Asuka von Dudisliebling (Der Duft von Morgen) ================================================================================ Kapitel 8: 8. (Asuka) --------------------- 8 (Asuka) Ich dürfte nicht aufgeben. Nicht jetzt, da ich die Gelegenheit hatte diese Kunst zu erlernen. Und ich würde sie nicht von irgendwem erlernen, das wusste ich seit ich diese perfekten Bewegungen erhaschen konnte. Dieser Mann war einem Meister sogar überlegen. Ihn so anzusprechen fast eine Beleidigung für die Perfektion, die in seinem Griff lag. Die Schritte, die Eleganz und Geschmeidigkeit, die kühle, lautlose Luft, die sein Hieb hervorbrachte. Selbst die einzelnen, kleinen Strähnen seines Haares wogen sich in dieser Bewegung, als würden sie nie etwas anderes tun. Als würde er täglich das Schwert für Millionen Male so schlagen. Niemals würden sie an Qualität abnehmen. Sie wären immer gleich. Perfekt. Und auch wenn mich die Anzahl der Schläge, die Yuto und ich absolvieren sollten schockierte, so reizte mich der Ehrgeiz. Ich wollte ihm beweisen, dass ich dazu fähig war. Bei den ersten Schlägen achtete ich auf meine Haltung. Führte sie für meinen Blick genau akkurat aus. Doch bereits die zehn Schläge später, erzählten von der unbekannten Anstrengung. Meine Muskeln spannten sich unangenehm an. Die Haltung, wenn ich die Arme hob, dehnten die Sehnen und entspannte sie wieder, wenn ich den Hieb vollzogen hatte und kurz innehielt, bevor ich das neue Schwert in dessen Scheide zurückschob. Dieses Geschenk überraschte mich. Violett und mit unglaublicher Eleganz gefertigt, hatte es vor mir auf dem Tisch gelegen. Als ich es das erste Mal berührte, glitten meine Fingerspitzen glatt darüber. Das Gewicht, als ich es auf meinen Schoß zog, war ungewohnt, aber angemessen. Auch wenn ich das Gewicht nun verfluchte, hatte ich gerade den 80. Schlag vollzogen. Es war wie für mich gemacht. Hatte Yamata dies erkannt? Es deswegen gekauft? Warum tat er dies alles überhaupt? Was versprach er sich davon? Eine Frage, die hatte er uns zur Belohnung ausgestellt. Ich wollte sie bekommen. Ihm eine derer stellen, die sich in meinem Kopf umhertrieben. „Asuka!“, drang seine Stimme direkt neben mir in mein Ohr und erschreckte mich so sehr, dass ich das Schwert fallen ließ. Klappernd landete es auf dem Boden und brachte Yuto dennoch nicht aus der Ruhe, auch wenn ich seine Augen kurz erhaschte. „Die Waffe zu verlieren ist das größte Vergehen.“ „Entschuldigt, Meister.“, hechelte ich. Dass sich mein Atem so angestrengte, war mir kaum aufgefallen. Yutos heftiges Zischen drang nun an meine Ohren und die Sorge zog in meinen Blick. Doch er würde sich nicht zu mir hinreißen lassen. Gebeugt hob ich das Schwert vom Boden auf und stellte mich wieder hin. „Du beginnst von vorn.“, strafte Yamata mich. „Was? Ich habe schon 82 Schläge geschafft.“ „Es zu schaffen ist nicht die Aufgabe gewesen.“, erklärte er kühl und musterte meine Erscheinung. „Perfektion beim Ziehen des Schwertes und eines Hiebes, ist die oberste Pflicht im Kampf. Es bringt nichts, kopflos herumzufechten, wenn man nur ungezielte Kraft hineinlegt. Nur wenn man richtig zuschlägt, kann man den Gegner niederstrecken. Die Kraft zählt nur zur Hälfte. Die Technik ist entscheidend.“ „Jawohl, Meister Yamata.“, gab ich mein Verständnis zu. Sein Blick jedoch, erdolchte mich weiter. Das Gold daran war unwirklich und ich spürte die Kälte des Schnees auf der Haut meines Gesichtes. „Und bedecke dich etwas mehr. Yutos Willenskraft ist bemerkenswert, aber nicht unumstößlich.“ Ich riss die Augen auf und blickte hinab. Der oberste Knoten an meinem Yukata hatte sich gelöst. Er hielt alles an Ort und Stelle, seit Yuto mir diese Kleidung nahegelegt hatte. Im Kimono und Obi zu kämpfen wäre unpraktisch. Doch nun hatte ich ein ganz anderes Problem. Meine Brüste starrten förmlich hervor, nur von dem Band bedeckt, welches sie stütze. Mit schnellen Griffen packte ich den Kragen und fasste ihn zusammen. Die Hitze in meinen Wangen explodierte und floss durch meinen gesamten Kopf. Yamata hatte mich doch nicht deshalb so direkt gemustert oder? Was hatte er alles gesehen? Sicher alles, was man sehen konnte, rügte ich mich selbst und wendete meinen Blick ab. Es war einfach zu beschämend. Yuto schlug weiter seine Hiebe und ich richtete den Kragen zusammen, knotete die Bänder fester zusammen. „Morgen kommst du in deiner Kleidung. Nicht in der, die Männer tragen sollten.“, befahl er und legte die Finger unter mein Kinn. „Was?“ „Du willst dich zu verteidigen wissen, wenn ein Mann dir nahekommt.“, begann er zu erklären und trat einen weiteren Schritt auf mich zu. Seine Nähe begann auf meiner Haut zu prickeln, seine linke Hand legte sich an meine Taille. „Dann solltest du dazu auch in deiner Kleidung auftreten, sonst werden keine Männer sich deiner je annehmen wollen.“ „Genug!“, unterbrach Yuto den Meister und die Iriden meines Gegenübers schoben sich einen Moment zu seinem Schüler. Er schien nicht ängstlich, aber in seinem Stand eingesunken. „Auch du beginnst noch einmal.“ War das Resultat und der Meister begab sich auf Abstand zu mir. Er wendete sich ab, ließ sich auf seinen Platz nieder und sah uns an. „Los!“ Mein flackerndes Herz, welches die Nähe noch immer spürte, die Scham der Blöße noch nicht verkraftet hatte, hindert mich einige Sekunden daran zu beginnen. Doch ich überwand mich, hob die Linke an die glatte, violette Scheide und die rechte, an den fein geflochtenen Griff. Ich zog das Schwert und brachte mich in Position. Yuto tat es im gleichen Rhythmus und schenkte mir einen Blick, bevor wir die Arme hoben und den Schlag vollzogen. Der Nachmittag zog ins Land. Unser Atem keuchte nach etlichen Schlägen, während wir im stetigen Rhythmus zuschlugen. Yutos Atem keuchte heftiger, kratze an seiner Ausdauer. Wogegen mir die Arme brannten. Die Finger zitterten bereits und ich fürchtete den Halt zu verlieren. Ich schob das Schwert nur noch langsam zurück in sein Heim, verharrte immer mehr Sekunden, bevor ich es wieder zog und wollte dennoch nicht aufgeben. „300.“, ächzte Yuto und war völlig außer Atem. Ich sah zu ihm und dann zum Meister. Sollte ich diese Aufgabe für Yuto aufgeben? Damit er sich erholen konnte und nicht völlig entkräftet zu Boden fallen würde. Nein. Dies wäre nur eine Ausrede für mich selbst. Ich musste es schaffen. Über die Hälfte hatten wir bereits geschafft. Die Schmerzen waren unerträglich. Aber wie schlimm wären erst die Strafen, mit denen der Meister uns aufwartete? Ich zog also das Schwert, streckte dafür meinen Arm komplett durch. Das Zittern zu unterdrücken fiel mir schwer, der Schweiß brannte in meinen Augenwinkeln. Mit schweren Beinen festigte ich meinen Stand, hob die Klinge hinauf und der Schwindel, den ich schon seit einigen Schlägen spürte erfasste mein Hirn. Mir verschwamm die Sicht, ich zog mit Schwung das Schwert hinab und verlor den Halt. Die Angst, dass die Schärfe meinen Körper erfasste und mich verletzten würde, ergriff mich sofort und der Schmerz, als ich auf den Boden aufschlug, riss mich aus einer unglaublichen Trance. „Asuka!“, schrie Yuto und ich erkannte seine grünen Augen, als er sich zu mir beugte. Im Hintergrund erkannte ich ein Scheppern. Es war wohl mein Schwert, das ebenso wie ich zu Boden gestürzt war. „Lass sie liegen.“, zischte die Stimme Yamatas zu Yuto und dieser löste den Blick von meinen Augen. Die Sorge, darin brannte wie Feuer im Angesicht der Flammen, die er versuchte niederzuringen, als er unserem Meister die Worte am liebsten vor die Füße gespuckt hätte, die ihm nun auf der Zunge brannten. „Wenn sie kämpfen will, dann soll sie es zeigen. Wenn du deine Schläge nicht sofort wieder aufnimmst, fängst auch du wieder von vorn an.“ „Ihr könnt sie nicht noch einmal beginnen lassen! Sie ist völlig entkräftet.“ „Dann sollte sie lieber lernen dich zu befriedigen, als HIER darauf zu hoffen, dass sie wie eine Frau behandelt wird.“, ging Yamata schärfer als jede Klinge der Welt dazwischen. Yuto blieb jegliches Wort im Hals stecken. Er war geschockt, weil auch der Meister, nach nur wenigen Tagen erkannt hatte, dass er Gefühle für mich hegte. „Yuto, mach weiter. Ich bin gleich wieder bereit.“, sprach ich den Schwarzhaarigen an und lenkte seinen Blick zu mir. Er sorgte und schämte sich gleichermaßen entdeckt worden zu sein. „Bitte.“ Yuto ballte die Hand zur Faust und stand dann auf. Er ging an seinen Platz, wendete den Blick hinaus zum Garten und atmete ein. Er zog sein Schwert und ich rappelte mich auf. Seine Stärke imponierte mir. Ich musste weitermachen, um irgendwann so gut zu sein wie er. So stark wie er, der über meine Schwäche hinwegsehen konnte, obwohl ihm mein Wohl wichtiger war, als sein eigenes. Also begann ich wieder von vorn. Es dämmerte als Yuto fertig war und sich neben den Meister knien sollte. Er sollte mich beobachten, um meinen Willen unter Druck zu setzen. Ich spürte kaum noch etwas in meinem Körper. Der Schweiß war wie eine gleichmäßige Kruste über meine Haut gezogen und ich roch meinen eigenen Körpergeruch. Ich ekelte mich das erste Mal im Leben vor mir selbst, aber das war Nebensache. Ich musste beweisen zu was ich fähig war. Dass ich ebenso wie ein Mann lernen und stark sein konnte. Als die ersten Sterne am Horizont auftauchten, konnte ich endlich die ersehnte Zahl aussprechen und ging in die Knie. „Stell deine Frage, Yuto.“, war das Erste, was ich vernahm. Kein Lob. Nichts für das, was mir geschehen und was ich verpatzt hatte. „Meister, wieso unterrichtet Ihr Asuka?“ Diese Frage überraschte mich und ich riss die Augen auf, während ich krampfhaft versuchte die Luft durch meine brennenden Lungen zu ziehen. „Ihr Wille.“, war die Antwort. Yamata nahm seine Schwerter, erhob sich und verließ ohne ein Wort den Raum. Yuto war kurz benommen, bevor er zu mir stürzte und mir auf die Beine half. „Du warst unglaublich, Asuka.“, lobte er leise meinen eisernen Willen und ich schüttelte den Kopf. „Ich habe versagt.“, keuchte ich. „Nein. Ihr habt es geschafft. Mehr Schläge als ich!“, bestand er darauf. „Nun geht baden und entspannt Eure Muskeln. Morgen wird er uns nicht weniger harte Aufgaben auftragen.“ „Kannst du mir helfen?“, fragte ich leise und hob den Blick durch meinen Wimpernkranz. „Natürlich!“, stotterte er und stand auf, zog mich an der Hand mit sich. Ich zischte und landete in seinen Armen. „Entschuldige!“ „Schon gut.“, lächelte er beschwichtigend und wir gingen los. Ich spürte keine meiner Gliedmaßen mehr. Doch eine ganz andere Sache brannte noch auf meinem Gewissen. Als wir an der Tür ankamen, hinter der sich der Bottich mit dem warmen Wasser befand, der jeden Abend bereitet wurde, musste ich es einfach wagen. „Yuto?“, wisperte ich also, nachdem er mich auf sicheren Beinen wusste und zurückgetreten war. „Ja, Asuka-sama?“, lächelte er und würde es nach meinen Worten nicht mehr. „Was hast du alles gesehen?“ „Äh...“, stockte er sofort. Seine Wangen glühten rot und er ging einige Schritte zurück vor Schreck. „N-nichts!“, schwor er und ich sah ihm doch die Lüge an. „Du hast also alles gesehen? Ebenso wie er?“ „Entschuldige, Asuka!“, neigte er sein Haupt und ich wandte mich ab. „Schon gut, Yuto.“, murmelte ich und ging ins Bad, um die Tür hinter mir zu schließen. Ich entkleidete mich schwerlich und glitt in das angenehm warme Wasser, das mit leichten Kräutern versetzt worden war. Mit geschlossenen Augen lehnte ich mich an den Rand und tauchte bis zur Nase ins Wasser. Stolz dachte ich darüber nach, was ich heute vollbracht hatte. Und ebenso, wie ich das Schwert geschlagen hatte, trat die Erinnerung in mein Gedächtnis. Meine entblößte Körperhälfte. Yuto hatte meine Brust gesehen. Meister Yamata ebenso. Sie war zwar noch verhüllt gewesen, aber was machte das für einen Unterschied. Ich hatte nicht nur versucht wie ein Mann zu sein, ich hatte es so auch noch gezeigt. Männer konnten ihre Brust präsentieren, ohne dass es unsittlich dargestellt wurde. Bei uns Frauen war es anders und das mit gutem Grund. Was dachten diese beiden nun von mir? Bei diesen Gedanken erforschte ich die Gefühle, die ich gespürt hatte, als ich die Männer zuvor halbnackt erblicken durfte. Stählern mit zarten Haaren bedeckt, männlich. Meister Yamata hatte deutlich kräftigere, definierter und erwachsenere Züge. Wogegen Yuto zarter und seichtere Züge hatte. Ihre Gemüter schienen sich auf ihren Körpern widerzuspiegeln, dachte ich kurz. Jedoch fiel mir auch auf, dass ich öfter an meinen Meister, als an meinen Jugendfreund dachte. Er war mein Freund und ich liebte ihn. Aber war da mehr? Würde ich jemals die Gefühle erwidern können, die Yuto für mich hegte? Die ich so stark in seinen Blicken, seinen Berührungen spürte? Mein Herz schlug ruhig, als ich an das faszinierende Gold dachte, in das ich zu fallen begann, wenn es mich erfasste. Er war geradezu herzlos als Meister. Schweigsam und beobachtend wie ein Krieger es sein sollte. Aber was verbarg sich dahinter? Welches Geheimnis beherbergte diese Maske? Ich müsste es herausfinden, wenn ich mir die Frage verdienen würde. Meine Hoffnung lag darin, dass er dies immerzu als Belohnung hervorbringen würde. Das Lob unserer Bemühungen. Und wenn er es tun würde, würde ich sie mir verdienen und ihn fragen. Ich würde ihn fragen, was sein Geheimnis war. Was er vor uns versteckte. Wieso er so war. So still, eisern und außergewöhnlich. Energisch ballte ich meine Hand zur Faust und bereute es sofort. Der Schmerz zog fürchterlich in meinen Arm. „Ihr Wille.“, schallte seine tiefe Stimme durch meinen Geist. Er hatte mich gelobt. Für die knapp 900 Schläge. Beinahe das Doppelte. Stolz wuchs in meinem Herzen und immer und immer wieder belebte ich seine Stimme wieder. Und damit die prickelnde Nähe, die ich verspürt hatte, als er nahe bei mir stand und mir das Gold seiner Augen gezeigt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)