Man erzählt sich von Goetterspeise (über die Forger-Familie) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Es gäbe da diese Familie, erzählte man sich. Der Vater sei Arzt, die Mutter Hausfrau – so wie sich das gehörte – und die Tochter ein aufgewecktes kleines Ding. Der Vater sei ein sehr attraktiver Mann, sagte man. Er sei sicher einst ein Herzensbrecher gewesen. Vielleicht war er es noch immer? Es gab da einige Gerüchte, die eine Zeitlang die Runde machten. War er ein schlechter Vater? Wo trieb er sich eigentlich immer so herum? Hatte er vielleicht sogar eine Affäre? Doch als man sie schließlich alle gemeinsam sah, auf dem Weg zu einem Ausflug, die ehrlich glücklichen Gesichter, verschwand dieses Getuschel von einem Tag auf den anderen wieder. So etwas wäre bei einer solchen Familie gar nicht möglich, beschloss man. Auch die Mutter sähe gut aus, hieß es aus gewissen Kreisen. Doch es machte die Runde, dass die Mutter war gar nicht die richtige Mutter war. Wie wohl die richtige Mutter gewesen war? Wie hatte sie wohl ausgesehen? Und wie war sie nur in so jungen Jahren verstorben? Das arme Kind. Und der arme Mann erst. Plötzlich ganz allein für ein kleines Mädchen verantwortlich sein zu müssen. Und das auch noch bei diesem wichtigen und zeitintensiven Beruf. Ein Glück hatte er so schnell jemand neues gefunden. Zu schnell vielleicht? War sie wirklich die richtige für diese Aufgabe und nicht doch überfordert damit? Hätte er sich vielleicht doch mehr Zeit lassen sollen? All das fragte man sich. Doch die Stiefmutter, so wurde erzählt, gäbe sich sichtlich Mühe, die Lücke zu füllen und dem Kind ein würdiger Ersatz zu sein und dem Mann eine ausgezeichnete Ehefrau. Aber konnte sie auch kochen? So genau wusste das niemand. Nur, wenn sie einen solchen attraktiven und erfolgreichen Mann um den Finger gewickelt hatte, musste sie das können. Sie war sicher die perfekte Hausfrau. Reinlich, motivierend, unterstützend und eine herausragende Köchin. Da waren sich alle einig, die man fragte. Über die Tochter erzählte man sich, sie müsse sehr intelligent sein. Schließlich habe sie es auf die Eden Academy geschafft. Auf jeden Fall war sie aber ein richtiger Engel. Sie habe Wangen, in die man hineinkneifen wolle und ihr breites, glückliches Grinsen sei ansteckend, erzählte die Nachbarschaft. Und der Hund erst, den sie seit kurzem besaßen. Liebe Augen habe er, trotz der unglaublichen Größe, hieß es. Aufmerksam und immer an der Seite des kleinen Mädchens, um es vor allem Bösen zu beschützen, dass es noch nicht wahrnehmen könne, wurde gescherzt. Diese Familie, über die man sprach, wirkte wie aus einem Bilderbuch. Zu schön, um wahr zu sein, flüsterte manch böse Zunge, die umgehend zum Schweigen gebracht wurde. In solch unsicheren Zeiten seien es diese Familien, die Hoffnung gäben. Die Normalität, die sie ausstrahlten und die Lebensfreude, die sie schenkten. Sie seien eben einfach die perfekte, kleine, normale Familie erzählte man sich. Nicht mehr und nicht weniger. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)