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Somewhere in the Past...

...once there was~~
von

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Seit Stunden hatte er sich zusammengekauert und starrte mit leerem Blick in den Raum.

Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie kalt dieser Winter war und gerade jetzt mussten sie ihn erwischen und hier einsperren.

„Verdammt!“, hauchte er soweit es seine zitternden Lippen erlaubten und zog die Beine näher an seinen Körper, spürte seine Zehen schon nicht mehr, als er den Dampf seines eigenen Atems aufsteigen sah.

Der Tag war schon angebrochen, doch wahrscheinlich würde es hier unten nie warm werden, umgeben von dem dicken Backsteingemäuer und der einzige Weg zur Außenwelt war ein kleines Loch am oberen Ende einer Wand. Wenn er sich aufstellte konnte er hinaus in die Straßen sehen. Vermutlich hätte er den Schnee funkeln gesehen und die ersten Menschen wären bereits vorbeigelaufen, um ihren Geschäften nachzugehen, doch er war nicht in der Lage, sich zu erheben.

Das wenige Licht, das von draußen hineinfiel, tauchte den Raum in diffuses Licht und er konnte beobachten, dass einzelne Staubkörner in dem feinen Lichtstrahl tanzten.

Doch es interessierte ihn nicht. Er wollte schlafen, schon die ganze Zeit, doch er schaffte er einfach nicht. Er war müde, doch wahrscheinlich war es einfach zu kalt und das wenige Stroh, dass ihm von dem kalten Boden trennte vermochte nicht, ihm wenigstens etwas Wärme zu schenken.

Zum wiederholtem Mal in dieser Zeit schloss er langsam die Augen, schloss mit einem Zittern die Arme noch etwas fester um seinen Körper und bemerkte dann plötzlich, wie eine löchrige, doch trotzdem wärmende Wolldecke über ihn gelegt wurde.

Vorsichtig blinzelte er, während er seine kalten Finger in den Stoff krallte, versuchte, etwas zu erkennen und kniff die Augen etwas zusammen, bis sein Blick klarer wurde.

Er sah ein Gesicht, erkannte 2 warme braune Tiefen, die ihn ansahen und das junge Gesicht etwas älter wirken ließen, während langes schwarzes Haar sanft über die Schultern fiel.

Wer war das? War es ein Engel, der hier war um ihn zu holen, weil er schon erfroren war? Oder würde er genau das erst im nächsten Moment tun?

Doch dunkel erinnerte ihn sein Gedächtnis daran, dass er nicht allein in dieser Zelle gewesen war.

War das etwa die Person gewesen, die sich die ganze Zeit an der anderen Wand im Stroh zusammengekauert hatte?

Im Licht sah sie so anders aus.

„Wer bist du?“, fragte er deshalb mit leiser Stimme und ein trauriges Lächeln legte sich auf die fein geschwungenen fremden Lippen.

„Ist das etwa von Bedeutung?“

Vorsichtig setzte er sich etwas auf, stützte sich mit einer Hand auf dem Boden ab, war jedoch darauf bedacht, dass die Decke nicht von seinem Körper rutschte.

Diese Stimme ließ ihn an etwas zweifeln, doch er wusste nicht, woran.

„Was bist du?“, fragte er fast von allein weiter und bemerkte seine Frage erst, als er sie bereits ausgesprochen hatte.

Die braunen Augen wandten sich von ihm ab und es schien ihm, als wäre der zierlich Raum, in dem sie waren, wäre in diesem Moment noch etwas dunkler geworden.

„Einerseits ein Mensch, andererseits doch wieder keiner.“

Er runzelte die Stirn, verstand nicht, was man ihm damit sagen wollte.

„Was soll das heißen?“

Er bemerkte nur kurz einen scheuen Blick auf sich, ehe schlanke Finger die Fäden des schäbigen Baumwollhemdes lösten.

Er wurde rot, wollte sich abwenden und doch hielt ihn etwas davon ab, dabei war es doch eine Frau, die vor ihm saß und sich entblößte!

Aber als sein Blick auf die glatte helle Haut traf, war dort nichts, was ihn an eine Frau erinnerte. Dafür zog etwas anderes seine Aufmerksamkeit auf sich.

Eine kleine aber deutliche Tattowierung nahe der rechten Brustwarze markierte den –offensichtlich- Mann vor ihm als einen Sklaven.

Er konnte nicht anders, hob die Hand und strich über das Zeichen. Er kannte es. Es war das Familiensymbol einer weit bekannten Familie. Abgesehen und reich.

Doch seine kalten Finger ließen den Fremden zusammenzucken und sofort zog er sie zurück, suchte nach dem Blick des Schwarzhaarigen, der selbst bereits zitterte.

„Wie heißt du?“

Der Andere sah zu Boden, während er seine Brust wieder mit dem wärmenden Stoff bedeckte, seine Finger tief in ihm vergrub und es schien zunächst, als wolle er nicht antworten.

Doch als er selbst die Lippen wieder öffnete, seine Frage wiederholen wollte, drang ein leises Murmeln zu ihm.

„Aoi.“
 

~oOo~
 

Er war gerade in einen leichten Schlaf gefallen und seine Glieder entspannten sich zusehends, als ein lauter durchdringender Schrei ihn wieder hochfahren ließ.

Verwirrt sah er sich um. Was war passiert? Wo kamen diese Geräusche her?

Zum Teil klärte sich seine Frage, als Aoi zur Tür rannte und versuchte, durch die schmalen Zwischenräume der Latten der Tür einen Blick auf den Gang zu werfen, sich dabei an das morsche holz lehnte und in seinen Augen etwas wie Verzweiflung glänzte, obwohl seine Haltung ihn irgendwie panisch wirken ließ. Er biss sich auf die Unterlippe und wollte anscheinend etwas sagen, doch er verkniff es sich. Hatte er es in seiner Zeit als Sklave gelernt, auch dann keinen Ton von sich zu geben, wenn ihm etwas auf seiner Seele brannte?

„Aoi, was...?“ fing der kleine Neuzugang an, doch er wurde ignoriert und stattdessen von einer lauten Stimme außerhalb ihrer Zelle unterbrochen, die ihn zusammenfahren ließ. Er wusste, dass er diese Stimme kannte –sie gehörte zu dem Mann, der ihn in diese Zelle verwiesen hatte.

„Was soll das?! Nimm deine fettigen Dreckspfoten von dem Jungen!! Wie oft habe ich dir gesagt, dass du hier nichts verloren hast? Das hier ist mein Trakt und wenn ich noch einmal sehe, wie du hier herumschleichst und dich an MEINEN Gefangenen vergreifst, dann sorge ich dafür, dass ich dir persönlich die Finger abhacken kann! Und zwar jeden einzeln!“

Und schon während die Worte immer lauter wurden, hörte er hastige, stolpernde Schritte auf dem Gang, als jemand bei ihnen vorbeieilte. Die Hilferufe waren verstummt und stattdessen konnte er nun ein leises Wimmern vernehmen.

Er schluckte hart, wollte Aoi erneut fragen, ob er wusste, was vorgefallen war, als sich ihnen von draußen erneut Schritte näherten und immer lauter von dem Backsteingemäuer widerhallte.

Wie gebannt starrte er auf die Tür und seine Finger verkrampften sich angespannt um wenige Strohhalme, als er im Dunkel vor ihrer Tür helle Kleidung zwischen den Brettern hindurchschimmern sah.

Er hoffte, dass der, wer auch immer es war, vorbeigehen würde, doch stattdessen glitt ein Schlüssel ins Schloss und ein leises Klicken verriet, dass es geöffnet wurde.

Er hatte diesen Moment nicht mehr auf Aoi geachtet, konnte es sich nicht erklären, doch er hatte Angst. Und nun musste er erschrocken feststellen, wie sein Mitgefangener die Tür aufriss, dem Wärter direkt in die Arme lief.

Er kniff die Augen zusammen, wartete auf den lauten Knall, der darauf unweigerlich folgen musste, doch er blieb aus und stattdessen hörte er leises Schluchzen und eine vorsichtige und doch verzweifelte Stimme – Aoi.

„Reita-san, du musst etwas machen, bitte! Was ist, wenn du ihm irgendwann einmal nicht aufhalten kannst?“

er wagte es, langsam und vorsichtig die Augen zu öffnen.

Der Schwarzhaarige hielt jemanden im Arm, der sich schluchzend fest an ihn klammerte und er sprach mit...

Er erstarrte und seine Augen weiteten sich ungläubig.

Er sprach mit dem Wärter!

Der seufzte resignierend und schüttelte den Kopf, ohne den Blick von seinen beiden Insassen abzuwenden.

„Du weißt, dass ich nichts tun kann. Ich lass ihn dir heute noch hier, damit er sich beruhigen kann. Aber du weißt genauso gut wie ich, dass i8ch euch nicht zusammenlasen darf.“, erklärte er und Aoi nickte leicht.

„Das weiß ich auch, aber das ist doch alles nur Schikane! Wenn uns irgendwann doch jemand kaufen will, dann werden sie uns auseinanderreißen. Das ist alles was er will!“, antwortete er verzweifelt und der Blonde ihm gegenüber ballte die Hände zu Fäusten, sodass seine Fingerknöchel weiß erschienen.

„Aber auch wenn er euch in dieses Gefängnis abgeschoben hat, ihr gehört immer noch ihm und deswegen müssen wir mit euch machen, was er verlangt. Ihr gehört nicht der Stadt, nicht dem Bürgermeister und auch nicht dem Gefängnis. Ich kann euch auch nicht hier rausholen, weil ich den Preis zum einen nicht bezahlen kann und zum Anderen hat er es allen in dieser Einrichtung verboten.“, kam es zurück und es schien, als hätte der junge Mann große Mühe, nicht auszurasten. Lag ihm etwa so viel an dem Wohl seiner Gefangenen? Oder nur an den Beiden?

Als sein Neuzugang sich zu Wort meldete sah er ernst zu ihm und hob spöttisch eine Augenbraue.

„Ich kann sie doch kaufen, wenn ich hier wieder raus bin.“, sagte der Kleine und nach der anfänglichen Skepsis des Wärters –Reita, wenn er sich richtig erinnerte – fing dieser an, laut zu lachen.

„Ehe du hier rauskommt, wird einige Zeit vergehen. Und womit willst du Gnom sie dann bezahlen? Mit dem Geld, dass du gestohlen hast?“, fragte er fast belustigt, doch sein Gesprächspartner stand auf und verschränkte die Arme vor der Brust, während die beiden Schwarzhaarigen zweifelnd zwischen den anderen hin und hersahen.

„Ich habe kein Geld gestohlen!“, verteidigte er sich trotzig und bemerkte die verwirrten Blicke, die nun auf ihm ruhten, nicht. Genauso wie die blonden Strähnen, die ihm vor die Augen fielen.

Auf den Lippen Reitas bildete sich ein höhnisches Grinsen.

„Ach neun? Dann willst du also behaupten, dass meine Kollegen Lügner sind?“

Ein Nicken andererseits bestätigte diese Aussage.

“Ja das will ich. Es war kein Geld, sondern etwas zu Essen für meine Familie!“

„Oh, für dein Familie, wie heroisch von dir. Und jetzt hat deine kleine Familie ja sehr viel davon! Wenigstens ein freches Maul weniger zu stopfen!“, kam die herausfordernde Antwort und der Blick des Neulings verfinsterte sich.

„Wie lustig. Wenigstens bin ich nicht so ein kleines verwöhntest arrogantes Arschloch, das seine Nase in den Wolken trägt und alles in den Arsch geschoben bekommt!“, knurrte er und in dem Moment, in dem das Grinsen von den Lippen des Wärters wich, zog Aoi angespannt scharf die Luft ein, die im diesem Augenblick zu brodeln schien und selbst die Kälte vergessen ließ.

Langsam ging der Aufseher zu dem Kleinen herüber.

„Pass auf was du sagst. Ob du hier je wieder lebend rauskommst liegt ganz in meinen Händen. Und man soll nicht die Hand beißen, die einen füttert!“, zischte er, doch der Andere ließ sich nicht beeindrucken.

„Und deswegen soll ich mich von dir Flachzange rumschubsen lassen?“, fragte er und sah, wie sich die Augen seines Gegenübers gefährlich verengten.

Das letzte, woran er sich erinnerte, war der erschrockene Aufschrei Aois und die Faust, die schmerzhaft auf sein Gesicht traf.
 

~oOo~
 

„Ruki?! Ru~ki!“

Woher wussten sie seinen Namen? Wo war er überhaupt?

Vorsichtig tastete er sein Gesicht ab und zuckte zusammen, als seine Finger seine schmerzende Wange berührten.

Er knurrte leise und setzte sich blinzelnd auf.

„Ruki? Bist du das?“, hörte er wieder diese Stimme und erst jetzt fiel ihm ein, woher er sie kannte.

Sofort sprang er auf und hastete zu dem kleinen Loch, das aus ihrer Zelle auf die Straße führte und durch welches ab und an Schnee hereinrieselte.

„Ich bin hier!“, rief er und streckte sich, um möglichst viel mit seinem Blick erhaschen zu können, doch schon war der Andere bei ihm.

„Woher weißt du, dass ich hier bin?!“, fragte er schnell, bevor der loslegen konnte.

„Also, ich dachte, du wärst bei Kai und als du heute Nacht nicht zu Hause warst, bin ich zu ihm gegangen und habe gefragt. Aber er meinte, du wärst schon lange weg und hättest noch irgendwas gesagt, von wegen »was zu erledigen« oder so. Und da war mir klar, dass du nur wieder was angestellt haben kannst und die dich dieses Mal erwischt haben. Und als ich die oben am Eingang gefragt hab nach sonem kleinen Blonden, wollten die mich nicht reinlassen , meinten aber, dass du wohl irgendwo hier unten wärst. Ich meine, nicht dass die genau gewusste hatten, wen ich gemeint habe, aber so viele helle Köpfe gibt’s hier ja nicht.“, kam die lange Antwort und er war kurz davor die Augen zu verdrehen.

Doch noch etwas interessierte ihn.

„Weiß Mama, dass ich hier bin?“, fragte er und sah den Anderen hoffnungsvoll an. Sie würde es sicher nicht verkraften, wenn sie wüsste, dass einer ihrer Söhne im Gefängnis war. Doch das Kopfschütteln beruhigte ihn etwas.

„Nichts dass ich wüsste. Sie glaubt immer noch, du bist bei Kai.“

Er nickte erleichtert.

„Dann sag du ihr bitte auch nichts. Und weih Kai auch mit ein. Bitte, ja?“, fragte er bittend, wohl wissend, dass sein kleiner Bruder ihm helfen würde, so gut es ging, und er sich auf ihn verlassen konnte. Und wieder nickte der.

„Geht klar. Hier, ich habe dir auch noch ne Decke mitgebracht. Es ist kalt dieses Jahr.“, fügte er hinzu und schon stopfte er besagten Gegenstand herein, verdunkelte so für einen Moment den Raum und wieder rieselte etwas Schnee herein, doch das war Beiden egal.

Schnell zog der Gefangene den Gegenstand zu sich, ließ ihn auf das Stroh fallen, ehe er sich wieder seinem Bruder zuwandte.

„Danke Miku.“, sagte er und lächelte dankbar.

„Kein Problem. Aber sag mal, wer ist das?“, kam von dem Jüngeren und erst jetzt bemerkte der Blonde dessen Blick auf den beiden Schwarzhaarigen, dich sich zusammen in eine Ecke gekauert hatten, etwas Stroh über sich verteilt, weil sie ihm die Decke überlassen hatte, und anscheinend versuchte, etwas zu schlafen.

Auch er selbst sah nun zu ihnen herüber.

„Das sind Aoi und...äh...keine Ahnung.“, sagte er und blinzelte, als er den Blick wieder zu seinem Bruder wandte, der noch immer fasziniert zu den beiden sah. Es ließ ihn lächeln.

„Hübsch.“, hauchte der Kleine und sein älterer Bruder streckte seine Hand aus, um ihn leicht in die Seite zu knuffen.

“Stimmt schon, aber anstatt zu sabbern, sodass dir Eiszapfen am Mund hängen, solltest du lieber nach Hause gehen, bevor Mama noch Verdacht schöpft.“, sagte er und abwesend nickte der Jüngere.

Offensichtlich hatte sein Bruder nicht bemerkt, dass einer der beiden wach war und mit einem undurchdringlichen Blick zu ihnen herübersah.

„Passt auf euch auf, ich komme später vielleicht noch mal vorbei.“, flüsterte er noch, ehe er sich mi8t einem Blick in die braunen Tiefen erhob und sich dann doch –wenn auch etwas widerstrebend- auf den Weg nach Haus machte.
 

~oOo~
 

„Aoi?“

„Hm?“

„Darf ich dich etwas fragen?“

aufmerksam sah der Schwarzhaarige ihn an, während er noch immer den schlafenden Fremden in seinen Armen hielt.

Vorsichtig nickte er.

„Wieso bist du hier?“

Aoi seufzte tief.

„Weil ich weglaufen wollte. Mein Herr hatte uns oft genug zu verstehen gegeben, dass er uns eigentlich loswerden wollte. Er hat jede Gelegenheit genutzt, um uns zu bestrafen. Ob er uns nun kein Essen gegeben hat oder uns geschlagen oder sogar noch schlimmeres. Und deshalb wollten wir irgendwann mitten in der Nacht weglaufen. Deswegen hat er uns hier einsperren lassen, bis er jemanden findet, an den er uns verkaufen kann.“, erklärte er ruhig, doch seine Augen glänzten traurig und der Schmerz schwang deutlich in seiner Stimme mit.

„Wen meinst du mit wir?“

„Mich und ihn.“, war die leise Antwort und er deutete mit einem Nicken auf den Dritten.

Auch Ruki sah nun auf ihn hinab.

„Wer ist er?“, fragte er ruhig und doch hörte man die Neugierde hinaus.

Aoi lächelte leicht.

„Er ist mein Bruder.“

„Und wie...?“

„Kanon. Sein Name ist Kanon.“, unterbrach er den Blonden, wusste er doch genau, was der wissen wollte.

Der Kleine lächelte leicht.

„Bin ich so leicht zu durchschauen?“, fragte er und der Schwarzhaarige nickte leicht, als sich ein verschmitztes Lächeln auf seine Lippen schlich.

„Bist du. Aber meinst du nicht, dass du dich auch einmal vorstellen solltest?“, fragte er und der Blonde blinzelte zunächst verwirrt, kratzte sich dann verlegen leicht am Hinterkopf.

„Habe ich das noch gar nicht getan?“, fragte er, obwohl er genau wusste, dass er dies bisher umgangen war. Er redete nicht gern über sich.

Doch als Aoi nickte, konnte er ihn wohl oder übel doch nicht noch weiter hinhalten.

„Ruki.“, antwortete er nur knapp und im selben Moment fiel ihm noch etwas ein, was er wissen wollte.

„Was habt ihr eigentlich mit diesem Aufseher –Reita oder wie du ihn genannt hast – zu schaffen?“, fragte er missmutig. Er konnte nicht verstehen, wie die beiden offensichtlich so gut mit diesem Kerl auskamen.

Doch Aoi zuckte nur mit den Schultern.

„Er ist manchmal etwas eigenartig, aber eigentlich ist er ganz nett.“

„Das Gefühl hatte ich nicht.“, murrte der Blonde nur und zog die Augenbrauen zusammen, als der Schwarzhaarige ihm einen undurchsichtigen Blick zuwarf.

„Du hast ihn gereizt.“

„Weil ich mir eben nicht alles gefallen lasse.“, verteidigte sich der Kleinere, doch Aoi fuhr fort.

„Uns hat er geholfen. Von Anfang an. Nicht alle Gefangenen bekommen Decken, auch nicht im Winter. Einige erfrieren sogar. Er lässt uns auch ab und an aus unseren Zellen, damit wir auf die Toilette gehen können und uns wenigstens waschen und rasieren. Und er hält andere von uns fern und das nicht nur wegen den Läusen. Ich denke, er würde uns auch ganz hier rausholen, aber das kann er nicht.“, setzte er sich für den großen Blonden ein und Ruki hob verständnislos eine Augenbraue.

„Ich hab das Gefühl der Kerl steht auf dich.“, murrte er, doch Aoi wehrte sofort ab.

„Unsinn, er kennt uns nur von früher.“, erklärte er und verwirrte den kleinen Blonden so noch mehr.

„Wie von früher?“, fragte er verblüfft und kuschelte sich mit neugierigem Blick weiter in seine Decke. Sie roch nach zu Haus. Aoi hingegen schloss für einen Moment die Augen.

„Von früher eben. Wir sind zusammen aufgewachsen, bis mein Vater starb und wir fortziehen mussten, weil wir die Ländereien nicht mehr bezahlen konnten. Und irgendwann reichte das Geld auch nicht mehr für die Pacht des neuen Landes, wir konnten auch die Saat nicht bezahlen und das Vorjahr war so schlecht, dass die Ernte ohnehin sehr mager ausgefallen war. Und ehe wir uns versahen saßen wir auf der Straße, bis irgendein Fremder uns aufgelesen hat. Wir hatten gar keine Wahl und schon wurden wir an Händen und Füßen gefesselt als Sklaven auf dem Markt verkauft.“, erklärte er knapp, wandte jedoch den Blick ab.

Trotzdem hatte Ruki gesehen, wie eine Träne auf seiner Wange glänzte. Dennoch konnte er nicht anders, sah verblüfft in dieses traurige Gesicht.

Dann war er also gar nicht immer ein Sklave gewesen? Wieso musste das Schicksal nur manchmal so grausam sein?

Er biss sich leicht auf die Unterlippe und bemerkte nicht einmal, dass sich die Tür an diesem Tag erneut öffnete.

Reita trat so leise ein, dass er ihn erst realisierte, als er in sein Blickfeld trat, bevor er sich zu Aoi hockte und ihm 2 Teller entgegenschob.

„Hier. Es ist nicht viel, aber die Suppe ist noch warm.“, sagte er leise und ein vorsichtiges Lächeln legte sich auf seine Lippen.

„Danke.“, hauchte Aoi und machte sich dann daran, seinen Bruder zu wecken, der nach einem kurzen Augenblick etwas blinzelte und sich die Augen rieb.

Als er den jungen Wärter erblickte lächelte auch er, dann sah er hinab auf die Teller, bevor sein Blick zu Ruki hinüberwanderte.

Der hatte erst jetzt bemerkt, wie hungrig er war. Als ihm der würzige Geruch entgegenkam schluckte er schwer, als sich sein Magen krampfhaft zusammenzog. Er wusste nicht, wann er das letzte Mal gegessen hatte.

„Was ist mit ihm.“, fragte Kanon und Reita folgte seinem Blick, musterte den Blonden eingehend von oben bis unten, ehe er etwas aus einer Tasche zog.

Als er es hinüberwarf erkannte Ruki, dass es sich um ein Stück Brot handelte, so groß, wie er es von zu Haus nicht gewohnt war.

„Sei froh, dass du überhaupt etwas bekommst!“, hörte er Reita knurren und sah ihn ungläubig an.

Und wie froh er war! Aber zeigen würde er ihm das sicher nicht.

Deswegen schnaubte er nur und verdrehte die Augen.

„Ich muss pissen!“, gab er murrend von sich und beachtete das verwirrte Blinzeln der Brüder nicht weiter.

Reita gab einen undefinierbaren Kehllaut von sich, bevor er aufstand.

„Dann komm mit! Ich will nicht, dass du die Zelle hier noch mehr verkeimst, als du es mit deiner bloßen Anwesenheit schon tust!“, sagte er und verließ die Zelle.

Der kleine war zunächst verwirrt –damit hatte er nicht gerechnet- doch dann legte er seine Decke beiseite und stand auf, um dem Größeren zu folgen.

Mit einem gemurmelten „guten Appetit.“ verließ er den kleinen Raum und ging dem Anderen durch die Gänge hinterher.

Er sah sich genau um. Es war nicht der Weg, den er hier hinein gebracht wurde und doch war er ebenso finster und uneinladend.

Und plötzlich blieb Reita vor einer Tür stehen und stieß diese unsanft auf.

„Aber beeil dich, klar!“, zischte er und warf einen wachsamen Blick den Gang hinunter.

Also betrat Ruki schnell den Raum und zuckte zusammen, als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel.

Aufmerksam sah er sich um.

Fliehen konnte er von hier nicht. Andernfalls hätte Reita ihn wohl kaum allein gelassen.

Obwohl der Raum klein war, wirkte er mit der Holzwanne, der Toilette und dem kleinen Wasserbecken nicht vollgestopft. Eher im Gegenteil.

Vor allem war es hier sauber und obwohl auch hier ein einfaches Loch als Fenster diente, war es hier nicht annähernd so kalt, wie in ihrer Zelle. Ein Umstand, der ihn sicher machte, dass irgendwo hinter den Backsteinwänden ein wärmendes Feuer brodelte.

Doch von einem Augenblick zum nächsten wurden seine Gedankengänge unterbrochen, als jemand von draußen gegen die Tür hämmerte.

„Was machst du Winzling da drin? Holst du dir einen runter oder was? Wenn du nicht in den nächsten Minuten wieder draußen bist, dann komme ich rein und dann gnade dir Gott, denn ein Knoten im Schwanz wäre das Mindeste mit dem du dann zu tun haben wirst!“

Das ließ er sich nicht zweimal sagen – ein blaues Auge genügte ihm voll und ganz – und wenig später folgte er dem großen Blonden schon wieder zurück in seine Zelle.

Jetzt, wo er so darüber nachdachte, fiel ihm auf, dass ihn sein Bruder gar nicht auf besagtes Auge angesprochen hatte.

Vielleicht hatte er Glück gehabt und man sah einfach nichts und wenn ihm das Glück auch weiter hold blieb, würde das auch so bleiben. Immerhin konnte er Aoi fragen, ob sich der unschöne Farbwechsel vollzog.

Aber wie lang war er eigentlich weggetreten gewesen?

In diesen Gemäuern verlor er einfach jegliches Zeitgefühl. Das einzige, dessen er sich sicher war, war, dass es unglaublich kalt war und er noch immer Hunger hatte.

Und so freute er sich auf sein Brot und hoffte, dass er nicht allzu lang bleiben musste, denn auch sein Bruder konnte niemanden ewig überzeugen, dass er nur bei einem Freund war. Schon gar nicht seine Mutter.

Bisher war sie es gewohnt, dass hier und da einmal etwas passierte und sie hatte bereits beinahe alles durchschaut, was ihre Söhne verbrochen hatten.

Nur bisher war es noch nie zu solchen Folgen gekommen.

Und würde erst sein Vater wissen, was vorgefallen war...Wahrscheinlich würde er ihn über den gesamten Hof, wenn nicht sogar durch die ganze Stadt jagen.

»Ich habe dich ja gewarnt!« würde er brüllen und seinen Gürtel in der Luft knallen lassen, als kleinen Vorgeschmack darauf, was ihn erwartete, wenn er ihn in die Finger bekam.

Und seiner Mutter würde er Vorwürfe machen, wie sich denn ihre nutzlosen Kinder erzogen hatte!

Aber ehe es dazu kommen würde, müsste er sich schon etwas mehr für seinen Nachwuchs interessieren, als für die Kühe, Pferde und die Lagerung ihrer Ernte.

Ein lauter Knall ließ ihn zusammenzucken und als er sich umdrehte, bemerkte er, dass die trotz allem schwere Holztür ins Schloss gefallen war.

Er seufzte tief und setzte sich wieder in seine Ecke, wo er sich sofort fröstelnd seine Decke über die Schultern zog.

Aufmerksam sah er sich um, suchte nach dem Brot, das für ihn bestimmt war, doch als er es fand und danach griff, ließ ihn ein leises Räuspern aufsehen.

Kanon sah ihn an und als er den Blick des Blonden bemerkte, lächelte er lieb.

„Hier.“, sagte er leise und schob seinen Teller, auf dem noch immer etwas von der warmen Mahlzeit erkennbar war, weiter zu ihm herüber und auch Aoi lächelte auffordernd.

Also gab er seinem knurrenden Magen mit dem Bedürfnis nach etwas Warmem nach und zog die Schale ganz zu sich.

Gierig trank er die wenigen Schlucke, stellte fest, dass die Suppe noch immer nicht kalt war und lächelte den beiden Anderen dankbar zu.

„Danke.“, flüsterte, als er zur Gegenleistung sein Brot teilte und den Schwarzhaarigen jeweils ein etwa gleich großes Stück reichte, welches sie mit einem leichten Nicken entgegennahmen.

Selbst überlegte er einen Moment. Noch war sein Magen wenigstens zum Teil gefüllt, aber in einigen Stunden würde er sicherlich wieder hungrig sein. Unsicher sah er sich um. Er wusste nicht, wo er inzwischen das wertvolle Nahrungsmittel verstauen sollte, doch es ließ sich einfach nichts finden.

Er seufzte leise, als ihm plötzlich sein Taschentuch wieder in den Sinn kam.

Es hatte eine kleine Stickerei und er hatte es einmal von seiner Mutter bekommen und trug es seitdem immer bei sich, benutzte es nie.

Er hatte immer gewusst, dass es einmal wichtig sein würde und nun zog er es triumphierend aus seiner Tasche und wickelte das Brot ein.

Erst als er wieder aufsah, wurde er sich der fragenden Blicke bewusst.

„Was ist?“, frage er deshalb und legte den Kopf schieb, während sich Aoi etwas vom Gebäck abbrach und in seinen Mund schob.

Kanon antwortete an seiner Stelle.

„Wieso isst du nicht gleich? Du weißt nie, ob es nachher die Ratten schon angenagt haben oder ob es dann so hart ist, dass du dir die Zähne daran ausbeißt.“, erklärte er und Ruki blinzelte kurz.

Daran hatte er nicht gedacht.

Gerade jetzt würden sich diese Viecher dahin verkriechen, wo es warm war und es Nahrung gab und es war nicht sicher, dass nicht sogar das Brot bei diesen Temperaturen gefrieren würde.

Doch er zuckte nur die Schultern.

„Ich denke, hier ist es selbst für Ratten zu kalt und ich hatte nicht vor, es allzu lang aufzubewahren. Wenn ich nachher etwas zu Essen will, dann habe ich was und muss nicht warten, bis ich das nächste Mal etwas bekomme.“, erwiderte er und Kanon nickte verständnisvoll.

„Erscheint logisch.“, sagte er leise und kuschelte sich noch etwas weiter an seinen Bruder, um sich an ihm und unter der Decke mehr wärmen zu können.

Auch die Suppe hatte sie nur etwas und für einen kurzen Augenblick der Kälte entziehen können und nun kam sie zurück mit all ihrer Heftigkeit.

Einen Moment überlegte er, ob es nicht sinnvoll war, nicht auch zu den beiden zu gehen, doch er entschied sich dagegen. Er konnte nicht einmal genau sagen, weshalb dem so war.

Doch nun lehnte er sich zurück und schloss die Augen, zog die Wolldecke enger um seine Schultern und die Beine weiter an seinen Körper, während er die Augen schloss.

Vielleicht würde er den Frost vergessen können, wenn er etwas schlief.

Was sollte er hier auch anderes tun, als nur zu schlafen und zu hoffen, dass seine Zeit hier drinnen bald vorbei war.

Und die Zeit verging schneller, wenn man nicht die Minuten zählen konnte.

Ein erneutes Zittern ging durch seinen Körper, doch die Kälte der Mauer in seinem Rücken drang nur wenig durch den dicken Stoff.

Und noch immer roch dieser nach seinem zu Haus, nach seiner Familie. Vielleicht konnte er sie schon bald wiedersehen.

Und während er sich immer weiter in seine Gedanken zurückzog, merkte er, wie ihm das Vertraute in so fremder Umgebung half, zur Ruhe zu kommen.
 

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soweit erstmal...tut mir leid, dass eigfentlich nichts passiert, aber ich stecke (mal wieder) in nem KreaTief...

mein Beta-chan hat leider keine zeit und deswegen überseht die fehler bitte...

ich gelobe besserung...
 

yo



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2007-12-28T18:58:28+00:00 28.12.2007 19:58
also ich fands toll *.*
Von:  Part-Time-Death_xD
2007-12-27T17:03:47+00:00 27.12.2007 18:03
ach dein KreaTief hilft gegen langeweile also machts nix ^^
ich hoff du hast bald ma ein KreaHoch xD dann komm ich wieder un les weiter ^.~


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