Eine erbarmungslose Entscheidung von Sharry ================================================================================ Kapitel 1: Heimkehr ------------------- Heimkehr   -Einige Wochen später-   „Bist du bereit?“ Er nickte nur. „Denk daran, du musst handeln bevor sie angelegt haben, ansonsten…“ „Ich kenne den Plan“, unterbrach er den anderen gereizt und zog sich die Kapuze tiefer ins Gesicht. Der Mann hinter ihm seufzte schwer, während er sich etwas mehr über Zorro hinweg beugte um das Schiff zu beobachten, welches langsam aber sicher dem Hafen näher kam. Zorro konnte spüren wie der kühle, hölzerne Geruch des Älteren sich um ihn herum ausbreitete, während der andere Mann ihn beinahe von hinten umarmte um das ankommende Schiff besser im Blick behalten zu können. „Was soll das?“, knurrte er und stieß seinen Ellenbogen hinter sich um den Schwarzhaarigen auf Abstand zu bekommen. „Jetzt hör auf dich so anzustellen. Es ist nicht meine…“ „Halt einfach die Klappe.“ Zorro lehnte sich nun auch weiter nach vorne, seinen Blick fest auf das näher kommende Schiff gerichtet. Der Mann hinter ihm stöhnte entnervt auf und lehnte sich so weit wie möglich weg. Ihre Körper berührten sich trotzdem noch. Was daran liegen konnte, dass das Versteck, welches sie ausgewählt hatten, kaum genug Platz für eine Person bot, geschweige denn für zwei. Da der Hafen der Insel gut belebt war, hatte es sich als schwierig herausgestellt einen möglichst unauffälligen Ort zu finden, insbesondere da die Morgensonne nun schon hell am Himmel stand und nur wenig Schatten für einen Hinterhalt bot. Nicht, dass Zorro einen Hinterhalt planen würde. Also doch, er plante einen Hinterhalt, aber eigentlich nur um einen anderen Hinterhalt zu verhindern. Es war halt etwas komplizierter. Während er also im Schatten eines Hauses hinter mehreren Kisten stand und über diese hinweg spähte, versuchte er gleichzeitig die Männer auszumachen, dessen Hinterhalt er aufhalten wollte. Selbstredend ging es um die Marine. „Du wirst sie hier nicht finden“, murrte der Mann hinter ihm leise, als hätte er seine Gedanken gehört. „Sie werden nicht so töricht sein, ihre Gäste direkt am Hafen in Empfang zu nehmen. Sie werden warten bis deine Freunde das Schiff verlassen haben um ihnen dann den einzigen Fluchtweg abzuschneiden.“ „Das weiß ich selber, vielen Dank auch.“ „Hör doch mal bitte auf mich die ganze Zeit so anzufauchen. Ich mach das hier für dich, also…“ „Ich hab nicht um deine Hilfe gebeten.“ „Jetzt fängt das schon wieder an. Zum letzten Mal…“ Der Ältere hinter Zorros Rücken unterbrach sich selbst, als das Schiff immer näher kam. Zorro war das nur Recht. „Es ist gleich so weit“, murmelte er so leise, dass der Grünhaarige ihn kaum verstehen konnte, während der andere sich nun wieder nach vorne lehnte. „Warte noch einen Moment.“ Zorro rollte mit den Augen, entgegnete diesmal jedoch nichts. Natürlich wusste er selbst, wann er eingreifen musste, dafür brauchte er den anderen nicht und trotzdem konnte er dieses schlechte Gewissen nicht unterdrücken. Schließlich konnte der andere nichts für seine schlechte Laune. „Noch nicht“, flüsterte der Ältere nahe Zorros Ohr. Aber er konnte nun mal nicht verhindern, dass er nervös war, während die Thousand Sunny langsam näher kam, konnte nicht verhindern, dass er sich die nächsten Minuten immer wieder vor seinem inneren Auge ausmalte, wenn er endlich seine Freunde wiedersehen würde, wenn er seine Freunde nach über einem Monat endlich wiedersehen würde. Ihm war speiübel. Dabei sollte er sich doch eigentlich freuen. „Noch nicht“, wiederholte der Mann hinter ihm leise, als ob Zorro tatsächlich auf seinen Befehl warten würde. War es tatsächlich erst einen Monat her? Er schüttelte leicht den Kopf. Es fühlte sich viel länger an, fast schon wie ein ganzes Leben. Vor einem Monat war er von seiner Crew getrennt worden, hatte sie beinahe für immer verloren, nein falsch, vor einem Monat hatte seine Crew ihn beinahe für immer verloren. Vor einem Monat hätte er sterben sollen, wäre er eigentlich gestorben, aber er war noch da, war am leben und heute, heute würde er seine Crew wiedersehen. „Mach dich bereit, Lorenor.“ Der Jüngere nickte stumm. Er sollte sich wirklich freuen. Allerdings gab es da zwei kleine Probleme. Das eine war der Hinterhalt, den die Marine für die Strohhutbande vorbereitet hatte. Die Soldaten glaubten, dass die Piraten noch geschwächt waren da ihnen ja die Kraft des ehemaligen Piratenjägers Lorenor Zorro fehlte. Schließlich hatte dieser ja den Ausbruch aus der Marinebasis G6 nicht überlebt. Allerdings machte Zorro sich darum relativ wenig Gedanken. Sie würden leichtes Spiel mit der Marine haben, insbesondere wenn er an seine Begleitung dachte. Dieser Mann hinter ihm könnte vermutlich sämtliche beteiligte Soldaten besiegen ohne auch nur ins Schwitzen zu kommen. Nein, was Zorro eher besorgte war dieses zweite, klitzekleine Problem und zwar… „Was macht denn der?“ Die Stimme an seinem Ohr war etwas lauter als bisher und riss ihn aus seinen Gedanken. Erschrocken hob der Pirat den Blick, für eine Sekunde war er abgelenkt gewesen und hatte seine Hände betrachtet, diese schwächlichen Hände, doch als er wieder aufsah, konnte er gerade noch sehen, wie eine Gestalt von der Thousand Sunny sprang, bevor diese auch nur nahe genug an die Anlegestelle gekommen war, und elegant auf dem Gehweg der Hafenpromenade landete. Im nächsten Moment warf der frisch angekommene Blondschopf die Haare zurück, steckte seine Hände in die Hosentaschen und ging seines Weges, eine Zigarette im Mundwinkel. „Verdammt! Koch, was soll das denn?!“, knurrte Zorro. Auch der Mann in seinem Rücken seufzte entnervt auf. „Nun ja, wir können es nicht ändern. Wir gehen über zu Plan B, Lorenor.“ Eine Sekunde sah Zorro zu dem hochgewachsenen Mann hinter ihm auf, sah den kühlen, rationalen Blick, wusste, dass der andere die Situation schon längst analysiert und die beste Strategie bereits ausgemacht hatte. „Okay, Plan B.“ Mit diesen Worten sprang er die Kisten auf das Dach des Hauses hoch und folgte dem Koch, einen bösen Fluch auf den Lippen. Ihr erster Plan war der einfachste gewesen. Sie hatten warten wollen bis die Strohhüte anlegen würden um dann zu ihnen zu stoßen und sie über den geplanten Hinterhalt der Marine zu informieren. So hatten sie verhindern wollen, dass die Crew das Schiff verlassen würde während sich der Logport neu ausrichten musste. Aber natürlich hatte dieser verdammte Koch noch nicht einmal gewartet bis die Thousand Sunny angelegt hatte, sondern war bereits von Bord gegangen. Dämliche Kringelbraue, es gab immer nur Ärger mit ihm. Das so etwas geschehen könnte hatten Zorro und sein Begleiter jedoch in ihrem Plan berücksichtigt. Für diesen Fall hatten sie vereinbart, dass Zorro seinen Crewmitgliedern folgen sollte während der andere sich um ihre Transportmöglichkeit kümmern würde, ein kleines Boot, mehr nicht. Deswegen huschte der Schwertkämpfer nun über die Dächer der geschäftigen Stadt von Sarue. Natürlich hätte er auch durch die vollen Straßen laufen können, aber die Gefahr, dass er erkannt werden würde, jetzt wo die Sonne strahlend hell am Himmel stand, war einfach zu groß. Mit einem Seufzen sah er sich um, doch er konnte den Koch nicht mehr ausmachen, innerhalb weniger Sekunden hatte er ihn verloren. Verdammt! Allerdings Zorro war sich ziemlich sicher, wo er den anderen finden würde, schließlich war der andere ja der Smutje der Strohhutbande. Grinsend lief er weiter Richtung Markt, immer sicher gehend, dass ihn keiner der Passanten am Boden bemerken würde. Doch dann blieb er stehen. Vor ihm war eine weite Sackgasse in der sich knapp fünfzig Mann zusammengeschart hatten. Aber nicht irgendwelche Männer, er konnte das Wappen auf ihren Hemden selbst aus mehreren Metern Entfernung erkennen. Mit leisen Bewegungen sprang er hinter einen Kamin und starrte aus den Schatten zu den Marinesoldaten hinunter. Still beobachtete er die Weißhemden, ehe ihm auffiel, dass sie sich nicht in einer Sackgasse sondern in einem Innenhof aufhielten. An den Häuserwänden lehnten mehrere Soldaten, rauchten und unterhielten sich, manche hockten auch auf dem Boden, alles in allem schienen sie recht entspannt zu sein und auf irgendetwas zu warten. In der Mitte des kleinen Innenhofes gab es einen einzigen Stuhl, auf dem der offensichtliche Anführer in Anzug und Marineumhang saß. Zorro konnte sehen, wie er die Steckbriefe der Strohhüte durchging. „Leutnant!“ Aus dem Haus auf dem der Pirat hockte kam ein weiterer Soldat und ging geradewegs auf den Offizier zu. Einige Soldaten sahen auf, manche begannen sofort sich kampffertig zu machen. „Die Piraten haben soeben angelegt, Schwarzfuß Sanji hat bereits das Schiff verlassen und weitere aus der Crew sind wohl im Inbegriff ebenfalls an Land zu gehen.“ Der Leutnant nickte. „Sehr gut, es sollen sich alle an den Plan halten. Die Gruppen S1 und S3 sollen den Markt im Auge behalten, S6 den Hafen. Alle anderen sollen sich auf den Strohhut konzentrieren.“ Zorro lehnte sich weiter vor, eine einzelne grüne Haarsträhne fiel ihm ins Blickfeld, doch er strich sie unbeachtet weg. „Und was ist mit uns, Leutnant?“, fragte einer der noch am Boden hockenden Soldaten ungeduldig, während der Neuankömmling bereits zurück ins Haus eilte. „Wir sind die Spezialeinheit“, erklärte der Vorgesetzte als wäre es ganz offensichtlich und betrachtete weiterhin Ruffys Steckbrief. „Natürlich werden wir uns um diesen Strohhut kümmern. Wenn er bereits geschwächt ist knöpfen wir ihn uns vor. Und diesmal…“ Ganz langsam zerriss der Mann das Papier. „Werden wir ihn erledigen.“ Zustimmendes Gelächter und vereinzelter Applaus kam von den Soldaten, die einander angrinsten, Blutdurst und Kampfeswille in den Gesichter. Einen Moment beobachtete Zorro sie weiter. Er sollte eigentlich zum Markt rennen und den Koch einsammeln, das war der Plan. Allerdings bezweifelte er, dass alle anderen noch an Bord waren. Außerdem würde er den Koch wohl kaum dazu überreden können, zurück zum Schiff zu gehen. Denn warum sollte der Koch ihm vertrauen. Schließlich würde er Zorro nicht einmal erkennen. Er biss sich auf die Unterlippe. Nein, seine eigenen Crewmitglieder würden ihn nicht erkennen. Zorro fällte eine Entscheidung. Dieser Marineheini da unten würde ihn im Zweifel direkt zu seinem Kapitän führen und so wie es sich anhörte, galt dieser Hinterhalt hauptsächlich Ruffy. Er würde also jemanden brauchen, der ihm den Rücken stärkte. Dem Koch traute er zu sich auch alleine gegen ein paar Soldaten zu Wehr setzen zu können, schließlich wäre er selbst ja auch in der Lage die Männer da unten alleine zu besiegen. Selbst in seinem jetzigen Körper. Erneut starrte Zorro auf seine Hände, auf seine kleinen, zierlichen Hände. Beinahe hatte er sich an diesen Körper gewöhnt, beinahe hatte er diesen Körper akzeptiert, beinahe hatte er vergessen, dass es je anders gewesen war. Aber jetzt wo er den Koch vor sich gesehen hatte, realisiert hatte, dass er heute seine Crew wiedersehen würde, endlich wiedersehen würde, war dieser Körper ihm fremder denn je. Vor einem Monat war er beinahe gestorben, vor einem Monat hätte er sterben müssen. Doch Zorro hatte nicht den Tod gefunden nachdem er und die anderen auf der Marinebasis G6 gefangen genommen worden waren. Tagelang hatte man sie in den Zellen verrotten lassen und doch hatte er nicht den Tod gefunden. Er hatte nicht den Tod gefunden nachdem er seine Crew befreit hatte und diesen verdammten Stützpunkt in die Luft gejagt hatte. Er hatte nicht den Tod gefunden nachdem er nicht hatte fliehen können und zusammen mit dem brennenden Turm in die Tiefe gestürzt war. Er hatte nicht den Tod gefunden, obwohl das Feuer ihn verzehrt hatte, obwohl er doch ganz sicher den Tod gefunden hatte. Er war nicht tot. Wie durch ein Wunder hatte Zorro überlebt und wie durch einen Fluch hatte er eine andere Gestalt angenommen, war in einem Körper gefangen, der so viel schwächer war als sein eigener, so viel verletzlicher war als sein eigener, so viel zerbrechlicher war als sein eigener. Trotzdem wusste Zorro, dass er selbst in diesem Körper mit den Männern der Marine da unten mithalten konnte, ein Monat hartes Training würde dafür schon ausreichen. Er würde vom Plan abweichen um seinen Kapitän zu beschützen, das war schließlich seine Aufgabe. Obendrein musste er sich um die anderen Crewmitglieder keine Sorgen machen. Sie waren schließlich nicht hilflos und außerdem würde Zorros Komplize ihnen wohl helfen. Zähneknirschend und genervt, aber ja, er würde ihnen helfen. Er hatte Zorro gefunden, damals vor einem Monat, in diesem anderen Körper, schwach und verletzlich. Während der Schwertkämpfer die Soldaten unter sich beobachtete erinnerte er sich daran, wie der andere ihn angestarrt hatte, ungläubig angestarrt hatte, als er ihm gesagt hatte, dass er Lorenor Zorro war. Beinahe grotesk verzerrt hatte er gleacht, da er geglaubt hatte, dass Lorenor Zorro tot wäre. Seitdem war erst ein Monat vergangen, ein knapper Monat, kaum dreißig Tage und trotzdem hatte Zorro nicht verhindern können, dass er angefangen hatte diesen Mistkerl zu mögen. Vor einem Monat hatte Zorro erwartet, dass der andere ihn auf der Stelle umbringen würde, hatte erwartet, dass der andere ihn zumindest aus seinem Heim werfen würde, verachten würde für seine Schwäche und nun, nun vertraute er darauf, dass dieser Idiot seine Freunde beschützen würde, einfach nur weil er damit ihm einen Gefallen tun würde. Der ehemalige Piratenjäger seufzte resigniert. Ihm taten seine harschen Worte von vor wenigen Minuten bereits leid, schließlich hatte der andere ihm über die letzten Wochen hinweg sehr geholfen, hatte ihn beschützt, hatte ihn trainiert. Und nun half er ihm dabei zu seiner Crew zurückzukehren. „Leutnant.“ Ein anderes Weißhemd kam zum Innenhof hinein. „Soeben haben drei weitere Mitglieder der Strohhutbande das Schiff verlassen.“ „So und wer?“ Der Anführer schien zu gelassen für Zorros Geschmack, als wäre sein Plan unfehlbar. „Zum einen Nico Robin mit dem Haustier der Crew Tony Chopper, sie scheinen die städtische Apotheke aufzusuchen. Zum anderen die diebische Katze Nami, offenbar ist sie auf dem Weg zum Markt, wo sich auch Schwarzfuß Sanji aufhält.“ „Das bedeutet, dass der Strohhut noch an Bord ist, oder?“ „Ja genau. Aber sollten wir nicht besser jetzt zugreifen? Wer weiß, ob der Strohhut überhaupt das Schiff verlässt.“ Der Mann mit Umhang schüttelte den Kopf. „Nein, wir warten. Laut meinen Unterlagen hat der Strohhut bisher bei jedem Landgang das Schiff verlassen, so wird er es auch diesmal tun.“ Der Anführer legte eine Hand an sein bärtiges Kinn. „Außerdem ist es zu riskant ihn am Hafen anzugreifen. Von den Berichten der G6 wissen wir ja, dass er im Zweifel seine Leute auch zurücklässt und schließlich wollen wir nicht nur seine Crewmitglieder sondern ihn.“ Diesmal kostete es Zorro alle Willenskraft nicht herunter zuspringen und dem Mistkerl die Meinung zu geigen. Es stimmte schon, in der Zeitung hatte damals gestanden, dass er seine Crew verraten hatte und daraufhin von ihnen zurückgelassen worden war um mit dem Stützpunk G6 unterzugehen. Aber das war eine Lüge, eine reine Lüge, und das stand auch in den Unterlagen der Marine, die fast die komplette Wahrheit aufgedeckt hatten. Woher Zorro das wusste? Nun ja, auch das lag an seinem Komplizen, schließlich hatte dieser die Macht und die Beziehungen um an solche Unterlagen heranzukommen. Schließlich war er einer der sieben Samurai, ein einflussreicher Politiker und nicht zuletzt der beste Schwerkämpfer der Welt. Ja, Zorro war von niemand anderem als Mihawk Falkenauge Dulacre gefunden worden, und niemand anderes als dieser Samurai war nun dabei ihm zu helfen den Hinterhalt der Marine zu überlisten. In einem Monat konnte viel passieren. Aber das einzige was die Marine noch nicht herausgefunden hatte war, dass Zorro trotz allem am Leben war, auch wenn nun in einer anderen Gestalt. Allerdings war die Gefahr groß, dass jemand Zorro erkennen würde, wenn er jetzt durch die Straßen laufen würde. Selbst seine dunkle Kleidung und der schwarze Umhang würden ihn vermutlich nicht vor neugierigen Blicken schützen können, immerhin war er in dieser Gestalt zu zweifelhaftem Ruhm gelangt. In seinem neuen Körper hatte Zorro es irgendwie geschafft von der Presse bemerkt zu werden und mittlerweile gehörte er ganz zufällig zu den bekanntesten Menschen der Welt. Also nicht er, nicht Lorenor Zorro, dieser windige Pirat galt ja bereits als verstorben. Nein, die Figur die er zurzeit verkörperte, die war berühmt geworden. Nicht mehr als ein fiktionaler Charakter, den er und der Samurai ungewollt erschaffen hatten. Zorro war nun also nicht nur ehemaliger Piratenjäger sondern nun hatte er auch noch ein Alter Ego namens Lady Loreen. Und diese zierliche, zärtliche und zerbrechliche Lady Loreen hatte es geschafft innerhalb weniger Wochen zur A-Prominenz aufzusteigen, wie ihn das ankotzte. Erneut seufzte der Schwertkämpfer. Es würde schwierig für ihn werden seiner Crew zu erklären, dass er und Lady Loreen ein und dieselbe Person waren. Aber er musste es tun, schließlich wollte er doch wieder nach Hause, wieder zu seinen Freunden und nur wenn er ihnen die Wahrheit sagte, nur wenn er seine ganze Schwäche vor ihnen offenlegte, nur dann hatte er die Möglichkeit wieder seinen wahren Körper zu erhalten. Zumindest war es das, was man ihm erzählt hatte und da er keinen besseren Ansatzpunkt hatte, konnte er genauso gut auch den nehmen. „Leutnant.“ Eine Soldatin kam heraus. „Monkey D. Ruffy hat soeben ebenfalls das Schiff verlassen. Er ist auf dem Weg ins Landesinnere.“ „Perfekt.“ Der Offizier stand auf und rückte seinen Anzug gerade. „Ihr habt es gehört, das war unser Zeichen. Macht euch bereit.“ Die anwesenden Soldaten erhoben sich einstimmig und griffen nach ihren Waffen, einige zogen sich ihre weißen Kappen an während andere Zigaretten und Kautabak zu Boden spuckten. „Wir gehen jetzt auf Strohhutjagd und diesmal legen wir ihn um!“ Dunkles Gegröle antwortete dem Leutnant während der Pirat oben auf dem Dach die Hand um seinen Schwertgriff legte. Es wäre ein leichtes diesen Mistkerl hier und jetzt umzubringen, er wäre tot ehe Zorro den Boden berühren würde. Zorro wusste, dass er es schaffen könnte. Aber er sollte sich nach Möglichkeit nicht einmischen. Wenn herauskommen würde, dass Lady Loreen mit den Strohhüten in irgendeiner Form verstrickt wäre, gäbe es einige Menschen die er in Gefahr bringen würde, Menschen die ihm im letzten Monat wichtig geworden waren. Er durfte jetzt nicht kopflos werden. Er musste abwarten, und nicht nur deswegen. Also wartete er auf dem Dach während sich die Soldaten unter ihm bereit machten und als sie dann schließlich den Innenhof verließen war er hinter ihnen, beobachtete sie, bereit jederzeit einzugreifen. Von weiter weg konnte er aufgeregte Stimmen und das Hallen von Gewehrschüssen hören. Für einen Moment überlegte er umzudrehen, aber fast im gleichen Augenblick wusste er bereits, dass das nicht nötig war. Mihawk war da, Mihawk würde seine Freunde beschützen. Also folgte er den Soldaten, die ihn immer näher brachten zu einem anderen, deutlich lauteren Tumult. Plötzlich blieb Zorro stehen, vergaß gänzlich sich in den Schatten der Hausdächer zu verstecken, vergaß gänzlich was um ihn herum passierte. Vor ihm, keine zwanzig Meter vor ihm, sprang der munter grinsende Kapitän der Strohhutpiraten durch die Gassen, wich Kugeln und Schwertern mit Leichtigkeit aus und lachte als hätte er den größten Spaß seines Lebens. Zorro spürte wie ungewollte Tränen in seine Augen schossen, eine Hand beinahe nach ihm ausgestreckt. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er, dass der andere zu ihm aufgeschaut hatte. Aber es war unmöglich, dass Ruffy ihn im blendenden Licht der Mittagssonne überhaupt sehen konnte. Er wollte ihn rufen, zu ihm eilen. Es war wie sonst auch. Wo auch immer die Strohhüte auftauchten verursachten sie nichts anderes als Chaos und Verwüstung. Ein leises, zittriges Lachen entfuhr ihm. Ruffy war stark, das wusste er. Es war genau wie früher. Dieser eine Monat, der ihm wie ein zweites Leben vorkam, war vorbei. Endlich konnte er nach Hause. Er hatte befürchtet, dass seine Crew nicht stark genug sei um ihn in diesem Körper zu beschützen, hatte befürchtet, dass seine jetzige Schwäche es ihm nicht erlauben würde, zu ihnen zurückzukehren. Aber er hatte sich geirrt, hatte seine Crew, seinen Kapitän, unterschätzt, hatte nicht an sie geglaubt. Aber er hatte sich geirrt, er konnte nach Hause. Heute würde er heimkehren. Erleichtert lachte Zorro auf, ignorierte diese leichte Melancholie die in ihm aufstieg. Er konnte nach Hause. Über die Dächer hinweg in der Ferne konnte er die Thousand Sunny ausmachen, schnell folgte er seinem Kapitän, der sich kämpfend durch die Gassen der kleinen Stadt schlug und dem Hafen immer näher kam. Nach einem Monat, nach einem langen Monat, war er wieder zurück. Zorro war Zuhause. „Ich bin wieder da“, flüsterte er, „Ich bin Zuhause.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)