Schatten über Kemet von Moonprincess ================================================================================ 45. Kapitel ----------- Plötzlich war da ein Licht gewesen und dieses Licht, geboren aus der Unendlichkeit des Universums, hatte ihn aus dem Irrgarten befreit, durch den er wochenlang gewandert war, ohne je ein anderes Wesen außer Kuriboh zu sehen oder auch nur zu verstehen, was mit ihm geschehen war. Doch nun saß Atem in seinem Schlafgemach, auf seinem Bett und über seinen Beinen lag ein glücklich lächelnder Yugi. Ein Yugi, in dessen Händen ein Schmuckstück aus Gold und Amethyst ruhte.   Atem blinzelte einmal, zweimal, dann ließ das Gefühl der Irrealität langsam nach. Er war wach, das hier war die Wirklichkeit. Und Yugi… Yugi brauchte Hilfe! Atem schob diesen sanft auf die Matratze, dann stürzte er fast aus dem Bett. Wo war Mahaad? Mana? Irgendein Heiler? Atem hustete und schluckte mehrfach, bis seine Kehle sich nicht mehr anfühlte wie die Wüste. Er taumelte zur Tür, öffnete diese… und starrte auf eine Dienerin, die bei seinem Anblick zu juchzen begann.   „Der Pharao ist erwacht! Jetzt wird alles gut!“   Atem nickte, sammelte seine Kräfte. „Holt Meister Mahaad. Holt die Heiler!“   Die Frau nickte und eilte davon, während sie ihren Kollegen die gute Nachricht zurief. Atem war schon bald von seinen Dienern umringt, die ihm glücklicherweise zurück zum Bett halfen und ihm Wasser und Bier brachten. Atem trank und trank, bis sein Bauch sich anfühlte wie ein Wasserballon. Hunger hatte Atem auch, aber er wußte, wenn er jetzt zuviel aß, würde das sein Körper nicht verkraften, also zügelte er sich. Und da war auch Yugi, der zuerst untersucht werden sollte. Atem ging es gut, die Zauber hatten ihn genährt, auch wenn sie seinen Körper unbefriedigt zurückgelassen hatten.   Da flog endlich die Tür auf und die Dienerin von vorhin kam hereingeflattert wie ein nervöses Huhn. Ihr folgte nicht nur Mahaad, sondern auch Atems älteste Schwester, nebst zwei Heilern. Diese wollten sich sofort zu Atem begeben, doch der machte eine abwehrende Geste. „Seht euch Yugi an“, befahl er. Die Heiler sahen überrascht aus, aber machten sich widerspruchslos an die Arbeit.   Mai setzte sich zu Atem, zog ihn in die Arme. Sie zitterte am ganzen Leib, doch ihre Tränen entsprangen nicht Schmerz und Sorge, sondern Erleichterung. Atem lehnte sich an sie und ließ es zu, daß sie ihm das Haar durchwuschelte wie damals als er noch ein kleines Kind gewesen war.   Mahaad blickte Atem an, dann schüttelte er lächelnd den Kopf und beugte sich über Yugi. Sanft löste er dessen Finger von der Krone und hob diese hoch, um sie zu betrachten. Dann strich er mit einer Hand über Yugis Stirn. „Ich spüre große geistige Erschöpfung.“   „Wird er wieder gesund?“ war sofort Atems Frage.   Einer der Heiler wandte sich ihm lächelnd zu. „Großer Horus, der Herr Yugi wird bald wieder die Augen öffnen. Er schläft lediglich.“   „Seine Erschöpfung ist mit der eines Magiers nach einem komplizierten Spruch zu vergleichen“, beruhigte Mahaad Atem weiter. „Yugi ist nicht in Gefahr.“   „Komplizierter Spruch?“ Atem blickte die Krone an. Sie trug die Hörner und die Sonnenscheibe, Hathors Zeichen. „Ist das… Ich dachte, sie sei nur eine alte Legende!“   „Beinahe fürchtete ich, sie sei genau das“, erwiderte Mahaad.   Mai blickte auf, strich sich mit der Hand die Tränen aus dem Gesicht. Sie erstarrte, als sie die Krone sah. „Woher… Woher hat er sie? Wo hat Yugi sie gefunden?“   Mahaad legte das Artefakt vorsichtig zwischen Yugi und Atem auf das Bett. „Das wird er uns erst beantworten können, wenn er aufgewacht ist. Auch wie er ihre Macht wecken konnte.“   „Ich spüre kaum etwas von ihr.“ Atem fuhr mit einem Finger ehrfurchtsvoll die Hieroglyphen nach. „Wie kann so etwas Mächtiges so…“ Er suchte nach dem richtigen Wort.   „Unauffällig sein?“ half Mahaad, während er eine leichte Decke über Yugi ausbreitete. „Das ist nicht ungewöhnlich. Viele Artefakte sind nicht so einfach aufzuspüren. Ich sagte euch doch vor eurer Abreise, Mai, daß Magie nicht immer offensichtlich ist.“   „Aber Yugi ist es gelungen, daß Unoffensichtliche aufzuspüren“, murmelte Mai. Sie schüttelte den Kopf.   „Warte mal? Abreise? Ihr wart fort? Und… wie lange habe ich hier gelegen?“   „Gut zwei Monate“, antwortete Mai und als Atem große Augen bekam, umarmte sie ihn einfach. Sobald sie ihn losließ, schloß Mahaad Atem in seine Arme. Fest, unnachgiebig und doch spürte Atem dasselbe Zittern im Körper seines Freundes, das er auch bei Mai wahrgenommen hatte.   Atem drückte beide so fest er konnte, als Zeichen, daß es ihm gut ging. Oder zumindest besser. Gut würde es ihm wohl erst gehen, wenn Yugi unbeschadet die Augen aufschlug. Da öffnete sich die Tür. Atem konnte direkt sehen, wie sich die Erleichterung auf Onkel Aknadins Gesicht abzeichnete.   „Die Götter seien gepriesen!“ Onkel Aknadin eilte zu Atem und der wurde erneut umarmt.   „Die Götter… und Yugi“, stellte Atem klar, nachdem er losgelassen worden war.   In Kürze schilderte dann Mahaad Atems Onkel das Geschehen. Der strich sich mehrfach über den Bart. „Also hat Yugi die Krone gefunden… Aber wo? Vorhin hatte er sie auch nicht und war völlig verzweifelt, daß du noch nicht erwacht warst, mein lieber Neffe.“   Sanft strich Atem über Yugis Stirn. „Fragen wir ihn später. Aber zuerst will ich wissen, was passiert ist, seit… mich diese Schwärze befiel.“   Mahaad, Mai und Onkel Aknadin erzählten dann. Nicht immer war alles sofort klar, da sie sich gegenseitig unterbrachen und natürlich jeder zu vielem eine eigene Meinung hatte. Atem hakte nach, wenn es sein mußte, bis er sich ein ungefähres Bild der letzten Wochen machen konnte. Von geheimen Missionen bis zu Problemen bei der Saatgutverteilung.   Dann kam Tausret hereingestürzt, Mana dicht auf ihren Fersen und Atem wurde erneut umarmt, gedrückt und mit glücklichen Worten überhäuft. Atem drückte beide Frauen eng an sich und versicherte ihnen, daß er hier war, daß es ihm gut ging und daß er ihnen noch erhalten bleiben würde. Der Gedanke, wie alle sich wegen ihm gesorgt haben mußten, gequält, war wie eine eiskalte Klaue in seinem Herzen, doch der Gedanke, daß es vorbei war, überstanden, spendete die Wärme, um sie zu schmelzen.   Über Vormittag und Nachmittag verteilt besuchten alle auserwählten Priester, Siamun und natürlich auch Yugis Mutter Atem. Zu Atems besonderer Freude durften auch seine Töchter zu ihm, die ihn herzten und küßten und versprachen, immer brav zu sein, damit es ihm gut ging.   Auch wenn Atem sich danach müde fühlte, das Lächeln in seinem Gesicht und seinem Herzen blieb. Er aß eine Kleinigkeit, trank noch mehr, wusch sich und gewann langsam die Kontrolle über seine Glieder zurück.   Zu sehen, wie Yugi sich neben ihm zusammenrollte, im Schlaf schmatzte und die Kissen in Unordnung brachte, machte es noch einfacher. Yugi schlief wirklich nur und als der am späten Nachmittag endlich die Augen aufschlug, ließ Atem sofort von seiner Milch mit eingebrocktem Brot ab und umarmte Yugi. Der starrte ihn an, dann warf er beide Arme um Atem.   Atem lachte, küßte Yugis Gesicht und strich über dessen zierlichen Rücken. Yugi inzwischen versuchte lachend und weinend gleichzeitig die Erlebnisse von zwei Monaten in zwei Minuten zu erzählen.   Am Ende dauerte es sicher eine Stunde, bis Yugi alles erzählt hatte, wirklich alles. Von der Min-Statue über angetäuschten Tarnungssex mit Mana bis zu der Reinigung des Drachens und dessen Geschenk, das am Ende Atem aus der Dunkelheit befreit hatte.   Atem wollte Yugi jedes Mal küssen, wenn der von Angriffen berichtete oder von seinen Taten. „Du bist großartig.“   „Nein, aber unsere Gruppe war es. Ist es.“ Yugi strahlte. „Du hättest Mana sehen sollen! Sie hat uns alle gerettet. Ganz besonders aber dich.“   “Ihr habt das beide fantastisch gemacht. Ich werde mich noch bei allen bedanken, sobald ich mehr tun kann als hier zu sitzen und meinen Bauch zu füllen.“   Yugi hauchte Atem einen Kuß auf die Nasenspitze. Tränen liefen über seine Wangen. „Ich bin so glücklich! So unsagbar glücklich. Ich liebe dich, Atem.“   „Ich liebe dich, Yugi, mein Stern“, erwiderte Atem sanft. Yugi schloß die Augen und strich durch Atems Haar, seine Stirn an Atems gelehnt. Atem streichelte über Yugis Rücken, genoß die Wärme von bloßer Haut unter seinen Fingern.   „Atem?“   „Hm?“   „Können wir die anderen Kreaturen finden und auch reinigen?“   Atem lächelte. Ja, das war Yugi. „Gib mir ein paar Minuten, dann können wir losreiten.“   „Spinner.“   Atem schmunzelte. Er konnte die Liebe hinter diesem einen Wort spüren, ein überwältigendes Gefühl. „Mit dir will ich noch viel spinnen. Viele zauberhafte Momente.“   „Das hört sich sehr gut an, denn, Atem, eines solltest du wissen: Diesen Spinner“, Yugi deutete auf sich selbst, „wirst du niemals wieder los.“   „Perfekt.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)