Schatten über Kemet von Moonprincess ================================================================================ 14. Kapitel ----------- Mana, Yugi und die Mädchen drängten sich am Ende der Höhle. Der Gestank von verbranntem Holz und toten Leibern machte die Luft schwer zu atmen. Über Manas Gesicht lief ein dünnes Rinnsal Blut. Yugi streckte sein linkes Bein von sich. Wo nebelartige Krallen Haut und Fleisch fortgerissen hatten, schimmerte das Weiß des Knochens. Yugi verbiß sich mühevoll ein Wimmern. Die Mädchen, eingekeilt zwischen dem Fels, Yugi und Mana, weinten.   Die Schwärze waberte am Eingang der Höhle, das seltsame Mädchen mit den blonden Haaren und der merkwürdigen Kleidung hielt sie noch zurück. Aber der Schatten wartete. Er hatte Geduld, er hatte Zeit… und als Mana zusammenbrach, ihre Augen erlöschend wie das blonde Mädchen, schoßen seine Nebelklauen in die Höhle und gruben sich in weiches Fleisch. Unmenschliche Schreie erfüllten die Höhle, Blut spritzte an ockerfarbene Wände.   Und Atem konnte nicht mehr tun als zuzusehen, sein ganzer Körper erstarrt.   ***   Yugi schob sein letztes Stück Brot auf dem Teller hin und her. Die frische Luft des Morgens brannte in seiner Nase und seinen Lungen. Großvater trank gerade Milch und schwieg. Er hatte fast den ganzen Morgen geschwiegen und Yugi wurde daraus nicht schlau. Natürlich konnte es einen bestimmten Grund geben, einen, der sehr gemein und sehr seltsam war, aber Yugi wußte nicht, wie er diese Misere ansprechen sollte.   Er seufzte schwer und griff nach seinem eigenen Becher. Sein Großvater nahm sich ein paar Feigen und mümmelte an ihnen. Yugi blies eine Haarsträhne aus seinem Gesicht. Großvater wischte sich die Hände ab. Yugi verscheuchte mit einer Handbewegung eine lästig summende Fliege. Sein Großvater nahm sich in aller Seelenruhe noch etwas Brei.   „Ich halt das nicht mehr aus!“ Yugi sprang auf und brachte den kleinen Tisch bedrohlich zum wackeln. Schnell hielt er diesen mit beiden Händen fest und spürte schon die aufmerksamen Augen seines Großvaters auf sich.   „Was hältst du nicht mehr aus, daß du fast unser Frühstück auf dem Boden verteilst?“ Großvater lachte leise.   Yugi ließ sich wieder auf die Bank fallen. „Daß du so schweigsam bist, Großvater.“   „Ich bin schweigsam? Du bist seit zwei Tagen so ruhig und ständig abwesend. Als ich gestern wissen wollte, ob du einen guten Tag hattest, hast du nur gelächelt und weiter allein Senet gespielt.“   Yugi hatte den Anstand zu erröten. „Das… hab ich gar nicht gemerkt. Verzeih bitte!“   Großvater winkte ab. „In deinem Alter hatte ich den Kopf auch häufig in den Wolken. Wir reden einfach jetzt.“   „Ich… hatte einen schönen Tag. Bis auf…“   „Rebekka“, unterbrach sein Großvater ihn unbeeindruckt.   „Du hast davon gehört?“   „Oh ja und das aus höchstem Munde. Der Pharao selbst hat mir ihren vorläufigen Ausschluß vom Hof mitgeteilt. Er hat keinerlei Hehl daraus gemacht, daß Rebekkas Verhalten ihm mißfällt. Sie ist leider noch immer so unreif wie vor einem Jahr. Ich hatte gehofft, sie hätte sich in der Zwischenzeit weiterentwickelt.“   Yugi hatte überrascht zugehört. Atem hatte mit Yugis Großvater über diese Sache gesprochen? „Sie hat Mana furchtbar beleidigt… und sie hat sich wie eine Klette an mich gehängt. Ich will sie nicht heiraten, nicht jetzt und auch nicht später.“   „Dann wirst du sie nicht heiraten.“ Großvater seufzte.   „Bist du mir jetzt böse? Oder traurig?“   „Nein, Yugi. Ich sagte, du entscheidest und daran halte ich mich. Arturius wird deinen Wunsch genauso respektieren. Eine Ehe ist eine schwierige Angelegenheit, sie erfordert konstante Arbeit. Deshalb solltest du sie nur mit jemandem eingehen, der auf Augenhöhe mit dir ist. Rebekka ist es ganz offensichtlich nicht, wenn sie die arme Mana aus Eifersucht so angreift.“   „Eifersucht?“ Yugi schüttelte ungläubig den Kopf.   „Oh ja! Und ein großes Potential, sich Dinge vorzumachen. Oder dachte sie nicht, daß ihr beide schon verlobt seid?“   „Oh doch…“ Yugi seufzte und stützte seinen Kopf auf eine Hand. „Kein Mädchen war je so hinter mir her. Fast wäre es schmeichelhaft, wenn es nicht so unheimlich wäre.“   Großvater rieb über Yugis Rücken. „Du wirst ein Mädchen finden, das zu dir paßt.“ Seine Augen wirkten müde, ungläubig.   „Du siehst nicht aus als würdest du dem zustimmen, Großvater“, deutete Yugi darauf hin.   Sein Großvater lachte müde, dann seufzte er. „Der Pharao hat großes Interesse an dir und du scheinst ihm auch zugetan zu sein.“   Yugi blickte zur Seite, seine Wangen wurden heiß. „Ich verstehe nicht, worauf du hinaus willst“, erwiderte er. In Wahrheit hatte er eine recht gute Vorstellung, was sein Großvater meinte.   „Das glaube ich dir nicht“, gab der auch prompt zurück. „Aber wenn es dir hilft: Ich bin nicht blind. Unser junger Pharao hat ein Auge auf dich geworfen und so verträumt wie du dich die letzten Tage verhältst, beruht das wohl auf Gegenseitigkeit.“   Yugi befeuchtete seine plötzlich trockenen Lippen. „Und wenn dem so wäre?“ erkundigte er sich vorsichtig.   Sein Großvater blickte ihn durchdringend an. „Dann würde der Pharao dich früher oder später in seinen Harem bitten.“   Yugi mußte lachen. „Ich bin doch kein Mädchen!“   „Das hat damit gar nichts zu tun. Im Harem leben genauso Jünglinge, die dem Pharao zu Diensten sind, wenn er es wünscht.“   „Das wußte ich nicht.“ Yugi starrte auf sein krümeliges Brot. „Willst du damit sagen, daß ich nur einer von vielen bin?“   „So sieht es aus, ja. Falls es dich beruhigt, der Pharao sieht mehr in dir als einen hübschen Körper. Soviel ist gewiß. Aber er kann nie seine Zeit nur einer Person widmen, gleich wie sehr er für sie fühlen mag.“   Yugi biß sich auf die Unterlippe. Seine Augen verengten sich. „Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Sagst du mir, ich soll mir Atem aus dem Kopf schlagen?“   „Ich habe dir nur die Tatsachen genannt. Welchen Schluß du daraus ziehst, das mußt du selber wissen. Du bist erwachsen. Ich kann dir Bräute vorstellen, ja, aber entscheiden, das mußt du. Ich muß mit ihr nicht leben… und auch nicht mit dem Pharao.“ Großvater nahm Yugis Schultern und drehte seinen Enkel so, daß er ihm in die Augen sehen konnte. „Aus dem Harem gibt es kaum einen Ausweg. Wenn der Pharao dir zu viel Aufmerksamkeit widmet, werden die anderen dort dich leiden lassen. Wenn er dich meidet, wirst du aber ebenfalls leiden. Du wirst dich eines Tages entscheiden müssen. Ich kann dir nur raten, es jetzt zu beenden. Noch kannst du dich vor zu großem Schmerz schützen, aber je mehr du für ihn fühlst…“   Yugi stand auf. „Ich kann nicht sagen, was ich wirklich fühle! Bitte, Großvater… Das ist das einzige, was ich seit langer Zeit nicht in Frage gestellt habe. Und jetzt zwingst du mich dazu? Das ist grausam! Wir kennen uns noch viel zu wenig, um über solche Dinge zu grübeln.“   Yugis Großvater schloß die Augen und senkte den Kopf. „Ich habe nur an dich gedacht, Yugi. Du wolltest immer Töpfer sein, du hast immer gesagt, du willst ein nettes Mädchen heiraten und viele Kinder haben. Wenn du dein Herz nun einem König öffnest, dann mußt du wissen, daß diese Träume nicht wahr werden können.“   Yugi schüttelte heftig den Kopf, dann drehte er sich um und ging davon. Der schöne, warme Traum war vorüber und Yugi saß in seinem kalten, klammen Bett, allein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)