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Eien ni furu yuki ga aru nara…

If there were an eternally falling snow…
von

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Ein Abschied der niemals aufhört

Kapitel 4 „Ein Abschied der niemals aufhört“
 

„Ob auch von lichter Farbe das Gewand, das bei diesem Verlust die Sitte mich anliegen heißt, ist schwarz doch meine Trauer wie das Kleid das du getragen hättest.“ <Hikaru> (Murasaki, Shikibu: Die Geschichte vom Prinzen Genji, 1. Band. S. 270, Z. 5-7)
 

Akira blieb wie angewurzelt stehen und der junge Dan vergaß plötzlich schlagartig, für einige Sekunden zu atmen.
 

Und kein einziges Dan-Spiel der Welt hatten ihn in diesem Moment von diesem Platz wegbringen können als der junge Touya weiter wie gefesselt von sich starrte, direkt auf die Figur zu, die sich ihm noch immer mit langsamen Schritten näherte und von der er sich plötzlich mit unerklärlicher Gewissheit sicher war, dass es Shindou war.
 

Erst in der letzten Sekunde besann er sich. Und er trat schnell, unbewusst etwas weiter hinter die Hausmauer zurück die er gerade eigentlich noch hatte umgehen wollen, und lugte hinter der Häuserwand hervor, um weiter zu betrachten, ohne jedoch selbst gesehen zu werden.
 

Die Gestalt kam mit unaufhörlichem, langsamem Tempo näher, von blendendem Sonnenlicht umhüllt, in einem- selbst von hier aus gut erkennbaren- blauen Anzug und einem seltsam glänzenden Stoff in seiner unmittelbaren rechten Hand.
 

Und obwohl Akiras Augen weiterhin ruhig blieben, in einer unbeweglichen meerblauen Farbe des Ozeans, und er Ogata längst vergessen hatte, fing sein Herz unvermittelt heftiger an zu klopfen als die Person letztendlich aus dem überirdischen Licht der Sonne hervortrat und schließlich fast zeitgleich plötzlich stehen blieb, direkt in seinem unmittelbaren Blickfeld, nicht einmal hundert Meter von ihm entfernt. Und er die Person schließlich erkannte...
 

Ein hellblauer Anzug flatterte nun leicht im schwachen Wind der Küste, der nicht ganz zugeknöpft worden war, begleitet von einem darunter liegenden, leicht geöffneten, weißen Hemd, das absichtlich nicht in die Hose gesteckt zu seien schien und nun leicht im Wind flatterte.
 

Der Atlantik vor dem Mann glitzerte genauso wie seine Augen als sie unter Strähnen von schwarzem und blondem Haar nun gerade in einem hellen grün stetig auf ihn hinausblickten…
 

Hätte Akira den Gleichaltrigen nicht schon vorher an seiner Kleiderordnung erkannt, so hätte er es spätestens jetzt getan. Denn die Frisur wie auch die grünen Augen des jungen Mannes waren einzigartig, wie es sie in dieser Form nur ein Mal an einer Person auf dieser Welt gab, sodass es sich ohne Zweifel nur um eine Person handeln konnte…
 

Shindou Hikaru.
 

Akira starrte den 4. Dan weiter an, der für sich, immer noch weiter auf den Atlantik starrte. Und der Sohn des Mejins wusste nicht, was er jetzt denken sollte, oder was er jetzt von seinem Rivalen halten sollte, der vor nicht einmal 30 Minuten ein Spiel mit ihm hatte haben sollen, jedoch nicht erschienen war und jetzt hier, genau wie er, 10 Kilometer weit von zu Hause entfernt in Minato stand und gerade stumm auf den weiten Ozean hinausstarrte, als hätte er nie etwas anderes vorgehabt.
 

Das hätte Akira verärgern sollen, dass Shindou in der Tat so weit mit seinen Gedanken weg war, dass er selbst völlig ihr Spiel vergaß. Und der junge Touya fühlte in der Tat etwas, das nahe an Frustration herankam, in ihm aufwallen, doch irgendwie wollte es sich gleichzeitig auch nicht wirklich einstellen...
 

Denn der blonde Dan vor ihm, der immer noch einige Meter entfernt stand, sah mit einem Blick auf das weite Meer hinaus, wie ihn Akira nicht beschreiben konnte, und er sich sicher war, er noch nie auf dem Gesicht dieses Jungen gesehen hatte…
 

Irgendetwas war es zwischen Melancholie und erstaunlicher Passivität. Eine so ungewöhnliche, erstaunliche Mischung auf dem Gesicht des sonst so hyperaktiven Dans, das es ihn momentan erstaunt innehalten ließ.
 

Hinter sich konnte er Schritte hören die sich ihm langsam wieder näherten, und wie Ogatas Stimme schließlich sagte: „Akira-kun, was-“
 

Doch die Stimme des 10. Dans brach ab, mitten im Satz. Und mehr, dass Akira spürte als das er es wirklich sah, wusste er, dass der Blick seines Mentors dem seinen gefolgt war und seine goldfarbenen Augen nun ebenso auf die bekannte Figur am Strand starrten, wie er vor nicht einmal drei Sekunden.
 

Shindo hingegen stand immer noch da und schien sich völlig unbewusst der Tatsache, dass er gerade beobachtet wurde. Er stand völlig ruhig, still und unbeweglich da… Mit schier keinerlei Hast oder gar Zeitgefühl für dieser Welt.
 

Doch es war nicht eher, das dieser plötzlich sein Gewicht leicht verlagerte und langsam, unbewusst seine rechte Hand hob, dass Akira erkannte was er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte und was ihm vorhin in der Sonne so stark entgegengeglänzt hatte…
 


 

Hikaru war kaum einen Schritt zwischen den letzten Schatten zweier Häuser hervorgetreten, in einem langsamen Schritttempo dass sich die letzten Minuten lang nicht verändert hatte, als er auch schon stehen blieb…
 

…und tief ein Mal plötzlich die ihn umgebende, salzige Luft einatmete…
 

Helles Sonnenlicht schien ihm auf einmal ungehindert entgegen in einer wärmenden Umarmung, als er auf einmal auf das schier endlose, azurblaue, dunkle Meer direkt vor sich sah. Das unvergessliche, dunkelblaue Wasser des Atlantiks, das er nur ein Mal im Jahr auf diese Weise sah…
 

Langsam schließlich ging er den Fußweg weiter nach unten und ging schließlich den frischen, grünen Strand entlang, immer weiter auf den kleinen, gepflasterten Steinen, die ihn weiter zu flacheren Klippen führen würden.
 

Er war sich sehr wohl bewusst der Tatsache, dass es seltsam oder sogar unlogisch klingen mochte, da Sai das Meer, wie es jetzt gerade vor ihm lag, nie gesehen hatte, doch nirgends in Tokio hatte er das seltsame Gefühl dem Geist so nahe zu sein wie hier…
 

Nicht bei sich zu Hause, nicht in der Go-Assoziation, nicht im Nugen no Ma, sondern hier…
 

Vor sich im weiten, weiten Ozean… Mit nichts als dem Himmel und der strahlenden, hellen Sonne über sich.
 

Manchmal, wenn er hier stand und dem Wind zuhörte, hatte er das Gefühl, das Rauschen der Wellen wären das leise Rascheln seines Kariginus als er hier stehen würde, und die einmalige Fassette von Blau als sich Himmel und Meer am Horizont trafen, war das Blau seiner Augen…
 

In Hiroshima war es ähnlich. Auch dort konnte er vage jene Präsenz spüren die ihn für mehr ein Jahr seines Lebens begleitet hatte… Doch dafür hatte er nicht immer Zeit...
 

Und eigentlich war das Meer, wie es nun vor ihm lag, auch genug.
 

Und Hikaru blieb schließlich stehen als er die flachste Stelle der Küste erreicht hatte.
 

Die Stelle an der er den gesamten Ozean in all seiner Schönheit bewundern konnte, sehen konnte, wie die Wellen in einem leichten Sprühregen gegen die Klippen schwappten, und hören konnte, wie das Meer leise, stetig vor sich hinrauschte, ohne Angst haben zu müssen um diese Zeit von jemandem gestört zu werden.
 

Es war nicht einmal 10 Uhr vormittags.
 

Auch ohne auf seine Armbanduhr zu gucken wusste er das.
 

Das hieß, dass sich ganz Tokios in diesem Moment auf allerschnellstem Weg zur Arbeit befand, und die U-Bahnstationen nun gerade restlos überfüllt waren und überquollen von Millionen von Menschen.
 

Niemand würde ihn um diese Zeit hier stören…
 

Hikaru dachte immer schon, wenn er ein Mal im Jahr hier so stand, dass das Meer irgendwie etwas unwirklicher wirkte als sonst. Und auch jetzt wieder glitzerte und funkelte das dunkle Wasser wie Diamanten in der hellen Vormittagssonne, als würde es ihn willkommen heißen.
 

Es ließ ihn innerlich lächeln, denn er wollte es wirklich glauben.
 

Im Herbst waren es die roten Ahornblätter, im Winter der Schnee und im Frühling die Kirschblüten und dieser Meergeruch der ihm nun in die Nase stieg, die ihn immer wieder an Sai erinnerten, egal wann er sie anschaute und egal wann sie ihm begegneten.
 

Vielleicht mochte er das Meer nur so sehr, weil sich der besagte Geist vor nun nicht mehr als 1000 Jahren in einem See ertränkt hatte…doch Hikaru schüttelte diesen Gedanken ab, da er es selbst nicht wirklich glaubte.
 

Und er lächelte, leicht, als er schließlich auf seinen rechten Arm hinunterschaute, und den Straus weißer Blumen sah, den er vor nicht einmal 15 Minuten gekauft hatte.
 

Lilien.
 

Er wusste irgendwie, wenn er Sai diese Blumen jemals gezeigt hätte, er sie ganz bestimmt gemocht hätte… Der Geist hatte schon immer mehr Sinn für Grazie und Schönheit gehabt als er.
 

Sie erinnerten ihn seltsamerweise ein wenig an ihn, immer wenn er sie ansah.
 

So stark und so anmutig wie Sai wenn er eines seiner Go-Matches bestritt.
 

Die Blüten genau so elegant, genauso unbefleckt und weiß…
 

Und Hikaru lächelte als er auf diese Blumen hinunter sah. Und mit einem tiefen Atemzug hob er schließlich seinen Kopf, und reckte ihm dem Meer und dem strahlendem blauen Himmel und der Sonne in einer festen Bewegung entgegen.
 

„Hallo, mein Freund.“ sagte er schließlich leise. Und seine Augen wie auch seine Stimmen lächelten.
 

Ein trauriges Lächeln, jedoch ein Lächeln nichts desto trotz.
 

„Ich hoffe dir geht es gut. Mir jedenfalls ist es gut ergangen. Ich bin jetzt 4. Dan. Gut, nicht wahr?“
 

Hikaru lachte leise, er konnte es nicht aufhalten. Die Wärme der Sonne streichelte ihm über das Gesicht wie eine Berührung und er glaubte, dass Sai wirklich da war und ihm zuhörte, so wie jedes Jahr wenn er hier her kam und erzählte, was alles in diesem einem Jahr in der Welt passiert war und wie es ihm ergangen war.
 

Meistens erzählte er von Go, manchmal von Touya, manchmal von Titelspielen die stattgefunden und die er bestritten hatte, und manchmal erzählte er auch von Touya Meijin, von dem er wusste, dass den Geist das ganz besonders interessiert hätte und gerne wissen wollte, was der Mann machte, der nun auf Erden der Hand Gottes am nächsten war.
 

Er erzählte einfach von allem was ihm gerade in den Sinn kam, um bloß nicht aufhören müssen zu reden. Nur um einfach den Moment noch etwas länger festzuhalten zu können...
 

„Ich hab gestern Großvater herausgefordert… Ich wollte dein altes Goban haben. Doch er wollte es noch nicht herausrücken. Er will nicht, dass ich ‚mich noch mal mit dem Fluch anstecke’, hat er gesagt.“
 

Bei diesen Worten verblasste das Lächeln des blonden Dans ein wenig. Doch es war immer noch da, und er erinnerte sich nun mit einem kleinen Lächeln an den Tag, vor nunmehr fast fünf Jahren als er das erste Mal das Blut auf dem Goban auf dem Dachboden seines Großvaters gesehen hatte- Sai gesehen hatte- und Sekunden später direkt neben ihm zusammengebrochen war.
 

Was eigentlich schockend hätte sein sollen war seltsamerweise eine der klarsten Erinnerungen von dem Geist die er hatte.
 

Und sie alle waren kostbar für ihn… jede einzelne. Er wollte sie niemals missen und niemals vergessen.
 

Und er lächelte weiter als er wieder in den strahlenden, blauen Himmel sah.
 

Für das erste Mal an diesem Tag fühlte sich Hikaru Shindou wieder ganz, und im vollen Einklang mit sich selbst…
 

Nicht wissend und nicht ahnen, dass dieser private Moment die ganze Zeit beobachtet wurde…
 


 

Um die beiden Dans war Stille eingetreten.
 

Und beide, Ogata wie auch Akira Touya hatten keine Ahnung was sie dachten, sie dort hinter dieser Hauswand machten, doch sie ließen nichts desto trotz nicht den Blick von dem blonden Dan, der weiter still am Ozean stand und auf dessen Lippen sich jetzt in kleines, trauriges Lächeln geschlichen hatte, das schier keinen Grund hatte, und das sich keiner von beiden erklären konnte.
 

Und wirklich beide ungleichen Männer- Akira, leicht, fast unmerklich um die Ecke geneigt, und Ogata, offensichtlicher, mit beiden Händen in den Taschen hinter ihm- sahen nun zu, wie der stille junge Mann weiter an der Tokio-Bucht dastand, ohne sich zu bewegen.
 

Sie bemerkten nicht einmal die Schritte die sich schließlich leicht von hinten an sie näherten. Sie bemerkten sie erst als eine, ihnen wohl bekannte, ruhige, alte Stimme plötzlich fragte:
 

„Ogata-kun…? Ich bin überrascht… Was führt Sie hier her? Waren Sie auf der Suche nach mir? ...“
 

Der sonst so stoische Ogata, von dieser Stimme völlig aus dem Konzept gebracht, drehte sich um, überrascht, und selbst Akira riss ohne einen zweiten Gedanken den Kopf zurück und sah auf, als er diese Stimme vernahm.
 

Und den beiden Dans hatten ihre Ohren für wahr keinen Streich gespielt.
 

Denn vor ihnen stand wirklich niemand anderes als Japans ehemaliger Meijin, Touya Koyo, aufrecht wie immer, in einem traditionellen, dunklen Kimono, mit, in seinen Ärmeln locker verschränkten Armen und weißen Zooris.
 

Die aufmerksamen schwarzen Augen des ehemaligen Mejins blickten nun ruhig geradewegs in die leicht erstaunten seines ehemaligen Schülers, Ogata Juu-Dans. Jedenfalls so lange, bis ein zweiter Kopf plötzlich neben diesem auftauchte. Es war dann das der ältere Meijin leicht eine Braue hob, als ihm ein ihm wohl bekannter Mann mit dem gleichen Haar wie seine Frau plötzlich entgegenblickte.
 

„Akira?“ fragte er der ältere Mann mit seiner ruhigen Baritonstimme, und seine Worte wurden begleitet von Ogata der jetzt fast erstaunt sagte:
 

„Touya-sensei…“
 

Otou-sama…“ fügte auch Akira an, langsam, ebenso überrascht wie Ogata seinen respektvollen Vater plötzlich hier so unvermittelt vor sich stehen zu sehen.
 

Der Meijin jedoch kam nun näher, von der Seitenstraße aus, aus der er sie vorher schon erblickt hatte, der trotz seiner Jahre und einem Herzstillstand, immer noch seltsam imposant und Kraft einheischend wirkte. Und erst als der ältere Mann auf gleicher Ebene war wie sein Schüler und sein eigener Sohn, sah er jeden nach einander an und fragte dann ruhig: „Akira… Ogata-kun… Was-“
 

Doch er stoppte, nicht ungleich anders wie Ogata nur wenige Minuten vor ihm, als er den blonden Dan am Ufer erblickte.
 

„Ist das nicht Shindou-kun…?“ fragte er nun langsam.
 

Und Ogata, der nun fühlte, dass es seine Pflicht vor Akira war, seinem ehrwürdigen Meister zu antworten, nickte.
 

„Hai.“ bestätigte er auch schon zustimmend, jedoch unbewusst so leise, dass Shindou ihn unmöglich hatte hören können, von dem Akira sich aber nicht sicher war, ob es nur ihm auffiel.
 

„Er ist heute nicht zu seinem Dan-Spiel erschienen, Sensei. Ich habe Akira-kun durch Zufall getroffen und wir sind hier unvermittelt auf ihn gestoßen.“
 

So desu ne…“ sagte der ehemalige Meijin in seiner tiefen Stimme schließlich verstehend, ohne jedoch mit einer erkennbare Veränderung auf seinem ebenmäßigen Gesicht. Und er sah auf. Nur um mit seinen schwarzen Augen, ebenso, wie auch alle anderen, Hikaru Shindo zu fixieren.
 

Auch ihm hatten die Gerüchte kein Geheimnis bleiben können.
 

Leute, die nun vorbeigegangen wären hätten vielleicht ungläubig den Kopf geschüttelt oder sogar gelacht, wenn sie nun gesehen hätten wie Japans drei Top Go-Spieler- Akira Touya, der aufsteigende Go-Stern Japans selbst, Ogata Juu-Dan, der erneute Herausforderer für den Honinbo-Titel und Touya-Meijin, der wohl immer noch berühmteste Go-Spieler der ganzen Welt- nun allesamt, zusammen hinter einer alten Häuserwand standen und mit ihren Köpfen nun stumm hinter ihr hervorschauten, nur um den jungen Mann zu sehen, der weiter in seinem hellblauen Anzug in einigen hundert Metern Entfernung still am Meer stand.
 

Und sie sahen plötzlich zu, wie der blonde Dan nun unvermittelt auf die Blumen sah und lächelte die er die ganze Zeit in der der rechten Hand gehalten hatte, ebenso wie er plötzlich unvermittelt anfing zu sprechen.
 

Keine Worte trug der Wind zu ihnen hinüber, doch die drei Go-Spieler sahen, wie sich seine Lippen bewegten, als sie in einem fortwährenden Rhythmus schier von ihnen zu strömen schienen.
 

Er schien zufrieden, fast fröhlich zu sein, und doch war da immer noch ein Ausdruck in seinen Augen den Akira nicht deuten konnte, wenn das Lächeln auf einmal leicht auf seinen Lippen zu verblassen schien… Wie ein Schatten… Ein Ausdruck in seinen Augen den keiner von ihnen jemals annähernd auf dem Gesicht des jungen Dans gesehen hatte.
 

„Ich frage mich, was er verloren hat…“ murmelte der Meijin nun unvermittelt leise, und Akira sah auf, überrascht das seinen Vater gesprochen hatte.
 

Shindou…etwas verloren?
 

„Verloren...?“ fragte Akira nun und der Meijin sah, wie sein Sohn auf den 4. Dan starrte, mit unblinzelnden Augen, den er selbst seinen ewigen Rivalen nannte.
 

Und der Meijin lächelte leicht, fast unsichtbar, dass die Verbindung zwischen den beiden so stark war, dass sich sein Sohn selbst über das Go hinaus immer noch um seinen Rivalen sorgte. Und er blickte wieder auf Shindou.
 

„Man braucht nur in seine Augen zu sehen… Ihm muss großer Schmerz widerfahren sein…“ sagte er schließlich und Akiras Blick blieb unbeweglich, immer noch auf den blonden Dan gerichtet, und stumm.
 

Konnte das sein...?
 

Konnte das da in Shindous Blick…Schmerz sein…
 

Doch der Gedanke verschwand schneller wieder aus seinem Gedanken als Luft, er nun sah wie Hikaru seinen linken, noch freien Arm hob, ihn in seine Tasche gleiten ließ und langsam etwas schmales daraus hervorholte, dass Akira sehr vertraut war.
 

Sein Papierfächer.
 

Der junge, grünhaarige Dan starrte auf das kleine Item dass der blonde Dan nun leicht angewinkelt vor seinem Oberkörper hielt.
 

Er wusste nicht warum oder was an ihm war, doch das kleine Item war der ständiger Begleiter des 4. Dans, seit es vor drei Jahren mysteriöserweise auf einmal während eines Spiels bei ihm aufgetaucht war und seitdem niemals mehr ohne es gesehen worden war. Und er wusste, dass das kleine Item Hikaru Shindou seltsam viel bedeutete.
 

Er bestritt kein Spiel ohne ihn. Und nur zu gut konnte er selbst sich noch an den Vorfall vor weniger als zwei Jahren erinnern, als Shindou seinen Fächer kurz während eines Spiels neben seinem Goban liegen gelassen hatte, um sich Tee zu holen, und ein unvorsichtiger Go-Spieler ihn neugierig aufgenommen hatte.
 

Noch jetzt glaubte Akira, den blonden Dan noch niemals so wütend gesehen zu haben wie an jenem Tag.
 

Noch jetzt hatte er das Bild von Hikarus Augen in Erinnerung, die sich seltsam verdunkelt hatten, plötzlich mit mehr als Wut in ihnen, und wie sie in einem hellgrünen Feuer zu dem Mann hinüber gestarrt hatten.
 

Noch niemals in seinem ganzen Leben war er sich jemals so sicher gewesen, dass Hikaru die Beherrschung verlieren könnte und den 3. Dan vor sich tatsächlich angegriffen hätte, wenn seine anderen Insei-Freunde nicht gerade durch Zufall in der Nähe gewesen wären und ein Junge mit braunen, verstrubbelten Haaren (Waya) und ein älterer mit schwarzen Haaren (Isumi) ihn nicht mit aller Macht davon abgehalten hätten.
 

Die Geschichte war durch die gesamte Go-Assoziation gegangen. Angefangen von Shindous Wutanfall bis zu seiner Verweigerung sich danach dafür zu entschuldigen, und schließlich hatte man ihn nicht dazu zwingen können. Fortan jedoch machten alle Spieler einen großen Bogen um seinen Fächer und vermieden es vorsorglich, ihn überhaupt noch anzusehen.
 

Fakt war, dass dieses Item dem Blonden anscheinend so viel bedeutete, dass er es niemand anderen auch nur berühren ließ.
 

Ein weiteres Geheimnis…
 

Er fragte sich, warum Shindou es jetzt - gerade hier- wieder zum Vorschein brachte.
 


 

Hikaru sah nach unten und lächelte auf die Blumen die er noch immer in der Hand hielt und seine Augen wanderten weiter, schließlich auch zu dem Ärmel seines hellblauen Anzugs, und seine Augen wurden weicher.
 

„Weißt du, Sai…ich glaube ich mag diesen Anzug nur so sehr, weil es der einzige an mir ist den du jemals gesehen hast…“ sagte er plötzlich leise. Und noch während er das sprach, wusste er dass das stimmte.
 

>Genauso wie dein Fächer…< fügte er in Gedanken an.
 

Doch er lächelte, ein kleines Lächeln, als er nun auf das weiße, gefaltete Papier in seiner linken Hand hinunter sah, doch unmerklich fester als alle anderen. Und er hob die Blumen in seiner Hand etwas höher um sie nun mit beiden Händen zu halten und mit einem kleinen Lächeln sah er auf sie hinunter. Sein Augenmerk nun noch einmal nur auf den Strauß in seinen Armen gerichtet.
 

„Vergiss mich nicht mein Freund… genauso wie ich dich nicht vergessen werde. Und keine Angst...“
 

Er lächelte…
 

„…Nächstes Jahr komme ich ganz bestimmt wieder…“
 

Und damit warf er den Blumenstrauß hinaus ins Meer.
 


 

Akiras Augen waren weit und seltsam geschockt als er nun mit leicht offenem Mund zusah, wie Hikaru Shindou seinen eigenen, gerade mitgebrachten Blumenstrauß ins Meer warf das noch immer brausend die steile Küste umspülte, seinen Fächer immer noch sicher, in einer Hand.
 

Doch es waren nicht nur irgendwelche Blumen.
 

Es waren strahlend weiße Blumen die sich gerade aus dem glänzenden Papier und ihrem Bündel lösten, um tanzend ins Meer zu segeln.
 

Lilien.
 

Die Blumen des Todes.
 

Und auf einmal realisierte Akira, woran ihn diese Bewegung, diese Szene plötzlich erinnerte…und er erstarrte.
 

Er sah die Blumen, die wie Schnee leise, verstreut ins Meer segelten… und er sah Shindous Gesichtsausdruck… Und plötzlich war es ihm mit solch einer Sicherheit klar, dass es ihn leicht zittern ließ…
 

Wie an einem Grab.
 

Und erst als Akira Hikaru so dastehen sah- mit beiden Händen in den Taschen aus dem aus seiner linken die Spitze des Papierfächer guckte, mit zum Himmel gewandten Gesicht und einem kleinen Lächeln auf seinem Lippen- wurde ihm plötzlich klar, dass er Abschied nahm…
 

Und noch einmal klangen ihm die Worte seines Vaters im Kopf…
 

*Ich frage mich, was er verloren hat…*
 

>Nein…< Dachte er, plötzlich wie betäubt.
 

Nicht was, sondern wen hatte er verloren…
 

Akira wagte es plötzlich nicht einmal mehr zu blinzeln, geschweige denn noch zu atmen.
 

War es das warum er nicht kam…? Fragte er sich dann frenetisch. Weil er jemanden…verloren hatte?
 

Akira wusste, dass das ein Grund war den man angeben könnte um seine Dan-Spiele verschieben zu lassen. Doch gleichzeitig hatte er das seltsame Gefühl, das Hikaru das niemals tun würde...
 

Aber warum…? Was wollte er sich damit beweisen?
 

Wollte er sich für irgendetwas bestrafen?
 

Wie der blonde Mann nun dastand wirkte er seltsam friedlich, als er mit fest geschlossenen Augen schier in den Himmel blickte. Und als Akira ihn plötzlich einmal so intensiv beobachtete dachte er auf einmal er könnte die Worte lesen die sich auf Hikarus Lippen abbildeten doch die der Wind nicht zu ihnen hinüber trug…
 

*Leb wohl, mein Freund…*
 

Akira stockte der Atmen.
 

Doch es war vorbei. Hikaru drehte sich um, ohne noch einen letzten Blick zurück zu werfen und verschwand nun plötzlich auf direkten Weg in Tokios Innere. Ohne sich noch ein weiteres Mal umzudrehen, ohne einen Blick zurück zu werfen.
 

Akira sah ihm nach, bis seine Form in dem hellblauen Anzug zwischen den Schatten der angrenzenden, kleinen Häuser verschwand.
 

Der sonst so sichere grünhaarige Dan plötzlich tief in Gedanken.
 

>Wann wirst du mir wohl jemals dein richtiges Gesicht zeigen…Shindou…< dachte er. Und ein undefinierbarer Ausdruck trat plötzlich in die gar nicht mehr so scharfen Augen des 5. Dans, als er den mysteriösen blonden Dan, seinen Rivalen, gehen sah, wie er langsam aber sicher aus seinem Blickfeld verschwand.
 

>Wann werde ich dich wohl jemals vollkommen verstehen…<
 


 


 

***

~Japanisches Wörterbuch~

Otou-sama…: Vater (sehr respektvoll)

So desu ne…: Ich verstehe…
 

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Und, wie fandet ihrs? ^^! Ich versuch ja schon das ganze drumherum endlich laufen zu kriegen und endlich zu Sai zu kommen doch irgendwie ist das gar nicht so leicht wenn man den Plot nicht gleich wieder ruinieren will ^^!

Besonders bei diesem Kapitel war ich mir sehr unsicher, ob es gut ist... -.-



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Lacus
2006-10-31T01:24:52+00:00 31.10.2006 02:24
Argh, mist .... schon zu Ende O.o
Ich hätte so gern noch weiter gelesen ...
Du hast nen tollen Schreibstil ... mach weiter so ^^
bin gespannt wie es weiter geht ...
(naja noch ne kleine Kritik ... einige fehler haben sich in deinen Text geschlichen ... sind aber nur Kleinigkeiten...(bin leider ein Grammatik-/Rechtschreibe- fanatiker >.<))
Von: abgemeldet
2006-10-24T09:43:24+00:00 24.10.2006 11:43
Wow, die Geschichte gefällt mir bisher sehr gut. Okay, so viel ist ja eigentlich noch nicht passiert und ich bin schon gespannt, worum es eigentlich gehen wird. Ich nehme mal an, dass in den nächsten Kapiteln mehr kommt. Ich finde, dass du die Charaktere und deren Gefühle sehr gut beschreibst. Die Charaktere scheinen mir auch nicht OOC zu sein, was ich auch sehr schätze.
Also, ich freue mich schon auf das nächste Kapitel :)

LG,
Luminara
Von: abgemeldet
2006-10-13T19:07:23+00:00 13.10.2006 21:07
Tolles Kapi
mal wieder^^

Hoffe du machst schnell weiter ^____^
Von: abgemeldet
2006-10-10T08:58:05+00:00 10.10.2006 10:58
Ganz am Anfang, als Akira Hikaru sah, hatte ich das Gefühl, er wäre in ihn verknallt. xDDD
Jett echt, so wie du das so schön beschrieben hast, kam das einem so vor.>< vielleicht hängst du ja noch bei SasuSaku herum, denn sonst war es ja auch immer so schön detailiert gewesen.

Da hatte man auch immer das gefühl, dass es zwischen den Beiden funkts.^__^ Und hier hab ich das gleiche Gefühl. (XDDD SHONEN-AI!!!!!! *kreisch*) Okay, ich kenne dich gut genug, dass ich weiß, dass das hier kein Shonen-Ai wird.>< Dabei liebe ich ja das Pairing HikaruXAkari so gern. xD Nyo, ich bild mir nur was ein, so wie immer....
Schreib schnell weida,
deine HiddenLeaf


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