Schatten über Kemet von Moonprincess ================================================================================ 3. Kapitel ---------- Der Name “Hunderttoriges Waset” war keine Übertreibung, wie Yugi während der letzten halben Stunde gelernt hatte. Es gab hier mehr Tore als in seinem Heimatdorf Gänse und das wollte etwas heißen! Yugi hatte mit Staunen die großen Gebilde wahrgenommen, die sich in alle Himmelsrichtungen zu erstrecken schienen. Tore, Tempel, riesige Statuen, die die Götter und früheren Könige zeigten und hunderte kleiner Häuser und Hütten, die sich zwischen ihren großen Geschwistern drängten. Alles strahlte weiß unter den Strahlen Ras und überall zierten bunte Bilder Wände und Säulen und erzählten von den Göttern oder berichteten über die Unternehmungen der Pharaonen.   Auf dem Markt hatte es von Menschen nur so gewimmelt und zwischen aus Papyrus gebauten Buden lagen Teppiche auf dem Boden, alles voll mit Waren. Lebende und tote Tiere, Schmuck, Brot, Töpferwaren, Götterfigürchen, Amulette, Talismane, Bier, Wein und unzählige Öle. So sehr Yugi auch den Kopf drehte und wandte und so weit er seine Augen auch offen hielt, es war doch nur ein Bruchteil dessen, was es zu sehen gab. Und gleichzeitig griffen die starken Gerüche und der Lärm seine Sinne an wie Keulen.   Die Städte in der Nähe von Yugis Heimatdorf waren nicht mit Waset zu vergleichen; klein und unbedeutend im prachtvollen Glanz ihrer großen Schwester mußten sie mit den Schatten vorlieb nehmen. ”Ich kann nicht glauben, daß du mich wirklich gehen läßt.” Das hatte Yugi noch am Morgen der Abreise zu seiner Mutter gesagt und sie hatte müde gelächelt.   “Jemand muß sich um deinen Großvater kümmern, nicht wahr? Es macht mich nicht glücklich, dich gehen zu lassen, aber nun bist du der Mann im Hause und ich will, daß du das Leben eines Mannes führst. Du bist und bleibst mein einziges Kind, gerade deshalb will ich nicht, daß du dich grämen mußt, weil du meinst, etwas im Leben verpaßt zu haben. Waset ist Tag und Nacht voller Leben und jeder junge Mensch will sich daran berauschen. Du mußt wohl auch erst einen ordentlichen Kater haben, bis du siehst, daß es dort keine Zukunft gibt, nur den flüchtigen Moment. Nicht jeder wird dir gewogen sein, das solltest du nie vergessen. Für die Menschen dort bist du gleichzeitig der Enkel des Wesirs und ein einfacher Töpfer.”   Yugis Mutter hatte nach dieser Antwort noch müder gewirkt und Yugi war es schwergefallen, sie so zurückzulassen. Doch er wußte selbst, daß er nicht ewig in Waset bleiben würde. Er wollte seine Mutter nicht im Stich lassen und sie sollte sehen, daß er sich nicht zu Dummheiten verführen ließ.   Yugis Großvater hatte die meiste Zeit, seit sie in der Stadt waren, geschwiegen und nur gelächelt. Nun aber deutete er auf das größte Gebäude, das Yugi je gesehen hatte. Mauern verliefen um es und bunte Flaggen flatterten vor diesen im Wind.   “Das ist der Palast von Waset. Dort wohne ich.”   “Und der Pharao auch”, murmelte Yugi, dessen Augen noch größer wurden, je näher sie dem Palast kamen.   “Ja, auch unser Pharao. Und für die nächste Zeit auch du, mein lieber Enkelsohn.”   “Es sieht unglaublich aus”, wisperte Yugi und beobachtete, wie Ras abendliche Strahlen den Palast in leuchtendes Gold tauchten. Ein Haus, das dem Sohn der Götter auf Erden nur angemessen war.   Ein großes Tor öffnete sich vor ihnen und zwei Soldaten näherten sich der großen, von acht kräftigen Männern getragenen Sänfte. Yugis Großvater schob den Stoff zur Seite, der vor Staub und Sonne schützte und nickte den Soldaten zu. “Ich bin es. Der junge Mann hier”, Siamun deutete auf Yugi, “ist mein Enkelsohn Yugi.”   “Werter Herr Wesir, willkommen zurück”, grüßten die Soldaten und traten zur Seite, damit die Reisegruppe in den großen Hof gelangen konnte. Siamuns Leibwächter auf ihren Hengsten flankierten die Sänfte, bis diese abgesetzt wurde. Dann sprangen die beiden Leibwächter, Jono und Honda hießen sie, wie Yugi sich erinnerte, von ihren Pferden und nahmen neben dem Ausstieg Aufstellung. Yugi half dann seinem Großvater aus der Sänfte. Dieser ächzte und rieb sich den Rücken, als er endlich wieder stand.   “Ich werde langsam zu alt für Reisen”, seufzte er, dann wandte er sich einigen Dienern zu, die zu ihnen geeilt waren. “Bringt das Gepäck in mein Haus und richtet ein Schlafzimmer für meinen Enkel her.”   Besagter Enkel konnte die neugierigen Blicke auf der Haut fühlen und ein leises Summen wie von aufgeregten Bienen schien von den Dienern auszugehen, während sie den Befehlen des Wesirs Folge leisteten. Yugi lächelte einfach. Hier war es wohl auch nicht anders, alles Neue mußte erst einmal betrachtet, besprochen und eingeordnet werden.   “Komm, Yugi!” rief sein Großvater und ging langsam auf den Palast zu. Yugi beeilte sich, ihm zu folgen. Doch anstatt direkt in den Palast führte ihr Weg sie ein Stück um diesen herum, vorbei an Bäumen schwer mit Früchten und duftenden Blumen. Vorbei an geschäftigen Frauen und Männern mit schweren Körben und Kannen auf den Köpfen. Auch vorbei an einem offenen Raum, aus dem der Duft nach gebratenem Fleisch und süßen Kuchen in Yugis Nase drang, worauf Yugis Magen mit einem gierigen Knurren reagierte. Als Yugi sich danach erneut umblickte, fand er sich inmitten eines riesigen Gartens, der von den Mauern des eigentlichen Palastes umgeben war. Je tiefer sie in den Garten gingen, desto mehr entfernten sie sich von dem Lärm und dem geschäftigen Treiben der Dienerschaft. Schließlich erreichten sie ihr Ziel: Ein kleines Haus inmitten von hochgewachsenen Büschen. Durch ein kleines Tor traten sie wenig später in einen angenehm kühlen Raum. “Das hier, Yugi, ist mein Haus.”   Yugi schüttelte überrascht den Kopf. “Es gibt hier Häuser? Ich dachte, der Palast ist ein riesiges Gebäude.”   “Das ist er, wie du gerade sehen konntest. Aber hier gibt es auch kleine Häuser für die engsten Vertrauten und Berater des Pharaos, ebenso für besonders wichtige Gäste. Der Pharao selbst lebt mit seinen Gemahlinnen und Kindern natürlich im Palast, ebenso ein Großteil der Dienerschaft, der Schreiber und Beamten.” Siamun legte seine Kopfbedeckung aufatmend auf ein Tischchen mit kunstvoll geschnitzten Beinen.   Auch hier waren die Wände mit Bildern in kräftigen Farben geschmückt. Säulen, geformt wie Papyrusstauden, trugen die Decke. Ein großer Tisch nahm den Großteil des Raumes ein, übersät mit Schriftrollen und Tontafeln. An die Wand dahinter war eine große Karte Kemets und seiner Nachbarländer gemalt worden. “Arbeitest du hier?”   “Das ist mein öffentliches Arbeitszimmer, ja. Ich habe noch eins im Palast, das ist aber schwer bewacht und es dürfen nur ausgewählte Personen hinein.”   “Damit niemand die Staatsgehemnisse ausspioniert, stimmts?” Yugi grinste.   “Gut erkannt.” Großvater wuschelte durch Yugis wirre Mähne.   Inzwischen brachten die Diener schon das Gepäck herein: Zwei große geflochtene Truhen und eine wesentlich kleinere, gerade so groß, daß Yugi sie bequem auf den Armen tragen konnte. Im Gegensatz zu seinem Großvater hatte er nicht viele gute Kleidungs- und Schmuckstücke. Während Yugis Großvater mit wenigen Worten beschrieb, wo welche Truhe hinsollte, zog es Yugi zu einem der Fenster. Ra war schon nicht mehr am Himmel zu sehen, aber noch färbte er Nuts Unterleib in warmem Orange. Im Garten verstummten langsam die Vögel.   Waset war wirklich eine Stadt, die man mit eigenen Augen gesehen haben mußte. Und der Palast und die Gärten erst... Alles war so groß, Yugi glaubte, es müßte Tage dauern, um allein einmal durch den Palast zu gehen. Ob er vielleicht sogar einen Blick auf den Pharao erhaschen konnte? Großvater hatte es da leichter, er konnte den Pharao sicher täglich sehen, aber Yugi? Nun, Yugi war Töpfer und so gerne er einmal den Lebenden Horus, den fleischgewordenen Gott, gesehen hätte, wußte er doch, daß er viel zu gering war, um auch nur in die Nähe des Gottkönigs treten zu dürfen.   “Yugi, träumst du?” Aus seinen Gedanken gerissen drehte Yugi sich um. Sein Großvater stand hinter ihm, mit einem amüsierten Lächeln. “Wie gefällt es dir bis jetzt?”   “Sehr gut, Großvater. Ich freue mich, daß ich dich begleiten durfte.”   “Freue dich lieber, daß deine Mutter es erlaubt hat.”   Beide Männer lachten, dann wurde Großvaters Gesicht ernster. “Ich habe leider noch etwas Arbeit heute Abend. Der Pharao wünscht mich morgen zu sprechen, da darf ich nicht hinterherhinken.”   “Oh. Das ist sicher hart.”   “Ich bin es gewöhnt. Du kannst ja derweil baden. Es gibt einige Becken hier im Garten.”   Yugis Miene erhellte sich. “Das klingt wunderbar! Was ist mit dir?”   “Ich bevorzuge es, mich übergießen zu lassen. In meinem Alter ist Schwimmen kein Vergnügen mehr.” Großvater legte einen Arm um Yugi und führte diesen zur Haustür. “Es gibt ein Becken nicht weit von hier. Folge einfach dem Weg nach links und du wirst es finden.”   “Danke, Großvater.” Yugi lächelte.   Eine Dienerin kam wie von unsichtbarem Mund gerufen, auf den Armen Tücher, einen frischen Schurz, einen Sodastein und ein Kästchen voller Alabastergefäße, aus denen es verheißungsvoll duftete. Stumm folgte sie Yugi aus dem Hause und den hellen Weg hinunter. Yugi fühlte sich komisch dabei, als würde ihm ein Geist folgen. Er war erleichtert, als sie das Becken, gesäumt von üppigen Büschen, erreicht hatten.   “Ich komme jetzt allein zurecht. Vielen Dank.” Yugi lächelte, während die Dienerin kurz die Augen verengte und die Mindwinkel hängen ließ. Dann aber wurde ihre Miene wieder neutral.   “Natürlich, junger Herr. Wie du wünschst. Ich kehre dann ins Haus des Wesirs zurück.” Auf Yugis Nicken hin ordnete sie die Badeutensilien am Beckenrand an und zog sich dann zurück.   Yugi atmete aus. Er brauchte wirklich keine Hilfe dabei, zu baden. Nachdem er seinen Schurz abgelegt hatte, stieg er in das Becken, in einer Hand den Sodastein. Das Wasser war angenehm und lockerte seine Muskeln. Nach einer Weile war das Wasser mit Soda angereichert und Yugi rieb sich gründlich Haar und Haut damit ein. Danach tauchte er unter und schwamm mit geschlossenen Augen in die Mitte des Beckens, bevor er pustend wieder hochkam. Nachdem Yugi sich Haar und Wasser aus dem Gesicht gestreift hatte, wurde er der Gestalt gewahr, die am Beckenrand stand. Er blinzelte, bis die Schlieren verschwanden und er wieder klar sehen konnte. Ein Mann?   “Wer bist du und was machst du in diesem Becken?”   Oh, eindeutig ein Mann und ein sehr wütender. Yugi schwamm etwas näher, damit der Neuankömmling ihn im Zwielicht besser sehen konnte. “Ah, ich heiße Yugi. Ich bade hier.”   Der Mann am Beckenrand kniete sich hin und musterte Yugi über die vielleicht zwei Meter hinweg, die sie trennen mochten. Seine Hand lag immer an dem Krummschwert, das er an der Seite trug. Eine steile Falte hatte sich zwischen den scharfen violetten Augen gebildet, der Mund war eine schmale Linie. Die Haare des Mannes sahen wie eine Sturmwolke so wirr und ungezähmt aus und goldene Zacken thronten in ihnen wie Blitze.   Yugi schauderte und unwillkürlich bedeckte er seine empfindlichsten Stellen. “Gibt es ein Problem? Mein Großvater sagte, ich könne dieses Becken benutzen.”   “Dein Großvater?” Der Fremde hob eine Augenbraue. “Wer ist denn dein Großvater, Yugi?”   “Siamun”, erwiderte Yugi. Die Spannung wich aus dem Gesicht des anderen. Yugi atmete auf. “Du kennst meinen Großvater also. Das ist gut.”   “Jeder kennt den Wesir”, erwiderte der Fremde mit einer wegwerfenden Handbewegung, dann stand er auf. Sein Haar glühte in einem Rest Sonnenlicht rötlich. “Ich war nur überrascht. Bisher hatte der Wesir nie Familie zu Gast.”   Yugi legte den Kopf schief. “Du kennst dich offenbar gut aus. Ich will ihm eine Weile Gesellschaft leisten. Er ist sonst immer allein und der Tod seines Sohnes, also meines Vaters, hat ihn sehr getroffen.”   Der Fremde bedachte Yugi mit einem weichen Blick, so ganz anders als der vor wenigen Minuten. “Du bist guten Herzens. Ist deine Mutter auch mitgekommen?”   “Nein, das ist das einzige, was mir nicht gefällt. Aber sie verabscheut Waset, warum auch immer. Wenigstens hat sie mir erlaubt herzukommen, aber lange werde ich sicher nicht bleiben. Sie wird mich brauchen.”   Der Fremde nickte langsam. “In der Tat. Dennoch, es ist gut, daß du hier bist.” Er lächelte. “Aber du solltest nicht jedem gleich deine Lebensgeschichte erzählen.”   “Nun, du bist doch eine Wache, oder?” Yugi deutete auf das Schwert. “Wem sollte man sonst vertrauen?”   Der Mann brach in schallendes Gelächter aus und mußte sich an einer der Ziersäulen abstützen.   Yugi hingegen legte den Kopf schief und musterte sein Gegenüber. Er hatte den Eindruck, daß ihm etwas entging.   Nach einer Weile ebbte das kräftige Lachen ab. “Verzeih meine Erheiterung.” Die Mundwinkel des Fremden zuckten weiterhin.   “Du bist doch eine Wache, oder?” bohrte Yugi nach und wagte es, näher an den Beckenrand zu schwimmen.   “Eine Wache... Ja, das stimmt”, antwortete der andere nach einem Moment des Schweigens. “Ich sollte nun gehen, Yugi, ich habe dich mit meinen Fragen lange genug aufgehalten. Dein Großvater wird dich sicher bald vermissen, also spute dich lieber.”   Yugi lächelte verschmitzt. “Ich hoffe doch nicht. Aber es wird langsam kühl hier, also...”   Der andere Mann nickte und drehte sich dann um. Wenige Schritte und die dichten Büsche hatten ihn einfach verschluckt.   “Ein merkwürdiger Kerl”, befand Yugi leise und stieg aus dem Becken, um sich abzutrocknen und dann Haut und Haar gründlich einzuölen. “Aber er scheint freundlich zu sein.” Schließlich kehrte Yugi, beladen mit den Badeutensilien, ins Haus seines Großvaters zurück. Die Dienerin von vorhin biß sich bei seinem Anblick auf die Unterlippe und nahm ihm wortlos alles ab.   ***   “Du scheinst mir diesen Abend in ausgesprochen guter Stimmung zu sein, Atem”, bemerkte Mahaad und führte den durchscheinenden Alabasterkelch zu seinen Lippen.   Atem hob sein eigenes Trinkgefäß, als wolle er zu einem Trinkspruch ansetzen, dann trank er selbst von dem süßen Wein aus einem seiner persönlichen Güter. “Ist das Grund für eine Rüge, mein alter Freund?” Atem lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und blickte über die aus weißem Marmor gehauene Brüstung seines Balkons in die Nacht. Ein angenehmer Duft umschmeichelte seine Nase und weckte Sehnsucht in ihm: Jasmin.   Mahaad stellte den leeren Becher auf den kleinen, runden Tisch zwischen ihnen, dann beugte er sich über das Senet-Brett auf diesem. “Im Gegenteil, es erfreut mein Herz, dich einmal wieder gelöst zu sehen. Siamuns Rückkehr scheint mir von gutem Omen begleitet zu sein.”   Atem dachte an ein violettes Augenpaar voller Hoffnung und Vertrauen. “Möglich.” Er wandte seinen Blick wieder zu Mahaad. “Ich hatte eine angenehme Begegnung mit Siamuns Enkel.”   “Siamun hat ihn mitgebracht? Er war sicher sehr geehrt, auf dich zu treffen.”   Atem grinste und trank noch einen Schluck. Er ließ sich Zeit, den Geschmack auszukosten, bevor er antwortete. “Er weiß nicht, mit wem er gesprochen hat. Da ich mein Schwert dabei hatte, hielt er mich für eine Wache. Es war sehr amüsant. Außerdem ist er ein schöner Knabe.”   “Du hast bereits vier schöne Knaben”, antwortete Mahaad trocken und machte endlich seinen Zug, dann reichte er Atem die Stäbchen. Es klapperte, als diese auf den Tisch fielen, doch vorerst schenkte Atem dem Ergebnis keinerlei Beachtung.   “Du klingst wie unser alter Erzieher.”   “In der Hinsicht hatte er recht. Oder willst du verleugnen, daß Gier ein Laster ist, das in den Ruin führt?”   Atem schmunzelte, las seine Felderanzahl ab und setzte dann einen weiteren Stein auf das Spielbrett. “Keineswegs, Mahaad. Aber mich interessiert mehr als nur sein zierlicher Körper oder seine milchweiße Haut.”   Mahaad musterte Atem mit dunklen Augen. “Was genau interessiert dich denn an ihm?”   “Ich bin einfach neugierig, warum der einzige Enkel unseres Wesirs in einem abgelegenen Dort aufgewachsen ist und keinen Sinn für Protokoll hat. Er hatte nicht mal Dienerschaft bei sich, die ihn wusch oder ihm zur Hand ging, während er badete. Er war so vertrauensselig, so ehrlich... Er war wie ein Neugeborenes, ohne eine Spur von Zurückhaltung.”   “Hm”, machte Mahaad und schenkte ihnen beiden aus einer Karaffe aus Alabaster nach. “Er hat offensichtlich keine Ahnung vom Leben in der Stadt oder am Palast.”   “Er sagte, wenn ich eine Wache sei, so könne er mir vertrauen. Dieser Junge weiß doch gar nicht wie die Wachen hier aussehen, sonst hätte er sich nicht ausgerechnet mir anvertraut.”   “Dennoch hast du die Zeit mit ihm genoßen.”   Atem lächelte. “Ja. Vielleicht weil er nicht wußte, wer ich bin. Hätte er es getan, er wäre wohl vor Schreck ertrunken. Zumindest hätte er kein verständliches Wort mehr hervorgebracht.”   “Sei ehrlich, sein offenes Verhalten gefällt dir. Die meisten würden es nicht mal wagen, dich anzusehen, geschweige denn dich anzusprechen.” Mahaad lehnte sich zurück, dann rieb er über sein Kinn.   “Nicht nur das. Auch wenn ich keine Palastwache bin, so bin ich doch die Wache ganz Kemets.”   “Bitte fang jetzt nicht wieder mit Grübeln an.”   Atem schüttelte den Kopf. “Vielleicht hat er mich besser durchschaut als ich dachte.”   “Oder du interpretierst zuviel in diese Aussage hinein.”   “Oh, Mahaad, wird es dir nicht langweilig, mir dauernd Kontra zu geben?”   Mahaad machte seinen Zug und warf Atems zuletzt gesetzten Spielstein wieder vom Brett. “Niemals, mein alter Freund.”   Sie lachten beide. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)