Your Name von TheOnlyOne ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Kapitel 3   Noch immer hält er meine Hand. Er lässt sie einfach nicht los. Eigentlich kenne ich seinen Körper und trotzdem fühlt sich meine Hand in seiner ganz anders an. Ich habe keine Ahnung wo wir gerade sind, aber das ist egal, Hauptsache er ist bei mir. „Wie weit ist es noch?“, unterbreche ich die Stille. Er sieht mich kurz an, wendet sein Gesicht aber gleich wieder ab. „Das Hochhaus da vorne.“ Ich hebe meinen Kopf und sehe ein hohes Mietshaus. Eigentlich sehen die in Tokio alle gleich aus, aber die Umgebung ist anders. Endlich angekommen, bittet er mich herein. Die Wohnung ist sehr klein, aber ordentlich. Aber so war Taki schon immer. Auch damals war sein Zimmer ordentlich. Seine Termine und Verabredungen sowie Freizeit waren immer penibel geplant. Was das angeht, hat er sich wohl kaum geändert. Ich höre nur noch das Klicken der Tür, die sich hinter meinem Rücken geschlossen hat. Erst jetzt realisiere ich den Moment. Zum aller ersten Mal sind wir im Hier und Jetzt. Zum aller ersten Mal sind wir alleine! Ich senke mein Haupt um meine glühenden Wangen zu verbergen. In dem Bewusstsein über die ganze Situation spiele ich nervös an meinen Haaren. Was ist denn auf einmal los mit mir? Ich fühle mich, als wäre ich wieder siebzehn. „Und… jetzt?“, stammele ich.   . .   „Jetzt muss ich das tun, was schon lange überfällig ist.“, antworte ich atemlos. Ohne sie weiter vorzubereiten, nehme ich ihr Gesicht in meine Hände, ziehe sie zu mir heran und küsse sie. Schon damals hatte ich mich gefragt, wie es wohl sein würde Mitsuha zu küssen. Da ich zuvor noch nie ein Mädchen geküsst hatte, blieb mir da wenig Vergleichbares, aber das hier ist tausend mal besser als mein siebzehnjähriges Ich sich hätte träumen lassen. Ihre Lippen sind weich wie Seide und sie passen perfekt zu meinen. Ihr blumiger Duft steigt mir in die Nase und lässt meine Haut prickeln. Zufrieden lasse ich sie los und blicke ihr eine Weile in die Augen. Mein Daumen streicht sanft über das tiefe Rot ihrer Wange. „Ich liebe dich, Mitsuha! Das hat sich nach all der Zeit nicht geändert.“   . .   „Taki…“ Mein Mund wird trocken. Ich bin beinah unfähig etwas zu entgegnen. Sag was! Du kannst ihn nicht so stehen lassen. Mein Unterbewusstsein drängt mich zu dem was ich sowieso längst weiß. Ich fühle wie er, doch habe ich es nie aussprechen oder aufschreiben können. Noch einen Augenblick sehe ich in stillschweigend an. Meine Hand klammert sich an seinem Handgelenk fest. „Ich…ich…liebe dich auch…“, sage ich zögerlich. Dieser Satz klingt so ungewöhnlich aus meinem Mund. Das scheint auch Taki zu merken. „Bist du dir sicher? So ganz überzeugt hast du nämlich nicht geklungen?“ Ich bemerke die Ironie in seiner Stimme. Scherzbold. Ich kichere. Keine Sekunde später schlinge ich meine Arme um seine Mitte und drücke ihn fest an mich. Sein Körper ist so warm… Ich inhaliere seinen Duft und schließe die Augen. Mir wird leicht ums Herz. Mein Körper entspannt sich mit jeder einzelnen Zelle. Ich weiß nicht ob es Sekunden oder Minuten sind, in denen wir so verharren, aber ich würde ihn am liebsten nie mehr loslassen. „Mitsuha,-.“, Takis Stimme dringt leise an meine Ohren. Ich hebe meinen Kopf und sehe direkt in seine blauen Augen. „Erzähl mir alles.“, bittet er mich eindringlich. Ja richtig… als wir unsere Körper ein letztes Mal getauscht hatten, haben wir alles vergessen.   . .   Ich führe sie in mein Schlafzimmer/ Arbeitszimmer/ Wohnzimmer. Mehr Platz ist bei meinem Gehalt einfach nicht drin. Unsicher massiere ich meinen Nacken während sich Mitsuha auf meinem Bett niederlässt. „Ehm… willst du was trinken?“ Sie schüttelt nur den Kopf. Ungeachtet dessen stelle ich eine Wasserflasche und zwei Gläser auf den kleinen Beistelltisch vor dem Fernseher. Ich hänge meine Jacke über meinen Schreibtischstuhl und lasse mich neben Mitsuha nieder. „Also, was ist damals passiert?“ „Mitsuha lehnt sich gegen die Wand. Ich höre sie seufzen. „Nachdem du verschwunden warst, bin ich sofort losgelaufen. Es lief alles nach Plan. Wir haben das Umspannwerk in die Luft gejagt und Saya hat mit ihrer Durchsage versucht dass Dorf zu evakuieren. Aber ohne die Unterstützung der Feuerwehr und der Polizei war es schwierig die Leute zu überzeugen…“ Ich lausche ihrer Geschichte. Wahnsinn wie stur die Dorfbewohner damals waren, dabei hätte es sie fast das Leben gekostet. „…mein Vater hat anschließend die Durchsage unterbrochen und die Leute um Ruhe gebeten. Also bin ich losgelaufen wie eine Verrückte. Ich musste meinen Vater irgendwie überzeugen, aber als dann der Komet zerbrach, begann mein Vater der Geschichte, die du ihm erzählt hast, glauben zu schenken. In letzter Sekunde haben wir es geschafft die betroffenen Bezirke zu evakuieren.“ Ich muss die ganze Geschichte erst mal sacken lassen. Wenn ich daran zurückdenke, zieht sich mein Magen zusammen. „Das heißt… alle haben überlebt?“ Sie nickt mir zu. „Es gab durch die Druckwelle und herumwirbelnden Überreste zwar Verletzte, aber keiner der ernsthaft zu Schaden gekommen war… Taki, du hast uns damals alle gerettet.“ „Du übertreibst. Ohne Teshis und Sayas Hilfe hätte das niemals funktioniert. Und ohne dich… du hast deinen Vater überzeugen können.“ Ohne dass ich zuerst bemerkt habe, hat sich Mitsuha an meine Schulter gelehnt. In Anbetracht der schaurigen Geschichte ist es beinah unfassbar dass sie hier sitzt, gesund und vor allem lebendig. „Du hast gesagt nur du und Yotsuha seid nach Tokio gekommen. Was ist mit dem Rest?“ „Einige sind mit uns nach Tokio gekommen. Wieder andere haben sich in die umliegenden Kommunen abgesetzt.“ „Oma?“ Mitsuhas Blick wird trüb. Was ist mit Oma passiert? „Oma ist ein halbes Jahr nach dem Kometeneinschlag gestorben. Die Ärzte sagten es sei ihr Alter gewesen. Sie hatten bestimmt nicht unrecht, aber ich glaube, dass der Tag des Meteoriteneinschlags und die Zerstörung des Dorfes und all seiner Traditionen ihr Herz gebrochen haben.“ Sich verdrehen und verwickeln, gelegentlich zurückkehre und sich wieder verbinden. Das ist die Zeit. Das ist Musubi. Worte, die wohl mein ganzes Leben prägen werden. Danke Oma, für alles! Ich schicke dieses stumme Gebet gen Himmel in der Hoffnung sie möge es hören. Doch meine ganze Aufmerksamkeit gehört nun Mitsuha. Ich habe sie so lange gesucht ohne zu wissen, dass ich es eigentlich tue. Und nun ist sie hier, genau wie meine Erinnerungen.   . .   „Was war nach dem wir die Körper getauscht hatten?“, frage ich ihn. Auch sein Blick wirkt trüb. Ich scheine wohl einen Nerv getroffen zu haben. „Als ich aufgewacht war konnte ich mich zunächst noch an dich erinnern. Und dann… auf einmal war alles weg. Ich wusste nicht mal mehr, was ich dort oben auf dem Berg gemacht hatte. Das Einzige, was von dir übrig geblieben war, war eine Linie auf meiner Handfläche. Ich bin schließlich nach Tokio zurückgekehrt. Danach habe ich angefangen sämtliche Berichte über Itomori und die wundersame Rettung der Dorfbewohner zu lesen. Ich wusste nicht warum aber das ganze hat mich irgendwie gefesselt. Tsukasa und Takagi waren zwischenzeitlich der Meinung ich sei vollkommen verrückt geworden.“ Obwohl ich an diesem Tag meine Heimat verloren hatte, stimmt mich seine Geschichte traurig. Sie klingt so einsam. „Ich bin einfach froh zu sehen, dass du noch lebst.“ Ich höre die Erleichterung in seiner Stimme. Ja, wäre Taki nicht gewesen, wäre ich jetzt nicht mehr am Leben… Ich greife nach seiner Hand und verschränke meine Finger mit seinen. „Und was jetzt?“, fragt er urplötzlich. „Sind wir jetzt… ein Paar?“ Mein Schmunzeln wird zu einem Lächeln und ich nicke ihm zu. „Bist du dir sicher? Meinst du nicht die Leute finden das irgendwie… naja… schräg?“ Ich beginne laut zu lachen. Es packt mich so sehr dass mir die Tränen aus den Augenwinkeln laufen. „Was?“ „Du meinst wirklich das ist schräg?“, ich halte mir den Bauch. „Taki, wir haben die Körper getauscht… und du meinst die Leute finden das hier schräg? Ich glaube die haben uns damals schon für verrückt erklärt.“   . .   Ihr Lachen füllt den Raum mit Wärme. Als ich selbst die Absurdität meiner Aussage erkenne, beginne auch ich zu lachen. „Oh Man.“, ich wische mir die Tränen aus den Augen. „Okay, Spaß beiseite. Wie sollen wir den Leuten das erklären?“ Mitsuha beruhigt sich auch allmählich. Ich kann ihr ansehen, dass sie darüber nachdenkt. „Naja, schließlich bin ich doch nach Tokio gefahren um mich mit dir zu treffen, oder? Ich meine das ist wirklich passiert.“ Worauf will sie hinaus? „Wieso sagen wir nicht, dass wir uns schon damals im Internet kennen gelernt haben. Ich wollte dich überraschen, aber du warst viel zu sehr mit dir und deinen Gefühlen zu Miki beschäftigt, dass du mir mein Herz gebrochen hast.“ Bam! Das war ein Schlag ins Gesicht. „So wie du das formulierst klingt das, als sei ich der Böse.“ „So weit hergeholt ist es doch nicht… und es klingt plausibel.“ Hmmmm… so ganz unrecht hat sie nicht. Mit einem Seufzen gebe ich mich geschlagen. Dann spiele ich mal den Buhmann.   . .   Es ist eigentlich nicht fair ihn so darzustellen, aber alles andere wirft zu viele Fragen auf. Ich schaue auf die Uhr. Meine Augen weiten sich. Es ist schon nach Mitternacht. Ich habe vollkommen die Zeit vergessen. „Taki, ich muss nach Hause. Ich sollte noch nach Yotsuha sehen.“ „Hm? Ehm… okay, dann begleite ich dich nach Hause.“ Der Höflichkeit wegen sollte ich eigentlich ablehnen, aber ich genieße seine Gesellschaft zu sehr. Obwohl in Tokio so viele Menschen leben, ist es ruhig auf den Straßen geworden. Nur noch wenige Menschen sitzen in den Bussen und Zügen. Nach einer halben Stunde kommen wir endlich zu bei mir zu Hause an. „Also dann,-.“, beginnt Taki. „Bis morgen.“ Er lehnt sich zu mir rüber und gibt mir einen Kuss. Ich werde rot. Verlegen schlage ich die Augen nieder. „Gute Nacht und danke fürs nach Hause bringen.“ Er schenkt mir ein Lächeln, bevor er sich umdreht und den Nach-Hause-Weg einschlägt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)