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Stadt der Engel

Schatten und Licht, Band 1
von

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Spiel mit Informationen

Geduldig wartend saß Allen in seiner Paradeuniform auf einen der Stühle im Vorzimmer von Baron Trias Büro im Hauptquartier der Kopfgeldjägergilde. Das ganze Gebäude bestand aus Holz und bildete damit einen auffälligen Gegensatz zu den aus Stein gebauten Häusern, die das Stadtbild Palas bestimmten. Ausgestopfte Köpfe erlegter Tiere aus ganz Gaia säumten die Flure und sämtliche Zimmer. Dazwischen hingen Gemälde, auf denen berühmte und gefürchtete Kopfgeldjäger der Vergangenheit wie aristokratische Jäger gekleidet in einem Wald oder auf einem Feld mit einem getöteten Tier abgebildet waren.

Allen konnte angesichts dieser Verharmlosung nur angewidert seine Mundwinkelverziehen. Indes rief die Umgangsform, mit der man ihn behandelte, ungläubiges Kopfschütteln hervor. Man hatte ihn bereits für den Zeitpunkt vor zwei Stunden für ein Gespräch bei Baron Trias kommen lassen und jetzt saß er da wie bestellt und nicht abgeholt. Er war pünktlich gewesen und doch hatte der Baron noch vor ihm drei Delegationen empfangen, die alle später eingetroffen waren als er. Allen überlegte, wie er auf diese offensichtliche Erniedrigung angemessen reagieren konnte, ohne sich gleich selbst in Dolunkirks Küche zu bringen.

Er wollte schon ein weiteres Mal die Sekretärin fragen, wann er denn endlich empfangen werden würde, da öffnete sich die Tür zum Büro und ein Kopfgeldjäger mit kantigem Gesicht und einer Zigarettenspitze im Mund trat heraus. Er durchschritt den Raum und blieb vor Allen stehen. Ihm schlug ein Lächeln entgegen, in dem sich Schadenfreude und Verachtung widerspiegelte, aber auch eine Spur von Neid lag. Allen erwiderte es mit einem zu einer neutralen Maske erstarrtem Gesichtsausdruck.

„Der Baron möchte dich jetzt sehen, Allen Shezar.“, teilte ihm der Kopfgeldjäger mit.

„Seit wann habt ihr das Recht mich zu duzen, Sajima?“, fragte Allen ernst.

„Du verdienst keinen Respekt, Himmelsritter!“, antwortete Sajima und verließ lachend den Raum. Allen sah in einem Augenblick hinterher, trat dann aber eilig an Trias Bürotür heran. Erwartungsvoll blickte er zur Sekretärin. Die jedoch ignorierte ihn völlig und er öffnete selbst die Tür.

„Ah, Ritter Allen, kommt nur herein. Setzt euch!“, begrüßte ihn der Baron mit einem Lächeln, das so glatt und sauber wirkte wie der gebohnerte Boden, auf dem Allen stand. Betont langsam rückte sich Allen ein Stuhl zurecht und setzte sich.

„Ein unangenehmer Zeitgenosse, dieser Sajima, nicht wahr? Jedoch sehr effektiv. Ich habe ihm offiziell die Leitung der Jagd nach diesem Mädchen übertragen. Wie hieß sie noch gleich?“

Trias verzog sein Gesicht, als müsste er überlegen. „Ach ja, Hitomi, so hieß das Mädchen. Sie war doch eine Geliebte von euch, mich nicht alle täuscht.“

Anstatt zu antworten, saß Allen nur still und regungslos da.

„Also, Allen.“, begann Trias von neuem. „Was kann ich für euch tun?“

„Das sollte ich euch fragen. Ihr selbst habt mich kommen lassen.“, klärte ihn Allen auf.

„Ach ja, richtig. Ich wollte euch zu dem Vorfall von gestern Nacht befragen.“, erinnerte sich Trias. „Wie geht es eurer Schwester?“

„Gut, Baron. Es ist nur eine kleine Schnittwunde am Arm.“, teilte Allen ihm mit.

„Ein seltsames Geschöpf, nicht wahr? Als sie verschwand, war sie noch ein quicklebendiges Kind und jetzt ist sie eine Frau, von der man nicht ein Wort in der Öffentlichkeit gehört hat. Ich frage mich, ob sie immer so schweigsam ist oder ob es daran liegt, dass sie nie aus dem Haus geht.“

„Baron Trias, wolltet ihr nicht über den Vorfall mit mir reden?“

„Richtig.“, sagte Trias. „Vielleicht wisst ihr es noch nicht, aber mir ist auf Grund der politischen Brisanz dieses Falles die Aufsicht der Ermittlungen übertragen worden.“

„Politische Brisanz?“, erkundigte sich Allen.

„Ein Mitglied der persönlichen Leibwache des Königs von Farnelia verübt zwei Anschläge auf das Leben eines viel beachteten Ritters Astorias. Natürlich ist dieser Fall brisant und könnte folglich zu einer erheblichen Verschlechterung der Beziehungen zwischen beiden Ländern führen. Vielleicht müssen wir sogar die Hilfslieferung an Werkzeugen und schwerem Gerät nach Farnelia einstellen und bereits gelieferte Ware zurückfordern.“

Allen biss sich auf die Lippen. Langsam dämmerte es ihm, wohin dieses Gespräch führen sollte.

„Sagt bloß, Ritter Allen, ihr wusstet nicht, dass eure Geliebte König Vans Leibgarde angehört.“, erkundigte sich Trias erstaunt.

„Nein, davon…wusste ich nichts.“, log Allen schweren Herzens. „Baron, wie kommt ihr überhaupt darauf, dass es zwei Anschläge waren. Der Überfall auf die Kutsche…“

„…gestaltete sich anders, als ihr, Ritter Allen, es uns weismachen wollt.“, beendete Trias den Satz. „Ich glaube, nein, ich bin mir sicher, es hat sich folgender Maßen zugetragen. Ihr wurdet von Fräulein Riston bereits in der Kutsche angegriffen. Das Fräulein hatte wohl vor, euch mit eurem eigenen Schwert zu erschlagen. Doch eure überaus geschulten Sinne sahen den Angriff kommen und noch bevor die Attentäterin an euer Schwert gelangen konnte, schlugt ihr sie bewusstlos. Aber dann verhinderte eure Liebe zu dem Mädchen eine angemessene Reaktion. Anstatt den Ermittlern die Wahrheit mitzuteilen, tischtet ihr ihnen eine Lügengeschichte auf und aus der Attentäterin wurde das Opfer. Ihr brachtet das Mädchen in eure Villa, um sie selbst zu den Gründen ihrer Tat zu befragen und sie so vor dem Gesetz zu verstecken.“

„Wie erklärt ihr euch die Stichwunden an Siris Hals?“

„Wenn es sie je gegeben hätte, wären sie bestimmt nicht schon nach wenigen Tagen verheilt. Das, was die Ermittler vor Ort an dem Hals der Attentäterin gesehen haben, waren wohl einfache Schürfwunden, entstanden durch die Rangelei mit euch.“

„Siri saß auf der Rückbank der Kutsche. Wie hatte sie von dort aus dem Kutscher mit einer Armbrust in den Hals schießen können.“, hielt Allen dagegen.

„Guter Einwand.“, gab Trias zu. „Sie hat es natürlich nicht selbst getan, sondern einen Komplizen gehabt. Er sollte den Kutscher ausschallten, ehe dieser fliehen konnte. So wurde der einzige Zeuge ausgeschaltet, den es je gegeben hat. Das führt mich übrigens zur einzigen Frage, die ich habe.“

Trias sah Allen erwartungsvoll an.

„Um die für den Bolzenschuss notwendigen Informationen zubekommen, musste sich der Komplize ohne Zweifel mit der Attentäterin treffen.“, stellte Trias fest. „Zu wem also das Fräulein Riston Kontakt?“

„Zu niemandem.“, antwortete Allen. „Als ich ihr vom Ball erzählte, befanden wir uns beide bereits in meiner Villa. Vor dem Ball hatte sie die Villa dann nicht mehr verlassen und ich empfing während dieser Zeit auch keine Gäste.“

„Wart ihr während der ganzen Festnacht bei ihr?“, hakte Trias nach.

„Nein, unter anderem hatte Siri mit euch getanzt, Baron.“

„Das heißt, ich muss sämtliche Gäste und die ganze Dienerschaft überprüfen und beschatten lassen.“, seufzte Trias. Allen konnte sich gut vorstellen, dass es genau das war, was der Politiker mit dem Gespräch hatte erreichen wollen.

„Verzeiht, Baron, ihr seid doch ebenfalls verdächtigt. Müsstet ihr nicht eigentlich den Fall abgeben?“, fragte er mit künstlicher Verwunderung.

„Ganz im Gegenteil. Ich werde die Gelegenheit, meine Unschuld beweisen zu können, doch nicht einfach so aus meinen Händen gleiten lassen.“, erwiderte Trias lächelnd. Genauso wenig, wie er sich die Gelegenheit entgehen lassen will, unliebsame Gegner aus dem Weg zu räumen, dachte Allen säuerlich.

„Ich nehme an, ich kann jetzt gehen.“, verabschiedete er sich. Ehe Trias etwas erwidern konnte, war Allen schon zur Tür hinaus. Er wusste, dass sein fluchtartiger Abgang ihn noch in sehr große Schwierigkeiten bringen konnte, doch die Luft im Büro des Barons war ihm zu dick geworden. Überhaupt schienen die Wände plötzlich aus allen Ritzen zu müffeln. Mit schnellem Schritt hastete er durch die Gänge Er musste nur noch die Empfangshalle hinter sich bringen, dann würde er endlich wieder frische Luft atmen können. Die große, reich geschmückte Halle war gefüllt mit Händlern, die Kopfgeldjäger als Eskorte für ihre Transporte anheuern wollten, und so fiel es Allen dementsprechend schwer, sich einen Weg durch die Menge zu bahnen. Überrascht hielt er inne.

„Hallo, Allen. Dich habe ich nun wirklich nicht hier erwartet.“, begrüßte Dryden ihn.

„Gleichfalls.“, sagte Allen. „Ich dachte immer, man braucht keine Eskorte für Flugschiffe.“

„Die Zeiten ändern sich.“, meinte Dryden Schultern zuckend.

„Was wollt ihr hier?“, fragte Allen misstrauisch.

„Mich nach alternativen Handelsruten umhören. Genau genommen wollte ich erfahren, wie sicher der Weg nach Farnelia ist.“, antwortete Dryden.

„Nicht so sicher. Ich war vor kurzem erst mit einem Ködertransport auf dieser Strecke unterwegs. Nach jedem zweiten Dorf wurden wir überfallen.“

„Ich weiß.“

„Das könnt ihr gar nicht wissen. Der Bericht über die Reise ist vertraulich.“, belehrte ihn Allen.

„Ich habe Mittel und Wege, an solche Informationen ranzukommen.“, erklärte Dryden.

„So? Dann wisst ihr bestimmt auch, dass Milerna sehnsüchtig auf eure Rückkehr wartet.“, erwiderte Allen gereizt.

„Ich ebenfalls.“, sagte Dryden mit einer Spur von Trauer und schloss für einen Augenblick die Augen. Als er sie öffnete, hatte er wieder seinen glasklaren und aufgeschlossenen Blick zurückerlangt. „Ich fürchte, ich muss wieder los.“, verabschiedete sich Dryden, während er Allens Hand schüttelte und ihn auf die Schulter klopfte. Dieser erwiderte nichts und Dryden verschwand daraufhin in der Menge. Allen ballte seine Hand zu einer Faust und setzte sich in Bewegung, fest entschlossen dieses Mal den Ausgang zu erreichen. Nachdem er es endlich geschafft hatte, bestieg er seine Kutsche und wies den Kutscher mit herrischer Stimme an, ihn zur seiner Villa zurückzufahren. Als die Kutsche schließlich die viel bevölkerten Straßen verlassen hatte, öffnete Allen seine Faust und ein kleiner Zettel kam zum Vorschein, auf dem nur ein Satz stand:
 

Über dem Tempel der Fortuna wurde im vergangenen Monat mehrmals während den Sonnenuntergängen ein Hitzeflimmern beobachtet.
 

Ein Hitzeflimmern im Winter und zur späten Stunde? Erst fragte sich Allen, was diese Nachricht sollte. Dann erinnerte er sich an Berichte aus dem Krieg gegen Zaibach und an Drydens Kommentar. Es fiel ihm wie Schuppen von den Augen, was Dryden mit der Nachricht sagen wollte. Einen Moment zweifelte Allen die Verlässlichkeit der Notiz an, doch Dryden schien es ernst gewesen zu sein. Enttäuscht musste Allen sich eingestehen, dass er keine andere Wahl hatte, als dieser Sache sofort nachzugehen. Ganz nebenbei, so sagte er sich, hatte er ja auch überhaupt nicht die Mittel um Siri aufzuspüren. Bei Dryden war das offensichtlich etwas anderes, weswegen Allen sich ärgerte, dass er ihn nicht um diesen Gefallen gebeten hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Doena
2010-11-28T16:46:00+00:00 28.11.2010 17:46
was hat das denn nun wieder zu bedeuten ?
fragen über fragen..

Der baron muss ja besonders gegen farnelia sein was hat Van den allen denn angetan?
-.-


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