Que faire si? Oder: Was wäre, wenn ...? von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 14: Eine einfach verwirrende Erklärung ---------------------------------------------- Zweieinhalb Stunden später ließ sich Hikari erschöpft in die Kissen ihrer Couch fallen. „Ich werde nie wieder so viele Fotos von einem Urlaub machen, der nur eine Woche gedauert hat.“ Takeru lacht auf. „Das glaubst du selber nicht, oder? Bei unserem Nachmittag im Park hast mindestens hundert Fotos aufgenommen.“ „Gut geschätzt. Es waren hundertachtzig“, kam es verlegen von der Fotografin. „Wieso wolltest du eigentlich das Bild von Napoleons Krypta mit in der engeren Auswahl haben? Die Lichtverhältnisse sind nicht die besten gewesen. Außerdem sieht die Krypta aus, als wäre der werte König der Franzosen mit seinem Pferd bestattet.“ Takeru musste herzhaft lachen. Irritiert schaute sie ihn an. „Habe ich etwas Falsches gesagt?“ „Ja, das hast du. Napoleon war der Kaiser der Franzosen. Deshalb musste ich aber nicht lachen. Wie kommst du auf die Idee, dass er mit seinem Pferd bestattet wurde?“ „Du kennst seine Krypta?“ „Natürlich. Ich habe den Invaliden Dom nicht nur einmal besucht.“ „Dann weißt du wie groß und unförmig diese aussieht?“ „Ja, und diese steht praktisch unter der Kuppel des Doms.“ „War der Kaiser der Franzosen …“, sie grinste ihn herausfordernd an, „… so ein Riese?“ Er erwiderte ihr Grinsen. „Nein, auf den Bildern schaut Kaiser Bonaparte relativ klein aus. Außerdem wurde er auf der Insel Saint Helena beigesetzt. Seine Überführung nach Paris war viel später. Ganz sicher ohne Pferd. Ich glaube es sollte einfach nur geprotzt werden. Um auf deine Frage zurückzukommen: Es passt zur Geschichte Frankreichs. Genau wie du auf das Foto von dem Gedenkstein von Taniki bestanden hast.“ Verständnislos sah Hikari Takeru an. „Von wen?“ „Der Kartograph.“ Die Braunhaarige lachte. „Du meinst Tadataka.“ „Wenn du das sagst wird es wohl stimmen.“ Das Lachen der Beiden erhellte den Raum. „Ich werde morgen die Aufnahmen durchschauen und bearbeiten. Danach kannst du die endgültige Entscheidung treffen, welche Fotos du in deiner Kampagne haben möchtest. Denke daran, dass du Louisas Einverständnis noch brauchst. Du kannst ihr sagen, dass ich nichts an dem Bild ändern werde.“ „Hört sich gut an. Du brauchst keine Angst haben, ich werde das Gespräch mit Louisa nicht vergessen. Danke, für deine Hilfe.“ „Gerne. Ich bin aber nicht vollständig mit der Qualität der Bilder zufrieden.“ „Warum das denn? Du hast überhaupt keinen Grund unzufrieden zu sein.“ „Du weißt hoffentlich, dass ich als Fotografin ganz andere Aufnahmen abgeliefert hätte?“ „Sicher weiß ich das. Deine Bilder sind traumhaft. Sie passen perfekt in das Layout. Mache dir nicht so viele Gedanken.“ „Dankeschön“, kam es leise von seiner Gesprächspartnerin. Wieder einmal zierte ein leichter Rotschimmer ihr Gesicht. Takeru und Hikari waren sich einig, dass sie den Abend noch nicht ausklingen lassen wollten. Beide fühlten sich in der Nähe des anderen wohl und genossen diese. Schnell war der berufliche Teil beiseitegeschoben und sie unterhielten sich über private Dinge. Warum es so gekommen war konnten sich weder Takeru noch Hikari erklären. Lachend kam Hikari aus der Küche und hielt eine Karaffe mit Orangensaft in der einen Hand und zwei saubere Gläser in der anderen sie stellte die Gegenstände auf den Tisch. „Das ist wirklich so passiert?“, fragte sie lachend nach. Takeru sah sie grinsend an. „Ich schwöre. Die Puppe flog in hohen Bogen durch den Supermarkt. Es gab einen riesen Knall, die Dosenpyramide ist in sich zusammengefallen und hatten sich im gesamten Markt verteilt. Meiner Mutter war das ganze peinlich. Ihr Gesicht hatte einen sehr tiefen Rotton angenommen. Matéo - ihr Mann - war gelassen und hatte die Dosen wieder eingesammelt, während ich die Puppe gesucht hatte. Louisa hatte erst aufgehört zu weinen, als ich ihr ihre Puppe wiedergeben hatte.“ Hikari wischte sich eine Lachträne aus dem Gesicht. „Lass mich raten: Es war ihre Lieblingspuppe.“ Takeru lachte und nickte mit dem Kopf. Er nahm sich ein Glas und goss sich Saft ein. „Hast du eigentlich einen Freund?“ Hikari sah ihn mit großen Augen an. „Wieso interessiert dich das?“ „Nur so.“ „Klasse Antwort. Nein, ich habe keinen Freund. Nur einen Partner. Wie sieht es bei dir aus?“ „Ich bin Single. Wie meinst du das, dass du einen Partner hast?“ Die Braunhaarige lachte. „Du bist heute ganz schön neugierig. Das ich einen Partner habe hängt mit meinem Hobby zusammen.“ Verständnislos sah der Blonde seine Gesprächspartnerin an. Bevor er nachfragen konnte erzählte sie weiter: „Ich liebe den Tanz. Egal ob Ballett, Standard, Lateinamerikanisch oder Improvisation Tanz. Mein Partner, beziehungsweise mein Tanzpartner, und ich tanzen in der Regionalen Amateur Liga. Wir haben uns auf die lateinamerikanischen Tänze konzentriert.“ Takeru sah sie mit bewunderten Augen an. Dass sie sportlich war, konnte er sich schon nach ihrem ersten Aufeinandertreffen im Park denken. Als sie ihm heute die Tür geöffnet hatte, musste er erstmal einen Kloß runterschlucken, als er sie in ihrem luftigen Sommerkleid sah. Die trainierten Muskeln an Armen und Beinen waren ihm, trotz ihrer zierlichen Gestalt, sofort aufgefallen. Die weiblichen Rundungen waren auch nicht zu übersehen. „Was meinst du mit lateinamerikanischen Tänzen? Ich kenne mich auf dem Gebiet überhaupt nicht aus.“ „Die lateinamerikanischen Turniertänze setzten sich aus Samba, Rumba, Cha-Cha-Cha, Paso Doble und Jive zusammen. Sonst gibt es noch Salsa, Merengue, Mambo und argentinischen Tango.“ Takerus Augen weiteten sich. „Diese Tänze kannst du alle tanzen?“ Hikari lachte auf. „Nicht nur diese, auch die Standardtänze kann ich tanzen.“ „Und die wären?“ „Langsamer Walzer, Wiener Walzer, Tango, Quickstepp und Slowfox. Wobei sich Quickstepp und Slowfox aus dem Foxtrott weiterentwickelt haben.“ „Das tanzt du alles mit einem Partner?“ Seine Gesprächspartnerin lachte. „Richtig. Nur ein Tanzpartner.“ „Warum habt ihr euch auf die lateinamerikanischen Tänze spezialisiert?“ „Die Standardtänze habe eine feste Schrittfolge. Alles wirkt so steif, da man fast immer in einer geschlossen Tanzhaltung tanzt. Der Herr gibt die Richtung vor und die Dame folgt. Die lateinamerikanischen Tänze wirken lebendiger. Das tanzen macht vielmehr Spaß, da man in geschlossener und offener Tanzhaltung tanzen kann. Dadurch kann das Tanzpaar eine Geschichte erzählen, beziehungsweise tanzen. Das liegt meinem Tanzpartner und mir besser, als die konkreten Vorgaben im Standardbereich. Unsere Brüder meinten mal, dass wir auf der Tanzfläche andere Menschen sind. Keine Ahnung, wie die Beiden das meinten.“ „Jetzt hast du mich neugierig gemacht.“ Takeru schenkte ihr einen sehr intensiven Blick. Sie brach den Blickkontakt ab und schaute verlegen zur Seite. „Habe ich dich richtig verstanden? Du hast einen Partner mit dem du nicht liiert bist?“ „Richtig, weil er mein Tanzpartner ist. Mehr nicht.“ Hikari musste sich ein Lachen verkneifen. Takerus Blick sagte ihr, dass er das noch nicht verstanden hatte. Sie versuchte eine erneute Erklärung: „Nur weil ich einen festen Tanzpartner habe, heißt das noch lange nicht, dass ich eine Beziehung mit ihm führe. Wir sind nur ein Tanzpaar. Matt ist auch nicht mit jeder Duett Partnerin zusammen.“ „Okay, ich habe es verstanden. Tanzen ja, der Rest nein.“ Hikari lachte auf. „So kann man es auch sehen.“ Takeru musste schmunzeln. „Das nennt man Männerlogik.“ Skeptisch betrachtete sie ihren Gesprächspartner. „Männerlogik auf Neandertalerniveau. Das ist dir klar?“ „Ist doch egal. Hauptsache ich habe es verstanden.“ „Da hast du auch wieder Recht.“ Beide mussten Lachen. „Wolltest du professionelle Tänzerin werden?“ „Nein, ich wollte immer Fotografin oder Erzieherin werden. Tanzen war schon immer ein Hobby von mir. Ich habe einfach nur Spaß am Tanzen, das ist alles. Was für eine Sportart betreibst du?“ „Wie kommst du darauf, dass ich welchen betreibe?“ Sie verdrehte die Augen. „Ich dachte dieses Spiel ist vorbei.“ „Ich kann dir gerade nicht folgen.“ Genervt stöhnte die junge Frau auf. „Kannst du dich noch an das Gespräch vor dem Aufzug in Matts Wohnkomplex erinnern? Da habe ich schon festgestellt, dass du eine Sportskanone bist. Also: Was ist jetzt?“ Takeru musste kurz lachen. „An das Rumgezicke kann ich mich noch gut erinnern.“ „Werde nicht frech. Ich hatte nur rumgezickt, weil du so unfreundlich und arrogant warst. Außerdem, was ist so schlimm daran, mir zusagen, welchen Sport du ausübst.“ „Da hast du auch wieder Recht. Ich spiele Basketball. Jean, mein bester Freund aus Paris, hat mich schon in der NBA spielen gesehen. Ich hatte ihm die gleiche Antwort, wie du eben, geben. Basketball ist ein Hobby und wird es immer bleiben. Ich versuche dreimal die Woche in das Sportzentrum in der Nähe des Odaiba Parks zu gehen“, lächelte Takeru. „Ist ja lustig. Dort trainieren Ken und ich auch.“ „Zufälle gibt es“, kam es nachdenklich von ihrem Gesprächspartner. „Wer ist Ken?“ Hikari stöhnte kurz auf. „Was ist? Woher soll ich wissen, wer er ist?“ „Ötzi lässt grüßen.“ „Erst Ken, jetzt Ötzi. Kannst du so sprechen, dass ich dich verstehen kann?“, kam es verständnislos von ihm. „Ich dachte bei dem Wort ‚trainieren‘ in Zusammenhang mit dem Sportzentrum kommt der Geistesblitz.“ Takeru dachte kurz nach. „Was hat eine Eis Mumie mit dem Sportzentrum zu tun?“ „Ken ist mein Partner.“ „Ötzi heißt Ken?“ Der Blonde sah seine Gesprächspartnerin irritiert an. „Woher sollte ich wissen wie dieses Fossil heißt? Ich kenne den nur als Ötzi.“ „Streng genommen ist Ötzi kein Fossil. Wer ist Ken?“ „Mir egal, alles was älter als hundert Jahre ist, ist in meinen Augen ein Fossil.“ „Ken ist über hundert Jahre?“ „Was? Nein! Er ist vierundzwanzig Jahre alt und mein Partner.“ „Ich denke du hast keinen Partner.“ „Das darf nicht wahr sein!“, stöhnte Hikari verzweifelt auf. „Hast du zugehört was ich gesagt habe?“ „Willst du wirklich eine Zusammenfassung haben?“ „Ich glaube ich verzichte freiwillig. Noch einmal: Ken ist mein Tanzpartner.“ „Hättest du Tanzpartner gesagt, hätte ich es auch verstanden.“ „Ach, ich vergaß: Die Männerlogik - die kann eindeutig nicht mit der Frauenlogik mithalten.“ „Frauenlogik ist ein Buch mit sieben Siegeln. Manchmal denke ich, dass selbst ihr Frauen euch nicht versteht.“ „Das deine Männerlogik nicht funktioniert, hast du gerade eindrucksvoll bewiesen.“ „Hältst du mich für unterbelichtet?“ Verwirrt schaute Hikari ihren Gesprächspartner in die Augen. „Warum sollte ich das machen?“ Takeru kam nicht dazu zu antworten, da sie plötzlich laut lachen musste. „Irgendwie ist der heutige Abend zu hoch für mich und das ohne Alkohol. So verwirrt war ich schon lange nicht mehr. Darf ich fragen warum du lachst?“ Hikari versuchte sich zu beruhigen. Als sie sich wieder im Griff hatte antwortete sie: „Ich habe mir gerade vorgestellt wie ich mit dem Eisklotz tanze. Außer Schüttelfrost meinerseits wäre wohl nicht viel passiert.“ Danach fing sie wieder an zu lachen, diesmal stimmte Takeru auch mit ein. „Das nennt man dann Stehblues.“ Sie musste sich eine Lachträne aus dem Gesicht wischen. „Hör auf, ich bekomme sonst noch mehr Bauchschmerzen“, japste sie nach Luft. „Du hast angefangen. Schon vergessen?“ „Das glaube ich nicht. Hättest du gleich verstanden wer Ken ist, hätte ich gar nicht mit Ötzi angefangen.“ „Dazu hättest du dich verständlicher ausdrücken müssen.“ „Womit wir wieder bei der Männerlogik wären“, grinste Hikari. „Ich glaube wir drehen uns im Kreis.“ „Merke dir einfach: Ken ist mein Tanzpartner, auch wenn ich Partner sage, mehr nicht. Okay?“ „Jetzt schon.“ „Da fällt mir ein: Wir haben bald einen öffentlichen Tanzabend von der Tanzschule in der ich trainiere. Matt, Sora, mein Bruder Tai und seine Frau Mimi werden auch dort sein. Willst du auch kommen?“ Takeru dachte kurz nach. „Wann wäre das denn?“ „Diesen Samstag. Beginn ist um neunzehn Uhr.“ „Das passt. Soll ich dich abholen?“ „Gerne. Kannst du überhaupt tanzen?“ „Mit dir werde ich nicht mithalten können. Disco Fox, Walzer und Jive bekomme ich hin“, grinste er sie an. „Bei den Tanzabenden geht es darum, dass alle ihren Spaß haben.“ „Ich freue mich schon, dich tanzen zu sehen.“ „Erwarte nur nicht zu viel. Ken und ich sind auch nicht viel besser, als die anderen.“ „So wie ich dich kennen gelernt habe, spielst du deine Fähigkeiten mal wieder runter. Ich nehme mal an, dass machst du, weil du denkst deine Mitmenschen zu enttäuschen. Was du bei mir nicht so schnell schaffen wirst.“ Takeru schaute auf seine Uhr. „Ich sollte langsam nach Hause. Nicht das du morgen Ärger mit deinem Chef bekommst, weil du verschlafen hast.“ „Ich habe gehört, dass er ein ganz schöner Griesgram sein kann.“ Er lachte. „Da ich das gleiche gehört habe muss etwas Wahres an dem Gerücht sein.“ Beide gingen zur Wohnungstür. Takeru schlüpfte in seine Schuhe und zog sich seine Jacke über. Kurz überlegte er, wie er sich von Hikari verabschieden sollte. Schließlich reichte er ihr seine Hand zur Verabschiedung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)