Unmei no akai ito von Rebi-chan (Der rote Faden des Schicksals) ================================================================================ Kapitel 16: Können wir reden? ----------------------------- Einige Stunden später riss mich mein Wecker erbarmungslos aus dem Schlaf. Ich schlug mit der flachen Hand darauf um das nervige Piepsen verstummen zu lassen, gähnte dann herzhaft und streckte mich. Verglichen zur vorhergegangenen Nacht hatte ich diesmal richtig gut geschlafen. Ich fühlte mich ausgeruht und fit für den Tag. Auch wenn ich mich doch etwas fürchtete, die ganzen Fragen von Ochako beantworten zu müssen. Doch hier im Bett zu bleiben würde auch nichts bringen. Früher oder später musste ich mich ihr stellen, ob ich wollte oder nicht. Also kletterte ich aus dem Bett, öffnete das Fenster und atmete die frische Morgenluft ein. Die Sonne war gerade dabei aufzugehen und zauberte ein wunderschönes Orange an den Himmel. Ich lächelte, verzog mich dann ins Badezimmer und streifte mir anschließend meine Schuluniform über. Nachdem ich meinen Rucksack gepackt hatte, schloss ich das Fenster wieder und ging zu meiner Mutter in die Küche. Sie hatte das Frühstück bereits fertig auf dem Tisch und wartete nur auf mich. „Guten Morgen, Mama“, begrüßte ich sie, gab ihr einen Kuss auf die Wange und setzte mich an den Tisch. Gemeinsam frühstückten wir und unterhielten uns ein wenig. Während ich meine Bentobox einpackte, blickte ich auf die Uhr. Kacchan würde bald auf mich warten. Sollte ich ihn heute vielleicht überraschen und ihn bei sich abholen? Würde ihn das freuen? Ich verabschiedete mich von meiner Mutter und verließ das Haus. Noch während ich darüber nachgrübelte, ob ich einfach an der Kreuzung warten oder ihm doch entgegenlaufen sollte, wurde mir die Entscheidung bereits abgenommen. Kacchan stand schon ungeduldig wartend an der Kreuzung. Ich musste schmunzeln und lief auf ihn zu. „Guten Morgen, Kacchan“, lächelte ich ihn an. „Morgen, Nerd...“, erwiderte er und wich meinem Blick sofort aus. Auf seinen Wangen zeichnete sich ein zarter Rotschimmer ab. Unsicher blickte ich ihn an. Hatte ich etwas falsch gemacht? War es ihm nun doch peinlich mit mir gesehen zu werden? Ich biss mir auf die Unterlippe und senkte den Blick. Ohne etwas zu sagen setzte er sich in Bewegung. Ich folgte ihm und blieb hinter ihm. Ich traute mich irgendwie nicht, neben ihm zu laufen. Unvermittelt blieb er stehen, sodass ich gegen seinen Rücken lief und überrascht einen Schritt nach hinten stolperte. Er drehte sich zu mir um und bedachte mich mit einem verärgerten Blick, sagte aber nichts sondern nahm meine Hand und zog mich neben sich. „Ich dachte, aus der Phase wären wir schon raus...“, murmelte er und seine Wangen verfärbten sich wieder mit einem sanften Rot. Mein Herz setzte einen Schlag aus als ich das hörte und ihn so sah. „Ich war mir nicht sicher...“, gab ich ganz leise zurück, freute mich aber innerlich wie ein kleines Kind über den ersten Schnee im Winter. Kacchan brummte vor sich hin und setzte sich wieder in Bewegung, zog mich mit und war wohl nicht gewillt meine Hand los zu lassen. So kamen wir vor der Schule an. Den ganzen Weg über hatten wir kein Wort gesprochen, sondern uns nur an der Hand gehalten. Und wenn ich ehrlich war, so brauchte es auch keine Worte. Allein schon das bisschen Körperkontakt reichte aus um mir ein Lächeln auf mein Gesicht zu meißeln. Und auch Kacchans Gesichtsausdruck hatte sich verändert. Er sah entspannter aus als sonst. Am Schultor löste er allerdings den Kontakt. Ich fand es etwas schade, doch konnte es auch verstehen. Ich hatte genauso wenig Lust blöde Kommentare oder neugierige Blicke zu bekommen wie er. Nebeneinander gingen wir zu den Schuhfächern, wechselten dort unsere Schuhe und gingen gemeinsam zu unserem Klassenzimmer. Dort waren wir nicht die ersten. Ten'ya war wie immer da. Ob er überhaupt ein Zuhause hatte oder sich doch schon ein Zimmer hier in der Schule eingerichtet hatte? Ich gluckste bei dem Gedanken belustigt, begrüßte ihn und brachte meinen Rucksack an meinen Tisch. Nach und nach trudelten die anderen aus unserer Klasse ein. Und wie nicht anders zu vermuten war, winkte mich Ochako direkt zu sich und zog mich aus dem Zimmer in eine stille Ecke. „Erzähl!“, verlangte sie mit einem Glitzern in den Augen und roten Wangen. Ich schluckte. „Da gibt es nichts zu erzählen. Wir haben uns nur einen Film anschaut... Und waren danach noch essen...“, murmelte ich verlegen. Sie quietschte auf, als sie das hörte und hüpfte vor mir auf und ab. „Also war es ein Date! Ich hatte recht! Es war ein Date~“, trällerte sie vergnügt. „Sch!!!“, zischte ich. Sie war etwas zu laut geworden und zwei vorbeilaufende Mädchen warfen uns kichernd Blicke zu. Ich spürte die Hitze in meinen Wangen und wusste nicht, was ich darauf weiter erwidern sollte. Glücklicherweise rettete mich die Schulglocke, die den nahenden Unterrichtsbeginn ankündigte. „Du musst mir später alles ganz genau erzählen!“, verlangte Ochako und zog mich wieder zurück in unser Klassenzimmer. Ich ging wortlos zurück an meinen Tisch und sah in der Spiegelung im Fenster mein extrem rotes Gesicht. Kacchan musterte mich, lehnte sich ein Stück zurück, als ich mich gesetzt hatte. „Alles okay, Nerd?“, fragte er leise, sodass nur ich es verstehen konnte. Ich nickte leicht. „Uraraka-san ist zu neugierig...“, antwortete ich genauso leise und versuchte mich zu beruhigen. Kacchan warf einen verärgerten Blick auf die andere Seite des Zimmers, wo Ochako saß und uns wissende Blicke zuwarf. Aizawa-Sensei unterbrach unser stilles Blickgefecht und begann mit dem Unterricht. Er gab uns einige Aufgaben, die wir still bearbeiten sollten und setzte sich dann in eine Ecke des Zimmers. Bestimmt würde er gleich einschlafen, so müde wie er auch heute wieder aussah. Das passierte ihm ständig im Unterricht, aber keiner von uns Schülern beschwerte sich darüber. Während ich meine Aufgaben löste, kullerte plötzlich eine kleine Papierkugel über mein Heft. Ich legte die Hand darüber, bevor sie auf den Boden rollen konnte und blickte mich um. Shôto lächelte mich an und nickte. Neugierig entfaltete ich das Stück Papier. Es war tatsächlich von Shôto. Können wir später reden? S.T. Ich sah wieder zu ihm und nickte. Erleichtert seufzte er still auf und widmete sich dann wieder seinen eigenen Aufgaben. Etwas beschäftigte ihn. Und es war nicht die Schule. Hatte es vielleicht mit seinem Vater zu tun? Oder mit mir? .~*~. Für den Rest der Stunde schaffte ich es nicht mehr mich zu konzentrieren. Ich grübelte vor mich hin und jedes Mal, wenn ich leise anfing vor mich hin zu murmeln, holte Kacchan mich wieder in die Wirklichkeit zurück, in dem er ganz leicht mit seinem Stuhl an meinen Tisch stieß. Keiner der anderen schien das alles mit zu bekommen. Als Aizawa-Sensei vom Läuten der Schulglocke geweckt wurde und die Stunde für beendet erklärte, beugte ich mich zu Kacchan vor und flüsterte ihm ein 'Danke' zu. Ich konnte sehen, wie seine Ohren ein wenig roter wurden. Er brummte nur als Antwort und ließ sich dann von Eijirô und Denki in ein Gespräch verwickeln. Ich hingegen stand auf, streckte mich und ging zu Shôto. Dieser blickte mich an, stand ebenfalls auf und gemeinsam verließen wir das Zimmer. Viel Zeit hatten wir nicht, bevor die nächste Stunde begann. Aber trotzdem schien es, als würde Shôto nicht zur Ruhe kommen, ehe er nicht mit mir geredet hatte. Wir verzogen uns auf das Schuldach. Dort waren wir alleine. „Worüber wolltest du mit mir reden?“, fragte ich Shôto, nachdem die Tür hinter uns zugefallen war. Er blickte mich an, nahm dann meine rechte Hand und tippte mit einem Finger auf mein Muttermal. „Darüber...“ Ich sah auf seine Hände, die meine Hand hielten und sich so schön kühl und weich auf meiner Haut anfühlten. Ganz anders als Kacchans Hände. Seine waren stark und eher rau, aber ungemein wärmer als Shôtos. „Ah... Mach dir keine Gedanken darüber...“, wehrte ich ab und spürte die Wärme in mein Gesicht kriechen. „Das ist nur eine alte Geschichte. Niemand weiß, ob überhaupt etwas daran wahr ist...“ Mein Herz zog sich zusammen, als ich das sagte. Warum sagte ich so etwas, obwohl ich doch fest vom Wahrheitsgehalt überzeugt war? Ich wich seinem Blick aus, entzog ihm meine Hand und lehnte mich mit dem Rücken an die Wand neben der Tür. „Du glaubst doch daran, oder?“, wollte Shôto plötzlich wissen. Für einen Moment schloss ich die Augen, nickte und sah ihn dann wieder an. Ein zartes Lächeln lag auf seinen Lippen. „Aber du kannst dir nicht vorstellen, mich als Partner zu haben...“ Tbc... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)