A New Life von Lady_Red-Herb ================================================================================ Kapitel 15: Out Of Control -------------------------- Chris hob den Blick, als er Geräusche vernahm, und blickte mit gerunzelter Stirn zu dem jungen Mann, der da sein Schlafzimmer betrat. Piers hatte den Kopf etwas gesenkt, blieb kurz in der Tür stehen, atmete tief durch und trat dann weiter auf das Bett zu, wo er sich neben seinem Captain auf die Bettkante sinken ließ. Er hob den Kopf, sah den Älteren an und seufzte dann ganz leise, ehe er sich etwas drehte und schließlich ganz aufs Bett setzte. "Was soll das?", murrte Chris leise, denn ihn überkam das Gefühl, dass Piers hier versuchte, ihn auf eine ganz fiese Art versöhnlich zu stimmen. Aber wenigstens war dem Jungen wohl überhaupt aufgefallen, dass Chris nicht gerade glücklich war. Innerlich schüttelte dieser jedoch den Kopf über sich selbst und ermahnte sich, nicht wirklich sauer auf Piers zu sein. Irgendwo hatte dieser ja Recht. Sie mussten alles versuchen, und viele Möglichkeiten blieben nicht mehr. das Virus konnte nicht entfernt werden, das Blut konnten sie nicht wirklich untersuchen, weil das Virus immer nach einer Weile einfach verschwand. Es vollends zu entnehmen war also vermutlich wirklich die einzige Chance, die ihnen noch blieb. Zudem war es seine eigene Idee gewesen. Aber Chris hatte einfach Angst. Piers war am Leben, nach allem, was geschehen war, war er immer noch da, und der Ältere wollte ihn nicht jetzt doch noch verlieren. Aber natürlich wusste ein Teil von ihm, dass das auch so passieren konnte, deshalb war ihm diese Idee ja überhaupt erst gekommen. Und er war ja auch selber schuld, dass er sie laut ausgesprochen hatte. Chris war im Grunde klar gewesen, wie Piers reagieren würde. "Was soll was?", hörte er diesen nun fragen, und er runzelte leicht die Stirn. Piers tat so unschuldig, so lieb, das war nicht fair. Der Scharfschütze musste genau wissen, dass Chris ihm auf Dauer nicht würde widerstehen können, und... Und was wurde das jetzt? Wieder runzelte der Ältere die Stirn, als Piers sich etwas erhob, leicht drehte und sich dann schließlich über ihn beugte und neben ihm abstützte. "Das hier", erwiderte Chris nun auf Piers' Gegenfrage und versuchte, ein wenig zurück zu weichen, was natürlich nicht gelang, da er schon gänzlich gegen das Kopfende gelehnt da saß, und es somit hinter ihm keinen weiteren Platz mehr gab. Ein leichtes Grinsen huschte bei dieser Erkenntnis über Piers' Lippen, und er kam Chris' Gesicht noch ein wenig näher. "Ich hab nachgedacht", meinte er leise, stoppte ganz knapp vor Chris' Lippen und schloss für einen Moment die Augen, ehe er sie wieder öffnete und den Blick des Älteren suchte. "Wer weiß, was noch so alles passiert. Ganz gleich, ob wir den Plan durchziehen oder nicht, mit mir kann es jeden Moment vorbei sein, oder ich könnte dich oder Rebecca verletzen... oder sonst wen..." Er seufzte schwer, schmiegte sich an Chris und legte die Lippen sanft auf seine, ehe er einen leichten Kuss auf diese hauchte. "Wir hatten bisher noch gar keine wirkliche Zeit füreinander, irgendwas kam immer dazwischen, aber... aber ich erinnere mich an deine Worte, daran, was du wirklich empfindest... und an den Kuss..." Piers grinste leicht, löste sich etwas von Chris' Lippen und ließ sich nun ganz auf ihn sinken, sodass der Ältere schon fast gezwungen war, die Arme um ihn zu legen, um ihn fest zu halten. "Und jetzt willst du die Zeit nutzen? Willst du mich versöhnlich stimmen oder was? Wird nicht klappen!" Chris knurrte leise, aber seine Stimme machte deutlich klar, dass seine Worte Unsinn waren, dass Piers es im Grunde ohnehin schon geschafft hatte, und die nächsten Worte bestärkten das noch. "Ich weiß, dass du Angst um mich hast, Chris. Und ich... ich verspreche, dass ich nichts tue, was du nicht willst", murmelte der Scharfschütze leise, während er sich immer enger an seinen Liebsten kuschelte. "Wenn du sagst, du findest es zu riskant, dann lassen wir es, und..." "Bist das wirklich du, der da redet?" "Natürlich. Denkst du, das Virus würde mich so mit dir reden lassen? Es würde mich vermutlich dazu benutzen, dich einfach zu töten und zu verschwinden." Wieder grinste Piers leicht, aber es war ein Grinsen, das seine Augen nicht erreichte. Er hatte Angst, sorgte sich um das, was er vielleicht tun würde, tun, ohne es selber zu bemerken. Aber... War das wirklich Angst in Piers' Blick? Oder etwas anderes? Waren da überhaupt Emotionen? Vermutlich war der junge Soldat einfach zu müde, um seine Gefühle wirklich deutlich zu machen, und das war ja auch kein Wunder. Das war es zumindest, was Chris sich einredete, aber ein gewisser Zweifel war nun da. Das hier war nicht der Piers, den er kannte, der ihm ohne zu zögern widersprach, wenn es sinnvoll war, der einen Dickkopf hatte, den er auch einsetzte, egal, gegen wen. Auf der anderen Seite war ihm sicherlich auch nicht entgangen, wie schwer das alles für Chris war, wie sehr es ihn mitnahm. Und auch wenn Piers sich immer wieder mal gegen die Meinung des Älteren stellte, er verletzte ihn nie. Nicht, wenn es nicht wirklich sein musste. Vielleicht hatte er nun einfach Schuldgefühle und wollte nicht, dass Chris schmollte oder gar sauer war. Und Piers hatte ja auch Recht, warum sollte das Virus so etwas tun? Vielleicht um ihn in Sicherheit zu wiegen, aber das war unnötig. Chris vertraute seinem Liebsten, dieser würde ihn also, kontrolliert vom Virus, jederzeit problemlos ausschalten können. "Vielleicht macht es dem Virus Spaß, mich zu verunsichern..." "Jetzt hör auf, ständig an dieses Virus zu denken, Chris. Wer weiß, wie viel Zeit uns noch bleibt, um..." "Um was...?", hakte der Captain nach und hob leicht eine Augenbraue. "Sex zu haben? Geht es nur darum?" Piers blinzelte leicht, biss sich auf die Lippen und löste sich ein wenig von Chris, was diesem gleich wieder ein schlechtes Gewissen einbrachte. Wieso hatte er das gesagt? Er wollte es doch auch, er wollte Piers näherkommen, ja, er wollte gerne auch mit ihm schlafen. Klar, das war nicht alles, und für Chris war es auch nicht zwingend nötig, das zu überstürzen, und er hätte Piers auch ganz ohne geliebt, aber der hatte dennoch Recht. Wer wusste schon, wie viel Zeit ihnen noch blieb, bevor wieder etwas passierte. Und sie sollten diese Zeit nutzen, füreinander, miteinander. Ob nun einfaches Kuscheln, Küssen oder wirklich Sex, das spielte dabei keine Rolle. Aber sie sollten auf keinen Fall streiten. "Tut mir leid", murmelte der Captain deshalb und zog seinen Liebsten nun selber wieder näher an sich heran. "Ich hab einfach Angst." "Ich weiß", hörte er Piers' Stimme an seinem Ohr, und wieder war da etwas, das ihn verunsicherte, das ihn zweifeln ließ. Chris kannte Piers. Kannte seine Stimme, seine Charakterzüge, seine Denkweise... Irgendetwas war anders, irgendetwas war falsch. Aber das musste nicht zwingend am Virus liegen, es konnte auch einfach das ganze Drumherum sein, das, was Piers in letzter Zeit hatte durchmachen müssen. Vielleicht hatte der junge Soldat Recht, vielleicht sollte er wirklich einfach mal aufhören, über das verdammte Virus nachzudenken, und sich einfach auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Solange er noch die Chance hatte, solange Piers noch bei ihm war. Und so verdrängte Chris nun einfach diese Gedanken, schloss die Augen und drückte Piers an sich, suchte seine Lippen und versiegelte diese mit den eigenen, küsste den Jüngeren erst sanft, und vertiefte diesen Kuss dann etwas, als Piers ihn nur zu gerne erwiderte. Sorgen machen konnten sie sich später immer noch, darüber diskutieren, ob sie den Plan nun durchführten oder nicht. Jetzt sollten sie erst einmal die gemeinsame Zeit genießen, solange sie es noch konnten, und Piers' Nähe hatte sich ohnehin bereits so stark auf Chris ausgewirkt, dass dieser nicht mehr hätte aufhören können. Er drückte den jungen Soldaten noch enger an sich, strich mit der Zunge über seine Lippen und drängte sie dann frech zwischen diese, als Piers den Mund ein wenig öffnete. Alles andere wurde nun schon ganz automatisch ausgeblendet, und Chris ließ sich einfach voll und ganz hierauf ein. Es war neu für ihn, vollkommen neu. Er hatte schon Beziehungen gehabt, Jill war jedoch seine letzte gewesen, und ein Mann war bisher noch nicht dabei gewesen, mit dem eigenen Geschlecht hatte er noch keinerlei sexuelle Erfahrungen gemacht. Aber er würde lernen, und Piers würde ihm kleine Fehler sicherlich nicht übel nehmen. Und etwas sagte Chris, dass auch der Jüngere zum ersten Mal mit einem Mann zusammen war. So, wie er die Interessen des Jüngeren einschätzte, wie er ihn bisher erlebt hatte, war das hier vielleicht sogar seine erste wirkliche Beziehung. Piers hätte mit seinem Aussehen und seinem Charakter vermutlich jede Frau bekommen können, und auch viele Männer, das stand außer Frage, aber er hatte sich immer vollkommen auf seine Arbeit konzentriert und wenige Menschen wirklich an sich heran gelassen. Chris war da eigentlich immer die einzige Ausnahme gewesen, und selbst diesem gegenüber war der Scharfschütze relativ verschlossen gewesen. Erst nach China, nach seiner Rettung, hatte Piers sich ihm wirklich geöffnet, und sicherlich gab es da noch immer einiges, das Chris nicht über ihn wusste. Aber das beruhte vermutlich auf Gegenseitigkeit, auch der Captain plauderte nicht einfach so aus dem Nähkästchen, auch wenn er alles in allem offener war als der Jüngere, der sich gerade so sehr an ihn schmiegte und sich frech etwas an ihm rieb. Ein leichtes Keuchen entwich daraufhin Chris' Lippen, und er spürte, wie sich die des jungen Soldaten zu einem leichten Grinsen verzogen, was dem Keuchen ein leises Murren folgen ließ. 'Na warte", dachte Chris sich innerlich, umspielte Piers' Zunge mit der eigenen, um ihn etwas abzulenken, und schließlich, als er sicher war, dass es funktioniert hatte und sich Piers und voll und ganz auf den Kuss konzentrierte, bewegte der Ältere sein Bein etwas und drückte es provokant gegen Piers' Schritt. Auch dem Scharfschützen entwich nun ein leichtes Keuchen, und er löste den Kuss etwas, biss einmal leicht in Chris' Lippe und drückte sich dann freiwillig ein wenig gegen das Knie, das sich noch immer an seinem Schritt befand.. Und erneute Zweifel, die Chris überkamen, die ihn in seinem Tun zögerlicher werden ließen. Er selber war schon ein wenig erregt, was auch deutlich zu spüren war, doch bei Piers tat sich einfach nichts. Und egal, wie müde er sein mochte, wie sehr auch ihn all das Geschehene belastete, sein Körper hätte in irgendeiner Art und Weise reagieren müssen, wenn auch nur leicht. Aber da war gar nichts, keine Regung in Piers' Männlichkeit, sein Atem ging ruhig, und auch sein Herz schien vollkommen gleichmäßig zu schlagen. Nur das leichte Keuchen hatte Chris denken lassen, dass da etwas war, doch ein solches Keuchen konnte man vortäuschen... Das alles war doch nicht normal, das war... "Warum hörst du auf? Das ist nicht nett", hörte Chris den Jüngeren nun sagen, der sich etwas weiter gelöst hatte und ihn mit schief gelegtem Kopf ansah. "Das weißt du ganz genau." "Achja?" "Ja, und jetzt geh runter von mir, denn so will ich das erste Mal mit Piers ganz bestimmt nicht!" Der Jüngere grinste wieder leicht, neigte den Kopf zur anderen Seite und streckte eine Hand aus, um über Chris' Wange zu streicheln, doch der Captain griff nach dieser Hand und hielt sie bestimmt fest. Das Grinsen wich aus Piers' Gesicht, und ein leichtes Murren kam stattdessen über seine Lippen. "Ich will es aber." "Aber Piers nicht, nicht so, das weiß ich genau." "Ich bin Piers!" Chris schüttelte den Kopf, atmete tief durch und ließ die Hand des Jüngeren langsam wieder los, die nun keine Anstalten mehr machte, seine Wange zu berühren. "Das ist das Virus, das da spricht, nicht Piers. Aber warum? Warum so? Warum... warum tötest du mich nicht einfach?" "Weil das langweilig wäre." Diese Antwort überraschte den Brünetten nicht wirklich, denn er hatte seine Gedanken zuvor ja schon in diese Richtung wandern lassen. Und nun bestätigte sich sein Verdacht, und Piers war in diesem Moment wirklich nicht er selbst. Dennoch erschreckte es Chris ein wenig. Ja, der Jüngere hatte sich etwas ungewohnt verhalten, aber nicht wirklich verdächtig, Chris hatte sich nicht genug gewundert, um es wirklich zu bemerken. Sicher, er hatte seine Zweifel gehabt, aber diese waren auch schnell wieder verflogen. Und nun lag er hier, und der Gedanke daran, was beinahe passiert wäre, widerte ihn beinahe an. Aber... egal, wer diesen Körper gerade auch kontrollierte, es war immer noch Piers' Körper. Er hatte Piers geküsst, sonst niemanden, das durfte Chris nicht vergessen. Hier auf ihm lag Piers, und niemand sonst, und deshalb musste er vorsichtig sein. Immerhin wollte er den jungen Mann ja nicht verletzen. "Und was hast du nun vor?" "Ich hatte meinen Spaß. Nicht lange, aber immerhin. Jetzt kommt der nächste Schritt." "Der nächste...", begann Chris eine Frage, stockte aber, als Piers eine Hand hob, sie zur Faust ballte, und auf ihn hinabsausen ließ. Der Ältere versuchte noch, den Schlag zu stoppen, aber das gelang ihm nicht mehr wirklich. Er konnte ihn abbremsen, dennoch war der Fausthieb, der auf seine Brust gerichtet war, heftig und nahm ihm für einen Moment die Luft zu atmen, fügte ihm enorme Schmerzen zu, denn seine Rippen waren ja immer noch angeschlagen. Chris hustete etwas, kniff die Augen zusammen und griff nach Piers' Hand, die erneut zum Schlag ausholen wollte. "Lass das", murmelte er, schüttelte den Kopf und biss etwas die Zähne zusammen. Der Schlag hatte zwar wirklich weh getan, schien ihn aber nicht ernsthaft verletzt zu haben, immerhin etwas. Doch Chris war klar, dass Piers, nein, dass das Virus, nun nicht aufhören würde. Es wollte nun offenbar das tun, was er selber eben angesprochen hatte: Ihn töten. Und das musste Chris verhindern. Zum Einen, weil er nicht sterben wollte, und auch nicht wollte, dass Piers danach noch Rebecca erwischte, zum Anderen auch, weil er nicht wollte, dass der Scharfschütze am Ende wieder zu sich kam und begriff, was er, was sein Körper, getan hatte. "Du hast keine Chance, Piers, nicht gegen mich", murmelte Chris nun und drückte fest die Hand des Jüngeren, um ihm zu zeigen, wer hier der Stärkere war. In den Trainingskämpfen war Chris immer der mit den höheren Kraftreserven. Er gewann nicht immer, weil Piers seine Vorteile gut zu nutzen wusste, aber das waren andere Situationen. Piers' gute Augen und Reflexe, seine Schnelligkeit und seine Fähigkeit, schnell umzudenken, brachte ihm hier nicht sonderlich viel. Er hatte keinerlei Bewegungsfreiheit, und noch dazu kontrollierte er seinen Körper gerade nicht selber. Er konnte nicht gewinnen, er konnte... Aber da hatte Chris sich offenbar geirrt, und ihm wurde klar, dass er eine sehr wichtige Sache vergessen hatte. Zu spät wurde ihm das klar, und ein weiterer Schlag entlockte ihm ein schmerzerfülltes Keuchen, seine Rippen krachten laut unter dem Aufprall dieses Schlags. Piers hatte Chris die eigene Hand ohne jegliche Mühe entzogen, sie erneut zur Faust geballt und dieses Mal auf den Bereich zwischen Brust und Bauch des Älteren gezielt. Er war schnell, er war stark, und er nahm keine Rücksicht. Nein, das war nicht Piers, das stimmte schon, aber das war genau das, was die Sache noch viel schwieriger machte. Das hier war ein Virus, und Viren machten stärker, gaben einem übermenschliche Kräfte. Und diese verbanden sich nun mit dem, was Piers ohnehin schon konnte. Aber das begriffen zu haben, brachte Chris nun auch nichts mehr. Es war nicht Piers, der keine Chance hatte, er selber hatte keine. Denn im Gegensatz zu dem Scharfschützen zögerte er, denn er wollte seinen Liebsten ja nicht verletzen. Doch er schien keine Wahl zu haben, er musste etwas tun, wenn er nicht wirklich einfach sterben wollte. Wieder holte Piers aus, und dieses Mal wehrte Chris den Schlag mit beiden Armen ab, nutzte es, dass Piers einen Moment lang überrascht zu sein schien, und stieß ihn mit den Beinen von sich. Der junge Soldat ruderte etwas mit dem Armen, um sein Gleichgewicht nicht zu verlieren, gab es dann auf, ließ sich seitlich aufs Bett fallen, rollte sich von diesem runter und stand dann gleich wieder auf den Beinen. Aber auch Chris hatte sich in diesen wenigen Momenten erhoben und musterte den Jüngeren nun von oben nach unten. Piers' Haltung war perfekt, das Virus hatte also Kontrolle über alles an diesem Körper, wusste alles, was Piers wusste. Das machte die Sache natürlich nicht einfacher. "Wie war das? Ich hab keine Chance? Du wirst alt, Chris, du lässt nach!" Ein leises Lachen war zu hören, und Chris schauderte leicht. Das passte so überhaupt nicht zu dem Jüngeren, und es war ein Lachen, das er nie wieder hören wollte. "Gib mir Piers zurück, oder ich lösche dich aus." "Achja? Ihr habt das schon mehrmals versucht. Die Wissenschaftler, die Ärzte, bei der B.S.A.A. und auch in dem anderen Labor... Keiner hat es geschafft, diesen Körper vom Virus zu befreien. Es ist unmöglich, es haftet an Piers' Blut, und solange auch nur noch ein Tropfen davon in diesem Körper ist, hast du keine Chance!" Also mussten sie es wirklich tun, sie hatten tatsächlich keine Wahl. Das Virus haftete am Blut, das Blut war der Schlüssel, und so musste Piers es los werden. Falls die Worte die Wahrheit waren. Aber sie klangen nicht gelogen, und warum sollte das Virus auch lügen? Aber warum sollte es seine Schwäche gestehen? Das war die andere Frage. Vielleicht war es unbewusst geschehen, im Eifer des Gefechts... Chris beschloss zumindest, nicht darauf einzugehen, damit das Virus nicht merkte, was es so eben gesagt hatte. "Du weißt, dass ich Piers nicht weh tun will, aber ich lasse mich auch nicht einfach töten. Schon gar nicht von diesen Händen", knurrte Chris leise und trat einen Schritt auf Piers zu. Er würde ihm weh tun müssen, er hatte gar keine Wahl. Aber er musste aufpassen, dass er den Jüngeren zumindest nicht ernsthaft verletzte. Dieser stürmte nun auf Chris zu, und der Ältere machte sich bereit, blieb stehen, rührte sich keinen Millimeter vom Fleck, und stemmte sich dem Angriff mit seinem ganzen Körper entgegen, die Schmerzen in Bauch und Brust verdrängend. Ja, das da war Piers, mit all seinem Wissen, seiner Kraft und seiner Schnelligkeit, und dennoch war er anders. Es war nicht Piers' Bewusstsein, das da handelte, und so war sein Kampfstil noch trotz allem nicht perfekt, und es fiel Chris unglaublich leicht, ihn abzuwehren. Mehrmals versuchte es das Virus noch, auf verschiedene Arten, mit hohen Schlägen und tiefen Schlägen, mit Tritten, mit dem ganzen Körper, aber Chris stand da wie ein Fels in der Brandung, und auch, wenn er langsam schlapp zu machen drohte, ließ er nicht nach. Und das Virus bemerkte das, es bemerkte, dass es so nicht weiter kam. Dennoch versuchte es einen weiteren Angriff, stürmte mit einem Aufschrei auf Chris zu, holte wieder zu einem Schlag gegen seine Brust aus, und wurde erneut gestoppt. Chris hatte Piers' Hand gepackt, so wie schon zuvor im Bett. Er ließ den Schlag teilweise durch, akzeptierte den neuerlichen Schmerz und überraschte das Virus mit der Aktion so sehr, dass der kontrollierte Körper erst einmal zum Stillstand kam. Diese Tatsache nutzte der Captain, packte Piers und schleuderte ihn zu Boden, ehe er sich über ihn kniete und seine Arme auf den Boden pinnte. "Wie schon gesagt, du hast keine Chance", murrte Chris nur, und der Blick, den Piers ihm präsentierte, schmerzte ihn sehr. Diese Wut, diese Verzweiflung... Aber Chris musste sich darüber im Klaren bleiben, dass das nicht wirklich Piers' Emotionen waren. "Ich bin noch nicht besiegt, Chris. Du musste Piers schon töten. Und zerstückeln. Und am besten verbrennen. Sonst komme ich immer wieder." "Keine Sorge, wir werden dich schon los." "Und wie?", hakte Piers nach und verzog die Lippen zu einem Grinsen. "Du willst mir nicht weh tun, und selbst wenn... Egal, wie oft und fest du zuschlägst, du kannst mein Bewusstsein nicht ausschalten, du schadest nur diesem Körper." "Das werden wir ja sehen!", knurrte Chris nur und holte zum Schlag aus, doch er führte diesen nicht aus. Piers zuckte nicht einmal, sah ihn emotionslos an, abwartend. Er fürchtete den Schlag nicht, wusste, dass er ihm nichts würde anhaben können. Der Ältere war sicher, dass das nicht gespielt war, dass es in der Tat nichts bringen würdre, dass er sich etwas anderes einfallen lassen musste. Aber was? Eines fiel ihm ein, aber es war riskant, und er fühlte sich nicht wohl dabei. Andererseits... hatte er wirklich eine Wahl? Nein, vermutlich nicht. Und Piers stemmte sich nach wie vor gegen ihn, würde sich irgendwann vermutlich aus dem Griff befreien. Chris musste schnell handeln. "Ohne Sauerstoff wirst auch du ausgeschaltet, und vielleicht bekomme ich dann Piers zurück, wenigstens lange genug." "Das wagst du nicht..." "Ich hab keine Wahl", erwiderte der Ältere nur, biss sich auf die Lippen und ließ Piers' Hände los, um die eigenen anschließend um seinen Hals zu legen. Einen kurzen Moment lang zögerte der Captain noch, dann jedoch drückte er zu, biss sich noch fester auf die Lippen, bis er Blut schmeckte, und zwang sich, den Hals des Jüngeren nicht einfach wieder los zu lassen. Piers keuchte, sichtlich überrascht, griff nach Chris' Händen und versuchte, diese von seinem Hals zu lösen, aber es gelang ihm nicht, und seine Beine waren durch das Gewicht des Älteren beinahe bewegungsunfähig gemacht worden. Nach und nach wurde der Sauerstoff knapp, und Piers geriet langsam aber sicher in Panik. Er riss immer fester an Chris' Händen, seine Augen weiteten sich, und er versuchte verzweifelt, Luft zu bekommen. Es war ein Anblick, den der Ältere nicht länger ertrug, und so drehte er den Kopf zur Seite und schloss sogar die Augen, um nicht am Ende doch noch los zu lassen. Aber auch wenn Chris nun nichts mehr sehen musste, das Röcheln, die verzweifelten Versuche, nach Luft zu schnappen, hörte er dennoch, und er spürte auch Piers' Versuche, seinen Griff zu lösen, ebenso wie das harte Pochen unter seinen Fingern. Doch nach und nach wurden die Versuche jedoch schwächer, und auch das Röcheln wurde leiser, die Abstände wurden größer, und irgendwann spürte Chris, wie Piers' Hände von seinen Handgelenken glitten, und er hörte, wie die Arme des Jüngeren auf den Boden schlugen, dann war es still. Kein Röcheln mehr, keine Regungen mehr, und der Captain öffnete die Augen wieder, drehte den Kopf zu Piers und ließ dessen Hals los, woraufhin der Kopf des Scharfschützen einfach zur Seite sackte. Hatte er übertrieben? Hatte er gerade etwa...? Chris schüttelte den Kopf, hielt die Luft an und tastete vorsichtig nach dem Puls des Scharfschützen. Er war schwach, aber vorhanden. Vorsichtig drehte der Captain nun Piers' Kopf gerade und beugte sich etwas über sein Gesicht. Als er keine Atemzüge vernehmen konnte, wollte er sich für eine Beatmung weiter hinab beugen, als er ein leises Röcheln vernahm, gefolgt von einem kraftlosen Husten. Der Brünette löste sich ein wenig von Piers und blickte gebannt in dessen blasses Gesicht. "Komm schon... wach auf...", murmelte er leise und ballte die Hände zu Fäusten, als der Jüngere mit einem Mal wieder vollkommen still war. Dann jedoch hustete er erneut, schnappte keuchend und angestrengt nach Luft und schlug schließlich sogar die Augen auf. Verwirrt und benommen blickte er zu seinem Liebsten auf, und Chris wurde klar, dass Piers überhaupt nicht wusste, was los war. Er hatte ja bereits erwähnt, dass er sich nicht an die Momente erinnern konnte, in denen das Virus ihn kontrolliert hatte, und so musste es auch jetzt sein. "Was...?", nuschelte er da auch schon und griff sich mit schmerzerfülltem Blick an den Hals. "Es tut mir leid...", erwiderte Chris nur kopfschüttelnd, zog Piers an den Schultern vorsichtig in eine sitzende Position und legte dann sanft die Arme um den verwirrten jungen Mann. Chris selber zitterte am ganzen Körper, und der Anblick und die Geräusche des sterbenden Piers hatten sich in seinen Kopf gebrannt und ließen ihn nicht mehr los. Er wusste, dass er keine Wahl gehabt hatte, aber das bedeutete nicht, dass er stolz war auf das, was er getan hatte. Er hatte den Menschen erwürgt, den er liebte, und wenn er noch länger zugedrückt hätte, wenn er am Ende zu erstarrt gewesen wäre, um etwas zu tun... vielleicht hätte er diesen Menschen dann sogar getötet. Es war im Grunde einfach Glück, dass Piers überlebt hatte, und Chris war nun wirklich klar, dass sie dieses verdammte Virus um jeden Preis los werden mussten. "Wir werden den Plan durchführen. Wir werden dich wieder zum Krankenhaus der B.S.A.A. bringen, wir werden dein gesamtes Blut erneuern lassen, und wir werden hoffen und beten, dass du überlebst, und dass das Virus es nicht tut", hauchte Chris in Piers' Ohr, und der Jüngere saß einfach nur da, schlapp, mit schmerzendem Hals und vollkommen verwirrt. Was war passiert? Warum tat sein Hals so weh? Warum wirkte Chris so vollkommen fertig? "Was...?", begann der Scharfschütze also ein weiteres Mal, aber weiter kam er bei dieser Frage einfach nicht. Er hatte kaum Stimme, und jeder Atemzug strengte ihn an. Es war, als hätte ihm jemand den Hals zugeschnürt. Chris löste sich nun langsam von ihm, sah ihm in die Augen und schüttelte leicht den Kopf. Ja, das war sein Piers, der echte Piers, das erkannte er sofort. Er war am Leben, er war er selbst, und eigentlich durften sie nun keine Zeit mehr verlieren. Aber der junge Soldat brauchte Ruhe. So geschwächt würde er die geplante Prozedur vermutlich nicht überstehen. Und noch immer wartete er auf eine Antwort, das war Chris natürlich nicht entgangen. Aber auch wenn er wusste, dass Piers nicht sauer sein würde, zögerte der Captain noch immer, einfach, weil ihm diese Erinnerung so zusetzte. Die aufgerissenen Augen, das Röcheln, die verzweifelten Versuche, Chris von sich zu stoßen... Aber auch die Worte zuvor, die Angriffe des Virus... Vermutlich hatte dieses mit einigen Worten Recht gehabt. Chris wurde alt, zu alt für all das, wie es schien. Er atmete tief durch, dann erhob er sich langsam und zog Piers dabei vorsichtig mit sich, mit schnerzverzerrtem Gesicht, und noch immer, ohne ihm geantwortet zu haben. Erst als er den Jüngeren auf seinem Bett verfrachtet und ihm ein Glas Wasser in die Hand gedrückt hatte, war er bereit, die erbetene Antwort zu geben. Chris setzte sich auf die Bettkante, blickte auf seine Hände hinab und schloss die Augen, ehe er Piers berichtete, was wenige Momente zuvor passiert war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)