Opposites Attract von elfogadunk ================================================================================ Kapitel 14: ------------ „Wo warst du so lange? Wolltest du dir nicht nur Kaffee holen?“ Nur Gautam konnte es fertig bringen so eine normale Frage so vorwurfsvoll klingen zu lassen. Er schaute nicht einmal von dem Ordner auf, den er vor sich liegen hatte. „Tut mir schrecklich leid, aber Ravi hat mich auf dem Weg zur Teeküche gefragt, ob ich kurz über einen seiner Kostenvoranschläge drüber schauen kann“, entgegnete sie spitz. Gautam gab einen missbilligenden Laut von sich, sagte aber nichts weiter. Hansa stellte ihren noch dampfenden Kaffee auf den Tisch und setzte sich auf ihren Platz. Als sie vor einer Dreiviertelstunde in die Agentur gekommen war, hatte Gautam bereits im Besprechungsraum gesessen und war voll in seine Arbeit vertieft gewesen. Nachdem Hansa ihren Laptop hochgefahren hatte, nahm sie einen Schluck von ihrem Kaffee und warf einen Blick in den auf dem Agenturserver liegenden Projektordner. Überrascht stellte sie fest, dass seit Freitag zwei neue Dateien hinzugekommen waren. „Hast du den Sitzplan und die Einladungen heute Morgen gemacht? Seit wann bist du denn schon da?“, wollte sie verwundert wissen. „Ich hatte gestern Abend ein bisschen Zeit übrig“, erwiderte er ohne aufzusehen. Hansa stieß einen kurzen Pfiff aus. „Du solltest dir wirklich ein bisschen mehr Freizeit gönnen, mein Lieber.“, stellte sie kopfschüttelnd fest. Sie überlegte einen kurzen Moment und fügte hinzu: „Nicht dass ich mir – wie gewisse andere Leute – ein Urteil über anderer Leute Privatleben erlauben würde.“ Sie warf ihm einen Seitenblick zu und bemerkte zufrieden wie er kaum merklich zusammenzuckte. Mit einem Grinsen lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Du dachtest doch nicht im Ernst, dass ich das vergesse?“ Er atmete tief durch, starrte aber weiterhin nur wortlos auf seinen Ordner. Hansa beobachtete ihn ein paar Augenblicke lang. „Jetzt sag mir doch einfach, was du meintest und wir können die Sache vergessen“, bot sie an, woraufhin er kurz die Augen schloss und Hansa dann direkt anschaute. Er wirkte seltsam irritiert. „Hör zu, ich habe absolut gar nichts damit gemeint. Ich habe dich letztes Wochenende im Rosengarten beim Tanzen gesehen. Das war‘s.“ Hansa beäugte ihn skeptisch. „Du warst auch da? Wieso hast du nicht Hallo gesagt?“ „Weil ich zu diesem Zeitpunkt noch auf deine Antwort geantwortet habe und nicht in der Stimmung war, mit dir zu sprechen. Außerdem warst du so mit Tanzen beschäftigt, dass ich dich bestimmt nur gestört hätte.“ Die Mischung aus Ablehnung und Nervosität, die er ausstrahlte, ließ Hansa die Stirn runzeln. Ein „Mhm“ war alles, was sie daraufhin von sich gab. Sie schauten sich noch einen merkwürdigen Augenblick lang in die Augen, bevor sie beide den Blick abwendeten und sich wieder ihren Aufgaben widmeten. Während des Arbeitens warf Hansa Gautam immer wieder skeptische Seitenblicke zu, allerdings war Gautam so vertieft, dass er davon nichts mitbekam. Sie fragte sich, was er eigentlich im Rosengarten gemacht hatte. Als Partygänger hätte sie ihn nicht gerade eingeschätzt. Und dass er sie anscheinend beobachtet hatte, verursachte ein merkwürdiges Gefühl in ihrem Bauch. Nach etwa einer Stunde riss Gautams Stimme sie aus ihren Gedanken. „Ich denke, es ist vorerst nicht mehr nötig, dass wir hier zusammen sitzen. Jeder weiß, welche Aufgaben er hat und die können wir auch an unseren Arbeitsplätzen erledigen.“ Dieser Vorschlag kam so aus dem Nichts, dass Hansa Gautam einen Augenblick lang nur verwirrt anschaute. Da es allerdings Sinn ergab, was er sagte, stimmte sie zu. Er nickte ihr daraufhin etwas steif zu und räumte seine Sachen zusammen, um danach den Raum zu verlassen. Kopfschüttelnd schaute sie ihm nach. Sie würde sich wohl nie an seine seltsam reservierte Art gewöhnen. Der Rest der Woche verlief ohne weitere Zwischenfälle. Beide kümmerten sich um ihre Aufgaben und liefen sich dabei kaum über den Weg. Hansa hatte ab und an das Gefühl, dass Gautam sie über die ganze Agentur hinweg beobachtete, doch jedes Mal, wenn sie in seine Richtung sah, war sein Blick starr auf seinen Computer gerichtet. Also tat sie es als Einbildung ab. „Ich gehe jetzt nach Hause. Wir sehen uns am Montag“, verabschiedete Hansa sich am frühen Freitagabend. Sie stand neben seinem Schreibtisch, ihre Tasche bereits über der Schulter. Verständnislos schaute Gautam sie an. „Ich habe dir gerade eine Mail geschickt. Es gibt ein Problem mit den Hotelreservierungen, das heute noch gelöst werden muss.“ „Heute noch? Es ist bereits kurz vor sechs. Geh lieber nach Hause und mach am Montag weiter.“ Er hob verärgert eine Augenbraue. „Oh, tut mir leid, wenn dir das zu viel Arbeit ist und deine ach-so-kostbare-Freizeit darunter leidet“, meinte er spitz. Hansa verdrehte sie Augen. „Jetzt tu bitte nicht so, als ob ich nicht bisher genauso viele Überstunden gemacht habe wie du. Und heute sind wir auch schon wieder die letzten hier. Irgendwann ist auch mal gut“, konterte sie gereizt und machte eine vage Geste in das große leere Agenturbüro hinein. „Mach doch, was du willst“, murrte er und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seinen Rechner. Hansa schnaufte laut. „Fein. Schlaf doch am besten hier, du Arbeitsfreak!“ Damit drehte sie sich um und ging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)