Ein Hauch von Vergangenheit von Amalia-chan (Sess_Kag) ================================================================================ Kapitel 1: Ein Hauch von Vergangenheit -------------------------------------- Metallisch brach die helle Stimme aus den Lautsprechern über die Masse an Reisenden herein. Draußen wurde die feuchte Dunkelheit von dem künstlichen Licht der Fahrzeuge, Geschäfte und Reklamen vertrieben. Innen fluteten die Neonröhren die nüchternen Terminals taghell. Lebloser Stein und Glaselemente standen dem lebendigen Treiben der An- und Abreise gegenüber. In dem Fluss von Gesichtern drohte die junge Schwarzhaarige mit ihren Kolleginnen unterzugehen. Einzig ihre einheitlichen Uniformen gaben ihnen ein wenig Individualität unter all den Fremden zurück, groteskerweise. Schnatternd schoben die vier Frauen ihre Trolleys hinter sich über den polierten Stein, gut gelaunt dem Feierabend entgegen. Das Klackern ihrer Absätze wurde dabei von dem rollenden Bass ihrer Gepäckstücke geschluckt. „Welcome to JFK - Airport. For…“, wiederholte die digitalisierte Stimme bereits zum x-ten Male ihren Text, diesmal in Englisch, als die heitere Truppe gerade durch die gläsernen Schiebetüren hinaus ins Freie trat. Eine Armee der weltberühmten, gelben Taxis säumte den Vorplatz. Hier und da trug das laue Sommerlüftchen ihnen den salzigen Geruch des Meeres zu, während es sich in ihren offenen Mähnen verfing. Es lud sie ein zu einem kurzen Intermezzo, ehe es sie wieder verließ auf seiner Reise ins Nirgendwo. Vertraut bahnten sie sich den Weg durch die menschengefüllten Straßen. Das Leben pulsierte um sie herum. Es kümmerte sie wenig. Lachend begrüßten sie die im Dunkel der Nacht leuchtenden Reklameschilder, die sich auf ihren zarten Zügen reflektierten. Der seichte Sommerschauer langte nach ihren dunkelblauen Einheitskostümen und vermochte sie doch nicht in ihren Bann zu ziehen, als die fröhliche Truppe endlich die altbekannten Glastüren hinter sich ließ. Die Geräusche der Stadt aussperrend betraten sie wenig später eine nüchterne Eingangshalle, deren Einrichtung nur ein Minimum an Geborgenheit versprach. „Tja, Mädels, was ist nun? Noch auf einen Absacker an die Bar?“, erkundigte sich die Blondierte mit den langen Beinen, während sie dem jungen Mann an der Rezeption ihren Arbeitsausweis präsentierte. „Ach nein, Yuuri, der Flug war schon so lange. Ich falle jetzt nur noch todmüde ins Bett“, protestierte die kleine Brünette mit den groben Locken. „Aiko hier scheint wohl immer noch nicht gelernt zu haben, wie es sich auf den Schuhen läuft in luftiger Höhe“, scherzte die Dunkelhaarige mit dem langen Haar, das ihr glatt den Rücken hinabfloss. Da richtete sich das Augenmerk der Blondierten auf die Vierte im Bunde. Ein unscheinbares Mädchen auf den ersten Blick hin. Schwarzes Haar, ein freundliches Gesicht, recht hübsch und doch durchaus gewöhnlich in Japan, wie sie fand. Ihr Kostüm passte sich perfekt ihren zarten Rundungen an, ein Aspekt, den ihr die ein oder andere Kollegin zuweilen neidete. „Na, Kagome, was ist, schließt du dich mir und Saori an? Oder musst du wieder deinem Mann daheim Bericht erstatten?“, neckte Yuuri dann. Die Angesprochene schürzte verspielt die Lippen. Ein Anflug eines längst vergangenen Feuers huschte über die braunen Rehaugen, zu schnell um von den anderen bemerkt worden zu sein. Dann war es auch schon wieder vorbei und sie nahm die ihr gereichte Zimmerkarte entgegen, bedankte sich höflich, ehe sie an die Kollegin mit der wasserstoffblonden Mähne richtete: „Immerhin weiß ich noch, wo daheim ist, Yuuri und muss nicht jedes Mal die Bar aufsuchen, um mich an einen Hauch davon zu erinnern.“ Ihr verschmitztes Grinsen traf auf nicht minder schalkhafte Züge, als sie sich ihren Trolley schnappte und zum Aufzug stöckelte. „Ja, was ist nun, Kagome-chan? Kommst du jetzt noch?“ Sie winkte einzig mit der Karte in der Hand, stieg in den silbernen Kasten und verschwand hinter den lupenreinen Glastüren. „Typisch“, urteilte die Brünette. „Was meint ihr, ob sie überhaupt weiß, was Spaß bedeutet?“ Fragte dann die Schwarzhaarige in die Runde. „Wenn sie mal vergessen könnte, dass sie verheiratet ist, dann sicherlich“, antwortete die blondierte Asiatin und die Beiden anderen verfielen in schäkerndes Kichern. Der helle "Bing" - Laut kündete vertraut ihre Ankunft an. Rasch ließ sie den langen Gang hinter sich, schenkte den innenarchitektonischen Bemühungen um ein wenig Geborgenheit wenig Beachtung und schloss alsbald die Türe zu ihrem Zimmer hinter sich. Die unbequemen Frauenschuhe, die nur gut auszusehen hatten und wenig mit dem Komfort gemein hatten, um den sich ihre Airline stets bemühte, verlor sie noch in dem kurzen Flur. Den Trolley ließ sie unbeachtet stehen, als sie sich das kleine Jäckchen aufknöpfte und zum Fenster ging. Ein buntes Farbenmeer hieß sie Willkommen, das Nachtleben der Weltmetropole zeigte sich ihr in all seiner herrlich hektischen Art und Weise. Sie stieß ein lautes Seufzen aus, als sie dem blinkenden Fluss der Adern der Stadt zusah. Es war ein harter Arbeitstag gewesen. Wie immer, wenn sie so einen langen Flug zu meistern hatten. Sie war erschöpft. Sollte Yuuri doch in der Bar wieder Männer aufreißen, ihr war das Einerlei. Damit hatte sie ja schon lange abgeschlossen. Sie wollte den morgigen Tag früh und ausgeschlafen beginnen. In all den Jahren kam es nicht oft vor, dass sie eine Weltmetropole bei Tag zu sehen bekam. Was sollte sie da ihre Zeit in der Hausbar vergeuden? Sie wusste nur zu gut, dass sie mit dieser Auffassung alleine stand, aber, morgen um fünf ging der Flug zurück, den sie begleiten musste. Wenig Zeit also um ein wenig Abwechslung und Abenteuer in ihrem grauen Alltag zu suchen. Denn wie all die Anderen war sie mit denselben Erwartungen und Hoffnungen in diesen Beruf gegangen. Sie wollte die Welt sehen. Abwechslung und ein wenig Lebendigkeit wieder in ihrem Leben haben. Nicht, dass sie nicht genug Aufregung und Abenteuer bereits gehabt hatte. Aber, das war lange vorbei. Kagome war erwachsen geworden. Leider. Zum Glück. Wieder entkam ihr ein schweres Seufzen. Es war noch nicht spät genug für derartige Gedanken. Sie ging zum Tisch und nahm das Telefon zur Hand. Routiniert wählte sie die altbekannte Nummer und wartete geduldig auf das Freizeichen. „Ja, hallo, Schatz. Ich bin gerade in New York gelandet. Mach dir also keine Gedanken. Ich hoffe, du hattest einen schönen Tag. Wir sehen uns am Wochenende.“ Sprach sie mechanisch auf das Band, ehe sie den Hörer wieder auflegte. Stets war es dasselbe. Immer dieselben Floskeln, einzig die Stadt variierte natürlich immer. Ein steter Rhythmus, eine ewige Wiederholung und doch schätzte ein Teil von ihr eben diese. Er war ein guter Mann. Er sorgte sich um sie, gab ihr, wonach sie verlangte und ließ ihr freie Hand. Und doch war es nicht das Selbe. Er war nicht der Selbe. Er war Hojo, der gute Klassenkamerad, der sich stets um sie bemüht hatte. Nicht der störrische Hanyô, den sie einst zurückgelassen hatte. Sie seufzte auf. Und wieder waren da die Schatten der Vergangenheit. Auf Schritt und Tritt verfolgten sie sie. Sogar bis nach New York. Missgelaunt kräuselte sie die Lippen. Warum ausgerechnet heute? Das war doch lange schon vergessen. Damit packte sie ihre Handtasche und verließ fluchtartig das Zimmer. Ihren Mantel schnappte sie sich noch geistesgegenwärtig im Vorbeigehen. Um die Hausbar machte sie dabei einen großen Bogen. Sie sah ihre beiden Kolleginnen dort auch schon wieder umringt von einigen Männern. Ein leises Lächeln, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder der belebten Straße zu. Ihre Uniformen waren zuweilen tatsächlich ein Magnet. Das wusste sie nicht zuletzt aus eigener Erfahrung. Natürlich ging sie darauf nie ein, kannte sie doch die andere Seite. Das hatte Hojo nicht verdient. Doch das galt selbstredend nicht für ihre ledigen Kolleginnen. Sie genoss die frische Nachtluft, die der leichte Regen gereinigt hatte. Von dem sonnigen Tag hatte er nichts mehr übriggelassen. Und so kostete sie den Weg aus. Spazierte vorbei an den blinkenden Reklameleuchten, den beleuchteten Schaufenstern und suchte Entspannung in der Anonymität der Großstadt. Ihr Weg führte sie nirgendwo Bestimmtes hin und doch trugen ihre Füße sie alsbald hin zu einer kleinen, von außen unscheinbaren, Bar. Keine dieser Szenebars, die sie so ungern aufsuchte. Zuviel grölendes Jungvolk, das noch kein Maß gefunden hatte. Seltsamerweise wirkte es einladend auf sie. Und da sie nichts Anderes vorhatte, ging sie hinein. Leise dudelte Musik im Hintergrund, ansonsten war es relativ ruhig. Die Bar war kaum gefüllt und so hielt sie sich nicht lange mit den wenigen Gästen auf. Bankreihen an den Fenstern offerierten einen Ausblick auf das rege Treiben auf den Straßen und so setzte sie sich auf die Nächstgelegene, nahe an der Tür. Sie war froh um die Ruhe und Abgeschiedenheit und sehnte sich nicht gerade nach Gesellschaft. Ihre Bestellung erfolgte schnell, ohne lange nachzudenken. Nichts Hochprozentiges, einfach nur etwas, um ihre Gedanken zu beruhigen. Neugierig erkundete ihr Rehbraun die nähere Umgebung, nicht ahnend, dass sie sich bereits im Fokus eines ganz anderen Augenpaares befand. Sie verschwendete keinen weiteren Gedanken daran, was sie hierher geführt hatte. Sie war in Gedanken gewesen, aufgewühlt und suchte nichts als Ruhe. Als ihr dann die junge Blondine ihr Getränk brachte, etwas, was sie eindeutig nicht verlangt hatte, blickte sie umgehend auf. Sie unterdrückte ein entnervtes Aufstöhnen, als ihr die Kellnerin die Richtung deutete, und war drauf und dran abzulehnen, ehe etwas ihr Interesse weckte. Ein kurzer Impuls, eine alte Vertrautheit, die sie sich jetzt noch nicht erklären konnte, hielt sie letzten Endes davon ab, als sie die dunkel gekleidete Gestalt auf dem Barhocker erblickte, die dort im Halbdunkeln saß. Sie nickte der Blonden einzig geistesabwesend zu. Zu sehr war sie gefesselt von diesem lange schon vermissten Gefühl, das auf einmal wieder in ihr aufflammte. Intensiv und stark wie eh und je waren ihre Instinkte zu neuem Leben erwacht, als hätte sie sie niemals begraben. Sie erkannte das Kribbeln in ihrem Nacken, die Aufregung, die ihre Fingerspitzen wärmte. Als hätte sie ihre Fähigkeiten, ihre angeborenen Antennen nie vergessen, warnten sie sie jetzt vor der altvertrauten Macht. Nervosität und Freude stürzten sie in ein Wechselbad der Gefühle, als sie tiefer in sich hineinhorchte. Überraschung aber auch Stolz keimten in ihr auf. Die alte Abenteurerin regte sich in ihr und drohte aus ihrem jahrelangen Dornröschenschlaf zu erwachen. Doch warum gerade jetzt? Warum hier? Wütete die Verblüffung in ihren Gedanken, während sie den Fremden auf sich zukommen sah. Geschmeidig, wie eine Raubkatze bahnte sich seine hünenhafte Gestalt ihren Weg bis hin zu ihrem Tisch. Und sie konnte nicht verhindern, dass die alte Anerkennung in ihr aufflackerte. Instinktiv hatte sie das Wesen erkannt, das sich nun ihr gegenübersetzte. Doch hatte sie das nicht im Geringsten darauf vorbereitet, wer ihr da gegenübersaß. Schockiert begegnete ihr Rehbraun dem in der Dunkelheit funkelnden Raubtiergold. „Sesshômaru“, entkam es ihr erstickt. Das leise Lächeln, das für den Bruchteil einer Sekunde über seine alterlosen Züge huschte, glaubte sie sich eingebildet zu haben, so schnell war es Vergangenheit. Vergangenheit, wie er es eigentlich auch zu sein hatte. Warum war er hier? Wie war er hierher gelangt, in eine Welt, die so ganz und gar nicht seinen Vorstellungen entsprach? Waren nur ein Bruchteil der Fragen, die derzeit in ihrem Kopf wild umherschwirrten, alle auf einmal Gehör verlangend. Nein, sie wollte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, und da ihr nichts Anderes einfiel, begann sie mit dem Offensichtlichen: „Das war nicht, was ich bestellt hatte“. Andeutungsvoll drehte sie das rotbraune Getränk in dem bauchigen Glas. Er nahm es ihr wenig später aus der Hand und ersetzte es gegen den Rotwein, den sie eigentlich geordert hatte. Sie machte große Augen. „Stimmt, das ist, was ich bestellt hatte, Miko“. Sie bemerkte nicht nur in ihren Augen reichlich spät, dass sie ihn nach wie vor ungehobelt anstarrte. Er nahm es gelassen, würde sie ihn besser kennen, nähme sie an, sein Amüsement darüber funkelte schalkhaft in seinen Raubtieraugen. Doch sie kannte ihn kaum, hatte ihn kaum gekannt. Rasch lenkte sie den Blick zurück auf ihr Getränk und suchte nach einem Anfang. Was sagte man zu jemandem, mit dem man nie gerechnet hatte und der einem schon x-mal, waren sie ihm begegnet, nach dem Leben getrachtet hatte? Nun gut, verbesserte sie sich, das war zu anfangs zumindest so gewesen, am Ende hatte er sie doch an der Seite seines Halbbruders akzeptiert. Ob Inu Yasha auch hier, in ihrer Welt war? Wie war das möglich? Anscheinend sah man ihr ihre Fragen an der Nasenspitze an, oder, er hatte einfach gelernt, wie Menschen dachten. Eine - zugegeben - surreale Vorstellung. „Als du damals gingst, hast du die Grenzen unserer Welt gebrochen.“ Wieder suchte sie verblüfft sein Antlitz. Wie meinte er das, die Grenzen ihrer Welt gebrochen? Mit einem hochnäsigen Grinsen, es kam nahe an den Ausdruck heran, der ihm einst so zu Eigen gewesen war, erläuterte er: „Ich weiß nicht, wie, aber urplötzlich änderte sich alles. Wir sahen uns auf einmal einer ungeheuren Zahl an Menschen gegenüber. Menschen, die uns nicht kannten. Ich erfuhr im Nachhinein, dass es mit deinem letzten Gang durch den Brunnen begann.“ Er wusste davon? Woher? „Wie, die euch nicht kannten?“ Fragte sie dann reichlich verdutzt nach. Im Nachhinein war es ihr peinlich und sie senkte ihren Blick wieder auf ihr Glas Rotwein. „Ich nehme an, die Vergangenheit deiner Welt verschmolz mit unserer Welt“, erklärte der Andere geduldig. Kagome genehmigte sich einen tiefen Schluck. Das bedeutete ja dann, dass da noch mehr Dämonen seit gut fünf Jahrhunderten unter ihnen weilten und sie sie nicht einmal wahrgenommen hatte. Wie konnte das sein? Sie hielt inne, als ihr ein weiterer Gedanke kam. Das klang ja alles so, als ob er ihr die Schuld dafür geben wollte. Das sähe ihm ähnlich! Sie wurde misstrauisch und lugte prompt argwöhnisch zu ihm auf. Er lehnte gelassen in seiner Sitzbank. Natürlich fühlte er sich davon nicht im Geringsten eingeschüchtert. „Und du bist jetzt also hier, um zu erkunden, was es damit genau auf sich hatte?“, kam ihr alter Spürsinn zutage. Der Dämon entblößte dem flackernden Licht des Teelichtes in ihrer Mitte seine spitzen Eckzähne, als er sich grinsend über den Tisch beugte und ihr entgegenhauchte: „Nein, mich interessiert, warum du gegangen bist, kleine Miko.“ Sie konnte es nicht verhindern, dass ihr ein eisiger Schauer den Rücken hinabrann, als sich die Flamme in seinen Dämonenaugen spiegelte. Instinktiv fürchtete die Beute ihren Jäger. Als sich die feinen Härchen auf ihrem Arm aufstellten, ging sie auf Abstand und lehnte sich in ihre Sitzreihe zurück. Ihren Blick nach draußen gewandt, erwiderte sie dann negierend: „Das geht dich nichts an“. Es war ihr egal, ob es ihm passte. Es stimmte. Es ging ihn nichts an. Das musste erst einmal verdaut werden. Wenn das stimmte, was er ihr da offenbarte, dann waren die ganzen Ammenmärchen und Erzählungen, die sie Live und in Farbe miterlebt und gesehen hatte schon seit fünfhundert Jahren Realität in ihrer Welt. Und sie war an allem schuld! Sie allein! Wiedermal. Das Sitzleder quietschte im Hintergrund, als Sesshômaru sich ebenfalls wieder zurücklehnte. Er schwieg. Sie behielt ihn im Auge. Sicher war sicher. Immerhin hatte er nicht die Antwort bekommen, die er gewünscht hatte. Ihn kümmerte es offenkundig gerade wenig. Nahezu gelassen kippte er seinen Branntwein hinunter, ihrem Blick dabei ungerührt standhaltend. Er glich nun mehr denn je einem Raubtier, das lauernd auf seine Beute wartete. Erneut schauderte es sie. Wie sehr hatte er sich verändert? Äußerlich hatte sich nichts getan, abgesehen von der angepassten Kleidung. Und doch weilte er unter Menschen, hatte sogar anscheinend ihre Sitten gelernt und übernommen, immerhin trank er Brandy und lud sie auf einen Rotwein ein. Er trug einen Anzug und darüber einen leichten Mantel, alles dunkel und mit Sicherheit unbezahlbar. Es sah hochwertig und teuer aus. Aber seine dämonischen Merkmale, das Raubtier in ihm war nach wie vor wachsam. Seine Dämonenstreifen, ja sogar den Sichelmond und nicht zu vergessen seine ungewöhnlichen Augen waren da. Fiel denn das niemandem auf? Ganz zu schweigen von seinem silbernen Haar, das die Dunkelheit zuvor gut verborgen gehalten hatte. „Du siehst immer noch aus, wie früher, kein Stück verändert, abgesehen von der Kleidung“, bemerkte sie dann einfach gerade heraus. Er musterte sie eingehend und schwieg einen Moment. Anscheinend brauchte sie noch Zeit. Und so erbarmte er sich und klärte sie auf: „Du weißt, wie ich aussehe.“ Sie schloss aus dem Wenigen das Notwendige. Immer noch so wortkarg wie eh und je, schoss es ihr sarkastisch durch den Kopf. Er verbarg also sein wahres Äußeres. Das hatte sie nie für möglich gehalten. Was hatte er noch geändert? „Du täuscht dein Äußeres also vor?“, fragte sie sicherheitshalber noch einmal nach. Und für den kurzen Augenblick meinte sie wieder, den alten Dämon vor sich zu haben. Die Raumtemperatur sank rapide. Es fröstelte sie instinktiv, als seine Züge sich auf altbekannte Art und Weise verhärteten. Dann war es auch schon wieder vorbei und er entspannte sich wieder, als er hart urteilte: „Nach wie vor schwer von Begriff, wie der Rest deiner erbärmlichen Rasse.“ Er mochte es also nach wie vor nicht, sich wiederholen zu müssen. „Dumm nur, dass du anscheinend hier festsitzt, Daiyôkai“, wurde sie dann mutig. Sein dämonisches Grinsen, das seine Züge daraufhin befiel, konnte sie sich beim besten Willen nicht erklären. Er fand das lustig? „Was ist? Was grinst du so?“ „Arrogant und dumm, wie für deine Art üblich. Glaubst du denn wirklich, ihr bestündet in einer Welt, in der wir euch nicht haben wollten?“, entriss ihr ihre Fassung. Die Gesichtszüge entglitten ihr. Wollte er damit etwa sagen, dass ihre Welt gar nicht mehr von Menschen bestimmt wurde, sondern von Dämonen, die unter ihnen lebten? Schockiert riss sie die Augen auf. Er grinste nur dämonisch und schob ihr dezent ihren Weinkelch zu. Automatisch trank sie einen weiteren tiefen Schluck davon. Die vertraute Wärme bemächtigte sich ihrer erschrockenen Seele und wirkte wie Balsam, beruhigend und wohltuend. Sie war von Anfang an einem Irrtum erlegen. Oder doch nicht? Das war so kompliziert. War ihre Welt schon vermischt gewesen, ehe sie durch den Brunnen gerissen worden war oder nicht? Sie konnte es nicht sagen. Und es wurde ihr – zugegebenermaßen - immer gleichgültiger. „Und was genau willst du dann von mir, wenn du es anscheinend nicht rückgängig machen willst?“ „Das sagte ich bereits.“ „Aber, das geht dich nichts an, das war privat“, entrüstete sie sich, wich aber zugleich ein ganzes Stück weit zurück in ihre Bank, als der Dämon sich wieder über den Tisch beugte und gefährlich leise zu bedenken gab: „Seitdem du unser aller Schicksal verändert hast nicht mehr, das wirst du doch sicherlich einsehen, kleine Miko.“ „Nenn' mich nicht so“, trotzte sie frech. Er grinste nur hämisch, suchte aber wieder seine bequeme Sitzposition in einigem Abstand auf. Sie verfiel einen Augenblick ins Schweigen. Er gab ihr die Zeit. Es war nicht leicht für sie. Und erst recht nicht mit ihm, seinem Halbbruder darüber zu sprechen. Alles in ihr sträubte sich dagegen, mochte es auch noch so lange her sein. Sie hatte damit abgeschlossen, ging es nach ihr. Sie hatte es ja versucht. Hatte fest an ihre Liebe geglaubt. Und zu anfangs hatte alles prima geklappt. Naraku war besiegt gewesen, Shippou hatte seine Ausbildung abgeschlossen, Kohaku hatte Dämonen gejagt, während seine Schwester, ihre so geliebte Freundin, sich eine Familie mit ihrem Hoshi aufgebaut hatte. Und sie, sie hatte Inu Yasha gehabt. Ihren Inu Yasha. Anfangs war alles bestens gewesen. Doch dann war sie erwachsen geworden. Nach und nach hatte sie sich entwickelt. Und damit hatte alles angefangen. Ihre Beziehung hatte Risse bekommen. Zuerst nur ganz kleine, feine, die kaum zu bemerken gewesen waren. Verachtenswert gering und nichtig. Und irgendwann war die Liebe erloschen gewesen. Sie hatte ihn mit anderen Augen, mit den Augen einer Frau, nicht mehr mit denen einer jungen Teenagerin gesehen. Doch er war er geblieben. Der störrische Hanyô, dem sie ihr jungfräuliches Herz geschenkt hatte. Und dann war sie eines Tages gegangen. Und er hatte sie nicht aufgehalten. Sie hatte geweint, nächte-, wochenlang nur geweint. Und dann hatte sie weitergemacht. Hatte sich ein Leben aufgebaut. Und dann kam Hojo und mit ihm die Sicherheit und Geborgenheit, das Zuhause. Abwesend nestelte sie an dem bauchigen Glas, spielte daran oder tapste mit ihren langen, filigranen Fingern darauf herum. Sesshômarus Ohren lauschten dem hauchzarten Klangkonzert, das diese dabei verursachten. Fasziniert beobachtete er sie dabei, wie sie so in Gedanken und Erinnerungen schwelgte. Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit. Ein längst vergangenes Leben. Ihre zarte Stimme riss ihn dann aus seinen eigenen Gedanken. Natürlich ließ er sich das in keiner Weise anmerken. „Es hat einfach nicht mehr geklappt, mit mir und Inu Yasha. Er hat … Ich war … Wir wollten unterschiedliche Dinge. Und ich vermisste meine Familie, mein Zuhause.“ Betroffenes Schweigen legte sich zwischen sie, in der beide, Dämon und Miko, ihren Gedanken nachhingen. „Du wurdest erwachsen, er nicht“, brachte er es dann auf den Punkt und sie sah auf. Zum ersten Mal mit einem deutlich positiven Ausdruck in ihren Augen. Eine Mischung aus Anerkennung und Verwunderung. Ihm entkam ein zartes Lächeln. Sie war hingerissen. Nie zuvor hatte sie sich auch nur ausgemalt, dass er zu so etwas fähig wäre. Doch, wie gut hatte sie ihn schon gekannt? „Genau“, stimmte sie leise zu. Er nickte. Das war zu erwarten gewesen. Wieder war da für eine Weile einzig nur die Musik im Hintergrund. Eine melancholische Melodie, von einer Frau besungen. „Entschuldige, hätte ich gewusst, was ich damit wieder anrichte“, setzte sie dann an und beorderte so sein Dämonengold auf ihre traurigen Züge. „Ich bezweifle, dass deine Entschuldigung angebracht ist“, überraschte sie und sie erhob ihren Blick. Er orderte bereits mit einem Handwink eine zweite Runde für sie beide, ehe er erläuterte: „Es hat auch seine Vorteile in einer Welt zu leben, die von Vergänglichkeit geprägt ist, ohne selbst davon ein Teil zu sein.“ Sie verstand nur Bahnhof. Wollte er ihr damit etwa verklickern, dass er sich hier wohl fühlte, unter all den erbärmlichen Menschen? „Aber, du hasst Menschen.“ „Nun, man gewöhnt sich an sie“, gab er dann großzügig zu Protokoll und Kagome erinnerte sich an Rin, die einige Zeit bei ihm gewesen war, ehe er sie in Kaedes Obhut übergeben hatte. Seiner Fürsorge hatte das jedoch keinen Abbruch getan. „Rin“, flüsterte sie daher verstehend. „Der Nachteil eurer Vergänglichkeit, ja.“ Und für den Bruchteil einer Sekunde meinte sie einen Anflug von Trauer in seinem schimmernden Gold aufflammen zu sehen, als sie aufsah. Er musste sie schrecklich vermissen. Und irgendwo in ihrem großen Herzen öffnete sich ein Türchen, nur winzig klein, aber dennoch groß genug, um allmählich das Eis zwischen ihnen beiden zum Schmelzen zu bringen. „Also lebst du jetzt unter Menschen?“ Wurde sie nach einem weiteren tiefen Schluck Rotwein, der ihr das Rot auf ihre Wangen zurückbrachte interessierter. „So weit würde ich nicht gehen. Ich halte immer noch eine Grunddistanz zu den Meisten von ihnen“, gestand er, nachdem er sein Glas erneut geleert hatte. „Und trotzdem treffe ich dich in einer Bar?“ „Deine Kräfte scheinen eingerostet, Miko, oder was glaubst du, in was für einer Bar du dich befindest?“ Erschrocken sah sie ihn an. Sein Gold lenkte sie weiter, hin zu der Blondine, die gerade an einem anderen Tisch abräumte. „Eine Yôkai. Eine Nekoyôkai, wenn du es genau wissen willst. Und der Dicke hinterm Tresen, ein Bergoni.“ Kagome blinzelte verwirrt. Warum hatte sie nur Sesshômarus Yôkii wahrgenommen? Waren ihre Kräfte schon so eingerostet, dass sie nur die Mächtige eines Daiyôkai erkannte? Und als sie sich wieder ihm zuwandte und nach wie vor irritiert dreinblickte, erwartete sie da wieder dieses ungewöhnlich charismatische Grinsen. „Ich hab sie wirklich nicht erkannt“, entkam es ihr verblüfft. Und als sie aufsah: „Lach nicht, das ist nicht witzig, das ist traurig.“ „Wohl kaum. Ihre Tarnung scheint perfekt. Du nimmst sie nur hintergründig wahr, wohl der Grund, warum du überhaupt hierher gefunden hast.“ Mittlerweile erinnerte sie die Unterhaltung mehr und mehr an einen netten Plausch unter alten Bekannten. Sie war erstaunt, wie sehr sie seine Gesellschaft genoss. Ließ aber keinerlei andere Gedanken als positive zu. Zu sehr kostete sie jeden Moment aus und hieß die Ruhe, die er ihr auf einmal brachte, willkommen. „Inwiefern gefunden, Sesshômaru?“ „Du bist hier mitten im Dämonenviertel der Stadt. Normalerweise findet kein Mensch den Weg allein, sofern er ihn nicht kennt.“ Die Schwarzhaarige blinzelte erstaunt. „Nette Idee“, nuschelte sie noch in ihren Rotweinkelch, ehe sie den letzten Schluck nahm. Nur um dann noch wesentlich überraschter festzustellen, dass besagtes Glas schon wieder leer war. Sie hatte heute aber einen Zug. Der Dämon lächelte nur verschmitzt und sorgte mit einem Handwink für Nachschub. „Mir scheint, du bist hier öfter“, murmelte die ehemalige Miko gegen ihr drittes Glas. Und wäre ihr Verstand noch klarer gewesen, sie hätte es für ihr Letztes erklärt. Doch der Protest kam nie über ihre Lippen, als sie diesen mitsamt dem ersten Schluck hinunterkippte. Ab da endete ihr Überblick und das Chaos fand seinen Anfang. Sie wusste nicht, wie viel Zeit verging, ihrem Gefühl nach Minuten, in denen der Dämon ihr von einer Welt erzählte, tief verborgen im Hintergrund ihrer bekannten Welt. Vertraut und längst verloren geglaubt. Sie lauschte gebannt seinen Erzählungen, entdeckte, dass selbst der ältere Bruder einen Sinn für Humor hatte, wenn auch einen recht eigenen und tief schwarzen und hing alsbald an seinen Lippen. Sie erfuhr, dass der Hanyô sich irgendwo im Amazonas rumtrieb, im tiefsten Dschungel und dort Anacondas und was noch alles jagte, um den Menschen dort zu helfen. Der letzte Rückzugsort so mancher Riesenschlange, dämonischer Herkunft. Im Gegenzug erzählte sie ihm von ihrem letzten Schuljahr, das sie wiederholen hatte müssen, davon, wie sie Hojo doch noch zu einem Date überredet hatte und sie ihn letzten Endes geheiratet hatte, kurz nach seinem Medizinabschluss. Dass sie sich alsbald aber nach der Welt, nach ein wenig Aktion in ihrem Leben gesehnt hatte und so letzten Endes Stewardess geworden war. Sie waren gerade dabei auch noch das letzte bischen aus ihren gemeinsamen Erinnerungen an eine längst vergessene Zeit hervorzukramen, als die Blonde ihre feucht-fröhliche Runde unterband mit dem dezenten Hinweis, dass sie bald zumachten. Kagome verspürte echtes Bedauern, als Sesshômaru daraufhin, ganz gentlemanlike, die Rechnung verlangte. „Ich bring dich noch“, erklärte er dann, als er ihnen beiden ein Taxi rief und ihr auf dem Treppenaufgang zur Bar seinen Mantel überwarf. Es hatte begonnen wieder stärker zu regnen und ihr dünner Tweed-Mantel schien ihm nicht zu genügen. Sie nahm es hin, sich sehr wohl im Klaren darüber, dass der Alkohol in ihrem Blut sie so oder so vor der Kälte schützte. Der Geruch nach Vergangenheit haftete dem dunklen Männerüberwurf an und sie sog ihn unbewusst tief ein. Die ganze Fahrt über zu ihrem Hotel herrschte wieder Stille. Einzig das Radio und der Fahrer, der hinter den Plexiglasfenstern angeregt in einer fremden Sprache telefonierte, boten hintergründige Untermalung. Kagome beobachtete den Weg so mancher Regentropfen die Scheibe hinab interessiert und versuchte sich von dem Gefühl der Wehmut loszusagen, das sie bei dem Gedanken daran überkam, dass sich der Abend nun dem Ende entgegenneigte. Es kam ihr vor, als verlöre sie die Sengoku-Jidai erneut. Wieder entging ihr dabei, dass sein gesamtes Interesse ihr galt. Vor ihrem Hotel stoppte der Wagen dann. Sie verblieb noch einen Moment sitzen, den Mantel instinktiv fest umklammert haltend. In Strömen prasselte der Regen nun auf sie nieder und erst, als der Fahrer etwas barsch zwischen seinem Telefonat anfragte: „Na, was ist nun, junge Lady?“, regte sie sich erneut und entstieg dem gelben Vehikel. Sesshômaru brummte noch etwas Unverständliches, was der Taxifahrer als Aufforderung zu warten enttarnte und verließ zur anderen Seite das Fahrzeug, um sich wenigstens noch zu verabschieden. Sie wartete unter dem Dach des Hotels auf ihn und sah ihm mit ihren großen, rehbraunen Kulleraugen entgegen. Ihr Haar hing ihr von dem kurzen Weg über den Gehsteig bis vor die Glastüren in nassen Strähnen hinab. Ihre Lippen glänzten feucht im Licht der Beleuchtung. Sie sah unwiderstehlich aus. „Danke“, brachte sie unter ihren zittrigen Lippen heraus. Sie fror offenkundig. Er verweilte einen weiteren Augenblick an ihren Lippen. Angezogen von dem verführerisch glänzenden Rot. „Für den schönen Abend“, führte sie aus, als er keine Reaktion zeigte. Da erst eiste er seinen Blick los und nickte. Stumm verharrte er an Ort und Stelle, als sie sich dann schweren Herzens umwandte und durch die Glastüren die beheizte Eingangshalle betrat. Erst vor den Aufzugtüren erkannte sie den fremden Mantel, geistesgegenwärtig, an ihrem Spiegelbild. Rasch, so geschwind, dass ihr kurz schwummrig wurde, drehte sie sich da um und wollte schon zurückeilen, den halben Weg quer durch die Halle, als sie seine hochgewachsene Gestalt zutiefst erschreckte. Automatsich langte sie sich an die Brust, die sich unter ihren heftigen Atemzügen schnell hob und senkte. „Du hast mich zu Tode erschreckt.“ Er lächelte auf seine charismatische Art und Weise, ignorierte ihren Einwand aber geflissentlich, als wenn ihm das entgangen wäre, und merkte stattdessen an: „Du hast da noch was, was mir gehört.“ Sie murmelte eine Entschuldigung, halbherzig und mit wenig Relevanz, während sie sich besagten Mantel von ihren Schultern zog und ihm überreichte. Es war der Moment, in dem er danach griff, als ihr vom Alkohol bekräftigtes Herz ihren Verstand übertönte. Er zückte reichlich verwirrt seine Augenbraue, wie er es früher oft getan hatte, als sie den dunklen Stoff nicht entließ und er somit auf Gegenwehr stieß. Irritiert suchte er ihren Blick. Er ging ihm durch Mark und Bein. Ganz leise, wie das Wispern des Windes, verlangte sie dann sehnsüchtig: „Geh nicht.“ Das helle ‘‘Bingen‘‘ des Aufzuges brach die knisternde Stille zwischen Dämon und Miko. Und noch ehe Kagome sich versah, fühlte sie sich von seinem erhitzten Adoniskörper in besagten Lastenzug gedrängt. Sein heißer Atem prallte gegen ihre Lippen, noch ehe ihr Rücken mit der kalten Fassade des Aufzugs in Berührung kam. Fest drückte er sie dagegen, ehe sie endlich in den Genuss seiner weichen Lippen kam. Verspielt und ungeahnt zärtlich eröffnete er ihre erste leidenschaftliche Begegnung. Sie war überrascht, wie sehnsüchtig sie ihn empfing. Als ob ihre Gefühle sich all die Jahre hinter einem Damm aufgestaut hätten, brach all ihr Begehren auf einmal über sie herein. Erbarmungslos, ohne Chance auf Umkehr. Sie keuchte überrascht auf und gab ihm so die Gelegenheit, um die er sie so zärtlich ersucht hatte. Nie hatte sie erwartet, dass ein Dämon so küsste. So voller Leidenschaft und doch nicht ohne Gefühl und Bedacht. Es war offensichtlich, dass er wusste, was er tat. „Welches Stockwerk?“, brachte er keuchend hervor. „Sieben“, war ihre atemlose Antwort und er drückte die Sieben. So schnell er konnte. Dann wandte er sich wieder ihr zu, verschloss ihre gut durchbluteten Lippen und verwickelte sie erneut in seine feurige Leidenschaft. Noch darunter umfasste er ihre Kniekehlen und lud sie sich mit einem Ruck auf die Hüfte. Sie umschlang besitzergreifend seinen Nacken und schmiegte sich so eng sie konnte an ihn. Viel zu schnell, ging es nach beiden, wiederholte sich das helle Geräusch und kündete von ihrer Ankunft. Sie hatte nicht einmal Zeit gehabt, Luft zu holen. Und so sog sie nun gierig das lebensnotwendige Gas in ihre Lungen, als er ihr die Chance dazu gab. „Zimmer?“, wünschte er heftig atmend zu erfahren. „718, am Ende des linken Korridors.“ Er ließ sie runter. Sie richtete sich notdürftig in den spiegelnden Glasflächen wieder her und ignorierte die Tatsache angestrengt, dass der ganze Aufzug aus Glas und damit durchsichtig war. Was war nur aus den alten, intimen Aufzügen geworden? Seufzte sie gedanklich, ehe sie den Dämon sprichwörtlich am Kragen packte und hinter sich her aus dem Lastenzug zerrte. Er behielt sein dezentes Grinsen auf seinen Zügen bei, folgte aber sittsam. „Das gefällt dir, wie, kleine Miko?“, raunte er ihr dann verführerisch ins Ohr, als sie vor der Zimmertüre in ihrer Handtasche nach der Karte fischte. Dicht stand er hinter ihr, sodass sie seine Muskeln unter seinem schneeweißen Hemd meinte, arbeiten zu spüren. Sein Atem kitzelte die zarte Haut an ihrem Hals. Ihre Nackenhaare standen ihr umgehend zu Berge. Das Kribbeln sammelte sich in ihrer Mitte. Ihr wurde unwahrscheinlich heiß. Sie hatte nicht den blassesten Schimmer, wie er das machte. Sie wusste nur, es verlangte sie nach diesem Dämon, wie schon lange nach nichts mehr in ihrem Leben. „Ex-Miko“, verbesserte sie dann lüstern, ehe sie ihn mit sich in ihr Zimmer zog. Sie fand sich umgehend gegen die Türe gedrängt von seinen heißen Küssen dominiert wieder. Ein Duell. Ein wildes Spiel. Pures Verlangen. Hemmungslos zerrte und riss sie an seinen Klamotten, wie er an ihren. Sie hörte sein Keuchen, spürte seinen Brustkorb unter seinem begehrlichen Knurren vibrieren, dann vernahm sie den Stoff ihres Knierockes ratschend in zwei reißen. Es kümmerte sie nicht. Auch nicht, dass er ihr Höschen nicht minder grob behandelte, ehe er sie sich erneut auf die Hüfte lud. Fest nahmen ihre Beine ihn in ihren schraubstockartigen Griff. Sie ächzte voller Vorfreude auf, als sie seinen Reißverschluss hörte. Immer wilder wurde ihr Spiel. Immer heftiger ihre Atmung. Den leidenschaftlichen Aufschrei, mit dem sie ihn wenig später begrüßte, dämpften seine Lippen. Wie ausgehungert lechzte sie nach seiner Zuwendung. Erbarmungslos forderte sie und trieb ihn damit in den bittersüßen Wahnsinn. Er nahm sie. Hemmungslos. Ungezügelt. Berauschend. Wie sie es verlangte. Und er bekam, wie er verlangte. Und so schaukelten sie sich immer weiter hoch. Es dauerte nicht lange, da schwoll sein unterschwelliges Knurren immer mehr an. Solange bis es sich mit ihrem Stöhnen zu einem einzigen Laut der vollkommenen Leidenschaft verband und beide die so ersehnte Erlösung fanden. Heftig atmend sackte er dann gegen sie, lehnte seine Stirn gegen ihre Brust und entließ ihre Schenkel aus seinem festen Griff. Erst jetzt registrierte sie, dass seine Klauen sich tief in ihre Haut gefressen hatten. Blut war geflossen. Ihr Blut. Sie blinzelte verwirrt und überrascht angesichts solcher Heftigkeit. Keinen einzigen Gedanken wollte sie an Morgen verschwenden. Zu sehr genoss sie das berauschende Gefühlschaos in ihrem Inneren. Sachte streichelte sie über seinen langen Schopf. Erstaunt nahm sie hintergründig zur Kenntnis, wie weich sein Haar doch war. Viel weicher, als das seines Bruders. Viel weicher, als das eines jeden Mannes, den sie bis jetzt gekannt hatte. Und als er den Blick erhob, versank sie in purem Gold. Ein Hauch von Erinnerung. Ein Hauch von Vergangenheit... ~ Zwei Fremde in der Fremde. Gefunden für den Augenblick. Verbunden durch eine Welt, die längst vergangen. Ein Hauch von Erinnerung. Ein Hauch von Vergangenheit. ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)