Que faire si? Oder: Was wäre, wenn ...? von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 26: Das Ende vom Anfang? -------------------------------- Genervt betrat Takeru das Verlagsgebäude. Er fragte sich, was sein Vater heute von ihm wollte. Immerhin hatte er sich heute auch noch frei genommen, um mit Louisa und Jean Tokio unsicher machen zu können. Die ungläubigen Blicke, die er von seinen Kollegen erntete, waren ihm herzlich egal. Wenn man ihn mitten am Vormittag in sein Büro zitierte, obwohl er frei hatte, dann mussten sein Vater sowie seine Kollegen sich damit abfinden, dass er sich nicht an die Kleiderordnung hielt. Heute mussten seine Cargo Hose sowie ein Freizeithemd anstatt Anzug und Krawatte reichen. Seinen Kaffee, den er sich eigentlich im Café mit Jean und Louisa schmecken lassen wollte, hielt er nun in einem Pappbecher in der Hand. Der junge Mann wartete ungeduldig auf den Fahrstuhl, während er einen Schluck seines Getränks nahm. Den lästigen Deckel hatte er in seiner anderen Hand. Dieser störte ihn beim Trinken immer. Im Allgemeinen hasste er es so seinen geliebten Kaffee zu trinken. Das schwarze Gold gehörte für ihn in eine Tasse und nicht in einen Pappbecher. Die Fahrstuhltür öffnete sich. Ohne auf die Menschen zu achten, die diesen verließen, hechtete er rein. Dabei rempelte er jemanden an. Der Kaffee kippte über den Rand und landete auf seiner Hand. „Klasse, der Tag kann nicht besser laufen“, grummelte Takeru vor sich her. Bevor er sich entschuldigen konnte hörte er eine vertraute Stimme. „Diesmal bin ich nicht schuld.“ Hikari reichte ihm ein Taschentuch und wischte sich selbst die Kaffeespuren von ihrem Blazer. „Danke schön. Der Kaffee du und ich, dass ist eine gefährliche Kombination, die wir unbedingt vermeiden sollten. Das ist nicht gut für unsere Klamotten. Halte mal bitte denn Becher.“ Sie nahm ihm diesen ab. Er wischte sich den Kaffee von der Hand und drückte die entsprechende Taste. „Wenigstens sind deine Klamotten sauber geblieben. Was ich von meinem Blazer nicht behaupten kann.“ „Dann ziehe diesen aus. Das kann wohl nicht so schwer sein“, grinste er sie an. „Kommt mir irgendwie bekannt vor. Haben wir die Rollen getauscht?“ Der Fahrstuhl öffnete sich. Beide stiegen aus. Takeru fischte in seiner Hosentasche nach seinem Schlüsselbund und suchte den entsprechenden Schlüssel heraus. „Was machst du heute hier? Ich dachte, du hast frei und wolltest Louisa und Jean Tokio zeigen.“ Gemeinsam betraten sie Takerus Büro. „Wollte ich auch. Hiroaki hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er meinte es sei sehr wichtig. Weißt du mehr, Hika?“ Hikaris Gesicht zeigte eine leichte Röte, als Takeru sie mit dem Kosenamen ansprach, den er ihr gegeben hatte. „Ich weiß es nicht. Vielleicht hat es etwas mit dem Pariser Verlag zutun. Ich habe nämlich auch einen Termin bei deinem Vater. Wir sollten das nicht tun.“ „Fontaine ist bestimmt nicht begeistert, dass wir deine Fotos genommen haben“, überlegte der junge Mann. Verunsichert sah er Hikari in ihre Augen, als ihr letzter Satz sein Bewusstsein erreicht hatte. „Was sollten wir nicht tun?“ „Takeru! Wir wissen beide nicht, was zwischen uns ist. Wir sind in deinem Büro. Ich muss heute arbeiten und du bist nun mal -“ Weiter kam sie nicht, da er ihr einen Finger auf den Mund gelegt hatte. „Wir wollten beide zusammen herausfinden, was zwischen uns ist. Schon vergessen?“ Beide verloren sich in den Blick des anderen. Sachte schüttelte sie ihren Kopf. Hikari nahm seine Hand in ihre und schob sie an ihre Wange. „Nein, das habe ich nicht. Trotzdem ist dies nicht der geeignete Ort dafür. Du bist mein Vorgesetzter-“ „Ich bin noch nicht in der Arbeitszeiterfassung eingeloggt. Das heißt zurzeit bin ich nicht im Dienst.“ Sanft lächelte er sie an und zog sie enger an sich heran. Hikari blickte ihn mit leuchtenden Augen an. Takeru sah auf ihre sinnlich geschwungen Lippen. Langsam senkte er seinen Kopf. Mit Freunde nahm er wahr, dass sie sich ihm entgegenstreckte. Kurz bevor sich ihre Lippen trafen schlossen beide ihre Augen. Ihr gemeinsamer Moment wurde durch das Klingeln seines Telefons unterbrochen. Genervt drehte sich Takeru zu seinem Schreibtisch. „Ich hätte heute eigentlich frei. Wieso weiß das keiner in dieser Firma“, meckerte er vor sich her. Schließlich nahm er den Hörer ab. „Takaishi!“ >Takaishi, hier ist eine junge Dame die nur Französisch sprechen kann. Sie sind der Einzige, der mir einfällt, der diese Sprache sprechen kann.< Währenddessen schrieb Hikari etwas auf einen Zettel. Takeru las diesen durch und nickte. Er griff schnell nach ihrer Hand und drückte ihr einen Kuss auf die Handfläche. Zärtlich streichelte sie ihm über seine Wange. Danach verließ sie sein Büro. „Können Sie bitte die Dame in mein Büro begleiten? Danke sehr.“ Nachdenklich stand er an seinem Bürofenster und blickte über die Straßen von Tokio. Vergeblich versuchte Takeru das miese Gefühl, welches sich nach diesem Gespräch mit dem Empfangsmitarbeiter in ihn ausbreitete zu verdrängen. ‚Eigentlich kann das nur Louisa sein. Wenn sie es ist, wo ist Jean? Warum habe ich so ein scheiß Gefühl, als wenn mir mein Leben um die Ohren fliegt? Takeru zog sein Handy aus der Hosentasche. Kein Anruf von Louisa oder Jean. Das Klopfen an der Bürotür unterbrach seine Gedanken. Schnell verstaute er sein Mobiltelefon in seiner Hosentasche. Nachdem er den Gast hereingebeten hatte blieb sein Herz einen Augenblick stehen, als er sie erkannte. Geistesgegenwärtig bedankte er sich bei seinem Kollegen und schloss seine Bürotür. Langsam drehte sich Takeru zu der jungen Frau um. Kurz musterte er sie. Lange braune Haare, braune Augen. Ihr Outfit war definitiv nicht für den Büroalltag tauglich. Ihr kurzer Rock zeigte viel zu viel Bein. Der Ausschnitt ihrer Bluse war zu offenherzig. Takeru schluckte einen harten Kloß herunter. Blinzelte, in der Hoffnung doch ein Trugbild vor sich zu haben. Als er seine Augen öffnete war sie immer noch da. „Hallo Takeru“, erklang ihre Stimme. ‚Jetzt höre ich auch noch ihre Stimme. Das ist nicht gut. Das ist gar nicht gut.‘ Die Gesichtsfarbe des Blonden konnte den weißen Wänden seines Büros Konkurrenz machen. ‚Bin ich in der Hölle gelandet?‘ „Takeru, ist alles mit dir in Ordnung?“ Der junge Mann sammelte sich. „Hallo Chloé. Wie bist du nach Tokio gekommen?“, fragte er immer noch verwirrt die junge Frau vor sich. „Mit dem Flugzeug.“ „Hör auf mit deinen Späßen. Ich meine es ernst. Was machst du hier, gerade jetzt wo Jean und Louisa hier sind? Wie hast du mich gefunden? Wussten die beiden, dass du auch nach Tokio fliegst?“ Verlegen blickte Chloé ihren ehemaligen Freund an. „Ich habe Jeans Notizen und Flugdaten gefunden. Er wusste nicht, dass ich auch nach Tokio fliege, genauso wenig wie Louisa. Freust du dich nicht mich wiederzusehen?“ Wütend blickte ihr Gesprächspartner sie an. „Du schnüffelst deinen Bruder hinterher? Was ist nur aus dir geworden? Du hast es früher selbst gehasst, wenn in deinen Sachen rumgewühlt wurde – heute machst du es selbst? Um zu deiner letzten Frage zu kommen: Nein, ich freue mich nicht dich zu sehen. Bei unser letzten Begegnung habe ich deutlich gesagt, dass ich dich nicht wiedersehen möchte.“ „Takeru, ich habe einen riesen Fehler gemacht.“ „Der Fehler, wie du das nennst, ging mindestens ein halbes Jahr. Du hast mich einfach ausgetauscht“, kam es kühl über seine Lippen. „Ich will dich zurück.“ Überrascht lachte der junge Mann auf. „Und dann? Wer sagt mir, dass du bei dem nächsten kleinen Problem nicht wieder Trost bei einem anderen suchst? Weißt du, wie du mich damit verletzt hast?“ „Takeru bitte. Ich weiß, dass ich Mist gebaut habe.“ „So kann man es sagen. Du hast unsere Beziehung jedes Mal mit Füßen getreten, als du zu diesen Deppen ins Bett gestiegen bist. Das war sicherlich mehr als einmal in den gesamten Monaten in denen du mich verarscht hast.“ „Hast du dich einmal gefragt, warum es dazu gekommen ist?“ „Du warst unglücklich in unserer Beziehung. Du hast dich allein gelassen und unverstanden gefühlt. Dir hat die Nähe gefehlt. Soll ich weiter machen?“ „Woher -“ „Diese Frage stellst du mir nicht im Ernst.“ „Doch.“ „Chloé das was ich eben aufgezählt habe, habe ich in den letzten Monaten unserer Beziehung gefühlt. Trotzdem bin ich nicht auf die Idee gekommen mit einer anderen zu schlafen. Ich wollte mit die reden und was habe ich vorgefunden? Meine Freundin, die sich gerade mit einem anderen vergnügt.“ „Wir sind nicht mehr zusammen.“ „Das ist mir bewusst, da ich unsere Beziehung beendet habe.“ „Das weiß ich“, kam es leise über ihre Lippen. „Ich meinte eigentlich Alain und ich sind kein-“ „Das ist mir herzlich egal. Meinetwegen kannst du mit Alain oder sonst wen zusammen sein, aber nicht mit mir. Du kannst eine neue Anatomie Lerngruppe gründen. Vielleicht ist der Richtige dabei. Entschuldige mich bitte. Ich habe einen Termin bei dem Verlagsinhaber.“ Chloé kam auf ihn zu. Takeru wich einige Schritte zurück, bis er an seine Schreibtischkante stieß. Seine blauen Augen beobachteten die junge Frau genau. Ihr Blick gefiel ihm gar nicht. „Chloé, das ist keine gute Idee.“ „Ich finde schon.“ Ihr Gesicht kam seinem gefährlich nahe. Takeru umfasste ihre Hüften. Er drehte seinen Kopf, damit er ihr folgende Worte ins Ohr sagen konnte: „Chloé, wir sind in meinem Büro. In Tokio geht es nicht so leger wie in Paris zu. Was meinst du, was für ein Ärger ich bekomme, wenn man uns knutschend hier vorfindet? Auf den Anschiss kann ich verzichten. Zumal ich so oder so einen bekommen werde, da ich mich nicht an die Kleiderordnung gehalten habe.“ „Nur ein kleiner Kuss. Danach weißt du für wen dein Herz schlägt. Ich liebe dich.“ Im nächsten Moment spürte Takeru ihre Lippen auf seinen. Kurze Zeit später bemerkte er, wie ihre Zunge über seine Lippen strich. Automatisch schloss er seine Augen und gab sich ihren Kuss hin. Der junge Mann drückte sie von sich weg, als ihm bewusst wurde, wen er gerade küsste. Chloé hatte Recht. Nach diesem Kuss wusste Takeru, für wen sein Herz schlug. Bei ihr fühlte er sich sicher, geborgen, angekommen und vollkommen. Sie war sein Hafen im unruhigen Gewässer. Sie brachte ihn um den Verstand. Sie spukte in seinen Gedanken. Sie wollte er glücklich machen. Sie brachte das Licht in sein Leben. Mit diesem Kuss begriff er, dass sie die Richtige für ihn war. Er hatte verstanden, was sein Herz ihm schon vor Tagen sagen wollte. Bei Chloé fühlte er nichts mehr. Kein Kribbeln im Bauch. Keine Gänsehaut, verursacht durch ihren warmen Atem. Er konnte sich nicht fallen lassen. Das Einzige, was Takeru gefühlt hatte war eine absolute Gleichgültigkeit Chloé gegenüber. Der junge Mann hatte ein schlechtes Gewissen, nicht Chloé sondern Hikari gegenüber. „Chloé ich liebe di- “ Das nächste was Takeru hörte war seine Bürotür, die laut ins Schloss fiel. Verwirrt blickte er zu seiner Bürotür. Dort stand sie. Sie schaute ihn mit leeren traurigen Augen an. Takeru wusste, wie sie sich fühlte. Ihm erging es damals auch nicht anderes, als er Chloé und Alain erwischt hatte. ‚Das darf nicht wahr sein. Jetzt bin ich definitiv in der Hölle.‘ Bevor er reagieren konnte, öffnete sie die Tür wieder und lief raus. Takeru konnte noch ein glitzern in ihren bernsteinfarbenen Augen sehen. „Danke Chloé. Du hast alles kaputt gemacht, bevor es überhaupt anfangen konnte.“ „Bleib ruhig. Die Kleine versteht bestimmt kein Französisch.“ „Spinnst du? Du bekommst gar nichts mehr mit. Selbst wenn sie die Sprache nicht sprechen könnte, was sie gesehen hat reicht vollkommen, um alles falsch zu verstehen.“ „Was meinst du mit falsch?“ „Der Kuss, du, alles ist falsch was dich betrifft. Es gibt kein uns mehr. Abgesehen davon: Hikari spricht fließend Französisch. Du verschwindest jetzt sofort aus meinem Leben. Verstanden.“ Takeru schob den ungebetenen Gast aus seinem Büro. Er griff nach ihrem Oberarm begleitete sie zum Fahrstuhl. Als die Tür sich öffnete schob er Chloé hinein, drückte den Knopf für das Erdgeschoss. Sein letztes Wort an seine Jugendliebe war ein schlichtes „Au revoir.“ Danach suchte er Hikari. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)