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Opposites Attract

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Als Entschuldigung für die lange Wartezeit gibts heute mal wieder ein superlanges Kapitel. :) Komplett anzeigen

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Es war Donnerstagabend und Hansa saß mit ihren beiden Mitbewohnern auf der Couch und schaute Fernsehen.

„Hey, du erzählst ja gar nichts mehr von deiner Zusammenarbeit mit Mister G“, bemerkte Aditi. Dass sie während des Films ein Gespräch anfing, zeigte nur wie uninteressant sie den Sci-Fi-Thriller fand, den Surya ausgesucht hatte.

Für einen Moment überlegte Hansa, sie mit einem einfachen „Geht so. Wir gehen uns aus dem Weg“ abzuspeisen, doch sie wollte ihre Freunde nicht länger anflunkern, also erzählte sie ihnen von Gautam und seinen seltsamen Stimmungsschwankungen in der letzten Zeit.

„Vielleicht hat er eine Midlife Crisis und kommt mit seinem Leben nicht mehr klar“, schlug Aditi als Erklärung vor und griff in die Chipstüte neben sich.

Hansa winkte ab. „Er ist doch erst Anfang 30.“

„Bei manchen Menschen setzt sowas eben früher ein.“ Aditi war vor lauter Chips im Mund kaum zu verstehen.

„Ich weiß nicht“, erwiderte Hansa und runzelte die Stirn. „Er scheint mir nicht der Typ zu sein, der irgendwann plötzlich feststellt, dass er sein Leben falsch gelebt hat. Dafür plant und überlegt er viel zu viel.“

„Er kann bestimmt nicht damit umgehen, dass du doch nicht so scheiße bist, wie er immer dachte“, warf Surya unvermittelt ein. Er fläzte mit der Fernbedienung in der Hand neben ihnen auf dem Sofa und hatte sich bisher aus der Unterhaltung herausgehalten.

Während Hansa seine Worte erst einsinken lassen musste, pflichtete Aditi ihm augenblicklich bei: „Oh ja, das passt doch perfekt in das Bild, was du uns bisher von ihm gegeben hast. Durch eure erzwungene Zusammenarbeit sieht er überhaupt erstmal, was für ein Mensch du wirklich bist. Dass das mit seinen dummen Vorurteilen nicht zusammenpasst, ist klar. Sei in Zukunft am besten noch netter zu ihm und bring ihn damit zum Implodieren!“
 

Je länger Hansa an diesem Abend noch darüber nachdachte, desto mehr Sinn ergab Suryas Erklärung. Gautam war so ein ewig korrekter, immer schwarz-weiß sehender Typ, dass es sie absolut nicht überrascht hätte, wenn ihn die Erkenntnis, dass er sich bei etwas geirrt hatte, komplett aus der Bahn geworfen hätte. Daher gefiel ihr Aditis Vorschlag, ihm seinen Fehler noch deutlicher vor Augen zu führen, auch so gut. Hansa war für gewöhnlich kein besonders nachtragender Mensch, aber Gautams ungerechte Behandlung der letzten zwei Jahre war doch etwas, das sie nicht ganz so schnell vergessen konnte und wollte. Und es jemandem mit purer Nettigkeit heimzuzahlen, schien ihr eine recht angenehme und karmafreundliche Form der Rache zu sein.
 

„Soll ich die noch ausstehenden Anrufe übernehmen? Dann kannst du dich weiter um die Saalgestaltung kümmern“, schlug Hansa Gautam lächelnd vor, als sie am nächsten Tag aus der Mittagspause kam.

Sein Blick lag irgendwo zwischen verwundert und irritiert, doch dankbar über die Entlastung reichte er ihr seine Anruf-To-Do-Liste.

Diese Aufgabe verschlang den größten Teil ihres Nachmittages und Hansa war froh, als sie endlich ein letztes Mal auflegen konnte. Sie war gut im Umgang mit Menschen und es machte ihr Spaß, aber Telefonieren war zugegebenermaßen nicht gerade ihre Lieblingsbeschäftigung. Mit beinahe zwanzig Leuten hintereinander an der Strippe zu hängen, um sie um etwas zu bitten oder sie an die fristgerechte Erledigung ihrer Aufträge zu erinnern, war anstrengend und alles andere als spaßig.

Froh, ihren Soll für diese Woche geschafft zu haben, streckte Hansa sich und warf einen Blick hinüber zu Gautam. Sie war überrascht, ihn nicht an seinem Schreibtisch sitzen zu sehen. Suchend schaute sie sich um und entdeckte ihn mit Ravi, Simran aus der Buchhaltung und Mohini, der Sekretärin ihres Chefs Vikram, am Wasserspender stehend und sich unterhalten.

Unverbindlich schlenderte sie zu der kleinen Gruppe hinüber. Simran erklärte, dass sie überlegten, nach Feierabend alle zusammen essen zu gehen. Hansa entging nicht, dass niemand sie fragte, ob sie mitkommen wollte, doch da sie wusste, dass es unter ihren Kollegen kein großes Geheimnis war, dass sie und Gautam sich nicht gerade grün waren, nahm sie es ihnen nicht übel. Gautam war zuerst da gewesen und sie wollte ihre Anwesenheit niemandem aufdrängen.

„Hast du Lust mitzukommen, Hansa?“

Alle Köpfe drehten sich zu Gautam um. Hansa war anscheinend nicht die Einzige, die sein Vorschlag überraschte. Für einen Moment war sie nicht sicher, ob er sie aus reiner Höflichkeit fragte, doch sein auf ihr ruhender Blick war offen und ließ nicht darauf schließen, dass er eigentlich auf eine Absage hoffte. Sie schauten sich für einen Moment in die Augen, bevor Hansa die mit einem Mal eingetretene Stille unterbrach.

„Natürlich, gern“, lächelte sie und die Spannung verflog.

Die fünf einigten sich auf eine Gaststätte ganz in der Nähe, holten anschließend ihre Taschen und Jacken und keine halbe Stunde später saßen sie an einem Tisch in der gut besuchten Kneipe und studierten die Speisekarte. Nachdem alle bestellt hatten, fiel die Unterhaltung auf die bevorstehende Softwareumstellung in der Agentur. Während des Essens und je länger der Abend dauerte wechselten sie zu Agenturklatsch und die Themen wurden ungezwungener. Weil Wochenende war ließ Hansa sich von Simran überreden, mit ihr und Ravi ein paar Tequila zu trinken. Während Mohini verzichtete, weil sie schwanger war, passte Gautam ohne Begründung.

„Und ihr zwei kommt jetzt miteinander klar?“, traute Ravi sich nach fünf Tequila zu fragen. Er deutete, etwas fahrig mit dem Finger fuchtelnd, auf Hansa und Gautam.

„Wer hätte das jemals gedacht, nicht wahr?!“, lachte Hansa, die die Wirkung ihrer vier Tequila mittlerweile spürte. Da Gautam quasi neben ihr, an der Stirnseite des Tisches, saß, warf sie einen Arm um seine Schultern, um ihre Worte noch zu verdeutlichen. Gautam warf ihr einen skeptischen Blick zu, aber ließ es geschehen.

„Tiptop!“ Ravi wackelte anerkennend mit dem Kopf und hob sein Tequilaglas, um mit Hansa anzustoßen. Sie ließ sich nicht lange bitten und ihre Gläser klirrten aneinander. Beim Abstellen bemerkte sie aus dem Augenwinkel heraus, wie Gautam sie musterte. Sie wandte sich ihm zu und hatte große Lust ihn ein bisschen zu locken.

Ihren Kopf etwas gesenkt, schaute sie ihn von unten hinauf an. „Gefällt dir was du siehst?“ Sie lallte ein klein wenig, doch den angestrebten verführerischen Unterton meisterte sie zu ihrer Zufriedenhaft mit Bravour.

Gautam schaute kurz zur Seite, wirkte beinahe ertappt, doch er riss sich augenblicklich wieder zusammen und begegnete ihrem Blick mit Entschlossenheit. „Solltest du nicht vielleicht langsam mit dem Tequila aufhören?“, fragte er mit gesenkter Stimme.

Hansa verdrehte die Augen. „Mach dich doch mal ein bisschen locker, mein Lieber. Es ist noch niemand gestorben, nur weil er ein bisschen Spaß hatte.“ Sie hielt ihm einen Tequila und eine Zitronenscheibe hin.

Gautams Blick wanderte von ihrem Gesicht, zu dem kleinen Glas und wieder zurück. Ermunternd hob sie die Augenbrauen und nickte. Er schien regelrecht mit sich zu kämpfen.

„Na meinetwegen“, grummelte er und nahm ihr den Shot ab.

Hansa klatschte freudig während er ihn hinter stürzte und dann mit verzogenem Gesicht in die Zitrone biss.

„Siehst du! War doch gar nicht so schlimm“, meinte sie grinsend und klopfte ihm anerkennend auf den Rücken. Sein darauf folgendes Knurren brachte sie zum Lachen.

Hansa schaffte es noch zwei weitere Male Gautam zum Tequilatrinken zu überreden, während sie selbst am Ende bei neun stand. Auch Simran und Ravi hatten weiterhin ordentlich zugelangt. Mohini war gegen 23 Uhr schließlich diejenige, die beschloss, dass alle genug hatten und sie sich langsam auf den Heimweg machen sollten.

Als alle vor der Kneipe standen, sich voneinander verabschiedeten und anschickten, den Heimweg anzutreten, war Hansa die einzige, die in eine andere Richtung musste. Simran bot an, sie nach Hause zu begleiten, da es für sie den kürzesten Umweg bedeutet hätte, doch Gautam mischte sich ein.

„Ich glaube nicht, dass zwei angetrunkene junge Frauen nachts alleine herumlaufen sollten. Ihr drei nehmt euch am besten ein Taxi und ich begleite Hansa nach Hause.“

Hansa wollte erst protestieren und darauf bestehen, dass sie es nicht besonders weit hatte und es daher für sie kein Problem war, allein nach Hause zu gehen, doch Gautam wirkte so entschlossen, dass sie sich auf die Zunge biss und ihre Einwände herunterschluckte.

Nachdem sie ein paar Meter gegangen waren, bemerkte Hansa, dass der Tequila ihr doch ein wenig mehr zusetzte, als sie zunächst angenommen hatte. Geradeaus zu laufen stellte für sie eine unüberwindbare Aufgabe dar, also taumelte sie kichernd in kleinen Schlangenlinien neben Gautam her. Sie stolperte ein paar Mal über ihre eigenen Füße bis es Gautam zu bunt wurde und er sie am Arm fasste. Er ließ sie sich bei sich unterhaken, sagte aber nichts weiter.

Hansa schaute ihn eine Weile unter schweren Lidern hervor an, doch er hielt seinen Blick weiter stur geradeaus gerichtet. Ihre Sicht war etwas verschwommen, doch sie sah, dass sein Kiefermuskel unaufhörlich arbeitete.

„Tut mir leid“, hörte sie sich mit leiser, lallender Stimme sagen.

Er drehte seinen Kopf zu ihr und schaute sie fragend an. „Was tut dir leid?“

Ja, was eigentlich? Sie begegnete seinem Blick einen Moment lang, bevor sie sich abwandte und auf den Boden schaute. Aus einem Impuls heraus legte sie ihren Kopf auf seine Schulter.

„Du bist sauer, weil ich betrunken bin und du mich nach Hause bringen musst“, nuschelte sie.

Es dauerte mehrere Minuten bis er endlich antwortete – zumindest kam es ihr so vor. „Bin ich nicht. Jeder trinkt mal einen über den Durst“, meinte er und seine Stimme klang etwas steif.

„Du nicht!“, protestierte sie und zog den Kopf zurück, um ihn anzuschauen. Die ruckartige Bewegung ließ sie ein wenig schwindeln.

Gautam schaute sie überrascht an, lachte dann aber leise. „Ob du es glaubst oder nicht, ich bin auch schon das ein oder andere Mal betrunken gewesen.“

Ein Grinsen machte sich auf Hansas Gesicht breit und sie ließ ihren Kopf wieder auf seine Schulter sinken. „Ich glaube dir. Du würdest nie eine betrunkene Frau anlügen“, beschloss sie, während sie ihren zweiten Arm auch noch um Gautams Oberarm schob.

Als sie schweigend weiterliefen, fiel es Hansa immer schwerer, ihre Augen offen zu halten. Sie war plötzlich hundemüde. Wärmesuchend schmiegte sie ihren Körper gegen Gautams Arm und sog tief Luft ein.

„Du riechst so gut …“, murmelte sie geistesabwesend und mit halb geschlossenen Lidern.

„Wir sind da!“ Gautams Stimme klang selbst in ihren Ohren unnatürlich hölzern.

Als er sich aus ihren Griff befreite, stolperte sie nach hinten, woraufhin er sie mit einer Hand um ihre Hüfte auffing und stützte.

„Ich bringe dich besser noch hoch bis zu deiner Wohnung“, stellte er fest und festigte seinen Griff noch etwas.

Es dauerte eine Weile bis Hansa ihren Schlüssel in ihrer Tasche gefunden hatten. Um Zeit zu sparen übernahm dann Gautam das Türaufschließen.

Das Hinaufsteigen in den fünften Stock dauerte geschlagene zehn Minuten, in denen Hansa mehrmals stolperte und Gautam sie die ganze Zeit stützen musste. Er hatte sich ihren Arm um die Schultern gelegt und hielt sie mit unerschütterlichem Griff um die Taille fest.

Endlich an ihrer Wohnungstür angekommen, steckte Gautam wieder den Schlüssel für sie ins Schloss.

„Trink am besten noch ein Glas Wasser, bevor du ins Bett gehst“, riet er ihr ohne ihr in die Augen zu schauen.

Sie nickte stumm und stand ein paar Augenblicke unschlüssig herum, bevor sie sich entschloss ihm eine Abschiedsumarmung zu geben. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und legte ihm die Arme um den Nacken.

„Danke fürs Nachhausebringen“, murmelte sie gegen seinen Hals. „Und entschuldige die Umstände …“

Sie meinte, seine pochende Halsschlagader unter ihren Lippen zu spüren … Und sein volles Haar fühlte sich so weich zwischen ihren Fingern an … Doch da musste sie sich irren. So nah war sie ihm doch gar nicht …? Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie ihre Augen geschlossen hatte. Mühevoll öffnete sie sie, aber in diesem Moment bemerkte sie Gautams Hände auf ihren Schultern, die sie sanft von ihm wegdrückten. Müde schaute sie ihn an, doch er hatte sich schon von ihr abgewandt und mit einem hastigen „Gute Nacht“ verschwand er die Treppe hinunter.

Unschlüssig stand Hansa noch einen Moment lang da, bevor sie in ihre Wohnung ging, die Tür hinter sich schloss und in Richtung ihres Zimmers torkelte. Sie ließ sich auf ihr Bett fallen und war kaum eine Sekunde später auch schon eingeschlafen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  topanga
2016-08-14T18:13:25+00:00 14.08.2016 20:13
HELLO, PLEASE UPDATE THANK YOU


Von:  Mindgames
2014-09-03T23:53:15+00:00 04.09.2014 01:53
Huhu =)

Da hat sich das Warten wirklich gelohnt, denn es war wieder ein super Kapitel! :)
Ich fand es gut, dass Hansa mit Aditi und Surya über Gautams Verhalten gesprochen hat, denn ich glaube auch, dass die beiden mit ihrer Theorie darüber recht haben :D

Hach und Gautam verblüfft mich jedes Mal. Ich meine er lädt sie doch tatsächlich freiwillig dazu ein sich der Gruppe anzuschließen. Und als er sie danach auch noch nach Hause begleitet hat, Hansas Kopf auf seiner Schulter... man, ich hätte wirklich quietschen können :D
Haha, deine Geschichte macht mich ja schon komplett zum Fangirl :DD

Hoffentlich hat Hansa am nächsten Morgen kein böses Erwachen :D
Ich bin mal gespannt was Gautam darüber denkt. Wobei ich mal schätze, dass er selbst nicht mehr so ganz weiß, wo ihm nun der Kopf steht^^

Freu mich schon sehr aufs nächste Kapitel =) bis dahin lass ich dir ganz liebe Grüße und viel Motivation da :3


Von:  alandatorb
2014-09-02T14:44:51+00:00 02.09.2014 16:44
Hallo!
Ich habe deine Geschichte schon vor längerer Zeit gefunden und auch das erste Kapitel gelesen, dann aber leider keine Zeit zum Weiterlesen gehabt - so landete sie fast ungelesen auf meiner Favo-Liste.
Durch dieses neue Kapitel wurde ich wieder an sie erinnert und hatte auch endlich die Zeit sie mir vollständig durchzulesen.

Ich finde deine Geschichte sehr erfrischend und gut durchdacht. Eine Beziehung zwischen zwei Arbeitskollegen kann immer durch einen schlechten Start für eine sehr lange Zeit geprägt sein. Ob die Geschichte nach Indien passt, kann ich noch nicht völlig einordnen, da die Frauen in deiner Geschichte sehr stark und unabhängig sind. Dies wäre für Indien wünschenswert, ist aber häufig nur in den Filmen so, außer man ist in den Großstädten, was ja bei dir der Fall zu sein scheint.

Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie es mit den beiden so weitergeht. Lass dir Zeit beim Schreiben - nur so kommt etwas so schönes wie deine Geschichte heraus und sie wird bestimmt nicht nur von zwei Leuten gelesen.

LG
Alanda


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