Zum Inhalt der Seite

Einzelposting: Wie habt ihr mit einem Grafiktablett zeichnen gelernt


Links hierher: http://www.animexx.de/forum/thread_5416819/-1/15228571771282/
http://desu.de/qXt8eJl




Von:   abgemeldet 04.04.2018 17:52
Betreff: Wie habt ihr mit einem Grafiktablett zei... [Antworten]
Boah krass! Ein Thread zu diesem Thema, den ich noch nicht befleckt habe! Gleich mal ändern. :3

Ich lerne viel von Aurora-Silver. :D
Und ganz nebenbei fertige ich viele Studien an, lerne welches Volumen die Körper haben und wie man die richtigen Tonwerte findet. Die Wahl des Mediums ist für mich zweitrangig geworden. Ich bevorzuge auf jeden Fall das Grafiktablett. Sogar über den Bildschirmen, auf denen man einen Stift anwenden kann. Denn dort verdeckt man alles mit der Hand und man bekommt Rückenaua. (Trotzdem hätte ich gern ein Cintiq zum Angeben)
Ansonsten verwende ich schlichtes Kopierpapier oder meine geliebten Skizzenbücher. Wie gesagt, das Medium ist relativ egal. Dennoch sollte man lernen, damit umzugehen. Es ist nicht nur das Grafiktablett selbst, sondern vor allem das Programm. Es bringt nichts, nur zu wissen, was Layer sind oder wie man die Pinsel grob beherrscht. Wichtig ist die genaue Kenntnis, was zum Beispiel der Unterschied zwischen Opacity und Flow ist. (In anderen Programmen nennt man das Transperancy und Density oder Deckkraft und Fluss oder ganz exotische Namen) Oder wieso man für Shapes und Forms (im Deutschen heißt beides "Formen", obwohl es gewaltige Unterschiede hat) keine Größenänderung auf den Stiftdruck legen sollte.

Bei Grafiktabletts kann man eigentlich nicht allzu viel lernen. Das Wichtigste, auf das man achten sollte, sind Shortcuts (der Stift sollte mindestens eine Taste für die Pipette haben), die Anzahl der Druckstufen und die Kompatibilität zum Computer/Programm. Genau genommen ist jedes Grafiktablett gleich gut. Der Künstler muss schlicht damit umgehen können.

Schwieriger ist das Beherrschen des Programms. Es gibt da so vieles zu beachten. Allen voran, dass man für das gleiche Bild die Zahl von 1-2 Pinselarten nicht überschreiten sollte, um die Konsistenz des Bildes zu wahren. Ich mache nur für jedes Bild einen neuen Pinsel. Aber ich versuche seit einigen Wochen mich zurück zu halten, ständig den Pinsel zu wechseln. Ist gar nicht nötig.

Was aber die höchste Güte der Qualität dem Bild verleiht ist nicht das Wissen um das Werkzeug. (Obwohl es auch wichtig ist, kann ich nicht oft genug sagen) Ein traditioneller Künstler macht sich eigentlich wenig Gedanken darum, wie seine Pinsel funktionieren oder welche Zusammensetzung die Pigmente seiner Farbe hat, obwohl es durchaus Vorteile hat, das zu wissen.
Viel mehr beschäftigt sich der Künstler (digital und traditionell) mit dem Wissen, wie Optik zustande kommt, wie Körper aufgebaut sind und wie Anatomie funktioniert. (Funktioniert! Nicht nur vorhanden ist.) Wenn der Künstler diese Punkte einmal verstanden hat, kann er auf jedem Medium die gleichen Ergebnisse in gleicher Qualität produzieren.

Was mich aber nervt, ist das elitäre Denken vieler, traditionelle Kunst sei viel schwerer und lobenswerter als digitale Kunst. Das ist total irrsinnig. Denn oft genug sehe ich digitale Kunst, die viel komplizierter aufgebaut ist, als ein Ölgemälde es jemals sein könnte. Digitale Kunst verleiht dem Künstler mehr Möglichkeiten, insbesondere im Verhalten von Licht und Schatten (also Tonwerten). Und mehr Möglichkeiten bedeutet auch, dass es schwieriger ist zu erlernen.
Nichtsdestotrotz denke ich, dass beide Methoden ihre eigenen Schwierigkeiten haben und die eine niemals über die andere erhoben werden darf. Beide sind ein Handwerk, das Menschen seit Jahrtausenden (bei digitalen seit Jahren) inspiriert und deren Handeln beeinflusst hat. Mit Kunst hat man Macht über die Geschicke der Welt. Weit über die Politiker oder Religionen. Und da darf man nicht behaupten, die eine Kunst wäre besser als die andere. JEDE Kunst kann polarisieren und manipulieren. Egal in welche Richtung das erfolgt. Und digitale Kunst ist ein neues Feld, wie der Jugendstil oder Impressionismus Anfang des 20. Jahrhunderts es auch war. Damals waren diese neuen Kunstrichtungen auch unerhört. Sie brachen mit alten Vorgaben und jeder verachtete es. Heute können wir uns nichts schöneres vorstellen. Und genau das passiert jetzt auch mit der digitalen Kunst. In 200 Jahren werden die Leute sich auch denken: "Diese klassische, digitale Kunst ist etwas so wunderbar erfrischendes. Es ist viel schöner als unser heutiges Neo-Funkismus" (Was auch immer das sein wird)
Dass ältere Kunstarten immer etwas schöneres waren, ist aber ein Trugschluss. Denn Kunst muss sich zwangsläufig entwickeln. Das ist die Natur der Kunst. Der Stillstand ist der wahre Tod des Universums. ("Big Freeze") Würde Kunst sich nicht entwickeln und würden sich die Menschen nicht über die neuen Kunstformen so echauffieren, gäbe es keine Entwicklung und alles wäre nur noch gleich und langweilig. Kunst ist aber per Definition schon nicht gleich. Sie ist die Interpretation der Wahrnehmung des Künstlers. Und jeder nimmt (heutzutage messbar) unterschiedlich wahr. (Qualia)

Kurz: Wir brauchen digitale Kunst. Sie ist die zwangsläufige Weiterentwicklung der menschlichen Kreativität in vielen Belangen. Sie ist nicht nur für bildende Kunst ein neues Werkzeug geworden, sondern auch in Architektur, Musik, Unterhaltung, Literatur, Nachrichtenübermittlung, Finanzmarkt, usw.
Das elitäre Denken der traditionellen Künstler muss also aufhören. Wir haben genauso viel zu melden, vielleicht sogar noch viel mehr als unsere Vorgänger.

So und nach diesem kleinen Exkurs arbeite ich jetzt weiter an meiner digitalen Vanellope von Schweetz. :)

Zurück zum Thread