Eine erbarmungslose Entscheidung von Sharry ================================================================================ Kapitel 10: Kapitel 8 - Erkenntnis ---------------------------------- Kapitel 8 – Erkenntnis   -Zorro- „Jetzt mach schon!“ Sie saß ihm gegenüber auf dem Bett und starrte ihn ununterbrochen an, ihre Hände hatte sie auf den Oberschenkeln abgestützt, während sie im Schneidersitz vor und zurück wippte. Zwischen ihnen lag ein Teller mit zwei Stück Trockenkuchen; Zorro hatte tatsächlich eines von den übersüßten, vor grellgelben Zuckerguss triefenden, Kuchenstücken gegessen, aber seitdem war ihm schlecht. Was vermisste er gerade die gutbürgerlichen Kochkünste Kanans, was vermisste er gerade die verdammten Kochkünste des verdammten Kochs. „Na los. Hopp!“ „Ich bin kein Köter, verstanden?“ „Ich will es aber sehen!“, jammerte sie. „Ist mir doch egal“, knurrte er. „Na komm, ich hab extra für dich gekocht.“ Langsam wurden sie lauter. „Das da ist kein Kochen!“ „Jetzt verwandel dich!“, befahl sie und schlug aufs Laken. „Ich kann nicht!“, brüllte er. Überrascht lehnte sie sich zurück und auch er war überrascht über seine Worte. „Was? Wieso?“ Nun war sie wieder auf Zimmerlautstärke. „Weil ich nicht weiß wie. Ich hab keine Ahnung, wie ich mich verwandelt habe“, gestand er schließlich. „Ach so…“ Sie legte den Kopf schräg doch nach einen Moment grinste sie gemein. „Du bist wirklich dumm, oder?“ Er starrte sie an. „Was fällt dir…“ „Na, du warst doch ohnmächtig als du dich in ein Mädchen verwandelt hast. So schwer kann es also nicht sein.“ Wortlos beobachtete er sie, wie sie nachzudenken schien. So falsch lag sie vielleicht gar nicht. „Vielleicht bedeutet das ja, dass es dir leichter fällt dich in ein Mädchen zu verwandeln als in einen Mann. Schließlich hast du das ja sogar bewusstlos hinbekommen.“ Abwägend nickte er. Trotz ihre zickigen Art und ihrem nervigen Getue konnte die Geisterpute da an etwas dran sein. „Fassen wir zusammen“, murmelte sie dann, „du weißt nicht, wie du dich verwandelst und wurdest ungewollt wieder zum Mädchen. Aber als ich dich gefunden habe warst du ja ein Kerl.“ „Worauf willst du hinaus?“, murrte er entnervt. „Weißt du denn, was du gemacht hast, als du dich in einen Kerl verwandelt hast?“ Zorro dachte nach, er wusste nicht was genau er gemacht hatte um sich zurückzuverwandeln, er wusste aber ganz genau was es ausgelöst hatte. „Eigentlich ist die Sache doch ganz einfach“, meinte sie und legte einen Finger an ihr Kinn. „Ach wirklich?“, fragte er zweifelnd. Wenn es so einfach war, wieso hatte er dann bitte einen Monat gebraucht um sich das erste Mal zu verwandeln? „Ja klar, du musst einfach genau das gleiche machen, wie als du dich verwandelt hast und BOOM schon bist du wieder ein Mann. Obwohl…“ Sie betrachtete ihn mit geschürzten Lippen. „Du bist so wesentlich süßer, vielleicht wäre es besser, wenn ich dir nicht helfen würde.“ „Halt die Klappe!“, knurrte er. Doch wenn er ehrlich war, hatte sie vermutlich sogar Recht. Seufzend entschied er, das ganze einmal auszuprobieren. Er betrachtete seine Hände auf dem weißen Laken und erinnerte sich an den vergangenen Abend, erinnerte sich an dieses Gefühl des Grauens als er seine Freunde einen nach dem anderen verloren hatte, erinnerte sich an diese Verzweiflung als sein Kapitän zu Boden gegangen war. Er schloss die Augen, ließ diese unbändige Energie aus Angst und Furcht durch seine Adern strömen. Es war kein angenehmes Gefühl, im Gegenteil, er wollte das nicht fühlen, sich so nicht fühlen, aber dann merkte er es. Auf einmal, als würden die Tore zur Hölle weit aufgerissen, wurde ihm ganz heiß. Eine verzehrende, schmerzhafte Hitze, wie ein Feuer, das sich durch seine Eingeweide fraß. Keuchend riss er die Augen auf und klammerte sich an die Bettdecke, während dieses innere Feuer ihn allmählich verbrannte. „Was zur…“ Die Stimme der Geisterprinzessin war weit weg und obwohl er die Augen weit aufgerissen hatte war alles verschwommen und unstet, nichts weiter als ein alles verschlingender Strudel aus Licht und Schatten. Das Meer aus inneren Flammen hatte seine Fingerspitzen erreicht, er konnte die Knochen knacken hören, konnte Sehnen reißen und Muskeln bersten spüren, konnte fühlen wie jeder Teil seines Körpers unter der Hitze des Körpers drohte zu schmelzen. Er kannte diese Hitze, diesen Schmerz, fühlte es nicht zum ersten Mal. Doch dieses Mal klammerte er sich an seinen Verstand und erlaubte sich nicht über diese unmenschlichen Qualen hinweg ohnmächtig zu werden. Dann war es einfach vorbei. Innerhalb von wenigen Herzschlägen verschwanden die Flammen aus seinem Körper, ließen fade Taubheit und grellen Schmerz zurück und dann war es einfach vorbei. Alles was er hörte war sein eigener heißer Atem und sein schnell schlagendes Herz. Zusammengekauert hatte er seine vom Schweiß gezeichnete Stirn im Laken vergraben, die nassen Hände immer noch verkrampft, jeder Muskel seines Körpers war zum zerreißen gespannt. Langsam wurde er ruhiger, atmete gleichmäßiger, erlaubte Sauerstoff seine müden Lungen auszufüllen. „Unglaublich.“ Er konnte Perona flüstern hören, ihre Stimme nur ein Hauch. Vorsichtig lehnte er sich zurück, seine Sicht war immer noch etwas unscharf, bemerkte, dass die Geisterprinzessin samt Kuchenteller vom Bett gesprungen war und ihn nun argwöhnisch beobachtete. „Z…Zorro?“, fragte sie dann fast schon ängstlich nach. Immer noch atmete er schwer und immer noch brannte sein Körper vor Anstrengung, aber dann sah er seine Hände, sah seine braungebrannten Männerhände. Er hatte es geschafft! Er hatte sich verwandelt! Er war wieder Lorenor Zorro!   -Mihawk- Er wachte auf. Grummelnd fuhr er sich durch sein wild abstehendes Haar und ärgerte sich bereits über sich selbst. Er war auf dem Sofa eingeschlafen und sein Körper dankte es ihm nicht gerade. Sein Blick glitt auf die kleine Teleschnecke hinab, die neben ihm auf dem Kissen schlummerte. Mit einem Seufzen verstaute er sie wieder in seiner Hosentasche und sah sich um. Seine Gemächer wurden von einem feuerroten Licht erhellt, die Sonne war gerade am untergehen, er musste mehrere Stunden geschlafen haben. Er sah hinüber zur großen Uhr, die stumm vor sich hin tickte, Kanan und ihre Familie mussten Sasaki bald erreichen oder bereits erreicht haben, sofern nichts dazwischen gekommen war, aber in dem Falle hätte man ihn wohl benachrichtigt. Lorenor selbst war anscheinend in Sicherheit, auf einer Insel mit einem Schloss und gefährlichen Primaten. Konnte es wirklich Kuraigana sein? Das wäre ein fast schon zu klischeehafter Zufall. Warum sollte der Jungspund ausgerechnet auf jener Insel landen? Auf seiner Wahlheimat? Seinem wahren Heim? Auf der anderen Seite, wie hatte dieser Idiot es geschafft ausgerechnet Bartholomäus Bär in die Arme zu laufen - von allen Menschen die sich in Mary Joa aufhielten – ohne von sonst jemanden gesehen zu werden? Dieser Junge schien eine eigenartige Form von Glück gepachtet zu haben. Bärs Verhalten allerdings wirkte für ihn weder wie ein Zufall noch wie unverschämtes Glück. Es war nicht so, dass er wirklich viel mit diesem Schwächling zu tun hatte, mit diesem Speichellecker der Weltregierung, aber es schien für ihn ganz untypisch, dass dieser ungefragt in eine Situation eingriff, die ihn nicht benötigte. Seit wann hielt Bär sich nicht mehr an das Protokoll? Ohne sein Einschreiten wären die Strohhüte gefangen genommen worden, letzten Endes hatte sein Auftauchen ihnen sogar zur Flucht verholfen, zumindest soweit die jeweiligen Crewmitglieder die Kraft seiner Teufelskraft überlebt hatten. Aber noch seltsamer war, dass er auch Lorenor weggeschickt hatte ohne es auch nur einmal nebenbei zu erwähnen. Ein Pirat in der heiligen Stadt, nur wenige Tage vor einem Krieg und Bär meldete es nicht? Nachdenklich ging er ins angrenzende Badezimmer hinüber und begann sich auszuziehen. Unter der Dusche betrachtete er sein verzerrtes Spiegelbild in den spiegelnden Wänden. Eigentlich passte dieses eigenmächtige Handeln ohne sich vorher mit der Weltregierung abzusprechen so überhaupt nicht zu diesem Möchtegernpiraten. Nein, Dulacre war sich absolut sicher, dass etwas dahinter steckte und wenn es ihn wirklich interessieren würde, würde er jetzt hier nachhaken, in der Vergangenheit des anderen Samurais wühlen und jedes noch so kleine, schmutzige Detail herausfinden, nur um sich ein klares Bild zu machen. Aber wenn er ehrlich war hatte er keine Lust dazu. Bär mochte seine Gründe haben, Gründe die ganz offensichtlich außerhalb des Einflusses der Weltregierung lagen, das konnte ihm nur Recht sein. Aber da würde er sich jetzt nicht auch noch einmischen, schließlich musste er sich um Lorenor kümmern und das war eine Herausforderung die er kaum meistern konnte. Dulacre stellte das Wasser ab und kam wieder heraus. Sein Abbild im gegenüberliegenden Spiegel überraschte ihn. Er sah…weicher aus. Ja, genau. Sein nasses Haar stand in alle Richtungen ab, ließ ihn jünger und ungestüm wirken. Sein ungestutzter Bart verwischte die scharfe Linie seines Kiefers und irgendwie war der Mann ihm gegenüber entspannter als er sich kannte. Seufzend machte er sich daran dieses weichere, sanftere Bild seiner selbst zurechtzustutzen indem er erst Bart und dann Haar bändigte. Soweit würde er es nicht kommen lassen! Lady Loreen durfte seine Schwäche sein, Lorenor war seine Schwäche, aber er würde niemals schwach werden, nie wieder! Er war nicht mehr der schwache Junge von damals und nichts sollte je wieder daran erinnern. Zufrieden mit seinem Werk trocknete er sich ab und zog sich wieder an, nun nicht mehr nach Schweiß stinkend, nun nicht mehr schwach wirkend. In seinen Gemächern angekommen schlenderte er zur hausinternen Teleschnecke hinüber und bestellte sich etwas zu Essen. Wenn er hier schon seine Freizeit fristen musste konnte die Weltregierung ihm wenigstens einen vernünftigen Wein spendieren. Immer wieder glitt seine rechte Hand in seine Hosentasche und strich über die kleine Teleschnecke, als wollte sein Unterbewusstsein unbedingt, dass er Lorenor anrief. Aber dieser war wahrscheinlich sogar noch am schlafen. „Argh!“ Wütend fuhr er sich durch die Haare, zerstörte seine so sorgsam gepflegte Frisur und trat gegen den bereits am Boden liegenden Bildschirm, der daraufhin gegen die nächste Zimmerwand flog. Warum konnte er nicht einmal über etwas anderes nachdenken? Über wen anderes nachdenken? Wann hatte dieses verfluchte Gör entschieden Herr seiner Gedanken zu werden?! Woher nahm er sich dieses Recht?! „Du meine Güte, Hawky.“ Überrascht schnellte er herum. In der Zimmertür stand niemand anderes als Konteradmiral Cho Jiroushin, vor ihm ein kleiner Wagen, gedeckt mit Speis und Trank. „Was ist denn mit dir los?“ Seine grünen Augen unter der marinetypischen Kappe waren weit aufgerissen und sein jungenhaftes Gesicht konnte die Überraschung nicht verbergen. „Jiroushin, was machst du denn hier?“ Auch Dulacre war verwirrt; es gab keinen Grund für seinen Freund hier zu sein. Hatte er nicht genügend Arbeit zu tun? Warum tauchte er in Mary Joa und vor allem bei ihm im Zimmer auf? „Was machst du in meinen Gemächern, ohne anzuklopfen und dazu noch wie ein Diener mit diesem Wägelchen?“ Der Blondschopf lachte. „Da kommt der verwöhnte Oberschichtenbengel wieder zum Vorschein. Man nennt so etwas heutzutage nicht mehr Diener sondern Angestellte.“ „Tze, zwei Straßen weiter heißt es immer noch Leibeigener.“ Der andere hatte die Türe hinter sich ins Schloss fallen lassen und kam nun mit großen Schritten auf ihn zu. Als hätten sie sich Ewigkeiten nicht mehr gesehen zog der Konteradmiral ihn an sich und hielt ihn fest, dabei hatte Jiroushin erst vor wenigen Tagen noch mit ihm gemeinsam Lorenor trainiert. Nein, vielmehr hatte der andere Lady Loreen trainiert und Dulacre hatte zugesehen. „Was soll das, Jirou? Wir sind doch keine Kinder mehr.“ „Ach, was stellst du dich so an? Ich hab mir halt Sorgen gemacht.“ Unbeeindruckt zog Dulacre eine Augenbraue nach oben und streifte die Arme des anderen ab. „Um mich?“ „Natürlich, und um Loreen.“ Der Samurai ging zum Wagen hinüber und schob ihn vor eines der Sofas. „Deine überfürsorgliche Ader wird dir eines Tages noch zum Verhängnis werden, mein werter Freund“, sprach er kühl. Jirou folgte ihm und ließ sich neben ihm nieder während er bereits den Wein öffnete. „Hör auf mir auszuweichen, Hawky. Du kannst mir nichts vormachen, dafür kenne ich dich zu gut.“ Dulacre entgegnete nichts während er zwei Gläser mit der blutroten Flüssigkeit befüllte. Sein Kindheitsfreund eröffnete währenddessen schon mal das Buffet. „Also? Gonou hat mich eben angerufen und mir gesagt, dass er und Kanan Loreen zurück nach Sasaki gebracht haben. Scheint ihr echt nicht gut zu gehen, was?“ Dulacre zuckte mit den Achseln. „Warum hat er dich angerufen? Er sollte mir Bescheid geben“, war alles was er entgegnen konnte ohne seinen Kindheitsfreund anzulügen. Der andere murmelte irgendetwas Unzufriedenes in seinen nicht vorhandenen Bart. „Wie bitte?“ Er nahm sich ebenfalls etwas von den reichlich gefüllten Tellern, ehe sein Freund alles aufgegessen hatte. „Na, da bin ich extra für dich herbeigeeilt, um dir die wichtigen Neuigkeiten über die Dame deines Herzens mitzuteilen und du…“ „Dame meines Herzens?“, fragte er nach während der andere weiter schwafelte. „Und du bist noch nicht mal dankbar. Ich verstehe, dass du dich um deine große Liebe sorgst aber trotzdem...“ „Meine große Liebe?“ Er sah den Blondschopf mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Dir ist aber schon bewusst, dass dieses missratene Kind nichts weiter ist als das, ein missratenes Kind?“ „Ohohoh Hawky, mir machst du nichts vor. Wir wissen doch schon alle längst, wie viel sie dir bedeutet und ich hab euch doch schon meinen Segen gegeben.“ „Ja, ich weiß nur immer noch nicht wofür ich deinen Segen gebrauchen könnte.“ Der andere goss sich Wein nach. Dulacre seufzte, es war sinnlos mit dem anderen darüber zu streiten, er konnte ihm noch so genau erklären, dass Lorenor und ihn keinerlei romantische Gefühle verbanden, Jiroushin würde ihm vermutlich nicht danken, dafür hatte Dulacre selbst zu gut die Lügengeschichte um Lady Loreen aufgeplustert. Jetzt musste er halt auch mit den Konsequenzen leben. „Also Hawky, wie geht es dir?“ Der Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern und begann zu essen. Wie ihn diese Scharade nervte, aber sie war nun einmal notwendig, notwendig um Lorenor zu schützen. „Sag, Jirou. Was machst du hier? Ein Krieg steht vor der Tür, ein Krieg gegen Whitebeard. Alle Offiziere werden in höchster Alarmbereitschaft stehen und ich kann mir vorstellen, dass sich die Arbeit nach deinem Urlaub nur so türmt. Warum bist du hier?“ Er fragte obwohl er die Antwort längst wusste. Er kannte seinen Kindheitsfreund zu gut, zu lange, um nicht zu wissen, warum der andere hier war. „Das weißt du doch“, antwortete der andere dementsprechend, „nach unserem Telefonat hab ich mir richtig Sorgen um dich gemacht. Ich dachte du würdest vielleicht wirklich etwas Dummes anstellen.“ Dulacre grinste schief. „Egal wie viele Jahre vergehen, du kannst es nicht lassen dir einen Kopf um mich zu machen, oder?“ Der Konteradmiral lachte laut: „Natürlich. Allerdings gebe ich zu, dass ich mich in den letzten Wochen deutlich weniger um dich gesorgt habe als sonst.“ Fragend sah der Samurai den anderen an. „Na, wegen Loreen.“ Dulacre seufzte und betrachtete sein fast leeres Glas. Er hatte Jiroushin nie belogen, vielleicht hatte er ihm nicht immer alles erzählt, ihm nicht immer die ganze Wahrheit offenbart, aber belogen nie. Nicht weil er Skrupel hatte so etwas zu tun. Nein, so ein unnötiges Ehrgefühl war schwachsinnig und in dieser Welt völlig fehl am Platz. Manchmal war eine Lüge notwendig und zum besseren Wohl aller, nein, er hatte überhaupt kein Problem damit die Wahrheit zu verdrehen, wenn es angebracht war. Der Grund, warum er Jirou noch nie angelogen hatte war ein ganz anderer, ein deutlich simplerer. Es war nie nötig gewesen, es hatte nie etwas gegeben, was er vor dem anderen, vor seinem besten und engsten Freund aus Kindertagen, hätte verbergen müssen. Aber mit Lorenors Auftauchen hatte sich selbst das geändert. Es war ein seltsames Gefühl, nicht wirklich fremd und doch ungewohnt. Außerdem störte es ihn ungemein, wie viel sein bester Freund in Dulacres Beziehung zu seinem Wildfang hineininterpretierte. Es war ungemein nervig. In einvernehmlichen Schweigen aßen sie weiter. „Hawky?“ „Hmm?“ „Es ist in Ordnung“, murmelte der andere. Dulacre sah stur geradeaus auf die immer dunkler werdende Nacht. „Was meinst du?“ „Ich bin nicht dumm, weißt du? Wenn ich dich erinnern darf, unser letztes Schachspiel ist zwar schon Ewigkeiten her aber es hat Tage gedauert.“ „Nur weil du es nicht leiden kannst auf Zeit zu spielen.“ „Gegen dich auf Zeit spielen ist langweilig. Ein Spiel ohne Einschränkungen ist deutlich interessanter.“ „Wohl war.“ Sie schwiegen wieder. „Wirst du mir irgendwann einmal die Wahrheit sagen?“ Lange war der Samurai leise doch dann seufzte er. „Das liegt nicht in meiner Hand, mein Freund. Allerdings kann ich dich nicht davon abhalten selbst die Wahrheit herauszufinden.“ Für einen Moment war Jiroushin ebenfalls ruhig. „Und wenn ich Loreen einfach selbst nach der Wahrheit frage?“ Dulacre konnte ein leises Lachen nicht verhindern. „Ich glaube nicht, dass du drum herumkommst deinen eigenen Kopf anzustrengen.“ „Oh, das ist aber gemein“, schmollte der andere, ehe er anfing laut zu denken. „Ich glaube ja, dass sie irgendwie mit diesem Lorenor Zorro verwandt ist. Ich meine das gleiche Haar, dann noch Schwertkämpfer und sie tauchte kurz nach seinem Tod bei dir auf. Würde auch ihre Verbindung zu den Strohhüten erklären. So, wie mache ich mich?“ „Oberflächlich, wie so oft, Jiroushin. Warum sollte die Schwester von Lorenor Zorro nach dessen Tod zu mir kommen und nicht direkt zu den Strohhüten gehen? Warum sollte ich mich bereiterklären seine Schwester zu trainieren, wo Lorenor Zorro mich doch besiegen wollte und doch nicht mehr war als ein Anfänger?“ „Ja, darüber habe ich auch schon nachgedacht. Insbesondere da das alles so sehr deiner Gewohnheit widerspricht. Außerdem ist es schwer zu filtern was aus der Zeitung stimmt und was nicht. Kanan und Lirin scheinen etwas zu wissen aber keine der beiden will mir auch nur irgendetwas verraten.“ „Tja, das spricht doch eigentlich nur dafür, dass deine Ermittlungsfähigkeiten doch nicht so gut sind, wie du immer denkst.“ Der andere seufzte schwer auf und ließ sich nach hinten gegen die Lehne fallen. „Dabei habe ich mir schon alle möglichen Szenarien zusammengedacht und trotzdem kommt nichts wirklich Sinnvolles bei rum.“ „Vielleicht solltest du auch mal das Unmögliche in Betracht ziehen.“ „Was?“ Der Blondschopf sah ihn schief an. „Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.“ Dulacre zuckte mit den Achseln. „Sag mal, kriegst du keinen Ärger dafür, dass du noch nicht Zuhause bist?“ „Ach, mach dir keinen Kopf, heute Abend findet irgendeine komische Sitzung für die Konteradmirale statt, deswegen bin ich hier.“ „Ach so, ich dachte du wärest hierher geeilt nur um mir die Neuigkeiten meiner Herzensdame mitzuteilen“, grinste er sarkastisch. „Hör auf, du Idiot. Ich bin extra früher von der Arbeit abgehauen wegen dir. Weiß auch nicht, warum wir so eine Abendveranstaltung mitmachen müssen, aber ich hab echt keine Lust fünf Stunden oder so da herumzusitzen.“ „Ich würde jetzt mal ganz wagemutig vermuten, dass es vielleicht mit dem herannahenden Krieg in Verbindung stehen könnte und die Weltregierung die Unterweisung von minderwichtigen Konteradmiralen nicht besser in ihren Zeitplan integrieren konnte.“ „Minderwichtig?“ „Wann soll diese Veranstaltung denn überhaupt stattfinden?“ „Um acht, wieso?“ Er nickte zur Uhr hinüber. „Oh verdammte Scheiße!!!“ „Nicht solche Kraftausdrücke bitte.“ Doch der Konteradmiral war bereits aufgesprungen und rannte zur Tür. „Jirou?“ „Was?!“ Dulacre beugte sich über die Lehne hinweg und deutete auf den Wagen mit dem vergangenen Mahl. „Nimmst du bitte wieder mit, was du gebracht hast?“ „Du kannst mich mal!“ Laut knallte die Türe hinter dem anderen zu. Lachend stand er auf und schob den Wagen nach draußen, wo dieser nicht mehr sein Problem war. Genau in diesem Moment rief sein Problem an.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)