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Im Sandkasten der "Wissenschaft"

Autor:  kurotowa
Woah, ich rege mich im Moment echt auf, über das, was mir gestern auf der Arbeit erzählt worden ist!
Die Sache ist ein wenig kompliziert, und ich muss Synnonyme statt Namen benutzen, um niemanden (in welcher Weise auch immer) zu schädigen, aber es geht vielmehr um die Idee des ganzen.

Okay, stellt euch vor, in einer großen Stadt gibt es zwei Museen: Museum A (wo ich zur Zeit arbeite) und Museum B. Beide Museen beschäftigen sich mit derselben Epoche und sie haben denselben Arbeitgeber, nämlich die Stadt; zudem haben beide denselben wissenschaftlichen Auftrag und kümmern sich um die Erforschung der Stadtgeschichte - also sollte man doch eigentlich denken, dass Muesum A und Museum B Hand in Hand über eine Blumenwiese hüpfen und sich gemeinsam fragen, welche antiken Überreste sich wohl unter ihren Füßen verbergen könnten.

Weit gefehlt. Jetzt treten nämlich die zwei Chefs der Museen auf, der Einfachheit halber mal "Chef A" (von Museum A) und "Chef B" (klar, von Museum B) genannt.
Nun kam es einige Jahre zuvor, dass Chef A mal der Chef von Museum B war, dort aber (teils auch selbst verschuldet) in Ungnade fiel, herausgeekelt wurde, aber sich dennoch wieder in seinen Job einklagen wollte, und sich somit im Museum B viele Feinde machte.
Aber er hatte auch einige Freunde in der Stadtverwaltung, die zu ihm hielten, und so bekam Chef A etwas später die Leitung für den Bau eines neuen Museums, dem Museum A übertragen, in derselben Stadt und sogar nur 200 Meter von Museum B entfernt.

Museum B beäugt seitdem mißtrauisch, was da vor seiner Nase vor sich geht, und auf das es keinen Einfluss nehmen kann - geleitet von ihrem verhasstem Ex-Chef.
Die Jahre vergehen, Studenten werden für die wissenschaftlichen Arbeiten eingestellt, man macht seinen Job. Währenddessen kommt es immer wieder zu Sticheleien zwischen Chef A und dem neuen Chef B, weil der eine es nicht lassen kann, dem anderen eins reinzuwürgen, und der andere neidig auf das Projekt des anderen ist, und so entsteht zwischen den Museen eine immer giftiger werdende Atmosphäre, für die die eingestellten Studenten jedoch nichts können.

Ich habe, bevor ich bei Museum A angefangen habe eine Zeitlang in Museum B gearbeitet und kenne daher die Leute dort - ur nette Menschen, grade die Studenten, nur die Führungsriege und alteingesessenen Vorarbeiter sind teilweise ziemlich engstirnig und rollen sich auf ihren Posten zusammen (was mein Chef A allerdings auch tut).
Das erste, was mir beim Vorstellungsgespräch von Chef A gesagt wurde, als ich erwähnte, wo ich vorher gearbeitet hatte, war "Vergessen Sie alles, was sie dort gelernt haben, das sind Idioten!", aber ich wurde trotzdem genommen. Trotzdem wird noch heute Neubewerbern eingebläut, sie sollten beim Gespräch niemals erwähnen, dass sie mal was mit Museum B zu tun hatten...

Jedenfalls wurde mir nun von verschiedenen Kollegen (und Studenten) erzählt, dass sie geplant hatten, ihre Abschlussarbeit über ein Thema zur Stadtgeschichte zu schreiben, das auch den Wirkungsbereich von Museum B miteinschloss. Also machten sie sich auf und trafen sich mit Chef B, um abzuklären, ob das Thema in Ordnung ginge, sie das Archiv benutzen dürften und sowieso wissenschaftliche Unterstützung erwarten könnten.
Allerdings beantworteten sie auch die Frage wahrheitsgemäß, wo sie denn arbeiten würden, und das war ihr Todesurteil.

Die Antwort lautete sinngemäß, das Thema ginge im Moment ganz und gar nicht in Ordnung, sie hätten keine Untersrtützung zu erwarten und sie sollen sich in zwei Jahren nochmal melden (nämlich dann, wenn das Museum A fertig ist).

Und das macht mich gerade extrem wütend, denn diese Studenten verlieren nicht nur ein Thema, das ihnen auch wirklich taugen und in das sie viel Enthusiasmus stecken würden - Nein, die Erforschung der Stadtgeschichte kommt um keinen Schritt weiter, weil sich irgendwelche Chefs angiften und meinen, man könne ja ihr Museum in der zwischenzeit in irgendeiner Weise "ausspionieren"!!! Fragt mich nicht wie diese Spionage aussehen soll, denn was wollen sie denn verbergen? Ihre Forschungsergebnisse? Die müssen sie doch sowieso publizieren, wem schadet es da, wenn jemand anderes früher erfährt das, was weiß ich, Straße 1 früher Straße 2 gekreuzt hat? Wohl eher Klatsch und Tratsch, die der Chef der Gegenseite für den nächsten, bösen offenen Brief benutzen könnte =__=

Ehrlich, wir hatten mal ein Kolloquium, um die bisherigen Forschungergebnisse unseres Museums A vorzutragen, und Vertreter des Museums B waren auch eingeladen. Okay, es war die beste Theatervorstellung in meinem Leben, wie sich Chef A mit den Leuten von Museum B herumzankte - zuerst auf wissenschaftlicher Basis, aber schnell wurde es immer persönlicher, und man merkte echt, dass es hier nur um den Kleinkrieg von ein paar beleidigten Jungs ging, und der Rest der Zuhörerschaft grad mit in ihrem Sandkasten saß, während sie sich die Förmchen um die Ohren schlugen.

Museum A und B arbeiten BEIDE im selben Bereich und zum selben Thema, und sollten allein der Forschung willen doch zusammenarbeiten! Aber in dem jetzigen Zustand ist KEINEM auch nur in irgendeiner Weise gedient, außer den Chefs und ihren verletzlichen Egos. Dass das auf den Rücken ihrer Mitarbeiter ausgetragen wird, deren Ruf tatsächlich auch darunter leidet (ja, ich wurde mal von einem auswärtigem Kollegen sehr bemitleidet, als ich erzählte, dass ich in jener Stadt arbeite!), Studenten ihre Magisterarbeiten nicht schreiben können und die Forschung auf der Stelle tritt, weil keiner mit dem anderen vernünftig redet, ist einfach nur erbärmlich... und leider habe ich auch keine große Lust mehr, später weiter in der Stadt zu arbeiten - wegen diesem Kinderkram!!

Vielen Dank auch, ihr Egomanen! Ich hoffe ihr merkt mal irgendwann, dass man gemeinsam eine viel größere Sandburg bauen kann!


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