[Volatile] - Inception von -Amber- (‚What if I fall?‘ ‚Oh, Darling! What if you fly?‘) ================================================================================ Kapitel 35: Poison and wine --------------------------- *Arthur* Rückblickend war dieser Abend vermutlich der wirkliche Beginn ihrer Beziehung gewesen. Zumindest was Arthur betraf. Er konnte ab diesem Moment anders mit Eames umgehen, gelassener, aber deswegen nicht distanzierter. Sie hatten ihre Momente, waren sich immer wieder sehr nahe, was hin und wieder darin endete, dass sie den Job und alles andere vergaßen und im Bett landeten, aber es war in Ordnung. Es war auch in gewisser Weise in Ordnung, dass Arthur kaum Antworten bekam. Eigentlich gar keine, wenn er es recht bedachte. Was Eames aufgehalten hatte, warum sein Körper geschundener war, als noch zu vor, weshalb er ihm nicht einmal eine SMS hatte schreiben können – er bekam keine wahre Antwort. Es war ihr altes Spiel, ihre alten Verhaltensmuster. ‚You only know what I want you to I know everything you don't want me to‘ (https://youtu.be/fNlxKH9Jtmc) Arthur war ja nicht blöd und konnte gewisse Dinge miteinander verbinden, konnte sich denken, dass Eames Blick über die Schulter der Tatsache geschuldet war, dass er überwacht wurde und gelegentlich darauf hingewiesen wurde, für wen er den Job machte. Er wusste nur nicht, wer wirklich dahinterstand. So wie Eames ihm gesagt hatte, er solle sich keine Sorgen machen, sollte er ihm vielleicht einmal sagen, dass er ihn nicht beschützen, ihn nicht schonen solle. Aber bis Arthur seine Gedanken wirklich formulierte, brauchte er. Noch hatte er es nicht geschafft. Genauso wenig bekam er die Chance, andere Dinge wieder aufzugreifen: zum Beispiel Tokyo. Natürlich stichelte Arthur in diese Richtungen, natürlich deutete er Tom an, dass da noch einiges an Klärungsbedarf war. Doch irgendwie schaffte es dieser Mann immer wieder, sich aus diesen Situationen geschickt herauszuwinden. ‚Deine Augen machen bling bling und alles ist vergessen‘ War gar nicht so einfach, nachhaltig Druck zu machen, wenn Eames wusste, wo er ihn berühren musste, was er sagen musste, wie er ihn ansehen musste, damit Arthur auf andere Gedanken kam. Früher war das definitiv leichter gewesen. Leichter, aber einsam. Dennoch war genau das vermutlich das, worüber sie sich am häufigsten gegenseitig stressten und annervten. Irgendwann, da war sich Arthur sicher, würde er ihn deswegen noch festnageln. Er brauchte das, damit dieses something wirklich Bestand haben konnte. Er brauchte das, um wirklich wieder richtig zu vertrauen. Aber ob das unbedingt vor dem Job sein musste, wusste er nicht. Erstmal um die eine Baustelle kümmern, dann konnte man die tausend anderen in ihrer beider Leben angehen. Daher bereiteten sie den Sonntag vor, gewissenhaft, so gut es in der kurzen Zeit ging. ———-////:————- *Eames* ‚What a difference a day makes’, flötete Eames entspannt unter der Dusche am Morgen des Samstags vor dem Stichtag und schäumte sich dabei großzügig mit Arthurs sackteurem Designer-Shampoo ein. Natürlich an den unnötigsten Stellen. Was war schon Geld? Wenn sie den Job erfolgreich erledigten würden sie sich lange keine Sorgen mehr um irgendwelche Einkünfte machen müssen. Nun... Arthur hatte ohnehin keine Geldprobleme und Eames würde erst einmal einen Großteil abgeben müssen, aber immerhin war er dann die aufdringlichen Stalker los, die ihn seit Tagen drangsalierten. All der Stress nur, weil er ein paar Casinos in Süditalien ausgeraubt hatte... er würde sich hüten so schnell wieder einen Fuß nach Europa zu setzen. Und noch mehr würde er daran arbeiten, sich das nächste Mal nicht von diesen Primitiven erwischen zu lassen. Seine gute Stimmung war nicht klein zu reden.Um einen Mann zufrieden zu stellen, brauchte es im Grunde nur drei einfacher Dinge: eine gute Mahlzeit pro Tag, Sex und eine Aufgabe. In dieser Woche konnte er sich also gar nicht beschweren. Darüber hinaus heilten seine blauen Flecken und die fiese Platzwunde auf seiner Stirn außerordentlich gut ab. Außerdem war das nicht bloß Sex was sie da hatten. Es war etwas Besonderes, das war ihnen beiden wahrscheinlich sehr bewusst. Arthur war seine große Liebe und Eames fühlte sich lebendiger als je zuvor. Er hatte sogar hin und wieder das Gefühl von „zuhause“ und „ankommen“ verspürt – etwas, das er in all dem Sturm und Chaos, das er sein Leben nannte, nie für möglich gehalten hatte. Es lief so gut, dass es beängstigende Ausmaße annahm und Eames sich bald fragte, ob man dem Frieden trauen konnte. Hin und wieder erhaschte er so einen Blick von Arthur... ein Blick der vermuten ließ, dass da noch etwas kommen würde. Tokio zum Beispiel und Ramadi. Aber das hatte noch etwas Zeit. Erst einmal stand Jobs auf ihrem Plan. »Good mornin', love«, säuselte er und platzierte einen warmen Kuss auf seiner Schläfe; dabei schlang er einen Arm um seine Mitte, als wollte er ihn in Position für seine unausweichliche Geste der Zuneigung halten. Er hatte durchaus einen Hang zu besitzergreifendem Verhalten. Er bediente sich an der luxuriösen Kaffeemaschine und setzte sich dann in Bademantel mit Zeitung an den Frühstückstisch, als wäre es seit Jahren Gewohnheit. »Wann gedenkst du den Plan für morgen durchzusprechen? Und möchtest du vorher, oder nachher mit Jesse telefonieren? Er hat mir geschrieben, dass er heute einen ‚dringenden Termin’ hat und nicht viel Zeit für die letzte Besprechung übrig hat. Er sagte was von ,Tenderloin’, du weißt, was das heißt...« *Arthur* What a difference a day makes‘, schallte Arthur aus dem Bad entgegen, als er seine Wohnung mit einer Tüte vom Bäcker unter dem Arm betrat. Er schüttelte schmunzelnd den Kopf. Dieses Lied... Es fühlte sich gut an, Eames so… glücklich? zu sehen. Diese paar Tage, in denen sie nun zusammen waren, zusammenlebten, hatten Tom sichtbar aufblühen lassen. Er hatte ihn selten so gesehen, so ehrlich zufrieden. Der vermutlich berechtigte Gedanke, der Grund dafür zu sein, war ungewohnt und irgendwie befriedigend. Dass er einmal wirklich dazu beitrug, jemanden ein wenig glücklicher werden zu lassen… Gleichzeitig war er ja auch nicht unglücklich, gar nicht. Vielleicht trug er seine Gefühle nicht so nach außen, wie es Tom konnte. Aber er merkte, dass sich alles anders anfühlte, schöner irgendwie, intensiver, erfüllender – nicht nur der Sex. Er fühlte sich so wohl wie schon sehr, sehr lange nicht mehr. Arthur betrat das Wohnzimmer, sein Blick glitt über die Klamotten am Boden, die Eames offenbar aus seinem Koffer gezogen hatte. Nicht nur er fühlte sich wohl… Er stellte die Sachen in der Küche ab, dann räumte er auf, machte das Bett und fing dann an, das Frühstück zu machen. Vielleicht sollte er einmal ein paar Worte über das Thema „Aufräumen“ verlieren. Offenbar ging Tom davon aus, dass es ihm nichts ausmachte, ihm hinterherzuräumen und seine Sachen zu waschen. ‚Good mornin', love.‘ Auch etwas, woran er sich gewöhnen musste, aber durchaus gewöhnen konnte: Umarmungen, Zärtlichkeiten, Berührungen, Worte – sofern sie nicht unterwegs waren, da mochte er das nicht. Er war froh, dass Tom das einfach machte. Ihm fiel es manchmal schwer, sich einfach zu nehmen, was er wollte. Wobei es Situationen gab, in denen es ihn störte, dass Eames ihn festhielt. Wenn er telefonierte, wenn er konzentriert war oder wenn er von etwas (oder jemandem) genervt war. Eigentlich mochte er es nicht so eng. Dennoch genoss er Toms Nähe sehr. Nur an die Kosenamen konnte er sich nicht so recht gewöhnen. Er selbst gab ihm nur einen Kosenamen, wenn er etwas zu kritisieren hatte... Er drehte sich in der Umklammerung und schnupperte in der Halsbeuge des anderen. Sein Duschgel? Sein Bademantel? (den er nie anzog) Hm. Ja, Tom fühlte sich hier mehr als wohl. Er drehte den Kopf, ließ seine Hand über die Brust nach oben in den Nacken gleiten, strich mit seiner Nasenspitze am Ohr des anderen entlang, schmiegte sich in die Umarmung, bevor er leise raunte, zuckersüß: „Die nächsten Klamotten, die du wahllos auf dem Boden verteilst, landen im Müll, Honeybunny!“ Sacht küsste er das Ohrläppchen. „Wenn du weiterhin meine Sachen nimmst, ohne mich zu fragen, schläfst du bald wieder auf dem Sofa.“ Er löste sich wieder, blickte Tom streng an. „Verstanden?“ Vermutlich brachte es nichts. Aber er sollte zumindest den Versuch unternehmen. Wie es wohl gerade im Bad wieder aussah? Während sich Tom bereits setzte, räumte er das restliche Zeug auf den Tisch.Ja, manchmal kam er sich wie eine Hausfrau vor. Zumindest war sein Kühlschrank mal gefüllt. Der Einkauf mit Eames war lustig gewesen, sich bekochen zu lassen schön. Die Küche danach allerdings wieder in das zu verwandeln, was sie eigentlich war, hingegen anstrengend. „Ich soll wissen, was das bedeutet?“, fragte er gespielt irritiert nach. „Ich habe keine Ahnung.“ Was tatsächlich nicht unbedingt gelogen war. Er hatte eher selten bis gar nicht das Bedürfnis, käuflichen Sex haben zu wollen. Dass der Hacker auf diese Dienstleistungen zurückgriff, passte zumindest irgendwie ins Klischee. „Wegen mir können wir das heute Vormittag erledigen. Soweit ist alles vorbereitet“,entgegnete er, während er sein Hörnchen in seinen Cappuccino tauchte. Gestern erst war er noch einmal alles durchgegangen, hatte den Zeitplan erstellt und sich alles genau überlegt. Er runzelte etwas nachdenklich die Stirn. Dass Jesse heute seinen „Bedürfnissen“ nachging, war ihm neu. Ging sich das dann mit der Manipulation der Spritzen aus? „Lass uns erst mit Yusuf besprechen, damit ich mich noch einmal versichere, ab wann die Medikation umgestellt werden muss. Danach rufe ich Jesse an, damit der weiß, ab wann er wo einsatzbereit sein sollte.“ Vielleicht würden sie dann abends noch ein wenig Zeit für sich haben. *Eames* Die Warnungen waren durchaus angekommen. Leider nahm er Arthur in dieser Hinsicht nicht wirklich ernst, was vermutlich in Zukunft noch zu einigen Spannungen führen würde. Aber Spannungen waren ja nicht unbedingt etwas Schlechtes, nicht wahr? Ein bisschen Streit, ein paar hitzige Diskussionen; süße, kleine, neckische Handgreiflichkeiten, um am Ende Versöhnungssex haben zu können. Seine Nachbarin (und nun Vertraute) in Kenia hatte dieses Verhalten immer gern auf sein Sternzeichen reduziert. Eames hatte zwar nichts für Esoterik übrig, aber in einem Punkt musste er ihr wohl zustimmen: Skorpione haben einen Stachel. Und weiter gedacht, war seine sinnbildliche Giftigkeit wahrscheinlich auch nicht allzu weit von der Wirklichkeit entfernt. »Sicher, Yusuf wird sich freuen von uns zu hören.« Wie es schien liefen die Geschäfte des Chemikers doch nicht allzu gut in New York. Jedenfalls nicht so gut, wie in Mombasa. Und Hasim schien nicht der allerbeste Geschäftspartner zu sein, wie sie neuerdings erfahren hatten. Es störte leider doch ein bisschen, wenn dessen Patienten im Behandlungsraum vor Schmerz schreien, während Yusuf nebenan versuchte Trips oder ein paar Substanzen zu verkaufen. »Ich sage Jesse gleich Bescheid, dass er sich bereit halten soll.« Er nippte an seinem Kaffee, hob jedoch nicht den Blick von der Zeitung, die er mit der anderen Hand festhielt. »Hm, scheint als hätten wir heute Abend also nichts mehr zu tun«, stellte er galant fest und erwartete Arthurs Reaktion. Wenn nun wirklich alles nach Plan lief und nicht irgendwelche unerwarteten Ereignisse ihren Weg kreuzten, würden sie am Abend vor dem großen Coup noch einmal einen großen Schritt Abstand von ihrem Job nehmen können - womöglich bei Dinner mit Kerzenschein. Genau deswegen arbeitete Eames auch nur mit Profis zusammen. Alles andere machte einfach keinen Spaß. *Arthur* Gut, dann war das geklärt. Arthur ging in Gedanken alles durch, was auf seiner ToDo-Liste für den heutigen Tag stand. ‚Hm, scheint als hätten wir heute Abend also nichts mehr zu tun.‘ Arthur regte sich nicht, hielt nur kurz inne. Da hatte wohl jemand ähnliche Gedanken. Nur, falls sie essen gehen würden - wogegen er nichts hätte - dann würde er diesmal nicht von Eames' Seite weichen und ihn persönlich wohin auch immer ziehen. Er nickte nun leicht, blickte Tom schließlich an. "Wenn wir die Medikamente im Hotelzimmer ausgetauscht haben", sagte er nachdenklich, "dann haben wir den Abend frei. Jobs wird ab 19Uhr das Hotel verlassen, um Holmes zu treffen." Die Informationen waren gestern noch einmal durch ein Telefonat im Zimmer gesichert worden. Wenn er dann später zurückkehrte, würde er unwissend das falsche Insulin spritzen und der Prozess begann. Vorher würde er sicher die App befragen. Da wäre es wichtig, wenn Jesse sie so manipuliert hätte, dass es nicht nötig wäre, etwas zu spritzen. "Vielleicht sollte ich die Zeit nutzen, um ins Training zu gehen. Ich hab die letzten Tage viel zu viel gegessen", überlegte er mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen. Fragend blickte er den anderen an. "Hast du schon was vor?" *Eames* Er nickte langsam. Ein Hoch auf einen gut funktionierenden Point Man… Diese akribische Genauigkeit hatte eben doch seine Vorteile. »Wunderbar, also Fertigmachen um 6, Hineinschleichen ins Hotel um 7:15 und Dinner um 7:45, würde ich sagen.« Ein ganz normaler Sonntagabend. »Vorher Training klingt gut, aber du weißt, dass ich noch nicht zusammengewachsen bin, oder? Obwohl deine Sonderbehandlung natürlich wahre Wunder wirkt.« Er warf Arthur ein ganz spezielles Lächeln zu, wie es nur für ihn bestimmt war. *Arthur* „Klingt nach einem Plan“, bestätigte er die Terminierung ihres Dates. „Ich glaube, ich werde dich mit Handschellen an mich ketten, damit nicht wieder jemand verhindert, dass wir den Abend gemeinsam verbringen.“ Was auch immer geschah – er wäre dann wenigstens mit dabei. Wobei es vermutlich nicht gesund wäre für denjenigen, der versuchen würde, ihnen diesen Abend zu zerstören. Die Wut über den damaligen Abend trug er noch vergraben in sich. Als er die folgenden Worte hörte, blickte er aus dem Gedanken auf zu Tom. Das Lächeln des anderen traf ihn unvermittelt. Er hatte es nun schon hin und wieder zu sehen bekommen – jedes Mal löste es etwas in ihm aus, das ihn einerseits berauschte, andererseits verunsicherte. Das „Schau mich nicht so an!“, das er gerne in diesen Momenten sagte, schluckte er diesmal hinunter, hielt dem Blick sogar stand. Vielleicht sollte er dieses Lächeln einfach einmal als Geschenk annehmen und nicht davon ausgehen, dass Tom einen Hintergedanken hatte oder dieses Lächeln auch allen anderen Menschen schenken würde. Arthur beugte sich zu ihm und küsste ihn sanft, was das Kribbeln in seiner Magengegend nicht minderte. Dieser Mann löste in ihm Dinge aus, die er nie für möglich gehalten hätte. Seine Gedanken drifteten schon wieder in eine ganz andere Richtung als die eben beschlossene. Allerdings mussten sie am Vormittag das Finetuning über die Bühne bringen, um dann Zeit für sich zu haben. „Wir sollten das Training lieber in die Traumebene verlagern“, sagte er leise, als er den Kuss wieder löste. „Ich weiß nicht, wie lange das mit den Samthandschuhen noch gut geht…“ Er grinste leicht. Ja, Kuschelsex war ganz gut und schön, aber… wie auch immer. „Ich werde vorher ein wenig joggen gehen, während du deine Rippen schön weiter zusammenwachsen lässt (das „Mein Mimöschen“ ließ er lieber weg, um nichts zu provozieren), und dann trainieren wir bei dir im Traum.“ Die letzten Tage waren sie nur bei ihm unterwegs gewesen, um die Traumebenen zu testen und ein paar Sachen auszuprobieren, die Arthur sich überlegt hatte. Heute würde er zu gerne seine Wetter-Theorie überprüfen… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)