrem Patronus auswich. Es musste grausam hier sein... dieser Ort war unmenschlich. Natürlich war auch Narzissa kein Engel, aber das hier...

Sein Blick traf modernde Wände, vollständig verdunkelte Zellen und wenn er genau hinsah – Kratzspuren an den Innenseiten der Verließe. Die Luft war ein Gemisch aus Verfaultem und Veratmeten, nur gebessert durch den Zug, der ganz schwach um seine Füße fuhr. Sie nahmen bereits die fünfte Abbiegung.

In welchem Zustand würde er Dracos Mutter bloß vorfinden? Er hatte gehofft, dass es ihr den Umständen entsprechend gut gehen würde, aber... er hatte andere Umstände erwartet. Hatte man sie etwa auch in eine solche Zelle gesteckt?

„Miss Malfoy?“, der Wärter klopfte gegen ein Gitter vor einem – wenigstens befensterten und sauberen – Verließ, „Besuch für sie.“

„Besuch...“, eine dünne Gestalt mit weiblichen Konturen wandte ihnen den Blick zu. Harry unterdrückte es ob ihres Aussehens tief Luft zu holen... sie war dünn. Erschreckend dünn. Und diese Augen waren so... leer.

„Ich schließe ihnen auf und lasse sie dann allein.“, informierte der Wärter, „Senden sie mir eine Nachricht, wenn sie fertig sind, ja?“

Harry nickte nur kurz abwesend und trat ein, den Blick nie von der zerbrechlichen Gestalt nehmend, als könnte sie jeden Moment einfach verschwinden.

Bis der Wärter eine der Abzweigungen nahm, bewegten sich beide keinen Millimeter mehr. Erst als er Harry weit genug entfernt schien, konzentrierte er sich auf das Bild Dracos in seinem Bett vor seinen Augen und rief ein strahlenden, milchig durchsichtigen Hirsch hervor, der friedlich zwei Schritte in Richtung der Sitzenden nahm und sich von ihr den geisterhaften Kopf streicheln ließ.

„Eine starke Erinnerung...“, ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen ob der Wärme und Hoffnung, die sie in diesem Moment wahrscheinlich durchströmte. Hätte er gedurft, Harry hätte ihr auch Schokolade mitgebracht – doch wenigstens hiermit konnte er ihre Lage etwas erleichtern. „Was führt dich in diesen verschlagenen Winkel der Zauberwelt?“

„Die Erinnerung an das schönste und reinste Wesen, das ich je in meinen Armen halten durfte.“, gestand der Schwarzhaarige ohne jede Vorwarnung, „Euren Sohn.“

Sie hielt inne und zog langsam ihre Hand zurück in ihren Schoß.

„Euer Brief hat mir gezeigt, dass euch die brodelnde Gerüchteküche auch hier erreicht hat.“, fuhr Harry fort, „Ich bin hier, um euch auszurichten, dass nichts aus diesen Artikeln stimmt. Weder vernachlässigt euer Sohn seine Pflichten als Lord Malfoy noch vergisst er euren Kodex.“

Narzissa blinzelte zweimal und wandte ihren Blick von dem Jüngeren zu der geisterhaften Gestalt neben sich.

„Eine Tatsache, die mir das Leben bisweilen eher schwer macht...“, Harry seufzte und lockerte seine Pose ein wenig, indem er sich auf ein Bein stützte, „Draco redet seit über einem Monat nicht mehr mit mir. Er weiß, dass er mir unter den derzeitigen Umständen nicht nahe sein darf und...“, er wandte den Blick ab, „Es tut weh.“

Narzissa hob ihre Hand und fuhr sanft mit den Fingerspitzen über die Nüstern des Hirsches.

Der Jüngere beobachtete sie aus dem Augenwinkel, wanderte an der vergitterten Zellenseite auf und ab und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Was fühlst du für ihn?“, fragte sie mit leiser, tonloser Stimme.

„Ich liebe ihn.“, erwiderte Harry ruhig, doch wanderte weiter.

„Und... er?“

Der Schwarzhaarige blieb stehen, seitlich zu der Sitzenden, den Blick auf die graue Wand gerichtet. Er atmete tief durch, öffnete den Mund, hielt kurz inne, doch antwortete schließlich doch: „Ich... ich denke... er mich auch.“

Seine Lider weiteten sich, als er beobachtete, wie ein Ruck durch Narzissas Körper ging und sie mit einem Mal sicher auf beiden Beinen stand, die Hände zu Fäusten geballt, das Gesicht in Rage verzogen mit den Worten: „Infam! Wie kannst du so etwas sagen? Mein Sohn ist ein Mann von Ehre!“

„Miss M-“

„Schweig still!“, ihre Stimme bebte trotz den Lautstärke, „Du hast ihn gerettet, das heißt, sein Leben gehört dir. Nimm dir, was dir beliebt, seinen Körper, seine Seele, sein Herz – aber wage es nicht seine Ehre anzurühren!“

Seine... Ehre? Er versuchte nachzufragen, doch erneut unterbrach sie ihn.

„Ich will deine Worte nicht hören, spar sie dir. Geh und nimm deinen schäbigen Trost mit dir. Komm nicht hierher, um mich brechen zu sehen, wenn du mir schon mein Kind nimmst.“

Er atmete tief durch, schluckte, wandte den Blick ab. Was sollte er tun? Er verstand nicht, was sie sagen wollte. Er nahm ihr ihren Sohn? Er nahm ihm seine Ehre? Wie hatte er das zu deuten? Er hatte Anschuldigungen erwartet, aber solche? Was meinte sie? Die Augen voller Trauer griff er in die Innentasche seiner Robe und zog ein Bild hervor.

„Dies... ist für euch...“, er schluckte und hielt es ihr hin, ohne einen Schritt auf sie zu zu machen, „Es ist ein Bild von eurem Enkel. Er... er ist mein Augenstern. Und sein Glück geht mir vor alles andere. Selbst vor euren Sohn. Darum braucht ihr nicht zu fürchten.“

Ihre Augen taxierten ihn von oben bis unten, die verzogenen Muskeln lösten sich nur minimal, doch sie trat vor und griff mit ausgestrecktem Arm nach dem Foto. Nur ein Blick darauf wischte die Feindseligkeit von ihren Zügen und ersetzte sie durch ein verräterisches Schimmern in den Augenwinkeln, während sie das Bild an ihr Herz zog.

„Ted Remus Lupin-Potter, der zukünftige Lord Black.“, er studierte ihre Züge genau, „Euer Enkel.“, doch ihr Blick fokussierte gedankenverloren das Nichts, „Ihr seid die einzige offizielle Verbindung Dracos zu seinem Sohn. Wenn ihr es nicht für mich tun wollt, so tut es bitte für ihn. Ich will sie doch nur lächeln sehen...“, er schluckte und konnte doch nichts an dem Flehen in seiner Stimme tun, „Draco von mir getrennt zu sehen, das ist eine Sache, aber einen Vater von dem Kind, das er angenommen und das ihn angenommen hat, das...“

„Ich verstehe.“, beendete Narzissa seine jämmerliche Rede, „Ich werde sehen, ob deine Worte Wahrheit bergen. Aber eine Bedingung werdet ihr erfüllen müssen, Lord Black.“, ihre Augen bohrten sich in die seinen, „Zwingt meinen Sohn nicht in eine Welt, in die er nicht gehört.“

Eine Welt, in die... Harry zog die Luft scharf ein. Dracos Welt, Dracos Ehre – er sollte einen stolzen Aristokraten nicht degradieren. Wenn er Draco wollte, musste er nach den Regeln der Blaublüter und der Etikette handeln. Er musste das werden, was ihm seit eh und je widerstrebte: Ein Lord.

Narzissa nickte, ohne dass er es aussprach.
 

„Vater... Mutter...“, der Schwarzhaarige atmete tief durch, sah zwischen den beiden Grabsteinen hin und her, stoppte seine Worte durch ein Schlucken, „Ich... ich... ich weiß, ihr könnt mich hören und passt auf mich auf, wo immer ich auch bin. Deshalb macht es gar nicht so viel Sinn hierher zu kommen.“

Er lachte über sich selbst.

„Gerade, wo dieser Ort eher schlechte Erinnerungen trägt... vor fast einem Jahr bin ich hier in Voldemorts Falle gelaufen.“, er wandte den Blick ab und schüttelte den Kopf, „Ich war nur hier, um nach einem Grab und einer alten Frau zu suchen... und da stolpere ich über das hier.“, er machte einen Schwenk mit der Hand über die Grabsteine, „Könnt ihr euch vorstellen, wie sehr ich mir in dieser Misere wünschte einfach bei euch zu sein?“

Er schluchzte und ließ sich auf dem verschneiten, vereisten Boden vor den Grabsteinen nieder.

„Ich erzähle so einen Mist... ich war es doch, der mir wünschte zu leben. Ich muss leben. Hier sind Menschen, die mich brauchen. Ted braucht mich. Ginny braucht mich. Und... ich glaube, Draco braucht mich auch.“, er schluckte, „Habt ihr das mitbekommen? Ich habe mich in einen Todesser verliebt. Ziemlich erbärmlich, was?“

Ein trockenes Lachen unterbrach sein Schluchzen.

„Ich bin so am Ende... ich will doch nur bei ihm sein. Ich brauche ihn. Ich... ich liebe ihn.“, er zog die Knie an und legte die Arme darum, „Kann mir nicht mal jemand sagen, was ich tun soll? Ich könnte jetzt echt ein paar Eltern vertragen, wisst ihr?“, er schluchzte erneut und heiße Tränen schossen ihm in die Augen, „Ich wünschte, ihr wärt hier... ich wünschte, ihr wärt am Leben...“, es schüttelte ihn, „Wie soll ein Versager wie ich bloß jemals ein Kind aufziehen? Ich gebe mir echt alle Mühe, aber ich habe Ahnung von nichts... es tut mir so Leid, Remus, dass ich deine Erwartungen nicht erfüllen kann. Und Mom, Dad, Sirius... ihr habt euch sicher was anderes als einen schwulen Sohn gewünscht, der sein Leben nicht auf die Reihe bekommt.“, er schluckte schwer, „Es tut mir Leid, dass ich euch alle so enttäusche...“

Er sah auf, betrachtete still weinend die Grabsteine vor sich.

„Im Endeffekt bin ich von mir selbst enttäuscht. Alles, was ich will, ist, dass ihr stolz auf mich sein könnt. Aber wenn ich mal irgendwo etwas schaffe, bricht der ganze Rest zusammen. Meine besten Freunde haben sich von mir abgewandt. Draco spricht nicht mehr mit mir. Und ich tue nichts als auf einem Friedhof zu hocken und in Selbstmitleid zu versinken. Ich bin so ein Versager...“, er schluckte, „Ich habe so viel falsch gemacht, so viele Fehler begangen... wie soll ich das denn je wieder gut machen?“

Es schüttelte seinen Körper wieder und neue Tränen brachen aus seinen Augen.

„Tut mir Leid... tut mir Leid...“
 

„Harry!“

Ginnys Lider weiteten sich, sie legte Ted in seinen Korb und raste zu ihm, während er gerade das Portrait hinter sich schloss. Anscheinend musste er ähnlich schlimm aussehen, wie er sich fühlte, wenn Ginny so einen Aufstand machte.

„Was bei Merlin hast du gemacht?“, sie knöpfte seine Robe auf und riss sie von Harrys Leib, während ihre heiße Hand rastlos über sein Gesicht, sein Haar und seine Hände fuhr, „Du musst durchgefroren sein! Komm, schnell aus den Klamotten und ab unter die Dusche.“

„Hm...“, er half ihr halbherzig dabei ihn auszuziehen, bis er sich – nur noch in Hose – in Richtung seines Badezimmers begab. Wahrscheinlich hatte sie Recht. Eine Dusche wäre jetzt genau das richtige.

„Oh, Harry...“, sie schüttelte den Kopf und seufzte tief, während er die Tür hinter sich schloss.
 

„Hier, trink das.“, auf das Stück Couchtisch, das in seinem Blickwinkel lag, wurde ein dampfender Becher gestellt, bevor er wenige Momente später wieder aufgehoben und an seine Lippen geführt wurde, wo er ihn dann doch selbst ergriff, „Gut so... was ist passiert, Harry?“

Er wandte den Blick nicht von dem Becher, um Ginny nicht ansehen zu müssen.

„Hat es mit deinem Besuch bei Misses Malfoy zu tun? Hat sie etwas gesagt?“

Harry atmete tief durch, stellte den Becher ab und fuhr über seine Lider zu seinen Schläfen, die er massierte, während er sprach: „Ja, hat sie. Natürlich hat sie. Sie ist von der ganzen Sache verständlicherweise wenig begeistert. Aber sie ist eine besorgte Mutter, die für ihr Kind das Beste will. Und Ted hat sie auch auf den ersten Blick ins Herz geschlossen.“

„Und... das heißt?“, fragte Ginny vorsichtig.

„Sie fordert, dass ich in Draco den Aristokraten sehe und mich dementsprechend verhalte. Ich soll seine Ehre nicht verletzen.“, er seufzte, „Ich weiß nicht einmal, was das alles für mich bedeutet... für uns.“

„Ich schon.“, sie umfasste seine Hand mit ihren, „Ihr seid nicht das erste schwule Paar in der Geschichte der Zauberwelt.“

Er hob seinen Blick, um ihr in die Augen zu sehen.

„Es gibt strenge Regeln in der Aristokratie. Seine Ehre zu bewahren, das bedeutet nach diesen Regeln und Prinzipien zu handeln. Stets höflich zu sein, die Familie zu ehren, Feste zu geben, immer gepflegt zu sein und herrschaftlich zu wirken, Beleidigungen mit aller Macht zu verfolgen und zu strafen, solche Regeln sind das. Eine weitere Regel ist, dass jede Familie stets einen Erben braucht. Sei dieser nun adoptiert oder blutsverwandt, jemand muss den Titel und die Pflichten eines Familienoberhauptes führen und deren Weiterführung sichern. Du hast bereits einen Erben.“, sie nickte kurz in Teds Richtung, „Das gibt dir für diese Regel Narrenfreiheit. Du musst nicht heiraten und weitere Kinder kriegen, auch wenn dies deinem Ruf als Lord nicht abträglich wäre. Draco allerdings hat keinen Erben, was bedeutet, dass er unter der Pflicht steht wenigstens zu heiraten, damit es so wirkt, als hätte er es versucht.“

So weit hatte er auch schon gedacht. Deswegen sein Vorschlag, dass sie beide heirateten und sich nur heimlich sahen. Und auch Draco hatte ja von Anfang an gewusst, dass er einer Heirat nicht entkommen konnte.

„Seid ihr beide verheiratet und habt Erben, habt ihr eure Beziehungspflichten auf jeden Fall erfüllt. In dem Fall wird es keinen Mensch interessieren, ob ihr heimlich eine Beziehung habt. Und sobald eure Erben alt genug sind Titel und Pflichten zu übernehmen, wird es die meisten wahrscheinlich nicht einmal stören, wenn ihr offen ein Paar seid, solange ihr dabei noch würdig und herrschaftlich bleibt und die Klatschpresse nicht über euch schreiben lasst.“

Harry seufzte tief. Wahrscheinlich war er Kimmkorn mit seiner letzten Aktion los geworden, aber sie war nicht die einzige Journalisten für Klatsch und Tratsch.

„Aber wie schaffe ich es mir die Presse vom Hals zu halten?“

„Nun...“, Ginny beugte sich ein Stück zu ihm, „Nennen wir es Spenden an den richtigen Stellen.“

„Ich soll die Redakteure bestechen?“, der Schwarzhaarige fuhr auf, „Ginny, das kann nicht dein Ernst sein. Ich kann doch nicht-“

„Natürlich kannst du.“, sie verschränkte die Arme vor der Brust, „Ich glaube, die Weasleys dürften die einzige Familie mit Titel in ganz England sein, die das nicht tut – und das liegt mehr daran, dass wir kein Geld haben, als dass wir dagegen eingestellt sind.“

„Ginny...“, sein Ton drückte reine Fassungslosigkeit aus, ähnlich wie seine geweiteten Lider und der Abstand, den er zwischen sie gebracht hatte.

„Harry.“, erwiderte sie nur und erhob sich ebenfalls, „Moral ist etwas für Menschen, die es sich erlauben können moralisch zu sein. Wenn Menschen sich nicht darum scheren, was die Welt von ihnen denkt, bitte – aber solch ein Mensch bist du nicht. Ich erinnere mich sehr gut daran, wie es für dich in deinem vierten Jahr hier in Hogwarts war. Oder in deinem fünften. Oder in deinem sechsten. Jedes Mal bist du auf Ablehnung und Beschimpfungen gestoßen und das alles aus nur einem Grund: Weil die Presse Lügen über dich verbreitet hat.“

Er atmete tief durch. Sein Atem zitterte.

„Bisweilen allerdings auch, weil sie die Wahrheit gesagt hat. Eine Wahrheit, die allerdings keinen zu interessieren hatte.“, sie stemmte die Hände in die Hüften, „Als Lord ist das Wichtigste dein Ansehen. Und du kannst nicht zulassen, dass es von Leuten wie Rita Kimmkorn beschmiert wird. Das würde sogar ich verlangen, wenn ich deine Frau wäre.“

Er schluckte und nickte langsam. Natürlich. Sie hatte Recht. Keine Person an seiner Seite hatte es verdient wegen ihm ins Kreuzfeuer der Gesellschaft zu kommen. Und wenn es Korruption bedurfte, um das zu sichern, musste es wohl sein.

„Gut.“, sie setzte sich wieder und wartete, bis er es ebenfalls tat, „Du musst also deinen Ruf wahren. Zum anderen musst du ihn stärken.“

Er nickte, unsicher ob er einen sinnvollen Ton rausbringen würde, würde er sprechen.

„Ein Lord braucht eine Residenz, besser noch mehrere. Dein Erbe als Black ist einmal das Stadthaus, das der Orden des Phönix in völligem Chaos zurückgelassen hat und zum anderen sind es mehrere Landhäuser. Du wirst alle so weit Instand setzen, dass man darin leben und Gäste empfangen kann. Und jedes braucht genug Hauselfen, damit es in diesem Zustand bleibt.“

Das würde hunderte von Galleonen verschlingen...

„Und du musst dich in der aristokratischen Gesellschaft etablieren. Das heißt, dass du weiterhin eine Party zum Instandsetzung der Häuser geben wirst. Du wirst dort eine Rede halten und deine Übernahme des Titels als Lord offiziell machen. Und wenn du sehr viel Glück hast, dann wird Misses Malfoy als gebürtige Black an deiner Seite stehen und im besten aller Fälle sogar ihren Geburtsnamen wieder annehmen, um die Verbundenheit zu dir zu verdeutlichen.“

Er saß gebeugt, sodass er zu ihr aufsah, den Stirn in Falten, die Augen sicherlich so hilflos wie Teddys, wenn er sich nicht beachtet fühlte.

„Ach, Harry...“, sie legte eine Hand auf seine Schulter, „Keine Angst, du hast Freunde, um dir zu helfen. Und wenn du bis dahin nicht verlobt bist, komme ich auch gern als deine Gesellschaftsdame mit.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  Vergangenheit
2009-05-26T14:52:28+00:00 26.05.2009 16:52
Oha, klingt nach einer Menge Stress, die Harry dann in Zukunft haben wird und irgendwie nicht nach einem Leben, dass ich leben möchte, aber wenn er Draco will, muss er das wohl tun. Es ist nur überaus schade, dass Draco nicht um eine Hochzeit herumkommen wird. Zumal Harry Ted ja schon als Narzissas Enkel vorgestellt hat und damit ja praktisch Draco als Vater voraussetzt. Ich hatte gehofft, dass dieses Kind reichen würde um als Erbe für beide zu gelten, aber die Regeln der hohen Gesellschaft sind wohl doch komplizierter als gedacht.

ByeBye
BlackSilverLady
Von: abgemeldet
2009-03-04T15:33:34+00:00 04.03.2009 16:33
*brrrrrrrrrrrrrr*
Traurig.
Ich bin ja immernoch der Meinung, die beiden sollen heiraten und Draco und Harry haben dann Teddy als Erben. Basta.
Warum muss immer alles so kompliziert sein...

Es war ein gutes Kapitel. Ein bisschen viel Selbstmitleid, aber irgendwie auch typisch Harry. Weiß auch nicht. Wahrscheinlich fehlt mir Draco einfach. ^^

LG
Von: abgemeldet
2009-03-02T20:17:10+00:00 02.03.2009 21:17
suuuuuuuuuuuuuuuuuuupi klasse
aber ich bin mir nicht sicher ob Harry das alles hinkriegt
schreib ganz schnell weiter
Von:  ReinaDoreen
2009-03-02T20:12:30+00:00 02.03.2009 21:12
Obwohl Harry derjenige ist, der von Anfang an keine offizielle Beziehung zu Draco führen will, so kann er doch nicht damit leben, das der Kontakt zu Draco völlig abgebrochen ist.
Dieses Leben, welches Harry von Ginny beschrieben bekommt - ich weiß nicht ob es erstrebenswert ist. Ich habe das Gefühl mal verliert den Blick fürs Wesentliche. Alles ist ausgerichet auf Etikette, Öffentlichkeit, Normen und Regeln, aber das Wichtigste Liebe und menschliche Wärme rücken in den Hintergrund und sind nicht von Bedeutung.
Reni
Von:  leewes
2009-03-02T15:14:25+00:00 02.03.2009 16:14
ooooh man ich werde noch mal verrückt... (ach nein das geht schon nciht mehr dafür sit es schon lange zu spät aber egal ich werde dann eben noch verrückter...*g*) wiso zum teufel muss das alles so scheiß komplizirt sein??? nein ich fange nicht shcon wieder an die gesammte frage lieste aufzuzählen die wir schon mal durchgekaut haben... den es hat sich keine einzige beantwortet.... *heul* ich hasse es wenn alles immer so engstirnig ist.. das bin ihc zu genüge..(manchmal..*g*) aber was solls... ich denke das ich dieser ff trozdem noch ein chancze lassen werde aber wenn es sich herauskristaliesieren sollte das die beiden sich wirklich nur ab und zu sehen und alles heimlich machen müssen dann bin ich weg da kann ich dir brif und siegel drauf geben denn dann währe es auch nciht mehr fear dir gegenüber...
so ich habe wieder genug gelabert und dich auch lange genug vom schrieben abgehalten...*g*
bis dann
lee
Von:  Siri
2009-03-02T15:07:44+00:00 02.03.2009 16:07
Der arme Harry ich hoffe er dreht bei dem ganzen
blassierten Gehabe nicht durch....*seufts*
....schöner Teil, freu mich schon auf den
nächsten....^^
Von:  mondscheinlichter
2009-03-02T14:55:37+00:00 02.03.2009 15:55
Hehehe...
Ich muss sagen, dafür das man lange warten musste ist das doch ein ansprechendes Kapitel. Mir hat es sehr gefallen. Besonders das jetzt ein wenig die neue Welt, das kann man ja so nennen, da in den Büchern nie aus soetwas besonders Wet gesetz wurde, zum Vorscheinen kommt. Ich bin schon sehr gespannt was da noch alles passieren wird. Wie die Rede, die Ginny ansprach, werden wird und wie Harry sich als Lord, wenn er erst einmal ganz in dieser Rolle ist, machen wird.

Ich bin schon gespannt was folgen wird.
Hoffentlich nicht wieder eine solange warte Zeit, aber wenigstens das wieder etwas kommt.

LG


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