Schatten über Kemet von Moonprincess ================================================================================ 54. Kapitel ----------- Das Hämmern ließ nicht nach, gleich wie fest Otogi beide Hände auf seine Schläfen und seine Lider aufeinander preßte. Er stöhnte.   „Das vergeht wieder“, dröhnte Mariks Stimme neben ihm.   Otogi wimmerte als Antwort. Etwas drückte sich gegen seine Lippen.   „Trink das, dann wird es besser.“   So recht wollte er das nicht glauben, aber der Versuch war besser als gar nichts zu tun. Also nahm Otogi den Becher und goß sich unter Würgen dessen bitteren Inhalt in den Rachen. Es schüttelte ihn. Scheußlich! Doch nach einer guten Minute hatte Otogi nicht mehr das Gefühl, ihm würde der Schädel platzen. „Danke“, murmelte er und atmete tief ein und aus, bevor er sich auf seine neue Umgebung konzentrierte. Was er sah, ermutigte ihn nicht gerade: Wände und Decke waren aus Stein, auf dem sanft leuchtendes Moos wuchs. Von irgendwoher kam eine leichte Brise und fuhr Otogi um die Beine. „Eine Scheiß-Höhle?“ erkundigte er sich bitter.   „Helden wohnen selten komfortabel“, war die Antwort. Marik warf dann Otogi ein Fell zu, das unangenehm herb roch. „Wir müssen unsere Strategie überdenken, wenn wir den abscheulichen Hexer zur Strecke bringen wollen.“   „Strategie?“ Otogi hüllte sich naserümpfend in das Fell. „Das war ein Glücksspiel. Außerdem hat er doch das Gift getrunken und…“ Eine abrupte Geste Marik brachte ihn zum schweigen.   „Narr! Sie werden sicher alles tun, um ihn zu retten. Denke daran, sie sind nicht mehr Herr ihrer Sinne.“   „Dann war das alles sowieso sinnlos! Sie hätten ihn auch dann gerettet, wäre nichts schiefgegangen.“ Otogi mahlte mit den Zähnen. „Oder was hat mein Auffliegen mit dem Blutspucken zu tun?“   „Sie hätten es jedenfalls nicht so schnell mit Gift in Verbindung gebracht. Aber das ist jetzt müßig. Wir müssen uns vor diesen magischen Artefakten in acht nehmen, die sie mit sich tragen. Diese Millenniumsgegenstände sind gefährlich, wenn sie unseren Feinden unsere Vorhaben verraten.“   „Und was schlägst du vor? Sollen wir sie stehlen und sie in einem uralten, gefährlichen Ritual irgendwo in der von den Göttern verlassenen Wüste einschmelzen?“   „Zu umständlich. Nein, wenn der Palast unter der Kontrolle der Diener der Isfet steht, bleibt uns nur eine Möglichkeit.“ Marik lächelte. Otogi glaubte, eine gespaltene Zunge zwischen den Zähnen hervorschießen zu sehen.   „Die da wäre?“   „Wir zerstören den Palast.“   Otogi starrte Marik an, den Mund offen. „U-und der Pharao?“   „Die Götter werden ihn beschützen, genauso wie uns. Wenn der Staub sich legt, wird Ra seinen Sohn und seine Diener reich belohnen mit seinem göttlichen Licht.“   „Ich weiß nicht…“ Otogi zuckte zusammen, als Marik hinter ihn glitt. Dessen Hände strichen durch sein Haar.   „Es geht um das Schicksal Kemets. Darum, ob die Menschen errettet werden oder in ewiger Finsternis versinken. Auch dem Pharao wird es nicht anders ergehen.“   „Der Pharao…“ Otogi schloß die Augen und dachte an Nächte, die sie gemeinsam im Harem verbracht hatten. An die warme, schlanke Hand seines Herrn, die durch sein Haar strich. An die Nervosität, als Otogi zum ersten Mal in diese Augen gesehen hatte, an das Lächeln, die Fragen nach seinem Wohlergehen, die seine Scheu aufgelöst hatten. Dann hatte es plötzlich aufgehört. Plötzlich hatte der Pharao nicht mehr nach ihm gerufen, auch nicht nach den anderen Knaben. Plötzlich hatten die Augen des Pharaos sich verändert. Otogi zitterte. Er würde den Schmerz aus diesen Augen tilgen, alles Leid. Doch dazu mußte er den Hexer vernichten. „W-was soll ich tun?“   Warme Fingerspitzen strichen über Otogis Wangen. „Du mußt nur die Macht annehmen, die ich dir biete“, zischte es in Otogis Ohr.   „Ich nehme sie an.“   „Gut!“   Die Zufriedenheit in diesem einen Wort jagte Otogi einen eisigen Schauder über den Rücken. Als er die Augen wieder aufschlug, starrte er auf eine schwarze, wabernde Masse, in der zwei glühende Kohlen aufglühten. Er öffnete den Mund zum Schrei, da zwängte sich das Schwarze hinein und Otogi fiel würgend nach hinten. Das letzte was er sah, war das rote Glimmen in Mariks Augen über ihm. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)