Que faire si? Oder: Was wäre, wenn ...? von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 11: Große Brüder - Kleine Schwestern - Männerfreundschaften ------------------------------------------------------------------- Takeru blickte sich die Aufbauanleitung an. Das konnte nicht schwer aufzubauen sein. Er schaute zur Uhr, die über seinen Fernseher hing. Zeitlich müsste er es auch schaffen den Tisch und die sechs Stühle aufzubauen. Er sortierte die Möbelteile, so wie es in der Aufbauanleitung abgebildet war. Danach waren die Schrauben und anderen Kleinteile dran. Takeru setzte sich auf den Boden, dann las er sich die ersten Schritte durch. Schnell war der Korpus aufgebaut. Die ausziehbare Tischplatte stellte den Blonden vor eine Herausforderung. Takeru war grade mit dem Schraubenzieher abgerutscht, dabei ratschte er sich seinen linken Handrücken mit diesem auf, als es an der Wohnungstür klingelte. Schnell schnappte er sich ein Taschentuch, damit er dieses auf die Wunde drücken konnte. „Medré alors“, fluchte der Blonde laut vor sich her, als er die Wohnungstür öffnete. „Was für eine tolle Begrüßung, Brüderchen.“ Yamato konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Sorry Matt. Komm rein.“ Takeru trat einen Schritt zur Seite. Der Ältere trat ein und zog sich die Schuhe aus. „Wer hat dir den Krieg erklärt?“ Dabei deutete Yamato auf die linke Hand seines Bruders. Takeru lachte auf. „Mein Schraubenzieher.“ „Wie ich sehe hast du kapituliert.“ „Nein. Ich lasse mich nicht von einem Schraubenzieher und meinem Esstisch bezwingen.“ „Der Sieg ist deiner?“ „Richtig.“ „Du vergisst eine Tatsache.“ „Und die wäre?“ „Du hast den Krieg verloren.“ „Wieso?“ „Schau dir deine Hand an“, grinste Yamato. Takeru nahm das Taschentuch von seiner Hand. Skeptisch schaute er auf die lange, aber nicht tiefe Wunde. ‚Ein Pflaster sollte reichen.‘ „Gut, ich gebe die strategische Kriegsführung an dich ab. Ich bin kurz im Bad und suche ein Pflaster.“ „Alles klar. Wo ist die Aufbauanleitung?“ „Im Wohnzimmer auf dem Fußboden.“ Keine dreiviertel Stunde später stand der Esstisch und die Stühle aufgebaut an ihrem Platz. Takeru hatte schnell die Kartons wegeräumt. Yamato hatte, ohne auf die Meckerei seines Bruders zu achten, durchgesaugt. Jetzt saßen beide am Esstisch. Die Männer tranken ihren wohlverdienten Kaffee. Der Jüngere sah seinen Bruder schuldbewusst in die Augen, als er sich für seinen Wutausbruch und seinen Abgang entschuldigt hatte. Yamato winkte ab. „Ich habe es provoziert. Mach dir keinen Kopf.“ Takeru sah seinen Bruder in die Augen. Yamatos Gesicht zeigte keine Regung. Fast wäre der Jüngere auf das Pokerface reingefallen, als sein Bruder kurz blinzelte. „Du hast ein schlechtes Gewissen.“ „Wie kommst du darauf?“ Die Stimme des Älteren war emotionslos. „Du spielst dein ‚Ich bin unnahbar Spiel‘ mit mir.“ „Wieso sollte ich das machen?“ „Yagami Hikari.“ Yamato griff nach seiner Tasse. „Ich weiß nicht, worauf du hinaus möchtest?“ „Ich bin mir sehr sicher, nein! ich weiß sogar, dass dir der Name etwas sagt. Sie ist die Fotografin, die mir vor die Nase gesetzt wurde.“ Takeru nahm sich ebenfalls seine Kaffeetasse und trank einen Schluck. Unmerklich zuckte Yamato zusammen. Sein Bruder musste schmunzeln. „Weiß Hikari, dass du Vater darum gebeten hast ihr einen Job zugeben?“ „Nein! Er hat mir versprochen niemanden etwas zu sagen. Dieses Versprechen hat er wohl nicht gehalten.“ „Doch, das hat er.“ „Woher weißt du es dann?“ „Ich bin nicht auf den Kopf gefallen. Vater hat mir zwar gesagt, dass er jemanden einen Gefallen tut, aber nicht wen. Hikari ist mir gestern nachgelaufen und wir haben uns ausgesprochen. Dabei haben wir festgestellt, dass wir dich sehr gut kennen. Außerdem habe ich das Cover eures neuen Albums gesehen. Hikari hatte es in ihrer Bewerbungsmappe. Dein Blick hat mir gezeigt, dass du denjenigen kennst, der das Foto aufgenommen hatte.“ „Du hast eine gute Menschenkenntnis“ „Die brauche in meinem Job. Kann ich dich was fragen?“ „Was denn?“ „Ich weiß, dass Hikari sehr gut Französisch versteht und liest. Wie gut ist sie wirklich in der Sprache. Ich kann mir nicht vorstellen das es an diesen blöden Versprecher gelegen hat.“ „Woher weißt du das?“ „Sie hat sich eine Kampagne durchgelesen die ich auf Französisch geschrieben und ins japanische übersetzt habe. Ich habe ein Kanji falsch geschrieben. Ihr ist der Fehler sofort aufgefallen. Ich habe sie darauf angesprochen. Daraufhin hat sie mir die Geschichte erzählt.“ „Wow! Das hätte ich Kari nicht zugetraut.“ Eine kurze Pause entstand, bevor Yamato weitersprach: „Kari spricht fließend Französisch. Sie war, im Rahmen eines Schüleraustausches, für sechs Monate in Nizza. Sie stellt ihr Licht unter den Scheffel.“ „In Nizza? Das erklärt einiges. Wieso macht sie das?“ „Du bist ganz schön neugierig. Am besten du fragst sie selber. Ich habe sowieso schon zu viel erzählt.“ Yamato stand auf. Er blickte sich in der Wohnung um. Diese war in hellen Tönen und Möbeln gehalten. Es sah richtig gemütlich aus. Im Wohnzimmer hingen viele Fotos an der Wand. Schmerzhaft wurde der Ältere daran erinnert, dass er im Grunde keinen aktiven Anteil am Leben seines kleinen Bruders hatte. Yamato sah Fotos von Takerus Freunden, seiner Mutter und Großeltern. An einem Foto blieb sein Blick hängen, es zeigte seinen Bruder mit einer Blondine. Es war dasselbe Bild, welches Takeru in seinen Büro auf seinen Schreibtisch stehen hatte. Ihre blauen Augen zogen ihn sofort in ihren Bann. „Wow! Ich hätte nicht gedacht, dass Louisa eine solche Schönheit geworden ist. Ich habe sie vor zwei Jahren das letzte Mal gesehen. Zur der Zeit war sie sehr anstrengend.“ „Louisa treibt ihre Mitmenschen immer noch in den Wahnsinn. Sie steckt mitten in der Pubertät“, stöhnte Takeru auf. „Wie alt ist unsere Halbschwester jetzt? Vierzehn?“ „Sie ist vor zwei Monaten Fünfzehn geworden. Im neuen Schuljahr geht sie auf ein Internat, dass auf Fremdsprachen spezialisiert ist. Bei den Fachbereichen weiß sie noch nicht genau wo die Reise hin gehen soll. Ihren Sprachkenntnissen und Interessen nach würde ich auf Geschichte oder Biologie tippen“, erzählte Takeru stolz. „Welche Sprachen spricht sie eigentlich?“ „Neben ihrer Muttersprache spricht sie fließend Englisch. Des Weiteren hat sie Grundkenntnisse in Latein und Italienisch.“ Yamato schaute seinen Bruder mit großen Augen an. „Du nimmst mich auf den Arm.“ „Warum sollte ich das machen? Louisa war schon immer von Sprachen fasziniert. Ihr Traumberuf ist Fremdsprachenkorrespondentin. Sprachen sind für Louisa das, was für dich deine Musik ist.“ „Wie kommt sie auf Latein? Das ist eine tote Sprache.“ „Louisa würde dir einen Vortrag halten. Latein lebt in den romanischen Sprachen weiter, dazu gehören unteranderem Französisch und Italienisch. Es ist die Basissprache in Europa. Ein weiteres Hobby von ihr ist die Geschichte Europas. Latein hilft ihr diese schneller zu verstehen. Nicht umsonst brauchen Geschichtslehrer ein Latinum.“ „Hört sich logisch an. Was ist mit Japanisch?“ „Verstehen kann sie es, beim Sprechen hapert es gewaltig.“ „Willst du mir sagen, dass wir eine Intelligenzbestie als Halbschwester haben?“ „Du kannst dich bald selbst davon überzeugen, dass ich nicht übertrieben habe. Sie kommt in vier Wochen zu Besuch.“ „Was? Ich hoffe sie fliegt nicht alleine.“ „Bist du wahnsinnig? Das hätte ich nicht zugelassen. Jean begleitetet sie.“ „Wie bitte? Louisa hat einen Freund? Ist sie dafür nicht zu jung? Ist er nicht zu alt?“ „Wie alt warst du bei deiner ersten Beziehung?“, schmunzelte Takeru. Im gleichen Atemzug machte sich ein bitterer Nachgeschmack in ihm breit. Chloé war vierzehn, als sie ein Paar wurden. Yamato wurde blass. „TK! Dass macht die Sache nicht gerade besser.“ „Matt! Komm runter von deiner Palme. Louisa hat keinen festen Freund.“ „Woher willst du das wissen? Du bist seit Monaten in Japan.“ Der Jüngere lachte kurz auf. „Louisa und ich haben gestern geskypt. Ich habe sie direkt gefragt. Sie würde mich nicht anlügen. Sie weiß, dass ich sie sofort durchschaue, wenn sie es tut.“ „Was macht dich so sicher?“ „Sie hat mich einmal angelogen. Seitdem nicht wieder. Der Standpauke geht sie freiwillig aus dem Weg. Louisa meinte, ich war schlimmer als unsere Eltern. Du musst dir keine Gedanken machen. Jean ist mein bester Freund. Er wird auf sie aufpassen.“ „Das hat nichts zu sagen. Du warst mit seiner Schwester zusammen. Louisa ist unsere Halbschwester. Jean ist dein bester Freund, da gibt es gewisse Parallelen.“ Takeru schüttelte seinen Kopf. „Das kannst du doch gar nicht vergleichen. Ersten: Jean wurde erst mein bester Freund, als ich schon mit seiner Schwester zusammen war. Zweitens: Louisa ist neun Jahre jünger als Jean. Drittens: Jean hat eine Freundin, die er über alles liebt. Viertens: Ich habe ihm klar gemacht, dass zwei Brüder ihm das Leben zur Hölle machen, wenn er nicht auf unsere kleine Schwester aufpasst, oder er seine Finger nicht still halten kann.“ Yamato ließ das Gesagte sacken. Im Grunde war es die gleiche Konstellation wie bei den Yagami-Geschwistern und ihm. Ein genervtes Stöhnen ging durch den Raum. „Grund Gütiger! Das glaube ich jetzt nicht: Ich verstehe Tai jetzt erst richtig. Dass ich das noch erleben darf. Das wird ein gefundenes Fressen für ihn.“ „Hä? Muss ich das verstehen? Wer ist Tai?“ „Taichi ist mein bester Freund und Karis Bruder. Er hat einen übertriebenen Beschützerinstinkt, wenn es um die Kleine geht. Das hat ihr ehemaliger Freund am eigenen Leib erfahren.“ „Kann es sein, das dein Beschützerinstinkt unsere kleine Schwester schon erreicht hat. Obwohl sie noch in Paris ist? Louisa würde sich geehrt fühlen. Sie hält große Stücke auf dich.“ „Ähm … Ich … Na ja … Kommen Mutter und ihr Mann auch mit?“ „Nein! Beide können wegen der Arbeit Paris nicht verlassen. Maman wurde als Journalistin für den Wahlkampf eingesetzt. Matéo ist Reporter bei der ‚Tour de France‘.“ Der Blick des Älteren wurde unergründlich. „Tolle Eltern. Lassen ihre Tochter alleine um den halben Erdball fliegen.“ „Sie ist nicht alleine.“ „Okay, Louisa fliegt nicht alleine. Sie ist aber minderjährig und alleine in Tokio.“ „Das stimmt so nicht. Für die Zeit des Fluges ist Jean für sie verantwortlich. In Tokio bin ich ihr Vormund. Es ist alles geregelt Matt.“ „Das werden wir sehen, wenn es so weit ist. Warum kommt sie jetzt zu Besuch?“ „Sie hat Ferien. Außerdem vermisst sie ihren Bruder und wollte ihren anderen Bruder gerne wiedersehen. Ich weiß nur nicht was Vater von dem Besuch halten wird.“ „Bei dem was du gesagt hast wickelt Louisa ihn schnell um ihren Finger. Hey, das Mädel ist ein wandelndes Geschichtsbuch. Damit trifft sie bei Vater voll ins Schwarze.“ „Was ist mit der Verständigung? Vaters Französisch Kenntnisse reichen nicht aus. Wie schon gesagt, Louisa versteht nur japanisch.“ „Mache dir darüber keine Gedanken. Ich bin auch noch da.“ „Meinst du das reicht?“ „Klar, vielleicht spricht Louisa schneller unsere Sprache, als uns lieb ist.“ „Du könntest Recht haben.“ „TK?“ „Mh …?“ „Du sollest Kari sagen, dass Louisa kommt.“ „Warum sollte ich das tun?“ „Nur so.“ „Klasse Antwort.“ „Was hast du erwartet?“ „Auf jeden Fall nichts Kryptisches.“ „Ich glaube du weißt ganz genau, was ich meine. Selbst mir ist etwas aufgefallen, was dir mit Sicherheit nicht verborgen blieb.“ „Sag mal: Welche Sprache sprichst du grade? Ich verstehe nur Bahnhof“, kam es genervt vom Jüngeren. „Japanisch!“ Takeru schnaubte wütend auf: „Du kannst mich mal.“ Yamato lachte auf. „Sie sehen sich zwar ähnlich. Kari hat aber einen anderen Charakter. Sie ist im Gegensatz zu Chloé nicht aufbrausend.“ Takeru lachte. „Nicht aufbrausend? Bei den Sachen, die sie mir an den Kopf geknallt hat kann ich mir das nicht vorstellen.“ „Kari sagt nur das, was ihr Gegenüber verdient hat.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)