Your Name von TheOnlyOne ================================================================================ Kapitel 7: Kapitel 7 -------------------- Kapitel 7   Mein Kopf fühlt sich schwer an, wie in Watte gepackt. Noch einmal drehe ich mich um und versuche das Aufwachen in die Länge zu ziehen. Feine Haarsträhnen kitzeln meine Nase. Ein Schauer läuft mir über den Rücken und ich bin augenblicklich wach. Ich hebe meine schweren Augenlider, schließe sie jedoch im gleichen Moment. Die grelle Morgensonne ist definitiv zu viel für mich. Ich blinzele gegen das Sonnenlicht. Als sich meine empfindlichen Augen langsam daran gewöhnt haben, erkenne ich was vor mir liegt. Lange schwarze Haare, die wirr in alle Richtungen fließen. Darunter verbirgt sich das friedlich schlafende Gesicht von Mitsuha. Ja richtig, Mitsuha hat hier übernachtet. Erst jetzt fallen mir die Bilder und Gesprächsfetzen von vergangener Nacht wieder ein. Ich nehme mir vor den beiden Kindsköpfen beim nächsten Mal eine Kopfnuss zu verpassen. Ich wollte mit Mitsuha in Ruhe über das Thema Sex reden, aber die beiden Idioten sind mir nicht nur zuvor gekommen, nein, sie haben mich als totales Mauerblümchen hingestellt. Ich verbanne den Gedanken in den hintersten Ecken meines Bewusstseins um mich voll und ganz der Frau in meinen Armen zu widmen. Es ist noch immer ungewohnt. Ich meine, klar, ich war Mitsuha, aber in ihrem Körper zu sein und ihren Körper nah an meinem zu spüren, sind doch zwei unterschiedliche Welten. Obwohl es mit Sicherheit interessant wäre, jetzt die Körper zu tauschen. Ich grinse dümmlich in mich hinein. „Was ist denn so witzig?“, höre ich Mitsuhas helle Stimme sagen. Ich erschrecke mich ein wenig. „Ach guten Morgen.“, lenke ich ab und drücke ihr einen Kuss ins Haar. „Na, wie hast du geschlafen?“ Sie vergräbt ihr Gesicht in meinem Shirt. „Sehr gut.“, nuschelt sie und zieht mich näher zu sich.   . .   Als ich aus der Dusche komme, steigt mir schon der Geruch von gegartem Fisch in die Nase. Nach dem ganzen Alkohol des vergangenen Abends meldet sich nun der Magen. Ich wickele meine nassen Haare in das Handtuch, dass mir Taki rausgelegt hat. Ich beginne das Prozedere wie beinah jeden Tag. Eincremen, einziehen lassen, anziehen, meine Augenbrauen in Form bringen und ein wenig Mascara. Mein Spiegelbild sieht deutlich erholter aus als vor der Dusche. Erfrischt packe ich alle Sachen zurück in meinen Kulturbeutel und lege alles zurück in den Schrank. Meine Nase lenkt mich zur Küche. Ich bleibe im Türrahmen stehen und beobachte Taki wie er unser Frühstück zubereitet. Architektur scheint nicht seine einzige Passion zu sein. Ich erkenne das Glitzern in seinen Augen während er den Reis abschmeckt und den Fisch in aus dem Ofen nimmt. „Ah du bist fertig.“, er bemerkt mich und bietet mir direkt einen der beiden Stühle an dem kleinen Klappesstisch an. Ich sage nichts und lächele. Er wirkt einfach, als wäre er wieder siebzehn, wenn er sich für etwas begeistert. Das Frühstück schmeckt wirklich erstklassig. Auch wenn gebackener Fisch mit Reis und Miso-Suppe kein besonderes Frühstück ist, so schmeckt es unglaublich gut. „Ich wusste gar nicht, dass du so ein leidenschaftlicher Koch bist.“, merke ich an. Er lacht. „Naja, ich hab während meines Kellner Jobs damals einige Kniffe aufgeschnappt.“ „Ist das so?“, entgegne ich interessiert. Er nickt nur und kaut den Reis in seinem Mund zu Ende. „Vielleicht,… kannst du mir ja was zeigen-.“, fange ich an. „-fürs Abendessen…“, ich lächele scheu. Er sieht mich ausdruckslos an, bevor er meine Bitte mit einem Lächeln bestätigt.   . .   Nach dem Essen verschwindet auch Taki unter die Dusche. In alter Gewohnheit durchstöbere ich mein Smartphone und kucke, was ich von der Welt da draußen verpasst habe. Die unnötigen Video Posts auf Facebook sind irgendwie immer das gleiche. Auf Instagram kann ich die vielen Hochzeitstorten bewundern die Saya in ihrer Story teilt. Teshi hingegen filmt einen kleinen Shiba Inu der augenblicklich an das Schild der Konditorei pinkelt. Ich schnaube amüsiert. Die Beiden sind so gegensätzlich, und doch kenne ich kein Pärchen, das besser zusammenpassen könnte. Die Story wechselt und ich erkenne Yotsuhas Account oben links. #vatertochterzeit Ich atme scharf die Luft ein. Ich weiß, ich sollte nicht so denken, schließlich sind er und Yotsuha das einzige, was von meiner Familie noch übrig geblieben ist. Aber er hätte hunderte von Menschen zugrunde gerichtet nur weil ihm sein politischer Stolz im Weg war. Er hatte mich, auch wenn es Taki war, nicht ernst nehmen wollen. Selbst nachdem Oma gestorben war und wir Itomori verlassen mussten, war er nicht bereit sich um mich und Yotsuha zu kümmern. Yotsuha habe ich immer gut zugesprochen. Wenigstens einer von uns sollte sich noch ein wenig heile Welt bewahren. Und so wie ich das sehe, scheint sich Vater meine warnenden Worte von damals zu Herzen genommen zu haben. Alle zwei Wochen fährt Yotsuha zu ihm aufs Land und sie verbringen das Wochenende miteinander. Ich seufze und lasse mich wieder aufs Bett fallen. Durch das Fenster dringt der Geruch des Sommers an meine Nase.   . .   „So, was willst du heute Abend Essen?“, frage ich, während ich mir meine Klamotten für heute raussuche. „Hmmm… naja, wenn du damals einiges aufgeschnappt hast, könnten wir doch was italienisches kochen.“ Keine schlechte Idee. „Hört sich gut an. Ich muss dann aber nochmal in die Stadt. Ich hab nicht alles zu Hause.“ Mitsuha hebt eine Augenbraue und mustert mich interessiert. Keine Sekunde später steht sie schon mit der Handtasche in der Hand neben mir. Diese Frau…   Die Stadt platzt förmlich aus allen Nähten. Wie jeden Samstag in Tokio, nicht nur von Einheimischen, sondern auch von zahlreichen Touristen gefüllt. Menschen aus Amerika, Australien und Europa tummeln sich an den schönsten Flecken die Tokio augenscheinlich zu bieten hat. Als Teenager hat mich das Ganze immer gestört, mittlerweile kann ich ignorant darüber hinwegsehen. Ein fester Druck um meinen Oberarm holt mich aus meinen Beobachtungen. Mitsuha hat ihre Arme enger um mich geschlungen. Meine Mundwinkel heben sich. „Vermisst du manchmal das Leben auf dem Land?“, frage ich vorsichtig. Ihre orientierungslosen Augen halten sich an meinen fest, bevor sie erneut lächelt. „Ich wollte immer in Tokio leben. Klar, es leben wirklich sehr viele Menschen hier, es ist hektisch und auch laut, aber ich glaube es war nur meine Familie die mich noch dort gehalten hat.“ Ihre Augen wirken glasig. Nur am Rande ihres Augenwinkels erkenne ich wie sich Flüssigkeit darin zu sammeln scheint. Doch ehe daraus eine Träne wird, wendet sie den Blick von mir. Ich lasse es unkommentiert, nehme mir aber vor, das Thema bei nächster Gelegenheit wieder aufzugreifen. Als Mitsuha und ich in den italienischen Feinkostladen kommen ist sie ganz aus dem Häuschen. Sie deutet auf viele verschiedene Dinge. Öle, Antipasti, Gebäck, Nascherei. Auch wenn die anderen Besucher ihr Verhalten sehr kritisch beäugen, kann ich mich an ihrer kindlichen Naivität nicht satt sehen.   . .   Ich probiere mich einmal quer durch das Angebot. Wenn ich so weitermache ist später kein Platz mehr fürs Abendessen. Ich war schon immer ein Liebhaber der italienischen Küche, aber dieser Laden hier ist einfach nur Wahnsinn.   Zu Hause angekommen, helfe ich Taki die Taschen auszuräumen. Es ist gerade einmal vier Uhr…also viel zu früh um das Abendessen zuzubereiten. Kurzerhand greift Taki nach meinem Handgelenk und zieht mich mit sich. Letztlich landen wir auf dem Balkon, welcher unmittelbar an Takis Schlafzimmer angrenzt. Sofort steigt mir der Geruch von unzähligen Blumen in die Nase und ich spüre die angenehme Wärme der Mittagssonne. Im Park, unterhalb von uns, höre ich leise Kinder, die auf dem Spielplatz im Herzen der Grünen Oase spielen. Gerade als ich mich zur Seite drehe, bemerke ich, dass Taki gar nicht mehr neben mir steht. Meine Augen richten sich auf die große Sonneninsel aus Rattan die den größten Teil des kleinen Balkons einnimmt. Taki deutet mir mich zu ihm zu gesellen. Mit einem tiefen Atemzug fülle ich noch einmal meine Lunge mit Sauerstoff bevor ich mich auf das weiche Polster sinken lasse. Taki legt seine Arme um mich und zieht mich zu seiner Brust. Ich vergrabe meine Hände unter seinem T-Shirt. Ich kann spüren wie sich seine Muskeln unter meinen Fingerspitzen zusammenziehen. Ist ihm das unangenehm? „Alles in Ordnung?“, frage ich. Ich spüre wie er sein Kinn auf meinen Kopf stützt und mich näher zu sich zieht. „Alles gut. Ich war…nur nicht darauf vorbereitet.“ „Falls es dir unangenehm ist musst du es mir nur sagen.“, erkläre ich ihm. Er schüttelt den Kopf und schnaubt amüsiert. „Unangenehm? Eher reizvoll.“ „Reizvoll?!“ Dann schaut er mit seinen blauen Augen zu mir herab. „Mitsuha, ich liebe jede deiner Berührungen, aber ich weiß nicht wie lange mein Körper das noch durchhält.“   . .   Ihre Augen weiten sich, als sie versteht, was ich ihr damit sagen will. Dann lächelt sie. „Dann sollten wir ihn nicht allzu lange quälen, oder?“ Wieder muss ich feststellen, dass dieses Mädchen… nein, diese Frau einfach unglaublich ist. Andere Frauen in ihrem Alter hätten mich wahrscheinlich ausgelacht, aber Mitsuha weiß ganz genau wie es mir in den letzten Jahren ergangen ist. Sie weiß ganz genau warum ich mich hätte niemals auf eine andere Frau einlassen können. Ein nervöses Lachen entgleitet mir angesichts Mitsuhas Aussage. „Das ist nicht gerade hilfreich wenn du mich unter Druck setzt.“ „Was denn für ein Druck?“, Mitsuha sieht mich fragend an. „Du scherzt wohl? Weißt du was ich mir immer von den anderen anhören muss?!“ Dann beginnt Mitsuha laut zu lachen. „Gott, du glaubst doch wohl nicht alles was dir Takagi und Tsukasa erzählen.“ Natürlich nicht. Ich zucke unbeteiligt mit den Schultern. „Im Gegensatz zu mir haben sie bereits mit einer Frau geschlafen.“ „Ja und? Hör auf dir darüber so den Kopf zu zerbrechen. Wenn es passiert, ist das eben so. Und es wird mit Sicherheit schön.“ Ihre Hände vergraben sich in meinen Haaren und sie lehnt ihre Stirn gegen meine. „Außerdem brauchst du dir keinen Druck zu machen, ich habe nämlich keinerlei Erwartungen.“ Ich kann nicht anders, ich muss sie küssen. Diese Frau ist ein Geschenk des Himmels!   Nur noch vereinzelte Reste auf den Tellern deuten auf das Abendessen hin. Auch die Weinflasche bietet kaum noch mehr als ein Schluck. Wir beobachten die Sonne in ihren letzten Zügen. Ich halte Mistuhas Hand fest in meiner und streiche mit meinem Daumen über ihren Handrücken. „Ich liebe dich auch.“ Ihre Worte sind so leise, das es kaum mehr ein Flüstern ist. „Aber, ich hab doch-.“ Sie sieht zu mir hoch und schüttelt den Kopf. „Das war ich dir nach acht Jahren schuldig.“ Der Groschen fällt. Es soll wohl die Antwort auf meine Botschaft, die ich in ihrer Handfläche hinterlassen hatte, sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)