Der Ort, an dem das Schlechte in mir liegt
Warmes, fast heißes Wasser fällt von oben auf mich herab, fließt meinen Körper entlang, bahnt sich seinen Weg bis zur weißen Emailleschicht der Badewanne. Dort fließen die einzelnen Tropfen zusammen, vereinigen sich regelrecht und verschwinden zusammen im Abfluss. Gleichzeitig kommt aus dem Duschkopf neues, reines Wasser und tut es dem vorhergegangenem gleich. Alles ist in Bewegung- nur meine Gedanken stehen still. Wie zu Eis erstarrt bleiben sie fest in meinem Kopf verankert. Ich will sie loswerden, sie auswaschen, sie wegschwemmen, doch sie verschwinden nicht.
Ich fühle mich scheußlich. Von allen allein gelassen, traurig, am Boden zerstört und ich weiß selbst nicht, warum sich die Leere in mir stetig ausbreitet.
Es ist ein elender Teufelskreis, dem ich nicht zu entfliehen vermag. Meine Gedanken fliegen, versuchen die Antwort zu finden. Aber sie sind eingeschlossen, eingemauert von Wänden aus schlechten Gefühlen.
Es scheint mir, als gäbe es einen Ort in mir, an dem sie sich verstecken, immer dann, wenn es mir gut geht. Vielleicht eine Schublade in meiner Seele... Ja, eine Schublade trifft es gut. Bis oben hin gefüllt mit Erinnerungen, Gedanken, Ideen- allesamt schlecht, traurig und deprimierend. Und noch etwas scheint in der Schublade versteckt zu sein und die Trauer und das Gefühl des Alleinseins zu unterdrücken, wann immer sie kurz davor sind mich endgültig zerbrechen zu lassen.
Es ist meine Kreativität, die mich rettet. Jedes Mal, wenn ich mich nach ihr sehne, sie rufe, sie brauche, öffnet sich die Schublade. Die Kreativität kommt zu mir. Und die schlechten Gedanken brechen aus. Sie fliegen durch meine Seele, breiten sich aus, verteilen sich in meinem ganzen Körper, lassen meine Gedanken nicht mehr los, beherrschen meine Gefühle. Wieder einmal fühle ich mich schlecht, möchte weinen, kann es nicht und letztlich will ich nur noch sterben.
Es geht mir gut, wenn ich zeichnen kann. Ich bin fröhlich, aber dieses Gefühl wird getrübt von den Dingen, die sich zusammen mit der Kreativität aus der Schublade befreit haben. Also fühle ich mich wieder schlecht.
Doch die Kreativität, die sich ebenfalls losgerissen hat, kommt mir zur Hilfe. Sie hilft mir die schrecklichen Dinge zu vergessen.
Ich denke über so vieles nach- nur um die Trauer zu bekämpfen und wieder wegschließen zu können. Das ist alles was ich in dieser Zeit tue und tun kann. Meine Kreativität hilft mir letztendlich nur durchs Leben.
Ich sperre die Trauer und das Gefühl, allein gelassen zu sein, in die Schublade zurück- bis ich sie ein nächstes Mal öffne.
Und ich werde sie öffnen, denn ich fühle mich zwar gut, so lang sie geschlossen ist und ich nicht über all das Schlechte nachdenken muss, aber es gibt nur eine Sache, die mich wirklich glücklich macht. Und das ist das Zeichnen und Schreiben. Und dafür brauche ich sie wieder- meine Kreativität.
Also öffne ich wieder und wieder das Schloss, dass die Schublade der schlechten Gefühle verriegelt, die ich so hasse, nur um glücklich zu sein.
Ein elender Teufelskreis umgibt mich, steckt in mir.
Wie ich ihm entfliehen kann? Ich wüsste es so gern. Ich möchte fröhlich, glücklich sein können, aber mein Glück selbst verhindert es.
Ich werde weiterleben, nach dem Glück suchen und versuchen einen Ausweg zu finden, der mich rettet- bevor ich endgültig zerbreche.
Und das alles nur der Menschen wegen, die ich so sehr liebe, auch wenn sie mich nicht verstehen und mich auch nie verstehen werden. Ich liebe sie und das allein reicht mir um zu leben und um mein Leben zu kämpfen.